Cover

Kurzgeschichte für den Gay - Romance Literaturwettbewerb - Home is...where the heart is....

Domenik

 

„...Dein Lebensmittelpunkt ist, wo dein Herz liebt...“

Leise summte Dominik aus eher traurigem Anlaß heraus diese Melodie. Die entstammte einem Song, den er für seinen nun leider Ex – Freund Marc getextet und geschrieben hatte. Er hielt für einen Augenblick inne und startete den Wagen. Bei dem Gedanken an das eben Erlebte, krampfte sich noch immer sein gesamter Körper vor Schmerz zusammen. Eigentlich hatte er Marc, der in Wittenberg studierte, wie so oft übers Wochenende besuchen wollen. An diesem Wochenende sollte es etwas Besonderes sein. Nach vier Jahren, die sich beide nun kannten und nach drei Jahren Beziehung wollte er nun endlich Nägel mit Köpfen machen. Mit einem Strauß roter Rosen und einem selbstgeschriebenem Song wollte er um Marc´s Hand anhalten. Doch als er die Wohnung betrat, erlebte der junge Berliner eine ungute Überraschung. Marc lag mit einem anderen Typen im Bett. Seine Gesichtszüge entgleisten nicht nur, auch die roten Rosen fielen in den schmalen Flur. Im darauffolgenden Gespräch erfuhr Dominik schließlich, das beide nicht zum ersten Mal das Bett teilten und sich zwischen ihnen wohl etwas Ernstes zu entwickeln schien. Er konnte es noch immer nicht wirklich glauben. Der Schmerz saß tief und immer wieder liefen Tränen über seine Wagen. Dennoch wollte Dome, wie ihn seine Freunde nannten, so schnell wie möglich wieder zurück nach Berlin, um seine Tränen ein wenig zu trocknen. Er dachte einen Augenblick darüber nach, seine Schwester Marie anzurufen. Doch die neigte, wenn es um ihren Bruder ging, stets zur Übervorsorge. Das konnte er im Augenblick so gar nicht gebrauchen. Beide waren in einem lieblosen Elternhaus aufgewachsen und sie holte ihn mithilfe des Jugendamtes sehr früh dort raus. So konnte Domenik seinen Schulabschluß machen und eine solide Ausbildung als Bürokaufmann absolvieren. Die Arbeit in einer kleinen Firma am Berliner Stadtrand erschien erst einmal ein gutes Standbein. Dennoch gehörte seine ganze Aufmerksamkeit der Musik. Dominik liebte Musik, sang seit er klein war und begann schon im Alter von zwölf Jahren eigene Songs zu komponieren, die nicht nur seiner Schwester gefielen. Dominik besaß eine sehr tiefe rauchige Stimme, die ihn früh zur Gründung einer Band brachte, die „The Mary´s“ hieß, frei nach dem Vornamen seiner Schwester, in deren Haus er gemeinsam mit ihrem Freund Erik und der gemeinsamen Tochter Nele lebte. Dominik erreichte gegen Zehn den Berliner Stadtrand und wollte noch nicht nachause, um seinen Liebekummer zu ertränken. Auf dem Handy fanden sich ungefähr zwanzig Anrufe von Marc, der über eine offene Beziehung reden wollte und darüber schrieb, wie sehr er ihn noch liebte, aber in Dome war etwas gebrochen, das niemals wieder heilen würde. Ehe er das Dorf erreichte, indem die Familie in ihrem idyllischen Einfamilienhaus lebte, erfasste sein Auge eine kleine Kneipe, die etwas abseits in einer Seitenstrasse lag. Dominik parkte den Wagen auf einem etwas weiter entfernt gelegenen Parkplatz. Sein Freund und Bandkollege Tally rief an und wirkte aufgeregt. Er erzählte davon, das die Band an einem Musikcontest für junge Nachwuchsbands in sechs Wochen teilnehmen sollte. Vielleicht eine gute Plattform, um wieder einmal daran zu arbeiten, endlich doch noch den großen Durchbruch zu schaffen. Ein Plattenvertrag winkte. Doch in diesem Augenblick erschien das alles so nebensächlich. Er steckte das Handy ein und ging in die kleine Kneipe zwischen all den kaum noch bewohnten Abbruchhäusern. Zigarettenrauch schlug ihm entgegen. Der Wirt an der Theke, ein älterer Mann mit schwarzer Lederschürze, bullig und mit kahlem Haupthaar wies auf den letzten freien Tisch in der Ecke. Dome nahm auch dort platz. Der Laden brummte. Die Männer saßen an den Tischen und kamen zumeist von der Spätschicht. Einige wollten lieber alleine sein und tranken ihr Feierabendbier, wieder andere unterhielten sich lautstark oder spielten Karten. Im Fernsehen lief gerade ein Fußballspiel. LK Berlin hatte wieder einmal verloren. Dominik las im Ticker. Er interessierte sich kaum für Fußball und blendete dieses Thema auch sofort wieder aus. Der Wirt brachte ihm das gewünschte Bier. Für die harten Sachen blieb später immernoch zuhause Zeit. Minuten vergingen wie Stunden. Dominik schaute auf die Bilder an den Wänden, die Berliner Seenlandschaften zeigten. So vergangen wie seine Beziehung zu Marc. Schon als pubertierender Jugendlicher spürte Dome anders zu sein. Zum Glück bemerkte es Marie früh genug und beide sprachen ehrlich darüber. So lebte Dome von Anfang an offen schwul. Marc lernte er in einem Musikclub kennen und lieben. Beide kamen schnell zusammen und als Schlagzeuger wurde Marc schnell Mitglied seiner Band. Doch auch das erschien nun hinfällig. Seine Stimmmung sank in den Keller. Plötzlich wurde er auf einen Mann am Eingang aufmerksam, der das Lokal betrat in feinem schwarzen Zwirn und einem schwarzen Aktenkoffer. Er musste um die vierzig sein. Krähenfüße und etwas grau in den braunen Haaren sprach von ersten Spuren des Älterwerdens. Doch diese braunen Augen und dieses wunderschöne Gesicht mit der langen schmalen Nase und den einprägsamen Augen meiselten sich in sein Herz. Der Mann wirkte gestreßt. So wie es aussah, würde sich wohl kein Platz mehr für ihn finden. Der Wirt winkte freundlich hinüber. Dominik schaute lieber nicht mehr hin. Er starrte stattdessen auf sein Bier bis eine freundliche Stimme ihn aufschreckte.

„Verzeihen Sie bitte, ist hier noch frei? Ich hatte einen verdammt harten Tag und würde gerne für einen Augenblick durchatmen.“

Warum eigentlich nicht? Alles besser, als allein auf das Bierglas zu starren und Marc nachzuweinen. Dominik gab den Stuhl frei und nickte kurz. Dieses Lächeln. Der Aktenkoffer kam unter den Tisch. Wache Augen musterten ihn aufmerksam.

„Ich bin Johannes.“

Nun mit einem Gespräch musste er wohl in diesem Fall rechnen. „Ich bin Dominik.“

Anhand seiner Mimik erkannte Dominik, das die Sympathie offenbar auf Gegenseitigkeit beruhte.

„Geschäftlich unterwegs?“

Johannes lächelte. Er sah müde aus, wirkte gestresst.

„Ja, ich komme von einem weniger erfolgreichen Termin und möchte ein wenig abspannen. So wie Sie aussehen, scheint der Abend für Sie auch nicht sonderlich positiv verlaufen zu sein.“ Dominik schüttelte den Kopf.

„Nennen wir es Reinfall auf ganzer Linie.“

Johannes fragte nicht weiter nach. Er hing seinen Gedanken nach. Wieder brummte das Handy. Dominik stellte es endgültig ab. Der Wirt brachte noch ein Glas Rotwein für Johannes.

„Eine lästige Verehrerin?“

Eigentlich wollte Dominik nicht wirklich darüber reden und schwieg lieber. Johannes schaute ihn verstohlen immer wieder an, suchte Blickkontakt oder lächelte. Im Radio lief eine alte Schnulze, die wiederum Erinnerungen an Marc weckte. Jetzt brauchte es harte Sachen. Dominik winkte den Wirt heran.

„Einen Whis...“

Noch ehe er etwas sagen konnte, mischte sich Johannes ein.

„Ein Glas Rotwein für den jungen Mann.“

Noch ehe sich Dominik überhaupt beschweren konnte, hakte „Jo“, wie ihn der Wirt nannte, ein.

„Wenn du am nächsten Morgen aufwachst, tut es doppelt weh. Keine Frau ist das wirklich wert.“

Natürlich wollte Dominik nicht sagen, das es sich in diesem Fall nicht um eine Frau handelte. Er gab schließlich nach. Ihm stand nicht der Sinn nach Streit. Zuhause gab es eine prall gefüllte Minibar, an der er sich später immernoch bedienen konnte. Dieser Mann faszinierte ihn irgendwie. Auch wenn er nicht viel sagte. Seine Anwesenheit erfüllte ihn mit Leben und Emotionen. Immer wieder trafen sich ihre Blicke. Sie sprachen über belanglose Angelegenheiten wie das Wetter aber kamen über Umwege auf das Thema Musik. Dominik erzählte über seine Liebe zur Musik.

„Musik ist mein Leben. Ich liebe es zu singen und die Menschen mit gefühlvollen Texten zu erfreuen.“ Dabei fiel ihm auf, wie aufmerksam sein Gegenüber ihn dabei beobachtete.

„Gibt es auch etwas, das Ihnen Freude bereitet, neben Ihrem so anstrengenden Job?“

Johannes hielt einen Augenblick inne. Dieses Lächeln. Sein Herz schlug sofort schneller.

„Ja, mein Garten und das Werkeln an meinem Haus.“

Das klang langweilig und aus seinem Mund irgendwie doch interessant. Die Spannung zwischen ihnen wuchs fühlbar und leider auch zwischen seinen Beinen. Johannes warf hin und wieder einen versteckten Blick zu ihm. Er fühlte seine Hand wie zufällig auf dem linken Knie. Diese Berührung traf ihn wie ein elektrischer Schlag. Dominik rutschte ein wenig zur Seite, um dieser Berührung zu entgehen. Das alles erschien ihm auf einmal sehr unangenehm und doch reizvoll zugleich. Johannes erzählte ausführlich von seiner Arbeit im Garten. Er hörte nur mit halbem Ohr zu und verlor sich immer mehr in den braunen Augen. Johannes´ Krawatte hing längst auf halb Acht als der Wirt beide dezent darauf hinwies, das der Laden in weniger als zehn Minuten dicht machte. Der müde Geschäftsmann seufzte leise. Auch Dominik fand es bedauerlich. Sie verließen den Laden zum Schluß. Johannes zahlte auch für ihn mit. Doch das wollte er nicht so einfach zulassen.

„Lass´ stecken. Das war mir diese angenehme Gesellschaft in jedem Fall wert.“

In dieser lauen Mainacht erschien alles ein wenig anders als normal. Auf dem klaren Himmel wirkten unzählige Sterne wie gemalt und von irgendwoher klang das laute Knauen einer Katze. Beide gingen gemeinsam ein Stück die Straße hinab. Plötzlich vor einem alten verlassenen Geschäft mit schiefhängenden verwitterten Rollladen hielt Johannes für einen Augenblick an.

„Wie wäre es mit einer kleinen Vorstellung?“

Die braunen Augen schauten neugierig in seine Richtung.

„Was?“

Johannes fuhr durch sein braunes an den Seiten bereits dünner werdendes Haar und schaute hinüber.

“Ich würde gerne einen deiner Songs hören.“

Diese Bitte kam doch ziemlich überraschend.

Verlegen wandte sich Dominik ab.

„Ähm, ich weiß nicht, ob das der richtige Ort...“

Johannes unterbrach ihn.

„Das ist genau der richtige Ort.“

Seine Stimme klang dominant und selbstsicher. Er räusperte sich kurz und trug den Song vor, mit dem er Marc eigentlich am Nachmittag überraschen wollte.

„...Liebe ist da, wo dein Herz zuhause ist und du mein König bist...“

Johannes hörte zu. Er erschien beeindruckt. Der Aktenkoffer stand neben ihm auf einem alten Holzsims. Es roch nach Abwasser und verwittertem Holz. Verlegen schaute der toughe Kerl zur Seite, wenn sich ihre Blicke wie zufällig trafen. Die Augen leuchteten. „Ich bin sehr berührt. Deine Stimme ist so voller Gefühl. Ich kann wirklich nicht verstehen, warum deine Freundin diesen Heiratsantrag abgelehnt hat?“

Dominik verlor kurzzeitig die Geduld.

„Leider dachte mein Freund anders darüber und zog es vor, mich lieber nach vier Jahren Beziehung zu betrügen. Sind Sie nun zufrieden?“

Damit hatte er Johannes dann hoffentlich verscheucht.

Dominik machte auf der Stelle kehrt und lief die Straße nach oben zu seinem kleinen silberfarbenen VW Golf. Er setzte sich zwar auf den Fahrersitz, fühlte sich nach diesem Mann dennoch unfähig, einfach so loszufahren. Auch die Tränen und der ganze Schmerz um die Trennung von Marc wollten heraus. Es dauerte eine Weile bis Dominik zwischen all den verschiedenen Emotionen wieder klar sah. Kurz darauf klopfte jemand an die Scheibe. Er fuhr zusammen und blickte in ein vertrautes Gesicht. Johannes stand nebst Aktenkoffer am Wagen. Dieser Mann wollte einfach nicht aus seinem Leben weichen und dennoch lief ein wohliger Schauer über seinen Rücken.

„Ich störe nur ungern, aber mein Wagen springt nicht an. Würden Sie mich bitte nachause bringen?“

Auch das noch.

Dominik gab sich nicht so einfach geschlagen, stieg aus und schaute sich Johannes´ Auto, natürlich einen protzigen Porsche, genauer an. Doch der schien tatsächlich ein ernsteres Problem zu haben. So entschied der junge Mann schließlich doch und endgültig, Johannes nachause zu fahren. Er gab die Adresse in das Navi. Natürlich ein Viertel in dem nur Reiche wohnten. Sein abfälliger Blick fiel auf Johannes, der auf dem Beifahrersitz platznahm.

„Sie mögen offenbar keine Menschen mit einem gewissen Lebensstandard?“

Dominik wollte nicht unbedingt um diese späte Uhrzeit lange Diskussionen führen.

„Sagen wir es so. Es gibt Dinge, die kein Geld der Welt kaufen kann.“

Johannes´ Miene bekam einen traurigen Schein.

„Sie werden es vielleicht nicht glauben Herr Breitenbacher, aber auch reiche Menschen besitzen Gefühle.“

Auf dem Weg hing jeder seinen eigenen Gedanken nach. Die Anwesenheit von Johannes machte ihn mit zunehmender Fahrdauer nervös. Das Villenviertel, in dem Johannes lebte, wirkte ebenso sauber wie still. Hunde bellten. Die Hecken sahen gerade geschnitten aus und die Gartentore teuer. Hinter den hohen Zäunen herrschte gewiss Luxus pur. Dominik parkte den Wagen vor der Tür.

„Der Chaffeuer erreicht sein Ziel pünktlich um viertel vor Zwei.“

Johannes antwortete nicht darauf. Er griff den Koffer zwischen seinen Füssen und stieg aus. Auch Dominik stieg der Höflichkeit halber aus, um Johannes ein Stück zu begleiten. Gemeinsam gingen sie zu dem hohen hölzernen Gartentor.

„Ich bin Ihnen trotzdem sehr dankbar, das Sie mich nachause gebracht haben. Ich...“

Er schaute verlegen hinüber.

„..habe mich in Ihrer Gesellschaft sehr wohl gefühlt.“

Das überraschte Dominik dann doch. Die Stimmung zwischen beiden veränderte sich schlagartig. Seine Stimme klang so weich und warm aber auch einsam und trauig. Liebevoll berührte ihn seine rechte Hand.

„Auch wenn Sie Menschen wie mich nur allzu offensichtlich verachten. Bleiben Sie wie Sie sind Dominik. Verlieren Sie niemals ihr wunderbares Lächeln.“

Keine Liebeserklärung könnte schöner sein. Er hielt für einen Augenblick inne. Johannes machte kehrt, um in seine Villa zu gehen. Der Gedanke daran, diesen wunderbaren Mann niemals wiederzusehen, schmerzte ihn trotz des Liebeskummers um Marc. Doch nur einen Moment später wandte sich Johannes wieder um und kam auf ihn zugelaufen. Er fiel Dominik einfach so in die Arme.

„Bitte, halt´ mich fest. Ich habe Angst, das ich sonst erfriere.“

Dominik bemerkte schon den ganzen Abend, das Johannes etwas belastete. Er tat dies nur zu gern. Die braunen Augen schauten ihn sehnsuchtsvoll an. Schon einen Augenblick später löste sich Johannes wieder aus dieser Umarmung. So als hätte er sich verbrannt.

„Tut mir leid. Ich habe mich wohl ein wenig gehen lassen.“

Dominik hielt seine Hand fest. Liebevoll fuhr er darüber, ebenso wie über seine linke Wange. Ihre Lippen kamen sich allmählich näher. Sie berührten einander liebevoll.

„Bitte, lass´ uns weg von hier. Zeig´ mir deine Welt!“

Vielleicht kein schlechter Gedanke an einem Abend wie diesen. Marie und die Familie weilten übers Wochenende bei den Schwiegereltern. Das Haus lag keine zwei Kilometer entfernt. Er konnte sich dem Einfluss dieses charmanten Mannes einfach nicht entziehen. Kurzentschlossen zeigte der junge Berliner auf den Beifahrersitz. Johannes stieg wieder ein. Ohne Koffer. Er trat auf´s Gas. Bevor es sich Johannes doch noch einmal anders überlegte. Auf dem Weg herrschte Schweigen. Johannes fuhr öfter verlegen über seine linke Hand, um kurz darauf versonnen zu lächeln. Offensichtlich wußte er nicht wirklich, was Glück bedeutete. Schon den ganzen Abend über wirkte der Geschäftsmann sehr unglücklich, müde und traurig. Beide kamen in seiner Siedlung an. Auch dort herrschte Stille. Er parkte den Wagen vor dem Haus. Brandy, der kleine braune Familiendackel bellte laut. Johannes stieg aus. Er atmete die frische Luft und erschien wie befreit. Ein leidenschaftlicher Kuss rief immer mehr Verlangen in beiden Männern wach, obwohl sie sich eigentlich nicht wirklich kannten. „Du riechst so wunderbar nach Pfefferminz und herbem Rasierwasser.“

Dominik gewährte seiner Zunge noch einmal Einlaß, um liebevoll mit ihr zu spielen. Dieser Kuss weckte noch ganz andere Regungen zwischen seinen Beinen. Einmal, nur einmal wollte er sich einfach nur gehen lassen und seinen Gefühlen folgen, als wenn es kein Morgen gab. Johannes näherte sich dem Gartentor. Doch Dominik entschied anders.

„Ich möchte dir zeigen, was ich unter persönlichem Reichtum verstehe.“

Er nahm Johannes bei der Hand und gemeinsam liefen sie hinter dem Haus entlang über eine Wiese vorbei an dem alten Eichenbaum, unter dem er schon als Kind gespielt hatte.

Johannes ließ sich einfach mitziehen. Beide liefen bis zu einem kleinen Wäldchen bestehend aus verwilderten Büschen, Laub- und Nadelbäumen. Der herbe Geruch der Kiefern, die neben ihnen hoch in den Himmel ragten, kitzelte in der Nase. Plötzlich tauchte der sandige Weg auf. Es ging steil nach unten. Johannes folgte ihm. Von irgendwoher rief ein Käuzchen durch die Nacht. Er kannte hier jede Wurzel und jeden Baum. Einmal stolperte Johannes über eine Wurzel. Dominik konnte ihn gerade noch festhalten. Hand in Hand ging es weiter nach unten. Dann endlich tauchte der kleine See aus dem Dickicht des Wäldchens auf. Das Wasser glitzerte im fahlen Mondlicht. Sanft schlugen die Wellen an´s Ufer. Im Schilf raschelte es. Dominik bog nach rechts. So gelangten beide zu einem alten kleinen Ferienhaus.

„Das ist unsere Datsche. Zumindest ich wohne den ganzen Sommer über hier.“

Er schloß das verrostete Eisentor auf und beide gingen am Haus vorbei entlang zu dem langen braunen Holzsteg, der ungefähr fünf Meter weit ins Wasser ragte. Im Vorbeigehen hatte er die alte braune Decke von der alten Holzbank gegriffen. Das Holz knarrte unter ihren Füßen. Irgendwann erreichten sie das Ende des Steges. Dominik blieb stehen. Johannes ging noch ein Stückchen weiter. Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Mehr als fünf Minuten blieb das so. Dominik platzierte sich auf die Decke und kurz darauf folgte auch Johannes.

„Wow! Ich bin geflasht. Was für ein wunderbarer Ort. Ich...kann...“

Er stoppte mitten im Satz, denn Dominik zog ihn nach unten.

Dominik fuhr liebevoll über seine rechte Wange. Im Schein des fahlen Mondlicht´s konnte er zumindest die Umrisse von Johannes´ Gesicht erkennen. Der berührte seine Wangen und küßte ihn stürmisch. Natürlich gewährte er seinen Lippen sofort Einlass. Er spürte die Hände in seinem Schritt und wie zwei Finger die Knöpfe der schwarzen Cordhose öffneten. Natürlich trug Dominik nichts darunter und sein längst praller Schwanz quoll wie von selbst heraus. Johannes stöhnte leise auf. Er begann ihn zu streicheln am ganzen Körper. Seine Zunge strich nicht nur über die Wangen sondern auch hin zu den Ohrläppchen, mit denen sie liebevoll spielten. Auch er gab sich dieser Erregung ganz hin.

„Ich bin noch nie einem solchen Mann wie dir begegnet“, hauchte Johannes, der mit beiden Händen begehrlich unter sein T- Shirt fuhr.

„Wie meinst du das?“

Johannes sog sanft an den längst steifen Nippeln seiner Brustwarzen. Dominik öffnete die schwarze Anzughose.

„Einem Menschen so voller Lebensfreude, Energie und Leidenschaft. Einem Mann, der die Menschen sieht.“

Er bemerkte die offensichtliche Erregung des ihm so seltsam vertrauten Mannes. Sein harter Schwanz ragte aus der Hose. Dominik ließ sich nicht lange bitten. Er leckte erst mit der Zungenspitze vorsichtig über die Eichel. Danach über das Bändchen hin zu den Hoden, die er liebevoll knetete, um wenig später genüsslich daran zu saugen. Johannes stöhnte leise auf.

Dominik fror allmählich.

„Lass´ uns hineingehen. Dort finden wir alles, was wir brauchen.“

Johannes hielt für einen Augenblick noch einmal inne beim Anblick des Sees. Doch Dominik zog ihn einfach mit, hin zu dem kleinen weiß gestrichenen Sommerdomizil der Familie Breitenbach. Auf der Veranda standen eine Bank, ein Holztisch und zwei Holzstühle. Die Geranien standen natürlich schon auf den Fensterbänken. Beide betraten die „Datsche“, welche lediglich aus einer kleinen Kochzelle, einer funktionierenden Toilette und einem großen Wohnraum bestand mit einem riesigen Glastisch in der Mitte und einer übergroßen braunen Couch. Neben dem Fenster stand noch ein alter Ohrensessel. An den Wänden hingen drei Sidboards mit Büchern. Johannes schaute sich neugierig um. Dominik zog ihn natürlich sofort in Richtung Couch. Im Schein der kleinen gelben Nachtischlampe bemerkte er dessen entspanntes Gesicht. Sie ließen sich auf der Couch nieder. Liebevoll fuhr Johannes immer wieder wie ein kleines Kind neugierig aber auch fahrig über sein Gesicht. Dominik küßte ihn wieder leidenschaftlich. Einfach nicht an Morgen denken. Er zog ihn auf seinen Schoß und stöhnte leise.

„Ich will diese Nacht mit dir verbringen. Egal, was morgen kommt.“

Da gab es nichts, was er in diesem Augenblick lieber tun wollte. Er zog Johannes das Jackett aus ebenso wie das weiße Hemd und die Krawatte. Liebevoll fuhren die Hände seinen Rücken rauf und runter. Sein Körper schmiegte sich an den von Johannes, der leise aufstöhnte und ihn unter sich zog. Dominik zog ihm auch noch die schwarze Hose aus. Sein pralles Genital ragte heraus. Immer wieder rieb er darüber, während sich ihre Zungen atemlos müde küßten. Die braunen Augen leuchteten voller Begierde.

„Mach´ was du willst mit mir. Ich gehöre dir für diese Nacht.“ Dominik stöhnte leise auf. Ganz vorsichtig begann er Johannes zu fingern, der laut stöhnte. Nach einem Finger nahm er noch einen zweiten und später einen dritten Finger hinzu. Auch seine Zunge kam zum Einsatz und Johannes´ Körper bog sich vor Lust. Er spürte warme Lippen auf seinem Schwanz, die mal mehr oder weniger fest daran sogen und liebevoll über die Eichel leckten. Kurze Zeit später zog er das Kondom auf und seinen Gegenüber auf die Knie. Vorsichtig klopfte er an der Hintertür, rieb seinen Schwanz immer wieder zwischen den Pobacken. Er erhielt Einlaß mit einem lauten Stöhnen. Johannes´ verschwitzter Körper drängte sich ihm entgegen. Mit kurzen und heftigen Stößen folgten sie gemeinsam den Pfaden ihrer Lust. Dominik zog Johannes auf seinen Schoß. Der machte es natürlich nur zu gern mit und bewegte sein Becken rhythmisch dazu. Laute Lustschreie hallten durch die kleine Datsche. Immer wieder berührten sich ihre Zungen. Er schmeckte das Salz auf seinen Lippen. Danach ging es auf dem Rücken weiter. Fordernd spreizte er Johannes´ Beine und drang tief in ihn hinein. Der stöhnte laut auf. Mit rhythmischen und tiefen Stößen brachte Dominik beide in den Himmel. Er stieg kurz vor dem Kommen aus, um seinen Schwanz noch einmal zwischen Johannes´ Pobacken zu reiben. Der stöhnte leise auf. Kurz darauf kam der junge Sänger heftig. Johannes kostete natürlich von seinem Sperma. Er nahm sich die Zeit, um ihn liebevoll solange zu blasen, bis auch der längst nicht mehr so unbekannte Fremde heftig kam. Beide lagen atemlos nebeneinander.

„Wow.“

Dominik stimmte die ersten Zeilen eines neu erdachten Textes für einen neuen Song an.

„Du bist so warm und weich dort vor mir im fahlen Licht. Aus deinem Blick die Nähe als auch Liebe spricht.“

Beide küssten einander innig. Johannes und Dominik liebten sich die ganze Nacht über. Erst als der neue Morgen heraufdämmerte schliefen beide ein.

 

Dominik fuhr nach oben. Der Platz neben ihm war leer. Nur noch schemenhaft hingen die Erinnerungen der letzten Nacht in seinem Gedächtnis. Dieser gutaussehende wunderbar warmherzige und liebevolle Mann mit seinen braunen samtenen Augen hatte ihn verlockt und verführt. Dieses einzartige Gefühl von ihm geküßt, berührt und geliebt zu werden, brannte noch immer in ihm.

„Johannes?“

Niemand antwortete. Zumindest seine Klamotten lagen auf dem Boden. Schlüssel und Handy lagen auf dem Glastisch.

„Johannes?“

Ein Blick auf die Uhr verriet, das es schon kurz nach Eins war. Draußen strahlte die Sonne hell am Himmel. Er fuhr nach oben und schlüpfte in seine knielangen Jeans. Doch von Johannes auch am Steg und in der näheren Umgebung keine Spur. Er war fort. Ohne ein Zeichen und ohne ein Wort. Das schmerzte Dominik nach dieser Nacht besonders tief. Ernüchterung wich der Euphorie. In Rückerinnerung der Ereignisse konnte es nur bedeuten, das Johannes an ihm als Mensch niemals wirklich interessiert schien, auch wenn es tatsächlich so wirkte. Offensichtlich ging es, wie in seinen Kreisen üblich, zumeist nur um schnellen Sex. Zwei Pleiten an einem Tag also. Dominik ging wieder hinein. Er setzte sich auf die Couch, hielt beide Hände vor sein Gesicht und weinte. Dominik griff zum Handy und stellte es an. Die Mailbox quoll über vor Nachrichten in Form von Entschuldigungstexten von Marc. Da konnte er lange warten. Nachdem alles gelöscht und blockiert war, las Dominik die neuesten Nachrichten vom Sport. Er fand dabei auch einen Bericht über LK Berlin, seinen Lieblingsverein. Nach einer Niederlagenserie stand der Erstligaclub nur noch drei Punkte vor dem Abstieg. Dominink ging ab und an gemeinsam mit seinem Schwager Erik ins Stadion, aber Leidenschaft sah anders aus. Der Trainer war ins Schußfeld geraten. Auch das gestrige Spiel wurde mit einem 0:3 vergeigt. Bei einem Blick auf den Trainer wollte ihn schier der Schlag treffen. Das war...Johannes.

Johannes Sager.

Auch das noch. Natürlich lebten viele im Profifußball heimlich schwul. Keiner wollte sich outen. Da paßte dies natürlich ins Bild. Es verletzte ihn unsäglich nur der Appetithappen eines alternden Fußballtrainers zu sein. Er googelte alles über Johannes und fand heraus, das der im Augenblick nicht nur mit seiner Mannschaft am Abgrund stand sondern auch in Trennung von seiner Frau Alexandra lebte. Beide hatten eine Tochter, die nur zwei Jahre jünger war als er selbst. Das alles schmerzte ihn so tief. Einmal von Hölle nach Himmel und zurück. So fühlte er sich in diesem Augenblick. Die Welt brach gerade über ihm zusammen und heute Abend würde mehr als nur eine Flasche Whiskey daran glauben müssen. Soviel stand fest.

 

 

 

 

Johannes


Schon vor etwas mehr als fünf Tagen hatte ihn Holger Stratemann, der Vereinspräsident freundlich aber förmlich von seinen Pflichten als Trainer entbunden. Johannes sah selbst ein, das es so nicht mehr weitergehen konnte. Er verabschiedete sich von den Jungs und räumte seinen Spind mit sehr viel Wehmut. Sein Co – Trainer signalisierte ihm, selbst als Cheftrainer arbeiten zu wollen. Seit über zehn Jahren machte er diesen Job nun schon, erlebte Höhen in Form von drei Meisterschaften und einem Pokalsieg ebenso wie Tiefen gemessen in drei Abstiegen. Nach einem schlimmen Zusammenprall durfte Johannes seine mittelmäßige Karriere als Verteidiger bereits mit neunundzwanzig Jahren beenden. Der Trainerjob machte bei Weitem mehr Spaß. Im Augenblick stand er wieder einmal vor den Scherben und wußte nicht wirklich, wann und ob es überhaupt weitergehen sollte. Allein, wie so oft, saß er an diesem Abend in seiner Villa. Immer wieder wanderten seine Gedanken in den letzten Tagen an jene Nacht zurück, als er den jungen Dominik traf, der ihn mehr als nur faszinierte. Diese Nacht am See, sie brannte so hart in seinem Gedächtnis aber auch in seinem Herzen. Ihm war, als könne er noch immer die warmen weichen Hände und Lippen von Dominik auf seiner Haut spüren. Schmerzhafte Gedanken kehrten zurück. Fußballprofis durften nicht schwul sein. Er verdrängte es schnell, heiratete früh und Tochter Mia wurde geboren. Doch kurz danach lief auch bei seiner Frau nichts mehr. Johannes gab sich zahlreichen Affären und den Diensten von Callboys hin, aber die große Liebe hatte er bisher noch nicht getroffen bis zu eben diesem Abend. Seine Sehnsucht frei und offen endlich schwul leben zu können, brach wieder einmal voll durch. Der Alltag begrub sie dann jedoch zumeist schnell wieder. Doch Dominik weckte da etwas in ihm, das nicht einfach so wieder verschwand. Er ging durch sein riesiges Haus mit der großen Wohnlandschaft, der teuren Einbauküche und dem gut gepflegten Garten. Seine Haushälterin, Marina Latese, eine resolute Deutschitalienerin, hielt gemeinsam mit ihrem Mann hier alles am Laufen. Alexandra seine Frau, zog vor drei Wochen aus. Sie könne das Schweigen und die Lieblosigkeit zwischen ihnen einfach nicht mehr ertragen. Nur allzuverständlich auch für ihn. Johannes ging in seinen Hobbykeller. Auf sechs Sideboards bewunderte er wieder einmal sämtliche Pokale und Auszeichnungen. Doch was waren die alle wert, wenn es da niemanden gab, mit dem sich Gedanken und Gefühle teilen ließen? Links vom Weinkeller befand sich der Hobbykeller mit seinem Schlagzeug. Schon Ewigkeiten hatte er nicht mehr darauf gespielt. Doch heute erschien alles anders. Johannes setzte die Ohrenschützer auf und begann erst vorsichtig. Danach ging es richtig zur Sache. Es machte Spaß. Für ihn diente es oft als Ausgleich zum stressigen Trainerjob. Danach ging er wieder die steilen Treppen nach oben. Dort überraschte ihn seine Tochter Mia. In ihrem roten engen Top und den Jeans wirkte sie erstaunlich normal. Das braune Haar fiel sanft in Wellen herab über die Schultern. Zum Glück lebte das Mädchen nicht weit entfernt in einer WG in Berlin. Sie studierte Kunst und eine vielversprechende Karriere als Comiczeichnerin bahnte sich an.

„Daddy.“

Johannes umarmte Mia freudig.

“Ich wollte mal nach dir sehen. Du bist sicher einsam in diesem großen Haus. Erst recht jetzt nach deiner Entlassung.“

Ein Schatten lag auf seinem Gesicht. Er küßte Mia auf die Wange. Beide sprachen eine Weile über Alexandra, die wohl nach Spanien auswandern würde und danach auch über das harte Trainergeschäft. Mia wurde ernst.

„Du siehst müde aus. Der Doktor erzählte dir schon einmal etwas von Burnout. Vielleicht solltest du dich tatsächlich nach etwas Anderem umsehen. Auch wenn dein Herz so sehr am Fußball hängt.“

Johannes spielte ohnehin schon seit einiger Zeit mit diesem Gedanken.

„Damit rennst du bei mir offene Türen ein, aber zu was sollte ein so alter Sack wie ich sonst noch nütze sein?“

Mia schüttelte den Kopf.

„Daddy?! Du spinnst. Du bist erst zweiundvierzig. Also bitte. Wie wäre es, wenn du dich erstmal nach einem neuen Lebensmittelpunkt umsiehst? Jetzt wo Ma weg ist, solltest du endlich mit offenen Karten spielen.“

Worüber sprach seine Tochter da? Mia zog die linke Augenbraue nach oben.

„Glaub´ bloß nicht, mir wäre entgangen wie unglücklich du in all´ den Jahren warst und wie oft ich deine leuchtenden Augen beim Anblick eines schönen Mannes bemerkte.“

So offensichtlich erschien das also bereits für seine Tochter. Wie musste das erst für seine Frau gewesen sein? Beschämt legte Johannes seine Hände vor´s Gesicht und begann zu weinen. Diese Tränen brachten vor allem eines, Erleichterung. Seine Tochter umarmte ihn.

„Hey, vor mir musst du dich nicht verstecken. Niemand kann etwas dafür, das er so ist wie er ist. Vielleicht könnt ihr euch, du und Ma jetzt wieder unter anderen Vorraussetzungen in die Augen sehen.“

Was hatte er sich und seiner Familie da nur all´ die Jahre angetan?

Johannes verspürte unendliche Erleichterung.

„Hey, wie wäre es, wenn wir beide zur Feier des Tages ein wenig durch die Clubs ziehen? Im BLUE MOON spielt eine tolle neue Band mit einem geilen Sänger.“

Vielleicht gar keine schlechte Idee, um auf andere Gedanken zu kommen. Johannes liebte es legär; trug schwarze Jeans, dunkelblaues Shirt, nebst schwarzer Sonnenbrille und schwarzem Barett. Mia wirkte überrascht.

„Wow! So gut wie du aussiehst, kommst du glatt noch als mein Freund durch.“

Er küßte seine Tochter liebevoll auf die Wange.

„Du alte Schmeichlerin.“

Danach fuhren beide in das von ihnen so geliebte Szeneviertel mit den ganzen Clubs und Bars. Alles reihte sich eng aneinander. Die Zahl der Vergnügungssüchtigen erschien an diesem Abend schier unendlich. Das BLUE MOON war geschlossen. Mia sah in ihrem roten Kleid mit den dünnen Spaghettiträgern wirklich gut aus. Bei dem Blick so manches Mannes kam dann doch die väterliche Eifersucht durch. So fanden beide dann einen abgelegenen Schuppen, der schon von außen ziemlich düster aussah. Eher sanfte Klänge schallten ihnen entgegen ebenso wie Zigarettengeruch. Johannes bemerkte schnell, das es sich um eine Schwulenbar handelte. Er kannte zwar diverse Bars, hatte auch die eine oder andere besucht, aber dies später während seiner Spieler- und Trainerkarriere dann lieber auch im Sinne der Familie gelassen. In der dunklen Atmosphäre ging es sehr eng zu. Männer tanzten eng umschlungen Wange an Wange, fummelten dabei an ihrem Schritt oder küßten einander exzessiv. Als er wieder hinauswollte, zog ihn Mia einfach wieder hinein. Natürlich gab es in diesem Laden auch Frauen, die unter ihresgleichen blieben.

„Du bist frei. Niemand verlangt von dir, das du sofort jemanden abschleppst, sondern einfach mal die frische Luft schnupperst.“

Beide nahmen an einem der hinteren Tische platz. Johannes fühlte sich nicht wirklich wohl. Ein junger Mann brachte erst einmal zwei Kiba´s zum Einstimmen. Mia flirtete mit einer vollbusigen Brünetten und dieser Flirt intensivierte sich schnell. Bei einem kurzen Blick auf die anderen Tische hielt er plötzlich inne. Diesen Schmachtblick aus den strahlend blauen Augen erkannte Johannes unter Millionen wieder. Er schaute schnell weg, denn dort saß Dominik mit einem anderen jungen Mann und fuhr durch sein dunkelblondes aufgegeltes Haar. Beide sprachen angeregt miteinander. Doch Dome wirkte nicht wirklich glücklich. Johannes bekam plötzlich das Gefühl nicht mehr atmen zu können und rannte einfach aus dem Lokal. Er rannte dabei sogar beinahe den jungen Kellner über den Haufen, der laut in irgendeiner Fremdsprache schimpfte. Die frische Luft tat gut. Dominik wiederzusehen, brachte alles wieder nach oben, was er in den letzten Tagen vergeblich versuchte, zu verdrängen. Doch er konnte nach seinem unrühmlichen Abgang gewiss nicht erwarten, mit offenen Armen empfangen zu werden. In den letzten Tagen veging kein Tag, an dem Johannes nicht an diesen Abend dachte, als sich ihre Wege kreuzten und beide die Nacht gemeinsam so leidenschaftlich verbrachten. Bei Dominik fühlte er diese perfekte Übereinstimmung und das Gefühl angekommen zu sein, obwohl beide einander kaum kannten. Plötzlich hörte er Stimmen. Johannes versteckte sich instinktiv hinter einer Hausecke. Zwei Männer sprachen miteinander. Eine Stimme erkannte Johannes. Sie gehörte Dominik.

„Marc, ich habe gesagt, das ich darüber nachdenke.“ Der wirkte ungehalten.

„Vergiß das mit der Gesangskarriere. Widme dich der Realität. Wir hatten uns doch darauf geeinigt, das du zu mir zurückkommst. Ich steige aus der Band aus. Du solltest auch endlich aufhören zu träumen. Dieser große Traum vom Plattenvertrag. Alles nur Schall und Rauch. Du weißt, wo du mich findest.“

Er erinnerte sich an das Gespräch mit Dominik in jener Nacht, der nur kurz seinen Liebeskummer um einen gewissen Mark umriss und deshalb sehr verletzt wirkte. Kurze Zeit später wurde es wieder still. Jemand rief laut.

„Dad bist du hier irgendwo?“

Das war Mia. Er trat hinter der Hausecke hervor.

„Ich bin hier!“

Seine Tochter schaute schon ein wenig verwundert aus.

„Was ist passiert?“

Beide gingen ein Stück die Straße nach unten, vorbei an verruchten Bars und lauten Diskoschuppen.

„Mir wurde es dort drinnen einfach zu eng.“

Mia schien eine aufmerksame Beobachterin zu sein.

„Vor oder nachdem, du diesen heißen Kerl an einem der hinteren Tische angehimmelt hast.“

Johannes schüttelte den Kopf.

„Ach, vergessen wir das einfach. Ich...ich...will nachause.“

Doch seine Tochter blieb hartnäckig. Beide fanden einen kleinen Park mit einer Bank, um ungestört reden zu können.

„Was ist mit dir los? Ich bemerke es seit Tagen. Du wirkst so unglücklich und traurig, so als würdest du die gesamte Last dieser Welt auf deinen Schultern allein tragen.“

Johannes hielt beide Hände vor sein Gesicht.

„Vielleicht ist das auch so.“

Mia gab etwas in ihr Handy ein.

„Willst du darüber reden Dad?“

Johannes redete sich alles in Sachen Dominik von der Seele, was ihn seit Tagen noch immer so tief bewegte. Seine Tochter hörte aufmerksam zu. Sie legte den Kopf in seine rechte Halsbeuge.

„Dad?! Du warst seit ich denken kann, immer für mich da. Nun ist es an der Zeit, das du endlich anfängst zu leben. Wie lange lebst du schon heimlich schwul? Wie lange unterdrückst du deine Wünsche und Sehnsüchte? Du bist so lange vor deinen Gefühlen davongelaufen. Nun ist es an der Zeit, das du dich ihnen stellst. Liebst du ihn?“

Johannes zog die Luft tief ein.

„Ja, nein...Ich weiß nicht!“

Mia grinste.

„Klingt ja, als hättest du alles im Griff.“

Er erschien im Augenblick jedoch eher ziemlich weit entfernt davon.

„Was soll ich tun Mia?“

Die umarmte ihren Vater.

„Hey, Dad. Beruhige dich erstmal. Dann setzt du dich in deinen Wagen und fährst dorthin, wo ihr euch zum letzten Mal saht. Vielleicht hast du Glück und er ist dort. Nach alldem, was du erzählst, könnte Dominik gut deine Hilfe gebrauchen.“

Das stimmte. Johannes nickte.

„Ja, vielleicht, wenn er mich überhaupt noch sehen will.“

Mia lächelte und reichte ihm ein Papiertaschentuch.

„Das wirst du erfahren, wenn du dorthin fährst. Einen Versuch ist es wert.“

Johannes sah ein, das Mia einmal mehr recht hatte.

„Was würde ich nur ohne dich tun?“

Seine Tochter umarmte ihn liebevoll.

„Männer! Alles Memmen.“ Ihre braunen Augen leuchteten.

„Hey, fahr´ zu ihm. Was hast du zu verlieren? Ich komme mit Nina gut klar für die Nacht.“

Eine Viertelstunde später saß Johannes mit klopfendem Herzen in seinem Wagen auf dem Weg in das kleine Dorf. Er fand den Weg auch so, aber wollte nicht unbedingt zu dem Haus sondern eher zu der kleinen Datsche am See, die er an jenem Morgen so überstürzt verlassen hatte. Johannes wurde immer nervöser, je näher er dem Dorf kam. Dank dem Navi fand er den direkten Weg zum See. Seine Limousine parkte Johannes außerhalb des Ortes auf einer kleinen Waldlichtung. Die Nacht war lau und klar. Er lief durch die Straßen der kleinen Siedlung. Das Haus befand sich am Ortseinang ganz am Ende der Hauptstrasse. Johannes versuchte den Weg zu rekapitulieren, den beide damals gingen. Sein Gedächtnis schaffte es tatsächlich, ihn bis zu dem steilen Abhang zu lotsen. Der Geruch der Kiefern bestätigte dies. Vorsichtig mit seinem Handy als Taschenlampe tastete sich Johannes nach unten. Er bemerkte den sandigen Boden und ein Ast schlug ihm ins Gesicht. Doch es ging immer weiter. Irgendwann kam Johannes dann am Ufer des kleinen See´s an. Enten schatterten aufgeregt im Schilf, das der Wind sanft hin- und herwehte. Er leuchtete herum. Links als auch rechts standen Datschen, die einander im Dunkeln glichen. Wie ließ sich da die Richtige finden? Johannes versuchte krampfhaft, der Erinnerung habhaft zu werden, aber bekam es einfach nicht hin. Vielleicht sollte er nach einem Augenblick des Innehaltens an diesem so friedlichen Ort einfach wieder zurückgehen und an der Haustür läuten. Vielleicht brachte das den gewünschten Erfolg. Die klare Luft tat gut. Johannes zog die Schuhe aus und krempelte die Hosenbeine nach oben. Das Wasser erschien warm genug, um ein wenig darin herumzuwaten. Danach ging es wieder zurück in den Sand. Mia rief an und wollte alles wissen. Johannes antwortete natürlich kurz. Sie hielt nicht sonderlich viel davon, die Familie mitten in der Nacht aus dem Schlaf zu wecken. Doch ihn überkam wieder das Gefühl, diese Situation dringend klären zu müssen.

Vielleicht eine gute Idee, die Nacht hier unten zu verbringen, um morgen früh bei den Breitenbach´s zu klingeln. Johnannes lehnte sich an den verwitterten Stamm einer alten Birke und nickte ein wenig ein. Kurz darauf weckte ihn ein leises Knacken. Der Mitvierziger schreckte auf. Jemand setzte sich unaufgefordert neben ihn. Aus der Anspannung wurde Erleichterung. Sein Puls ging automatisch schneller, denn neben ihm saß niemand sonst als Dominik selbst.

„Woher wußtest du, das ich es bin?“ Der antwortete kurz und knapp.

„Ich habe es in deinen Augen gesehen.“ Wieder Schweigen.

„Ich hätte nicht wirklich erwartet, dich noch einmal wiederzusehen.“

Seine Stimme klang leise aber auch traurig. Johannes schwieg.

„Beinahe jeden Abend komme ich hierher, um die Erinnerungen an unsere Nacht zu fühlen.“

Seine Stimme klang leise aber vor allem traurig.

„Ich habe dich vorhin der Bar gesehen mit....“

Johannes sprach weiter.

„...meiner Tochter. Mia wollte, das ich auf andere Gedanken komme nach den vergangenen Tagen.“

Johannes sprach gegen die Stille zwischen beiden.

„Du bist wieder mit deinem Freund zusammen. Das freut mich.“

Ohne das er es wollte, hallte auch Wehmut in seiner Stimme nach.

„Was glaubst du eigentlich, wie es sich nach dieser Nacht angefühlt hat? Allein aufzuwachen mit der Gewißheit, abgelegt worden zu sein wie ein irgendein alter Hausschuh.“

Johannes widersprach dem.

„Nein, das ist nicht wahr Dome.“

Dominik schaute ihn an. Tränen liefen über seine Wangen.

„Weißt du eigentlich, wie es sich anfühlt, aus der Zeitung zu erfahren, das du ein berühmter Trainer bist mit eigenem Heteroleben in Reichtum und Luxus. Da kommt so ein dummer Junge wie ich, als Appetithappen doch gut rüber.“

Er kannte die Abneigung von Dominik gegenüber der Oberschicht.

„Nein, das ist nicht so. Ich habe in meinem Leben viel erreicht, alles gewonnen und lebte doch seit Langem wie in einem Gefängnis. Meine Homosexualität musste ich unterdrücken und in der zwischenmenschlichen Kälte meiner Umgebung bin ich beinahe erforen. Nur Mia gab mir ein wenig Wärme und Licht. Bis du kamst...“

Er sprach es leise aus und schaute hinüber. Dominik schaute ihn an.

„In deiner Nähe fühlte sich alles so leicht an. Ich konnte endlich wieder Leben spüren, Wärme und Leichtigkeit, was mir solange fehlte. Als mir das bewußt wurde, bin ich einfach weggelaufen. Doch vor Gefühlen kann man nun einmal nicht ewig davonlaufen.“

Vorsichtig berührte Dominik seine rechte Hand und hielt sie fest.

„Ich konnte dich einfach nicht vergessen. Als du da auf einmal im Halbdunkel wieder aufgetaucht bist, kam alles wieder in mir hoch. Ich..“

Plötzlich spürte Johannes zwei Lippen auf seinen, die ihn innig küssten.

„Ich konnte dich auch nicht vergessen, aber glaubte nicht wirklich daran, das du hierher zurückkehren würdest. So entschied ich mich, wieder mit Marc zusammenzukommen, aber das war falsch. Ich mache mir nur etwas vor. In Wahrheit gehört mein Herz immernoch dir und doch wir haben keine Chance.“

Er sprach es leise aus. Mit der rechten Hand fuhr Dominik liebevoll über seine Stirn bis hin zu den Lippen. Ihre Nasenspitzen berührten sich. Er fühlte wieder diese innere Übereinstimmung.

„Du bist ein reicher und berühmter Mann, der im öffentlichen Leben steht und nicht schwul sein darf.“

Der nächste Kuss wurde wesentlich stürmischer. Johannes gab den Weg für Dominik´s Zunge frei, die liebevoll und ausdauernd mit seiner spielte.

„Ich habe mich schon zu lange belogen, nur um anderen zu gefallen. Mein Arzt spricht von Burn Out und beginnender Depression. Ich werde nicht wieder in diese Zirkusarena Fußball zurückkehren. Ich will endlich frei sein.“

Johannes sprach es mehr gegenüber sich selbst aus und spürte wiederum den Drang mit Dominik zusammen zu sein. Jetzt und hier. Atemlos spielten ihre Zungen miteinander. Dabei öffnete Dominik die Knöpfe seiner Jeans und zog Dome mit nach unten. Beide Hände fuhren unter das Shirt, um seine nackte Haut zu spüren. Immer wieder glitten warme Finger in seine Poritze, um dort heftige Erregung zu spüren.

„Ich liebe dich“, so hauchte ihm Dominik leise ins Ohr.

„Ich werde mich von Marc trennen. Ich will mit dir zusammen sein.“

Johannes wußte noch nicht wirklich wie es weitergehen wurde, aber er wollte auch im Augenblick nicht darüber nachdenken. Seine Erregung wuchs sichtlich. Johannes gab sich dem ganz hin. Mit der Zunge fuhr er sanft den Hals herab bis zu den Brustwarzen und umkreiste sie solange, bis Dominik´s Nippel steif emporragten. Danach ging es unter lautem Stöhnen von Dominik weiter abwärts. Er öffnete die Knöpfe der Jeans und befasste sich mit dem ziemlich steifen Penis.

„Dein Funkatenne ruft SOS.“

Dominik keuchte leise.

„Ja, nach dir.“

Mal mehr oder weniger heftig blies Johannes leidenschaftlich, vergaß aber auch nicht Hoden und Prostata zu verwöhnen. Dominik zog ihn wieder auf sich. Beide küßten sich leidenschaftlich. Ihre Körper rieben aneinander und spürten die stärker werdende Hitze. Mit der Zungenspitze brachte ihn Dominik zwischen den Pobacken bis zur Ekstase. Diese vielen wunderbaren Mikroorgansmen genoß er ausgiebig.

„Ich habe noch nie einen Kerl getroffen, der mich so sehr berührte wie du.“

Dominik sprach es leise aus.

„Ehe du irgendetwas über´s Knie brichst. Zwischen uns liegen nicht nur Welten sondern auch viele Jahre.“

Der junge Berliner hielt für einen Augenblick inne und streichelte zärtlich über seine rechte Schulter.

„Das ist mir sowas von scheißegal.“

Mit seinen jungen gierigen Lippen küßte er jeden Zweifel und alle Ängste in Johannes einfach so weg. So zog Dominik ihn vorsichtig auf die Knie. Einen Augenblick später konnte er Dominik´s Schwanz an seinem Poloch spüren, der ihn immer wieder daran rieb. Das verstärkte seine Lust. Ganz vorsichtig drang er ein. Erst langsam und dann allmählich schneller begann Dominik sich in ihm zu bewegen. Seine Lust steigerte sich noch, als ihn Dominik zur Seite schob und das linke Bein nach oben hob. Er stöhnte leise auf. Wieder spielten ihre Zungen exzessiv miteinander.

„Ja, fick´ mich. So als ob es kein Morgen mehr für uns gibt.“

Dominik kommentierte das kurz und kühl mit dem Satz.

„Der dämmert bereits herauf.“

Johannes ergab sich einfach in seine Lust und stöhnte immer lauter. Die Stöße wurden härter. Kurz darauf kam Dominik heftig. Natürlich wollte Johannes ihn kosten und ließ es sich nicht nehmen ihn überall am ganzen Körper zu streicheln. Schweißgebadet lagen beide einander in den Armen und küßten sich zärtlich. Die Hitze wich in der kühlen Morgenluft erst allmählich aus ihren verschwitzten Körpern. Dennoch konnten sie immernoch nicht voneinander lassen und auch Johannes blieb nicht untätig. Er schnappte sich eines der letzten beiden Kondome unter dem Grinsen von Dominik, der ihn erwartungsfroh ansah. Johannes verwöhnte sein Poloch liebevoll mit Zungenspitze und Fingern. Lautes Söhnen deutete an, das es offenbar gefiel. Der junge Leadsänger erschien der Welt weit entrückt, als Johannes von der Seite in ihn eindrang. Von da ab gab es nur stetig lauter werdendes Stöhnen abgewechselt von intensiven Küßen und nicht enden wollenden Streicheleinheiten. Ohnehin schon angeturnt, brauchte er nicht lange, um heftig zu kommen. Beide lagen einander schweigend in den Armen vor dieser wahrhaft malerischen Kulisse des beginnenden Sonnenaufganges. Johannes zog Dome liebevoll an seine Brust.

„Wow!“

Tränen liefen über ihre Wangen.

„Im Märchen kriegt die Prinzessin immer ihren Prinzen.“

Dominik schaute hinüber. Sein Blick wirkte zweifelnd.

„Auch im wahren Leben passiert dies bisweilen. Nur bekommt dort der Prinz eben den König.“

Dominik knuffte ihn in die Seite. Ein ernster Blick traf ihn

„ Was tun wir jetzt? Wie geht es weiter mit uns? Willst du überhaupt ein´uns´?“

Johannes stand auf und schaute in den prächtigen Sonnenaufgang. Hand in Hand mit Dominik.

Und wie er das wollte!


Epilog


„...Liebe ist da, wo das Herz wohnt. Wo der König seinen Prinzen mit Liebe belohnt...“

Mit diesen Worten beendete Dominik den letzten Song der „Mary´s“ unter dem tosenden Applaus der Menge. Er selbst trug schlicht eine schwarze Cordhose und ein grünes Shirt. Höflich verbeugte sich der junge Leadsänger vor dem Publikum des diesjährigen Songcontestes. Der Beifall wollte einfach nicht enden. Das Licht ging wieder an und er warf einen Blick auf seine Bandkollegen Tally, den Keyboarder, Minor den Gitarristen und Jo den „Ersatzdrummer“. Die rauchige Clubatmosphäre und das ersehnte Ziel beflügelten ihn an diesem Abend einfach noch einmal alles zu geben für seinen Traum. Tally, der schlaksige Kerl mit den vielen Tatoos und den lilafarbenen Haaren umarmte ihn.

„Wow! Du hast gesungen wie ein Gott. Wahnsinn.“

Auch Minor, mit Ringen und Ketten behängt, mit „Brian May“ – Gedächtnisfönfrisur, schwärmte begeistert.

„Oh man, nachdem Marc so einfach weg war, hatte ich kaum noch Hoffnung, das wir überhaupt noch an diesem Contest teilnehmen können. Unser Ersatzdrummer macht sich echt gut. An den könnte ich mich tatsächlich gewöhnen.“

Dominik schaute mit einem versonnen Lächeln nach hinten zu „Jo“, der gerade seine Sticks zur Seite legte. Wer hätte unter der schwarzen Mütze, der großen Sonnenbrille und der schwarzen Lederjacke ernsthaft einen früheren Profikicker und Fußballtrainer erkannt? Mit einem Lächeln ging Dominik nach hinten und nahm einen Schluck aus der Wasserflasche. Nach dieser Nacht am See hatte er sich von Marc getrennt. Nur zwei Tage später zog Johannes zu ihm an den See und probte weiter erfolgreich den Ausbruch. Beide fühlten sich in der engen Datsche sauwohl. Erik, sein Schwager genoß natürlich die Fußballfachgespräche mit Johannes. Kurz darauf stellte ihm Jo seine Tochter Mia vor, die Dominik natürlich sofort mochte. Sie folgten einfach ihren Gefühlen. Nach Marc´s Abgang drohte die Teilnahme am Songcontest zu platzen. Johannes sprach darüber, das er vor einigen Jahren mal in einer Band spielte als Drummer und ab und an am Schlagzeug übte. Dominik hörte sich das einmal live an. Überzeugt rief der junge Berliner seine Bandkollegen an, die anfänglich nichts von der Vetternwirtschaft hielten, aber auch sie konnte „Jo“ überzeugen. Fast vierzehn Tage probten sie an den drei Songs und es klappte immer besser. Johannes war nicht mehr wiederzuerkennen, wirkte ausgeglichen, fröhlich und frei. Er widerstand den Angriffen der Gesellschaft, die ihn umgab, seinen alten Freunden, die ihn für irre hielten und denen, die ihn inzwischen aufgrund seiner offen gelebten Homosexualität verachteten. Das Band zwischen beiden wurde enger.

„Ich liebe deine Stimme.“

Als die Band die Bühne verließ, zog ihn Johannes in eine Ecke.

„Nur meine Stimme?“

Dominik zog die linke Augenbraue nach oben und küßte seinen König liebevoll. Tammy und Minor stöhnten laut auf, weil sie die Knutscherei wohl nicht so abkonnten, aber da mussten beide durch.

„Ich liebe dich und bereue es keinen Tag, diesen Weg mit dir zu gehen.“

Das klang wie Musik in seinen Ohren.

„Was sagt der Arzt?“

Dominik erinnerte sich an seine Worte als das Schicksal beide am See wieder zusammenführte.

„Er ist sehr zufrieden mit mir, was ich in erster Linie dir und meiner Tochter verdanke. Ich bin dem Schicksal jeden Tag dankbar, das es dich zu mir führte.“

Er küßte Johannes noch einmal sehr innig. Status, Alter oder Aussehen spielte keine Rolle, denn diese perfekte Übereinstimmung zwischen ihnen gab es nur einmal. Auf der Bühne spielte schon wieder die nächste Band. Sie gingen Hand in Hand in den kleinen Raum, der ihnen als Aufenthalts- und Lagerraum für die Instrumente zugedacht war. Minor stellte seine E-Gitarre an die Wand und auch Tally achtete natürlich auf das Keyboard. Außer einer braunen Couch gab es auch noch etwas Buffet, bestehend aus Schnittchen und Sekt. An den Wänden hingen Bilder alter Musiklegenden. Dominik nahm dort mit Johannes platz. Bis zur Verkündung der Gewinner würde es noch mindestens zwei Stunden dauern.

„Ich habe später noch eine Überraschung für dich. Egal, wie das hier ausgeht.“

Dominik erschien gespannt. Beide warfen einander verliebte Blicke zu. Tally musterte Johannes.

“Will der Herr Oberlehrer nun Drummer bleiben oder lieber wieder grüne Jungs trainieren?“

Johannes schien sehr viel Spaß zu haben beim Musizieren, aber ob es mit der Musikkarriere tatsächlich klappte, stand ohnehin in den Sternen. Der rauchte seine Wohlfühlzigarre und grinste.

„Ich könnte mich dran gewöhnen, wenn du mich schon so fragst.“

Tally knurrte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart und Dominik scheuchte die beiden nach draußen, um mit Jo ungestört bleiben zu können. Doch daraus wurde natürlich nichts, denn Mia kam mit Freundin Nina herein und umarmte beide. Beide verstanden sich gut und Dominik liebte es, mit ihr über Musik oder Mode zu diskutieren. Vor allem das Thema Nagellack hatte es beiden angetan.

„Was für ein toller Auftritt. Was für eine begnadete Stimme. Und mein Vater an den Drums mal wieder unschlagbar gut.“

Sie klatschte ihn ab und Johannes umarmte seine Tochter, die ihn in allem unterstütze, was er tat. Ihre braunen Augen lenkten seine Aufmerksamkeit auf sich.

„Ich möchte dir danken. Für alles. Vor dir war mein Vater am Ende, müde, ausgelaugt und am Ende. Mit dir ist er wieder wach, klar, motiviert aber vor allem anderen endlich ehrlich und glücklich. Danke, das es dich gibt.“

Sie umarmte ihn freundschaftlich und ihr süsses Parfüm kitzelte in seiner Nase.

„Du weißt, das er alles für mich ist. Ich gebe ihn nie wieder her. Er ist das Ying zu meinem Yang.“

Dominik warf Johannes einen liebevollen Blick zu, der verlegen zur Seite schaute.


Aufgeregt wippte Dominik mit den Füßen hin und her auf der Fahrt zurück durch die Nacht. Er wirkte aufgekratzt und überglücklich.

„Ich kann es noch immer nicht fassen. Ist das denn wirklich wahr?“

Johannes parkte den Wagen auf der kleinen Lichtung.

„Wir haben es geschafft. Diesen Plattenvertrag verdanke ich nur dir und deinem Glauben an mich.“

Dominik erschien unendlich glücklich. Er schrie seine Freude darüber laut in die Nacht hinaus. Eine goldene Zukunft lag vor ihm und der Band wenn alles passte. Johannes nahm seine Hand.

„Ich bin mir sicher, das du mit deiner Stimme noch sehr viele Menschen berühren wirst.“

Seelig umarmte ihn Dominik. Hand in Hand gingen beiden den steilen Abhang hinab. Für einen kurzen Augenblick hielt er inne.

„Es ist zwar schade, das wir uns einen neuen Drummer suchen müssen, aber ich kann gut verstehen, das du dir das Rampenlicht nicht mehr antun willst.“

Johannes schaute hinüber und atmete durch.

„Dieses unstete und stressige Leben ist leider nichts mehr für mich. Ich werde euch als Manager begleiten, so wie vereinbart.“

Dominik strich liebevoll über seine rechte Hand.

„Alles mit dir aber nie wieder irgendetwas ohne dich.“

Sie gingen weiter nach unten und hielten am Ufer inne. Hoch über ihnen zog ein Flugzeug laut seine Bahn. Die Milchstraße schimmerte in unzähligen Sternen. In den letzten Wochen verlief sein Leben endlich so wie immer erträumt. Gemeinsam mit Dominik ging es in eine neue Zukunft, an der beide eifrig planten. Die Scheidung von seiner Frau lief. Sie wollten Freunde bleiben schon wegen Mia. Auch Marc sah endlich ein, das es keinen Sinn mehr machte, gegen ihn anzutreten. Dominik erschien fest in seinem Willen und seinen Gefühlen.

„Was wolltest du mir sagen Babe?“

Johannes schaute hinüber. Er strich über sein Kinn und schaute zu Dominik.

„Du bist das Wichtigste in meinem Leben. Ich liebe dich über alles. Deshalb habe ich diesen Grund hier gekauft und nicht weit entfernt soll unser neues Haus stehen, indem wir beide leben werden, wenn du das willst.“

Auch im Dunkeln konnte Johannes erkennen, das Dominik Tränen über die Wangen liefen. Enthusiastisch sprang er ihn an. Johannes konnte die Begeisterung kaum abfangen und beide fielen in den kratzigen aber weichen Sand. Spontan kam es zu einem liebevollen Kuss.

„Und ob ich das will, du Idiot.“

Er legte die Hände in Dominik´s Schritt und spürte die gesunde Steife, aber der zog seine Hand für den Augenblick weg.

„Du weißt auch, das die Zeiten nicht immer so rosa sein werden wie heute?“

Natürlich wußte Dominik auch darauf eine Antwort.

„Mir erscheint alles machbar mit dir an meiner Seite mein König.“

Johannes hielt für einen Augenblick inne, denn Dominik stand auf und klopfte sich den Sand aus den Klamotten. Aus der linken Tasche seiner Jeans nahm er ein kleines Päckchen und ging vor ihm in die Knie.

„Auch wenn wir uns noch nicht so lange kennen. Mir ist, als würden wir uns schon ewig kennen. Du bist einfach so in mein Leben getreten und ich wußte sofort, das´Du´es bist. Meine Gefühle für dich sind unendlich. Deshalb will ich dich, wenn deine Scheidung durch ist, heiraten.“

Johannes hatte dies nicht wirklich erwartet an diesem ohnehin schon wunderbaren Abend und wirkte überrascht. Dieser spontane Antrag rührte ihn zu Tränen.

„Was soll ich sagen? Also...Ja, ja und nochmals Ja. Natürlich will ich dich heiraten du Idiot. Was wäre ich ohne dich? Du bist mein Rettungsanker und Leuchtturm in der Dunkelheit.“

Beide Männer küßten sich zärtlich und genossen die Innigkeit des Augenblicks. Blieb nur noch eines nachdem der schlichte Ring an seinem Finger steckte. Dominik schaute ihn an.

„Ich habe da noch ein Geschenk für dich. Der Text für diesen Song ist mir eingefallen, als du in einer unserer Nächte so friedlich neben mir lagst und ich dich im Schlaf ansah.“


Mein Leben erschien so traurig und leer. DU kamst einfach von irgendwo her...

Wie ein Blitz schlugst du neben mir ein und plötzlich wollte ich nur noch bei dir sein.


Du hast dich tief in meine Seele gebrannt. Ich schaue dich an und bin sofort gebannt. Du bist ich und ich bin dein.


Mein Herz, es gibt dir freies Geleit. Für immer zusammen für immer zu zweit...


Er legte wahninnig viel Innigkeit, Gefühl und Kraft in seine starke rauchige Stimme. Johannes weinte vor Rührung und nahm schüchtern seine Hand. Ihm fehlten einfach die Worte. Stattdessen umarmte er Dominik sehr innig.

„Ich liebe dich auch und gebe uns freies Geleit. Für immer zusammen. Für immer zu zweit.“



ENDE








21

Impressum

Texte: Demian Lion
Tag der Veröffentlichung: 24.05.2018

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /