Rona stand auf einer wunderschönen Blumenwiese, die herrlich duftete. Diese besaß eine gewisse Ähnlichkeit zu der Wiese, die sich nur unweit von ihrem Zuhause befand.
" Callie. Maxim" rief Rona in die Weite hinaus.
Doch keiner antwortete, was Rona schon stutzig machte. Wenn schon Maxim nicht antwortete, war das ok, denn er war vielleicht gar nicht in der Nähe. Aber Callie. Sie war doch eigentlich immer bei Rona, auch wenn sie hin und wieder schmollte. Rona konnte jedoch nicht einmal ihre Nähe spüren. Aber sie dachte darüber auch nicht großartig weiter nach, denn die Gegend strahlte pure Harmony aus. Der himmlische Gesang der Vögel und der Bach, der leise vor sich hin plätscherte, übten eine beruhigende Wirkung auf sie aus. Diese war sogar so stark, das es Rona nichts ausmachte, dass sie weder die Vögel noch den Bach sehen konnte. Erst jetzt, als sie sich voll und ganz entspannte, bemerkte Rona, wie angespannt sie doch die ganze Zeit über gewesen war. Ihre verzwickte Lage, die sich schon zu lange erstreckte, stresste sie doch mehr, als sie je bereit war zu zugeben. Das sie ihrer eigenen Familie von ihrer großen Liebe zu Maxim nichts erzählen konnte, viel mehr nicht durfte, nahm sie jedoch sehr mit und die Geheimnisgrämerei lastete sehr schwer auf ihrer Seele. So viel Ballast aufeinmal aufzunehmen, war jedoch viel zu typisch für Rona. Sie machte vieles alleine und ließ sich eher ungern von Jemandem helfen. Sie liebte die Ruhe und war nicht gerade das, was man einen Teamplayer nannte. War sie in ihrem ganzen Leben bis jetzt nie gewesen und würde sie wahrscheinlich auch nie großartig werden. Die einzigen Ausnahmen bildeten da nur Callie und Maxim. Callie bildete ja auch ihre starke, unabhängige, sehr weise und intelligente Seite, war ja ein Teil von ihr. Rona konnte damit leben, von sich selbst herum geschubst zu werden, das machte ihr rein gar nichts aus. Und bei Maxim konnte sich Rona auch mal fallen lassen, denn sie vertraute ihm absolut. Er merkte sofort, wenn etwas nicht stimmte, deswegen konnte sie es auch zulassen, auch mal schwach sein zu dürfen. Bei ihm musste sie nicht, wie es sonst bei Anderen der Fall war, die Starke spielen, was er sowieso sehr schnell bemerken würde. Ihm konnte sie einfach nichts vormachen, dafür kannte er sie nur zu gut und er durchschaute jeden ihrer Tricks schon längen im vorraus.
" So viele Probleme." murmelte Rona.
Sie fragte sich, wie lange sie das alles wohl noch aushielt, bis sie dann endgültig zerbrach und man nur noch Scherben fand, die einmal sie als ganzes dargestellt hatten. Es war ja nicht so, das sie ihren Eltern generell nicht erzählen konnte, das sie verliebt war. Ihre Eltern würden sich eventuell sogar für sie freuen, denn wahre Liebe war heutzutage seit dem ersten Kreuzzug sehr selten, wenn nicht sogar ein Mythos geworden und kaum einer hatte das Glück sie sein Eigen nennen zu dürfen oder sie gar wahrhaftig zu erleben. Die meisten gaben sich mit weniger zufrieden und waren glücklich damit, zumindest nicht mit Jemaden zusammen zu sein, den sie überhaupt nicht leiden konnten, sondern Jemanden gefunden zu haben, mit dem sie sich ansatzweise verstanden. Sie gaben sich nur mit einer tiefen Freundschaft ab, statt nach der Liebe ihres Lebens zu suchen. Der Grund ihres Schweigens bezog sich also nicht auf die Liebe an sich, sondern darauf das Maxim nunmal kein Mensch war, nie einer sein würde. Das wollte Rona auch nicht, sie liebte ihn so, wie er war. Doch da es schon verpönt war, sich bloß mit einem magischen Wesen anzufreunden, würden ihre Eltern Rona ihre Liebe zu einem Engel niemals gutheißen. In diesem Moment der absoluten Ruhe kam ihr, allerdings nicht zum ersten Mal, der Gedanke, dass sie sich bloß etwas einredete. Die Wahrheit bloß verdrängte und die Augen vor dieser zu fest schloss, weil sie einfach zu grausam für Rona war. Vielleicht würden ihre Eltern sie ja nie verstehen können, sodass sie Rona ihre Liebe zu Maxim niemals akzeptieren würden. Das, egal wie Rona sich auch anstregen mochte, sie ihre Eltern nie vom Gegenteil würde überzeugen können. Eventuell konnte sie ewig versuchen, ihren Eltern die guten Seiten von Maxim zu zeigen, ihnen klar zu machen, dass er nicht böse war. Ihnen vielleicht nie beweisen können, das es nicht darauf an kam, was man war, sondern zu wem man wurde. Was man aus seinem Leben machte, wie man es gestaltete, bestimmte wer man war und nicht die Geburt, sie war bloß der Anfang, der es einem erst ermöglichte seine Persönlichkeit zu entfalten. Die Sturheit und Engstirnigkeit der heutigen Gesellschaft wurden sie einfach so schnell nicht los und die negativen Erfahrungen, die die Menschheit vielleicht mal gesammelt hatte, weil sie nie die positiven sah, noch weitaus weniger. Die heutigen Menschen hielten sich schon so lange an ihren Legenden und Gruselgeschichten fest, als wären nur diese das einzige Rettungsseil und somit die reine, unverfälschte Wahrheit. Was waren sie doch nur für Ignoranten? Als könnte man solchen Märchen, einem solchen Aberglauben einfach so vertrauen, ohne sie auch nur ein einziges Mal zu hinterfragen. Aber die Menschen haben ja schon immer lieber irgendeinem Märchen geglaubt, als ihre Augen zu öffnen und eigene Erfahrungen
zu sammeln. Das beste Beispiel waren doch die Religionen, die es in verschiedenen Ausführungen gab, jedoch ein und dasselbe Fundament besaßen. Sie waren alle von der Grundidee her gleich, schließlich glaubten sie alle an eine imaginäre Gestalt, die sie weder sehen konnten, noch sprach diese mit ihren Anhängern. Egal wie die Menschen ihre Gottheit auch nannten, sie meinten im Endeffekt diesselbe mysteriöse Gestalt, die sich niemandem zu zeigen schien. Meistens wurden dann auch noch Zufälle und das Schicksal selbst der Gunst dieser Gottheit zugeschrieben und dann dreist Wunder genannt. Aber wenn es Jemanden über ihnen gab, der Allmächtig war, egal wie sein Name nun im Endeffekt lautete, wieso ließ er dann nur zu, das es so viel Leid und Schmerz unter
den Lebewesen gab. Er konnte doch eigentlich nicht wollen,
dass sich so viele Menschen um ihn stritten und somit gegenseitig in den Abgrund rissen. Rona wollte nun wirklich nicht glauben, das diese Gottheit eine sardistische Ader besaß, denn wenn man sie fragen würde, hatte das ihrer Meinung nach schon nichts mehr nur mit dem freien Willen zu tun. Sie seufzte, da diese Gedanken lediglich zum Teil die ihren waren und der Rest irgendwie schon aber wiederum auch doch nicht. Zum großen Teil kamen diese Gedankengänge ganz tief aus ihrem Inneren, aber da Rona sie auch verstehen konnte und die Einstellung, die dahinter steckte, auch teilte, ließ sie diese zu. Veränderungen machten heutzutage fast jedem Angst und diese schien gerade unter den Menschen weit verbreitet zu sein, deshalb blieben diese auch bei dem, was sie kannten. Es musste schon etwas sehr großes passieren,
ein riesiges Ereignis eintreten, welches alles verändern würde, damit die Menschen endlich aufwachten. Damit sie erkannten, das sie alle einen schwerwiegenden Fehler gemacht hatten. Das sie alle einem riesen Irrtum aufgesessen waren und schlichtweg mit ihrer verdrehten Meinung falsch lagen. Rona wollte nicht alle über einen Kamm scheren, das war nun wirklich nicht ihre Absicht, denn dann wäre sie genauso blind wie die, über die sie sich ja beschwerrte. Aber die Meisten besaßen nun mal traurigerweise diese Herdendenkweise und kaum welche schafften es, aus diesem Raster auszubrechen. Deswegen schwammen auch nicht gerade viele gegen den Strom an, denn es war ja auch viel einfacher damit zu schwimmen und so würde die Menschheit die Chance vertun zu erkennen, das etwas schlichtweg schief gelaufen war und sie zu viel mit ihrem blinden Hass zerstört hatten. Alle hätten freidlich mit einander weiter leben können, wie es doch auch zu Anfang der Fall gewesen war, anstatt Verachtung zu sähen und sich gegenseitig zu bekriegen. Rona streckte sich und ließ ihre Schultern kreisen. Das Thema war selbst für sie schwierig und sie wusste auch immer noch nicht, woher sie denn nun die Information besaß, dass alle Rassen einst friedlich miteinander gelebt hatten statt nur nebeneinander. Das es damals keinen Krieg gegeben hatte, zumindest nicht so wie heute. Wie hatte sich nur alles so verändern können? Warum musste es so viel Tod geben? Wer will denn sowas wirklich ernsthaft? Die Atmosphäre lenkte sie wieder ab. Rona hatte auch keine Lust mehr über solch ernste Themen nach zu denken, die sie nur noch mehr ins Grübeln brachten und sie sich unnötigerweise wieder verspannte. Sie wollte einfach nur die Herrlichkeit der unberührten Natur genießen und dadurch alle Sorgen vergessen. Aber diese wollten sie einfach nicht los lasse. Fast schon krampfhaft bohrten sie sich in ihr Gehirn, sodass ihr Kopf sich anfühlte, als würde er gleich explodieren. Ruckartig griff sie mit ihren Händen nach ihrem schmerzenden Schädel, wünschte sich sehnlichst das diese unerträglichen Gedanken verschwanden und dem Schmerz am besten gleich auch noch mitnahmen.
" Rona." erklang Maxijm seine Stimme plötzlich aus der Ferne.
Die Liebe erfüllte jede Faser ihres Körpers und Glück durchflutete ihre Seele. Alle Negativen Gedanken und Selbstzweifel fielen blitzartig, beim Klang seiner Stimme und der Art wie er ihren Namen aussprach, von Rona ab. Ihr Körper entspannte sich nun auch wieder und die Schmerzen gingen langsam aber sicher auch zurück.
" Maxim." rief sie zurück und das so laut sie nur konnte.
Gleichzeitig schaute sie sich suchend nach ihm um, doch sie konnte ihn einfach noch nicht erkennen. Deswegen lief sie in die Richtung, in der sie Maxim vermutete.
" Nein, tu das nicht." rief Callie ihr aus der Ferne hinterher. " Du darfst da auf keinen Fall hin, hörst du."
Doch Rona ignorierte sie einfach, sie wollte einfach nur zu Maxim, um wieder mit ihm vereint zu sein. Tatsächlich hörte sich seine Stimme, mit jedem Schritt den sie machte, viel näher an als davor. Dabei war die Wiese viel größer, als sie zuerst gedacht hatte, denn sie kam gefühlt kaum voran. Sie erhöhte ihr Tempo an ihr Maximum, doch alles was sie sah, war diese unendliche Blumenwiese. Das war ermüdend, entmudigte sie voll und ganz. Doch die Rufe von Maxim gaben ihr neue Energie. Doch ganz plötzlich wurde alles komplett still. Die Vögel und auch Maxim verstummten auf einmal, auch den Bach konnte Rona weder hören und auch immer noch nicht sehen. Die Panik überfiel sie und ließ ihr Herz, wie wild anfangen zu rasen. Was war hier plötzlich los? Verwirrt und nicht in der Lage einen klaren Gedanken fassen zu können, lief Rona trotzdem weiter.
" Vorsicht." rief Callie, doch es kam einen kleinen Ticken zu spät, als dann ein ohrenbetäubender Knall ertönte.
Danach brachte sie auch noch ein schreckliches Beben ins Wanken und Rona stolperte abrupt. Sie versuchte verzweifelt sich doch noch irgendwie zu fangen, flog jedoch der Länge nach auf den Boden. Selbst als das Beben bereits aufgehört hatte, blieb sie noch eine Weile keuchend auf allen vieren liegen. Sie hatte sich beim Rennen definitiv zu sehr verausgabt, weswegen ihre Muskeln und ganz bestimmt ihre Lunge erst recht nach einer langen Pause schrien. Außerdem wusste sie nicht, wie sehr sie sich beim Sturz verletzt hatte, also welche Verletzungen sie sich zugefügt hatte und wie schwerwiegend diese auch noch waren. Sie zitterte bereits am ganzen Leib und ihr ganzer Körper tat ihr so schrecklich weh, sodass sie den Schmerz nicht einmal zu ordnen konnte, selbst dann nicht wenn sie es versuchen würde. Orientierungslos und panisch versuchte sie sich angestrengt zu beruhigen, doch es wollte nicht so wirklich funktionieren, wie sie es vor gehabt hatte. Als sich dann auch noch ganz plötzlich ein stechender Geruch in ihre Nase bohrte und eine unglaubliche Hitze sie fast verbrühte, drehte ihr Verstand fast am Rad. Ihre Gedanken überschlugen sich und sie wusste gerade einfach nicht wie sie reagieren sollte, als einfach still liegen zu bleiben und abzuwarten, was noch alles auf sie zu kam. Ein weiterer Knall betäubte sämtliche ihrer Sinne für einen Moment und darauf folgte ein weiteres Beben, welches sie erneut komplett durch rüttelte und erneut an den Boden nagelte. Als das dann auch wieder vorbei gewesen war, hob Rona vorsichtig, wie ein verängstigtes Tier, ihren Kopf, doch was sie sah, konnte ihr verwirrter Verstand nicht so ganz begreifen. Sie wollte es nicht begreifen. Das war einfach zu viel für sie. Zwei riesige Brocken hatten sich in das Erdreich gegraben und die einst so wunderschönen Blumen unter sich mit ihrem Gewicht zerquetscht. Viel schlimmer als das war allerdings noch, das dieser schreckliche, beißend stechende Geruch und die alles versengende Hitze von den Flammen ausgingen, welche die Brocken gänzlich zu bedecken schien. Die übrigen Blumen, die der Last der Brocken nicht zum Opfer gefallen waren, fielen jetzt dem Feuer zum Fraß und verbrannten daher alle jämmerlich. Rona bekam durch den dichten Rauch, der sich allmählich vom Feuer ausbreitete, kaum noch Luft und hustete wie verrückt, wodurch furchtbare Krämpfe ihren Körper durch schüttelten. Sie bermerkte deshalb erst fast zu spät, wie gefährlich nah ihr das Feuer bereits gekommen war.
" Steh doch endlich auf, du musst nun endlich fliehen." konnte sie Callie gerade noch so hören.
Nur unter Protest ihres eigenen Körpers, welcher immer noch
vor Schmerz aufschrie, sodass sie fast in Ohnmacht gefallen wäre, versuchte Rona sich in eine einigermaßen stehende Position zu bringen.
" Nun lauf doch, renn um dein Leben." rief Callie, ihre Stimme war bereits noch leiser geworden und schien immer weiter in die Ferne zu rücken.
Nur mit Mühe und Not humpelte sie, für ihre Verhältnisse viel zu langsam, vor diesem grässlichen Inferno davon. Sie hatte das Gefühl gleich zu sterben. Sie dachte, das sie nicht schnell genug sein würde und dadurch das hier nicht überleben würde.
" Verdammt. Scheiße, scheiße, scheiße." fluchte sie in Tiraden.
Die Flammen waren tatsächlich viel zu schnell für sie und da der Rauch viel zu dicht geworden war, sah Rona auch nicht mehr, wohin sie denn nun eigentlich rannte. Im Endeffekt war es auch möglich, dass sie in die falsche Richtung rannte, dem Feuer entgegen statt davon weg. Dann würde sie wirklich bei lebendigem Leib verbrennen. Rona wollte aber noch nicht sterben. Sie hatte doch noch so viel vor gehabt, wollte doch noch so viel erleben. Der Tod suchte sie viel zu früh heim. Gerade als eine Flamme an ihrem Bein zu lecken begann und sie vor Schmerz kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnt, dachte sie nur noch an eines, das es aus war, da der Schmerz sie auch all ihrer Sinne beraubte. Auf einmal fiel Rona in einen bodenlosen Abgrund, den sie vorher wirklich nicht hatte sehen können. Ihre Gedanken überschlugen sich immer noch, als sie sich im freien Fall befand.
" Jetzt sterbe ich." bohrte sich wieder der Gedanke in ihr Gehirn, währrend sich das Feuer, welches immer noch an ihrem Bein klebte, in ihr Bein fraß und ihr immer größere Schmerzen bereitete.
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2018
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