TV – Raped Von Dennis Bernert
Ich bin mit 3 Fernsehprogrammen groß geworden, die selbst mittags Sendepause gemacht haben. Viele von euch teilen mein Schicksal, aber für die jüngere Generation sollte dies kurz erwähnt werden, denn 30 Programme sind keine Selbstverständlichkeit. Aber auch 3 Programme haben meine Kindheit stark geprägt.
Meine frühsten Kindheitserinnerungen drehen sich um das Fernsehen. Vor meinem dritten Geburtstag sah ich, während meine Mutter arbeitete, die Sesamstraße. Das ist dann wohl das Liebste was ich gesehen habe. So mit 4 Jahren habe ich ständig geweint, wenn Lucky Luke am Ende jeder Folge alleine in den Sonnenuntergang ritt. Meine Mutter konnte mir nicht erklären, warum er nicht zu seiner Mutter ritt. Sie hat sich nicht mal die Mühe gemacht mir eine Lüge aufzutischen. Ein paar Monate später durfte ich mit meinen Eltern und Geschwistern zum ersten und schließlich auch zum letzten Mal Miss Marple sehen.
In dieser Folge wurde eine Frau beim Wäsche aufhängen mit einer Wäscheleine erwürgt. Ich habe bis heute meiner Mutter nicht gestanden, dass diese Szene der Auslöser war, warum ich meine Mutter ständig in den Garten begleitete, wenn sie Wäsche aufhing. Nie war ein böser Mann zu sehen. Die Gartenbegleitung wurde zwei Jahre später von einem schockierenden, traumaauslösenden Ereignis abgelöst. Samstags war bei uns Badetag. Die Reihenfolge wurde unter uns Kindern ausgelost. Samstags war aber auch Timm-Thaler-Tag. Ihr wisst noch, der doofe Tommi Ohrner, der sein Lachen an einen bösen Menschen verkauft hat. Naja, ich saß an diesem besagten Samstag in der Badewanne und meine Schwester kam rein und erzählte mir von irgendjemand, der von einer anderen Person entführt wurde. Der Entführer stand hinter der Tür als die entführte Person das Zimmer betrat. Ich habe diese Szene nie selbst gesehen, doch verfolgte mich diese Szene sehr lange. Und sobald ich ein leeres Zimmer betrat, schaute ich automatisch hinter die Tür. Das war keine schöne Angewohnheit. Ständig lebte ich in Angst entführt zu werden.
Erst später konnte ich darüber lachen, da meine Eltern überhaupt nichts zum erpressen hatten und zum Verkauf war ich auch ungeeignet. Es gab auch noch einen Moment der mich bis heute verfolgt. In den Achtzigern hatten die Videotheken bestimmt bessere Umsätze als heute. Wenn wir Kinder lieb waren und unsere Zimmer aufgeräumt waren, holte uns unser Vater ein Trickfilmvideo. Ich habe keine Ahnung mehr wie dieser Film heißt, aber das spielt ja auch keine Rolle mehr. Vielleicht google ich es ja irgendwann und setzte mich diesem Film nach über 20 Jahren aus und verarbeite mein Gesehenes. Zurück zum Film: Der Inhalt spielt keine große Rolle. Irgendein liebes außerirdisches Wesen kommt auf die Erde und wird gejagt. Es versteckt sich im Wald bei den Tieren und die Menschen stellen Fallen auf um es zu fangen. Irgendwann im Laufe des Films gerät ein kleiner Fuchs in eine Falle und stirbt. Der Außerirdische gibt sich die Schuld dafür. Wie ich heute sagen kann: Zu Recht! Aber der kleine Dennis fand sich in einem Tränenmeer wieder. Am nächsten Tag waren mein Cousin und meine Cousine zu Besuch.
Damit wir ruhig waren und sich die Erwachsenen ihren erwachsenen Themen und Kaffee zuwenden konnten, wurden wir vors Fernsehen gesetzt und ich musste mir diesen grausamen Film ein weiteres Mal ansehen. Kurz vor dieser tieftraurigen Szene begann ich meinen großen Bruder zu ärgern, aber er schlug nicht wie geplant nach mir. Ein Plan B musste her, so kletterte ich über das Sofa und lief mich kontrolliert fallen. Pünktlich zur Fallenszene brach ich vor Pseudoschmerzen in Tränen aus. Doch mein Vater hatte mein Schauspiel beobachtet und konfrontierte mich mit dem Tod des süßen Fuchses. Ich bestritt meine Trauer über den Tod des rotbraunen Tieres und war einen Tag lang böse auf meinen Papa. Auch heute noch mag ich Füchse…
Gegen Ende der Achtziger hat mich zum ersten Mal das Werbefernsehen erwischt. Ich war tief traurig und erschüttert als ich zum ersten Mal diese Hundbabies in ihren Pappkartonhäusern singen hörte: „Wir sind die Wauzies, haben keine Mama, haben keinen Papa, niemand hat uns liiiieeeebbbb!“ Und dann kamen die rettenden Kinder und riefen: „Oh arme Wauzies!“.
Es dauerte nicht lange bis ich auch ein Wauzie-Papa war. Die Papphundehütte war das erste was kaputt war. Was schließlich aus meinem Wauzie geworden ist, kann ich heute nicht mehr nachvollziehen. Höchstwahrscheinlich ist er entlaufen und klagt im Ausland sein Leid den anderen naiven Kindern. Ich hab ihn nicht mehr vermisst.
Ein weiteres schreckliches Ereignis hatte ich bei meiner Tante. Ich und meine Schwester durften das Wochenende bei ihr verbringen und abends durften wir natürlich länger wach bleiben. Im Gegensatz zu uns besaß meine Tante schon eine TV-Sat-Anlage und verfügte über unzähligen TV-Sendern. Beim durchzappen der vielen Programme hatte ich bestimmt meinen ersten Orgasmus ohne sexuelle Aktivität. Diese Aktivität sollte erst viel später mein Leben beherrschen. Anders mag ich dieses Glücksgefühl über die große Auswahl an TV-Müll nicht beschreiben. An diesem besagten Wochenende habe ich meinen ersten Thriller oder Horrorfilm gesehen. Er hieß und das hat sich in mein Gehirn eingebrannt: Das Haus der 1000 Augen. Hauptdarsteller war ein Mitglied der Baywatchtruppe der ersten Staffeln. Den Namen weiß ich nicht mehr.
Lange Rede, kurzer Sinn. Die besagte Szene findet in einer Duschkabine statt und es kam Blut aus dem Duschkopf. Selbstverständlich ließ sich die Kabine auch nicht mehr öffnen und die attraktive Frau ertrank im Blut. Die Badewanne war seit dem Zeitpunkt mein bester Freund für mehrere Wochen bis ich festgestellt habe, dass alle meine Familienmitglieder nicht starben wenn sie duschen waren. Mmmmhhhh?
Die Suggestion des Fernsehens hat sich bis zum heutigen Tag geändert. Horrorfilme sind zu Lachnummern geworden. Die Tagesschau ist auch nur noch ein „Aufzeigen der anderen Welt“. Aber sobald jemand stirbt und andere Menschen sich von dieser Person verabschiedet, weine ich immer noch wie ein kleiner Junge. So geschehen vor ein paar Tagen bei „Scrubs – Die Anfänger“. Das war der Auslöser über mein TV-Leben nachzudenken und aufzuschreiben. Aber so traurig darf diese Erzählung nicht enden, deshalb möchte ich euch noch eine Werbeidee von mir erzählen. Eigentlich ist es eine Patchwork-Reklame aus den Storck-Riesen und jeder beliebigen Bierwerbung.
Erinnert ihr euch noch an diese Werbung, in der ein junger Mann sich an seine Kindheit erinnert und im Tante Emma Laden steht und sich diese Schoko-Bonbons kauft und sofort eins rausnimmt und verspeist? Diese Werbung habe ich immer im Kopf, wenn ich ein paar Bier kaufe. Aber ich verzichte auf den Genuss des Bieres im Laden…
Danke fürs lesen!
Tag der Veröffentlichung: 13.04.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Den Kindern der 80ern!