...............
...Meral zitterte ein wenig. Dies war noch einfach gewesen, nun kam der gefährliche Teil. Er verließ das Fest, um sich zur Ruhe zu begeben. Morgen würde er viel Kraft brauchen.
Kurz, nachdem er sich auf die Felle gelegt hatte, öffnete sich die Tür und die Prinzessin schlich herein. Er stellte sich schlafend, in Wahrheit jedoch beobachtete er, wie sie sich entkleidete und ihre Sachen achtlos über einen Stuhl warf.
„Warum bist Du nicht auf dem Fest?“ fragte er, nachdem sie sich neben ihn gelegt hatte.
„Ich habe mich davon geschlichen. Schick mich nicht wieder weg, bitte!“
„Keine Angst, das tue ich nicht.“ sagte er beruhigend und legte seinen Arm um sie. Er wusste, es würde für eine lange Weile das letzte Mal sein, dass sie die Lagerstatt mit ihm teilte. Auch, wenn sie sich dessen noch nicht bewusst war.
„Ich werde Dich bestimmt nicht fortschicken.“ bekräftigte er noch einmal und streichelte über ihre Haare. Sie zog ihn zu sich heran und küsste ihn wild. Er erwiderte ihre Zärtlichkeiten. Mit der rechten Hand griff er nach seinem Zauberstab, den er neben dem Fell auf dem Boden liegen hatte. Ein Gedanke genügte und aus der Spitze des Stabs schoß ein Blitz, der das Holz im Kamin entzündete.
„Wenn Dir kalt ist, kann ich Dich auch ohne Feuer wärmen.“ versprach Sira und drehte ihn mit sanftem Druck auf den Rücken.
„Nein, kalt ist mir nicht. Ich sehe Dich nur so gern im Feuer.“ antwortete er.
„Dann sollst Du etwas zu sehen bekommen.“ sagte sie und setzte sich auf ihn. „Früher dachte ich, Ihr Magier interessiert Euch nur für Eure Bücher und Studien.“
Meral antwortete nichts darauf. Er genoß nur noch, wie ihr Körper sich an seinen presste. Was er ihr nie gesagt hatte war, welche magische Energie er aus ihrer Lust gewann. Die Kraft aus der Vereinigung Liebender war mindestens so stark wie Blutmagie, aber um so vieles reiner. ..
...Vertraut Ihr mir noch?“
Ein kurzes Zögern, dann nickte Sira.
„Das ist gut. Legt Euch ins Gras!“
Ohne weitere Fragen zu stellen folgte sie der Aufforderung. Erneut hob Meral die Hand. Diesmal war es Sira, die von dem blauen Leuchten ergriffen wurde.
Zuerst fühlte sie nur eine angenehme Wärme, doch dann brachen unzählige Empfindungen über sie herein.
Sie lag nicht nur im Garten, sie war der Garten.
Sie fühlte das Leben jeder Pflanze, jedes Tieres, jedes Lebewesens, das sie umgab. Sie erinnerte sich an die Jahrhunderte, die die alte Eiche schon im Garten gestanden hatte. Sie bewunderte die bunten Farben auf den Flügeln des Schmetterlings - auf ihren Flügeln. Sie sah sich aus der Sicht des Igels selbst im Gras liegen und sah den Igel aus der Sicht des Adlers, der hoch über ihnen schwebte. Jede Blume, jeder Grashalm erzählte ihr eine Geschichte. Sie fühlte die Erde an ihrem Leib, über die die Schlange kroch und genoß die Ähren, die der Hamster verzehrte. Sie sang das Lied der Lerche und lauschte als Fuchs eben jenem Gesang.
Alles, was lebte, war sie und sie war alles Leben.
Dann war alles vorbei. Sie konnte nicht sagen, ob es nur Sekunden oder Jahrtausende gewesen waren. Vielleicht das eine wie das andere und alles zwischendrin.
Meral reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen.
„Was war das?“ fragte sie verwirrt.
„Die Wahrheit, die die Menschen vergessen haben und die Elfen bewahren.“
„Alles was lebt ist Teil eines Ganzen.“
„Ja. Und nichts geschieht ohne Grund.“
......................................................................
...
aus "Der Magier, die Prinzessin und der Ritter"
http://www.EditionPaperONE.de
Tag der Veröffentlichung: 19.02.2009
Alle Rechte vorbehalten