Es ist wie ein unbeschreibliches Gefühl, ein undefinierbares Kribbeln auf der Haut oder ein nicht durch das Gehör ortbares, lautes, nervendes Geräusch, es stört doch man kann die Ursache, den Standpunkt nicht lokalisieren. Es bleibt ein Rätsel, das schon etwas Mystisches hat.
Ich stand neulich, nur zum Beispiel, vor einer Mauer, allerdings kam mir die Gegend nicht bekannt vor, ich meine sogar, dass es sie so gar nicht gibt.
An der Mauer lehnte eine Leiter und ich entschloss mich ihre Stufen zu erklimmen und mir einen Überblick über das Gelände zu verschaffen. Als ich oben stand, an den Zinnen der Mauer, sah ich zwei größere Menschenansammlungen, eine auf der einen und eine auf der anderen Seite. Ich entschloss mich beiden zu zugucken, um vielleicht etwas Bekanntes darin zu finden. Zuerst beobachtete ich das Geschehen auf der rechten Seite, dort tanzten sie im Kreis, immer gleichmäßig vor sich hin. Mal streckten sie ein Bein, mal einen Arm in die Innen- oder Außenseite des Kreises, aber sie taten es immer gleich, beinahe instinktiv. Die Musik, die dazu spielte, klang interessant. Es waren gleichmäßige Paukenschläge, die eine schon ansteckende Monotonie hatten, die einzig und allein von einem Kontrabass begleitet wurden, der immer wieder denselben Akkord spielte. Auch schön war die Tracht, die sie trugen. Sie trugen grüne Hosen, ein weißes Hemd, darüber eine grüne Weste und dazu grüne Turnschuhe. Sie trugen auch eine grüne Spitzmütze mit einem weißen Plüschbommel daran. Zu dem Tanz und der Musik klatschten die, die um den Tanzkreis herum standen, auch auf den Rhythmus der Pauke mit. Es war hypnotisierend.
Als ich nun anfing im Kreis zu tanzen, erblickte ich auch die linke Seite und erinnerte mich daran, dass ich auch dort noch gucken wollte. So ging ich also auf die linke Seite der Mauer und spähte über die Zinnen. Es war ebenfalls faszinierend. Auf den Platz, auf dem das Fest stattfand, brannten ungleichmäßig angesteckte Feuerstellen vor sich hin. Um die einen Feuerstellen tanzten Menschen, aber nicht gleichmäßig, sondern völlig wild und Individuell, sogar die Flammen flackerten alle anders. Um die anderen Feuer saßen Menschen, die einfach nur redeten, sich unterhielten und lachten und an anderen Feuerstellen saßen und standen Menschen und kochten unterschiedliche Dinge. Auch hier ertönte Musik, aber sie klang anders. Dort hörte man auch eine Trommel, aber sie klang anders, sie folgte keinem Rhythmus und es zupfte kein Kontrabass sondern eine Gitarre dazu. Als ich mir die Menschen anguckte, bemerkte ich dass sie alle unterschiedlich gekleidet waren. Es gab lange und kurze Hosen, T-Shirts und Pullover, Jacke und Weste und Haare und Glatze. Sie sahen alle so verschieden aus, dass ich meine Individualität fand und mich begann zu bewegen, wie die, die ums Feuer tanzten, nur anders, etwas Eigenes.
Als ich wiedermal in der Euphorie versank und über die Mauer tanzte, erkannte ich einen Menschen auf mich zu kommen. Ich hielt an und schielte nach ihm. Es war ein älterer Herr, der mir immer näher und letztendlich vor mir zu stehen kam.
Er fragte mich: "Und Junge, wo gehörst du hin?" Aus meinem verwirrten Gesicht entnahm er wahrscheinlich, dass ich nicht wusste, wovon er sprach, also erklärte er:"Vor ein paar Jahren herrschten in diesem Land Recht und Ordnung, doch bald merkten wir, dass das nicht so richtig funktionierte und seitdem gibt es diese Mauer, die das Recht von der Ordnung trennt." Er setzte kurz ab und dann wieder an: "Also Junge, wofür entscheidest du dich?"
Texte: Alle Rechte an dem Text habe ich
Bildmaterialien: Rechte an dem Cover hat Tac the Cat
Tag der Veröffentlichung: 17.11.2014
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