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Die Begegnung




Ich stand da mit Bonnie und starrte auf den dunklen Rücken, des Jungen vor uns im Büro der Sekretärin unserer Schule. Seine Haare waren schwarz und er nur etwas größer als ich selbst.
„Schau mal da, wer ist denn der scharfe Typ?“, flüsterte Bonnie. Ich lachte auf und meinte: „Das ist doch nur ein Rücken.“
„Ein scharfer Rücken“, beharrte Bonnie. Ich musste Grinsen. Doch meine Fröhlichkeit schwand sofort, als ich meinen Bruder Jeremy schwankend im Jungsklo verschwinden sah.
„Ich bin gleich wieder da“, nuschelte ich Bonnie zu, während ich Jeremy folgte. Dieser starrte mich desinteressiert an, als ich unbefangen hereinplatzte. Ich schnappte mir sein Gesicht und sah ihm tief in die Augen. „Na toll, der erste Schultag und du bist schon zu. Wo sind sie?!“ Stürmisch untersuchte ich seinen Körper nach den Drogen. Er währte meinen Angriff ab und diskutierte mit mir. Nachdem ich ihn nicht davon überzeugen konnte, dass es auch ohne die Drogen ging und er aus der Toilette hinausstürmte, folgte ich ihm missmutig.
Als ich gerade aus der Tür heraustrat, stieß ich mit einem dunklen Schatten zusammen. Entschuldigend sah ich hoch und blickte in wunderschöne blaue Augen. Sie gehörten zu einem umwerfenden Gesicht mit feinen Zügen, einem verführerischen schiefen Grinsen und dunklen Haaren.
„‘tschuldigung“, murmelte der Junge vor mir.
„Nein, das war meine Schuld. Ich habe nicht aufgepasst“, stammelte ich unbeholfen. Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde breiter.
Ich wollte an ihm vorbeigehen, aber irgendwie wollten wir beide immer in dieselbe Richtung, wodurch wir uns gegenseitig den Weg verstellten. Schließlich blieb er stehen, machte den Weg frei und hielt mir ganz Gentleman die Hand hin. Dankend nickte ich und ging weg. Doch an einer Ecke blieb ich stehen und sah zurück.
Da stand er immer noch. In seiner schwarzen Lederjacke und mit dem Rücken an den Schließfächern gelehnt. Sein Blick lag auf mir.
„Uhhh, du wirst beobachtet!“ Bonnies Stimme drang an mein Ohr. Blitzschnell fuhr ich herum und starrte in ihre dunklen Augen. Ihr strahlend weißes Grinsen brachte mich zurück in die Realität.
„Gar nicht wahr“, währte ich ab. Doch sie schüttelte stur den Kopf und deutete unauffällig zu ihm hin. „Er beobachtet dich.“ Ich gab darauf keine Antwort.
Als und zwei Mitschüler anrempelten und uns anschnauzten, wir sollten nicht mitten im Gang stehen bleiben, zog Bonnie mich mit zu ihrem Schließfach – näher an ihn heran.
Unentwegt schielte ich zu ihm herüber, während er weniger unauffällig mich musterte. Während Bonnie ihre Bücher aus dem Schrank kramte, kam Caroline auf und zugerannt. „Elena! Da bist du ja endlich wieder! Wie geht es dir?“ Sie umarmte mich und wandte sich dann an Bonnie: „Geht es ihr gut?“
Ehe Bonnie etwas darauf erwidern konnte, warf ich ein: „Caroline, ich bin hier!“ Sie drehte sich mir zu. „Und es geht mir gut.“
Noch einmal drückte sie mich, ehe sie auf ihren klappernden Stöckelschuhen davon eilte. Bonnie unterdrückte ein Lachen, woraufhin ich murmelte: „Kein Wort!“

Als wir im Geschichtsunterricht alle von Mr Tuner aufgezogen, blamiert und angeschrien wurden, sah ich kurz zurück. Etwas entfernt saß der Neue. Als sich unsere Blicke begegneten, errötete ich, was ihm ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Seine blauen Augen schienen zu funkeln.
„Miss Gilbert, hätten sie die Ehre, mir meine Frage zu beantworten?“ Von meinem Lehrer aus meinen Gedanken gerissen, starrte ich erschrocken nach vorne an die Tafel. Entschuldigend blickte ich zu ihm auf. „Tut mir leid, ich weiß es nicht.“
Gefährlich kam Mr Tuner auf mich zu, sein Blick erbost. „Miss Gilbert, die letzten Monate war ich mit ihnen nachsichtig wegen ihrem Verlust. Doch diese Ausrede kann ich jetzt nicht mehr gelten lassen, haben sie mich verstanden?“
Schwer schluckend nickte ich, als die Antwort plötzlich hinter mir erklang. Gereizt sah Mr Tuner zu dem Neuen. „Danke, Miss Gilbert

.“ Der Neue nickte desinteressiert, was Mr Tuner nur weiter provozierte.
Er ging an mir vorbei und blieb vor dem Tisch des Jungen stehen. „Mr Salvator, sie sind neu hier, nicht?“ Der Angesprochene nickte.
„Nun, sind sie verwandt mit den ursprünglichen Salvators von MysticFalls?“
„Entfernt“, antwortete er. Mr Tuner nickte ernst, ehe er sich wieder umdrehte und vorne seinen Unterricht fortfuhr.

In der Mittagspause ging ich mit Caroline und Bonnie in die Mensa und lauschte Carolines Nachforschungen über den mysteriösen Neuling.
„Er heißt Damon Salvator. Er wohnt bei seinem Onkel Zac im alten Salvatoranwesen. Seine Eltern sind schon früh gestorben und er reist gerne. Und seine Lieblingsfarbe ist rot.“ Ich wollte mir ihr Geschwafel nicht länger anhören, also setzte ich mich an einen der Tische und begann, mein Essen auszupacken.
Als vor mir plötzlich der Stuhl beiseitegeschoben wurde, blickte ich überrascht auf. Meine Augen weiteten sich noch mehr, als ich Damon Salvator erkannte. Ohne zu fragen, setzte er sich und starrte mich an.
Ich schluckte, bevor ich etwas sagte. „Ähm, wolltest du nicht fragen, ob der Platz überhaupt frei ist?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein. Hier sitzt niemand, also ist der Stuhl frei.“ Über seine Frechheit stutzte ich.
Nachdem er mich weiterhin anstarrte, wurde mir unwohl. „Was ist? Habe ich einen Brotkrümel am Kinn, oder warum guckst du so?“
„Du bist Elena, stimmt’s?“
„Woher kennst du meinen Namen?“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Man hört einiges.“ Ich kniff meine Augen zusammen. Dann zuckte ich mit den Schultern. „Naja, wir sind eine kleine Stadt.“
Einige Zeit sagten wir nichts, bis Caroline sich an unseren Tisch setzte und sofort anfing, von ihren sozialen Aktivitäten zu schwärmen. Doch Damon schien das überhaupt nicht zu interessieren.
„Sag mal, Damon, gehst du auch zur Feier am Wasserfall? Dort feiern wir den Schulbeginn und ich könnte dir so einiges zeigen“, schnurrte Caroline. Bonnie unterdrückte ein amüsiertes Lachen und auch ich musste grinsen.
Spöttisch hob Damon eine Augenbraue. „Caroline, richtig?“ Freudig nickte sie.
Damon holte tief Luft. „Nun, Caroline, es wundert mich ehrlich, dass du noch gesund und munter unter uns weilst, denn dein durchgängiges Gelaber ist nicht auszuhalten.“ Das war ein Schlag unter die Gürtellinie. Caroline stutzte, ehe sie rasch aufstand, sich ihre Tasche schnappte und davon stolzierte.
Bonnie und mir blieb der Mund offen stehen. Hatte er das gerade wirklich gesagt?
Meine beste Freundin warf mir einen vielsagenden Blick zu. „Ich schau nach ihr“, versprach sie und stand auf, ließ dabei Damon ihren vernichtenden Blick durchaus spüren.
„Warum hast du das gesagt?“ Er zuckte mit den Schultern. „Weils wahr ist.“
„Ja, aber das kann man auch netter ausdrücken.“ Wieder zuckte er mit den Schultern und sah mir tief in die Augen.
Sein Desinteresse an den Gefühlen anderer machte ihn mir gleich unsympathischer, woraufhin ich ebenfalls meine Tasche in die Hand nahm und eigentlich aufstehen wollte.
Doch als ich gerade den Stuhl zurück schob, legte er seine Hand um mein Handgelenk und hielt mich zurück. Seine Augen waren plötzlich ganz groß. „Wo willst du hin?“
„Naja, du hast meiner Freundin gerade weh getan. Dreimal darfst du raten, wo ich hin will.“ Seine Lippen verzogen sich zu einem dünnen Strich und seine Augen schlossen sich kurz. „Tut mir leid.“
„Das musst du nicht mir sagen, sondern Caroline.“
„Aber sie ist doch wirklich nervig!“, verteidigte er sich. Ich seufzte gedehnt und betrachtete ihn mit gehobenen Brauen. Nach einem kurzen Moment sackten seine Schultern herab und er gab sich mit einem leisen grummeln geschlagen. „Na gut, ich werde mich bei ihr entschuldigen.“ Damit war die Sache für mich geklärt und ich stand auf.
Doch als ich zwei Schritte gemacht hatte, hielt er mich wieder fest. Ich drehte mich zu ihm um und mein Gesicht war nur Zentimeter von seinem entfernt. Ich sah in seine Augen. Sie waren so blau …
„Gehst du heute Abend auf diese Feier am Wasserfall?“, fragte er ganz leise. Ich schüttelte den Kopf.
„Würdest du denn mit mir hingehen, wenn ich dich fragen würde?“, flüsterte er.
„Nein, es ist mir in letzter Zeit nicht wirklich nach feiern. Ich bleibe lieber zu Hause und lese ein gutes Buch.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach komm schon. Eine kleine Party ist doch viel besser, als so ein ödes Buch.“ Ich verkniff mich ein Lächeln. „Ansicht des Betrachters“, konterte ich.
„Bitte, ich kenne hier niemanden und du willst doch, dass ich mich bei deiner kleinen Freundin entschuldige. Also, komm mit. Bitte.“ Ich überlegte kurz. Doch nach einem langen Blick in diese Augen war meine Entscheidung gefallen. „Na gut.“
Er grinste siegessicher. „Ich hole dich dann heute Abend ab.“
„Aber du weißt doch gar nicht, wo ich wohne!“
„Das hier ist eine kleine Stadt, schon vergessen?“, erinnerte er mich. Dann ging er an mir vorbei, während ich immer noch auf den Fleck starrte, wo er gerade noch gestanden hatte. Dann drehte ich mich um und verschwand aus der Mensa.

Komischer weise, warum auch immer, brauchte ich heute Abend länger als sonst, um mich fertig zu machen. Gerade trat ich aus der Dusche und trocknete mich ab. Dann sah ich vor mir in den Spiegel. Meine nassen Haare fielen in dicken, triefenden Strähnen über meinen Rücken, meine braunen Augen sahen sich entgegen und meine Haut strahlte noch vom heißen Wasser.
Ich stand lange in ein Handtuch gewickelt vor meinem Kleiderschrank und überlegte, was ich anziehen sollte. Schließlich entschied ich mich für eine extrem eng anliegende schwarzblaue Hüftjeans, braune Stiefel mit sieben-Zentimeter-Absatz und einem dünnen, weinroten Pullover. Dann föhnte ich meine Haare. Wäre es übertrieben, wenn ich noch Locken machen würde? Ich entschied mich dagegen, schließlich traf ich mich ja nur mit ein paar Freunden auf einer versoffenen Party.
Ich drehte mein Lieblingslied lauter und tanzte förmlich ins Badezimmer zurück. Dort schminkte und frisierte ich mich, ehe es auch schon an der Tür klingelte.
Schneller als beabsichtigt rannte ich die Treppe hinunter und riss die Eingangstür auf.
Dort stand Damon in dunkler Hose und seiner Lederjacke. Er schenkte mir ein überraschtes schiefes Lächeln und ich zögerte einen Moment zu lange, um meine Jacke vom Hacken zu nehmen und über zu streifen.
„Eh Hi“, stammelte ich. Seine Augen funkelten.
„Hi.“ Ich holte tief Luft, ehe ich mich noch einmal nach drinnen umdrehte und Jenna zurief: „Ich bin jetzt auf der Party! Warte nicht auf mich!“ Ein zustimmendes Grummeln entließ mich.
Als ich wieder Damon ansah, bemerkte ich seinen Blick auf meinen Hals. Ich ging einen Schritt auf ihn zu, was seine Aufmerksamkeit zurück auf mein Gesicht lotste.
Zusammen gingen wir zur Party. Als wir am Lagerfeuer standen, drängte er sich ganz nah an mich. Erst wollte ich einen Schritt zur Seite machen, doch dann entschied ich mich um; warum auch nicht? Er sah gut aus, schien eigentlich ganz nett zu sein und ich brauchte etwas Ablenkung.
Und da kam auch schon Caroline auf uns zugerannt. Sie trug einen Rock, der kürzer nicht hätte sein können, ein sehr weit ausgeschnittenes Top und knallroten Lippenstift.
„Ich habe gehört, Damon, du würdest dich bei mir entschuldigen wollen?“ Sie hob wartend eine Augenbraue. Damon sah mich kurz fragend an, so nach dem Motto „Muss das echt sein?“. Ich nickte energisch. Er seufzte lange und ausgedehnt, ehe er einen Schritt auf die immer noch angespannt wartende Caroline machte und ihr die Hand hinhielt. Mit seiner tiefen und verlockenden Stimme schnurrte er: „Es tut mir leid, Caroline, dass ich so mies war. Aber in der Anwesenheit von so einem attraktiven Mädchen wie dir, geht’s immer mit mir durch.“ Das Kompliment hatte gesessen und Caroline strahlte bis über beide Ohren. Sie griff sich seine Hand und zerrte ihn hinter sich her. Mit leicht betrübtem Blick sah ich den beiden hinterher und bemerkte Damons gierige Augen auf Carolines Hals. Ich schüttelte den Kopf. Das musste ich mir nur eingebildet haben. Oder etwa doch nicht? Waren seine Augen gerade rot geworden? Nein, das konnte nicht sein.

Impressum

Texte: Meine Geschichte basiert auf der Anfangsidee der US-Serie "The Vampire Diaries", die folgenden Ereignisse heben sich jedoch später aus meiner Fantasy heraus.
Bildmaterialien: Quelle: http://images2.fanpop.com/image/photos/8900000/Delena-damon-and-elena-8966174-1024-768.jpg und dann bearbeitet
Tag der Veröffentlichung: 06.05.2012

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