Der Donner grollte durch die Räume und verwinkelten Korridore des riesigen Anwesens. Aus lauter Angst und vor allem durch den riesigen Schreck, den er ihr einjagte, da seine Lautstärke durch das Echo auch noch verstärkt wurde, ließ sie ihre eh schon fast leere Taschenlampe fallen. Diese ging bei ihrem Aufprall auf den Boden sofort aus. Die Taschenlampe hatte ihr zwar nur ein sehr spärliches Licht geliefert und sie damit zwar nicht gerade weit schauen können, doch jetzt stand sie alleine in einem sehr dunklen
Flur. Vorsichtig ging sie in die Hocke und suchte verzweifelt nach ihrer vermeintlich rettenden Lichtquelle.Ein sehr greller Blitz erhellte in diesem Moment den Flur für einen sehr kurzen Augenblick. Doch dieser reichte aus, damit sie die Taschenlampe kurz sehen und somit schnell wieder an sich reißen konnte. Dabei zitterten ihre Hände sehr stark und waren bereits vor lauter Schweiß so durchnässt, sodass ihr die Taschenlampe beinahe wieder aus der Hand gefallen wäre.
“Beruhige dich. Es ist alles in Ordnung.” versuchte sie sich, leise flüsternd, selbst zu beruhigen.
Sie atmete also tief durch und drückte auf den Schalter, der sich seitlich an der Taschenlampe befand. An und aus. Wieder an und auch wieder aus. Jedoch blieb es weiterhin dunkel. Egal wie oft und schnell sie den Schalter betätigte, die Taschenlampe wollte einfach nicht mehr anspringen.
“Scheiße, scheiße, scheiße, verdammt!” murmelte sie sichtlich verärgert, während sie die offensichtlich defekte Taschenlampe mehrmals gegen ihre eigene Handfläche schlug.
Doch auch das brachte rein gar nichts. Eine ungemütliche Gänsehaut breitete sich bereits auf ihrem gesamten Körper aus. Ein plötzlich erklingen des Rauschen gepaart mit einem sehr lauten, hohen, quietschenden Ton und ein genauso unangenehmes, darauf folgendes, Keuchen, wobei die ganzen Geräusche aus eine Art Lautsprecher zu kommen schienen, erschreckten sie so sehr, sodass sie einen Aufschrei gar nicht mehr unterdrücken hätte können. So schnell, wie sie es dann nur konnte, legte sie sich ihre freie Hand auf den Mund, um nicht noch irgendetwas zu sich zu locken. Ihre Umgebung war ihrem Geschmack nach schon gruselig genug. Wenn sie das nicht eben schon getan hatte. Ein weiterer Blitz erhellte den flur und tauchte ihn , dieses Mal ein paar Sekunden länger, in ein grelles, bizarr wirkendes Licht. Vorsichtig wankte sie voran, spähte um jede, sich vor ihr auftuende, Ecke und lauschte in die dort generell herrschende Stille, die nur noch von den beängstigenden Geräuschen des Gewitters durchbrochen wurde.
“Wo bin ich?”
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie gar nicht wusste, wo sie sich gerade befand und wie sie hierher gekommen war. Es war zumindest schonmal nicht ihr zu Hause. So viel war schon mal klar. Es wirkte eher wie ein altes Hotel. Ein Blick in eines der vielen Zimmer bestätigte ihre Annahme. Darin befand sich ein Bett, ein Schrank, und ein Nachttisch. Ein weißer Zettel erweckte ihre Aufmerksamkeit und zog sie zu sich. Sie schlich vorsichtig dorthin und warf einen Blick auf diesen.
“Es ist hier.
Gehe auf keinen Fall zur Lobby!
Verschwinde!”
Diese Worte waren in einer knallroten Schrift auf das kleine Stück Papier geschrieben worden. Doch was war hier bei ihr? Hatte es vielleicht etwas mit dem erst kürzlich zuvor verklungenen Geräusch zu tun? Sie sollte zwar nicht zur Lobby gehen, doch da stellte sich ihr die Frage, wie sie denn dann von diesem Ort verschwinden sollte? Sie wusste ja nicht einmal, wie sie hierher gekommen war. Am ganzen Körper zitternd wankte sie zur Tür. Vorsichtig spähte sie um die Ecken, während sie noch im Türrahmen stand. Ab jetzt musste sie vor diesem ominösen “Es” ganz schön auf der Hut sein. Als sie sich einigermaßen sicher war, immer noch allein zu sein, traute sie sich erst gänzlich aus dem Raum zu treten und sich an diesem unheimlichen Ort vor zu wagen. Mittlerweile schien das Gewitter weitergezogen zu sein und das fahle Mondlicht beleuchtete lediglich spärlich ihren Weg. Die Schatten an den Wänden entwickelten mit jedem Schritt, den sie voran ging, immer mehr ein Eigenleben. Überall konnte sie nun Ungeheuer in den unterschiedlichsten Formen, die sich stetig zu wandeln schienen, und dadurch das sich der Winkel stetig änderte, auch anders aussahen. Wie aus dem Nichts tauchte ein weiterer Zettel, den sie beinahe übersehen hätte, an der Wand hängend auf. Erschrocken blickte sie sich nach der Person um, die den Zettel dort aufgehangen haben musste und eventuell noch in der Nähe sein konnte. Was ihr einen eiskalten Schauer über ihren Rücken jagte und ihr Innerstes zum Erzittern brachte. Der Text, der auf dem Zettel geschrieben stand, war zwar kurz gehalten, löste in ihr jedoch dieselbe Reaktion aus Furcht und Panik aus wie der Gedanke an dessen Schreiber.
“Dreh um !
Du gehst sonst
zu tief hinein.”
Wieder eine Warnung von ihrem fremden Helfer und wieder hatte er sie in einer merkwürdig roten Schrift verfasst. Wiederholt lief ihr ein eisiger Schauer über ihren Rücken, sodass sie schon befürchtete, das sich darauf so langsam aber sicher eine Eisschicht bilden würde. Doch wer war der Verfasser dieser rätselhaften, nichts erklärenden Hinweise? Und wo befand er sich denn gerade? Wenn er noch hier sein sollte, warum redete er dann nicht ganz normal, wie andere Leute auch, mit ihr? Oder konnte er es vielleicht gar nicht? Je mehr sie über ihn nachdachte, desto weniger gefielen ihr ihre eigenen Gedanken und Vorstellungen über diesen Fremden. Also drängte sie ihre schauerlichen Gedanken beiseite und ging einfach weiter, entgegen der seltsamen Warnungen des ominösen Verfassers dieser Notizen. Schließlich blieb ihr auch keine andere Wahl als voran zu gehen, denn aus der Richtung aus der sie gekommen war, führte kein Weg hinaus. Geschweige denn irgendwohin, denn es war schließlich eine Sackgasse gewesen. Das hieß, der Flur hatte da geendet, wo sie aufgewacht war und seit dem waren ihre Auswahlmöglichkeiten, für einen Weg der nach draußen führte, sehr begrenzt gewesen. Kurz gesagt, es hatte nur einen gegeben und auf dem befand sie sich jetzt. Aus der Ferne konnte sie plötzlich ein leises Tropfen hören. Es hallte zwar wirklich nur sehr leise durch den Gang, war aber anscheinend laut genug gewesen, sodass sie es nun hatte wahrnehmen können. Als dann auch noch eine Art kratzen hinter ihr ertönte, stieg in ihr eine immense Paranoia schlagartig an und deshalb erregte es sogleich ihre volle Aufmerksamkeit gänzlich. Als sie sich dann, fast schon wie in Zeitlupe, umgedreht hatte, blickte sie auf einmal in ein paar rotglühende Augen. Im gleichen Moment, als sich ein schriller Schrei aus ihrer Kehle zu lösen begann,rannte sie auch schon panisch los. Sie wusste zwar immer noch nicht wohin sie unterwegs war, doch dafür hatte sie jetzt auch keinen Kopf mehr. Ihr Fluchtinstinkt hatte jetzt das Ruder über ihren Körper in die Hand genommen und führte sie automatisch durch die Gänge.Dabei hatte sich zusätzlich auch noch die Angst sehr tief in ihre Seele gefressen und hielt diese mit ihren scharfen Klauen aus Panik fest umklammert. Orientierungslos bewegte sich durch die eintönig und dadurch sich zu sehr ähnelnden Flure, bis sie plötzlich gegen eine sich vor ihr auftuende Wand rannte. Im Dunkeln und in ihrer schier grenzenlosen Panik hatte sie diese gar nicht wahrnehmen können. Nun saß sie, heftig am zittern, auf dem Boden und atmete stockend, fast schon hyperventilierend ein und aus. Durch den knallharten Aufprall gegen die Wand und den Boden tat ihr der ganze Körper höllisch weh und am liebsten hätte sie sich auf den Boden einfach nur zusammen gerollt. Sie wollte definitiv nicht zurück gehen. Dieses Monster war dort und sie wollte ihm nicht noch einmal in die Arme laufen, das stand für sie zu 100 Prozent fest. Ihr Körper spannte sich von einer Sekunde auf die Andere komplett an, als ein quietschendes Geräusch zu ihrer Rechten ertönte. Als sie ihren Kopf angsterfüllt in diese Richtung drehte und vorsichtig dorthin blickte, sah sie etwas, von dem sie nicht gedacht hätte, dass es sich dort befinden würde. Direkt vor ihr befand sich eine merkwürdig aussehende, klotzige Metalltür, die sich auf magische Art und Weise einen Spalt breit geöffnet hatte. Ihr Herz schlug immer noch viel zu schnell, als sie nach einer gefühlten Ewigkeit, quälend langsam und auf ihren Knien rutschend sich zu dieser Tür bewegte. Ihren Kopf bewegte sie dabei genauso vorsichtig, fast wie in Watte gehüllt, auf den Spalt zu und versuchte zu erkennen, was sich dort hinter wohl befinden mochte. Sie erblickte dabei ein altes, muffiges Treppenhaus, welches augenscheinlich leer zu sein schien. Sie zog die laut quietschende Tür noch ein bisschen weiter auf und als sie sich sicher genug sein konnte, dass sich dort momentan Niemand befand, huschte sei hinein und schloss die Tür so leise, wie es nur ging, wieder zu. Sie rastete mit einem fast schon spürbarem Klicken ein und ließ sich auch nicht mehr bewegen. Immer noch schwer atmend, rutschte sie, mit ihrem schweißnassen Rücken gegen die Tür gelehnt, gen Boden. Jetzt saß sie da und fragte sich, womit sie das bloß verdient hatte.
“Was mache ich hier bloß? Warum könnt ihr nicht einfach damit aufhören?” murmelte sie dabei leise und weinerlich vor sich hin, während sie auf ihre eigenen Hände starrte.
Diese zitterten leicht, weshalb sie sie sogleich zu Fäusten ballte. Tränen fingen an ihr aus den Augenwinkeln zu kullern und liefen über ihre bereits geröteten Wangen hinab. Doch sie konnte hier nicht einfach so sitzen bleiben und auf ihre Rettung, die sie sich so sehr erhoffte,
warten. Sie musste weiterziehen und das bevor sie erneut von so einem grässlichen Biest gefunden wurde. Nur wo sollte sie bloß hingehen? Nach oben oder doch lieber nach unten? Aber sie wusste ja nicht einmal in welchem Stockwerk sie sich befand. Da sie nicht daran gedacht hatte, aus dem Fenster zu schauen und es nach zu prüfen, als sie noch die Möglichkeit dazu gehabt hatte, stand sie nun vor diesem fast unklärbaren Rätsel. Zumindest in der Theorie konnte sie es nicht auf der Stelle lösen oder sich die Antwort aus dem Ärmel schütteln. Sie besaß natürlich noch die Möglichkeit, nachschauen zu können, indem sie nach oben beziehungsweise nach unten ging. Jedoch könnte dies für sie bedeuten, das sich direkt unter ihr gleich der Keller befinden könnte oder aber, wenn sie nach oben gehen sollte, sie auf dem Dachboden landen würde können. Beides verhieß normalerweise nichts gutes, vor allem nicht an dunklen, verlassenen Orten, wie zum Beispiel diesem hier und sie verfluchte sich innerlich dafür, nicht wenigstens einen klitzekleinen Blick nach draußen geworfen zu haben. Ab er es war ja auch trotz des Mondes, der ihr ein wenig Licht gespendet hatte, ziemlich dunkel draußen gewesen. Dazu kam ja auch noch, das sie diesen Ort so überhaupt nicht kannte. Wie sollte sie sich also an einem ihr wildfremden Ort zurecht finden und dann auch noch gefährliche Stellen, wie zum Beispiel diese mysteriöse Lobby, meiden? Das war doch alles einfach nur zum Mäuse melken. Doch sie musste einfach neuen Mut fassen, um hier überleben zu können. Denn auf ewig hier zu bleiben, war einfach keine Option für sie und an diesem scheußlichen Ort zu sterben genauso wenig. Sie stand also zaghaft wieder auf. Dabei zitterten ihre Knie wie Wackelpudding und sie hatte definitiv Schwierigkeiten damit vernünftig stehen zu bleiben. Dann schloss sie einfach ihre Augen, was ihre Standhaftigkeit zwar nicht gerade verbesserte, aber für ihr Vorhaben dringend notwendig war. Nach ein paar Minuten, nachdem sie nicht mehr allzu sehr schwankte, fing sie langsam an sich im Kreis zu drehen. Diese Aktion hörte sich zu beginn leichter an, als sie gerade in ihrem. Dennoch erhöhte sie ihr Tempo mit jeder Umdrehung. Sie drehte sich so lange, bis ihr so schwindelig wurde, sodass sie es fast schon nicht mehr aushielt und sie beinahe über ihre eigenen Füße gestolpert wäre. Also blieb sie abrupt stehen, was zwar auch nicht besser war, weil es einen Anflug von Übelkeit in ihr auslöste, aber sie biss die Zähne zusammen und unterdrückte diesen plötzlichen Reiz sich übergeben zu müssen. Während sie noch leicht vor sich hin torkelte, öffnete sie auch schon ihre Augen.
Tag der Veröffentlichung: 27.03.2018
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