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In einem weiß gehaltenen Zimmer, von den Wänden bis zum großen Bett, durchflutet der aufgehende Halbmond durch die Fenster der Balkontür den Raum mit einem geheimnisvollen Licht. Selbst ohne zusätzliche Lichtquellen schien alles zu glühen. Einzig die roten Rosen auf dem Tischchen neben dem Bett setzen einen Kontrast zu der ansonsten marmorweißen Einrichtung.
Auf dem Bett ruht eine junge Frau, die verträumt eine Rose im Mondlicht betrachtet. Ihre Augen sind von einem tiefen, dunklen Blau, das im Schein des Mondes zu glühen scheint, während ihre blonden Haare ihre auffallend blasse Haut betonen. Manche beschreiben sie als eine weiße Rose im Tau der aufgehenden Sonne.
Wie eine weiße Blume erwacht sie schließlich aus ihrer Trance und geht hinaus auf den Balkon. Dort lauscht sie den Geräuschen der Nacht, dem Zwitschern der Vögel und dem Rascheln der Blätter. Bald schon wird sie zur Versammlung gerufen werden – sie kann es förmlich spüren. Ein spöttisches Lächeln huscht über ihre Lippen, wenn sie daran denkt, wie die alten Männer ihrer Mutter zuhören und doch alles abstreiten werden. Geplant hatte sie heute eigentlich eine Jagdausflug, doch nun bleibt ihr nichts weiter übrig, als hier zu warten, bis sie abgeholt wird.


Ein plötzliches Klopfen holt sie aus den Gedanken, und sie bat den Anklopfenden rein.
Ein bewaffneter und in einem schwarzen Umhang, unter dem sich eine ebenso dunkle Rüstung versteckte, erschien im Türrahmen des Balkons. Er war noch jung, kaum älter als Julia selber, doch war er schon bei der Wache der Königin. Das erstaunte die Prinzessin ein wenig, denn sie wusste, dass es ein langer Weg sein kann: von Soldat bis zur Wache. Dazu benötigt man eine besondere Ausbildung, aber vielleicht war er auch bloß der Sohn von jemandem, den die Königin schätzte. Julia wusste es nicht, denn sie beschäftigte sich auch kaum mit den Geschäften ihrer Mutter. Sie widmete sich lieber der Kampfkunst oder der Bildung. Ihre Mutter scheltet sie des Öfteren, deswegen, doch das machte Julia nichts aus.


„Wenn sie mir bitte folgen würden, Prinzessin, ihre Frau Mutter wünscht ihre Anwesenheit bei der Versammlung.“
„Wie immer“, murmelte Julia und folgte dem Mann durch ihre Zimmertür durch den langen Gang, vorbei an vielen anderen Türen, bis sie an einer großen Tür angekommen waren. Die Tür besteht aus dunklem Holz. Ein Soldat öffnet ihr die Tür und lässt sie hindurch treten.
Sie tritt in einen großen Saal, wobei ihr weißes Kleid anfängt zu leuchten, da sonst alles so dunkel ist in diesem Raum. Alle waren schon da, nur der Stuhl neben der Königin war noch nicht besetz. Mit schwebenden Schritten durchquerte sie den Raum und setzte sich an ihren Platz neben der Königin, welche wie immer in schwarz und weiß gekleidet war, als Zeichen für Gut und Böse in einem vereint.
Ihre hohen Wangenknochen betonten ihr schmales Gesicht und ihre dunklen blauen Augen, welche ihre Tochter eindeutig von ihr geerbt hatte, schienen zu glühen, doch kaum hatte ihre Tochter sich gesetzt, nahmen ihre Augen eine gelbliche Farbe an, und der Iris verkleinerte sich zusehend, ihre Reiszähne verdoppelten ihre Größe und ihre Nägel wurden zu scharfen Krallen. Mit dieser Verwandlung hat die Königin die Versammlung begonnen und alle fingen sich an zu verwandeln. Diese Verwandlung ist ein Aspekt von vielen, welche zu dem Leben eines Murtaners gehören. In der Welt der Menschen sind Murtaner auch unter der Bezeichnung Vampire bekannt, nur dass Menschen den feinen Unterschied der beiden Geschlechter nicht kennen. Um genau zu sein, gab es drei Geschlechter.

Die Murtaner sind die Mächtigsten, das Königsgeschlecht. Dann kommen die Vrahis, die Kopfgeldjäger, und zum Schluss kommen die Vampire, wie man sie aus dem Bilderbuch kennt.
Julia tat es ihrer Mutter nach und schaute in die Runde der zwölf Anwesenden. Sie war lediglich die Dreizehnte. Doch von den Zwölf waren mit ihr und ihrer Mutter noch eine andere Frau anwesend, und von den zehn sind nur drei andere junge Männer vorhanden, die anderen sieben Männer sind die Männer alle alt und haben graue oder weiße Haare.
„Nun, verheerte Königin, wieso haben sie uns zusammengerufen?“, fragte ein grauhaariger Mann mit stechenden Augen und einer Adlernase.
„Nun dann“, fing die Königin mit einer klaren, hohen Stimme an: „Ich habe sie heute zusammengerufen, weil die Vampire von Eleonora langsam aber sicher immer mehr verbreiten. Sie sind stärker als unsere, doch schwächer als unsere Kopfgeldjäger… doch unsere Kopfgeldjäger haben jedoch ihren ersten Offizier zu fassen bekommen und einige andere, doch wir brauchen mehr Leute, am besten ihren Berater oder sie selbst… was wohl für den Augenblick noch nicht der sein Fall wird.“ Ich weiß nicht mehr weiter, denn die Prophezeiungen erfüllen sich nach und nach. Nun sind diese neuen Vampire hier, doch der Erlöser oder die Erlöserin. „Sie wird angeblich aus zwei starken Blutlinien, doch solange wir sie nicht gefunden haben, werden wir weitere Kopfgeldjäger auf die Jagd nach Eleonoras Vampiren schicken.“
Kaum hatte die Königin geendet, ging die Tür wieder auf und einer der beiden Wachen ließ einen großen, dunkelhaarigen Mann mit schwachen Stoppeln herein. Er verneigte sich kurz und legte dem Wachen einen schwarzen Sack in die Hand, welche dieser kurz öffnete, um reinzuschauen zu können. Doch ehe der Mann eine Beschreibung des Inhaltes darlegen konnte, sprach der Mann für ihn.
„Der Kopf von Vampiren, welche das Gesetz überschritten haben.“
„Und dein Name, Kopfgeldjäger?“, fragte die neben der Königin und Prinzessin noch andere Frau im Saal, abschätzig den jungen Mann.
„Andrés Umbro…“
Er wollte noch eine Bemerkung hinzufügen, doch unterließ es und schaute der Königin offen und provokativ in die Augen – eine sehr unhöfliche Geste, mit der er jedoch die Aufmerksam der etwas desinteressierten, dreinschauenden Prinzessin auf sich zog.
„Andrés, sie wissen nicht, wie gelegen sie kommen. Ich denke, wir haben soeben die Lösung für das kleine Problem gefunden.“
Alle Blicke waren auf die Königin gerichtet, welche den jungen Mann vor sich mit einem aufmerksamen Blick und einem leichten Lächeln betrachteten.
„Du, Andrés, wirst mit sieben anderen Gefährten, deiner Wahl und meiner Tochter, auf den Weg machen, um Informationen über Eleonora zu sammeln und mir eine Blutprobe von ihr zu hohlen.“ „Auf deinem Weg wirst du alle Vampire, die du von ihr findest, töten.“
Julia starrte ihre Mutter überrascht an, wie noch einige andere in diesem Raum.
Einer der jüngeren Murtaner in diesem Raum meldete sich zu Wort.
„Ich würde auch gerne die Meinung Ihrer Tochter dazu hören…“
Julia setzte sich aufrecht hin und schaute den Fragenden direkt an, ehe sie dann zu Andrés runterblickte.
„Wie immer unterstütze ich die Anweisung meiner Mutter, auch wenn ich nicht ganz verstehe, wieso ich mitgehen sollte und mich unter diese Kopfgeldjäger mischen muss.“
„Nun, meine Liebe, der Grund ist sehr einfach zu erklären: Wenn du mitgehst, kann ich mir sicher sein, dass sich gehorchen, nicht wahr, verheerter Andrés.“
Ihre Frage war keine wirkliche Frage, eher eine Feststellung.
Ja, meine Königin. Wann soll ich aufbrechen? "
„Heute noch, sobald meine Tochter sich gerichtet hat.“
Andrés hob seinen Blick und musterte Julia von oben bis unten und fing an, spöttisch zu lächeln: „Verzeiht Prinzessin, aber es empfiehlt sich nicht, wenn sie in den Klamotten aufbrechen wollen.“
Julia schnaubte leise: „Keine Sorge, Monsieur Umbra, ich hatte nicht im Sinn, auf der Stelle in meinem jetzigen Dasein aufzubrechen.“
„Ich frage nun den Rat“, meinte die Königin und stand auf, „gebt ihr eure Zustimmung?“
Alle fingen an, unter den Stuhl zu klopfen, als Zeichen ihrer Zustimmung. Mit diesem lauten Klopfen stand Julia auf und Andrés folgte ihr.
Sie gingen durch den Gang, und vor der Zimmertür von Julia blieben beide schließlich stehen und Julia öffnete, wobei Andrés im Türrahmen stehen blieb und Julia hinter einer aufstellbaren Wand und kleidete sich um.
„Nun, Prinzessin, leicht verärgert?"
Julia ärgerte sich über sich selber, dass man ihr den Anflug von Ärger anmerken konnte, also versuchte sie, ihre Stimme dennoch ruhig zu halten.
„Nein, wie kommst du darauf?“
„Du sahst nicht glücklich aus, als deine Mutter dich damit verdonnerte…“
„Du bist ein Kopfgeldjäger, wieso ich wohl keine Lust habe?“ 
Andrés schüttelte nur spöttisch lächelnd den Kopf und wartete, bis Julia mit Lederhosen, weißem Hemd und Reitterstiefeln erschien. Ihr Gesicht war ausdruckslos, als sie an ihm vorbeitrat und die Tür hinter sich schloss. Er schaute sie nur an und folgte ihr wie ein treuer Untertan. Sie gingen zwei Stockwerke runter, bis sie im Stall waren. Dort warteten mit dem dunkelblauen Umhang auch ihr Degen und Schimmel auf sie. Kaum waren sie in dunklen Umhängen auf Schimmel und Hengst gestiegen, erschien die Königin in ihrer normalen Gestalt.
Sie küsste ihre Tochter auf die Wange und gab ihr goldenes Kettchen mit einem Delfin als Anhänger und wünschte beiden jungen Menschen viel Glück auf der weiten Reise.
Sie ritten in der Dunkelheit und dem Mondschein durch das große Tor, schweigsam, bis wieder Andrés anfing.
„Nun Prinzeschen, so ganz alleine in der unbekannten Welt.“
„Ich weiß mich zu wehren“, erwiderte Julia kurz und schaute wieder nach vorne, wobei ihr Begleiter sie noch immer spöttisch von der Seite betrachtete.
Man konnte es ihm ansehen, dass er nicht viel von Murtaner hielt. In seinen Augen waren sie nur nichtswissende Idioten, die denken, dass sie besser sind, nur weil ihr Blut etwas anders aufgebaut ist, als das der Vrahis, und wenn es im Kampf darauf ankommen würde, würden die Murtaner zugrunde gehen.
„Wohin reiten wir überhaupt?“
„In den Wald, zu Freunden…“
„Geht es etwas Konkreter?“
Andrés schaute sie nicht an, doch sie konnte das spöttische Grinsen genau sehen: „So so, Prinzeschen möchte es gerne genauer? Nun, es gibt eine kleine Hütte im Wald, wo ein paar meiner Leute leben, so um die drei oder vier, danach werden die anderen zu uns stossen.“
Das Mädchen ärgerte sich leicht über diesen wagen Plan, und sie wusste auch, dass Andrés es extra nicht genauer erzählte.
„Dieser Plan klingt mehr als wage. Was passiert danach, nachdem ihre Freunde dazu gestoßen sind?“
Andrés zuckte die Achseln: „Das darf ich nicht sagen, denn wenn sie einen der Feinde erwischt, und sie den Plan ausplaudert, sind wir alle geliefert. Sie müssen sich mit meiner Antwort zufrieden geben, Prinzeschen.“

„Sie können mich einfach Julia nennen und per Du sein…“
„Ich fühle mich geehrt, Mademoiselle“, antwortete Andrés mit einem spöttischen Unterton und fügte hinzu: „Ich bin Andrés, was Sie wohl bereits schon wussten.“
Julia nickte und war froh, dass er sie fürs Erste nicht mehr „Prinzeschen“ nennen würde.
So rieten sie weiter über die Wiese, bis in den Wald, den Julia auch so manchmal von ihrem Balkon betrachtet hatte. Der Mondschein schien durch die Äste der Bäume und schien ihnen den Weg zu weisen. Sie ritten zweimal an einer Lichtung vorbei und immer tiefer in den Wald. Julia konnte sich kaum mehr daran erinnern, welchen Weg sie eigentlich genommen hatte.
Irgendwann blieb ihr männlicher Begleiter stehen und deutete auf ein Haus. Es war nicht besonders groß, reichte jedoch sicher für mehrere Leute aus.

Julia folgte ihm, als er vom Pferd abstieg und seinen schwarzen Hengst in einen kleinen Stall neben dem Haus hinführte. Sie tat es ihm gleich, und kaum waren die Pferde entsattelt und versorgt worden, gingen die beiden dunklen Gestalten weiter, bis sie vor der Haustüre standen.
Andrés klopfte an die Tür. Die Antwort war eine Stimme, die etwas auf einer fremden Sprache erwiderte, vielleicht Lateinisch oder Arabisch. Julia konnte die beiden Sprachen nie voneinander unterscheiden.
Kaum hatte die Stimme geendet, antwortete Andrés auf die gleiche Sprache, und die Tür schwang auf. Hinter dem Türrahmen stand ein kleinerer Mann, glatt rasiert und mit einer großen Narbe an der linken Wange. Seine schmalen Augen funkelten angriffslustig, als er die beiden Gestalten betrachtete.
Andrés trat ein, die junge Frau folgte ihm und der kleine Mann musterte sie von oben bis unten, dann wandte er sich an Andrés.
„Das ist also die hübsche Prinzessin, schön wie eine Rose, sagt man.“
Andrés schaute desinteressiert mit einer gehobenen Augenbraue nach hinten zu Julia und erwiderte etwas in dieser fremden Sprache, was Julia nicht verstehen konnte, doch der kleine Mann fing an zu lachen.
„Was hat er gesagt?“, fragte sie in Richtung des kleinen Mannes.
Er erwiderte nur lächelnd: „Das wirst du früh genug herausfinden.“
Julia hob nur die Augenbrauen und folgte Andrés in eine kleine Stube mit Kamin.
„Norbert, wo sind die Anderen?“
„Auf der Jagd“, meinte der kleine Mann und setzte sich auf eine gepolsterte Sitzgelegenheit und schaute uns fragend an: „Habt ihr Hunger oder so?“
Andrés schaute fragend zum blonden Mädchen mit den glühenden Augen, doch sie schüttelte nur leicht den Kopf.
„Zeigst du ihr ein Zimmer, dann können wir reden.“
Die junge Frau blieb stehen: „Keine Besprechung ohne mich, die Königin schickt nie ihre Tochter einfach so mit, das wisst ihr!“

Norbert und Andrés schauten sie an, als wollten sie gleich anfangen, laut los zu lachen, doch blieben sie ernst.
Andrés näherte sich ihr, bis sie fast nur ein oder zwei Zentimeter von ihm getrennt war, doch sie blieb stehen, wich nichts zurück, wie es wohl viele andere in dieser Situation getan hätten. Sie hatte keine Angst.
„Denkst du, wir kennen die Regeln nicht, dass eine Königin vielleicht nur alle hundert Jahre oder noch später ein Kind auf die Welt bringen kann? Doch was wäre, wenn wir dich einfach jetzt und hier töten würden? Was würde sie tun, die Königin?“
Julia schweigt als Antwort.
Während sie so dastanden, klopfte es an der Tür und Norbert ließ fünf Jungs zwei andere Männer herein, deren lautes Gelächter verstummte, als sie Julia und Andrés sahen, wie dicht sie voreinander standen und sich wütend anfunkelten.
Ein großer junger Mann mit leuchtend grünen Augen und einem schmalen Gesicht fing wieder an zu lachen: „Mein Lieber, haben wir nicht gesagt, dass Liebhaberinnen im Haus nicht zugelassen sind?“
Der andere stieß ihm den Ellenbogen zwischen die Rippen: „Das ist eine Murtanerin, du Schwachkopf!“
Sie legten schnell ihre Sachen ab und Andrés löste sich von dem Mädchen, welches immer noch an Ort und Stelle stehen blieb und die Männer gleichgültig betrachtete, wie sie sie musterten.
„Was macht die Prinzessin hier?“, fragte der Gefährte des Blonden zögernd.
Er hatte sie also erkannt, doch das machte ihr nicht viel aus. Sie stand nur da, und auch wenn sie sich etwas dumm vorkam, blieb sie stehen.
„Diese Angelegenheit wird er euch erklären, wenn er der Prinzessin endlich mal ihr Zimmer gezeigt hat“, antwortete Norbert an Stelle von Andrés, welcher nur nickte und der jungen Frau ein Zeichen machte, ihm zu folgen, was sie nun tat.

Julia mochte das Gästezimmer dieser Männer nicht, doch sie war froh, nun endlich mal eine Weile alleine zu sein. Müde tat sie den Umhang ab und wusch sich das Gesicht mit Wasser aus einer Schüssel. Sie mochte den modrigen Geruch des Zimmers nicht, und auch nicht, dass es so dunkel eingerichtet war, doch in der Not ist der Teufel fliegen, oder wie man auch immer dazu sagt. Sie akzeptierte es und war froh, nun einige Minuten der Ruhe genießen zu können, ohne diesen Andrés. Er ist so anders, so… kalt. So als würde er keine Gefühle dulden. Sie wurde schon seit Klein auf dazu erzogen, abschätzig auf Vrahis und Vampire zu schauen, doch nun, wo sie unter ihnen war, ihr Blut roch und für die nächste Zeit mit ihnen auskommen musste, musste sie ihre Erziehung etwas zurückschrauben und mit ihnen klar kommen. Etwas anderes blieb ihr gar nicht übrig.

Als Andrés wieder zurückkam, wurde er von drei paar fragenden Augen begrüßt.
„Das ist ja eine schöne Überraschung“, meinte Edgar, der Blonde.
„Hast du etwa die Prinzessin entführt?“, fragte Edgars Begleiter, Damien.
„Andrés, das musst du uns nun erklären“, gab auch Norbert seinen Kommentar zum Besten, und Andrés setzte sich auf einen Sessel gleich neben dem Kamin und schaute in die Runde. Er erzählte, wie er zur Königin geritten war, in der Absicht, das Kopfgeld abzuholen. Dabei ist er mitten in einer Sitzung geplatzt und bekam einen Auftrag plus die sture Prinzessin aufgebrummt: Keiner lachte, alle hörten ihm zu, als er von dem Auftrag und seinem Plan erzählte, in die Stadt zu gehen und alle Vampire, die sie fanden, solange zu foltern, bis sie was von Eleonora erzählten, und sie dann ausfindig zu machen.
„Dir fehlen aber noch drei andere Begleiter“, meinte Norbert und schaute ihn aus seinen engen, kleinen, braunen Augen prüfend an, als wolle er aus seinem Kopf lesen, was der andere Plan war.
„Edgar“, sagte er zum blonden, mit dem schmalen Gesicht und Katzengrünen Augen, "Mach dich bereit und reite zu meinem Bruder, sag ihm, wir treffen uns morgen Nachmittag unter dem Baum bei der großen Wiese. Von dort an, ist es nur noch ein halber Tagesritt, bis in die Stadt und erzähle ihm, was ich euch nun erzählt habe.
„Marius? Wie du meinst, ich eile schon“, meinte Edgar lachend und stand auf, „ich kann ja auf dem Pferd schlafen…siehst du, was ich für ein großes Opfer für meine Königin erbringe: Ich schlafe nicht in meinem gemütlichen Bett, sondern auf meinem Sattel.“
Damien lachte über die theatralische Ausdrucksweise seines Freundes und auch über Andrés Lippen glitt ein kurzes Lächeln. Kaum war Edgar weg, schlug er Nachtruhe vor.
Er selber ging aber in Richtung von Julias Zimmer und klopfte. Als keiner antwortete, machte er leise die Tür. Sie lag bereits schlafend im Bett. Sie war wunderschön. Ihr Gesicht sah aus, wie aus Marmor geschnitzt, so weiß und perfekt. Sie glich einer weißen Rose, schön und perfekt, doch stachelig und selbstverteidigend. Wie eine weisse Blume im Morgentau, dachte er und schloss die Tür wieder und ging in sein eigenes Zimmer, um sich auszuruhen.

Mit den ersten Sonnenstrahlen am Morgen wachte auch Julia auf. Die Sonnenstrahlen ließen sie nicht verbrennen, doch es war auch kein angenehmes Gefühl. Es war wie ein ständiges Prickeln, doch nicht offensichtlich, eher so ein passives Gefühl, welches man nur bemerkte, wenn man daran dachte, doch mit der Zeit stört es einen nicht mehr.

Julia ging aus dem Zimmer raus, Norbert stand in der Küche und backte eine Tasche, doch Lebensmittel konnte es nicht sein. Das jagten sie wohl eher auf dem Weg: Es waren eher Mantel, Holz, welches in der Küche gelagert wurde, und noch anderes Zeug, doch so genau schaute Julia nicht hin.
„Man riecht dein Blut im ganzen Haus, schöne Rose.“
„Julia, einfach nur Julia, nicht Rose, nicht Prinzeschen.“
„Verzeihung…“
„Was hat euch Andrés gestern noch so erzählt, ich meine, hat er euch seinen Plan verraten?“
Norbert schaute Julia nur an und grinste: „Nein, wahrscheinlich hat er es dir genauso wage erzählt, wie uns.“
Sie zuckte die Schulter und Norbert meinte nur: „Ich möchte dir keine Befehle erteilen, aber hole lieber deine Sachen, wir brechen in ein, zwei Stunden auf.“
Julia nickte nur und ging zurück. Sie holte den Umhang, ihr Degen, Schwert. Nur die Dolche in ihren Stiefeln hatte sie immer sicher in ihrer Nähe.
Sie holte ihr Zeug und legte es auf die Sitzgelegenheit. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie erschrak, als sie ein lautes: „Hallo“, hörte.
Damien ging zu ihr rüber, nahm ihre Hand und küsste den Handrücken des jungen Mädchens, welche ihn mit gehobenen Augenbrauen anschaute.
„Verzeiht mir, dass ich gestern nicht dazu kam, mich vorzustellen“, meinte er nur lächelnd.
„Hör auf“, fauchte Andrés seinen Freund an: „Wir sind hier nicht am Hofe.“
Seine braunen Augen funkelten ernst und ohne Humor. Das Lächeln verging Julia sogleich wieder, wie es mit der angenehmen Überraschung gekommen war.
„Norbert, bist du fertig?“
Dieser nickte nur: „Damien, beeile dich, und auch sie, Prinzessin.“
Julia erwiderte nur: „Schon erledigt, Monsieur, wann geht’s los?“
Er schaute sie nur ausdruckslos an und meinte: „Ich gehe schon mal zu den Pferden, kommt nach, wenn ihr endlich fertig seid mit den Vorbereitungen für die Reise.“

Julia zog sich den Umhang schnell über und steckte sich die Waffen ein, bevor sie ihm folgte. Er sattelte gerade sein Pferd, als sie eintraf. Sie merkte, wie er sie ignorierte, doch sie ließ sich nicht von ihm beirren, sondern fing einfach an zu reden, während sie ihr eigenes Pferd sattelte.
„Wieso kannst du Murtaner nicht ausstehen?“
„Ich wüsste nicht, was dich das angehen würde. Ich habe meine Gründe.“
Es war etwas seltsam. Auch wenn sich dich die beiden mit gegenseitigem Einverständnis duzen, ist es für Julia schon etwas merkwürdig, weil nur ihre Mutter sonst mit ihr in der zweiten Person Singular redete.
„Es sind also persönliche Gründe“, hackte sie nach, doch er schwieg. Sie wollte gerade den Mund aufmachen, um weiterzufragen, doch da kamen auch schon die zwei anderen und sie ließ es bleiben.
„Wo ist denn der Blonde?“
„Edgar? Der ist schon vorausgeritten, um Andrés‘ Bruder zu benachrichtigen.“
Das Mädchen mit der blassen Haut und den glühend, blauen Augen hob fragend die Augenbrauen und wandte sich an Damien: „Von ihm gibt’s zwei?“
Der zuckte nur grinsend die Schulter: „Nicht ganz, den Bruder würden sie wohl eher mögen, Prinzessin.“
Sie seufzte: „Nenn mich Julia, bitte.“
„Pardon, Julia.“

Andrés wartete schon auf dem Hengst sitzend auf die Anderen und ritt zuvorderst, neben ihm Norbert und hinter ihnen Damien und Julia. Die beiden Gruppen hatten genügend Abstand, dass man etwas lauter reden musste, um sich zu verstehen.
Andrés versuchte sie auf den sichersten Pfad zu führen. Doch als sie nun schon einen halben Tag geritten waren und noch einen halben Tag vor sich hatten, hörte Julia ein seltsames Knacken in den Bäumen. Und dann roch sie etwas: Es waren keine Vampire, aber auch keine Vrahis oder Murtaner, doch irgendein Wesen ohne Herz, denn sie konnte nur die Bewegungen hören und das Blut riechen, doch konnte sie keinen Herzschlag ausmachen.
„Andrés!“
Er blieb nicht stehen, doch drehte sich um. In diesem Augenblick wurde seine Schulter von einem Pfeil durchbohrt und vier andere Gestalten sprangen aus Gebüsch, auf Pferden und mit Waffen.
Die Gefährten verwandelten sich unterschiedlich in die Bestie, die in ihnen lebte, und griffen ebenfalls zu ihren Waffen.
Bei Julia veränderten sich nur die Augen, von blau zu gelb, die Ohren wurden etwas spitzer, die Eckzähne zu Fangzähnen und die Hände zu klauen. Bei den Männern war die Verwandlung etwas größer. Zwar veränderte sich bei ihnen das Gleiche wie bei Julia, nur wurde ihre Haut lediger, fast schwarz wie ihre Augen.

Der Kampf dauerte nicht lange, nur wenige Minuten, bis die Angreifer zu Staub zerfielen. Durch diesen Angriff waren Andrés und Norbert vom Pferde gestiegen, dass sie ihre Angreifer runterzerrten, doch kaum war es vorbei, schaute Andrés besorgt zu Julia hoch: „Alles in Ordnung, Prinzessin?“
Sie und Damien waren in der Zwischenzeit, nachdem alle tot waren, auch vom Reittier gestiegen und die Angesprochene nickte, wobei sie ihn besorgt musterte.
„Andrés?“
Er lächelte verschmitzt und brach zusammen. Julia und die beiden Männer eilten sofort herbei.
„Silber“, murmelte Damien, und Julia nickte ihm zustimmen und zog den Pfeil mit der Pfeilspitze mit einem Ruck aus der Schulter.
„Das Metall ist bereits in seinem Kreislauf, was können wir da machen?“, fragte Damien, und die Nervosität in seiner Stimme war kaum zu überhören, doch Norbert schien das Ganze nicht weiter zu kratzen: „Mon cher, ich denke, sie wissen, was sie tun könnten…“
Sie schaute erst Norbert, dann Andrés an, wie er dalag, so blass und doch so schön. Ja, sie wusste, was zu tun war. Sie musste ihm Murtanerblut geben, das einzige, was gegen Silber einigermaßen etwas ausrichten kann.
Sie schaute nochmals runter zu Andrés und wetzte sich das Handgelenk mit den eigenen Zähnen auf. Da man einen Murtaner nur mit köpfen umbringen konnte, konnte sie kein Schwert zur Hand nehmen, um sich die Haut aufzureißen. Das Stahl würde brechen, denn es brach nur bei einer Stelle nicht: zwischen Kopf und Schlüsselbein. Das war einer der vielen Unterschiede zwischen Murtanern und den anderen Geschlechtern.

Kaum hatte sie sich das Handgelenk auf gewetzt, da füllte sich ihr Mund auch schon mit Blut – waren, süssem Blut.
Sie hob Andrés Kopf an und hielt seine Lippen an ihr Handgelenk. Erst dachte sie, er wäre durch das Silber im Blut schon zu schwach, als sie ein sanftes Saugen spürte, welches immer fester wurde. Die Wunde an der Schulter schloss sich, und da entfernte sie ihr Handgelenk. Sie spürte nun, dass sie selber Blut benötigte, sagte aber nichts, sondern schaute Andrés nur an, welcher nun die Augen öffnete: „Danke.“
Es klang nicht wirklich dankbar, aber das war ihr egal. Sie war froh, dass er noch lebte, wie unfreundlich er nun auch scheinen mag.

Sie ritten nun weiter, als wäre nichts passiert. Nur Andrés machte sich Sorgen, welche er nicht zeigen wollte. Doch sein Freund schien es zu spüren.
„Andrés, alles in Ordnung?“
Andrés schaute kurz nach hinten, und Norbert bemerkte den prüfenden Blick, welcher sein Freund auf die junge Frau warf.
„Du magst sie“, meinte er lächelnd, doch er schüttelte nur den Kopf. „Das ist meine kleinste Sorge, glaub mir, ich möchte lieber wissen, wieso diese Vampire schon hier sind, so nah am Hof…“
Norbert zuckte nur die Schultern: „Das wissen nur sie selber… Vielleicht gibt es unter den Ältesten einen Verräter.“
Der Mann mit den schwarzen Haaren schaute nur geradeaus auf den Weg, als würde er kurz überlegen, und schaute nochmals nach hinten, wobei er dem Blick der jungen Prinzessin begegnete. Sie lächelte sanft und für kurze Zeit erwiderte er ihr Lächeln.
„Bei Einbruch der Nacht müssen wir eine Pause einlegen und jagen.“
Norbert nickte und sie ritten weiter.

Hinten redeten Julia und Damien.
„Ist Andrés eigentlich immer so unfreundlich?“, wollte sie wissen. Da verdüsterte sich Damiens Gesicht etwas.
„Ich weiß nicht, ob ich dir seine Geschichte erzählen darf. Sag es ihm einfach nicht weiter… Er hat nämlich vor drei Jahren seine Familie verloren, und seitdem wechseln er und sein Bruder nicht mehr viele Wörter miteinander.“
„Was ist denn passiert?“, hackte Julia weiter nach.
Er sah kurz in ihre Augen, sie funkelten. Es schien ihm, vielleicht nur eine Einbildung, als würde er in die Tiefen eines Meeres schauen.
„Die Gebrüder Umbru sind nicht seit immer nur Brüder, sie hatten auch eine kleine Schwester, um genau zu sein, die Zwillingsschwester von Andrés.“ Die Mutter ist bei ihrer Geburt umgekommen und ihr Vater durch Eleonora. Anja, so hieß die Schwester, hatte einen Geliebten, einen Vrahis. Ich kenne seinen Namen nicht mehr, jedenfalls hat dieser die Seiten gewechselt, und sowohl Marius als auch Andrés waren gezwungen, ihn zu töten. Das konnte sie den beiden nicht verzeihen, als sie die Wahrheit herausfand, und sie hat sich selbst mit einem silbernen Dolch umgebracht. Andrés trägt die Spitze des Dolches immer noch um den Hals in einer Goldfacette. Seitdem ist er nicht mehr, sagen wir, gesprächig. Ich habe ihn erstgestern wieder richtig lächeln gesehen.“
Julia lächelte bei dem Bild, wie Andrés wohl aussah, wenn er lächelte. Sie ritten so weiter und redeten, manchmal lachten sie auch über einen Witz, denn der andere brachte. Julia spürte ihr Gesäß zwar langsam nicht mehr, doch sie ignorierte es einfach. Sie konnte sich jedoch nicht erinnern, so lange auf einem Pferd gesessen zu haben.
Irgendwann, kurz nach Einbruch der Nacht, hielt Andrés sie an und stieg vom Pferd.
„Wir machen eine kurze Rast…“
Sie führte ihre Pferde etwas abseits der Straße und Norbert und Damien wurden damit beauftragt, zu jagen. So saßen Andrés und Julia sich im Dunklen gegenüber, sie brauchten kein Feuer, da es nur ungewollte Gäste anziehen würde und sie auch so ausgezeichnet sehen konnten im Dunkeln.
„Ist alles wieder in Ordnung, wegen der Wunde?“
Sie konnte sehen, wie er nickte: „Ja, alles wieder verheilt, danke nochmals.“
Diesmal konnte sie die Dankbarkeit hören. Sie war nicht so unfreundlich wie dort, als sie ihm ihr Blut gegeben hatte.

Sie konnte das Rascheln des Laubes hören, als er etwas näher kam: „Und bei dir? Ich hoffe, der Ritt war nicht zu unangenehm?“
Sie lächelte: „Ich spüre mein Hinterteil nicht, aber sonst war es sehr amüsant, mit Damien zu reden.“ Sie sah sein Schmunzeln und lächelte. „Hasst du mich eigentlich?“ 
Er wandte seinen Blick ab und sie kam näher und wollte ihre Hand auf seine Wange legen, damit er sie ansah, auch wenn er einen halben Kopf größer war als sie. Doch bevor ihre Hand seine Haut überhaupt berühren konnte, wandte er sich ab und sie zog sich mit einer kurzen Entschuldigung zurück. Bevor er was erwidern konnte, konnte sie den Geruch der beiden Vrahis wahrnehmen und dazu Tierblut. Es war klar, dass hier so abgelegen keine Menschen wohnten, was Julia etwas bedauerte, doch in der Not trank sie nun mal auch das Blut von Tieren, obwohl es nicht so delikat war, wie das von Menschen, doch damit musste sie sich wohl oder übel abfinden.

Damien reichte ihr einen Hasen und schlug seine Zähne selber in ein Kaninchen, genau wie die anderen zwei. Damien schaute sie aus lachenden Katzenaugen an, da er sie verwandelt hatte, wie sie alle. Sie trank einfach, und als sie fertig war, warf sie das Kaninchen angeekelt von sich.
„Hat’s nicht geschmeckt, Prinzessin?“
Damien grinste sie an und Julia erwiderte: „ Nein nicht wirklich, es gibt Besseres, aber Blut ist Blut.“
„Wir gehen weiter“, rief Andrés schroff den anderen zu.
Alle setzten sich aufs Pferd und erreichten vor Sonnenaufgang den einen großen Baum auf der Wiese.
Unter dem Baum lagen zwei Männer: Der vierte, Julia erkannte in ihm Edgar, stand am Baum gelehnt, und ein vierter stand etwas abseits von den anderen. Während Julia, Damien und Norbert auf die anderen begrüßt wurden, ging Andrés zum anderen Mann hin.
Julia setzte sich neben Damien, aber erst wurden sie alle drei von Edgar mit einem lauten Lachen begrüßt. „Ist das Marius?“, fragte Julia Damien in Flüsterton.
„Hast du ihr etwa von Andrés erzählt?“, fragte Edgar in einem unglaubwürdigen Ton.
Damien nickte nur und gab ihm ein Zeichen, ruhig zu sein, und Edgar gehorchte. Da gab Damien ihr auch eine Antwort auf Julias Frage: „Ja, das ist sein Bruder. Ich denke, die beiden haben sich nun viel zu sagen.“
Edgar nickte ebenfalls: „Ja, die haben sich wirklich schon lange Zeit nicht mehr gesehen.“
Nach einigen Minuten näherte sich Andrés wieder seinen Gefährten: „Ich habe mit Marius gesprochen, wir ruhen uns bis morgen aus, legt euch schlafen oder geht jagen, aber bitte nicht alleine, vor allem du nicht, Julia.“
Julia schaute zu Andrés hoch, doch er mied ihren Blick. Doch war es ihr ein Rätsel, wieso er ihr nun aus dem Weg ging. Sie hatte das Gefühl, als wäre sie kurz davor gewesen, das Eis zu brechen, was wohl doch nicht der Fall zu sein schien.
„Andrés?“
Er schaute nochmals zur jungen Frau hin, und wieder fiel ihm auf, wie schön sie ist – wie eine Statue aus Marmor, eine weisse Rose, welche glänzte, doch der Glanz kam nicht von ihrer Schönheit, sondern von ihr selber: Sie strahlte von innen nach außen. Alles an ihr glänzte, ihre Augen, ihre Haut bedeckte ein silberner Schimmer und ihre blonden Haare betonten ihre Schönheit noch mehr. Er wusste, er konnte es ihr nicht sagen – noch nicht, er durfte es nicht, sie war tabu.
„Ja?"
Sie schüttelte nur den Kopf und legte sich hin.

Sie wachte auf, als sie einen Falken laut Kreischen hörte. Sie schlug die Augen auf und konnte wie jeden Morgen das leichte Prickeln der Sonnenstrahlen spüren. Sie hörte das leise Atmen der sieben Vrahis um sich und stand dann auf. Sie betrachtete die Sonne, wie sie rötlich den Himmel empor zu klettern schien und ihr Gesicht in einen ebenso roten Glanz färbte. Da bemerkte sie den Schatten im Gras, welcher nicht vom Baum kam, und näherte sich dem Schatten, der am Baum gelehnt da saß.
Er saß da, nur in Hose, ohne Hemd oder Stiefel. Ein Falke landete auf seiner linken Faust, auf welche er einen Handschuh trug. Sanft strich er ihm über das Köpfchen und ließ ihn wieder fliegen. Sie setzte sich vorsichtig neben ihr, während er seinen Handschuh auszog. Sie setzte sich ganz dicht zu ihm und schaute ebenfalls zur Sonne.
„Ist es noch lange bis zur Stadt?“
„Ich denke, wir werden bald aufbrechen.“
Sie schauten sich an, direkt in die Augen. Plötzlich hob er seine Hand und berührte sanft ihre Wangen und zog ihr Gesicht zu seinem und berührte sanft ihre Lippen mit den seinigen. Sie erwiderte seinen Kuss. Sie begann mit ihrer Hand sein Haar zu durchwühlen, und er presste sie noch mehr an sich heran und sie ließ es zu.
„Andrés…“, flüsterte sie an seiner Lippe und roch sein Duft. „Ja?"
Er entfernte sein Gesicht etwas von ihrer.
„Liebst du mich?“
Er schüttelte den Kopf, ja, er liebte sie: „Ich weiß es nicht.“
Sie entfernte sich etwas von ihm: „Wieso dann…?“
Sie wurde mitten im Satz von einer anderen, männlichen Stimme unterbrochen, die sie vorher noch nie gehört hatte, aber sie wies eine große Ähnlichkeit mit der von Andrés auf: Sie war lediglich etwas tiefer.
„Prinzessin“. Er reichte ihr seine Hand und küsste ihren Handrücken sanft. Sie spürte, wie ihre Wangen langsam rot anliefen und sie dem Mann zum ersten Mal ins Gesicht schaute. Er hatte wie Andrés ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen und eine gerade Nase, aber seine Augenbrauen waren weniger geschwungen und seine Augen etwas größer, doch waren sie nicht braun wie die von Andrés, sondern grün, mit zwei kleinen, braunen Flecken, und seine Wimpern waren auch nicht so dicht. Auch hatte er kein schwarzes, sondern eher braunes, kurzes Haar.
Bei dem schwarzhaarigen Mann konnte Julia auch mehr hervortretende Muskeln erkennen, sowohl beim Bauch als auch in den Armen.
„Sie sind demnach der andere Umbru-Bruder, wenn mich nicht alles irrt.“
„Aber bitte, nennen Sie mich doch einfach Marius.“
Julia stand lächelnd auf: „Nur wenn sie mich dafür Julia nenne.“
Er nickte: „Es ist mir eine Ehre.“
Andrés stand ebenfalls auf und zog sein Hemd wieder an, welches er neben ihm lag.
„Zeit zum Aufbruch?“, fragte Andrés seinen Bruder, und die Wärme, welche er vorhin Julia gegenüber ausgestrahlt hatte, war auch bei Marius wieder verschwunden.

Obwohl sie Brüder sind und auch aussehen wie Brüder, behandeln sie sich mit einer gewissen Distanz, die Julia als Außenstehende wohl sicher nicht verstanden hätte, wenn sie ihre Vorgeschichte nicht gekannt hätte.
„Ja, Andrés, weck die Leute.“
Der jüngere der beiden Brüder schaute den älteren mit einem unergründlichen Blick an und tat wie geheissen.
„Prinzessin, Verzeihung, Julia, dürfte ich dich bitten, dich ebenfalls bereit zu halten?“ "
Julia lächelte kurz und ging ebenfalls, um ihre Sachen vom Platz zu holen, auf dem sie geschlafen hatte, und stieg wie die meisten anderen auf das Pferd, und die zwei unbekannten, wohl die Begleiter von Marius, schauten sie nur an. Sie hörte, wie Norbert lachte und meinte: „Habt ihr etwa noch nie eine Prinzessin gesehen?“
Der eine lachte Norbert ebenfalls zu und der andere betrachtete Julia immer noch: Es schien ihr fast etwas feindselig.
Norbert stiess ihm den Ellbogen zwischen die Rippen und auch er wandte dann schlussendlich den Blick ab.
Als alle auf dem Pferd saßen, ritten sie los. Die Brüder zuerst, dann die Prinzessin, mir ihr Edgar und Damien, und dann der Rest.
Die ganze Gruppe ritt den halben Tag im Galopp. Keiner sprach, nur die Brüder wechselten hin und wieder ein Wort, und Andrés schaute immer wieder nach hinten zu Julia, und immer wenn sie seinen Blick bemerkte, schaute sie ihn ebenfalls an. Blicke sagen mehr als Worte.
Kurz vor der Stadt blieb die kleine Gruppe stehen.
„Zwei zweier Gruppen und eine vierer Gruppe werden in drei verschiedene Pensionen ziehen, immer in Gruppen…Julia, es ist das Beste, wenn du mit meinem Bruder gehst, vielleicht kannst er zumindest dich beschützen“, bei diesen Worten warf Marius seinem kleinen Bruder einen vielsagenden Blick zu, und auch Julia wusste sofort, was das hieß.
Die anderen teilten sich ebenfalls auf: Einer der Fremden ging mit Marius und der andere blieb bei Andrés Freunden.
„Wir gehen zuerst, Marius. Ihr wisst alle, was zu tun ist! Ich meine morgen Abend“, sprach Andrés und nickte Julia zu, als Zeichen, ihr zu folgen. Kaum waren sie in der Stadt, wurden sie angestarrt. Andrés suchte nach einer Schlafgelegenheit, bis er ein Restaurant fand, in welchem man im zweiten Stock schlafen konnte.

Als sie endlich im Zimmer waren, legte sich Julia müde auf das Bett. Andrés setzte sich in einen Sessel, welcher in der Ecke des Zimmers stand, und betrachtete sie. Er beobachtete sie und Julia meinte Faszination zu erkennen.
Sie setzte sich wieder auf: „Bist du fasziniert?“
Er schüttelte kurz den Kopf, stand auf und lächelte sanft, doch nicht wie ein Freund oder Vaterersatz. Er lächelte wie ein Geliebter zu seinen Liebsten.
Sie zog ihren Umhang aus und legte die Waffe neben sich auf den Nachttisch und knöpfte danach langsam ihr Hemd auf.
Würdest du dich bitte umdrehen? "
Er tat wie geheissen und sie zog sich bis auf die Unterwäsche aus und schlüpfte dann ins Bett und schnell unter die Bettdecke.
Er zog sich ebenfalls auf und legte seine Sachen neben ihre Sachen auf die Sessellehne und schlüpfte dann zu ihr ins Bett.
Sie drehte sich zu ihm um, doch sah er nur seinen Rücken.
Er spürte, wie sie sich zu ihm umdrehte, und drehte sich nun ebenfalls zu ihm um: „Julia…“
Er sprach nicht zu Ende, denn er wurde von ihr gleich geküsst.
„Ich liebe dich, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe…“
Julia zog ihre Augenbrauen zusammen: „Wir kennen uns erst seit wenigen Tagen.“
Andrés schüttelte den Kopf: „Ich kenne dich schon seit sicher zwei drei Jahren, nur du hast mich nie gesehen.“ Vor zwei Jahren kamen doch immer so viele Bewerber. Da habe ich dich zum ersten Mal gesehen, als du einen kleinen Mann als ständigen Begleiter um dich hattest, und dann später immer wieder. „Ich musste einige Monate aufpassen, dein Schatten zu sein. Du hast mich nie gesehen, doch ich war ständig um dich.“
Julia fing an zu lachen: „Natürlich, wieso habe ich dich dann nicht gerochen oder gespürt?“
„Parfum, Madame.“
„Parfum?“
„Es gibt ein besonderes Parfum für Vrahis, damit man sie nicht spüren kann.“ „Wieso habe ich noch nie davon gehört?“
„Geheimnis der Familie“, meinte er und legte den Kopf auf das Kopfkissen, so dass Julia von oben her nach unten betrachten musste. Er strich ihr langsam durchs Haar und küsste sie zärtlich und lange. Da spürte sie ein kaltes Metall an ihrer Brust, als sie sich an die Seine presste. Es war kein Silber, nein, es war das goldige Kettchen, von dem schon einmal die Rede war. Sie atmete scharf ein und Andrés hörte sofort auf und betrachtete sie.
„Alles in Ordnung.“
Sie lächelte und deutete auf das Kettchen: „Hübsch.“
Er schaute an sich runter und für wenige Sekunden verdüsterte sich sein Gesicht, doch dann zwang er sich zu einem Lächeln: „Ein Andenken.“
„Julia wusste das natürlich, doch wollte sie erst wissen, ob er es freiwillig von sich preisgeben würde, was wohl eher nicht der Fall zu sein schien.“

Andrés nahm ihr Handgelenk und drehte sie auf den Rücken und küsste sie wieder und wieder. Sie genoss es, während er ihren Hals küsste. Sein Bart kitzelte auf ihrer Haut und seine Brusthaare kitzelten auf ihrer Brust. Langsam öffnete er ihren Büstenhalter und legte sich auf sie.
„Andrés Umbru, ich liebe dich.“
Sie hörte nichts, außer ein halblautes Knurren aus seiner Kehle, während er mit seinen Lippen immer weiter runterwanderte, bis er an ihrem Höschen war und es langsam runterschrieb und wieder mit der Lippe raufwanderte.
„Andrés! Ich bin…“
Er schaute zu ihr rauf und lächelte: „Ich weiß.“
Er fing an, sie wieder und wieder zu küssen, und ihre Lippen nahmen es an. Unerwartet stiess er in sie ein. Langsam setzte sie sich auf seine Knie und bewegte ihre Hüften hin und her.
Er liebkoste ihre Brüste und sie schloss die Augen.

Schnell atmend lagen sie nun auf dem Bett und betrachteten sich lächelnd. Andrés drückte ihr noch einen Kuss auf die Lippen, ehe sich Julia umdrehte und der schwarzhaarige Mann ihr den Arm umlegte.

Julia wurde von einer leisen Berührung am Ohr geweckt – ein zärtlicher Kuss.
„Wach auf Prinzessin.“
Müde drehte sich Julia zu Andrés um, und als sie spürte, wie er über ihre nackte Haut streich, schaute sie ihn erschrocken an, als er ihren Blick bemerkte.
Sie setzte sich auf: „Man wird dich umbringen!“
Nun lag es an ihm, sie an zu starren: „Das Gesetz…Keine Rassenmischung.“
Zudem bin ich die Prinzessin! „Mich hättest du nicht mal anfassen dürfen.“
Andrés befeuchtete leicht ihre Lippen: „Du kannst auch einfach nur bei mir bleiben, und wenn du es niemandem verrätst, werde auch ich nichts sagen.“
„Ich kann das doch meiner Mutter nicht antun, einfach gehen.“
„Wie du meinst…“
Sie zog sich an, obwohl es erst Nachmittag war.
„Wo willst du hin?“
Sie setzte sich aufs Bett: „Nirgends.“ Hilfst du mir wieder, mich auszuziehen? "
Er lachte und zog sie aus, während sie sich küssten.

„Andrés! Julia!“ „Macht endlich die verdammte Tür auf, wir sind nicht hier, um die Zeit zu verschlafen.“
Julia wachte langsam auf, sie lag nackt im Bett, lediglich mit einer Decke bedeckt, doch als die Tür aufging, schaute sie auf und bedeckte schnell ihre Brüste mit der Decke – genau dann, als Marius reinkam – es dunkelte inzwischen. Marius schloss die Tür schnell hinter sich und sah Julia zuerst nicht, da er gerade mit seinem Bruder beschäftigt war.
„Die Stadt ist voll von Eleonoras Vampiren. Sie sucht nach ihr, ihre Kinder suchen nach ihr, das weißt du und…“
Sein Blick richtete sich auf Julia und sie errötete. Marius schaute zwischen seinem Bruder hin und her.
„Bist du völlig verrückt geworden?“, brüllte Marius seinen Bruder an, welcher ihn nur anschaute, ausdruckslos.
„Soll ich dich auch noch verlieren, du verdammter Idiot, ich habe schon die halbe Familie verloren, du bist mein letzter Verwandter, soll ich dich verlieren, wie Anja?“
Andrés schaute seinen Bruder bestürzt an: „Lass uns bitte alleine.“
Marius starrte ihn wütend an und nickte dann aber und verschwand.
„Julia, zieh dich bitte an, damit wir gehen können.“
Die schöne, weiße Rose nickte lediglich und zog sich an. Auch er zog sein weißes Hemd und seine Stiefel an.
Als sie angezogen waren, traten sie auf den Flur, wo sowohl Marius als auch sein Begleiter warteten.
„Julia, Prinzessin, würdest du bitte schon mal kurz mit James vorausgehen? Ich muss meinen Bruder kurz allein sprechen.“ Julia nickte und ging mit James voraus.

„Liebst du sie? Ich meine, ist sie es wert?“
„Ich denke schon… Sie ist nicht wie die anderen…“
Marius grinste spöttisch: „Du meinst, nicht wie deine braunhaarigen Dirnen, welche du doch immer so bevorzugst.“
Aus Andrés Kehle drang ein leises Knurren, und Marius wertete ihn mit einem scharfen Blick, doch Andrés hielt diesem Blick stand.
„Komm, wir wollen die Prinzessin und die anderen doch wohl nicht warten lassen, nicht wahr?“

Eine Woche verging, zwei Wochen vergingen, immer auf dieselbe Art: Am Tag schlafen und am Abend jagen. Sie jagten die feindlichen Vampire, füllten ihr Blut in Reagenzgläser. Bevor sie ausgesaugt wurden, wechselten die zweimal die Pension, um keinen Verdacht zu erregen, kauften Kleider, alles am Tag und in der Nacht waren sie Schlächter.
Doch es war keine schlechte Zeit, nicht wirklich. Am Tag liebten sich Julia und Andrés und am Abend jagen und auch foltern, doch sie bekamen nicht viele Informationen. Diese Vampire waren treu, minderwertig, aber treu.

Doch nach zwei Wochen, als sie wie jeden Abend auf die Straßen mussten, wurde die ganze Gruppe von Vampiren umzingelt. Sie waren mehr als nur in der Überzahl.
„Julia, Andrés, haut ab!“, schrie Marius, während er mit seiner gekrümmten Waffe einem der Vampire köpfte.
Julia wollte protestieren und bleiben, doch Andrés hob sie auf die Schulter und rannte mit der übermenschlichen Geschwindigkeit in ihre Pension und schmiss sie aufs Bett.
„Julia, bitte nimm das“, er warf ihr seine Kette zu, ritzte sich vorher aber die Haut damit auf, „es ist das Andenken an meine Schwester, und es soll nun deines an mich sein…“
Er konnte nicht zu Ende sprechen, denn mit einem riesigen Knall sprang die Tür auf und Vampire sprangen herein. Es blieb keine Zeit mehr, um sich zu verteidigen. So pressten sie Andrés an den Boden und er leistete keinen Widerstand, es wäre sinnlos. Als sie also Andrés am Boden hatten und Julia gut festhielten, betrat eine Frau den Raum.
Hochgewachsen und ihr dunkelblondes Haar aufgesteckt zu einer ordentlichen Frisur: Sie war verwandelt, ihre Zähne ragten heraus und ihre Augen, gelblich wie bei einer Katze, hatten einen goldenen Schimmer. Sie schaute in das verwandelte Gesicht von Julia, die sich verzweifelt gegen den Griff der Vampire zu wehren versuchte.
„Meine kleine Schwester, endlich lernen wir uns mal von Angesicht zu Angesicht kennen, auch wenn zwischen uns nun etwa 90 Jahre Unterschied liegt, nicht wahr.“
Julia schaute die Frau verwirrt an: „Verzeih mir, ich bin Eleonora.“
Sie reichte ihre zarte, blasse Hand in der Luft aus, und einer der Vampire reichte ihr einen Pfahl, welche sie in einer schnellen, kraftvollen Bewegung in Andrés Herz stieß. Eine Waffe, die bei Murtaner und Vrahis wie ein Schlafmittel bei den Menschen wirkte. Bloß lähmte es, und man konnte sich nicht mehr bewegen.
„Andrés!“, schrie Julia verzweifelt auf. Doch Eleonora ignorierte das Gekreische der Prinzessin.
„Trägt ihn in mein Haus, ich möchte mit meiner Schwester alleine sprechen.“
Alle verschwanden, außer die Vampire, die Julie festhielten, um sie wohl bei ihm Schach zu halten, doch Julia beruhigte sich auch so.

„Nun dann, Schwesterherzchen, ich sehe, du wusstest wohl nicht, dass wir zwei verwandt sind, nicht wahr, unsere geliebte Mutter hat es dir wohl verschwiegen. Ich hasste sie schon immer für ihre Lügen, und weil sie immer so heimlich machen musste, die einen nennen sie weiße, ich gehöre zu denen, die sie dumm nennen.“
„Man kann es nicht jedem recht machen“, meinte Julia kurz.
Eleonora nickte: „Da hast du wohl recht. Tja, wie dem auch sei, ich glaube, ich muss dir kurz was…“
Sie schnüffelte und schaute Julia verblüfft an. „Dampier! Du hast unsere Rase vermischt!“
Mit diesen Worten trat sie näher an Julia und schnüffelte an ihr und fing dann an zu lachen: „Unsere arme Mutter, sie war damals so eine brave Tochter, und nun hat sie uns, zwei Töchter, die gegen das Gesetz verstosen. Du hast dich mit einem Vrahis vereinigt. Jetzt sag mir bitte nicht, dass es der ist, den ich gerade wegschicken ließ.“
Julia schloss beschämt die Augen und öffnete sie dann wieder. Eleonora klatschte in die Hände: „Ach, wie süss, aber das schauen wir später an, ja? Ich wollte gerade erzählen, wieso wir Schwestern sind. Du kennst doch die Regel der Königin, dass sie nur all 100 Jahre ein Kind bekommen kann und dass es nicht immer zwingend ein Mädchen ist? Natürlich kennst du diese Regel. Du wärst ja schließlich selber Königin geworden, was jetzt wohl eher nicht mehr möglich sein wird. Nun ja, damals, als ich meine Verwandlung von Menschen zu Murtaner durchmachte mit 25, bekam ich Ideen, wie man unsere Rasse stärker machen könnte, doch die Königin ließ es nicht zu, und als ich dann schwanger wurde von einem Vampir, tötete Mutter mein Kind, während es in mir wuchs. Ich hatte schon immer eine kleine Schwäche für Vampire, und Mutter missbilligte meinen freien Geist, doch sie vertuschte die Sache, mit der Schwangerschaft, doch seit diesem Tag hasste ich sie noch mehr als sowieso schon und verschwand, fest entschlossen, ihr zu zeigen, dass ich auch ohne sie auf den Thron steigen werde. Ich habe nur ein kleines Problem, doch das seit nicht ihr, sondern die Prophezeiung, das jemand geboren wird, und sie wird sich zwischen mir oder der Königin entscheiden, deshalb muss ich sie zuerst finden.“
„Und was hast du mit mir vor?“
Eleonora grinste, doch es sah nicht gut aus. Julia betrachtete ihre Schwester, roch ihr Blut, und der Geruch war ihre einzige Sicherheit, dass sie die Wahrheit sagte.
„War das eigentlich gerade Andrés, den ich fortbringen ließ?“ “
Julia nickte und Eleonora lachte wieder: „Ich hatte seinen Bruder so gerne, nur schade, dass er ging, als ich aus dem Palast abhaute, jaja, gute alte Zeiten. Nun, Schwesterherzchen, wirst du mir folgen, wenn ich dich befreie?“
„Nur wenn du Andrés in Ruhe lässt.“
Sie nickte: „Ich hatte nicht vor, ihn zu töten, zumindest noch nicht, ich bin an etwas völlig anderem interessiert, Schwesterchen.“
Julia wurde losgelassen und sie folgte ihrer Schwester.

Sie hielten vor einer riesigen Villa, und Julia folgte ihrer großen Schwester in das Innere des Hauses und Eleonora führte sie in ein Zimmer und ließ sie dort alleine. Auf dem lag Andrés, er trug immer noch den Pflock im Herz und konnte sich deshalb nicht bewegen. Julia eilte gleich zu ihm hin und riss den mittlerweile Blut verschmierten Pflock aus dem Herz und nahm Andrés gleich in die Arme.
„Julia, es tut mir so leid, dass ich dich nicht retten konnte, bitte verzeihe mir…“
Julia legte ihm einen Finger auf die Lippen und küsste ihn: „Sie hat mir alles gesagt, auch dass sie mit deinem Bruder zusammen war und dass sie meine Schwester ist. Wieso hast du mir nie etwas gesagt?“
Er senkte den Blick: „Ich habe mich dafür geschämt, dass mein Bruder ihr geliebter war. Ich dachte, du würdest dann auf eigener Hand nach Eleonora suchen und dich ihr anschließen, wenn du wüsstest, was deine Mutter alles vor dir verheimlicht hat.“
Julia setzte sich hin. Konnte das wirklich sein, dass alles um sie herum nur eine große Lüge war? Wieso dachten denn gleich alles, dass sie kopflos handeln würde, wenn sie etwas von der Wahrheit erfahren würde? Nur weil der Fehler einmal begangen wurde, hieß das doch nicht, dass sie den Fehler auch machen musste? Geschichte wird geschrieben, um daraus zu lernen. Sonst hätten all die Geschichtsbücher doch keinen Sinn, oder?
Sie war müde, ihr war schwindlig, sie legte sich neben Andrés hin, der ihr über die Wangen strich: „Bist du sehr böse?“
„Nein, ich bin müde“, war alles, was sie noch herausbrachte, ehe sie einschlief, in einen tiefen, aber unruhigen Schlaf.
Andrés wachte auf, weil er eine hastige Bewegung neben sich spürte, und setzte sich auf. Müde schaute er neben sich. Julia hatte sich aufgesetzt. Andrés rutschte zu ihr rüber und legte ihr beide Arme um. Julia schaute nicht auf, berührte mit einer Hand nur leicht seinen Arm, doch Andrés spürte, wie eine Träne auf seinen Arm fiel.
„Du weinst, meine schöne Rose, wieso?“
„Ich weiß auch nicht so wirklich, wir sind hier gefangen… und… ich werde mein Heim vielleicht nie wiedersehen.“
Er küsste ihr sanft eine Träne von der Wange: „Immerhin haben wir noch uns, meine weiße Rose.“
Sie lächelte traurig und sah ihn wieder an und er erwiderte stumm ihren Blick.
„Leg dich wieder schlafen…“
Sie legte sich wieder hin und schmiegte sich an ihn, sie suchte nach Wärme und Geborgenheit, und er konnte ihre Verzweiflung spüren und drückte sie ebenfalls fest an sich.

Am Morgen wurden sie von einem lauten Klopfen geweckt und zwei bewaffnete Vampire traten zusammen mit Eleonora ein. „Eleonora, du Hexe.“
Sie lachte und schnippte kurz mit den Fingern. Ein Vampir stiess Andrés ein Pflock ins Herz und er blieb still. Julia schaute erschrocken zu ihren Geliebten und dann wieder zu ihrer Schwester.
„Tut mir leid, er ist ein kleines Großmaul, genau wie seine Schwester, nicht wahr, Andrés?“ "
Sie fing an zu lachen: „Nun dann, du willst nun sicher wissen, wieso ihr noch am Leben seid?“ "
„Was ist mir dem anderen geschehen?“
Sie lachte bösartig und ein Schauer lief über Julias Rücken, als Eleonoras Lachen in ihren Ohren wiederholte.
„Ich muss dich enttäuschen, außer Marius sind alle tot.“
„Und was ist mit Marius?“
„Er ist hier, doch er hat mir nun schon gedient. Er stirbt wahrscheinlich sogar genau in diesem Augenblick an einer Silbervergiftung, aber ich werde ihm ausrichten, dass seine Gene noch nicht ausstirbt.“ Aber ich wollte dich eigentlich beruhigen, denn ich werde euch nicht töten, zumindest vorerst. „Ich möchte bei der Geburt dabei sein.“
Dabei zwinkerte sie Julia zu und verschwand. Der eine Vampir zeigte ihr noch den Raum neben an, welcher immer offen war, sobald frisches Fleisch vorhanden war, und zeigte ihr außerdem noch den Graten vor ihrem Zimmer, in dem sie sich frei bewegen konnten. Mit dieser kurzen Erklärung verschwand auch er und die Tür wurde wieder geschlossen.

Sobald die Tür geschlossen war, nahm Andrés den Pflock aus der Brust.
„Marius ist im Sterben!“
Julia nickte: „Es tut mir leid…“
Andrés verwandelte sich und schlug das Bücherregal in Kleinholz, während Julia die Knie anzog und ihr Gesicht hinter den Knien verbarg und ihm ängstlich zuschaute.
Als von dem Regal nicht mehr als nur noch Splitter und Müll übrig war, schaute er wütend zu ihr rüber und stürmte zu ihr hin, und ehe sie sich versah, hatte er mit beiden Händen ihr Handgelenk gepackt und sie gegen die Wand gepresst.
„Wieso, sag mir, wieso musste mein Bruder sterben?“, brüllte er sie an. Nun wurde auch sie wütend und begann sich zu verwandeln. Mit einem kurzen Stoß stiess sie ihn von sich und fauchte ihn an: „Beruhig dich wieder!“
Sie ging langsam auf ihn zu und nahm seine Hand in die ihre und legte sie auf ihren Bauch: „Deshalb…“
Erschrocken nahm er seine Hand wieder weg und schaute sie verdutzt an. Er hörte ein Geräusch, ein schwacher Herzschlag drang in seine Sinne. Ein Murtaner braucht die Hälfte der Zeit der normalen Menschen, um ein Kind auszutragen. Deshalb konnte Andrés auch den Herzschlag schon hören.
Langsam ging er zum Bett rüber und setzte sich.
„Du… ich… wir… haben ein Kind?“
Julia kam, ging zu ihm rüber und nahm wieder seine Hand in die ihre und lächelte sanft.

Impressum

Texte: Bevor der Verstand sich entschließt,einen Schritt zu tun,hat die Liebe den siebenten Himmel erreicht.
Tag der Veröffentlichung: 03.01.2012

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