Cover

„…Ich spüre nichts mehr. Ich sehe nichts mehr. Eine Träne nach der anderen läuft über mein Gesicht . Warum? Warum ist alles so beschissen? Ich hab das Gefühl keiner versteht mich! Keiner weiß wie es ist das Gefühl zu haben alles zu verlieren! Es tut alles so furchtbar weh! Ich will einfach nur weg! Egal wo hin! Am besten sterben! Ich kann einfach nicht mehr! Ich würde mir am liebsten ein Messer ins Herz rammen! ...“ Mit diesen Sätzen beendet ich meinen Tagebucheintrag. Ein Schleier aus Tränen breitet sich in meinem Gesicht aus. Ich stoße einen lauten Schrei aus und rolle mich auf meinem Bett zu einer Kugel zusammen! Langsam ziehe ich mein Fotoalbum unter meiner Matratze hervor und blättert die erste Seite auf. Traurig blicke ich auf das erste Bild. Es ist ein Bild von allen die mir wichtig sind: mein Vater, meine Oma, mein Opa, mein Hund, meine beste Freundin und mein bester Freund. Auf dem Bild wirkt alles noch glücklich, doch es ist alles anders gekommen. Mit meiner Mutter rede ich kein Wort mehr. Vor zwei Monaten hatte sich meine Mama mit meinem Opa total gestritten und mir jeden Kontakt zu ihm verboten. Ich durfte nicht einmal zu seiner Beerdigung gehen als er vor drei Wochen starb. Ich tat es aber trotzdem. Dort gab mir Oma einen Abschiedsbrief von ihm, in dem stand:
Meine allerliebste Emma,
es tut mir leid dass alles so gekommen ist und ich dich nicht mehr sehen durfte. Ich wollte mich nicht mit deiner Mutter streiten, aber es ist passiert und dass wird der Grund sein weswegen ich sterben werde. Ich kann nichts mehr essen weil mir alles so weh tut. Ich rede kaum noch mit deiner Oma. Bitte vergib mir dass wir uns wahrscheinlich nie wieder sehen werden. Aber der Gedanke von meiner eigenen Tochter gehasst zu werden und meine allerliebste Enkeltochter nicht mehr sehen zu dürfen, hat mein Leben einfach nicht mehr lebenswert gemacht. Aber glaub mir wenn es so weit ist und ich endlich von den ganzen Schmerzen erlöst bin werde ich immer nur an dich denken. Ich liebe dich so sehr!
In Liebe,
Opa



Ich frage mich wie oft ich diesen Brief nun schon gelesen habe. Auf jeden Fall zu oft. Ich wünschte mir gerade so sehr Keks, meinen Hund, der vor vier Monaten an Krebs gestorben war, in den Arm schließen zu können und wenigstens ihn noch zu haben! Ich habe wirklich niemanden mehr mit dem ich reden kann. Meine beste Freundin hat mich im Stich gelassen als Keks gestorben ist und mein bester Freund ist weggezogen. Ich weiß einfach nicht was ich machen soll. Zittrig öffne ich nun die Tür, die auf den Balkon führt. Seitdem ich Opa nicht mehr sehen durfte war ich nie hier draußen gewesen. Das war unser Platz gewesen, wir saßen immer hier und spielten Spiele oder aßen Plätzchen, die wir zuvor zusammen gebacken hatten. Doch jetzt war alles anders: Kein strahlender Opa saß wartend in der hellblauen Hängematte, keine Sonne viel mehr auf das mittlerweile total verstaubte Schachbrett. Der Himmel war grau, es war kalt und der eisige Wind lies die Hängematte leise quietschen. Ich setze mich vorsichtig auf die Hängematte und sehe auf Berlin herunter, das man von meinem Balkon aus sehen konnte. Wie es das letzte Mal so grau und traurig war, war ich gerade mal fünf Jahre alt und hatte Angst. Bis Opa mich in den Arm nahm und mir sagte alles sei okay. Mir wurde klar dass eigentlich fast mein ganzes Leben nur aus Opa bestand. Oma liebe ich zwar auch sehr, aber Opa war wie der beste Freund der mich nie verlassen kann, dachte ich zumindest. Aber jetzt ist mein großer Schutzengel mit den grauen Locken und den fröhlichen Lachfalten weg. Wieder rinnen Tränen über mein nasses Gesicht auf mein Shirt und weiter auf die Hängematte. Ich bleibe jetzt einfach sitzen und tue nichts. Ich versuche auch nicht über alles nachzudenken. Alles um mich herum ist kalt. Ich schaue auf die Uhr. Oh Gott! Es ist schon 23.45 Uhr. Ich sitze nun also schon seit sechs Stunden hier draußen in der Kälte? Ich höre wie irgendetwas leise von innen an die Scheibe klopft. Ruckartig drehe ich mich um. Es ist Pia, meine Ehemalige beste Freundin ? Ich bin verwirrt. Was will sie hier, nachdem sie sich vier Monate nicht gemeldet hatte ? Ohne sie noch weiter zu beachten schau ich wieder auf die Stadt hinunter! Leise öffnet sich die Balkontür und Pia kommt langsam auf mich zu. „Was willst du?“, raune ich ihr zu. „Mit dir reden!“, antwortet sie knapp. Ich bringe nicht mehr heraus als ein einfaches : „Ich höre!“. „Also! Ich weiß dass das, was ich gemacht habe falsch war und ich wollte mich eigentlich nur entschuldigen! Sind wir wieder Freunde? Bitte, Emma du bist mir wirklich wichtig! Und ich will dich nicht für immer verlieren!“ . „Wieso sollte ich DIR verzeihen? Das was DU gemacht hast, war das letzte was ich von dir erwartet hätte. Du sagst du willst mich nicht für immer verlieren? Ich wollte Opa und Keks auch nicht für immer verlieren! Aber es kam so und manches kann man einfach nicht ändern, okay? Mach nicht alles noch schwerer als es eh schon ist, bitte! Ich kann echt auf dich verzichten. VERSCHWINDE UND ZWAR SOFORT!“, ich merke wie ich immer lauter werde. Ohne etwas zu erwidern dreht Pia sich um und will gehen! Doch sie bleibt noch einmal kurz stehen und drückt mir einen Ring in die Hand. Das war der Ring den ich ihr letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Er hatte eine Gravur. In schöner Schrift stand auf dem Ring: Emma und Pia für immer. Wieder liefen mir Tränen die Backe herunter, wie ein Wasserfall. Doch ich schaue sie nicht mehr an. Ich will sie einfach nicht mehr sehen! Ich habe das Gefühl dass sie immer noch hinter mir steht. Ich drehe mich um doch da ist nichts, nichts außer der alte staubige Steintisch. Mir ist kalt. Ich spüre nichts mehr vor Kälte. Ich stehe auf und gehe rein. Plötzlich wird die Tür aufgerissen und meine Mama kommt schreiend rein: „VERSCHWINDE AUS MEINEM HAUS!“. Ich hab keine Ahnung was los ist. „Pack deinen Koffer und verschwinden einfach!“. Ich stehe auf und packe meinen Koffer , in der Hoffnung doch noch zu erfahren was los ist! Doch meine Mutter geht wieder. Ich packe nur das Wichtigste ein: Opas Abschiedsbrief, mein Fotoalbum, Klamotten und etwas Geld. Panisch suche ich die Halskette die Opa mir zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie war golden und hatte die Form von einem Herz. Da war sie ja. Ich ziehe meine Stiefel und meinen Wintermantel an und renne mit meinem Koffer aus dem Haus. Einfach nur weg. Ich spüre wie mich mein Füße in Richtung Bahnhof tragen. Dort angekommen kaufe ich mir schnell ein Ticket in Richtung Flughafen...so schnell ich kann renne ich durch das riesige Flughafengebäude. Keuchend stehe ich an einem Schalter und verlange ein Flugticket nach Griechenland! Mein Geld reicht gerade so. Ich hab noch fünf Euro übrig. Der zweistündige Flug will einfach nicht zu Ende gehen. Doch endlich landet das Flugzeug auf dem langersehnten Flughafen auf Kreta. Ich steige aus und renne nun wieder, diesmal in Richtung Gepäckausgabe. Nervös und zitternd reiße ich meinen Koffer an mich. Doch dann halte ich inne. Habe ich mich wirklich von meiner Mutter aus dem Haus schmeißen lassen, ohne zu wissen warum, und bin nach Griechenland geflogen? Ich setze mich auf eine der Holzbänke und denke nach. Doch dann kommt mir wieder mein Plan in den Sinn. Entschlossen stehe ich auf und steige in einen Bus, der in ein kleines Dorf am Rande der Insel, fährt. Nach einer, endlos scheinenden, Stunde steige ich aus. Ich schaue auf die Uhr: Es ist 4 Uhr morgens. Egal! Verzweifelt suche ich nach einer Straße, die auf einem zerknitterten Zettel steht. Langsam gehe ich auf die Tür zu, schaue auf das Klingelschild und drücke ganz langsam auf die Klingel. Es kommt mir vor als vergehen Stunden bis endlich jemand die Tür öffnet.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 31.12.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch meiner Besten Freundin Katja die einfach immer für mich da ist <3

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