Zwei große Heere waren in diesem Kampf aufeinander getroffen.
Wer den Krieg angefangen hatte, warum er geführt wurde, war den Männern egal.
Daß die Männer auf der anderen Seite - genau wie sie - Mütter, Frauen, Kinder zu hause hatten,
die sich um sie sorgten, um sie weinten, auch.
Für sie war nur wichtig, daß die Soldaten auf der anderen Seite ihre Feinde waren, die sie töten mußten.
Was diese Männer, die sie nicht kannten, zu ihren Feinden machte, wußten sie nicht.
Sie waren es einfach.
Die Schlacht tobte seit Stunden.
Sie wurde mit Fäusten, Messern, Pistolen und Gewehren, Handgranaten geführt.
Panzer rollten über das Schlachtfeld und zermahlten Freunde und Feinde wahllos unter ihren schweren Ketten.
Immer mehr lichtete sich das Feld.
Die letzten Panzer wurden gesprengt, die letzten Kugeln abgefeuert, die letzten Kehlen durchgeschnitten.
Ein Geruch von Pulverdampf, verbranntem Fleisch und Blut hing in der Luft.
Auf beiden Seiten bahnte sich ein Überlebender seinen Weg.
Geschwächt, verwundet, vom eigenen und fremden Blut überströmt stolperten sie über die Leichenberge.
Niemand wußte, wieviel Hunderttausende (Oder waren es Millionen?) auf dem Feld lagen.
Nur diese Beiden waren noch da.
Und plötzlich standen sie sich gegenüber, inmitten ihrer zerfetzten Kameraden.
Erschrocken zogen sie ihre Pistolen und richteten sie jeder auf den Anderen.
Getrieben von dem Instinkt, den Feind zu töten und dem Befehl, die Schlacht um jeden Preis zu gewinnen.
So standen sie sich gegenüber in der Angst, der Andere könnte zuerst schießen.
Sie sagten kein Wort, richteten nur ihre Waffen aufeinander.
Doch dann ließen sie ihre Pistolen fallen, drehten sich um und gingen jeder für sich weg.
aus "Rotkäppchen und andere Horrorgeschichten"
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Tag der Veröffentlichung: 02.03.2009
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