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Gestresst und genervt verlasse ich das Haus. Die Tüte, die ich schon heute Nachmittag gedreht habe, dient jetzt als Rauschmittel. Quälende Gedanken gepaart mit Schuldgefühlen begleiten mich über den Gehweg. Ohne Ziel laufe ich zielstrebig den mir bekannten Weg. Das Gras enttäuscht mich nicht. Meine Schritte werden sichtlich langsamer. Vor meinen Augen taucht die Leuchtreklame meiner Stammkneipe auf. Als hätte ich es gewusst. Das Gras nimmt mir die Entscheidung ab ob ich hinein gehe. Ich habe Durst. Momente später sitze ich an „meinem“ kleinen Tisch in der Ecke und bestelle ein Bier. Kurze Zeit später bringt der Mann, mit dem mir bekannten Gesicht, mein Wunschgetränk. Nach dem ersten Schluck habe ich das Gefühl schon einen ganzen Liter getrunken zuhaben. Meine Gedanken gehen zu dem Streit mit meiner Freundin. Keine Ahnung ob es die Klobrille oder die Zahnpasta war! Es war jedenfalls wiedermal eine Kleinigkeit. Wie so häufig in der letzten Zeit. Mir fehlt zurzeit einfach die Kraft. Streiten ist Ballast. In den letzten Wochen habe ich häufig über eine Trennung nachgedacht, aber ich habe immer gehofft, dass alles besser wird. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Generell haben wir die Ziellinie schon längst überschritten. Verdammt!!! Es war doch mal so richtig schon. Wir sind jetzt über 2 Jahre zusammen. Wann hat sich das verändert und wie hätte ich die Veränderung verhindern können? Am Anfang war noch alles in meiner Hand. Vor 2 Jahre hatte ich die Wahl. Ich habe Manuela in der Disco kennengelernt. Eine Woche früher traf ich Anna in einem Cafe. Obwohl ich Anna schon näher gekommen war und sie mir sehr gefiel, habe ich mich dann doch für Ela entschieden. Es war einfach ein Impuls. Ohne besonderen Grund habe ich den Kontakt zu Anna abgebrochen. Sie hätte es bestimmt verstanden, hätte ich ihr von Ela erzählt. Was Anna jetzt wohl macht? Ob sie noch in diesem Cafe arbeitet? Was wäre wohl gewesen, hätte ich mich an dem Samstag, an dem ich Ela getroffen habe, mit Anna getroffen? Anna war mit einer Freundin verabredet. Was wäre gewesen…


TAG 1
An diesem Samstag betrete ich mit Herzrasen betrete das Cafe. Anna steht mit einem Kollegen an der Kasse und rechnet ihre Schicht ab. Als sie mich bemerkt, zeigt sie ihr wunderschönes Lächeln und winkt mir zu. Ein Platz an einem kleinen Tisch ist frei. Ich setzte mich und bestelle einen Kaffee. Augenblicke später bringt mir Anna den Kaffee und setzt sich zu mir. Meine Nervosität überspiele ich sehr kokett. Anna verzaubert mich mit jedem Satz. Sie spielt, während sie spricht, mit ihrem blonden Haaren. Unser Gespräch ist inhaltlich leer. Floskeln folgen Floskeln. Nach dem Kaffee der Wein und nach dem Wein der erste Kuss…


TAG 215
Die letzten Einräumarbeiten sind fertig und ich bin es auch. Heute ist Anna bei mir eingezogen. In den letzten Monaten sind wir uns sehr nahe gekommen und jetzt ist es offiziell. Wir haben seit unserer ersten Nacht nie wieder eine Nacht ohne den anderen verbracht. Also warum zwei Mieten zahlen? Meine Wohnung ist die größere. Nun stehen wir mit einer Zigarette in der Hand auf meinem, …
Nein! unserem Balkon. Die Sonne verabschiedet sich gerade von dieser großen Stadt. „Willst du noch ein Bier?“, fragt mich Anna. Öhhhhhhhh? Klar! Anna geht in die Küche und ich schaue in den dunkelwerdenden Himmel. Endlich haben wir die gemeinsame Wohnung, Jetzt kann alles nur noch besser werden…


TAG 553
Heute war ein harter Tag. Der Job kotzt mich an. Übertrieben laut schließe ich die Haustür. Anna steht im Abendkleid im Bad und fummelt an ihren Haaren herum. Verdammt, ich habe den Geburtstag ihres Chefs vergessen. Der kleine Zwischenstopp an der Kneipe war wohl unpassend. Shit! Ich bin schon gut dabei! Wie komme ich jetzt aus dieser Situation raus? Vermutlich gar nicht! Anna sieht mir ins Gesicht und ihr weicht die Farbe aus ihrem! Eine Wortsalve an Vorwürfen trifft mich und versucht mich zu verletzten. Hey! Ich mache meinen beschissen Job für unseren Alltag! Niemand interessiert sich ob mein Chef mir mal wieder den Arsch aufgerissen hat, obwohl ich wiedermal nichts dafür konnte. Anna hat sich sehr verändert…


TAG 857
Schon wieder so ein Scheißtag! Ich bin früher nach Hause gegangen. Kopfschmerzen waren meine Ausrede! Seit Tagen habe ich kein vernünftiges Wort mit Anna gewechselt. Vielleicht kann der heutige Tag Besserung beschaffen. Leise schließe ich die Haustür auf. Einen guten Wein habe ich gekauft. Das wird sehr romantisch. Im Wohnzimmer treffe ich nicht auf Anna. Sie wird doch nicht in der Küche sein? Die Küche ist leer! Ich gehe die Stufen hinauf! Vor dem Schlafzimmer weiß ich, dass ich nicht alleine in diesem Haus bin. Anna stöhnt. Alles klar! Sie macht es sich selbst und ich werde gleich dabei sein. Mein Blut verlässt mein Gesicht nachdem ich die Tür aufgestoßen haben und den Arsch meiner Freundin auf einem Typen reiten sehe…


Wieder HEUTE
Der Kellner bringt mir die Rechnung! Ich lege Geld auf den Tisch und verlasse die Kneipe! Wie viel habe ich getrunken? Das ist durch meinen Rausch nebensächlich geworden. Was war das für eine krasse Geschichte in meinem Kopf? ANNA! Wenn es so gelaufen wäre, dann bin ich ja froh, meine Freundin zu haben! Meine Gedanken kreisen kurz und ein Lächeln legt sich über mein Gesicht! Ich habe die beste Freundin. Mit ganz vielen guten Worten im Kopf gehen ich nach Hause…

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Tag der Veröffentlichung: 27.10.2010

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