Cover

Wie man mit Katzen lebt.

Wie aufmerksame Leser meiner Text ja wissen, bin ich stolzer Besitzer zweier Katzen. Warum gerade Katzen, wird sich der geneigte Leser vielleicht fragen. Warum nicht ein Hund – oder ein Vogel oder sonst ein anderes Tier. Nun, einen Vogel habe ich auch – im Käfig, wohlgemerkt. Zumindest ist er manchmal dort. Wenn es ihm passt, was selten genug der Fall ist. Warum kein Hund? Nun, angeblich gibt es ja Hunde- und Katzentypen unter den Menschen. Ich bin eindeutig letzteres. Ich erkläre auch gerne warum.
Dazu muss ich wenig ausholen und denjenigen, die keine Katzen besitzen erklären, was diese Mitbewohner so an sich haben.

Fressverhalten:
Sollte eine Katze Hunger verspüren und nicht zu jenen Vertretern gehören, die Auswärts für eigene Nahrung sorgen können, gibt es verschiedene Phasen, mit denen die Katze versucht ihr Futter zu bekommen:

Erste Phase – Aufmerksamkeit erregen:
Die Katze stellt sich neben ihren Futterplatz und lässt ein miauendes Geräusch los. Es ist nicht etwa Mitleid heischendes, sondern eher ein „He – Hunger!“ Ton. Man kann diese Phase noch übergehen, muss sich aber möglicher Konsequenzen gegenwärtig sein.

Zweite Phase – Den Ernst der Lage verdeutlichen:
Die Katze beginnt neben ihrem Futternapf den Boden aufzugraben. Dieses Verhalten reicht von leichten Kratzgeräuschen am Parkett bis zu echten Versuchen sich in die Spalten zwischen Parkettbrettern vorzuarbeiten um damit kundzutun, dass man notfalls auch bereit wäre auch unter dem Boden Fressbares zu suchen. Bei Teppichen artet dass dann ganz schnell soweit aus, dass man Parkett verlegen lässt. Diese Anzeichen zu ignorieren, könnte schon schwerere Folgen haben.

Dritte Phase – Die letzte Warnung:
Die Katze konzentriert ihre Bemühungen Aufmerksamkeit zu erregen nicht mehr auf die Stelle rund um den Futterplatz, sondern auf die ganze Wohnung. Besonders beliebt ist das Spiel „ich such mir jetzt dein Lieblingsmöbel“. Dabei stolziert das Lieblingspelztier des stolzen Besitzers mit erhobenen Haupt und zum Spazierstock verbogenen Schwanz zum, nehmen wir es als Beispiel, Lieblingssessel. Dort setzt sie sich demonstrativ hin und dreht noch einmal den Kopf zum Futterknecht, lässt ein fragendes Miau ertönen und setzte einen Blick ala „Willst du mir WIRKLICH nichts zu fressen geben?!“ auf. Erfahrene Katzenbesitzer stürmen spätestens jetzt in die Küche. Nicht so erfahrene, oder besonders mutige lassen es auf die letzte Phase ankommen.

Vierte Phase – zu spät:
Lässt man die letzte Chance verstreichen hebt die Katze zuerst eine, dann die andere Vorderpfote und legt sie an das Lieblingsmöbel. Langsam fährt sie die Krallen aus und wenn sie dann wirklich Halt hat, beginnt sie ihren neuen Kratzbaum einzuweihen. Jetzt das Futter noch herzurichten, ist sinnlos, denn eines ist die Katze auf alle Fälle – konsequent. Von ihrem Möbelstück bekommt man sie jetzt nur mit Gewalt oder kaltem Wasser weg.

Besuch.
Sollte sie Besuch erwarten, dann ist es empfehlenswert dem Besucher/der Besucherin die Existenz der Katze nicht zu verschweigen und auch gewisse Bekleidungstipps mitzugeben. Nichts was Fasern oder Fäden zieht, keine dunkle oder gar schwarze Wäsche, nichts allzu helles und nichts aus Fell, Leder oder Federn besteht. Am besten wäre es nackt zu kommen, was durchaus ein wünschenswerter Zustand sein könnte, aber erst später am Abend. Außer es ist die Schwiegermutter.
Je nach Charakter und Laune der Katze kann es zu unterschiedlichen Formen der Begegnung kommen, wenn der Besuch dann eintrifft:

Ignoranz:
Die Katze tut einfach so, als wäre der Besuch nicht da. Lockversuche oder Versuche sich ohne Einverständnis der Katze zu nähern, werden mit dem Rückzug an einen unzugänglichen Ort quittiert. Auf Kästen, hinter Schränken, unter Sitzgarnituren oder die Katze löst sich scheinbar in Luft auf und taucht auf gleiche wunderbare Weise erst Stunden später wieder auf.
Die stumme Revierverteidigung
Die Katze folgt dem Besuch und lässt ihn nicht aus den Augen. Muss der Besuch mal ins Bad, sitzt die Katze vor der Tür und begleitet ihn wieder zum Sitzplatz. Dort angekommen, bezieht sie genau gegenüber Stellung und starrt den Besuch an. Ohne zu zwinkern. Vom Versuch zurück zu starren ist dringend abzuraten. Es wurde von Fällen berichtet, in denen der Besuch in hypnoseähnliche Zustände verfallen sein soll. Katzen können stundenlang einen Punkt anstarren.

Die Fellattacke:
Die Katze schaltet nun in den „Hinterlistmodus“ um. Vordergründig scheint sie den Besuch zu akzeptieren, aber eigentlich hat sie nur die Katzenallergie des Besuches entdeckt, oder seine Kleidung als Angriffsziel identifiziert. Um die Beine herumzuschmusen, oder auf den Schoß zu springen hat nur den Sinn, eine Fellattacke zu starten. Dazu muss man wissen, dass Katzen bewusst entscheiden können, wann sie wie viel Fell verlieren wollen. Konkret lässt die Katze dann deutliche Fellspuren an den Beinen des Opfers zurück, oder im Falle, dass sie auf einem sitzt, kann es auch passieren, dass ganze Fellhaufen freigesetzt werden, aus denen man locker eine neue Katze basteln könnte.

Der Fadentest:
Sitzt die Katze auf einem Besucher und ist dessen Aufmerksamkeit abgelenkt, besteht die Gefahr, dass die Katze die Kleidung auf ihre Beständigkeit testet. Dazu nimmt sie eine einzelne Kralle und versucht Fäden aus dem Gewebe zu ziehen. Besonders beliebt sind hier Strickmoden und Damenstrümpfe. Hat die Katze einen Faden gefunden, schnappt sie sich diesen und versucht mit ihrer Beute im Maul unter dem nächsten Möbelstück zu verschwinden. Lautes Protestgeschrei regt die Katze nur zur Suche nach einem weiter entfernten Versteck an. Die Folgen für die Kleidung des Besuches sind für die Katze im besten Falle irrelevant, normalerweise aber gewollt. Für den Besucher ist diese Erfahrung mit Sicherheit weder irrelevant und schon gar nicht gewollt. Der erfahrene Katzenbesitzer hat für entsprechende Ersatzkleidung gesorgt und einen Posten im monatlichen Budget eingeplant. Auch wenn der Plan für die Abendgestaltung ein Ablegen der Kleidung vorgesehen hat, ist doch die Zerstörung Hosen, Pullovern und Hemden nur selten Teil dieses Plans und auch nur selten förderlich für die allgemeine Stimmung.

Aggressive Revierverteidigung:
Sobald der Besuch die Wohnung betritt, verwandelt sich das Haustier in eine Werkatze. Sie wird ungefähr doppelt so groß, bekommt doppelt so lange Fänge, der Schwanz hat die Dicke einer Klobürste, der Rücken knickt mittig um 90 Grad ab und sie gibt Knurrgeräusche von sich, die ein Rottweiler in die Flucht schlagen würden. In diesem Falle sollte der Hausherr umdisponieren und mit seinem Besuch in der Kneipe ums Eck ein Bier trinken oder sich auf einen Abend alleine einstellen. Es gibt auch dokumentierte Fälle, in denen die Katze sich zuerst scheinbar mit der Anwesenheit des Besuches einverstanden erklärt hat. Nur um Selbigen dann die Krallen in den Rücken zu schlagen, wenn man im Schlafzimmer gerade mit allem Möglichen beschäftigt ist, außer sich mit dem Gemütszustand der Zimmertiger auseinander zu setzen.
Eine weitere Eigenschaft von Katzen ist, dass sie extrem neugierig sind. Das ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist allerdings, das, zumindest meine Tiere, sexsüchtig sein können. Und da ich ihnen mit Hilfe eines Tierarztes die Möglichkeit genommen habe diesen Trieb auszuleben, haben sie sich auf Voyeurismus verlegt.
Das sieht dann so aus, dass sie auf der Sitzbank, die an der Wand gegenüber von meinem Bett steht, Position beziehen und das Geschehen beobachten. Hin und wieder habe ich das Gefühl, dass sie gleich einen Notizblock hervorholen und Aufzeichnungen machen werden. Ich habe mich ja daran gewöhnt, dass meine Katzen mir in jeder Lage zusehen müssen, dass aber gelegentlichen Partner erklären zu müssen ist manchmal unangenehm. „Kannst du die Viecher nicht raussperren?!“ ist einer der am häufigsten gesprochene Sätze in meinem Schlafzimmer. Kann ich. Aber dann veranstalten sie ein Konzert, das klingt als würde man sie foltern. Die Polizei hatte ich deswegen schon im Haus, also lieber zusehen lassen.

Folgsamkeit:
Hier gibt es nicht viel zu sagen. Entweder die Katze will folgen oder sie will nicht. Einen Hund zu rufen hat normalerweise eine freudige Reaktion zur Folge, bei einer Katze erreicht man nur etwas, wenn man Fressbares mit sich führt. Und selbst dann ist eine Erfolgsgarantie nicht gegeben. Im Normalfall regiert sie mit Desinteresse.

Schmusebedürftigkeit
Auch Katzen brauchen Nähe. Manchmal. Dann aber mit aller Macht. Es gehört zu den Pflichten des Hausherren, sich als Schmusekissen zur Verfügung zu stellen. Wenn nicht auf, dann zumindest in unmittelbarer Nähe. Das führt zu kuriosen Situationen, wenn man abends vor dem Fernseher auf der Couch liegt und die Katzen auch Platz für sich beanspruchen. Anfangs geben sie sich mit dem zufrieden, was gerade an Platz vorhanden ist, aber wehe man steht auf um sich etwas aus dem Kühlschrank zu holen. Kehrt man an seinem Platz zurück, haben die Tiere ihn für sich in Anspruch genommen und für einen selbst bleiben nur wenige Zentimeter am Rand. Versuche den verlorenen Platz zurückzuerobern sind entweder schmerzhaft, oder werden mit Liebesentzug auf unbestimmte Dauer bestraft. Bevorzugter Weise wird man auf den Status eines Besuchers zurück gestuft. Das bedeutet, dass die Katze sich einen Sitzplatz sucht, von dem aus sie dich beobachten kann und folgt dir dann Stunden lang mit einem recht enervierenden Blick. Das kann extrem verstörend sein. Denn eines muss einem klar sein: Die Wohnung gehört der Katze – man selbst ist nur Gast und geduldet.

Nun wird sich der geneigte Leser vielleicht fragen, wieso man sich es antut mit einer oder gar mehreren Katzen zusammen zu wohnen. Ja, Katzen sind eigensinnig, egoistisch, launisch, anlehnungsbedürftig, verschmust, intelligent, neugierig, manchmal mit Pfeffer im Arsch und manchmal extrem faul. Kurz, Katzen sind wie ich. Wenn es das Sternzeichen Katze gäbe, wäre es meines und wenn ich mal wiedergeboren werden sollte, möchte ich Katze bei mir zu Hause werden.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 03.10.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /