Das Wesen hatte den Rumpf eines Menschen und den gehörnten Knochenschädel einer Ziege, eingehüllt in schwarzen Rauch. Alles an dem Albtraumgeschöpf war dunkel, nur die Augen leuchteten wie flüssiges Mondlicht. "Hast du Angst?", wisperte es.
Der Junge mit dem Plüschhäschen im Arm wirkte winzig neben dem Monster. »Wer bist du?«
»Der, der den Menschen die Albträume bringt ..." Das Knochenmaul des Ziegenschädels öffnete sich einen Spalt breit. "Und dann verschlinge ich ihre Angst."
Der Kleine drückte sein Plüschhäschen fester an sich. »Und wenn niemand Angst vor dir hat?«, fragte er. »Stirbst du dann...?«
Da stand das Wesen bewegungslos da, still vornübergebeugt, während der Rauch um seine Gestalt wogte wie ein Mantel aus Schatten.
Der Junge sah das Monster an. Er zögerte, doch dann streckte er langsam seine Hand nach dem Tierschädel aus. »Wenn es dich rettet«, versprach das Menschenkind, »dann werde ich immer Angst vor dir haben.«
Und das Wesen wich nicht vor der Hand zurück, selbst dann nicht, als es die Wahrheit in den Kinderaugen erkannte. Selbst dann nicht, als die Menschenhand ihm so nah kam, dass es die Wärme im Herzen des Jungen spürte. Und in der Sekunde, als die kleinen Finger den Knochen des Ziegenschädels berührten, zerfiel das Albtraumgeschöpf zu schwarzem Staub, den der Wind mit sich fortriss ...
Tag der Veröffentlichung: 10.08.2018
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Widmung:
Für die Freundschaft