Ich saß im Auto und sah zu, wie das Krankenhaus hinter uns verschwand. Ich hatte nach einem schweren Autounfall, bei dem meine Eltern und mein Bruder gestorben waren, ein halbes Jahr im Krankenhaus gelegen. Nun sollte ich zu meiner Tante Petra und ihrem Mann Martin auf einen Bauernhof ziehen. Wir waren gerade auf dem Weg zu dem Haus, indem ich den größten Teil meines 16jährigen Lebens verbracht hatte, um den Rest meiner Sachen zu holen, die Petra für mich hatte zusammenpacken müssen. Petra ließ mich in Ruhe meinen Gedanken nachhängen, sah mich aber immer wieder von der Seite an.
Endlich waren wir da und trugen meine Sachen ins Auto. Es gewitterte mitten am Nachmittag. Nicht ungewöhnlich für Mitte August. Es war die letzte Sommerferienwoche. Der Regen tropfte mir aus meinen roten Locken. Ich holte den letzten Koffer und schloss die Tür zum letzten Mal. Dann fuhr ich mit Petra zum Bauernhof im Nachbardorf. Es hatte aufgehört zu regnen. Martin begrüßte mich mit einem lauten „Wie geht`s, Annika? “. Ich half nicht mit, meine Sachen rein zutragen, was sowieso der Pferdepfleger und das Mädchen für alles übernehmen würden, sondern sattelte meine rotbraune Araberstute Miranda für einen weiten Ausritt. Das Gefühl der Freiheit genoss ich besonders nach all den Monaten im Krankenhaus. Am Kloster Altenberg machten wir eine lange Pause, und dann ging es im Galopp zurück nach Hause.
Als ich wieder auf den Hof kam, sah ich Sebastian und Torben an der Koppel stehen. Torben war mein bester Freund, und ich hatte ihn schon lange Zeit nicht mehr gesehen, deshalb freute ich mich ihn zu sehen. Auch seinen großen Bruder Sebastian mochte ich. Ich stieg ab und brachte Miranda auf die Koppel. Kaum hatte ich das Koppeltor wieder zu, wurde ich von hinten hochgehoben und rumgewirbelt. „Hi Anni! Schön dich wieder zuhaben. Wir wollten dir beim auspacken helfen.“ „Hallo ihr beiden. Wenn ihr mir wirklich helfen wollt, seit ihr hier Stunden beschäftigt.“ „Na und? Freunde machen sowas nun mal für einender. Du hast mir auch schon oft geholfen.“ Mischte sich jetzt auch Sebastian ein. „Stimmt. Dafür habt ihr auch schon oft genug hier ausgeholfen, wenn wir mal wieder zu wenige Leute hatten. Na gut, kommt mit.“ Gab ich schließlich doch nach. Es gab nichts, was ich mehr hasste als aufräumen. Als wir zusammen in den ersten Stock gingen, lief uns Petra über den Weg. „Na Annika, hast du die Beiden überreden können dir zu helfen? Viel Spaß!“
Es dauerte wirklich fast drei Stunden, bis wir alles ausgepackt hatten. Es war Abend geworden. „Wisst ihr was? Wir gehen jetzt zur Belohnung richtig feiern. Außerdem ist das mein erster Tag wieder zu Hause, was ebenfalls dafür spricht. Also, hat irgendjemand irgendwelche Einwände, die völlig ohne Grund sind?“ schlug ich vor. „Ok, wenn deine Tante nichts dagegen hat, warum nicht? Und Sebastian ist bestimmt so freundlich und fährt uns mit seinem Auto. Nicht war, großer Bruder?“ fragte Torben und stieß Sebastian auffordernd in die Rippen. „Na gut. Aber es wird sich nicht total besoffen, sonst macht ihr zwei mein Auto wieder sauber.“ Stimmte nun auch Sebastian zu. Er war schließlich schon 18 und hatte damit die Verantwortung für uns. Aber das hatte schon immer gut geklappt, wenn wir zusammen in der Disko waren. Entweder feierten wir zu dritt, oder Sebastian feierte lieber mit seinen Freunden und Torben und ich allein. Aber sein Auto hatten wir ihm noch nie voll gekotzt.
Petra meinte zwar, dass feiern jetzt vielleicht nicht das richtige war, ließ mich dann aber doch mit fahren. Sie wusste, dass Torben und Sebastian auf mich aufpassen würden.
In der Disko sah Sebastian ein paar seiner Freunde, die ihn zu sich winkten. „Ich bin gleich wieder da. Ich muss mal gucken, was die von mir wollen.“ Damit verschwand er. „Komm Anni, wir gehen was trinken.“ Schlug Torben vor. Er nannte mich meistens Anni, während Sebastians Spitzname für mich Nika war. Er bestellte für uns beide eine Cola, da ich wegen meiner neuen, noch nicht richtig eingestellten Asthma Medikamente noch keinen Alkohol trinken durfte. Danach tanzten wir. Irgendwann musste er aufs Klo, und ließ mich deshalb allein auf der Tanzfläche zurück. Mir machte das nichts aus, ich tanzte auch gerne allein. Plötzlich kam ein Typ auf mich zu. Er roch nach Bier und fasste mich an der Hand. Ich riss meine Hand wieder zurück. „Nicht so zickig, meine Kleine. Na, ich werde dich schon zähmen.“ Er versuchte mich zu küssen, und ich wehrte mich heftig. Plötzlich war Sebastian mit seinen Freunden da und zog mich mit den Worten „Sorry, aber Nika gehört zu uns“ von ihm weg.
Dann war auch Torben wieder da, und wir gingen nach draußen. Auf dem Weg zum Auto fing ich an zu heulen und konnte gar nicht mehr aufhören. Torben nahm mich auf den Arm und trug mich ins Auto. Als Sebastian mir mitfühlend die Schulter drückte, begann ich um mich zuschlagen und hätte Torben fast mit der Faust ins Gesicht getroffen. Ich tobte und schrie, als ob es um mein Leben ging. Zum Glück war die Straße menschenleer, sonst hätte ich mich auch noch zum Gespött der gesamten Stadt gemacht. Ich sah alles nur noch verschwommen, und konnte keine Gesichter mehr erkennen. Torben hielt mich weiter einfach nur fest, während Sebastian los rannte und den Wagen holte. Als der Wagen neben uns hielt, hatte ich mich wieder etwas beruhigt. Torben öffnete die hintere Tür und setzte mich vorsichtig auf den Sitz. Kurz darauf sahs er neben mir und schnallte mich an, da ich mich nicht bewegen konnte und nur noch teilnahmslos vor mich hin starrte. Sebastian sah mich immer wieder geschockt an, sagte aber nichts.
Nachdem Torben mich allein ins Haus gebracht hatte und mich schlafen gelegt hatte, kam er zurück zum Auto, indem Sebastian auf ihn wartete. „Was war denn mit Nika los? So habe ich sie ja noch nie gesehen. Woher wusstest du, was zu tun war? Ich hätte das nicht gewusst.“ Fragte Sebastian besorgt. „Eigentlich soll ich nicht darüber reden, aber ich denke, als ein guter Freund von Anni hast du das Recht zu erfahren, was mit ihr los war.“ Begann Torben seine Erklärung. „Vor etwa zwei Jahren waren wir allein im Kino. Anni wurde es langweilig, sie sagte, sie wolle draußen auf mich warten, da ich noch mal aufs Klo musste. Als ich raus kam, habe ich sie nicht gesehen, aber ich habe sie schreien gehört. Jemand versuchte sie zu vergewaltigen. Ich kam noch rechtzeitig, um das Schlimmste zu verhindern, aber sie hat immer noch Albträume. Der Typ heute, dass war er. Er ist an allem schuld. Ihr geht es gut, nur manchmal, wenn so etwas passiert, geht es ihr richtig schlecht. Ich weiß, dass du dich schon öfter gefragt hast, warum sie in den zwei Jahren, in denen du schon mit ihr befreundet bist, nie mit jemandem zusammen war. Nun, sieh erträgt es nicht, wenn jemand fremdes sie berührt. Sie tanzt schließlich auch nur mit mir oder dir. Deshalb flirtet sie auch nur sehr selten, und dann meistens mit jemand aus deinem Freundeskreis, den sie schon länger kennt. Morgen wird es ihr wieder gut gehen, sie wird ihre gute Laune nicht nur spielen.“ „Heute Nacht aber nicht, oder? Warum bist du nicht bei ihr geblieben? Petra hätte das doch bestimmt verstanden. Nika ging es doch auch besser, als du sie im Arm gehalten hast.“ „Petra weiß davon nichts. Aber du hast Recht, es beruhigt Anni, wenn sie bei mir ist und spürt, dass da noch jemand ist, der auf sie aufpasst.“ Mehr sagte Torben nicht zu diesem Thema und Sebastian hatte mal wieder was zum nachdenken.
Der nächste Tag war Sonntag, und so hätte ich eigentlich ausschlafen können, aber ich sattelte mir schon um sieben Uhr meine Miranda und fing an, mit ihr für ein Springturnier Anfang Oktober zu trainieren. Ich wusste, dass wir auf diesem Turnier keinen Erfolg haben würden, schließlich hatte ich seit über einem halben Jahr nicht mehr trainiert, aber für mich war dabei sein alles. Es klappte gut, Miranda wusste schon, was ich von ihr wollte, bevor ich ihr den Befehl gegeben hatte. Nach einer konzentrierten Trainingsstunde lenkte ich sie vom Platz in den Wald.
Langsam ritten wir zu unserem Lieblingsplatz im Wald, einer kleinen Lichtung mit wunderschönen Blumen und einem kleinen Bach. Ich stieg ab und ließ Miranda grasen. Ein Schmetterling flog um mich herum, es war, als forderte er mich auf mit ihm Fangen zu spielen. Meine roten Locken leuchteten in der Sonne. Ich folgte der Aufforderung und rannte mit dem Schmetterling über die Wiese. Ich lachte und schlug vor Freude Purzelbäume. Mir ging es gut, ich hatte die letzte Nacht schon wieder verarbeitet. Miranda sah mir zu, wie ich über die Wiese tobte. Plötzlich war der Schmetterling weg und ich merkte, dass es Zeit war nach Hause zu reiten, da sich Petra sonst Sorgen machen würde. Miranda war wieder ausgeruht, sie galoppierte freudig an, nachdem ich wieder im Sattel saß. Nass geschwitzt aber fröhlich kamen wir auf dem Hof an.
„Annika, da bist du ja endlich. Torben hat jetzt schon drei Mal angerufen, um dich zu sprechen. Du sollst ihn bitte zurück rufen. Warum ruft er dich eigentlich nicht auf dem Handy an?! Männer halt.“ Böse grummelnd ging Petra ins Haus zurück. Martin sah ihr leicht genervt hinterher. „Das hab ich gehört!!!“ Ruckartig drehte sie sich wieder um. „Das solltest du auch hören. Echt!“ Ich war solche Szenen gewöhnt, und sattelte in aller Ruhe Miranda ab. Als ich sie auf die Koppel gebracht hatte, kam Sebastians Auto auf den Hof gefahren. Noch während das Auto ausrollte, ging die Beifahrertür auf und Torben sprang heraus. Er rannte auf mich zu und nahm mich ganz fest in den Arm. Ich genoss die Umarmung und kuschelte mich in seine Arme. Lange standen wir so da, bis der Motor aufheulte und Sebastian mit quietschenden Reifen vom Hof fuhr. „Ups, der ist jetzt wohl beleidigt. Er wollte nur sichergehen, dass es dir wieder gut geht.“ Erklärte mir Torben. Wir gingen hoch in mein Zimmer. „Hast du ihm erzählt, warum ich gestern so ausgerastet bin?“ Fragte ich ihn leise. Torben zog den Kopf ein. „Ja, hab ich. Er war total durch den Wind, weil er dachte, du wärst wegen ihm so ausgerastet. Ich weiß, ich hätte es ihm nicht erzählen sollen, aber es ging ihm doch deswegen auch total schlecht.“ Mittlerweile saßen wir auf meinem Bett. Ich legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ist in Ordnung, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Wir hätten es ihm sowieso erzählen sollen.“ „Ja das hätten wir wohl. Ich glaube nämlich, dass er dich nicht nur als Freundin sieht. Ich denke, er ist in dich verknallt.“ Er lächelte mich an. Ich stöhnte. „Na toll, und was jetzt? Es ist gut, dass du ihm erzählt hast, warum ich schon so lange keinen Freund mehr hatte.“ Ich stockte. „Torben, weißt du, ich fühle mich bei ihm richtig wohl, und es kribbelt immer in meinem Bauch, wenn er mich anlächelt. Aber… meinst du Sebastian hat genug Geduld und Verständnis, um damit klar zu kommen, dass er – dass ich viel Zeit brauche? Das wird nicht einfach für ihn.“ Torben sah mich kopfschüttelnd an. „Und davon hast du mir die ganze Zeit nichts erzählt?! Mann, ich freue mich für dich. Aber du hast Recht, einfach wird das nicht für euch. Ich kenne dich doch. Mal kannst du von Umarmungen nicht genug bekommen, und manchmal darf dir keiner näher als zwei Meter kommen.“ „Außer dir. Dich kann ich näher an mich heran lassen, als jeden anderen. Selbst meine Tante kommt mir nicht so nah. Außerdem weißt du ganz genau, dass mich deine Berührung immer beruhigt.“ Damit beendeten wir das Gespräch und spielten lieber noch ein paar Runden Durak, unser liebstes Kartenspiel.
Am Abend fragte mich Petra, ob ich nicht die nächsten drei Nächte bei Torben verbringen wolle. Sie und Martin müssten geschäftlich weg, und Steffi, Torbens Mutter, würde mich gerne mal wieder richtig verwöhnen. Ich packte also meine Sachen und kam noch vor acht Uhr an.
Ich brauchte nicht klingeln, da Torben schon auf mich wartete. Er nahm mir meine Taschen ab und wir gingen als erstes hoch in sein Zimmer um meine Taschen abzustellen. Auf dem Flur im ersten Stock begegneten wir Sebastian. Er schaute mich an, wurde rot und ging dann ohne etwas zu sagen an mir vorbei. Torben war ihm im Weg, deshalb schubste er ihn aus dem Weg. Torben stolperte, er schlug mit dem Kopf gegen die Wand. „Sag mal spinnst du? Was soll das Ganze, du Idiot? Nur weil du verknallt bist, musst du mich nicht auf einmal wie Dreck behandeln!“ Sebastian stürzte auf ihn zu. Bedrohlich baute er sich vor Torben auf. „Ach ja? Und warum lügst du mich dann an? Du falsches Miststück, denkst du ich weiß nicht, dass du wohl mal mit ihr rumgeknutscht hast?“ Wütend schüttelte er Torben an den Schultern. Die ganze Zeit hatte ich wie erstarrt zu gesehen. So kannte ich weder Torben noch Sebastian. Aber plötzlich bekam ich vor lauter Angst um beide keine Luft mehr. Der Asthmaanfall schüttelte mich. Ich sank auf den Boden und würgte um mehr Luft zu bekommen. Aber es klappte nicht. Torben riss sich von Sebastian los, und wühlte in meiner Handtasche nach dem Asthmaspray. Er hielt es mir hin, und ich inhalierte, dankbar, dass er sich daran erinnert hatte, was im Ernstfall zu tun war. Sebastian schlüpfte in seine Schuhe und stürmte aus dem Haus. Torben half mir auf die Beine und wir gingen in sein Zimmer. „Geht es wieder?“ fragte Torben besorgt. „Ich glaube schon. Was war das denn? So kenne ich euch beide nicht.“ Erklärte ich verwirrt. Ich zitterte und wäre wieder auf dem Boden gelandet, wenn Torben mich nicht aufgefangen hätte. Tränen liefen mir über das Gesicht, ich war noch völlig benommen. Torben zog mich auf seinen Schoß und strich mir beruhigend über den Rücken. Dankbar vergrub ich mein Gesicht an seinem Hals und schluchzte haltlos los. Wir saßen eine Ewigkeit so da, bis es an der Tür klopfte. Torben hatte in weißer Voraussicht die Tür abgeschlossen. Er legte mich auf sein Bett, wo ich mich zusammenkauerte und vom weinen geschüttelt wurde, während er zur Tür ging, sie öffnete und in den Flur ging, ohne das Sebastian, der vor der Tür stand , mich sehen konnte. „Was willst du?“fragte er nicht gerade freundlich. Sebastian zögerte, doch dann sagte er: „Ich will mich bei dir entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich so ausgerastet bin. Aber es macht mich einfach fertig, wenn ich sehe, wie gut du dich mit ihr verstehst. Ich meine, …“ Er stockte und Torben redete für ihn weiter: „Ich weiß, was du meinst. Du bist einfach eifersüchtig auf mich, was ich übrigens auch verstehen kann. Ich bin einer der wenigen, die sie beruhigen können.“ „Kann ich – kann ich mit ihr reden? Ich möchte mich gerne auch bei Nika entschuldigen.“ „Ich weiß nicht, ob du sie so sehen willst. Aber gut, ich frag sie.“
Damit kam er wieder ins Zimmer und schaute mich an. „Ich glaube, es geht dir wieder besser. Möchtest du mit ihm reden? Er will sich entschuldigen.“ Ich rappelte mich mühsam auf und wischte mir notdürftig die Tränen ab. Langsam ging ich auf die Tür zu. Als ich sie endlich erreicht hatte, drehte ich mich noch mal zu Torben um. Er zeigte mir seinen erhobenen Daumen. Also holte ich tief Luft und ging in den Flur. Dort wartete ein sichtlich unsicherer Sebastian auf mich. Wir gingen schweigend in sein Zimmer. Ich setzte mich auf sein Bett, um mir anzuhören, was er mir zu sagen hat. „Nika, ich möchte mich entschuldigen. Dafür, dass ich Torben so weh getan habe, und dafür, dass du dich so erschreckt hast. Das ist vielleicht nicht der beste Moment um so etwas zu sagen, aber ich bin einfach nur eifersüchtig auf meinen Bruder gewesen. Denn – ich - ich hab mich in dich verliebt, ganz egal, was du für Probleme hast.“ Er stand immer noch am anderen Ende des Zimmers, so weit von mir entfernt. Mit leiser Stimme antwortete ich: „ Du weißt schon, dass es sehr schwierig wird? Dass ich es an manchen Tagen nicht ertragen kann auch nur an der Hand berührt zu werden? Aber bitte lass es uns probieren, denn ich habe mich auch in dich verliebt.“ „Nika, ich werde auf dich warten, egal wie lange.“ „Wirklich? Das kann lange dauern, und ich will dich nicht verletzen.“ „Ich weiß ja, warum du es nicht ertragen kannst, von einem Fremden berührt zu werden. Ich kann warten, wirklich. Es sei denn, du willst mich nicht.“ „Sag doch so etwas nicht. Bitte, ich hoffe doch so, dass du wirklich auf mich warten kannst.“ Langsam stand ich auf. Ganz ganz langsam machte ich ein paar Schritte in seine Richtung. Er sah mich ungläubig an, konnte nicht glauben, dass ich ganz offensichtlich in seiner Nähe sein wollte. Ein, zwei Schritte vor ihm blieb ich stehen, unsicher, ob ich wirklich noch näher gehen wollte. Er sagte nichts, sah mich nur aufmunternd an. Ich gab mir einen Ruck, stand plötzlich direkt vor ihm und schlang vorsichtig meine Arme um ihn. Er atmete hörbar aus, erleichtert, dass ich mich für ihn überwunden hatte. Er legte seine Arme um mich und zog mich noch näher an sich ran. Mein Gesicht lag an seinem Hals und ich lachte. Meiner Meinung nach hätten wir noch viel länger so stehen können, aber dann rief Steffi von unten nach Sebastian. Seufzend schob er mich von sich weg und ging mit mir in den Flur. Dort ging ich wieder in Torbens Zimmer und er ging runter um zu sehen, was seine Mutter von ihm wollte.
Torben saß an seinem Computer und schrieb einen Englischaufsatz, den er in den gesamten Sommerferien nicht hatte schreiben wollen. Dann musste er ihn eben am letzten Sonntagabend der Sommerferien schreiben. Da war er meiner Meinung nach selbst daran schuld. Als ich in sein Zimmer kam und leise die Tür schloss, drehte er sich zu mir um. „Und, was hat er gesagt? Du strahlst ja so. Lass mich raten.“ Verlangte er. Er kam auf mich zu, und schaute mir prüfend ins Gesicht. Dann meinte er: „Mmm, ich denke er hat dir gesagt, dass er dich liebt. Und nach deinem Strahlen zu urteilen, war dir das nicht unangenehm. Vielleicht hast du es sogar zugelassen, dass er dich umarmt. Dass kann ich ja ganz leicht überprüfen.“ Er beugte sich leicht vor um an mir zu riechen, wie er das schon so oft gemacht hatte. Er lachte und roch an meinem Hals. „Oh ja, ich kann ihn an dir riechen. Hast du ihn geküsst?“ Er zwinkerte mir zu. Ich tat empört: „Wo denkst du hin? Das ist jetzt aber wirklich nicht mein Stil, dass solltest du wissen. Also wirklich!“ Da konnte ich mich nicht mehr beherrschen, und fing an zu lachen, ich konnte gar nicht mehr damit aufhören. Sebastian stand plötzlich im Zimmer. „Was ist denn hier los? Nika geht es dir gut? Du weinst ja.“ Stellte er erschrocken fest. Das stimmte, mir liefen vor lauter lachen die Tränen über das Gesicht. „Nur, weil ich so lache.“ Beruhigte ich ihn. „Mama will dich sehen, Nika. Kommst du?“ Ich nickte, lief aber noch einmal zu Torben zurück und flüsterte ihm ins Ohr, dass ich ihm sehr dankbar sei. Sebastian sah mit einem Stirnrunzeln zu. Im Flur meinte er: „Was hast du ihm gesagt?“ „Häh, was meinst du?“ „Als du ihm eben etwas zu geflüstert hast. Ging es um mich?“ „Indirekt. Komm ich will deine Mutter nicht warten lassen. Nachher reden wir, OK?“
„Also, warum bist du so eifersüchtig auf deinen Bruder? Er ist doch gar nicht mit mir zusammen, sondern du.“ „Naja, aber du schläfst immer mit ihm in einem Bett, und ihr habt vor deinem Unfall mal auf ner Party rum geknutscht.“ „ Sebastian, wir waren beide betrunken. `Zwischen Torben und mir läuft nichts. Da war auch nie etwas.“ „ Aber trotzdem schläfst du in seinem Bett!“ „Naja, er schafft es am besten mich zu beruhigen, wenn ich wieder nachts einen Anfall habe. Und es macht ihm nichts aus, wenn ich ihn dann schlage. Verstehst du?“ „Ich versuch es. Trotzdem.“ Ich unterbrach die Unterhaltung, indem ich auf ihn zuging, und mich an ihn kuschelte. Er lachte leise. Seine Hand streichelte mich. Mir ging es gut. Von mir aus hätten wir eine Ewigkeit so verbringen können, aber dann kam Steffi und meinte, ich sollte langsam ins Bett gehen, schließlich hätte ich am nächsten Tag wieder Schule.
Nachdem ich mich fertig gemacht hatte, kam er nochmal in Torbens Zimmer um mir gute Nacht zu sagen. Ich lag nur in Unterwäsche im Bett, zugedeckt bis zum Hals. Er setzte sich auf den Bettrand und sah mich eine ganze Zeit lang einfach nur an. Dann beugte er sich zu mir runter und flüsterte mir ins Ohr, dass er mir eine gute Nacht wünscht. Als Torben, ebenfalls nur mit Unterwäsche, bekleidet, ins Zimmer kam, ging er, jedoch nicht ohne mich vorher nicht noch mal angelächelt zu haben. „Meine Güte, ist der verknallt.“ War Torbens Kommentar, während er Sebastian hinterher schaute, dann drehte er sich zu mir um und meinte mit einem lustigen Zwinkern: „Und du übrigens auch, Anni! Was habt ihr bloß alle genommen? Ich will das auch haben.“
Die Schule am nächsten Tag zog sich endlos in die Länge. Zum Glück war ich eine gute Schülerin, deshalb hatte ich, obwohl ich ein halbes Jahr gefehlt hatte, das Schuljahr nicht wiederholen müssen. Ich war mit Torben in einer Klasse. Dort zählte ich zu einer der beliebtesten Schülerinnen. Die drei Pausen verbrachte ich mit Karten spielen. Wir spielten alle möglichen Spiele durcheinander: Poker, Schwimmen, Durak und Doppelkopf. Ich hatte eine ziemliche Glückssträhne, und deshalb sagte Lukas, den ich übrigens im Verdacht hatte, in mich verliebt zu sein: „Tja, Glück im Spiel, Pech in der Liebe. Kannst es ja mal mit mir versuchen.“ Ich lächelte ihn freundlich an und meinte: „Du weißt doch gar nicht, ob ich Glück in der Liebe habe. Vielleicht habe ich ja sowohl in der Liebe als auch im Spiel Glück. Im Übrigen geht dich das überhaupt nichts an.“ Torben zeigte mir unauffällig den erhobenen Daumen. Lukas hatte uns beide schon öfter tierisch damit genervt, dass er sich andauernd in das Privatleben einmischen musste.
Nach der letzten Stunde warteten wir alle an der Bushaltestelle auf den Bus, der mal wieder viel zu spät war. Eigentlich konnten wir alle Roller fahren und hatten auch einen eigenen, aber es war immer noch am schönsten zusammen mit dem Bus zu fahren. Da klingelte Torbens Handy und er ging ein paar Schritte zur Seite, damit er den Anrufer besser verstehen konnte. Leider war es aber so laut, dass ich auch nicht verstand, was er redete. Schließlich kam er zurück und grinste mich an: „Anni, ich glaube, du wirst gleich abgeholt!“ „Wie meinst du das? Jetzt sag doch schon, du Vollpfosten!“ verlangte ich energisch. Doch er schüttelte nur den Kopf und meinte, dass das eine Überraschung für mich sei. Plötzlich bog ein Auto um die Ecke. Er zeigte darauf. Alles was ich noch sagen konnte, war: „ O MEIN GOTT!!!!“ Es war Sebastians Auto. Lukas schaute etwas irritiert zu uns rüber, als ich solche Freudentänze nur wegen eines Autos vollführte.
Sebastian hielt neben mir an und ich riss die Tür auf, weil ich es kaum erwarten konnte, ihn wieder zu sehen. Ich lachte, und umarmte ihn. Dann schnallte ich mich an und er fuhr los. Torben und Lukas sahen uns hinterher, Lukas verwirrt, Torben mit einem wissenden Grinsen. Lukas sah dieses Grinsen. Er wusste, dass Torben ahnte, wenn nicht sogar wusste, dass das Feuer der Eifersucht in ihm brannte. „Er ist ihr Bruder, oder? Sag mir, dass das ihr Bruder war!“ Er schrie und rüttelte Torben. Der löste ganz sanft Lukas Finger von seinem Hals und meinte trocken: „Es kann wohl schlecht Annis Bruder gewesen sein, wenn der bei dem schweren Autounfall vor einem halben Jahr gestorben ist, oder? Aber vielleicht glaubst du ja an Geister. Nur zu, such dir eine Erklärung, mit der du verstehst, dass Anni dich nie wollen wird. Mir ist es egal, wie unglaublich diese Erklärung ist. Auf Wiedersehen, da kommt mein Bus.“
Sebastian fuhr mit mir ins Forum, unser beliebtestes Einkaufszentrum. Dort aßen wir eine Pizza. „Sag mal, musst du nicht heute an deinem Ausbildungsplatz arbeiten?“fragte ich ihn verwundert. Natürlich gefiel es mir, dass er mich zu einer Pizza eingeladen hatte, aber ich kannte seinen Ausbilder. Wenn ein Azubi einmal zu spät oder gar nicht kam, kündigte er dem Azubi fristlos. Ich machte mir Sorgen, Sebastian sollte ja schließlich nicht wegen mir im dritten Ausbildungsjahr seinen Ausbildungsplatz verlieren. „Nein, ich hab heute früher Schluss bekommen. Überstundenausgleich, du weißt schon.“ Er lachte. Es wurde noch ein schöner Tag mit ihm.
So kam der Oktober. Sebastian und ich waren zusammen, es ging mir gut, doch ich hatte ihm immer noch nicht erlaubt mich zu küssen. Trotzdem drängte er mich nicht, was mir sehr gut tat. Er fuhr mich auch zu meinem ersten Springturnier seit fast einem drei vier Jahr. An diesem Sonntag war ich ziemlich aufgeregt, doch die Aufregung verschwandt sofort als wir ankamen. Ich holte meine Startnummer und musste Miranda schon fertig machen, da ich als zweite starten sollte. Beim warmreiten und auch beim Probesprung war Miranda sehr aufmerksam. Sie tat schon das, was ich wollte, ohne dass ich ihr gesagt hatte, was sie machen sollte. Dann wurde ich aufgerufen. Kaum war ich auf dem Platz, ging alles wie von selbst. Ich grüßte die Richter und ritt an. Ohne Probleme nahm Miranda das erste Hindernis. Alles lief glatt, bis wir zum letzten Hindernis kamen. Ich versuchte Miranda noch mehr anzutreiben, brachte sie damit aber aus dem Takt und sie sprang zu früh ab. Sie merkte, dass sie sich verschätzt hatte und riss mitten im Sprung die Beine noch höher. Eine Stange klapperte, doch ich hörte sie nicht fallen. Also ritt ich ruhig weiter bis zum Ziel.
Aufgeregt verfolgte ich die Ritte der restlichen Reiter. Aber keiner erreichte ebenfalls einen null Punkte Ritt, und dabei hatte ich zu den Außenseitern gehört. Noch bevor ich es richtig realisiert hatte wurde ich zur Siegerehrung gerufen. Stolz galoppierte Miranda die Ehrenrunde. Ich konnte es kaum fassen, ich hatte auf meinem ersten Turnier gewonnen!
Sebastian wartete am Hänger auf mich. Er war stolz, das sah ich ihm an. Schnell machte ich Miranda fertig, dann ging ich zu ihm und stellte mich direkt vor ihn. Ich sah ihm in die Augen. Als ich sicher war, dass es mir gut ging und ich ihn nicht von mir wegstoßen würde, küsste ich ihn. Erst reagierte er nicht, doch dann schnappte er nach Luft und erwiderte den Kuss vorsichtig. Doch ich wollte nicht vorsichtig geküsst werden. Ich schlang meine Arme um seine Schultern und öffnete die Lippen leicht. Das war genau die Ermunterung die er brauchte. Er stöhnte leise und strich mit seiner Zungenspitze über meine. Seine eine Hand lag an meiner Taille, die andere hatte er in meinem Haar vergraben. Ich hörte, wie er seufzte. Noch kein Junge hatte mich so leidenschaftlich, so stürmisch und doch so voller Liebe geküsst. Ich glaube, er war auch noch nie so geküsst worden.
Irgendwann hörte ich ein ziemlich lautes Räuspern, dass unbedingt bemerkt werden wollte. Erschrocken löste ich mich von Sebastian und drehte mich um. Dort stand ein frech grinsender Torben. „Eigentlich wollte ich dir ja zu deinem Sieg gratulieren, aber anscheinend kann ich dir jetzt auch noch zu etwas anderem gratulieren.“ Er zwinkerte mir zu. Ich lachte. „Mach dich locker, Torbi! Wieso bist du überhaupt hier? Ich dachte, du hast ein Fußballspiel!“ „Hab ich auch. Aber ich hab es für meine beste Freundin geschwänzt. Also, Anni, was bekomme ich dafür? Auch einen Kuss?“ Sebastian schaute etwas irritiert zwischen uns hin und her. Ich lachte: „Na klar. Bester Freund“ ich machte einen Kussmund und hauchte ihn in die Luft. „Der muss dir reichen. Alle richtigen Küsse bekommt nur mein Freund. Tja, Pech gehabt.“ Und dann drehte ich mich wieder zu Sebastian um und küsste ihn gleich noch einmal. Und dadurch konnte ich zumindest in dem Moment an nichts anderes mehr denken, als daran, wie wunderbar sich sein Mund auf meinem anfühlte.
An diesem Abend übernachtete ich mal wieder bei Torben und Sebastian. Steffi wusste natürlich, dass ich mit ihrem Sohn zusammen war, aber sie machte sich einen riesen Spaß daraus mich immer in Sebastians Beisein nach Lukas zu fragen. Er war schon richtig genervt deswegen. „Man Mama, das nervt total! Lass das endlich. Nika ist mit mir und mit niemanden sonst zusammen.“ Mit diesen Worten stand er auf und zog mich mit sich die Treppe hinauf in sein Zimmer.
Dort zog er mich an sich und drückte mich fest an sich. Ich legte meinen Kopf an seine Brust und lauschte dem schnellen, festen Schlag seines Herzens. Der Schlag war etwas schneller als sonst. „Was ist los?“ murmelte ich in seinen Pulli. Er drückte mich noch fester. „Es macht mich einfach fertig, mir von meiner eigenen Mutter anhören zu müssen, wie gut du doch zu Lukas, diesem elenden Schleimer, passen würdest, der zufällig schon ewig lange hinter dir her ist. Außerdem, was wenn du wirklich besser zu ihm passen würdest als zu mir?“ Er drehte seinen Kopf von mir weg. Ganz vorsichtig legte ich meine Hände um sein Gesicht und zog es zu mir, damit ich ihm in seine schönen braunen Augen sehen konnte. „He“ flüsterte ich. „Das ist die Meinung deiner Mutter, nicht meine. Lukas hätte niemals, auch nicht für mich, zwei lange Monate auf den ersten Kuss gewartet, wie du es für mich getan hast. Du bist so geduldig mit mir, dass ich schon ein schlechtes Gewissen deswegen habe, weil ich es dir doch so schwer mache. Ich liebe dich, und niemand kann da etwas daran ändern. Verstehst du mich?“ In seinen braunen Augen schimmerten Tränen. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn mit so viel Liebe, wie ich ihm nur geben konnte. Ich spürte, wie seine ganze aufgestaute Verzweiflung sich in Leidenschaft verwandelte. Sein Kuss tat mir so gut. Ich konnte spüren, wie sehr er mich liebte.
Als wir uns voneinander lösten, ging nicht nur mein Atem etwas schneller. Sebastian legte seine Stirn an meine und sah in meine grünen Augen. „Ich hab nur Angst, dass ich dich verliere, das ist alles. Ich liebe dich, Annika!“
Als Torben mich holen wollte, weil es Zeit zum schlafen war, lag ich mit Sebastian in seinem Bett. Er hielt mich im Arm und ich lag mit meinem Kopf auf seiner Brust. Meine Lippen waren von den vielen Küssen leicht angeschwollen. Torben klopfte und kam dann herein. „Anni, kommst du, es ist Zeit?“ Dann sah er uns und wurde rot. „Ups, ich wollte eigentlich nicht stören, aber Steffi will, dass wir ins Bett gehen.“ Seufzend stand ich auf, jedoch nicht ohne Sebastian noch ein letztes Mal zu küssen. Im Flur sah Torben mich von der Seite an. „Sag mal, bei was hab ich euch eigentlich gestört? Ihr habt doch nicht… oder?“ Er hielt mir seine Zimmertür auf und sah mich entschuldigend an. Ich trat in das Zimmer und schüttelte den Kopf. „Nein, haben wir nicht. Ich bin noch länger nicht soweit. Aber er würde mich nicht bedrängen, schließlich hat er zwei ganze Monate gewartet bis ich ihn geküsst habe.“ Noch während ich sprach, zog ich mir mein Sweatshirt über den Kopf und gab den Blick auf meinen flachen Bauch frei. Auch meine Hose zog ich vor Torben aus. So stand ich nur in Unterwäsche im Zimmer, als Sebastian herein kam.
Ich bückte mich gerade um mein T-Shirt und meine Boxershorts, die ich immer zum schlafen anzog, aufzuheben. Er räusperte sich. Erschreckt drehte ich mich um, meine Sachen in der Hand haltend. Wie ich hatte er nur Unterwäsche an. Torben ging sehr schnell aus dem Zimmer. Sebastian ließ seinen Blick über meinen Körper wandern. Schnell hielt ich mir meine Sachen vor den Körper. Ich verzog den Mund. „He, nicht gucken. Dafür bin ich viel zu hässlich.“ Verwundert sah er mich an. „Wer hat dir denn den Scheiß erzählt? Nika, du bist schön. Ob du es glaubst oder nicht, aber das ist so.“ Ich sah ihn nur an. Ich meine, ich sah ihn richtig an. Ließ meinen Blick über die gebräunte, muskulöse Brust zu seinem Bauch wandern. Er lachte. „Und gefalle ich dir?“ Ich nickte stolz. Er gehörte mir. Nur mir und niemandem anderen. Er ging auf mich zu. Kurz vor mir blieb er stehen. „Eigentlich wollte ich dir noch einen Gute Nacht Kuss geben, aber vielleicht willst du ja nicht. Ein Wort und ich lass dich in Ruhe.“ „Nachdem ich so lange darauf gewartet habe, bis ich bereit war? Nein, so schnell bekomme ich nicht genug von dir.“ Ich ließ meine Sachen fallen und war im Nuh bei ihm. Er zögerte nicht lange, sondern nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich wild. Ich presste mich an ihn und streichelte seinen Rücken. Ich wollte schon protestieren, als er seinen Mund von meinem löste, doch noch in derselben Sekunde begann er meinen Hals zu liebkosen. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und presste ihn an mich. Dabei spürte ich wie sehr er es genoss mich zu liebkosen. Ich grinste. Es war schön zu wissen, dass er mich wirklich schön fand. Er merkte, dass ich wusste, wie sehr er erregt war und ließ mich los. Ich sah ihn etwas verwundert an. „Was ist denn jetzt los? Ich dachte, du magst es mich zu küssen!“ Er schaute zu Boden. „Mir ist es aber peinlich, dass ich mich nicht besser beherrschen kann. Ich wollte nicht dass du das weißt, weil ich nicht wollte, dass du meinst irgendetwas zu tun, was du noch nicht willst.“ „Aber ich freue mich, dass du mich so gut findest. Ist doch ein Kompliment, dass ich dich nicht kalt lasse. Du mich übrigens auch nicht.“ Sebastian wollte gerade etwas erwidern, wurde aber von einem lauten Klopfen an der Tür unterbrochen. „He, seid ihr zwei bald mal fertig mit gute Nacht sagen? Ich will ins Bett!“
Sebastian drückte mir schnell einen Kuss auf die Stirn und verschwand. Torben kam herein und schaute mich kopfschüttelnd an. „Noch nicht einmal umgezogen hast du dich! Du bist ja sowas von verknallt, dass es fast schon peinlich ist.“ Er kniff mich in meine ohnehin knallroten Wangen. „Du musst dich grade beschweren, dass ich noch nicht umgezogen bin, du bist es ja selbst nicht!“ Ich sah ihn mit gespielt beleidigtem Gesichtsausdruck an. „Ok, ok. Du hast gewonnen, ich ziehe mich ja schon um.“ Er zog seinen Pulli aus. Er hatte genau wie Sebastian einen sehr muskulösen Oberkörper. So gut auszusehen gehörte eigentlich verboten, fand ich, sagte ihm meine Meinung über seinen Oberkörper nicht, da er, ebenfalls meiner Meinung nach, sonst ziemlich eingebildet reagieren würde. Er zog sich um, und ich mich endlich an. Dann legte er sich ins Bett und ich kroch zu ihm unter die Decke. In seinen Arm gekuschelt schlief ich ein.
Ein paar Zimmer weiter wälzte sich Sebastian unruhig in seinem Bett herum. Er konnte nicht einschlafen, da er immer wieder daran denken musste, dass ich mit seinem jüngeren Bruder in einem Bett unter einer Decke schlief. Der Gedanke, dass sein Bruder mich die ganze Nacht im Arm halten durfte, machte ihn fast wahnsinnig. Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und schlich sich in Torbens Zimmer. Er stand in der Tür und beobachtete Torben und mich. Als Torben wach wurde, sah er als erstes Sebastians gequälten Gesichtsausdruck. „Was ist denn mit dir los? Was machst du nachts um ein Uhr in meinem Zimmer? Hast du kein eigenes Zimmer?“ Sebastian sah ihn nur gequält an. Seufzend zog Torben seinen Arm unter meinem Körper hervor. Ich grummelte irgendwas unverständliches und schlug meine Augen auf. „Was ist denn los?“ Er beugte sich zu mir runter. „Nichts wichtiges Anni. Schlaf weiter!“ „Kommst du gleich wieder?“ „Ja, Anni. Ich versprech es dir. Schlaf jetzt.“ Folgsam machte ich die Augen wieder zu und rollte mich zusammen.
Torben folgte Sebastian in dessen Zimmer. „Also, was ist los? Spuk es aus, ich kann mir besseres vorstellen als um ein Uhr mit dir Rätselraten zu spielen. Zum Beispiel friedlich in meinem Bett liegen und schlafen.“ „Ja, schlaf ruhig mit meiner Freundin. Ist ja nicht so, als würde mir das irgendetwas ausmachen. Kannst du mir mal bitte verraten, was ich davon halten soll, dass wollte sie mir nämlich nicht verraten, “ bat Sebastian kläglich. „Du bist echt in Anni verknallt, oder? Kann ich dir nicht verübeln, sie ist ein echt schönes Mädchen. Da werden viele schwach. Ich kann dir aber versichern, dass zwischen uns nichts läuft. Wenn ich sie auf die gleiche Weise wie du begehren würde, wäre sie schon lange keine Jungfrau mehr. Ist sie aber. Beruhigt dich das? Immerhin wirst du der erste sein.“ „Darum geht es mir doch gar nicht. Ich will doch nur, dass sie glücklich ist.“ „Na so schwer kann das doch nicht sein, schließlich liebt sie dich. Das ist nicht nur gespielt. Lass ihr Zeit und sie erfüllt dir alle deine träume. Ich gehe jetzt wieder ins Bett. Gute Nacht.“ Damit verschwand er.
Am nächsten Morgen kam ich ausgeschlafen nach unten und sah zwei ziemlich verschlafene Jungs am Tisch herum hängen. „Was ist denn mit euch los?“ fragte ich etwas irritiert. „Och, nichts.“ „Weißt du, wir konnten nur heute Nacht nicht so gut schlafen.“ Antworteten beide gleichzeitig. „Hab ich rumgeschrien und euch wach gemacht?“ Die Zwei sahen sich an und schüttelten wie auf Kommando den Kopf. Langsam wurde ich sauer. „Was war dann?“ Wieder schwiegen die Zwei. „Also wisst ihr, wenn ihr nicht mit mir reden wollt, ist das euer Problem. Ich gehe!“ Damit knallte ich die Haustür hinter mir zu und startete mein Mofa.
Auf dem schnellsten Weg fuhr ich auf unseren Hof. Noch über den laufenden Motor hinweg hörte ich die stimmen von Petra und Martin. Die Beiden waren also auch wieder am streiten. Ich schnappte mir nur schnell meinen Sportbeutel, der für mich vor der Tür lag, und fuhr weiter zur Schule.
Dort stieß ich mit Phillip, dem großen Bruder von Lukas und zugleich Sebastians bester Freund, zusammen. Wir waren miteinander befreundet, allerdings war unsere Freundschaft nicht sehr eng. An diesem Morgen wollte ich jedoch ohne ein Wort an ihm vorbei in die Schule laufen „Hoppla, Annika! Wo willst du denn so schnell hin? Ohne mir guten Morgen zu wünschen. Hier geblieben!“ Doch ich lachte nur und wich ihm geschickt aus. Bei der anschließenden Verfolgungsjagd erwischte er mich lange Zeit nicht. Als er mich endlich erwischte, lief ihm der schweiß über das Gesicht, während ich noch sehr gut Luft bekam. Phillip hielt mich an seinen Körper gepresst, während er meine Arme, mit denen ich mich zu befreien versuchte, vor meinem Körper festhielt. Genau dann, als ich meine Befreiungsversuche einstellte und mich in seinem Griff zu ihm umdrehte, kam Sebastian mit Torben im Auto angefahren.
Torben sprang aus dem Auto und ging ohne ein weiteres Wort an mir vorbei in die Schule. Doch das bemerkte ich nicht richtig, da ich Sebastians Gesicht sah. Traurig und voller Schmerz sahen seine Augen mich an. Dann wandte er sich ab und fuhr mit quietschenden Reifen weg.
„Scheiße, der ist jetzt echt sauer! Sorry Annika, das wollte ich nicht.“ Phillip sah mich entschuldigend an. „Ich weiß. Ich finde schon eine Möglichkeit ihm alles zu erklären. Tschüss!“ Damit drehte ich mich um und lief hinter Torben in die Schule.
Etwas außer Atem kam ich in unserem Klassenzimmer an, doch von Torben war keine Spur zu enddecken. Dafür saß Lukas auf meinem Tisch und wollte ganz offensichtlich mit mir reden. „Lukas, würdest du mir bitte Platz machen? Ich bin momentan leider nicht in der Stimmung deinem Geschwätz Beachtung zu schenken.“ Er tat beleidigt. „Aber Annika! Ich hab da aber mal eine Frage, aber ich weiß nicht, vielleicht geht es mich ja auch nichts an…“ „Dann halt einfach mal deine Klappe! Du hast doch gehört das sie dir nicht zu hören will, also hau einfach ab.“
Es war Torben, der mir half. Lukas verzog sich ohne Kommentar. „Danke.“ War das einzige, dass ich sagen konnte.
In unserer Mittagspause gingen wir weit weg von den anderen, insbesondere von Lukas. „Ich hab ihm eine SMS geschrieben, aber er antwortet einfach nicht. Und jetzt, was soll ich jetzt machen?“ Torben zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Aber Anni, Du kannst nur abwarten bis er sich wieder beruhigt hat.“ „Und was wenn nicht?“ „Er wird sich schon wieder beruhigen, schlie0lich hat er mich heute Nacht um eins geweckt und wollte wissen, was zwischen uns ist. Anni, mein Bruder liebt dich.“
An diesem Tag ging es mir richtig schlecht, aber Torben passte auf, dass es mir nicht zu schlecht ging. Doch am Abend bekam ich eine SMS von Sebastian. „Ich brauch Abstand“.
Was dann geschah, weiß ich nicht mehr. Doch am nächsten Morgen lag ich in meinem Bett und hatte mehrere Pflaster an meinen Armen und meine Sachen die auf dem Boden lagen, waren blutverschmiert. Torben lag neben mir und beobachtete mich besorgt. „Was hab ich gemacht?“ Meine Stimme klang schrill. „Du bist völlig ausgetickt, hast dich geschnitten und deinen Kopf immer wieder gegen die Wand gehauen. Ich hab dir Schlaftabletten gegeben.“ „O Gott!“ Ich schaute ungläubig auf meine Arme. „Ich war das? Mein Gott, was hab ich mir dabei gedacht? Ich muss wahnsinnig sein. Kein Wunder, dass er nichts mehr von mir wissen will. Ich wollte auch nicht mit einer Verrückten zusammen sein.“ Ich bekam einen hysterischen Lachkrampf.
Torben nahm mich einfach nur in den Arm. „Sag mal Anni, nimmst du deine Tabletten eigentlich noch?“ Ich senkte den Kopf. „Nein, ich hab sie seit ein paar Tagen heimlich abgesetzt. Sorry, ich dachte, ich hätte mich besser unter Kontrolle.“ „Nimm sie wieder. Bitte.“ „Ich kann nicht. Sie machen mir noch schlechtere Träume. Torben, ich hatte ja sogar Angst die Augen zu zumachen, weil ich dann wieder Sachen gesehen habe, die ich nicht sehen wollte. Nein, du kannst sagen was du willst, ich werde diese Tabletten nicht mehr nehmen.“ „Na gut, dich kann jetzt sowieso nichts umstimmen. Aber glaub ja nicht dass ich schon aufgegeben habe.“
Da klingelte auf einmal mein Handy. „Hi, Phillip! Was willst du?” “Na das ist ja eine wirklich nette Begrüßung. Ich wollte dir nur sagen, dass ich gerade mit Sebastian geredet habe.“ „Du hast was gemacht? Wieso?“ „Himmelherrgott noch mal! Kannst du nicht etwas leiser schreien? Ich brauche sonst bald ein Hörgerät. Außerdem hab ich dir die ganze Sache doch eingebrockt, also löffele ich sie auch für dich aus. Naja, Fakt ist, er liebt dich. Sehr sogar. Er kommt gleich bei dir vorbei, also mach was daraus.“ Schwupps, und weg war er.
„Sebastian kommt. Um mit mir zu reden.“ „War er das?“ „Nein, dass war Phillip. Er wollte mir sagen, dass er sich Mühe gegeben hat, das von seiner Seite aus zu klären, weil er mir das ganze ja eingebrockt hat.“
Ich lief schnell zu der Tür, doch Torben trat mir kopfschüttelnd in den Weg. „Meinst du, es ist eine gute Idee, nur in blutverschmierter Unterwäsche nach draußen zu meinem Bruder zu rennen? Zieh dir lieber etwas an. Ist nur so ein Tipp.“ „Hilfst du mir?“
Er trat an meinen Schrank und zog zielsicher einen langen Pulli und eine schwarze Hose. „Wieso ausgerechnet diesen Pulli? Ich mag ihn nicht!“ „Aber er steht dir und Sebastian kann nie die Augen von dir lassen, wenn du diesen Pulli anhast, und das ist ja wohl genau das, was du erreichen willst. Außerdem geht er bis zu deinen Handgelenken.“
Ich war gerade fertig, als es an der Tür klingelte und Petra nach mir rief. „Torben, ich kann das nicht. O Gott, ich kann das nicht!“ Tränen traten mir in die Augen. Torben nahm mich in den Arm und wischte vorsichtig meine Tränen weg. „Doch, du kannst das. Wo ist die Anni, die immer für ihre Ziele gekämpft hat? Du schaffst das, und deshalb gehst du jetzt da runter und redest mit dem Jungen, nach dem du verrückt bist.“ Er gab mir einen Schubs in Richtung Tür und sah mich auffordernd an. „Na los!“
Als ich die Treppe runter kam, stand Sebastian verlegen im Wohnzimmer. Schweigend blieb ich auf der letzten Treppenstufe stehen und sah ihn einfach nur an. Ich hatte ihn so vermisst. Er räusperte sich. „Wollen wir ein Stück gehen?“ Er wusste wie sehr ich die Neugier meiner Tante hasste, die auch jetzt noch im Raum stand und uns beobachtete.
Ich nickte, kam ins Wohnzimmer und schnappte mir eine warme Weste. Schließlich war es schon Ende Oktober und draußen ziemlich ungemütlich. „Warte, ich helfe dir.“ Vorsichtig half er mir in die Weste.
Immer noch schweigend liefen wir durch leichten Nieselregen zur Koppel. Ich setzte mich auf den obersten Balken und sah ihn auffordernd an. „Es tut mir leid. Aber ich bin nun mal ziemlich eifersüchtig. In der Nacht bin ich in sein Zimmer gekommen um dir beim schlafen zu zusehen. Und du wolltest nicht, dass er weg geht… Und dann hab ich gesehen wie Phillip dich im Arm gehalten hat. Da ist einfach meine Sicherung durch gebrannt. Kannst du mir noch eine Chance geben?“ „Du hast mich ziemlich verletzt. Ich gebe dir eine Chance, aber nur wenn du mir versprichst deine Eifersucht besser im Griff zuhaben.“ Statt einer Antwort schlang er die Arme um mich und küsste mich.
Der Kuss schmeckte süß und raubte mir den Atem, obwohl er nichts von mir forderte, sondern nur schenkte
Wir waren so glücklich miteinander, dass ich wie auf Wolken schwebte. Ich schrieb gute Noten in der Schule, meine Arme waren mittlerweile verheilt, Petra und Helmut zogen mich nicht mehr in ihre Streitereien hinein, und das wichtigste war, dass ich ihn wieder hatte.
Es war Dezember, als die ersten Schneeflocken fielen, nachdem Torben und ich die Pferde auf eine andere Koppel getrieben hatten. Ich legte den Kopf in den Nacken und fing eine Schneeflocke mit der Zunge auf. Dann fasste ich Torben an beiden Händen und wir wirbelten durch das immer dichter werdende Schneegestöber.
Irgendwann stolperte er über seine eigenen Füße und ich nutzte es gnadenlos aus, dass er auf dem Boden lag, und steckte eine Handvoll Schnee in seine Jacke. Vor Schreck schrie er auf und sprang schnell auf die Füße um mich zu fangen. Aber ich rannte lachend vor ihm her in den Hof. Ich drehte mich so, dass ich ihn beim Rennen ansehen konnte. Dann schlug ich immer wenn er gerade näher gekommen war einen schnellen Hacken und brachte mich damit wieder aus seiner Reichweite.
„Verdammt Anni! Wieso bist du bloß immer schneller als ich?“ Ich brach ihn schallendes Gelächter aus. „Das war schon immer so, schließlich trainiere ich meine Beinmuskeln regelmäßig beim Reiten.“ „Das kann es nicht sein, schließlich reite ich auch einigermaßen gut Turniere.“ „OK, dann bin ich einfach talentierter als du.“ „Eingebildet bist du ja auch gar nicht! Jetzt bleib doch endlich mal stehen, sonst breche ich noch vor Anstrengung zusammen und du bist dann daran schuld.“ Leichtfüßig tänzelte ich knapp außerhalb seiner Reichweite hin und her. „Gib doch einfach auf, dann bleib ich vielleicht, aber nur vielleicht, stehen.“
Wir wurden unterbrochen, als plötzlich Sebastians Auto in den Hof fuhr. Als er ausstieg um mich zu begrüßen, rannte ich in seinen Rücken und benutzte ihn als Schutzschild.
„Sebastian, lass mich vorbei, deine Freundin verdient eine Abreibung.“ Doch Sebastian lachte nur. „Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt, du schlimmes Mädchen?“ „Garnichts. Torben ärgert sich nur, dass er mich nicht fangen kann, weil ich viel schneller bin. Und das fuchst ihn nun mal.“ „Du hast gar nichts gemacht? Schnee in der Jacke ist also gar nichts.“ Warf Torben beleidigt ein. Doch Sebastian beachtete ihn nicht und zog mich in seine Arme. „Du kleiner Schelm, du hast mich noch nicht mal begrüßt, so warst du mit meinem Bruder beschäftigt.“
Wir sahen uns tief in die Augen und er beugte sich ganz langsam zu mir runter. Erst berührten seine Lippen meine Nasenspitze, dann wanderten sie weiter über meine Schläfen zu meinem Mund.
Plötzlich schrie ich auf. Torben hatte die Gelegenheit genutzt um mir Schnee in die Jacke zu stecken. Als Sebastian begriff, was sein kleiner Bruder gemacht hatte, ließ er mich los und warf Torben mit dem Gesicht zuerst in den mittlerweile schon ziemlich hoch liegenden Schnee. „Das war nur weil du meine Freundin geärgert hast. Komm, ich helfe dir hoch.“ Torben ergriff Sebastians Hand und meinte: „Du hast schon immer einen Grund gefunden, warum du mich in den Schnee schubsen musstest. Aber Anni war noch nie der Grund.“ „Tja, ich mag es einfach dich in den Schnee zu schubsen. Und jetzt küsse ich meine Freundin weiter, und du lässt sie diesmal in Ruhe.“ Er drohte seinem Bruder mit erhobenem Zeigefinger.
Seine Lippen waren eiskalt vom Schnee und trotzdem wärmte mich der Kuss bis ins tiefste Innere.
Diesmal bekam Sebastian den Schnee in die Jacke gesteckt. Daraufhin lieferten wir uns eine hitzige Schneeballschlacht bis es dunkel wurde.
Torben übernachtete mal wieder bei mir, Sebastian aber nicht. Nachdem er sich verabschiedet hatte, gingen wir hoch in mein Wohnzimmer, wo ein kleines Feuer in meinem Kamin brannte.
„Annika, ich muss mit dir reden.“ „Das muss was ernstes sein, sonst würdest du mich nicht Annika nennen.“ Ich setzte mich auf mein Sofa. „Also, schieß los!“ „Ich hab ein ziemlich großes Problem. Ich… ich hab mich verknallt.“ Ich sah ihn etwas verwirrt an. „Ja, und wo liegt das Problem?“ „Ich weiß nicht, ob er auch schwul ist. Ich glaube es eigentlich nicht.“ „Musst du immer alles so verdammt geheimnisvoll sagen? Wer ist denn der glückliche?“ Torben wurde rot und betrachtete seine Finger eingehend. Ich wusste, was jetzt kommen würde war ihm so peinlich, dass er sich nicht dazu überwinden konnte, mir dabei ins Gesicht zu sehen. „Es ist Phillip.“ „Moment mal, der große Bruder von Lukas? Ich meine, der, der Sebastians bester Freund ist?“ „Ja, genau der.“ „Der ist hundert prozentig schwul.“ Torben riss seinen Kopf ruckartig hoch. „Was sagst du da?“ „du hast mich schon richtig verstanden. Der ist schwul, er hat mich gefragt, ob ich ihm bei seinem Coming-Out helfen kann.“ „und wieso hast du mir das bis jetzt nicht erzählt?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich hatte es versprochen, und außerdem hab ich dein Geheimnis ja auch nicht verraten.“ Jetzt lächelte er mich schief an. „OK, OK. Du hast Recht, ich will ja auch nicht, dass du jedem erzählst, dass ich schwul bin.“ Er seufzte tief. „Hast du deiner Familie immer noch nicht erzählt, wieso du keine Freundin hast?“
Tag der Veröffentlichung: 09.01.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Eigentlich für ein Mädchen geschrieben, dass mal meine Freundin war, da sie aber nicht ihre Finger von meinem Freund lassen kann, ist dieses Buch nun ganz allein für mich und meine Familie. Danke fürs lesen.