Zum Lämmerhüten brauchst du den Stab,
und vergiß nicht den Stein,
den du brauchst, damit
dich die Schafe auch achten.
In Sommerhitze brauchst du das Wort,
das dich dann kühlt und Schatten
dir spendet, es wird auch
deine Schafe erfrischen.
Un denke daran, du mußt auch das Tuch,
das die Schwalbe gewebt
und der Kuckuck mit Mustern verziert hat,
weh’n lassen über der Herde.
Sonst holt sie der Wolf ein und lehrt sie
die falschen Gedichte, wodurch
sie verwirrt und futterscheu werden
und niemals dem Hund mehr gehorchen.
Und meide den Baum, den vierten hinter der Quelle,
denn da wohnt die Frau,
die dich noch immer zu lieb hat
und die dir immer noch nachstellt.
Sie lockt dich hinein und gibt
dir von ihren Getränken, so daß
du die Herde und alles vergißt,
um ihre Brüste zu streicheln.
Geh nun, geh endlich fort
mit Hund und mit deiner Herde.
Ich sitze und warte auf dich
bis zum Abend.
Primeln bringst du mir mit
und Veilchen und Simsen.
Draus mach ich ein Bett
für dich und mich, meinGeliebter.
Mein Land
Laß mich das Blau des Himmels sehen,
die weißen Wolken türmen sich.
Laß Sonn’ und Mond für mich noch stehen,
die Nacht der Sterne liebe ich.
Ich lieb’ der Bäume grünen Schleier,
laß Anemonen drunter sein.
Ich staune Andacht in der Frühlingsfeier,
wenn sich die Gärten Wind und Bienen weih’n.
Und wenn sich Wiesen grün und weit ausschwingen,
ein Baum soll mitten darauf stehen,
und Kühe, Schafe und vor allen Dingen
laß braune Pferde drüber gehen.
Meer soll auch sein und das gekrauste Watt
mit Möwen, Vogelschrei und ew’gem Wind,
und wenn der Fischer seine Netze hochgezogen hat,
dem Hafen zu, wo schon die andern sind.
Und auch die Berge, niedre, hohe, hab ich gerne,
Bergwälder, Wiesen, hie und da ein See.
Wer liebt sie nicht, die Alpenkette in der Ferne
und schroffe Gipfel unter ew’gem Schnee!
Ein Dorf, die Kirche, hohe Eichen,
die schützend überm Fachwerk stehen,
das große Tor, das Hexenzeichen,
Windfahnen, die sich quietschend drehen.
Ein solches Haus, am Dach die Pferdeköpfe,
die dunklen Balken in der hellen Wand,
im tiefen Fleet die schwarzen Eisentöpfe,
das muß es sein, mein Innerland.
Ostpreußen
Summen möchte ich die Lieder,
die meine Urahne sang.
Bringt ein Traum sie mir wieder,
weiß ich dann wieder den Klang.
Zottelpelz, Schnee, große Hitze,
klares Wasser, der Bach, reifes Feld.
Leben erspäh’n durch die Ritze.
Schweiß und der Staub, kleine Welt.
Läuten die Glocken, schrei’n die Herren,
Furchen ohn’ Ende, Sensenschnitt,
Stute und Kuh, Kinderplärren.
Was brimgt der Vater uns mit?
Schwarzer Pastor, dürre Kiefer,
Harzgeruch, Herr mit Gewalt,
Schmährufe, Frauen sind tiefer,
liegst auf der Bahre du bald.
Urahne, sing, hör nicht auf!
Angst schweigt, und du bist der Ton,
Brunnen und ewiger Lauf.
Was ist mein Leben denn schon!
Sommer (Mauersegler)
Mauersegler schreiben den Sommer uns an den Himmel,
und ihre Schreie ritzen ihn tief in das Blau.
Wind will ihn löschen und unter die Abwässer mischen,
Wolken saugen ihn in sich hoch in den Raum.
Doch sie schreiben und schützen mit schnellen Flügeln
den Sommer, wenn ihn der Abend bedroht.
Und nur den Sommer können sie uns bewahren,
was geht sie der Herbst an, der Winter, der Schnee!?
Was macht sie so schnell, die scharfen Sicheln des Sommers?
Warum so schrill ihre Rufe am Tag?
Was suchen, was jagen sie so unablässig?
Wo seid ihr zu Hause, ihr Mütter und Väter
und Kinder der Luft?
Gedichte schrieb ich
wer schreibt sie
ich schreibe die Worte
doch wer diktiert sie
Ich lese sie und
bin verwundert
daß ich sie geschrieben
wer eigentlich bin ich
Versprochen? Versprochen hat er dir nichts, der Morgen.
Und halten? Halten wird er nichts können, er nicht.
Deine Träume sind’s, mit denen du aufstandst,
die du von dort mitnahmst und hier wieder aufbaust.
Träume sind Geschenke aus Eis, die schmelzen
unter der Wärme des Lichts und sind für immer vergangen,
es sei denn, daß du sie bannst,
wenn auch nur stückhaft, in deiner Seele.
Glück oder Grauen gehen dann eine Stunde
oder auch zwei mit dir auf den Weg.
Aber schon bald setzen sie sich
auf den Stein am Weg und wollen nicht weiter.
Erinnere sie nicht an das, was sie dir versprochen.
Glück oder Grauen, sie heben einander doch auf.
Schwer wird die Last, der Weg, der Tag,
nie weißt du, kommt heute ein Gasthaus des Traums.
Der Große Knechtsand
Schreib weiß auf Grün,
nimm Braun und Blau,
hell strahle Gelb
in deiner Insel Grau
Klingt nicht der Sand
auf Muschelschill
wie ein Spinett
nur eine Spur zu schrill
Und brauner Schlamm
quillt um den Fuß
des Turmes, der
dich tragen muß
Die Flügel und Farben,
das Rauschen und Wehen,
Rufen, es klagt,
der Knecht will auferstehen
Die Wolken im Priel
Wasser kraust der Wind,
Schnecken und Tang
und Sand, der ins Tief verrinnt
Wann willst du, wirst du reifer werden?
Wer löst das Schloß vor deinem Herzen?
Wann übst du endlich die Gebärden,
die sie erkennen lassen, daß du liebst?
Zu oft, zu schnell verfängst du dich,
schwärmst hier, träumst da und liebst,
doch dann am Ende zeigt es sich:
zu schnell verspielt hast du dein Bestes.
Bleibe hier und laß dich lieben.
Südwärts wirst du blasser sein,
wird dein Gesicht zu Dunst zerrieben,
und dein Mund wird kalter Stein.
Geh nicht fort und nimm den Sinn mit,
den dein Leib mir hat gegeben.
Wenn mein Puls mit deinem mitschritt,
nur dein Herzschlag war mein Leben.
Einsam wird ich sein und offen
für die kalte Winternot,
und ich kann nicht einmal hoffen,
denn dann bin ich für dich tot.
Weit, so weit von mir gezogen,
reicht meine Seele nicht mehr hin,
zieht nicht mehr den sanften Bogen
um dich und mich. Es bleibt kein Sinn.
Bleibe hier und laß dich lieben.
Südwärts wirst du blasser sein,
wird dein Gesicht zu Dunst zerrieben,
und dein Mund wird kalter Stein.
Schwarze Blüte
wüte
ganz zu meinem Glück.
Hundert Lieben
blieben
nichts sonst blieb zurück.
Kannst du blasse Gluten
fassen wie den Sand?
Laß das Verlangen bluten
was rollt dir aus der Hand?
Schöne Herbstzeitlose
off’ne Heckenrose
schwingen sich im Kreis
singen, sagen
klingen, klagen
alles was ich weiß
Sensible sensoble
penible penoble
Grenible Grenoble
was ist das für Quatsch
Unsummen ansammen
zerrinnen zerronnen
gewinnen gewonnen
Geld ist ein Schatz
Vertuschen vertaschen
vernuschen vernaschen
gewuschen gewaschen
du setzt mich ganz matt
Gemeinsam vereinsam
Verwandtschaft Verwundschaft
verkrachen verkrochen
es dreht sich das Rad
Gelungen gelangen
gesungen gesangen
gefungen gefangen
das ist für die Katz
Vermissen vermassen
verpissen verpassen
beschissen beschassen
es ist alles ein Matsch
Wasser ist nicht mehr
Wasser und
Luft ist nicht mehr
Luft
Wie konnte ich atmen,
tief Luft holen
an der frischen Luft sein
Nur das nötigste atmen
nicht durchatmen
Luft ist vergiftet
du kannst an Luft ersticken
Wie konnte ich trinken
in jedem Wasser
schwimmen, mich baden
mich an Quellen erfrischen
Üb’ Vorsicht mit Wasser
trink nie mehr als du mußt
leg deine Hand nicht hinein
dich könnte das Wasser
verbrennen
Nahrung kann nicht
mehr nur nähren
Iß Obst
es ist so gesund
trink Milch, sie tut
dir so gut
Iß und trink,
doch bedenke:
dein Obst
trägt eine Last
Trink, doch du trinkst
nicht nur Milch
Lebensmittel sind Mittel
zum Tod
Wenn du nicht bist
wer bist du?
Bist du nicht,
der du bist?
Wenn du bist,
wer bist du nicht?
Ich will sein,
daß ich bin.
Ich bin,
wie ich sein will
Ich bin,
daß ich so sein will
Meine Erde
Weites flaches Land
mit einzelnen Bäumen
ein Flußlauf durch Wiesen
durch Wälder
Blaue Berge in der Ferne
mit weißen Spitzen
Gotische Türme über
der Stadt im Weiten
Pferde über die Weide Galopp
ein Bussard dreht Kreise
Kraniche ziehen langsam
und wollen nicht scheiden
Mauer der Burg
ist wieder Gebirge geworden
Halle der Kirche
wölbt sich spitz in unwirkliche Höhe
Lerchen singen
und schrauben sich in den Himmel
Mauersegler
krieschen und huschen pfeilschnell
Flaches Wasser im
Watt vor sinkender Sonne
Lichter durch Nacht
über den Wassern
Und Sterne, verstummen
machen sie uns hastige Menschen
Wie riecht das Moor
wenn der Wind die Wollgräser streichelt
Die Birke im jumgen
Blätterkleid grün
wie ein Mädchen verbirgt
seine Form unter dem Schleier
Wiese am Waldrand
üppige Bäume wölben
ins Freie und wollen
mit anderem Grün sich messen
Schmale Wege, die sich
schlängeln über Wurzeln zwischen Bäumen
Getreide schwingt leise
halbhoch und saftgrün im Wind
Grün sich wölbende Kuppen
mit weißen Schafen bestreut
Steiler Fels fällt ab
in den Glanz und Rhythmus des Meeres
Uralte Eichen ragen
überm Rundtor und Schilfdach
Windmühlen schlagen ihr
lustiges Rad über das Land
Winde sanft streichen
über mein heißes Gesicht
Laubsänger schwirren ihr Lied
durch Bäume im Maihauch
Ich liege auf dem Grunde des Waldes
und sehe durch Zweige und Grün
in das Blau unterm Himmel
in den unmöglichen Himmel
Gesichter deuten Geheimnisse an
ein schönes Gesicht ist ein Rätsel
Ich möchte in diesen Geheimnissen wohnen
doch werde ich diese Rätsel nicht lösen
und kann bald keine Reize mehr finden
werden Gesichter alltäglich
Jedes neue schöne Gesicht
läßt mich fragen
läßt mich wünschen, daß
es mich liebend anschaut,
daß ich es voll Staunen und
Stolz mir betrachte
wie ein kostbares neu
entdecktes Gemälde
Doch wird bald jedes Antlitz mir welk,
sei es von Alter oder Gewohnheit
Verstehen kann ich dann nicht mehr
warum ich dereinst
vor Liebe lang hinfiel
Doch dein Gesicht, welk und gewohnt,
immer noch rätselhaft und voller Geheimnis
und lieb und vertraut und sehr warm
es bleibt
und immer wird’ ich es lieben
es bleibt, hält mich ganz fest
in dem wechselnden Sog der Gesichter
mit neuen Weiten und tiefen Versprechen
Wie gerne folgte ich ihnen
und ließ mich weit, weiter noch treiben
in ihren Augen, Blondhaar oder schwellenden Lippen
Nur du, dein liebes Gesicht
mit all den Falten und Makeln
kann mich und wird mich festhalten
und bringt mich schließlich dahin, wo
ich wollte und sollte: dich lieben
An den Sohn
Was taten wir
daß du
uns so verwundest?
Hat sie dich nicht,
die Mutter,
viel geliebt?
Hab ich denn nicht
versucht
dich immer zu verstehen?
Soll so viel Nachsicht
am Ende
gegen uns sich wenden?
Gewiß hat manches
was du tatst
uns nicht gefallen
sind wir enntäuscht
wenn du dich
uns nicht verstehbar
hast entschlossen
da willst du nun
daß du
vor uns im Rechte bleibst
durch flinkes Wort
bei uns
das Nichtgesagte stumm sein lassen
Doch nicht wir sind
so wie du selbst
dein stärkster Kritiker
du siehst nicht ein
daß selber dir
du nicht verzeihen kannst und willst
Darum drehst du deine
Klinge nun.
Statt dich zu schützen
triffst du die
Mutter, daß sie schweigt
Sie schweigt, doch Ruhe
hast du nicht,
zu spät wird der Gedanke
in dir reif
was du da falsch gemacht
Erst wenn dein eigenes Herz
so schnöde zertreten wird
daß du laut schreien mußt
und es nicht kannst und nicht willst
damit keiner es höre
Mit Schmerz,
mein lieber Sohn,
erkenne ich
wie du in vielem mir ähnlich.
Doch was reichen wir
als Trost
deiner Mutter?
Du gehst hinein
in das vollgrüne Meer,
wo die Fische singen
und schwimmen zu Ast.
Die ebene Tiefe nimmt
auf, das Element
legt sich um dich und
tut dir nichts an.
Du schwingst um grüne
Korallen, Antilopen äugen
dich an und rudern davon-
Wer schuf diese Käfer und
Falter, die in äußersten Farben
das herrschende Grün wie
perlende Luft auf der
Tonleiter zum Licht überklettern?
Wo ist das Schloß
der Meerkönigin tief unterm
Laub, wie ist es zu finden?
Laß nur vom Hähnchen aus Gold,
das sich krankstellt,
nicht vom Ziele dich ablenken.
Nur wer die Hand ohne Goldstaub vorweist,
wird die Prinzessin gewinnen.
Noch bist du nicht müd’,
doch bleibe geduldig;
denn nur wer vom Suchen
und Hasten der Tage sich ganz erschöpft hat,
ist müde genug für das Glück.
Hör auf die Schwester, wie sie
dich vor dem scheinschönen
Wassern gewarnt hat,
denn nur wer den Durst
noch mitbringt, wird in
diesem Meergrün gesunden.
Wird es zu still, daß
die Lieder der Fische
nur fernher noch tönen,
dann sei nicht bang,
denn Stillsein ist
vielleicht Anfang,
wer weiß es.
Verwandeln! Ja, verwandele
dich!
Sei Vogel, sei Baum, sei Kristall
und sei Klang,
dann wirst du unendlich
und erreichst das Gesuchte.
Zusammen leben
welch hartes Sein
welch hartes Muß
welch Unglück auch
und welche Leere
Zusammen leben
ein kurzes Glück
und selten
doch welches Gut
gegen die Einsamkeit
Was mir die Sterne sagen wollen,
wann werde ich es wissen?
Wer lehrt mich lesen, was
die Sterne schreiben?
Sie leuchten in den Nächten stumm
und schreiben schweigend
ihre Botschaft in den Himmel,
und ich, ich kann es nicht verstehen.
Ich lausche, lese in den Nächten
und kann’s in meiner Taubheit
nicht entziffern oder deuten,
was sie zu sagen haben.
Und weiß es doch:
die Sterne haben
diese Nachricht, die ich brauche,
die ich wissen müßte,
und alles hätte Sinn.
Warum hast du Dornen, Rose?
Willst du zeigen, daß die Schönheit
nicht ganz unbewaffnet sei?
Oder zeigst du, daß aus Trutz und Stachel
Wunder können sich entfalten?
Deine Dornen werden keinen hindern,
dich trotz Weh zu brechen.
Deine Waffen sind nur lästig,
doch nicht tödlich.
Rührend finden’s lächelnd,
die dich lieben.
Oder sollen deine Blüten uns versöhnen
mit dem Zorn der Dornen, die du
drohend streckst in eine ungerechte Welt?
Aber warum braucht ein dorniges Gemüte
Rücksicht nehmen auf das Wohlmeinen der andern,
wenn es ehrlich, ernst und streitbar
unsrer Welt die Zähne zeigt?
Du bewahre dein Geheimnis,
das mich immer zwingt,
deine unverstand’ne Schönheit
mit den Augen zu erfahren.
Rosen lieb’ ich und
Frauen, die so sind
wie Rosen,
schön azuschauen, ein
Versprechen von großem Glück,
doch leider gespickt voll
mit Dornen.
Sich ihnen zu nähern ist
immer schmerzlich,
nie kannst sie
brünstig umarmen,
nur wenn du sie kennst
und ihre Dornen vermeidest.
Aber wie mühsam!
Und ist es die Mühe
auch wert oder bleib lieber fern,
sie verehrend?
Aber hat sie kein Recht
auf die Liebe, nur weil sie
so spröde sich gibt?
Was sind Worte?
Was ist Schönheit?
Menschen nur sind sie verstehbar,
und nur ihnen können sie sich öffnen,
und wenn du und ich, wir nicht mehr sind,
wem dann kann das Schöne aufgehn?
Sieh die Morgenröte,
sieh die Rose, schneebedeckte Bäume,
sieh den Horizont der Berge,
ein Gesicht, das uns beeindruckt,
deine Worte,
was sind alle die, wenn wir nicht wären?
Was sind Blumen, sanfte Täler, bunte Vögel wert,
wenn sich kein Auge findet, sie zu betrachten?
Ich weiß
und weiß doch nichts.
Ich fühle.
Fühl’ ich wirklich?
Ich liebe.
Wer liebt richtig?
Was weiß ich besser,
wenn von mir die Welt wird sagen:
Sein Leben war von vorn
bis hinten ein Versagen,
nun ist er tot und
hat die große Chance
schuldhaft und für alle schädlich
ganz vertan.
Es ist doch schändlich,
daß uns der Gott,
der alles weiß und
fühlt und liebt und
richtig macht,
mich, dich und uns
läßt nicht ein wenig, nur
ein ganz klein bißchen,
in sein Geheimnis ein.
Vertröstet er uns doch
auf unseren Tod.
Was nützt mir dann
zu wissen, was ich tat,
war gut, war schlecht!
Den Lebenden wird
damit nicht geholfen.
Und für ein künftig Leben?
War ich in meinem vorigen
noch dümmer, schlechter oder?
Oh Katze, warum
bist du kein Pferd und
arbeitest für mich und
trägst mich und
ziehst schwere Lasten?
Kanarienvogel, warum
bist du kein Hund und
bellst, wenn mir Gefahr droht,
sondern singst, als
wäre alles in Ordnung!?
Nachtigall, was
nützt mir dein Geschrei?
Macht es mich doch nicht satt, und
nicht einmal schlachten und essen
kann ich dich wie eine Gans
oder wie einen Truthahn.
Zu was bist du nütze?
Oh Nachbar, du könntest
viel besser sein. Warum
bist du nicht so wie ich oder
so wie ein Nachbar zu sein hat, nämlich
freundlich und hilfreich
und nachsichtig
mit meinen Fehlern?
Und du, mein Sohn, warum bist du nicht Heiner,
der Sohn unseres Nachbarn,
der so gut geraten und alles
so macht, wie es sich gehört?
Statt dessen bist du nur kraus,
entstellst dich, tust nicht, was man erwartet.
Und du, warum
bist du nicht Jesus,
vergiltst Böses mit Gutem,
wohl wissend, die Menschen
sind dumm und triebhaft
und nicht mehr zu bessern?
Statt dessen regst du dich
auf über Mord, über Wahn und Gemeinheit,
und bist traurig, so traurig,
so traurig, wenn du dich umschaust.
Warum bringt es nicht Trost,
sein Wort: „Ich habe die Welt überwunden“?
Du siehst nur und klagst,
was haben wir Menschen
die Welt so versaut.
Katze, schon lange
bist du bei uns,
und jetzt erst begreif ich’s:
eine Freundin bist du von mir,
du liebst mich und kannst mir’s nicht sagen.
Ja, lange lieb ich dich schon,
schau dir zu,
wie du einfach und doch voller Anmut
dich bewegst
und wenn du mich anschaust,
so traurig, so tief,
so voller Verlangen,
und ich tat es nur ab
als Verlangen nach immer mehr Futter.
Wenn dann die Stunde kommt,
Abschied zu nehmen,
einmal ja muß es sein,
Trauer, Gelassenheit?
Heftiges Sträuben,
stummes Dreinfinden
oder gar Freude?
Kommt etwas danach?
Oder war das schon alles?
Wenn nichts mehr kommt,
wozu dann der Aufwand?
Wenn aber noch was kommt,
dann wird es wunderbar.
Wir werden erfahren,
wir werden wissen,
es hat alles Sinn.
(Juli 1997
)
Weit ist der Weg
Weit sind die Sterne weg
Weit müssen wir gehn
Nur an den ersten Stern zu kommen,
und viele, viele bleiben noch
Was für ein langer Weg
Liegt da vor uns
Bis wir am Ende greifen können
Was wir immer wissen wollten:
Was hat das alles zu bedeuten?
Glaub Du doch nicht
dass wir aufgeben
weil noch so viele Sterne vor uns sind
ja ganze Galaxien
Wir wollen dein Geheimnis lösen
Das Du vor uns vergorgen hast.
Lang genug hast Du uns warten lassen.
Wenn wir Dich nötig hatten
Nötig, o so nötig
hatten wir Dich gehabt
in Folterkammern und Massakern
Krankenhäusern, Krieg und Pest
verfolgt und auf der Flucht
in Bombennächten
und wenn die See kam über uns
und wenn die Erde bebte
Nun haben wir ein Recht
Das kannst auch Du
Nicht länger streitig machen
Jeder von denen
Die Du hast leiden, quälen, sterben lassen
Frauen Sklaven, Kinder, alte Leute
Sie haben Dir das Recht genommen
Deren Seufzer, Schreie, Tränen,
unschuldig Blut
ist nun das Kerosin für unsern Weg
Sehr schwer hast Du es uns gemacht
So weit hast Du Dich von uns weggezogen
und denkst dass wir es niemals schaffen werden
Wie lange sind wir Menschen
Schon auf dem Weg nach Wahrheit
Eines Tages aber
Mit dem Kerosin . . .
Nachdichtung nach „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ von Georg Neumark
Wer nur Vernunft und Sinn lässt walten,
ist allen Menschen hilfsbereit,
der kann sein Leben klug gestalten
mit Toleranz und Fröhlichkeit.
Wer sich vernünftig zu sein traut,
der hat auf keinen Sand gebaut.
Der Menschen Dummheit macht uns Sorgen,
wenn Extremisten machen Krach
und töten Menschen heut und morgen,
bereiten uns viel Ungemach,
versprechen uns die goldne Zeit,
glaub ihnen nicht und sei gescheit.
Bleib klug auf allen deinen Wegen,
dich an der schönen Welt erfreu’,
und steht die Dummheit dir entgegen,
so bleib du deiner Einsicht treu.
Denn wer Vernunft und Zuversicht
als Sinn setzt, der betrügt sich nicht.
(2008
)
Tag der Veröffentlichung: 16.05.2009
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