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Dienstag
Der Regen prasselt gegen das Fenster. Dieses Zimmer stinkt. Ich auch. Die Dusche funktioniert nicht. Es gibt nur kaltes Wasser. Das will ich nicht. Der Fernseher läuft noch in schwarz-weiß. Das Radio auf Kurzwelle. Gedanken und Taten müssen betäubt werden! Diese verfickte Pension! Die Vorhänge in einem schönen Nikotingelb passen zu den Fliesen an den Wänden des Badezimmers. Kotz- und Urinflecken auf dem Teppich, bzw. es sollte mal einer gewesen sein. Ich nenne ihn Bodenbelag. Das Zimmer teile ich mir mit Insekten und Käfern, obwohl ich den Unterschied zwischen beiden nicht ausmachen kann. Es regnet seit meiner Ankunft. Ich war erst einmal vor der Tür um mir neues Bier zu besorgen. Die S-Bahn ist zu laut, die Autobahn ebenfalls und diese Stadt stinkt. Viel zu viele Menschen und Touristen (Terroristen?) laufen umher und begaffen alte Gebäude.
Ich wollte weg von ihr. Wollte meinen Schmerz vergessen machen. Wollte zu mir kommen, wollte mich finden. Wollte!!


Nun sitze ich hier mit meinem Schreibgerät (nicht einmal Wlan hat diese „Unterkunft“ hier) und denke über die letzten Tage und Wochen nach. Ich hätte wissen müssen, dass es so enden wird. Es war die ganze Zeit in mir. Niemals hätte ich mich darauf einlassen dürfen, aber die Gegenwart lässt keine Konjunktive für die Vergangenheit zu. Das nächste Bier ist schon wieder leer. Warum verkaufen die am Kiosk keine Literdosen? Meine Gedanken schweifen wieder zu ihr. Was ich wohl gerade mache lässt sie bestimmt kalt. Sie wird mich immer verfolgen. Definitiv. Dazu hab ich ihr Herz zu sehr berührt. Ich öffne eine neue Dose Bier. Pisse hätte ich auch von dem Stricher im Nebenzimmer günstiger oder vielleicht sogar umsonst haben können, aber ich weiß ja nicht wie voll er gestern war. Muss mich halt mit dem zufrieden geben was ich habe. Der Regen prasselt weiterhin gegen das Fenster. Wo ist der Sommer geblieben? War er überhaupt da? Ich kann mich nicht erinnern. Es ist alles so verschwommen. Tage fließen ineinander. Kippe an um nicht darüber nach zu denken! Das entspannt.
Was wäre passiert hätte ich mich einmal anders verhalten? Würde sie mich dann noch aus vollem Herzen lieben und wäre nicht gegangen? Ich muss von ihr los. Ich durchblättere meine Pornozeitschriften und versuche zu wichsen. Nichts! Entweder liegt es am Bier oder an ihr. Ich pack ihn wieder ein. Soll ich mir ne Nutte bestellen? Vielleicht später. Oder ich klopf mal bei der Alten unter mir an. Die ist doch bestimmt schon voll. Ein paar nette Worte, zwei, drei Drinks und schon läuft die Sache. Vielleicht hat sie ja was zu kiffen? Wäre auch nicht schlecht. Aber was mich wieder drauf bringt wäre natürlich viel sexgeiler. Wenn ich kiffen würde, dann will ich wahrscheinlich schlafen oder ich kotze ihr auf den Bodenbelag. Also hoffe ich auf Amphis. Aber jetzt geh ich noch nicht runter. Sie macht ja immer bis mindestens 3 Uhr früh und hört dabei immer so krasse Musik. Gesehen hab ich sie noch nicht, aber vögeln würde ich sie von der Musik alleine definitiv. Eine komische Mischung aus Oldie und Rockmusik. Passt ja in mein Genre. Wie der Musikgeschmack von ihr. Der war auch so ambivalent. Mal das, mal das. Ich leere mein Bier.
Soll ich doch nach unten gehen? Jetzt? Nee, noch mindestens 3 Zigaretten und ein Bier. Also ans Werk. Mit jedem Schluck schmeckt das Billigbier besser und stärkt mein Selbstbewusstsein. Ich geh gleich runter und mach die Alte klar. Ein weiterer Zug an der Kippe. Was ist denn wenn sie total abstoßend ist? Ich hab ja noch Schnaps! Das wird schon! 2 Kippe, das Bier ist halb leer. Ich will Musik und das Radio gibt nichts her. Also, keine 3. Kippe. Deo drauf, Haare ein wenig ordentlich gemacht und die Schlüssel, sowie die Tasche mit Getränke umgeschnallt. Tür zu.


Stufe für Stufe näher ich mich meinem Ziel. Mein Herz pocht. Alkoholmissbrauch oder Abbau? Oder bin ich einfach nur nervös vor dem was mich erwartet. Noch mindestens 50 Schritte. Sie ist bestimmt nicht alleine! 40 Schritte. Ich kann sie wegen der lauten Musik ansprechen! 23 Schritte. Oder ich geh einfach wieder hoch. Shit! Ich stehe vor der Tür und klopfe sofort. Sie macht die Tür auf und schaut mich an.


Sie sieht aus wie sie. Ich betrete ihr Zimmer. Wir trinken und reden. Sie ähnelt ihr so sehr, aber sie kann es nicht sein. Ich hab ihr Herz berührt, mit dem Messer und das weiß ich ganz genau!!

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Tag der Veröffentlichung: 23.09.2010

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