ER stand vor meinem Bruder. Meinem großen Bruder. Zwei ebenbürtige Mächte standen sich gegenüber. Sie schauten sich feindselig an, jeder bereit den anderen zu töten. Ich blickte zu einer wimmernden Frau und ihrem ängstlichen, jedoch beschützenden Mann in der Ecke. Ich wusste nicht was sie getan hatten und doch sahen sie reuevoll aus.
ER sprach mit einer mächtigen, erbosten Stimme zu meinem Bruder:“Lucifer, du hast mich enttäuscht. Du verführst meine wichtigste und wertvollste Erschaffung? Ich dachte du hättest einen besseren Charakter, doch anscheinend hab ich mich geirrt, “ er hielt kurz inne und sah zu der Frau und dem Mann. „Ihr 2, verschwindet von hier. Das Paradies habt ihr nicht verdient. Weg sollt ihr aus dieser perfekten Welt. Geht raus, in die Welt der Gefahren und Ängste“. Er schickte sie weg, doch ich bekam das nicht mit. Ich starrte wie gebannt auf ihn. Noch nie zuvor hatte ich so einen wundervollen Körper gesehen. Nicht einmal der meines Bruders. Nun lief ER auf uns zu, meinen Bruder und die anderen Engel die ihn unterstützten. Mit kalter Stimme sagte er zu uns: „Ihr werdet es bereuen, meine einzigartige Schaffung derart zu verführt zu haben. Fallen werdet ihr 9 Tage lang, ihr werdet fallen und euch nicht halten können bis ihr am tiefsten Punkt seid, den es gibt. Dort ist ein See. Ihr werdet nicht entkommen können, ihr werdet auf einem pechschwarzem See der Schuld und umgeben sein von flammendem Zorn. Gekommen ist die Zeit der Strafe, “er schritt nun zu dem Engel, der am weitesten vorne stand. Er nahm sein riesiges Zepter, und rammte es in den Boden. Ein großes Loch tat sich auf in der Wolkendecke. ER packte den Engel und zog ihn zu dem Loch. Und stieß ihn hinein.
Der Engel stieß einen Schrei aus, der entsetzlich klang. Hoch und schrill, wie ich es nie zuvor gehört hatte. Die gleiche Prozedur bei den anderen 11 Engeln. Schließlich war ich dran. ER zog mich an der Hand, ich wollte mich wehren und protestieren, doch mein Körper war …eingefroren. Es ist ein seltsames Gefühl, ich habe so etwas noch nie gespürt. Es fühlt sich an, als wäre Eis in meinem Körper und kein Windhauch wie sonst bei Engeln das der Fall ist. ER zog mich weiter bis zu dem Loch und stieß mich hinein. Als ich fiel, konnte ich endlich wieder mich bewegen. Doch wie will man sich bewegen, wenn man ruhelos fällt? Ich schrie. Ich wolle hier weg. Wieder ins Paradies. Ich wollte zu meinem Bruder. Was geschieht mit ihm? Ich wimmerte und kalte, vereiste Tränen liefen aus meinen Augen. Ich sah auf einmal einen Dämon. Nein, dachte ich. Bitte lass es nicht DER Gestaltenwandler sein, vor dem Lucifer mich immer gewarnt hat. Er kam auf mich zu und entblößte seine scharfen Zähne. Und plötzlich sah ich nur noch schwarz.
Erwachen
Ich schlug auf. Spürte keinen Schmerz. Allerdings auch sonst nichts. War ich...vereist? Ich wusste nicht viel über die Art des himmlichen Sterbens, nur dass es nur wenig gibt, was Ihn dazu bewegen könnte, einen zu töten. Und dass es sich anfühlt, als vereiset man.
Wo war ich? Ich setzte mich auf. Ich fühlte mich sehr merkwürdig, konnte allerdings nicht sagen, was los war. Alles hier war so dunkel. Und irgendwas tropfte. Dann erinnerte ich mich. Sollte ich nicht eigentlich wirklich tot sein? Da war doch dieses überdimensionale Viech gewesen. Was war das? Ich erschauerte bei der Erinnerung an dieses Monster. Also. Was war passiert? Plötzlich merkte ich, wieso ich mich so komisch fühlte...meine Flügel! Sie waren angebrannt! Angst und Entsetzen breitete sich in mir aus. Nein,nein,nein ! Meine schönen großen Flügel waren weg !
Ich starrte an mir herunter. Mein himmliches Licht war verglüht und ich verschmolz mit der Dunkelheit. Nein, vereist war ich nicht. Was dann? Plötzlich hörte ich ein Rauschen. Mir kam es bekannt vor, ich glaube bei einer Mission auf der Erde waren wir in Región de los Lagos, einer Gegend in Chilé mit vielen Seen. War hier etwa ein See? Ich schwebte den Weg entlang, und tatsächlich wir waren mitten in einem See, umgeben von etwas..brennenden? War dies der brennende See, von dem ER gesprochen hatte? Seine Worte pochten in meinem Kopf.
Wo war Luzifer? War er vereist oder ist er auch hier? Ich rief meinen Bruder in Gedanken.
Ich hörte Reißgeräusche, von scheinbar riesigen Zähnen. Der See rauschte in meinen Ohren. Und überall war Dunkelheit. Ich zitterte vor Angst, sie fraß mich auf. Wo waren wir? Panik durchfloß mich, klar konnte ich nicht mehr denken. Ich wollte das alles nicht mehr. Ich starrte auf die Flammen. War es möglich das wir verbrennen konnten? Auf magische Weise fühlte ich mich von dem Feuer angezogen. Alles wäre besser als hier ewig gefangen gehalten zu werden, als wäre man ein lächerlicher Mensch. Doch aufeinmal kamen viele Luftzüge, alles wirbelte herum, Lichtblitze stießen sich in die Dunkelheit, Regen prasselte nieder und aufeinmal kam ER zu mir, lächelnd, reichte mir seine Hand und sprach zu mir.
hallte es in meinem Kopf.
Bei diesem Schall blickte er mich zornig an.
Er antwortete nicht. Schaute mich nur enttäuscht an. Er ging fort.
Er drehte sich zu mir um. Schaute mich enttäuscht an. Und ging weiter.
Schluchzend sank ich zusammen. Bittere Tränen floßen aus mir. Floßen, immer weiter und weiter. Es gab einfach nichts mehr, was ich hatte. Alles war so dunkel, es tropfte ununterbrochen, die Hitze brannte an meinem Körper. Alles in mir war so leer. Ich fühlte mich wie eine Hülle, fühlte mich ...als wäre ich vereist. Ich weinte einfach weiter. Wenn ihr alles verliert, was euch je wichtig war, wenn alles aufeinmal aufhört zu existieren; ihr mittendrin...Ich schluchzte. Wieso nur? Ich starrte zu den Flammen. Ich wünschte ich könnte verbrennen. Wünschte, auch ich könnte aufhören zu existieren.Wünschte, ich wäre nicht mehr da.
Ich weinte
Ich weinte um ihn
Ich schrie
Ich schrie vor Wut
Ich fiel
Ich fiel hin
Ich brannte
Ich verbrannte
Ich hörte auf
Ich hörte auf zu leben
Ich bin leer
Ich bin unausgefüllt
Ich trinke
Ich ertrinke
Ich blute
Ich verblute
Ich starrte
Ich erstarrte
Ich schlug ein
Ich schlug auf
Ich tat weh
Ich tat mir weh
Er ist tot.
Nur
Nur er
Nur er ist
Nur er ist tot
Nur er
Nur er ist
Nur er ist verbrannt?
Nur er
Nur er ist
Nur er ist vereist?
Ich
Ich lebe
Ich lebe in
Ich lebe in der Hölle
Ich lebe
Ich lebe nicht
Ich lebe nicht mehr?
Ich lebe
Ich lebe nicht
Ich lebe nicht einmal?
Sie
Sie sind
Sie sind weg
Sie sind weg und tot
Sie sind
Sie sind verschwunden
Sie sind verschwunden im Nichts
Sie sind
Sie sind gefressen
Sie sind gefressen von der Kreatur?
Tag der Veröffentlichung: 23.01.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für den Menschen, den ich zu lieben glaubte, für den ich kämpfte, auch wenn ich wusste, dass ich verlieren würde.