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Da stand ich nun - alleine, in einer mir fremden Firma. Was sollte das denn bitte werden? Ich war neu in der Stadt, neu in der Firma, ein sozusagen Neugeborenes. Meine Einweisung in die Systeme hatte gerade mal 7 Minuten gedauert und ich hab nicht alles verstanden. Mir unbekannte Systeme. Ich hatte die Nachschicht bekommen, alleine! Wie sollte ich diese erste Schicht nur überstehen?

Noch immer stand ich wie angewurzelt da.

Das Telefon klingelte. Ich hob ab.
"Chipworld Agency, Tessa Cancy mein Name. Was kann ich für Sie tun?"
Stille.
"Hallo?" wieso antwortete da denn keiner?
Tut tut tut... Aufgelegt! Na das fing ja gut an!

Langsam fing ich an mir die ganzen Systeme anzuschauen. Gott die waren vielleicht kompliziert! Da sollte ich irgendwann mal durchblicken? Was hatte ich mir nur dabei gedacht, mich bei einer so großen Firma zu bewerben? Aber jeder Neue musste sich ja eingewöhnen, hoffentlich nahmen die darauf Rücksicht!

Wieder klingelte das Telefon.
"Chipworld Agency, Tessa Cancy am Apparat. Was kann ich für Sie tun?"
Wieder keine Antwort. Was ging denn hier bitte vor?
"Hallo? Hallo ist da jemand?"
Schweigen.
Tut tut tut... langsam bekam ich Panik. Ich stand auf und schaute mich um. Ich war alleine in der großen Firma, sollte ich meinen neuen Chef anrufen? Nein. Der würde gleich denken ich drehe durch und bin nicht mehr ganz bei Trost. Gott!

Okay ganz ruhig Tessa. Alles ist gut! Nur nicht durchdrehen!
Ich setzte mir einen starken Kaffee auf und nahm mir ein paar Kekse. Schokolade wird mich sicherlich beruhigen.

Eine ganze Weile passierte überhaupt nichts und ich versuchte mich durchs System zu wühlen. Mein Desktop war schon voll mit irgendwelchen Verknüpfungen die ich für sinnvoll hielt. Ich richtete mir meinen PC ein wie ich es auch zu Hause tat.

Plötzlich ertönte das Geräusch des Fahrstuhles und ich fuhr erschrocken hoch. Dann stand mein neuer Chef in der Tür.
"Frau Cancy. Sie sehen blass aus, ist bei Ihnen alles in Ordnung?"
"Ja Herr Ruhts. Alles in Ordnung!" - nichts war in Ordnung verdammt nochmal, aber das musste er ja nicht wissen! Nicht an meinem ersten Tag!
"Nun, vielleicht sollten Sie sich einen Tee machen. Ich habe ein paar Unterlagen für Morgen vergessen und muss nochmal an meinen Computer" damit ging er den kleinen Flur entlang zu seinem Büro.

Unschlüssig stand ich in dem kleinen Büro. Sollte ich ihn fragen ob ich nach Hause kann? Mir ging es wirklich nicht gut.

"Ähm Herr Ruhts, hätten Sie eine Minute für mich?"
"Aber sicher doch Frau Cancy"
"Nun, also mir geht es wirklich nicht sehr gut. Ich weiss heute ist mein erster Tag, aber wenn es Ihnen nichts ausmacht würde ich doch gerne nach Hause gehen und mich etwas hinlegen"
"Ich denke Sie können nach Hause gehen. Die Firma hat ja schließlich einen Anrufbeantworter und ich werde das Telefon auf mein Handy umleiten. Gehen Sie nach Hause und kommen Sie mir Morgen Abend gesund wieder"
"Danke das ist wirklich sehr freundlich. Wiedersehen!" ich ging zurück in mein kleines Büro und sammelte meine Sachen beisammen.

'KNACK'
Erschrocken fuhr ich zusammen und mein Kopf ging in die Höhe. Was war das? Doch es herrschte Stille. Nun war es wohl soweit, ich drehte wirklich durch und bildete mir schon Geräusche ein. Ich schüttelte den Kopf.

'KNACK'
Da war doch wieder dieses Geräusch? Gott Tessa, bist du irre? Ich musste hier raus!

Ich fuhr meinen Computer runter, packte die Sachen in meine Fächer und hängte mir meine Tasche um. Gerade als ich an der vorletzten Tür vorbeiging wurde ich von hinten gepackt. Ich wollte aufschreien, aber es ging alles so schnell. Eine sehnige Hand wurde kraftvoll auf meinen Mund gepresst. Ich wehrte mich indem ich um mich schlug - was sollte eine Frau wohl sonst tun? Doch als ich ein scharfes Messer an meinem Hals spürte hielt ich erschrocken inne.

"Tsch... ganz ruhig!"
Oh Gott!

Ich wurde energisch in ein Büro gezerrt. Die Tür ging leise hinter mir zu. Noch immer hielt der Typ mir meinen Mund zu und ich spürte das Messer, aber nun sah ich, dass er nicht alleine war. Herrgott, hier standen gleich 5 große muskulöse Männer. Einer sah stärker aus wie der andere. Was wollten die?

Ich bekam Panik und diesmal war sie echt, verdammt echt denn ich begann am ganzen Körper zu zittern und zu vibrieren.

"Tsch... wir wollen dir nicht weh tun"
Dann spürte ich wie das Messer verschwand.
„Bist du alleine hier mit deinem Chef?“
Ich nickte.
„Ryan!! Bist du irre? Was soll das werden verdammt, wir sollten uns die Chipkarte holen und von hier verschwinden!“
Der Typ der mich festhielt hieß also Ryan.
„Meinst du allen Ernstes dieses Arschloch von Ruhts wird uns die Chipkarte einfach so aushändigen? Das wird er sicher nicht, aber die Kleine kann uns vielleicht ein wenig helfen“
„Hm… vielleicht hast du Recht“
„Ich habe Recht!“ zischte es hinter mir.
Ich schüttelte meinen Kopf, doch es wurde ignoriert.
„Josch, nimm du sie. Ich werde mit Lukas, Marcel und Alex zu unserem verehrten Ruhts gehen. Wenn er nicht kooperiert rufe ich dich. Solange wirst du nichts machen. Ich will das ihr kein Haar gekrümmt wird, verstanden?“
„Ja Ryan“

Dieser Josch kam auf uns zu. Und wieder ging alles ganz schnell. Ryan ließ von mir ab und schon hielt mich dieser Josch fest. Mein Mund war immer noch verschlossen. Der Griff von diesem Josch war allerdings etwas fester. Er hatte einen Arm um meine Taille gelegt und mit der anderen hielt er meinen Mund zu.

Wir gingen los, als sich Ryan nochmal umdrehte und mich ansah
„Sieht er uns wenn wir den Flur entlang gehen?“
Ich schüttelte meinen Kopf.

Wir hielten vor der Tür meines Chefs an. Ryan und die anderen drei gingen rein.
„Herr Ruhts, wie nett Sie einmal wieder zu sehen“
„Oh mein Gott nein“
Ich hörte wie er rasch aufstand und dabei wohl seinen Stuhl gegen die Wand stieß. Ich zuckte zusammen.
„Hinsetzen“
„Ryan ich…“
„Ich sagte hinsetzen!“ – nun schrie Ryan ihn an.
„Sie wissen was wir wollen Ruhts. Also wie ist die Chipkarte?“
„Ich… ich weiss nicht wovon Sie reden Ryan“
„Sie wissen wovon ich rede. Letzte Chance, ansonsten werden wir andere Saiten aufziehen, sie wissen worum es geht und ich wage es nicht darüber zu scherzen!“
Nichts geschah… oh nein!
„Josch!“ stieß er nun sichtlich sauer hervor.
Ich wurde von Josch ins Büro gezerrt wobei er den Griff um meine Taille ließ, seine Hand von meinem Mund nahm und nun eine Knarre in der Hand hielt. Wieder zuckte ich sichtlich zusammen.
„NEIN! Nein, nicht Tessa“
„Die Kleine heißt also Tessa“ sagte er leise vor sich hin und schaute mich an.
Meine Augen waren wahrscheinlich so groß wie Teller, so viel Angst hatte ich nun.
„Nun Ruhts, wo ist die Chipkarte?“
„Im Archiv, ich werde Sie hinführen, wenn sie Tessa danach gehen lassen“
Ryan hob eine Augenbraue hoch „Sie stellen MIR Forderungen? Sind Sie noch ganz bei Trost? Aber okay, wenn Sie uns die Chipkarte geben werden wir die Kleine gehen lassen“

Gott sei Dank! Innerlich jubelte ich schon. Mein ganzer Körper sagte mir, dass mit diesen Männern nicht zu scherzen ist. Irgendwie strahlten sie eine Macht aus. Ich verstand nicht wieso mein Körper so reagierte. Was war an diesen Männern anders als bei anderen?

Ruhts stand nun auf und führte uns alle ins Archiv. Das Archiv war ein riesiger Lagerraum. Dort suchte er zwischen Tausenden von Karten eine bestimmte Chipkarte raus und reichte sie Ryan.
„Hier und nun lassen Sie Tessa gehen“
„Ruhts Sie riskieren Kopf und Kragen! Ich nehme keine Befehle von Ihnen entgegen und das wissen Sie!“ er drehte seinen Kopf in meine Richtung und sah mich an, seine Augen funkelten böse. „Josch bring sie runter“

Ich erstarrte und schrie „NEEEEIIINN… hmm…“. Josch hielt mir schnell den Mund zu und sein Griff um meine Taille war nun wirklich fest. Ich zappelte wie wild und bekam nicht mit wie Ryan auf mich zukam bis er letztendlich vor mir stehen blieb.

Oh Gott! Ich hielt mit meinem zappeln inne und starrte ihn angstvoll an.

„Tessa. Ich vertraue deinem Chef nicht und ich glaube, du bist neu in seiner Firma. Du weißt nicht was er tut bzw. was er getan hat. Bitte mach Josch keine Probleme. Wir wollen dir nicht wehtun, aber wir nehmen dich mit. Egal wie, das heißt freiwillig und ohne Gewalt oder unfreiwillig und mit Gewalt. Es hängt von dir ab“ er sah mich an, lächelte und drehte sich wieder um.

Plötzlich wurde mein Mund wieder freigegeben und ich wurde hochgehoben. Ich merkte, dass Josch seine Muskeln angespannt waren. Er rechnete damit, dass ich mich wehren würde, doch ich hielt still und so trug er mich aus dem Archiv nach unten. Vor der Ausgangstür wurde ich abgesetzt und er nahm meine Hand.

„Draußen steht ein Mercedes Vito zu dem wir jetzt gehen, okay?“ – ich nickte.
„Wirst du Probleme machen?“ ich verneinte und schüttelte den Kopf. Mit so einem Riesen von Mann wollte ich mich gewiss nicht anlegen und wirklich wehgetan hatten sie mir bisher auch nicht. Außerdem machte mir seine Knarre sichtlich Angst.


„Nun Ruhts, jetzt können wir ja offen reden. Die Kleine weiss nämlich nichts, habe ich Recht? Ich kann es spüren. Wieso haben Sie sie eingestellt? Weil die Vorgängerin verschwunden ist?“
Ruhts schnappte nach Luft „SIE!“ stieß er hervor und baute sie vor ihm auf.
Ryan zog die Augenbrauen hoch „Sie haben Mut. Sie stehen hier mit 4 Vampiren in einem Raum und bauen sich vor MIR auf? Nun, wenn Sie mir die falsche Chipkarte gegeben haben wissen Sie was das bedeutet. Dies ist nämlich ihre letzte Chance!“ er drehte sich um „Lasst uns verschwinden!“
Vor Ruhts seinen Augen lösten sich die vier Vampire auf und er ließ sich in den Sessel fallen. Sie würden Tessa nicht gehen lassen, er wusste nicht einmal was sie von ihr wollten. Oh Gott… sie war alleine mit was weiss wie vielen Vampiren und wusste nicht in welcher Gefahr sie sich befand!

Als Josch mich gegen den Vito drückte begann mein innerer Kampfgeist zu schreien. Er war groß und muskulös, aber irgendetwas ließ mich das machen was nun passierte. Ich starrte ihn an, hob unbemerkt mein Knie, ließ es wieder zu Boden und stieß es dann in einem Schwung Josch in den Unterleib. Dieser schrie auf und ließ mich los, sackte zusammen und hielt seine Händen vor den Unterleib. Ich schaute ihn noch einige wenige Sekunden an als ich ein paar Schritte rückwärts machte. Gerade als ich mich umdrehen und weglaufen wollte, griffen zwei Hände nach meinen Handgelenken und führten diese hinter meinen Rücken. Erschrocken schrie ich auf, spürte wie die Hände meine mit nur noch einer Hand festhielten und die andere Hand nun meinen Mund bedeckte. Dann stand Alex vor mir. Zumindest glaubte ich, dass er Alex hieß. Ich riss meine Augen auf.
Alex half Josch wieder auf die Beine, der mich nun finster anstarrte. Ich sah in sein Gesicht das finster aussah, dann in seine Augen und schreckte zusammen. Seine Augen waren rot – Knallrot!
„Bei aller Liebe Kleine, DAS solltest du nicht noch einmal machen. Es wäre nicht sehr schlau!“ zischte er mir zu, kam mit seinem Kopf meinem gefährlich nahe und schaute mir in die Augen. Ich zuckte zusammen und wehrte mich gegen den Griff. Ich erreichte aber nur, dass dieser noch fester wurde. „Verstanden?“ das rot in seinen Augen sah gefährlich aus und ich nickte hecktisch. Josch drehte sich um und stieg in den Wagen.

Noch immer wurde mein Mund bedeckt und Hände hielten meine hinter dem Rücken eisern fest.
„Alex, gib mir die Rope Wrist Cuffs“ er lachte „Kennst du dich ein wenig mit japanischem Bondage aus?“ flüsterte er mir ins Ohr „Nein? Auch gut!“
Alex kam mit einem Seil aus dem Auto und stellte sich zu Ryan. Ich wusste er war es, der mich festhielt, denn ich erkannte seine Stimme. Dann spürte ich wie das Seil über meine Handgelenke gestülpt und festgezogen wurde. Ich stöhnte auf. Gott hatten die das Seil fest gemacht.
„Ich nehme jetzt meine Hand von deinem Mund und will keinen Ton hören verstanden? Auch nur ein Ton und wir stopfen dir den Mund!“ ich zuckte bei seinen Worten zusammen und nickte.
Langsam glitt seine Hand von meinem Mund und ich sog hörbar die Luft ein.
Er drehte mich zu sich „Du hast Josch seine Augen gesehen nicht wahr? Wir alle können unsere Augenfarbe ändern. Rot bedeutet für dich eindeutig Gefahr, lass es dir gesagt sein. Du hast keine Ahnung wer oder was wir sind!“ er schob mich ins Fahrzeug und setzte sich neben mich. Ich zappelte rum, weil diese blöden Handfesseln beim sitzen störten.
„Hör auf zu zappeln!“
Sollte ich etwas sagen? Er sagte sie würden mir den Mund stopfen, aber still sitzen kann ich nicht. Verdammt! Was soll‘s…
„Ich… ich kann nicht still halten. Die Fesseln, sie stören“
Er hob eine Augenbraue hoch und starrte mich an.
„Dreh dich um. Ich werde sie abnehmen und deine Hände vorne fesseln“
Erleichtert atmete ich ein „Danke“
In Windeseile geschah alles. So wirklich mitbekommen hab ich es nicht, dass er die Fesseln löste und vorne wieder anbrachte. Hatte ich die Augen geschlossen? Wieso hab ich nichts mitbekommen? Hm…

Erleichtert lehnte ich mich nach hinten und legte meinen Kopf an die Autoscheibe. Meine Augen schlossen sich. Ich war total fertig mit der Welt! Diesen Tag würde ich mir rot im Kalender markieren. Was sagte er noch? Ich weiss nicht, wer oder was sie sind? Wie meinte er das – Was? Ich bekam keinen klaren Gedanken mehr.

Ryan sah sich Tessa an. Sie saß friedlich da, hatte sich zurückgelehnt, ihren Kopf an die Scheibe gepresst und die Augen geschlossen. Es tat ihm leid, wie es gekommen war und auch wieder nicht. Die Kleine gefiel ihm. Er seufzte.

„Tessa?“ sofort öffneten sich ihre Augen und sie sah ihn angstvoll an. Er beugte sich zu ihr und sah ihr tief in die Augen ‚Schlaf‘ – ein kurzer knapper Befehl an ihren Geist und ihre Augen schlossen sich.
Ich starrte ihn an. Seine Augen, ich konnte den Blick nicht abwenden. Irgendwie hielt er mich fest. Dann spürte ich etwas, ich weiss nicht was, aber dann fühlten sich meine Augen auf einmal so schwer an. Ich fühlte mich unendlich Müde, wie war das möglich? Ich war so Müde… so Müde… so… meine Augen fielen zu und ich schlief ein.

„Hast du sie schlafen gelegt?“ fragte Lukas und Ryan nickte.
„Sie war schon ziemlich Müde, das habe ich bemerkt. Es war leicht in ihren Geist durchzudringen“
„Was hast du mit ihr vor?“
„Ich weiss nicht“
„Sie ist niedlich die Kleine“ Lukas lachte leise.
„Ich weiss. Sie gefällt mir, aber es ist unmöglich und das weißt du. Nun, sie hat unsere Augen gesehen. Wir sollten sie ein wenig bei uns behalten. Schon alleine wegen Ruhts. Ich traue ihm nicht. Wenn wir zu Hause sind werden wir sofort prüfen ob er uns die richtige Chipkarte gegeben hat!“

Sie fuhren zu dem kleinen Haus am Waldrand, wo keiner sie erwarten würde. „Josch, fährst du nochmal schnell los und holst was zu essen fürs Wochenende? Vor allem etwas Obst“, „Jo, fahre sofort los“.

Tessa wurde aufs Sofa gelegt. Langsam wachte sie wieder auf. Sie öffnete ihre Augen und musste ein paar Mal blinzeln um wieder einen klaren Blick zu bekommen. Ihre Hände waren gefesselt, ihre Füße nicht, es war kein Mensch zu sehen. Sollte sie einen Fluchtversuch starten? Jeder würde es tun, so sie auch. Leise erhob sie sich, ging leise durch das Haus zur Tür. Davor hielt sie einen Augenblick inne, machte die Tür auf und lugte raus. Keine Menschenseele war zu sehen – Freie Fahrt. Sie schaute noch etwas, der Wald würde ihr Schutz bieten aber auch Gefahr, falls sie keine Straße finden würde. Der Schutz ging vor. Sie lief in den Wald rein, lief um ihr Leben. Bloß schnell weg von den Irren.

„Und läuft die blöde Chipkarte? Ich fühle mich nicht wohl bei der Sache!“, „Chef, Ruhts hat uns die falsche gegeben. Es ist die falsche! Da ist nichts drauf!“. Ryan fluchte „Verdammte scheiße, ich wusste es. Wir hätten es vor Ort testen sollen. Er hat immer noch die verdammten Informationen. Wir müssen zurück. Lasst uns die Kleine holen…“ Ryan ging aus dem Zimmer, die anderen schauten sich an. Das würde ein böses Ende für Ruhts nehmen. Sie waren sauer, mit Vampiren sollte man sich nicht anlegen. Sie hatten ihn gewarnt und… – „SIE IST WEG!“. „Teilt euch auf. Sucht sie, ich will sie unversehrt zurück haben!“ schrie Ryan seine Kumpels nun alle an.

Tessa lief noch immer durch den Wald. Ihre Füße schmerzten, sie war schon ein paar Mal gestolpert und hatte Probleme sich wieder aufzurichten, weil ihre Hände noch gefesselt waren. Es kam ihr wie Stunden vor die sie gelaufen war. Langsam lief sie weiter, sie konnte nicht mehr. Sie lehnte sich an einen Baum und glitt nach unten. Ihre Augen schlossen sich. Was soll ich bloß tun, ich weiss ja nicht mal wo ich bin!

Alle liefen in unterschiedliche Richtungen und suchten den Wald nach Tessa ab. Ryan entdeckte sie schließlich, sie saß mit dem Rücken zum Baum auf dem Boden. Sie weinte. Verflucht! Leise schlich er sich näher an sie ran und angelte sich dann von Baum zu Baum zu ihr. Er verharrte über ihr und sah herab. Scheint als hätte sie nichts bemerkt. Doch dann riss sie ihre Augen auf, ihr Kopf suchte hektisch die Gegend ab.
„Wer ist da?“ fragte sie leise nach. Er lächelte.
„Ryan.“
Tessa erschrak und wollte sich aufrichten, aber ihre gefesselten Hände hinderten sie daran. Ryan sprang in einem geschmeidigen Sprung nach unten und sah sie an.
„Was soll ich bloß mit dir machen? Wir wollen dir nichts Böses“ er ging vor ihr in die Knie, seine Augen in ihrer Höhe „Mal ehrlich, wie weit wärst du gekommen, so in Handschellen und in einer unbekannten Umgebung?“. Tessa senkte den Blick, sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. Zwei Finger legten sich unter ihr Kinn und hoben es an.
„Ich möchte, dass du mit mir zurück gehst und ich werde darüber nachdenken, dir zu erzählen was los ist.“
Tessa versank in seinen Augen, es schien als würden seine Augen tief in ihr innerstes blicken.
Sie nickte „Bitte nimm mir die Handschellen ab“ Sie glaubte nicht daran, dass er es machen würde, aber es war einen Versuch wert.
Er nahm sie bei den Armen und zog sie zu sich hoch, drehte sie geschickt um und nahm ihr die Handschellen ab. Am linken Handgelenk war eine rote Druckstelle und er massierte sie kurz. Tessa blickte Gedankenverloren und völlig verwirrt auf ihre und auf seine Hand.


Als ich wieder meinen Blick hob, stand nur einige Meter entfernt Josch. Ich stieß einen erstickten Schrei von mir, als ich seine roten Augen sah und mir einfiel was Ryan gesagt hatte. Ryan drehte sich um „Josch, alles ist in Ordnung. Komm wieder runter Mann. Du jagst ihr eine Heiden Angst ein“.

Ich stolperte einen Schritt zurück und presste mich gegen den Baum. Josch sah mich an, seine roten Augen fixierten mich feindselig. Meine Beine wollten mich nicht mehr tragen und ich sackte am Baum zusammen, meine Hände legte ich vor mein Gesicht und fing an zu schluchzen.

„JOSCH! VERSCHWINDE!“ das zischen in seiner Stimme konnte man genau vernehmen. Ich hörte nur zwei Schritte und Hände die meine sanft umfassten. „Tessa? Alles ist okay. Komm steh auf.“ Ich konnte mich nicht rühren. Ich fühlte mich schwach, Müde und hatte panische Angst, die einfach nicht verschwinden wollte. Er griff mir unter die Achseln und hob mich hoch, zog mich an seine Brust, seine Arme legten sich um mich. Ich schluchzte vor mich hin. Es kam mir wie Stunden vor, die wir einfach nur dastanden. Langsam löste er sich von mir, sah mir in die Augen. „Lass uns gehen, Tessa. Es wird kalt, du bist schrecklich Müde und durcheinander!“ langsam zog er mich wieder in Richtung Haus. Kurz davor stieß Alex zu uns. Der mich aber nicht so feindselig ansah wie dieser Josch. Es war aber auch kein Wunder, schließlich hatte ich ihm einen ordentlichen Tritt in seine Weichteile verpasst.

Beim Haus angekommen, brachte Ryan mich in ein großes Zimmer. Das Bett darin war riesig und ich fragte mich wer hier wohl sonst schlief. Es war mir im Moment aber egal. Ich war Müde, schrecklich Müde. Ich schleppte mich zum Bett, legte die Decke beiseite, legte mich hin und zog sie so hoch es ging über mich. Dann drehte ich mich wie immer wenn ich einschlafen wollte, zu einem Embryo zusammen und schloss einfach meine Augen. Die Tür knarrte beim auf- und zumachen. Ich war allein.

Ryan lehnte sich neben der Tür an die Wand und schloss die Augen. Er hatte Hunger und es war schwer sich zu beherrschen. Sie duftete viel zu gut. Seufzend machte er sich wieder nach unten ins Wohnzimmer. Sie mussten diese Chipkarte bekommen und das so schnell wie möglich bevor das Öffentlich wurde. Er fluchte ausgiebig und nahm sich die Flasche mit dem Blut, goss sich ein großes Glas ein und trank es. Der Hunger war fürs erste gestillt. Er sah in die Runde von seinen Kumpels. Josch hatte immer noch ein tick rot in seinen Augen.
„Sind wir uns sicher, dass er uns die falsche Karte gegeben hat? Wir müssen an die richtige kommen. Verflucht nochmal, wenn das an die Öffentlichkeit kommt sind wir alle geliefert. Man wird uns jagen, verfolgen und töten.“ er schnaufte.
Keiner sagte etwas. Sie hatten die falsche Karte.
„Okay. Die Kleine. Sie ist zwar neu bei ihm und weiss auch nicht Bescheid, aber vielleicht kann sie uns helfen. Wir müssen ihr alles erzählen, später können wir ihr immer noch ihre Gedanken löschen. Sie arbeitet für ihn, vielleicht ist sie nützlich.“ Er war sich nicht sicher.

Ryan ging nach oben in sein Zimmer. Sie lag wie ein Embryo eingerollt auf seinem Bett, die Decke bis über ihr Kiss gezogen. Ihr linker Fuß lugte aus der Decke. Er zog sie wieder über ihren Fuß und setzte sich auf seinen Sessel. Gedankenverloren schloss er seine Augen und dachte nach. Wenn sie für ihn arbeitet und das nachts, dann musste sie einen Schlüssel haben für sein Büro. Ins Archiv zu kommen, war dann nicht mehr schwer. Er stand auf, nahm ihre Tasche und schüttete sie aus. Es befand sich kein Schlüssel darin. Hatte sie keinen Hausschlüssel? Komisch. Verwundert blickte er die Gegenstände an die sie in ihrer Tasche hatte.
„Sind meine Sachen so interessant?“ herrschte eine Frauenstimme ihn aus der anderen Ecke seines Zimmers an. Er fuhr erschreckt zusammen und drehte sich um. Sie stand vor dem Bett, die Arme in die Hüften gestemmt und sah ihn verbittert an. Die Kleine hatte Mut, dass musste man ihr lassen.
„Eigentlich schon. Du hast keinen Haustürschlüssel“ stellte er fest und zog eine Augenbraue hoch.
„Natürlich nicht und was geht es Sie an?“ ihre Augen funkelten ihn an.
Er lachte „Mut hast du. Das muss man dir lassen Kleine, aber…“
„Ich bin NICHT Ihre Kleine!“ fuhr sie ihn hart an.
„Setz dich hin.“
„Nein! Sie haben nicht das Recht mich einfach zu entführen und…“
Ein fauchen erklang und sie lag auf dem Bett, Ryan über ihr. Sie gab einen erstickten Schrei von sich und sah angstvoll in seine Augen, die sich ein wenig vom grünlichen ins rötliche färbten. Rot – Gefahr! Sie schluckte und versuchte sich zu beruhigen.
Er beugte sich hinunter, ganz nah an ihr Gesicht. „Ich fühle und spüre deine Angst, dein Herz überschlägt sich fast!“
Woher wusste er das?
„Was… was wollen Sie?“ brachte sie mühsam hervor. Sie wagte es nicht, sich zu bewegen. Lag einfach still unter ihm.
„Reden.“
„Bitte lassen Sie mich los. Sie tun mir weh!“, der Druck seiner Hände auf ihrem Handgelenk war unerträglich stark.
Er ließ ihre Hände los und schwang sich hoch, so schnell, dass sie wieder einen erstickten Laut von sich gab und sich ängstlich nach oben rutschte.
Er lächelte. „Seit wann arbeitest du für ihn?“
„Für wen?“, sie starrte in seine Augen die sich langsam wieder ins grünliche änderten. Sie schüttelte ihren Kopf, ihre Haare schwangen mit „Oh! Für Ruhts. Seit heute. Heute war mein erster Tag“.
„Was weisst du über ihn?“
„Nichts. Er ist mein Chef. Er leitet seine Firma seit 1997 und ich bin erst hier hingezogen. Es war mein erster Tag. Eigentlich weiss ich nichts über seine Firma, nur dass es mit Chipkarten zu tun hat. Er hat mich für abends eingeteilt, damit ich mich erst mal eingewöhnen und abends ein wenig in den Dateien schauen kann“. Was wollte er von ihr?
„Was weisst du über deine Vorgängerin?“
„Meine Vorgängerin?“ sie runzelte die Stirn.
„Ja.“
„Nichts.“
„Wieso hast du dich für diese Firma interessiert?“
Das nannte er reden? Er fragte sie aus! „Was genau wollen Sie von mir?“
Er sah sie an, ihr Herz schlug immer noch viel zu schnell, beruhigte sich aber wieder langsam. Ihre Antworten waren ehrlich. Sie wusste von nichts.
„Ich möchte dir etwas…“
Die Tür wurde aufgestoßen und Alex rannte rein „Er hat uns eine Kopie der Chipk… OH!“ er drehte sich um und sah sie an, nachdem Ryan ihn finster angeblickte. „Äh, hast du einen Moment Ryan“. Ryan zog ihn wütend aus dem Zimmer „Spinnst du?“
„Entschuldige. Ryan, wir haben ein noch viel größeres Problem als die da“ er zeigte zur Tür „und was die Chipkarte angeht, das ist eine kleine Kopie und da ist nicht das drauf, was wir dachten, es ist viel schlimmer!“

Tessa sah sich um. Das Zimmer war groß, das Bett so oder so. Wahrscheinlich hatte sie gerade in ‚seinem Bett‘ geschlafen. Himmel Herr Gott! Sie sprang auf. Das Fenster. Schnell rannte sie dort hin und sah raus. Erster Stock, aber viel zu hoch, sie würde sich alles brechen. Sie musste aufs Klo. Langsam zog sie die Tür auf…

„Wovon redest du?“ fragte Ryan verwirrt nach.
„Wir dachten doch alle, dass wir dort drauf zu sehen sind auf der Chipkarte. Das sind wir auch, allerdings nicht nur das. Er hat uns gefilmt, wie wir uns auflösen und…“ er drehte sich um und sah Tessa an.
„Ich… also… ähm… tut mir Leid. Ich müsste mal ins Bad“ sie versuchte ein Lächeln, dass ihr nicht gelang. Ihr Herz klopfte zum zerspringen.
Ryan zeigte den Flur rechts von ihr entlang. „Letzte Tür rechts“. Hatte sie etwas gehört?
„Hm… danke“ nuschelte sie und huschte den Flur entlang.
Die beiden sahen ihr nach.
„Was ich sagen will ist, er hat uns gefilmt wie wir uns auflösen, wir unsere Fänge zeigen und sie sind wirklich gut zu erkennen und wie Josch…“.
„Scheisse!“
„Ja.“
„Wir müssen an die Chipkarte. Heute noch. Verflucht! Wir stecken mehr als nur in der Scheisse!“ er sah den Flur entlang und seufzte „Wir drei“ er nickte in die Richtung von der Kleinen „werden gleich nochmal hinfahren“.
„Du meinst, sie hilft uns?“
„Ich weiss es nicht. Wenn nicht, dann nehmen wir eben Gedankenkontrolle. Uns bleibt keine Wahl. Zieh dir deine Tarnkleidung an und hol eine weitere für sie. Hm… Robert seine dürfte passen, etwas jedenfalls“.
Alex sah ihn an „Sie passt wohl eher in deine.“
Ryans Gesicht verfinsterte sich.

Die Kerle mussten reich sein. Das Badezimmer war riesig. Mit einer geschwungenen hellen Holzbadewanne. Ein edler roter Teppich und ein kleiner Holzschrank mit Handtüchern. Zwei Waschbecken und jede Menge Creme, Duschgel, Rasierer etc. Sie staunte. Das die auf ihr äußeres achteten, war nicht zu verkennen aber so?!! Neben dem rechten Waschbecken beim Fenster stand eine kleine Holzschüssel, mit Zahnbürsten und Zahnpasta. Alles ordentlich hingelegt und noch verpackt. Eine minikleine Packung mit Duschgel und Körperlotion war dabei. Für Frauen. Vielleicht sollte sie fragen ob sie sich Duschen darf. Es sah nicht danach aus, als würden die sie schnell gehen lassen. Ein Klopfen an der Tür ließ sie erschrocken zusammenfahren.
„Ich lege dir etwas Kleidung vor die Tür. Zieh sie an, wir fahren nochmal weg“.
Schnelle, fast lautlose Schritte verrieten, das Ryan wieder ging. Kleidung? Was für Kleidung und vor allem, wo wollten die hin? Mit ihr? Sie öffnete die Tür und sah fein säuberlich einen Kleidungshaufen vor sich liegen. Sie blickte den Flur entlang. Niemand war zu sehen. Sie nahm den Stapel mit ins Badezimmer und faltete die Kleidung auseinander. Tarnkleidung. Wollte er sie verarschen? Das würde sie niemals anziehen. Sie nahm alles in ihre Hand und öffnete die Tür um ihre Kleidung aus dem Zimmer zu pfeffern.
„Das werde ich nicht anziehen“ sie warf alles in den Flur und wollte gerade die Tür wieder schließen, als diese energisch aufgestoßen wurde. Vor ihr stand Ryan, mit der Kleidung. Wie hatte er das so schnell eingesammelt? Sie wich zurück.
Er trat ein und gab der Tür einen schups, dass sie zu viel. „Zieh das an“.
„Nein! Ich bin doch nicht irre. Warum sollte ich das t… aaaah!“
Sie fand sich mit samt der Kleidung an seine Brust gepresst wieder. Alles ging so schnell, dass sie nicht wusste, wie er das gemacht hatte. Sie wand sich in seinem Griff.
„Wirst du es selber anziehen oder soll ich dir behilflich sein?“
Sie erstarrte. Das konnte er nicht ernst meinen! Ängstlich blickte sie hoch. Er meinte es ernst! Oh Gott!
„W… wieso?“ stotterte sie.
„Zieh es an. Wir wollen nochmal zurück. Du musst uns helfen und wir wollen nicht erkannt werden“ er hob seine Augenbrauen an „Soll ich dir nun helfen oder nicht?“
„Nein!“ Sie versuchte aus seinem Griff zu kommen, aber es war unmöglich.
Er ließ sie so plötzlich los, dass sie fast das Gleichgewicht verlor. Er presste ihr die Sachen an die Brust. „Zieh das an“, dann drehte er sich um und wartete.
„Ich soll… Sie können doch nicht… aber…“
„Letzte Chance. Entweder du ziehst dich jetzt um oder ich helfe dir. Ich sehe doch nichts!“ er seufzte.
Sie schnaubte und sah ihn an, dann legte sie alles auf den kleinen Schrank und zog sich die Hose aus, nur in einer Panty stand sie nun da. Schnell zog sie sich die Hose über, aber irgendwie klappte das nicht ganz. Scheiss Hose!
„Verdammt“ sagte sie laut.
Er drehte sich um „Was denn nun schon…“. Starr blickte er sie an. Da stand sie, nur mit einer Panty und die Hose gerade mal bis zu den Knien hochgezogen.
„Warte ich helfe dir“ er ging auf sie zu.
„Stehen bleiben! Nein!“ fauchte sie und wich zurück.
„Hinten ist ein weiterer Reisverschluss, den du öffnen musst“ er drehte sich wieder um.
Sie schaute nach unten und sah den Reisverschluss, öffnete ihn und zog sie hoch. Dann sah sie wieder in die Richtung von Ryan, er stand immer noch mit dem Rücken zu ihr. Sie zog sich ihr Babydoll aus und runzelte die Stirn. Das Shirt der Tarnkleidung sah einfach nur widerlich aus. Sie zog es über den Kopf, zu ihrer Überraschung, saß es perfekt.
„Fertig“ sagte sie.
Ryan drehte sich um. Er legte den Kopf schief und sah sie an, irgendwie sah sie in der Tarnkleidung niedlich aus. In seiner Tarnkleidung!
„Na fein, dann können wir ja“ er ging aus dem Bad in sein Zimmer. Sie folgte ihm.
„Wohin fahren wir zurück?“
„Chipworld Agency“
„Wieso?“
„Stellst du immer so viele Fragen?“
„Nein, aber… Sie haben mir vorhin auch Fragen gestellt, obwohl Sie nur reden wollten!“
Er seufzte und klang genervt.

Sie gingen nach unten in Richtung Wohnzimmer. Tessa sah sich neugierig um. Das Haus war riesig, genau wie die Zimmer und dazu noch wunderschön eingerichtet, dafür, dass hier so viele Männer wohnten.
„Alex? Bist du soweit?“
„Komme.“
Er drehte sich zu Tessa um, die gerade eines seiner Lieblingsbilder an der Wand ansah. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. Was passierte eigentlich gerade mit ihm?
„Gefällt es dir?“
Sie drehte sich um „Ja.“
„Wir sollten gehen.“
Ich drehte mich um und folgte Ryan, Alex ging hinter mir. Ob sie dachten, dass ich wieder flüchte? Aber der Gedanke kam mir schon. Ich wollte keine Geisel sein, keine Gefangene. Ich war Müde.
Ryan öffnete das Auto und hielt mir die Tür auf. Ich stieg ein. Zu meiner Überraschung saß er plötzlich neben mir. Alex fuhr das Auto.
„Warum sollte ich mitkommen?“
„Du hast den Schlüssel für die Firma und musst uns helfen eine Chipkarte zu finden.“
„Ich?“
„Ja.“
Ich runzelte die Stirn, sagte aber nichts mehr dazu.

An der Firma angekommen zog ich aus der Hosentasche eine Karte, eine Schlüsselkarte. Ruhts hatte das Schloss gegen ein Kartenschloss ausgetauscht. Ich wollte die Karte gerade reinschieben, als Alex sie aus meiner Hand riss.
„Was…?“
„Was hat er dir gesagt?“
„Gesagt?“
„Musst du was beachten?“ er klang genervt.
„Ja. Er sagte mir, die Karte muss mindestens 5 Sekunden drin stecken bleiben, damit die Tür aufgeht, aber als ich es vorhin gemacht habe, ging es auch schneller.“
„Ah. Er ist raffinierter geworden. Wenn sich jeder Mitarbeiter daran hält und die Karte 5 Sekunden drin stecken lässt, weiss er wahrscheinlich, wer zu welcher Zeit gekommen und gegangen ist. Ich wette es geht auch schneller“.
Er steckte die Karte rein und zog sie schnell wieder raus, die Tür ging auf. Ich runzelte die Stirn.
„Wie…?“
„Sobald das Klicken ertönt kann die Tür aufgemacht werden.“
„Welches klicken?“ ich verstand nur Bahnhof.
„Äh… ich hab ein gutes Gehör.“
Aha.
Wir gingen rein. In die Richtung vom Archiv. Vor der Tür blieben wir stehen. Ryan der neben mir stand gab einen verächtlichen Ton von sich.
„Er ist raffiniert, er weiss das wir dort nicht ohne Hil…“ er hielt kurz inne, „würdest du die Tür für uns öffnen bitte?“
Wow, er konnte Bitte sagen! Aber wieso sollte ich die Tür öffnen – Händeabdrücke? „Natürlich“.
Er schob mich schnell rein. Fast wäre ich dabei über meine eigenen Beine geflogen „WAS DENN?“ murmelte ich.
„Hat er ein System wo alles gespeichert ist?“
Ich seufzte. Der Typ ging mir auf die Nerven. „Ich habe keine Ahnung.“
Er sah mich eindringlich ein. Unwillkürlich wich ich wieder einen Schritt zurück und stieß gegen Alex.
„Ich war vorhin auch das erste Mal hier drin. Ich habe wirklich keine Ahnung.“
„Dann müssen wir wohl suchen.“
„Nach was sucht ihr denn? Wieso müsst ihr mich entführen, um an eine Chipkarte zu kommen? Was sollte denn da schon drauf sein, dass ihr gleich Gewalt anwenden müsst?“
Ich stellte eindeutig zu viele Fragen.
Ryan sein Blick huschte zu mir, dann zu Alex. Ich drehte mich zu ihm, um ihn anzusehen. Es sah fast so aus als würden die beiden sich Blind verständigen.
„Okay. Wir suchen eine Chipkarte die so ca. 2 Monate alt ist. Auf der Karte sind wichtige Informationen drauf, die deinen Chef nichts angehen und die er heimlich gemacht hat. Wir müssen diese Karte finden, heute noch!“
„HEUTE?“ meine Stimme war schrill und tat mir in den Ohren weh. „Das kann nicht euer ernst sein! Seht ihr nicht wie groß das hier ist? Hier gibt es über 10.000 Karten!“ ich seufzte „Ich bin Müde.“
„Es ist nicht unmöglich“ er tauschte einen Blick mit Alex. „Wir müssen uns halt Mühe geben sie zu finden!“
„Na super“ ich stampfte weiter ins Archiv rein, weil wir immer noch beim Eingang standen, dann blieb ich stehen und drehte mich wieder um „Lasst ihr mich gehen, wenn ihr die Karte habt?“
„Nein! Vorerst nicht.“
Klasse! Absolute Klasse! Was hatte ich doch wieder für ein Glück?!

„Nach was suchen wir denn genau?“ fragte ich nach, als ich vor einer großen Wand voller Chipkarten stand. Ich hatte mir nur noch gemerkt, dass es um eine Karte vor von 2 Monaten ging.
„Wir sollten erst mal schauen, wie alles geordnet ist“ stellte Alex fest und ging noch weiter nach hinten ins Archiv.
Mein Blick suchte die Etiketten der Schachteln ab. Es ist April, also suchten die nach etwas vom Februar? Oder Ende Januar, oder wie? Ah!
„Vor 2 Monaten bedeutet irgendwann im Februar?“ fragte ich stumpf nach.
„Ja.“
„Hier ist etwas vom Februar“ stammelte ich leise vor mich hin.
„Wo??“ ich zuckte zusammen, als ich merkte wie nah er an meinem Rücken stand.
„D… da“ ich zeigte auf 2 Schachteln.
Er nahm sie raus und stellte sie auf einen Tisch und kramte drin rum. „Nichts“ kam es nach 1 Minute.
Wow, war der schnell, aber er wusste ja auch wonach er suchte…
Er stellte die Schachteln wieder rein und ging an mir vorbei, eine Reihe weiter um dort zu suchen. Ich nahm mir die nächste Schachtel mit Februar raus und öffnete sie und musste loslachen. Auf einer Chipkarte stand doch echt ‚Vampire‘ drauf. Was ging denn hier ab bitte? Mein Chef hatte sie nicht mehr alle – Vampire. Das ich nicht lache, sowas gab es doch überhaupt nicht! Ich steckte sie schnell ein, ich musste wissen, was da drauf zu sehen war!
„Was hast du gefunden?“
Ich zuckte wieder zusammen. Scheisse, wieso war der immer so leise?
„Ach… nichts. Das hat doch… hm alles keinen Sinn. Ich weiss nicht wonach ich suche und das Archiv ist viel zu groß als das die Möglichkeit besteht je zu finden wonach ihr sucht!“, ich nahm die Schachtel und schob sie wieder zurück zu ihrem Platz.
„Ich hab einen Computer gefunden“ kam es aus dem hinteren Teil des Archives. Ryan zog mich mit.
„Hier schau Ryan“ er zeigte auf etwas „da muss sie drin sein. Reihe 60, Fach 30, Platz 20“. Die beiden standen so schnell auf, dass ich auf meinen Allerwertesten fiel. Schon waren sie weg. Was hatte er denn bitte ins System eingegeben, dass er es so schnell gefunden hat? Ich stand auf und ging zum Computer. Suchbegriff ‚Vampir‘. Mein Herz schien stehen zu bleiben um dann viel zu schnell weiterzuschlagen. Das war die Karte die ich hatte! Die, die ich rausgenommen hatte! Die in der Tasche steckte! Himmel Herr Gott… wieso wollten die…?!
Ich hörte etwas rascheln. Wahrscheinlich Alex oder Ryan. Aber die waren doch vorne? Ich drehte mich um, aber niemand war zu sehen. Schnell machte ich den Suchbegriff raus.
„Verflucht“ kam es von vorne „Sie ist nicht da!“.
Konnte sie auch nicht, ich hatte sie.
„Vielleicht hat er sie nach unserem Besuch mitgenommen?“ hörte ich Alex sagen.
Ja, wieso hatte er das denn eigentlich nicht gemacht? Es war doch klar, dass sie es mit mir zusammen nochmal versuchen würden hier her zu kommen! Da stimmte was nicht!
Ich ging nach vorne. Die beiden saßen auf Stühlen um den Tisch herum und hatten die Hände in den Gesichtern vergraben. Das wäre meine Chance um von hier weg zu kommen. Wenn ich ein paar Reihen weiter gehe, könnte ich die beiden umgehen und wegrennen! Klammheimlich schlich ich mich davon. Gerade als ich den Türgriff berühren wollte kam ein „Wohin soll es denn gehen?“ von Ryan. Er stand einige Meter von mir entfernt. Scheisse!
Ich blickte nach unten und lief rot an. Erwischt! Tessa du bist nicht gut!
Er kam auf mich zu, stand vor mir, und sah mich an. Es legten sich zwei Finger unter mein Kinn und hoben es an „Du wolltest abhauen!“ – Es war keine Frage, es war eine Feststellung!
Langsam nickte ich.
Dann standen wir einfach nur da, keiner sagte etwas.
Urplötzlich und so schnell, dass ich nicht mal eine Bewegung wahrnahm, hatte Ryan mich von hinten gepackt und drückte seine Hand auf meinen Mund, zog mich nach hinten hinter ein Regal.
Mein Herz machte einen Überschlag um dann wieder viel zu schnell weiterzuschlagen. Ich wand mich in seinem Griff. „Psst“ sein Kopf deutete auf die Tür und ich sah wie der Türgriff runter gedrückt wurde.
Scheisse! Unbewusst hielt ich meinen Atem an.
Eine leise Stimme flüsterte hinter mir in mein Ohr „Du musst atmen, Kleines“.
Oh! Ich sog die Luft durch meine Nase ein und beruhigte mich wieder ein wenig, trotzdem schlug mein Herz immer noch zu schnell.

„Er hat noch nichts bemerkt“ kam es leise wie ein flüstern von hinter mir – Alex. Wie kam er so schnell zu uns? Und wie hatte er es bemerkt?
Leicht zuckte ich zusammen.
„Psst“
Ja. Ja. Ja. Bin ja schon ruhig.
Neugierig verfolgte ich, soweit sein Griff es zuließ, was Ruhts machte. Er ging zu Reihe 60. Platz… oh mein Gott! Er nahm genau die Schachtel vom Regal, die erst ich und dann die beiden in der Hand hatten.
„Das kann nicht sein!“ vernahm ich seine Stimme. Es klang ziemlich leise. Dann kam ein ausgiebiger Fluch und er scheuerte die Schachtel den Flur entlang. Eine Chipkarte landete nur unweit von uns entfernt. Seine Gestalt entfernte sich Richtung Computer.
„Wir müssen weg, Ryan“ flüsterte Alex.
„Ganz leise Tessa, okay? Öffne so leise es geht die Tür!“
Langsam nickte ich und ging immer noch mit seinem Griff um mich herum und seiner Hand auf meinem Mund mit ihnen zur Tür. Ich sog noch einmal die Luft ein und neigte die Klinke, dann zog ich die Tür auf und wir schlüpften hindurch.
Ein paar Schritte weiter spürte ich plötzlich keinen Boden mehr unter mir. Ryan hatte mich einfach hochgehoben und nun rannte er mit mir zusammen den Flur entlang. Die beiden hinterließen nicht einen laut.
Draußen angekommen rannten sie zum Wagen und Ryan schlüpfte mit mir rein. Da der Wagen ein Tiguan von VW war, zog er mich mit sich zusammen rein. Ich fand mich halb auf seinem Schoß wieder. Endlich ließ er dann auch von mir ab und ich rutschte schnell von ihm weg.
Alex fuhr auf die Autobahn „Ich verstehe das nicht. Wir konnten die Chipkarte nicht finden und er hatte sie da auch reingelegt. Sonst wäre er nicht dagewesen. Was ist schief gelaufen?“
Ich sah schnell aus dem Fenster.
„Tessa?“ die Stimme war leise und drohend.
Langsam drehte ich mich zu ihm um „Ja?“
Er sah mich so eindringlich an, dass ich das Gefühl hatte er würde mir bis in die Seele blicken. „Wo ist die Chipkarte?“
„Ich weiss es nicht. Wenn ihr sie nicht gefunden habt wie dann ich, wenn ich nicht mal weiss, was drauf sein soll oder nach was ich hätte suchen müssen?“
Er drehte sich weg und es war still im Auto. Mein Herz schlug viel zu schnell, immer noch. Ich musste mich beruhigen.

Beim Haus angekommen wurde ich wieder in sein Zimmer gebracht, naja zumindest ging ich davon aus, dass es sein Zimmer war. Ryans Zimmer. Ich schaute aus dem Fenster. Nichts als Wald war zu sehen. Ich lugte zu ihm rüber. Er saß vor seinem Computer und checkte seine Emails.
Nach ein paar Minuten, in denen ich einfach nur dastand und in den Wald geblickt hatte sagte er endlich etwas.
„Wenn du willst kannst du duschen gehen. Es ist spät und du bist Müde. Versuch etwas zu schlafen, aber ich warne dich, versuch nicht abzuhauen!“ damit drehte er sich um und verschwand aus dem Zimmer.
Unschlüssig stand ich weitere Minuten da. Der Computer war noch eingeschaltet. Aber ich sollte wirklich erst mal duschen gehen. Worin sollte ich schlafen? Egal.
Ich ging den Flur entlang und ins Badezimmer. Nahm mir das Fläschchen mit dem Duschgel und die Bodylotion. Suchte mir ein Handtuch raus und zog mich aus. Die Dusche tat meinem verspannten Körper gut und war erfrischend. Ich stieg aus der Dusche, trocknete mich ab und cremte mich ein. Die Lotion roch nach Honig und Zitrone und war mit Joghurt angerührt – laut Verpackung. Sie duftete fantastisch! Ich schlüpfte in meine Unterwäsche, meine Hose und mein Babydoll. Dann hang ich das Handtuch über den kleinen Wäscheständer der in der hinteren Ecke stand und ging zurück zum Zimmer. Ryan war nicht da, der Computer immer noch eingeschaltet. Es juckte mich in den Fingern mir die Chipkarte anzusehen, die alle so sehr brauchten oder suchten?

Ich lugte nochmal aus dem Zimmer in den Flur, niemand war zu sehen. Also ging ich zum Computer und steckte die Chipkarte rein. Checkte sie kurz nach Viren ab und öffnete sie. Es waren Bilder, Videos und eine Word-Datei zu finden. Das Word Dokument konnte ich zwar öffnen, aber es kam nur Kuschelmuschel raus. Man konnte nichts lesen und so schloss ich die Datei wieder.
Die Bilder waren interessanter. Ryan, Alex, Josch und ein anderer waren darauf zu sehen. Passbilder? Anders konnte man es nicht nennen.
Wieso waren alle hinter der Chipkarte hinterher, und wieso brauchte Ruhts Bilder von denen?
Ich schloss die Bilder wieder und sah mir die Videoliste an. 5 Videos insgesamt. Ich starrte sie einfach nur an. Sollte ich sie wirklich öffnen? Wollte ich wirklich in die Sache reingezogen werden? Was würde ich sehen?

Ryan der unten im Wohnzimmer saß lächelte plötzlich. „Sie ist neugierig!“ sagte er zu Alex.
„Hm?“ murmelte dieser und sah ihn verwirrt an.
„Lass dich überraschen!“ kaum ausgesprochen teleportierte er sich in sein Zimmer, ein paar Schritte von ihr entfernt.
Er blickte auf den Bildschirm. Es war die Chipkarte! Sie hatte sie mitgehen lassen. Wusste er es doch! Verdammt nochmal, dass Mädchen hatte Mut!
Er spürte, dass sie sich unsicher war. Sie starrte nur den Bildschirm an, ohne etwas zu machen. Ihr Herz schlug im wilden Rhythmus in ihrer Brust.
Er wartete…

Konnte es wirklich sein, dass es Vampire gab? Das Ruhts und auch die Kerle die sie entführt hatten davon wussten? Waren sie welche? Wenn sie es waren, dann befand sie sich in noch größerer Gefahr. Sie musste es wissen.
Seufzend klickte sie zweimal auf die erste Videodatei. Es dauerte einen Augenblick bis sie sich öffnete. Alles war dunkel, aber es waren Umrisse zu sehen. Das Video endete nach nur 30 Sekunden, da sie aber kaum was erkennen konnte, spielte sie das Video nochmals ab.
Alex und Ryan waren darauf zu erkennen, zwar nur schwach, aber sie waren es. Aber was sie da taten, konnte sie nicht erkennen, es war zu dunkel. Die erste Videodatei war schrott!
Sie öffnete die zweite, worauf gleich eine Fehlermeldung kam. Die Datei war kaputt. Super!
Die dritte, sie zögerte und öffnete diese dann. Ein Friedhof war zu erkennen. Gestalten die kämpften, aber so schnell das sie nicht folgen konnte.
Was sollte das? Wieso waren die so scharf darauf?
Sie schnaubte und schloss die Datei und öffnete die vierte. Diese war heller, nicht viel aber immerhin. Sie sah Ryan, Alex und Josch. Josch, bah! Sie starrte auf das Video. Plötzlich waren sie nicht mehr zu sehen – was zum Teufel??? Sie hielt das Video an und spielte es nochmal neu ab. Dann sah sie es, sie verschwanden einfach. Weg! Sie waren nicht mehr da! Das Bild hatte sich doch nicht mal bewegt, wie konnte das sein?
Sie klickte auf Widerholen. Eindeutig, sie verschwanden einfach. Lösten sich in Luft auf!
Nun konnte sie nichts mehr halten. Sie klickte auf die fünfte Videodatei, die sich schnell öffnete und abspielte. Josch war zu erkennen, nur er… und eine Frau. Er stand hinter der Frau. Strich ihre Haare beiseite. Beugte sich über sie. Rote Augen. Funkelnde rote Augen. Dann öffnete er seinen Mund. Spitze lange Zähne traten hervor. Er biss der Frau in den Hals.
Sie sprang auf, der Stuhl polterte auf den Boden. Schockiert sah sie mit an, wie Josch von der Frau trank. Sie in seinen Armen immer schwächer wurde. Er legte sie auf den Rasen und verschwand. Ende des Videos.
Sie starrte auf den Bildschirm…
VAMPIRE!
Sie schlug sich die Hand vor den Mund um nicht laut aufzukreischen. Ihr Herz überschlug sich fast und sie hatte das Gefühl, dass es gleich aus ihrer Brust springen würde.
VAMPIRE!
Sie musste hier weg. Schnell!
Plötzlich schlangen sich zwei eisenharte Arme um mich, fesselten meine Arme an meinen Körper.
Eine leise drohende Stimme die flüsterte „Ich wusste, dass du die Chipkarte hattest. Bist nun zufrieden mit dem was du gesehen hast?“
Ich gab einen erstickten Laut von mir.
VAMPIRE!
Und einer stand genau hinter mir, hielt mich fest.
„Nein!“ …. „Nein! Nein bitte nicht!“ stammelte ich leise vor mich hin.
Er würde mich umbringen. Mein Leben war zu Ende.
„Das solltest du nicht gesehen haben! Verstehst du nun, wieso wir diese Chipkarte so dringend brauchten? Ruhts hat uns gefilmt. Wir wussten es, konnten aber nichts machen. Die Tür zu seinem Archiv war aus Silber, deshalb solltest du sie öffnen“.
Ich hielt still wartete darauf, dass es endlich passierte.
„Was soll ich nur mit dir machen?“
Ich spürte sein Kinn auf meinem Kopf. Seine eisenharten Arme die mich umfangen hielten.
„Was… was wirst du nun machen?“ fragte ich nach. Meine Stimme war nicht wiederzuerkennen, so heiser hörte ich mich an. „Die Frau. Josch. Hat… hat er sie umgebracht?“
„Nein, er hat sie nicht umgebracht. Er hat nur von ihr getrunken. Sie war geschwächt, sie lebt“.
„Wirklich? Und… und was ist mit mir?“
„Nun. Eigentlich darf keiner von unserer Existenz wissen. Ruhts war eine Gefahr für uns, weil er beweisen konnte, dass es uns gibt. Nun haben wir die Chipkarte aber. Dank dir. Auch wenn du uns hinters Licht geführt hast“.
„Habe ich nicht. Wirklich nicht. Ich habe die Beschriftung gesehen und dachte das sei ein Scherz. Ich wollte sehen was darauf zu sehen ist und hab sie eingesteckt. Ihr habt mir die ganze Zeit nicht gesagt was ihr sucht, woher sollte ich wissen, dass ihr genau danach gesucht habt? Ich wusste es erst, als ich im System das Wort Vampir gelesen habe. Ich hatte Angst und wollte weg“.
„Scheisse! Er weiss, dass wir da waren“.
„Wieso? Woher denn?“ ich raffte nichts mehr.
„Das Wort im System… er wird es gesehen haben“.
„Wird er nicht. Als ihr nach vorne gelaufen seid, hab ich es gelöscht“.
Ein raues lachen war zu verhören „Dann hast du uns in mehreren Sachen geholfen!“.
Es war eine Feststellung.
„Was werdet ihr mit mir machen?“ Ich musste es wissen.
„Wenn ich das wüsste!“
Sein Kinn lag immer noch auf meinem Kopf, der griff war fest. Er war ein Vampir. Wieso fühlte es sich so gut in seinen Armen an?
„Wir könnten deine Erinnerungen löschen“
„Nein. Nein bitte nicht“
Wieso sagte ich das? Verwirrt runzelte ich meine Stirn.
„Nicht?“ ein leises lachen war zu vernehmen. „Willst du hierbleiben?“
Hierbleiben? Da bleiben, wo Vampire waren?
„Mit uns hier leben?“ flüsterte er und drückte mich noch näher an sich.
Okay. Was lief hier gerade ab?
„Hier leben, unser Geheimnis für dich behalten?“ flüsterte er weiter.
„Ich habe das Gefühl, dass da mehr hinter steckt“.
Wieso sprach ich das alles aus?
„Hmm…“ sein Kinn wuschelte in meinen Haaren rum. Die mussten jetzt wahrscheinlich zu allen Seiten abstehen „vielleicht. Ja, vielleicht ist da was“.
„Und was?“ gespannt wartete ich ab.
Urplötzlich ließ er mich los, drehte mich zu sich um, zog mich an seine Brust und legte die Arme um mich. Und dann legten sich seine Lippen auf meine. Fordernd, hart.
Ich erstarrte für Sekunden nur um mich dann heftig zu wehren.
Sein Griff wurde stärker, zog mich noch enger an sich. Seine Lippen fordernd und dann plötzlich spürte ich seine Zunge in meinem Mund.
Wann hatte ich ihn geöffnet? Wie ein Blitz durchzuckte es meinen ganzen Körper.
Plötzlich schien die Zeit still zu stehen. Mein Körper presste sich an seinen, ich erwiderte seinen Kuss mit einer Heftigkeit die ich so von mir nicht kannte. Dann spürte ich in meinen Kniekehlen die Bettkante und fiel nach hinten. Seine Arme hatten sich nicht eine Sekunde von mir gelöst, aber trotzdem landete ich weich und wurde nicht durch seinen Körper erschlagen. Er lag auf mir, presste seinen Körper an meinen. Küsste mich. Ich versank in einer Traumwelt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, löste er seinen Mund von meinem. Ich musste erst mal Luft schnappen. Dann sah ich ihn an. Seine Augen waren grün, aber solch ein grün hatte ich noch nie gesehen. Ich versank in seinen Augen.
Als sein Daumen über meine Wange strich, wurde ich wie aus einer Trance entlassen. Er lächelte mich an.
„Was ist deine Antwort?“


„Du meinst deine Frage wirklich ernst?“ fragte ich nervös nach. Es war nicht gerade einfach über so etwas nachzudenken, wenn ein Vampir einen küsste und man sich dann zu etwas so ernstem entscheiden sollte.
„Ja. Todernst. Zwei Möglichkeiten. Ich lösche deine Gedanken oder du wirst hierbleiben und das Geheimnis für dich behalten. Denke gut darüber nach und sage mir später deine Entscheidung“ er schwang sich hoch und ging zur Tür. Kurz drehte er sich nochmal um zwinkerte ihr zu „Ich liebe deine Lippen, dein Mund ist zuckersüß, enttäusche mich nicht. Ich werde mir holen wonach mir ist!“, damit schloss sich die Tür und ich saß verdattert da. ‚Holen wonach mir ist‘ wiederholte ich seine Worte in meinem Kopf. ‚Enttäusche mich nicht‘, was meinte er damit?
Hatte er gesagt, dass mein Mund zuckersüß… oh Gott. Ich ließ mich wieder nach hinten fallen und zog die Decke über meinen Kopf.
Ich wollte nicht, dass ein Vampir in meinem Kopf herumschwirrte und meine Gedanken löschte. Womöglich konnte er sich zu meinen ganzen Gedanken Zugriff verschaffen. Es war etwas Persönliches und ich dachte viel. Wenn er das alles wüsste… Nein, der Gedanke war absurd! Aber konnte ich damit Leben solch ein Geheimnis für mich zu behalten? Würden Sie mich wieder gehen lassen? Woher sollten sie sich sicher sein, dass ich nicht redete? Ich nahm mir vor, ein wenig zu schlafen und bevor ich eine Entscheidung traf ihn darauf anzusprechen, dass er mir meine Fragen beantwortet.

Ryan lehnte sich an die Wand und schloss seine Augen. Noch immer hat er ihren Geschmack in seinem Mund der ihn berauschte. Er würde es nicht fertig bringen sie gehen zu lassen. Seine Kumpels würden ihm den Kopf abreißen, wenn sie alles erfahren. Nein, eigentlich würde nur Josch sauer sein. Er öffnete seine Augen und ging nach unten, ließ sich neben Lukas auf das Sofa fallen. Er fing den Blick von Alex auf und nickte „Ja sie weiss es!“ war alles was er sagte. „Wie bitte?“ fragte Josch nach. „Josch, sie hat die Chipkarte mitgehen lassen und sie sich angesehen. Du solltest froh sein, dass wir jetzt das Original haben. Du bist wirklich gut darauf zu sehen, wie du an einer Frau saugst“. „Pffft. Wir können die Menschen kontrollieren, aber die Frau wird uns nur Ärger bringen, sie muss verschwinden Ryan!“. Ryan baute sich auf „Du wagst es, mir Vorschriften zu machen. Sie wird nicht einfach verschwinden. Lass deine Finger von ihr!“. Nun stand auf Josch auf „Ah. Ich verstehe, dann wollen wir mal sehen wie sehr du die Kleine magst“ damit löste er sich auf. „Verflucht!“ die anderen verschwanden auch und tauchten allesamt vor Ryans Tür auf.

Gerade als ich soeben etwas weggenickt war, wurde die Zimmertür schwungvoll aufgerissen und Josch stand mit roten großen Augen im Türrahmen. Mein Herz blieb stehen.
„Was hast du mit Ryan angestellt du Schlampe?“ er baute sich vor mir auf. „N… nichts. Ich… ich weiss nicht was du meinst“ stammelte ich vor mich hin. Meine Augen taten weh.
„Josch, wage es nicht Hand an sie zu legen!“ nun war auch Ryan im Zimmer. Auch seine Augen waren rot. Langsam ohne mich viel zu bewegen schob ich mich weiter nach hinten, hielt dann aber erschrocken inne als Josch sein Gesicht auf meines richtete. Mein Herz hämmerte schmerzvoll in meiner Brust.
Ein schelmisches Lächeln war zu sehen, als Josch sich auf mich stürzte. Ich schrie erschrocken laut auf und fiel halb vom Bett. Plötzlich wurde Josch weggerissen, flog durch das Zimmer und landete an der anderen Seite der Wand. Die Wand war halb eingerissen und trotzdem sprang Josch geschmeidig wieder auf, als sei nichts gewesen. Die beiden gifteten sich mit Blicken an, als sie aufeinander losgingen. Ich hielt mir die Hände vor die Augen um nicht mit anzusehen was sie taten. Ein normaler Mensch hätte den Aufschlag niemals überlebt. Langsam stand ich auf und presste mich an der Wand entlang, hielt aber am Fenster inne als ein lautes knurren und Zähne fletschen, gefolgt von einem weiteren folgte. Ich schrie auf, als ich sah, dass Josch sich auf mich stürzte. Das würde ich nicht überleben. Doch dann tauchte Lukas wie aus dem nichts auf, packte mich und alles um mich herum wurde für ein paar Sekunden schwarz. Schwankend hielt ich mich an Lukas fest um mich dann auf der anderen Seite des Zimmers wiederzufinden. Josch krachte durch das Fenster nach draußen, gefolgt von Ryan.
„Nein!“ ich rannte zum Fenster und sah hinab. Gerade als ich meinen Mund aufmachen wollte, legte sich ein Arm um meine Taille und eine weitere auf meinen Mund. „Das solltest du nicht machen. Sei still, wenn du willst, dass das gut ausgeht!“ zischte Lukas in mein Ohr. Alex tauchte neben uns auf und sah mich an. „Ryan muss was an dir gefunden haben, sonst würde er das hier nicht machen. Es war vorhersehbar. Josch muss immer seinen Kopf durchsetzen“ er seufzte. Ich blickte wieder nach unten soweit ich konnte, aber sie waren nicht mehr zu sehen. Mit meiner rechten Hand fasste ich nach Lukas seiner die auf meinem Mund lag. Er ließ sie sinken. „Wo sind sie?“ fragte ich nach. „Im Wald“ antwortete Alex „Lasst uns nach unten gehen“ er sah mich an und ich nickte kurz. Lukas ließ mich los. Ich sah noch einen Augenblick nach draußen, konnte aber nichts sehen und ging hinter den beiden her. Mein Körper verlangte nach einen Schnaps oder ähnlichem. Ob die sowas hatten?

Ich sah mich im Wohnzimmer um, das Bild welches ich davor schon begutachtet hatte gefiel mir immer noch sehr. Das Wohnzimmer war schön eingerichtet, viele Kunstvolle Bilder, die sicher ein Vermögen gekostet hatten. Ich ließ mich schließlich auf das kleinere Sofa sinken und schloss kurz meine Augen.
„Hier!“ erschrocken riss ich wieder meine Augen auf und starrte auf das Glas Wasser was Alex mir reichte.
„Habt ihr vielleicht auch ein Bier?“ Vampire die Bier trinken? Ich kam vielleicht auf Ideen.
„Natürlich. Trotzdem solltest du das Glas trinken“ er ging wieder weg und ich starrte etwas verstohlen das Glas an. Wieso sollte ich es trinken? Ob er mir etwas reingetan hatte? Ich ließ es stehen.
Als Alex mit einem Bier zurück kam sah er das Glas Wasser und dann mich an „Glaubst du wirklich, dass wir es nötig haben, dir Drogen oder sonst etwas in ein Wasserglas zu schütten?“ er stellte das Bier auf den Tisch und setzte sich neben mich, nahm das Wasserglas und gab es mir. Dann beugte er sich vor und sah mir in die Augen. Ich blinzelte einmal und sah mich dann verwirrt um. Das Wasserglas war leer. Als ich meinen Blick hob sah ich wie Alex mich anlächelte.
„Es war wirklich nur Wasser. Du hast den ganzen Tag nichts getrunken und mit einem Bier zu starten wäre nicht allzu gut“ er stand auf und setzte sich mir gegenüber auf das andere Sofa. Lukas stellte eine Schale mit frischem Obst und etwas Baguette auf den Tisch.
„Bedien dich wenn du magst“ er setzte sich zu Alex und beide sahen mich nun an.
Ich bewegte mich unruhig etwas hin- und her und griff ein Stück Baguette, Kräuterbaguette wie ich feststellte.
„Werden beide wiederkommen?“ fragte ich nach, als ich das Schweigen nicht mehr aushielt.
„Natürlich. Josch braucht ab und an einen kleinen Kampf“.
„Kleinen Kampf?“ wiederholte ich ungläubig.
„Falls du dir Sorgen machst um Ryan. Er ist gut, besser als Josch“ sagte Lukas mir.
„Ich mach mir keine Sorgen“ gab ich etwas kleinlaut wider.
„Nicht? Dein Gesicht sagt etwas anderes“.
Schnell blickte ich weg, hörte aber trotzdem noch das leise Lachen der beiden.
Die Tür öffnete sich und Josch trat ein, Ryan tauchte genau neben mir auf und legte besitzergreifend einen Arm um meine Taille.
„Du solltest dir aber Sorgen um mich machen“ flüsterte er mir leise zu.
Ich wurde rot wie eine Tomate. Wie hatte er das mitbekommen?
Josch trat vor mich, setzte sich auf die Kante des Sofas und sah mich an.
„Tut mir Leid. Normalerweise darf keiner von uns wissen. Es ist noch etwas schwer für mich, dass du es weißt, ich dir vertrauen muss. Ich fasse nicht sehr schnell Vertrauen und möchte dich bitten einfach etwas Geduld zu haben“.
„Gerne.“

„Kommt wir essen was und dann können wir noch einen Film schauen wenn du magst. Du hast nicht viel geschlafen, das kannst du nachholen“ meinte Ryan und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
„Ihr esst ganz normal?“
„Wir können relativ normal Essen, aber brauchen weiterhin Blut zum überleben. Dies haben wir halt in Flaschen oder wir holen es uns von einer Quelle.“
„Mir?“
„Nein, dich wird keiner anrühren. Den Menschen passiert nichts, wir saugen sie nicht leer. Sie fühlen sich danach nur benommen und ein wenig schwach. Das legt sich wieder“.
„Hmmm…“ murmelte ich. Konnte ich Ihnen da vertrauen?
Nach dem Essen schauten wir uns noch einen Film an, aber irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich kurz aufwachte lag ich neben Ryan in einem Bett, nicht sein Zimmer, dass war ja demoliert. Ich schaute wo ich war und ging schließlich ins Badezimmer. Als ich mich genau betrachtete sah ich was ich da anhatte. Er musste mich umgezogen haben und ich hatte nicht mal etwas bemerkt.
Ich setzte mich auf den Rand der Badewanne und dachte nach. War es schädlich, soviel nachzudenken? Ich verbrachte so viel Zeit damit.
Sie würden mich nicht gehen lassen, aber ich wollte auch nicht hier bleiben. Ich musste diese Entscheidung vor die mich Ryan gestellt hatte umgehen und abhauen. Ich würde nach Hause gehen, meine Sachen packen und den nächsten Flieger nach… - ja wohin denn - nehmen. Wenn ich leise wäre würden sie es jetzt vielleicht nicht merken.

Ich schlich ins Zimmer zurück und suchte leise nach meinen Sachen, aber die waren wie vom Erdboden verschluckt. Mein schönes Babydoll. Ich schnappte mir eine Hose und ein Hemd von Ryan, zog es an und ging leise nach unten.
Zu meinem Glück war unten keiner mehr und ich verließ das Haus durch die Terrassentür. Als ich dann draußen stand wurde mir erst klar, wie aussichtslos eine Flucht wäre, denn ich befand mich regelrecht am anderen Ende der Welt, mitten in der Pampa. Ohne Auto würde ich nicht weit kommen und ich hatte kein Auto. Ich ließ mich auf die Treppenstufen nieder und schlug die Hände vor mein Gesicht, fing leise an zu weinen.

„Alles okay?“ die leise Stimme jagte mir einen Schauer über meinen Rücken. Lukas.
„Nein, aber danke der Nachfrage“.
Ich merkte wie er sich neben mich setzte „Was ist los?“ fragte er nach.
„Nichts. Ich möchte nach Hause, komme hier nicht weg. Ryan stellt mich vor eine Entscheidung die ich nicht will, die ich nicht entscheiden kann. Wahrscheinlich kann ich nicht mal mehr meinen Job machen und jetzt findest du mich auch noch. Wirst du es ihm sagen, also, dass ich abhauen wollte?“
„Nein werde ich nicht. Hör zu, ich weiss, dass eine solche Entscheidung schwer ist. Wenn du dir nicht zutraust dieses Geheimnis über uns zu wahren, wieso lässt du dir nicht…“
„Auf keinen Fall. Ich will nicht, dass einer in meinem Kopf herumschwirrt“
„Es ist nicht schlimm. Du merkst nicht einmal etwas. Erinnerst du dich daran wie du das Wasserglas leergetrunken hast? Nein. Alex hat es nur mit seinen Augen und einem Befehl an deinen Geist fabriziert. Es ist für uns normal. Ich weiss das ist keine große Hilfe für deine Entscheidung, aber vielleicht hilft es dir, dass zu wissen. Tu mir den Gefallen und geh wieder mit mir rein. Es wird kälter draußen. Wenn du noch Fragen hast kannst du mir die gerne stellen“


„Würdest du mich ein wenig alleine lassen?“
„Natürlich. Ich werde dir eine Decke bringen, okay?“ er ging wieder rein und legte eine Decke um meine Schultern.
„Danke.“
Ich fragte mich, wieso Lukas mir das mit Alex und dem Wasser gesagt hatte. Er hatte Recht, ich hab nichts bemerkt. Aber es war überaus Interessant einen echten Vampir, nein Vampire, zu kennen. Das Geheimnis war groß, aber was hatte ich schon zu verlieren? Meinen Job konnte ich wahrlich vergessen, Herr Ruhts würde mich nicht wieder einstellen.
Ich stand auf und lief ein wenig auf der Terrasse auf und ab. Ja ich hatte meine Entscheidung getroffen, ich war mir nicht ganz sicher, aber ich hatte Freunde gefunden. Neue Freunde zu finden war für mich nicht leicht. Früher war ich viel umgezogen, zu schnell, nun wollte ich mal an einem Ort bleiben und ich suchte mir genau einen Ort aus, an dem Vampire ihr Unwesen trieben? Das war einfach nur lächerlich, wahrscheinlich gab es überall auf der Welt Vampire. Eigentlich schon komisch, dass man sie nicht erkannte. Sie sahen so normal aus, wie unsereins, Menschen. Das einzige was anders war, war, dass sie ihre Augenfarbe ändern konnten, sie ihre Zähne verlängern konnten, sie Blut tranken. Sie konnten Gedanken lesen und einen allein durch einen Befehl… oh nein, darüber wollte sie nicht nachdenken.
Ich schloss meine Augen und genoss die Ruhe. Die Nacht war wunderschön, der Himmel voll mit hellerleuchteten Sternen. So hell als wollten sie mir eine Nachricht dalassen, die ich aber nicht verstand. Ich nahm meine Beine in die Hände und ging wieder rein. Auf dem Küchentresen stand noch die Obstschale, schnell griff ich mir die Weintrauben, die darin lagen. Ich fragte mich, woher sie die hatten. Sie waren so herrlich süß, kernlos und verdammt lecker. Die besten die ich je verköstigt hatte. Ich ließ mich auf das Sofa nieder und schloss die Augen. Das Wohnzimmer war herrlich kühl. Ich schlief ein.

„Tessa?“ jemand rüttelte sanft an meiner Schulter.
„Hm… ich will schlafen.“
Leises Lachen war zu hören und ich spürte wie sich zwei starke Arme unter mich schoben, mich hochhoben und wegtrugen. Mit einem Seufzer kuschelte ich mich an die Brust und schlief weiter. Wer auch immer es war, er trug einen berauschenden Duft. Ich musste wohl im Bett liegen, denn zwei kräftige Arme umfingen mich und zogen mich an eine Brust.
„Was machst du nur für Sachen?“
War das Ryan? Ich war zu Müde zum nachdenken.

Ryan deckte die schlafende Person neben sich wieder zu. Er hatte einen Schreck bekommen, als er merkte, dass sie nicht da war. Wieso war er nicht aufgewacht?
Er ging nach unten, holte sich eine Flasche Blut und stillte seinen Hunger. Als er heute aufgewacht war, war sein Hunger unglaublich groß gewesen, was kein Wunder war, wenn Tessa neben ihm lag. Der Duft ihres Blutes berauschte ihn.
„Guten Morgen Ryan“ grüßte ihn Lukas und sah ihn mit einem schelmischen Lächeln an.
„Morgen Lukas. Schau mich nicht so an“ er musste selber lachen.
„Ich habe mit Tessa heute Nacht ein wenig gesprochen. Mein Gefühl sagt mir, dass sie das Geheimnis gerne behalten möchte. Lass ihr ein wenig Zeit, bis sie es dir sagt. Setz sie nicht unter Druck und wir sollten überlegen ob wir sie nicht zurück schicken. Ich meine zu Ruhts.“
„Wieso um Himmels Willen sollten wir das tun?“
„Ryan! Sie ist eine eigene Person, sie entscheidet für sich und sie braucht ein festes Gehalt. Und meinst du nicht es könnte nicht schaden vielleicht mehr über ihn heraus zu bekommen? Tessa würde an der Quelle sitzen und woher sollen wir uns sicher sein, dass er es noch nicht weitergesagt hat?“
„Hm… vielleicht hast du Recht. Aber ich will sie nicht gehen lassen!“
„Ryan, du kannst sie nicht einfach aus ihrem Leben ziehen und dann über das weitere bestimmen!“
„Ich will sie nicht verlieren.“
„Und woher weisst du, dass du sie verlieren wirst?“
Ryan drehte sich weg.
„Siehst du.“

Ich wachte auf und fühlte mich benommen. Mir war kalt, die Arme die mich umfangen gehalten hatten waren weg und die Decke lag zusammengeknautscht auf der linken Seite. Ich zog sie schnell über mich und sah mich um. Ich drehte mich auf den Rücken und starrte an die Decke. Die Erinnerungen an das Gespräch mit Lukas huschten durch meinen Kopf.
Sie waren Vampire und Vampire hechteten nach Blut. Ihres hatte man nicht genommen, nicht mal den Versuch gemacht. Freundschaft und Vertrauen gehörten für sie zusammen. Sie vertraute ihnen, Josch noch nicht ganz, aber sie wollte es.
Ich stand auf und suchte nach meinen Sachen, fand sie leider nur nicht. Wo zum Teufel hatte Ryan sie hingelegt? Ich bediente mich wieder an seinen Klamotten und zog eine Hose und ein Hemd aus seinem Schrank. Irgendwie gefiel es mir, in seinen Klamotten zu sein. Sein Duft umgab mich. Ich fühlte mich wohl.
Konnte es wirklich sein, dass man sich so schnell verliebte? War es überhaupt Liebe?
Meine ganze Welt stand Kopf, besonders mein Kopf selber…
Ich sprang unter die Dusche, zog die Sachen an, stylte meine Haare ein wenig und ging nach unten. Niemand war zu sehen. Frische Brötchen und Obst standen auf dem Tisch. Ich bediente mich und aß erst mal was. Das Wetter draußen war herrlich sonnig, sonnig warm. Ich schnappte mir noch eine dünne Jacke und ging raus. Die frische Luft tat unheimlich gut. Ein kleiner Pfad führte mitten in den Wald hinein und ich folgte ihm. Ich verlor jegliches Zeitgefühl, wanderte einfach nur weiter. Ein Baumstamm diente mir als Sitzmöglichkeit. Ich schloss einen Moment die Augen und genoss die Ruhe, die Stille, das knurren welches von der linken Seite kam und… Moment, knurren? Ich riss meine Augen auf und drehte meinen Kopf ein wenig nach links. Mein Herz machte einen Satz und hörte auf zu schlagen, ich rührte mich nicht mehr. Ich konnte nicht mal mehr atmen. Links von mir stand ein riesiger schwarzer Wolf mit schwarzen Augen, der mich fixierte und langsam auf mich zukam. Ich bewegte mich kein Stück, nur meine Augen wurden immer größer als er näher kam und schließlich dicht vor mir stehen blieb. Er legte seinen Kopf schief und sah mich an, es waren intelligente Augen, Augen die nicht nur sahen. Dann neigte er seinen Kopf noch ein wenig weiter und schnüffelte. Oh Gott, er schnüffelte wirklich an mir! Dann zog er seinen Kopf wieder weg und sah mich wieder mit einem schiefen Kopf an.
Wenn er da noch lange so stehen blieb, würde ich aufhören mit atmen oder einfach nur allein wegen der Panik sterben. Wieso stand er da nur und musterte mich?
Ich sah in seine schwarzen Augen und hoffte er würde wieder wegrennen, in den Wald und mich nicht als sein Fressen ansehen. Ein Geräusch, eher ein knacken vor mir und hinter dem Wolf ließ ihn herumfahren. Noch immer saß ich fassungslos auf dem Baumstamm. Der Wolf knurrte. Ryan kam hinter einem Gebüsch hervor und im selben Augenblick wurde es um mein Herz leichter. Doch dann geschah etwas…
„Mein Guter.“ Ryan ging auf den Wolf zu und tätschelte seinen Kopf. Dem Wolf schien es zu gefallen.
„Tessa, was machst du hier?“ fragte er, doch ich sah ihn nur ungläubig an und bekam kein Wort aus meinem Mund, geschweige denn das ich Zusammenhängend denken konnte. Mein Kopf schwirrte.
„Alles okay?“ Ryan setzte sich neben mich und zog mich in seine Arme. Schlaff hing ich an ihm. Er sah mich an und wartete.
„Ich… ich hatte Angst“ stammelte ich vor mich hin.
„Vielleicht hätte ich es dir sagen sollen. Es tut mir Leid, dass er dir solche Angst gemacht hat. Er tut dir nichts. Mein Geruch hängt an dir und im Übrigen“ er hielt inne, ließ seinen Blick über mich gleiten und fuhr fort „trägst du meine Sachen“, seine Augen funkelten.
„Er ist so groß.“
Er lächelte mich an und klopfte auf seinen Schenkel. Der Wolf kam langsam näher und setzte sich genau zwischen uns.
„Magst du ihn mal streicheln?“
„Ich kann… ich darf… er lässt sich streicheln?“
Ohne auf meine Frage zu antworten nahm er meine rechte Hand und legte sie auf den Kopf vom Wolf, dieser neigte ihn ein wenig und schien zu warten. Langsam bewegte ich meine Hand. Sein Kopf war warm, sein Fell wuschelig weich. Es fühlte sich gigantisch an.
„Wie?“
„Er schlich immer um unser Haus herum. Wir geben ihm ab und an etwas zu futtern, jagen mit ihm durch die Wälder. Manchmal verschwindet er für ein paar Tage, aber er kommt immer wieder.“
„Er hat intelligente Augen.“
Ryan lachte. „Die hat er wirklich. Manchmal frage ich mich, ob er uns wirklich verstehen kann.“
„Wie hast du mich hier gefunden?“
„Was machst du hier so weit im Wald?“
„Es ist unhöflich eine Frage mit einer Gegenfrage...“
Ryan beugte sich zu mir. „Vampire sind nicht höflich.“
Oh. „Gut zu wissen“ ich musste grinsen. „Hat er auch einen Namen?“
„Ja, wir haben ihm einen gegeben. Er heisst Netis, bedeutet ‚Guter Freund‘ und das ist er auch für uns.“
„Netis.“ Kaum hatte ich den Namen ausgesprochen hob er seinen Kopf und sah mich an. „Wohin geht er wenn er tagelang nicht kommt?“ fragte ich nach.
„Wir wissen es nicht. Da er immer wieder kommt, es ihm gut geht, sind wir ihm nie gefolgt. Er ist ein Wolf, der Wald ist seine Heimat und er hat seinen eigenen Kopf. Ich glaube kaum, dass wir ihm etwas vorschreiben können.“
„Nein, das stimmt.“
Wir mussten beide lächeln.
„Weisst du eigentlich wie wunderschön du bist?“
„Nein.“
„Du lügst“ er lächelte und neigte seinen Kopf und wollte mich gerade küssen als Netis knurrte. Ryan hob seinen Kopf. „Es fängt gleich an zu regnen. Wir sollten gehen.“ Er nahm meine Hand und zog mich hoch. Netis verschwand im Wald.
„Werde ich ihn wiedersehen?“ fragte ich nach.
„Wenn du bleibst! Wahrscheinlich schon. Komm.“
Kaum, dass wir die überdachte Terrasse betraten fing es an wie aus Eimern zu schütten. Es war, als würde der Himmel ausmisten. Nur das es bei unsereins anders aussah.
„Du willst wirklich, dass ich bleibe?“ Ich wollte es noch nicht wahr haben.
„Ich weiss, dass ich dich aus deinem Leben gezogen habe und das wollte ich nicht. Aber ich kann dich nicht gehen lassen, ich will dich nicht verlieren. Ja, ich möchte, dass du hier bleibst. Bei mir!“
„Ich habe viel darüber nachgedacht, über das, was du am Anfang zu mir gesagt hast. Ich will nicht, dass du meine Gedanken löschst, Ryan. Ich möchte es wirklich nicht. Ich habe Angst davor. Weisst du, ich bin nicht gerade gut darin neue Freunde zu finden, aber ihr habt mich sozusagen nett aufgenommen. Ich verspreche, dass ich euer Geheimnis hüten werde. Niemand wird von mir je erfahren, dass es euch gibt. Aber Ryan, ich brauche meinen Job wirklich. Ich muss meine Wohnung bezahlen, Essen, meinen Lebensunterhalt. Du musst mich gehen lassen.“
Er drehte sich weg. „Ich kann nicht Tessa. Wirklich nicht. Bitte bleib! Für deinen Job werden wir eine Lösung finden, aber bitte verlass mich nicht!“
„Ich kann nicht. Du musst mich gehen lassen. Ich bin nicht deine Gefangene.“ Ich ging ins Haus, an Lukas und Alex vorbei und direkt nach oben. Dort suchte ich meine Klamotten, als ich sie nicht fand, nahm ich nur meine Handtasche, rief mir ein Taxi (was mit dazu noch zusätzlich ein Vermögen kosten würde) und ging wieder runter. Das Taxiunternehmen meinte es würde etwas dauern bis jemand hierher kam, so ging ich ein Stück in den Wald, sodass man mich nicht mehr sehen konnte.
„Netis“ rief ich und wartete. Ich rief ihn noch einmal und tatsächlich kam er schließlich leise aus einem Gebüsch hervor und setzte sich vor mich.
„Guter Junge.“ Ich tätschelte seinen Kopf. „Ich mag dich, obwohl du mir Angst einjagst. Versprich mir gut auf die vier aufzupassen, ja? Besonders auf Ryan. Tust du das für mich?“
Als ob er mich verstehen würde wimmerte er erst und gab dann ein heulen von sich.
„Danke.“
Ich ging wieder zurück, drehte mich um und er saß noch immer an der gleichen Stelle und sah mir scheinbar nach. Ich würde ihn nie wiedersehen… ein kleiner Seufzer entfuhr mir. Ich verabschiedete mich von Alex und Lukas, Josch war unterwegs und Ryan weg. Es tat mir Leid und ich versprach den beiden nochmal ausdrücklich, dass ich niemandem von Ihnen erzählen würde. Ich stieg ins Taxi und fuhr nach Hause.

Vor meiner Tür stapelte sich die Post, wunderbar. Der Kühlschrank war leer, die Wohnung kalt und niemand war da. Wer sollte auch schon da sein… schließlich war ich Single, hatte keinen Freund, nicht mal Freunde. Die Pizzeria um die Ecke hatte auch schon zu also ging ich ohne Essen ins Bett. Doch ich konnte nicht einschlafen, stattdessen wälzte ich mich von einer zur anderen Seite. Als morgens der Wecker klingelte fühlte ich mich so, als hätte ich die ganze Nacht lang Party gemacht und bis zum abwinken getrunken. Ich duschte mich, aber besser fühlte ich mich dadurch nicht gerade. Ich zog eine Stoffhose und eine Bluse aus meinem Schrank und griff nach meinem Telefon. Die Nummer von Chipworld Agency musste ich erst suchen. Herr Ruhts ging sogar persönlich dran, um die Zeit aber sicherlich nichts Neues.

„Frau Cancy, Tessa, geht es Ihnen gut?“
„Ja danke, Herr Ruhts. Mir geht es gut. Ich wollte Fragen ob ich den Job noch habe und heute gleich wieder anfangen kann?“
„Äh, natürlich können Sie wieder anfangen. Eine Kollegin fällt aus, daher wäre es super, wenn Sie kommen. Darf ich Fragen wie Sie entkommen sind? Wo haben Sie gesteckt? Ist etwas passiert?“
Oh, entkommen musste ich nicht und wo ich war würden Sie wohl gerne wissen. Etwas passiert? Natürlich, einer der Kerle hat sich in mich verliebt. Oh und wussten Sie auch, dass es Vampire sind? Aber natürlich wussten Sie das, denn sie hatten ja die Chipkarte. Übrigens, die habe ich entwendet.
„Ich bin abends abgehauen. Aber keine Ahnung wo ich war, ich wollte nur schnell nach Hause.“
„Da bin ich aber froh. Ich erwarte Sie dann heute in der Agentur. Wiedersehen Frau Cancy.“
„Danke Herr Ruhts. Wiederhören.“
JAY!!! Ich hatte noch meinen Job. Ich hüpfte freudig in meiner kleinen Wohnung hin- und her. Schnell machte ich noch dazu Musik an und schminkte mich hübsch. Wozu? Keine Ahnung!

Um halb 8 Uhr machte ich mich dann auf den Weg. Angekommen, atmete ich einmal durch und schob die Karte in den Automat, hielt sie aber so lange drin bis der Piep kam. Die Tür öffnete sich und ich ging hoch. Mein Schreibtisch sah noch genauso aus wie ich ihn verlassen hatte. Ich setzte mich und schaute die Unterlagen durch. Jede Menge Rechnungen lagen in meinem Fach. Super, damit würde ich mich erst mal lange beschäftigen können. Aber irgendwie war ich mit meinen Gedanken woanders… bei Ryan. Ob es ihm gut ging? Wie es Netis wohl ging.
Nach Feierabend ging ich beim Mongolen Essen. Dann holte ich mir noch eine DVD und machte mir einen gemütlichen Abend. Aber wie auch bei der Arbeit war ich mit meinen Gedanken woanders und schlief schnell ein.
Die Tage danach waren auch nicht besser. Die Arbeit war monoton, immer das gleiche. Nichts Interessantes. Ich zog mich zurück, fühlte mich einsam und allein. Ich vermisste die Wärme und das Gefühl nicht alleine zu sein. Mir ging es einfach nur beschissen…

Eine Woche später sollte ich Unterlagen aus dem Archiv raussuchen und hatte mich mit verschiedenen Kartons in eine hintere Ecke zurückgezogen. Ich fand eine Chipkarte einfach nicht und gab es einfach auf. Gerade als ich aus der Ecke gehen wollte, öffnete sich die Tür zum Archiv und ich sah wie Ruhts eintrat.
„Micha. Wo genau hast du die Chipkarte versteckt?“
„Kennen sie den kleinen See am Stadtrand? Dort befindet sich ein großer Wald und eine kleine Hütte. Unter der Treppe eingepackt und mit Erde überschüttet hab ich sie versteckt. Niemand würde sie dort suchen. Die dritte Stufe kann man anheben.“
„Sehr gut. Ich will nicht, dass diese Karte in falsche Hände kommt. Sie wissen was dort für Informationen drauf sind. Ich möchte sie Morgen an Herrn Mecha von der Stadtzeitung weiterreichen. Es soll Sonntag ausgestrahlt werden. Dann sind die Vampire geliefert!“
Lautes Lachen war zu vernehmen, doch bei mir setzte einfach nur mein Herz ein paar Sekunden aus. Ich musste die Chipkarte besorgen, heute nach der Arbeit!
Die Tür schloss sich wieder und als ich sicher war, dass ich wirklich alleine war, wartete ich noch eine halbe Stunde bevor ich rausging. Die Chipkarten legte ich auf Ruhts Schreibtisch mit einer Notiz, dass ich eine nicht gefunden hatte und machte Feierabend.

Ich rannte zum nächsten Taxistand und sagte wo ich hinwollte. Gott sei Dank kannte der sich dort aus und wusste wo er mich nah an der Hütte absetzten konnte. Die Hütte war leer und dreckig. Hier würde wirklich keiner nach so etwas suchen. Allein die vielen Spinnweben machten es nicht gerade leicht für mich. Ich hasste Spinnen, mein Staubsauger war mein bester Freund. Ich musste lachen. Die dritte Treppe ließ sich nur schwer anheben, aber irgendwie schaffte ich es dann doch. Es war einfach nur widerlich in der dreckigen Erde zu wühlen und es brauchte einige Minuten bis ich hatte wonach ich suchte. Eine kleine schwarze Plastiktüte mit der Chipkarte. Puh!
Ein Geräusch ließ mich hochfahren. Scheisse ich war nicht mehr allein. Schnell stopfte ich die Tüte in meine Hosentasche und schloss die Treppenstufe, lief hinter einen Schrank und kroch in die Ecke.
Dieser Micha kam herein und fluchte als er bemerkte, dass die Tüte nicht mehr dort war wo sie sein sollte. Er rannte wieder raus.
„Herr Ruhts. Die Tüte ist weg. Sie ist weg!“
„Wie bitte?“
„Ich hab sie dort vergraben, aber ich hab sie nicht…“
„Verflucht, ich habe keine Kopie davon. Sie haben es vermasselt. Der Teufel soll Sie holen.“
Ich hörte ihn aufstampfen und lachte leise in mich hinein. Das Auto fuhr weg und ich krabbelte aus der kleinen Ecke heraus, lugte aus der Hütte, sah aber niemanden und öffnete die Tür. Trat raus und war stolz, dass ich es geschafft hatte.

„Frau Cancy.“
Scheisse! Ich hob meinen Kopf und mein Lachen verging mir. Herr Ruhts stand vor mir, mit einer Pistole in der Hand.
„Darf ich Bitten?“ er hielt mir seine Hand entgegen. Still fluchte ich. Doch ich rührte mich nicht.
„Sie haben Mut, das muss man Ihnen ja lassen. Sie sind hier alleine wenn ich Sie daran erinnern darf. Geben Sie mir die Tüte und alles wird gut.“
„Gut? Sind sie noch bei Verstand? Nichts ist gut. Überhaupt nichts.“
„Da haben Sie Recht, für mich gut, für Sie nicht. Geben Sie mir die Tüte oder Sie sind Tod. Niemand wird Sie hier finden. Niemand!“
Ich schluckte. Er hatte Recht. Niemand war hier. Keiner würde herkommen. Ich war allein. Langsam reichte ich ihm die Tüte und ging dann schnell wieder 4 Schritte zurück. Die Pistole war immer noch auf mich gerichtet. Er überprüfte die Tüte.
„Perfekt. Vielen Dank. Sie wissen also, dass die vier Vampire sind und Sie schützen Sie auch noch? Sagen Sie mir wieso? Haben Sie Blut von Ihnen genommen? Wahrscheinlich stehen Sie unter deren Einfluss. Ich hätte es wissen müssen!“
„Ich stehe nur unter meinem Einfluss. Niemand hat Blut von mir genommen, niemand beeinflusst mich. Ich tue nur das, was ich für richtig halte. Und das was Sie tun ist falsch.“
„Das interessiert mich nicht. Verabschieden Sie sich.“
Er schoss.
Doch plötzlich flog ein riesig schwarzer großer Wolf durch die Luft, fing die Kugel ab und landete mit gefletschten Zähnen genau vor mir. Ein weiterer Wolf kam hervor, ein grauer. Er sah mich kurz an und wendete sich dann Ruhts zu. Dieser wich langsam zurück.
Mein Herz machte einen Satz. Netis. Trotz, dass er seine Zähne gefletscht hatte, ging ich vor ihm in die Hocke und tätschelte seinen Kopf. Er wimmerte.
„Alles wird gut Netis. Halte durch, ich bringe dich zu Ryan. Hörst du?“
Ich bekam nicht mehr mit wie der graue Wolf Ruhts anfiel und ihn tötete. Ich hatte nur Augen für Netis. Doch als der graue auf mich zukam nahm ich langsam meine Hand wieder weg. Er sah gefährlich aus. Netis rührte sich schon nicht mehr. Er würde mir nicht helfen können. Oder gehörten Sie zusammen?
Er beugte sich vor mich, schnüffelte und fletsche wieder seine Zähne, doch dann wandte er sich Netis zu und stupste ihn an. Er reagierte nicht. Langsam erhob ich mich hielt aber wieder inne als er knurrte. Was hatte Ryan gesagt. Manchmal fragte er sich, ob sie einen nicht verstehen würden.
„Ich bin ein Freund. Das ist Netis. Lass mich ihm helfen. Ich will ihm nichts böses, nur helfen.“ Er sah mich an und trat zurück.

Ich ging zurück und suchte die Chipkarte und fand sie schließlich zwischen zwei Bäumen. Als ich wieder zu Netis ging blitze in der Sonne etwas auf, der Autoschlüssel von Ruhts. Ich fuhr das Auto so nah ich konnte an Netis ran und kniete mich wieder zu ihm. Der graue Wolf musterte mich.
„Netis. Ich danke dir. Bitte raff dich auf und kletter auf die Ladehaube. Alleine schaffe ich es doch nicht. Ich will nicht, dass du stirbst. Hörst du?“
Sein Kopf bewegte sich ein wenig und schließlich nahm er wohl alle seine Kraft zusammen und hievte sich auf die Ladehaube. Der graue Wolf musterte mich und folgte dann. Als ich die Lade schloss knurrte er mich an.
„Willst du da rausfliegen?“ schimpfte ich und ging nach vorn.
Erst mal musste ich hier raus finden und auf eine Straße. Nach langem Suchen fand ich auch endlich eine, folgte dieser und fuhr auf direktem Weg zu dem Haus von Ryan. Den Weg hatte ich mir gemerkt und ich merkte auch, dass ich schon sehr nah war.

Auf den letzten paar Metern fing der Wagen an wie wild zu knattern. Das Geräusch würde man Meilenweit hören und so war ich nicht verwundert wie ich Ryan auf der Terrasse sah. Mein Herz machte einen Satz. Wie hatte ich ihn doch vermisst… – das musste warten.

„Ryan. Hilf ihm.“ Ich deutete nach hinten.
„Was ist passiert?“ Scheinbar kannte er den grauen Wolf, denn der schlug nicht an sondern sprang einfach nur vom Wagen und ging voran zur Terrasse.
„Erklär ich dir später. Hilf ihm, er hat mir das Leben gerettet. Ich will nicht das er stirbt.“ Meine Stimme überschlug sich.
„Renn ins Haus, hol Lukas. Alex soll Josch suchen. Schnell.“
Ich rannte los, holte Lukas und schickte Alex auf die Suche. Ich kniete mich neben Netis, der nun auf der Terrasse auf einer Decke lag und streichelte seinen Kopf. Seine Augen öffneten sich kurz. Oh Gott, bitte lass ihn nicht sterben.
Der graue Wolf lugte unter meiner Hand hindurch und stupste Netis an.
„Nicht“ sagte Ryan und er zog sich zurück. „Tessa, hol einen Eimer Wasser und drei kleine Schüsseln aus der Küche.“
Schnell holte ich alles. Eine kleine Schüssel füllte ich mit Wasser und schob sie zu dem grauen Wolf hin, den Eimer gab ich dann an Lukas weiter. Ich setzte mich an die Hauswand und schloss meine Augen. Ich konnte nichts mehr tun außer warten. Tränen liefen mir übers Gesicht und im gleichen Moment leckte eine raue Zunge über meine Hand. Als ich meine Augen wieder öffnete legte sich der graue Wolf neben mir nieder. Ich legte meine linke Hand auf seinen Kopf und tätschelte ihn.
Josch und Alex tauchten auf und halfen noch ein wenig.
„Fertig.“ Ich schreckte auf. Netis lag immer noch auf der Decke, hatte nun aber um seinen Körper einen fetten Verband drum. Irgendwie sah es zum Lachen aus, aber danach war mir nicht. Ich beobachtete wie Josch mit einer Art Flasche für Babys (wo hatten die das her?) Netis Wasser gab.
„Im Moment können wir nichts weiter tun als immer wieder den Verband zu wechseln und zu warten“ meinte Josch.
„Wird er wieder?“
Er drehte sich zu mir um. „Ja er wird wieder. Keine Sorge.“
Ryan nahm meine Hand und zog mich hoch. „Können wir reden?“ Ich nickte und folgte ihm. Jetzt würde das Gespräch kommen von dem ich wusste, dass diesmal die Antwort ‚ja‘ sein würde. Doch als er den Weg nach oben zu seinem Zimmer einschlug blieb ich stehen.
„Nein, Ryan.“ Ich schüttelte meinen Kopf.
Seine Stirn wurde kraus als er seine Augenbrauen hob.
„Ich… ich habe noch etwas für euch. Das würde ich euch gerne geben.“ Meine Stimme zitterte.
„Na gut.“ Er schlug den Weg ins Wohnzimmer ein, deutete aufs Sofa und holte die anderen. Ich setzte mich. Mein Herz schlug wieder viel zu schnell.
Als schließlich alle saßen sahen sie mich an. Ich war nervös. Da saß ich hier nun in einem Zimmer voller Vampire. Ich atmete einfach tief durch.
„Das dürfte euch interessieren.“
Josch nahm die Tüte entgegen und öffnete sie. „Eine Chipkarte?“
„Ja. Die letzte die er hatte. Es gibt keine Kopien.“
„Keine Kopien? Wie kannst du dir da so sicher sein? Was ist drauf?“
„Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Ich habe durch Zufall ein Gespräch zwischen Ruhts und einem Micha mitbekommen. Dieser Micha hat diese Chipkarte bei einer alten Hütte begraben. Ruhts wollte sie Morgen an einen Herrn Mecha von der Stadtzeitung weiterleiten. Ich bin losgefahren und hab die ausgebuddelt.“ Ich zeigte meine Hände unter denen noch immer die Erde klebte. „Ruhts sagte, es gäbe keine Chipkarten mehr, dies wäre das Original und es gibt keine Kopien mehr. Daher war sie so wertvoll für ihn. Daher hat er auch auf mich geschossen.“
„Wie bitte?“ fragte Josch nochmal nach.
„Er hat auf mich geschossen. Netis hat die Kugel abgefangen. Sie war für mich bestimmt. Ganz allein für mich und er hätte mich tödlich verwundet, da bin ich mir sicher. Netis hat mir das Leben gerettet. Ich habe keine Ahnung wieso er da war. Er war einfach da.“ Ich fing an zu weinen, Tränen kullerten unkontrolliert meine Wangen hinab.
Starke Arme umfingen mich, hoben mich hoch und schließlich fand ich mich auf dem Schoss von Ryan wieder. Ich legte mein Gesicht an seine Brust und atmete tief seinen männlichen Geruch ein.
„Es tut mir Leid, dass du wegen uns in Gefahr gekommen bist“ meinte Josch und setzte sich neben Ryan. Er legte seine Hand auf meine Schulter. Ich blinzelte und sah ihn an.
„Mir ist ja nichts passiert.“
„Ich…“ er holte hörbar Luft. „Tessa. Ich muss mich bei dir entschuldigen. Es ist nicht einfach für mich, jemandem zu vertrauen. Ich dachte, hey wenn die unser Geheimnis kennt, dann können wir damit gleich an die Öffentlichkeit gehen. Ich habe damit gerechnet, du würdest das Geheimnis nicht für dich behalten, dass du Probleme mit dem hast was wir sind. Das du dich aber für uns so einsetzt, obwohl… äh ist auch egal. Ich möchte dir danken. Wirklich!“
„Wow.“ Ich fand keine Worte für das was er gerade gesagt hat. „Danke Josch. Das bedeutet mir sehr viel, was du gesagt hast.“
Ryan räusperte sich kurz. „Geht es dir wieder besser?“
„Ich denke schon.“ Ein kleines Lächeln huschte über mein Gesicht. „Ich hoffe Netis wird bald wieder.“
„Das wird schon“ meinte Josch.
„Ich würde gerne nach Hause.“ Ich sah Ryan an und merkte wie Schmerz in seine Augen trat.
„Möchtest du nicht für die Nacht hier bleiben?“
Machte er sich immer noch Hoffnungen?
Die anderen standen auf und machten sich höflich wenn auch nicht von mir erwünscht aus dem Staub. Verdammt!
„Ryan, ich…“ weiter kam ich nicht, denn er setzte mich so schnell auf seinem Schoss um und presste seine Lippen auf meine, dass zu einer Reaktion keine Zeit blieb. „… weiss nicht ob das so eine gute Idee ist“ murmelte ich weiter.
„Ich finde die Idee gut. Bitte Tessa. Bitte gib mir – uns eine Chance. Ich habe dich vermisst und gehofft du würdest wiederkommen. Bitte geh nicht wieder! Lass mich nicht allein.“
„Du meinst es wirklich ernst?“
„Ja.“
„Ryan, ich brauche wieder einen Job. Ruhts ist Tod und…“
„Was?“
„Hmm??“
„Er ist Tod? Wie das?“
„Der graue Wolf, er hat ihn angefallen.“
„Sie hat ihn angefallen.“
„Sie? Der graue Wolf ist eine Sie?“ Unvorstellbar.
„Ja. Sie gehört zu Netis. Haben wir vor ein paar Tagen herausgefunden. Schätz dich glücklich, sie ist wählerisch. Das sie dich akzeptiert hat ist verwunderlich…“ er dachte nach.
„Ich habe mit ihr gesprochen.“ Man war das peinlich zuzugeben. Ich wurde rot.
Er sah mich an, hob seine Hand und strich über meine Wange. „Das muss dir nicht peinlich sein, wir tun es auch alle“ er grinste „Du bist niedlich wenn dir Farbe ins Gesicht steigt.“
Woooooh Moment! „Ryan!“
„Nicht so wie du jetzt denkst, aber ich denke ich verfrachte dich nun ins Bett. In mein Bett. Jeder Widerstand ist zwecklos. Lass mich alles machen.“
„Ryan?“ Ich sah an mir herab. „Ich will duschen. Ich bin echt dreckig.“ Meine Stimme klang wie die eines kleinen bockigen Kindes die ihren Willen durchzusetzen versuchte.
„Duschen?“ Er sah mir so fest und intensiv in die Augen, dass mein Herz einen Satz machte. Doch es war zu spät. Alles um mich herum wurde plötzlich schwarz und ich fand mich wahrscheinlich Sekunden später im Badezimmer wieder. Ich japste nach Luft. „Was…?“ doch Ryan lachte nur. Er nestelte an meiner dreckigen Bluse. Und ich, was tat ich? Ich stand da und ließ ihn gewähren, unfähig mich zu bewegen, unfähig ein Wort des Widerstandes hören zu lassen. Schließlich stand ich nur noch in meiner Unterwäsche vor ihm. Er beäugte mich von oben bis unten und seine Augenfarbe änderte sich von grün, nach rot und schließlich in ein gemischtes grün-rot. Faszinierend!
„Gefällt dir was du siehst? Eine kleine dreckige Tessa, die… aaaaaaaaah.“ Lachend stand ich mit Ryan schließlich in Unterwäsche unter der Dusche.
Wann hatte er sich die Klamotten vom Leib gerissen?
Er nestelte hinten an meinem BH rum. Ich verkniff mir ein Lachen, da er ihn tatsächlich nicht aufbekam.
„Verflucht, wie geht der denn auf?“
„Versuch es mal vorne.“
Er drehte mich um, sah mir kurz in die Augen und zog eine Grimasse. „Du bist immer für eine Überraschung gut…“ nuschelte er, als er den Verschluss fand. Ich hielt den Atem an. Kein Mann hatte mich je nackt gesehen. Ich hatte keinerlei Erfahrungen in sowas und nun stand ich hier! Würde ihm gefallen was er sieht? Ich zögerte, wollte ich das wirklich? Aber er war so süß!
… ZU SPÄT …
Ich schloss meine Augen.
„Wunderschön. Du bist so wunderschön.“
Er sah sie an. Sie stand mit geschlossenen Augen vor ihm.
„Öffne deine Augen und sie mich an, Tessa.“
Ich tat es. „Ryan…“
„Tsssssch. Genieße einfach nur den Augenblick.“
Er nahm eine ordentliche Portion Duschgel und verrieb sie über meinen Rücken, an den Armen und den Schultern entlang. Es war wundervoll. Nie hatte ich eine Solche Erfahrung gemacht. Ich konnte es nicht vermisst haben, da ich es nicht kannte. Doch nun wollte ich es jeden Tag.
Nachdem er mich vollständig eingecremt hatte schmiegte er sich von hinten an mich und rieb sich an mir. Seine Hände waren dabei in meinen Haaren, das Shampoo verteilen. Es fühlte sich… woooh, mir fällt kein Wort dafür ein…
„Jetzt bist du dran. Na ja jedenfalls für den Teil der noch nicht eingecremt ist.“ Er lachte und ich stimmte ein. Ryan hatte eine Liebevolle Art an sich die ich sehr mochte. Ich fasste Vertrauen zu ihm und noch nie hatte ich mich so schön gefunden. Noch nie hatte mich jemand wunderschön bezeichnet – schon gar nicht ein Vampir. Ein sehr liebevoller Vampir sogar.
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht bemerkte, wie ich nur seinen Rücken an einer Stelle eincremte.
„Alles okay Tessa?“
„Hm…? Oh äh ja. Ich war in Gedanken versunken.“
„Das bemerke ich. Lass mich dich küssen.“ Und schon lagen seine Lippen auf meinen. Zart, verführerisch, süchtig machend.
Das Duschen wurde nun zu einer Kuss-Dusche schlechthin. Als wir endlich fertig waren, trocknete er mich ab. Ich konnte kaum noch stehen vor Müdigkeit. Die letzten Tage hatte ich nicht gerade viel Schlaf bekommen und war immer noch aufgeregt ohne Ende.
Er trug mich ins Zimmer und legte mich auf das riesen Bett, deckte mich zu und kroch dann zu mir unter die Decke und zog mich fest an sich. Seine Arme umschlangen mich und sein Gesicht lag in meiner Halsbeuge.
„Ryan?“
„Hmm…?“
„Ich warne dich, wenn du mich beißt, bin ich sofort wieder weg!“
„Ich weiss.“
Er schmiegte schließlich seinen Kopf gehen mein Haar und ich schlief glücklich und zufrieden ein.

Als ich morgens aufwachte, war ich alleine. Ich zog mich schnell an und rannte nach unten. Keine Stimmen, niemand war da. Ich öffnete die Terrassentür und sah zur Seite. Netis lag immer noch auf der Decke, der graue Wolf neben ihm, ha – falsch, die graue Wölfin gab ein lautes knurren von sich und sah mich hasserfüllt an.
„Hey. Wie geht es euch beiden?“ Ich ignorierte die Wölfin und sah erst mal nach dem Wasser, welches ich schnell auffüllte um mich danach neben Netis zu setzten. Er hob den Kopf und legte ihn auf mein Bein. Die Wölfin hatte mich scheinbar auch wiedererkannt, denn das knurren erstarb. Stattdessen fiel sie über das frische Wasser her, dass ich gebracht hatte.
„Geht es dir besser Netis?“ Ich tätschelte seinen Kopf was er zufrieden hinnahm. Plötzlich hörte ich leise Schritte hinter mir und dachte es sei einer der Jungs, doch dann erschien ein kleiner grau schwarzer Wolf und legte sich neben die Wölfin. Sie hatten ein Junges! Daher hatte sah sie mich als Gefahr an! Der kleine war niedlich. Sein Fell sah weich und geschmeidig aus. Er lehnte sich erschöpft gegen das Fell seiner Mutter und schloss die Augen. Die Wölfin musterte mich wachsam, aber ich lächelte nur. Ich blieb noch eine Weile dort sitzen und tätschelte Netis, bis sich ein Hungergefühl bemerkbar machte und ich schließlich aufstand und rein ging. Wo waren bloß alle? Wieso hatte mich Ryan nicht geweckt nach unserer Nacht? Ich lief rot an, als ich an das dachte, was wir gemacht hatten. Nicht mal eine Nachricht hatte er hinterlassen. Da keiner sonst da war, bestellte ich mir ein Taxi und fuhr nach Hause. Doch dort erwartete mich eine ziemlich derbe Überraschung. Vor dem Haus standen etliche Polizeiwagen sowie ein Krankenwagen, der meine Nachbarin gerade einlud.
„Um Himmels Willen Frau Schmita, was ist denn passiert?“ Ich rannte zu ihr.
Ein Polizist hielt mich auf. „Entschuldigung, Sie sind?“
„Oh. Mein Name ist Tessa Cancy. Ich bin die Nachbarin von Frau Schmita.“
„Wohnung 20?“
„Äh ja.“ Was war passiert?
„Würden Sie bitte einen Moment mitkommen?“ Ich folgte ihm zu einem Kollegen und musste im Polizeiauto Platz nehmen. Sie stellten mir einige Fragen. Mein Schock zustand wurde größer als der Polizist mir mitteilte, dass in meine Wohnung eingebrochen wurde. Meine Wohnung war zerstört. Er sagte, ich könne nicht in meine Wohnung, da erst die Untersuchungen beendet werden mussten und fragte ob ich irgendwo unter kommen könnte. Ryan. Ich stand völlig unter Schock, sodass ich dem Polizisten nicht mehr zuhörte.
„Frau Cancy?“
Ich sah auf. „Wie bitte?“
„Geht es Ihnen gut? Können Sie irgendwo unter kommen?“
„Ja. Ja, es geht mir gut. Ich weiss nicht.“
Er sah mich verwirrt und besorgt an. „Hören Sie Frau Cancy. Hier haben Sie meine Karte. Melden Sie sich, wenn Sie Informationen haben, oder sich wer bei Ihnen meldet, sie reden wollen.“
Ich nickte.
„Kann ich ihre Telefonnummer haben, bitte?“
Ich nickte und schrieb sie ihm auf.
Noch eine Ewigkeit später stand ich immer noch vor dem Haus. Die Menschenmenge hatte sich aufgelöst und die Polizisten waren weg. Meine Sachen! Meine Wohnung! Mein Leben! Ich war auf fremde Hilfe angewiesen, in eine solche Situation wollte ich nie kommen. Meine Güte die Polizisten würden alle meine Sachen sehen, soweit sie noch da waren.
Ich schaute in meine Brieftasche, das Geld würde nicht mehr für ein Taxi reichen, nur noch für den Bus, hoffentlich. Ich ging zur nächsten Info-Zentrale und ließ mir einen Bus plan ausdrucken wie ich wieder in die Nähe von Ryan kam. Ich würde noch eine ganze Strecke laufen müssen, aber mir blieb ja nichts anderes über.
Ich stieg in den nächsten Bus, fuhr bis in die Stadtmitte rein und musste dort nochmal in einen anderen Bus umsteigen. Der fuhr in die Nähe wo ich hinwollte, hinmusste. Beim Busfahrer fragte ich noch nach dem Weg.
Gedankenverloren lief ich die Straße entlang. Als ich endlich beim Haus ankam, war niemand da. Ich setzte mich auf die Stufen bei der Terrasse. Tränen liefen mir übers Gesicht. Ich war einfach allein!
Ein kleiner Kopf lugte hinter einem der Bäume aus dem Wald hervor. Ich traute meinen Augen nicht. Der kleine Wolf kam langsam aus dem Wald auf mich zugetappt. Ich sah mich um und wunderte mich, dass seine Eltern nicht dabei waren. Wo war Netis? Der kleine tapste auf mich zu und legte sich neben mich. Ich tätschelte seinen Kopf was er zufrieden hinnahm. Er beruhigte mich ein wenig und es liefen kaum noch Tränen.
„Tessa?“ Die Stimme gehörte Josch. Ich sah auf.
„Hey.“
„Was ist los? Du siehst schrecklich aus!“ Er setzte sich auf die andere Seite neben mich.
„Als ich aufgewacht bin war keiner von euch da. Ich bin nach Hause gefahren und wollte ein paar Sachen holen, aber…“ ich hielt kurz inne und kämpfte mit den Tränen „… aber bei mir wurde eingebrochen. Meine Nachbarin wurde verletzt und in ein Krankenhaus gebracht. Ich habe nichts mehr Josch, gar nichts mehr. Ich darf nicht in meine Wohnung, habe kein Geld mehr, nicht mal Sachen zum anziehen, geschweige denn, dass ich noch eigene Sachen habe.“
„Weiss die Polizei wer eingebrochen ist?“
„Nein.“
„Tessa. Ich weiss wir hatten keinen guten Start und ich danke dir, dass du mir mittlerweile Vertrauen schenkst.“
„Ich schenke dir nicht nur Vertrauen Josch.“
„Du vertraust mir?“
„Ja.“
„Hat die Polizei gesagt wann du wieder in deine Wohnung kannst?“
„Ich erinnere mich nicht, aber es wird Wochen dauern denke ich.“
„Du willst ein paar Sachen von dir haben nicht wahr?“
„Ja. Deswegen bin ich ja hingefahren. Wenigstens ein paar Klamotten zum anziehen und Geld. Ich hab ja nichts.“
„Ich kann dir die Möglichkeit geben ein paar Sachen aus deiner Wohnung zu holen ohne, dass die Polizei etwas bemerkt.“
„Wirklich?“ Ich sah ihn an.
„Ja, wenn du mir wirklich vertraust.“
„Wie, Josch?“
„Gib mir deine Hände, es wird nicht wehtun, dir wird nur schwarz vor Augen und ein wenig schwindelig werden.“
„Tu mir nicht weh, Josch.“
„Werde ich nicht und wenn, dann kannst du es Ryan sagen.“
Ich grinste „Okay.“
Ich gab ihm meine Hände und mir wurde wie er gesagt hatte plötzlich schwarz vor Augen. Dann spürte ich wieder Boden unter meinen Füßen und verlor das Gleichgewicht, weil mir so schwindelig war. Josch fing mich halb auf.
„Wow. Davon das mir schlecht wird hast du nichts gesagt.“ Ich sah mich um. Meine Wohnung! Ich stand in meiner Wohnung. „Wie hast du das gemacht?“
„Erinnerst du dich an das Video welches du gesehen hast? Genau das habe ich gemacht.“
„Oh. Und sie merken nichts?“
„Wie denn? Keiner ist da, niemand hat uns gesehen. Nimm dir ein paar Klamotten und was du sonst noch brauchst mit, aber nichts was schon rumliegt. Wir müssen alles so verlassen wie wir es jetzt vorfinden und auch keine Fingerabdrücke. Ich mach dir die Schränke auf.“
„Du hast keine Fingerabdrücke?“
Josch lachte. „Doch die habe ich, aber ich kann sie verändern, so dass sie nicht mehr zu erkennen sind.“
„Aha.“ Wie praktisch.
Ich zeigte auf meinen Kleiderschrank den er daraufhin öffnete. Oben lag meine kleine Tasche und ich packte mir ein paar Oberteile, Unterwäsche und Jeans ein. Dann öffnete Josch meine versteckte Spardose, ich nahm das komplette Geld raus und er stellte sie wieder zurück. Gerade als er die Dose in den Schrank stellte, verkrampfte er sich, packte die Tasche und nahm meine Hand. Alles um mich herum wurde schwarz, wieder schwankte ich ein wenig, als ich wieder Boden unter meinen Füßen spürte.
„Was war los?“ fragte ich nach. Ich hatte nichts gehört.
„Drei Polizisten waren auf dem Weg nach oben in deine Wohnung. Entschuldige, es musste schnell gehen. Alles okay bei dir?“
„Schon okay. Mir ist ein wenig schummerig. Ich glaub ich sollte was Essen.“
„Warte“ er hielt mich fest. „Danke für dein Vertrauen.“ Er nahm mich überraschenderweise in den Arm.
In dem Moment ging die Tür auf. „Was ist hier denn los?“ fragte eine nur allzu bekannte Stimme, Ryan. Was musste er gerade denken? Ich drehte mich um und lief in seine Arme.
Etwas irritiert sah er Josch an.
Frag später.


„Tessa, alles okay?“
Statt einer Antwort weinte und schniefte ich sein schönes Hemd voll. Geduldig wartete er. Doch ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Er hob mich auf seine Arme und trug mich ins Wohnzimmer. Dort setzte er sich.
„Tessa. Was ist los? Du bist total aufgelöst!“
„Du warst nicht da. Keiner war da. Da bin ich nach Hause gefahren und… und… bei mir wurde eingebrochen. Meine Nachbarin wurde verletzt ins Krankenhaus gefahren. Ich darf nicht in meine Wohnung. Ryan, ich habe nichts mehr, gar nichts.“
„Tsssch… du hast mich, uns. Du kannst hierbleiben. Das hatte ich dir doch schon mal gesagt.“
„Aber ihr seid so oft weg.“
„Ich gebe dir einen Schlüssel vom Haus. Brauchst du noch etwas?“
„Ryan, ich… also äh… war mit Josch in der Wohnung und…“
„In deiner Wohnung?“
„Ja, er hat es mir angeboten und mittlerweile vertraue ich ihm.“
„Das ist schön Kleines. Konntest du einiges mitnehmen?“
„Ein paar Kleidungsstücke und etwas Geld, aber ich werde mit beidem nicht weit kommen.“
„Wir können dir Kleider kaufen und Geld sollte auch keine Rolle spielen, Kleines. Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich werde mit Josch noch mal zu deiner Wohnung gehen und schauen ob wir was finden. Lukas wird hierbleiben, damit du nicht alleine bist, okay?“ Er gab mir einen Kuss auf die Stirn.
„Ein Schlüssel wäre toll, aber noch schöner wäre es, wenn du nicht so oft weg wärst.“ Ich merkte wie mir Hitze in die Wangen stieg.
Ich schloss die Augen, als er mit seinem Daumen über meine Wange streichelte. „Ich werde es versuchen, Kleines. Wir bekommen übrigens Morgen Besuch.“
„Und wer kommt zu Besuch?“
„Ein guter Freund von uns mit seiner Gefährtin.“
Ich runzelte die Stirn. „Gefährtin?“ wiederholte ich.
„Das werde ich dir noch erklären. Sie sind auch beides Vampire, was die Sache etwas schwieriger gestaltet. Sie möchten in unser Vampir Restaurant gehen, aber ich möchte, dass du mitkommst.“
„Ich soll in ein… Vampir Restaurant? Trinkt ihr da Blut?“ Mir wurde übel und ich hielt meine Hände über den Bauch.
Ryan verkniff sich scheinbar ein Lachen. „Was ist so lustig an meiner Frage, Ryan?“ giftete ich ihn an.
„Kleines. Reg dich doch nicht auf. Das was du meinst wäre eine Vampir Bar. Da wo wir hingehen ist ein Restaurant. Wir essen normal, nur das kein normaler Gast um uns herum sitzt sondern Vampire.“
„Wie heißt dein Freund und seine… Gefährtin?“
„Pierre und seine Gefährtin heißt Vacances. Sie kommen aus Paris.“
„Ich würde auch gerne mal nach Paris“ sagte ich leise vor mich hin, mehr zu mir selber als zu Ryan.
„Das können wir machen.“
„Was?“
„Nach Paris. Das sagtest du doch gerade.“
„Oh. Ja. Wirklich? Das wäre schön. Es soll so eine tolle Stadt sein.“
„Das ist sie auch Kleines.“ Er gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn.
„Wann werden sie kommen?“
„Gegen späten Nachmittag und sie bleiben 2 Tage.“
Ich fing leise an zu lachen. „Muss ich mich schick machen?“
Er beugte sich ganz nah zu mir, seine Nasenspitze berührte meine. Sein Atem strich warm über mein Gesicht und ließ mich wohlig erschauern. „Ich bitte darum.“
Hastig stand ich auf und flitzte nach oben. Ich hörte ihn laut lachen. Ein leises lachen war auch von Josch aus der Küche zu vernehmen. Ich riss die Tür zu seinem Zimmer auf und schnappte meine Tasche, gerade als ich sie aufs Bett werfen wollte hielt ich inne. Auf dem Bett lag eine Weise große Schachtel mit einem Band drum. Ein Zettel lag darauf.



Meine Liebste.
Ich hoffe, dass was ich besorgt habe, wird dir gefallen.
Trag es für mich, nur für mich und mach mich glücklich.
Ich liebe dich.
Ryan



Mein Herz machte einen großen Satz und schlug dann so heftig und schmerzhaft in meiner Brust weiter, dass ich dachte, dass es flüchten wollte. Langsam ließ ich den Zettel auf die Bettdecke sinken und sah die Schachtel an. Meine rechte Hand strich über die Schachtel. Ich schloss meine Augen atmete einmal tief durch, öffnete sie wieder und nahm dann den Deckel ab. Zum Vorschein kam ein wunderschönes im V-Ausschnitt gehaltenes schwarzes Abendkleid. Ich nahm es aus der Schachtel, hielt es hoch und sah es an. Es war wunderschön! So wunderschön! Ich schloss meine Augen und stellte es mir vor, wie ich aussah. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich es aufs Bett legte und nach unten lief. Ryan fing mich mitten im Lauf an der Treppe ab und zog mich in seine Arme.
„Oh danke Ryan. Es ist wunderschön!“
„Und passend zu meinem Anzug. Freut mich, dass es dir gefällt.“ Er gab mir einen Kuss auf den Mund. Ich lächelte ihn an.
„Ich werde nochmal nach Netis sehen ja?“ Damit verschwand ich lächelnd zur Terrassentür. Zu meiner Überraschung stand Netis davor und sah mich an. Er stand auf allen vieren. „Netis!“ Fröhlich tänzelte ich zu ihm. „Schön, dass es dir besser geht, mein Guter.“ Ich setzte mich mit ihm hin.


... Fortsetzung folgt ...

Impressum

Texte: Copyright by decoholic Cover ~ http://darkestsongbird.deviantart.com/art/Vampiric-Bite-76821159
Tag der Veröffentlichung: 19.02.2010

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