Dunkle bedrohliche Wolken hilten jegliches Sonnenlicht fern. Der Wind blies stark, zerrte an Fensterläden und riss Mülltonnen mit sich. Ein Regenschauer bahnte sich an. Der Wecker schrillte los und riss den kleinen John aus einem schrecklichen Traum. Einem Traum von einem weiteren Schultag. Schon lange bereitete dem Jungen die Schule keine Freude mehr. Jedoch nicht wegen des Lernens oder der Hausaufgaben viel mehr waren es seine Mitschüler un Lehrer die ihm zusetzten. In der Schule nannten ihn alle Dud, Versager, ein Name der ihn traurig und zornig stimmte, doch lies er sich dies kaum anmerken.
Er schlug die Bettdecke zurück und schritt dann durch sein dunkles Zimmer. Dud hatte kein Fenster, denn seine Eltern hatten ihn im Keller untergebracht, obwohl im zweiten Stock des Hauses noch ein Zimmer völlig leer stand. Dud war sich fast sicher, dass seine Eltern ihn nicht liebten. Ihn sogar als Plage ansahen, wie die meisten, die ihn kannten.
Gähnend betätigte er den Lichtschalter. Die nackte Glühbirne, die an einem Kabel von der Decke herabhing, flackerte auf. Fest kniff er die Augen zusammen, gähnte erneut und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Seine Eltern schliefen noch, sie standen meistens erst auf, wenn er das Haus verließ. John blickte auf das Tagebuch neben seinem Bett herab. Darin ließ er dem unsäglichen Zorn freien Lauf. Nachdenklich saß John auf seinem Bett, lauschte dem leichten Klopfen der Rohre über ihm. Die Gedanken an den Traum den er gehabt hatte, ließen es in ihm brodeln.
Wie an jedem Morgen stampfte er in die Küche hinauf. Es war noch völlig still im Haus, wie auf einem Friedhof, dachte der Junge. Er nahm sich ein großes Glas mit frischer Milch und watschelte dann in den Keller, sein Kinderzimmer, zurück. Das Glas hatte er schon zur Hälfte geleert als er sich an seinen wackeligen Schreibtisch nieder ließ. Vor ihm lag ein Buch, ein Buch in dem er am gestrigen Abend noch gelesen hatte, bevor er sich schlafen gelegt hatte.
John Doe saß alleine auf der hintersten Sitzbank in dem gelben Schulbus. Wie immer hatte ihn niemand gegrüßt oder ihm einen Platz angeboten. Er beobachtete sie während der Fahrt zur Schule. Sah wie sie sich unterhielten und lachten. Gelegentlich blickte jemand zu ihm, lachte und wandte sich wieder dem ebenfalls lachenden Kameraden zu. Äußerlich ließ sich John Doe nichts anmerken, doch innerlich brodelte es in ihm wie in einem Vulkan, der kurz vor dem Ausbruch steht.
Als letzter verließ er den Bus und trottete über den Schulhof, in Richtung Eingang. Wieder begegnete er Schülern und Schülerinnen, die sich über ihn lustig machen. "Guten Morgen", begrüßte Mr. Cooper die Klasse. John saß in der vordersten Reihe, welch eine Qual. Mr. Cooper war Mathelehrer, einer der schlimmsten Art. John konnte ihn nicht ausstehen. Wenn er ihn sah, musste er sich zusammenreißen, musste seine Wut unterdrücken. Mal wieder prallte ein Papierkügelchen an seinen Hinterkopf. Mr. Cooper drehte sich langsam um und blickte verärgert auf den Jungen in der ersten Reihe herab. "Dud, was zum Teufel soll diese Sauerei an deinem Platz? Kannst du dich denn nicht benehmen und wie die anderen aufpassen? Nach der Schule wirst du hier bleiben und das gesamte Klassenzimmer aufräumen!" John sagte dazu nichts, blickte ihn lediglich verärgert an, woraufhin Mr. Cooper sich wieder der Tafel zuwandte. Im Hintergrund erklang leises kichern. Verärgert zeichnete John eine Karikatur von Mr. Cooper, mit einem Strick um den Hals, auf seinen Block und ließ anschließend das Blatt in seiner Schultasche verschwinden.
Als endlich zum letzten Mal die Schulklingel erklang, erhoben sich alle von ihren Plätzen und verließen das Klassenzimmer. Niemand ließ es sich nehmen noch etwas mehr Unordnung zu schaffen. Schließlich stieß Alex - ein hirnloser Footballspieler, der ihn beinahe Tag für Tag quälte - den Mülleimer um. John saß noch Minuten an seinem Platz und starrte an die Tafel. Schließlich erhob er sich und begann den Raum aufzuräumen. Nach zehn Minuten warf Mr. Cooper einen Blick hinein. "So ist es gut, Dud. Ich habe schon befürchtet, dass du dich aus dem Staub gemacht hast. Doch das würdest du dich nicht wagen, dem ist doch so oder? Du musst deine Einstellungen grundlegend ändern, ansonsten wirst du für immer ein Versager bleiben." Mit diesen Worten verließ Mr. Cooper das Klassenzimmer.
Blitze durchzogen den abendlichen Himmel, Regentropfen zerplatzten auf der Erde und gelegentliche Windböen zogen durch die Straßen. Langsam streifte John Doe an einer Reihe von geschlossenen Läden vorbei. Regentropfen schlugen ihm ins Gesicht. Er kannte die Straße, kannte sein Ziel. Schon oft war er diese Straße entlang gegangen und er kannte das Haus, welches sich am Ende dieser Straße befand. Er wusste wer dort wohnte, wusste weshalb er auf diesem Weg dorthin war. Erneut flackerte ein Blitz am Firmament auf. John blieb stehen, blickte hinauf und lächelte breit. Er liebte den Regen und die Dunkelheit. Fühlte sich dort geborgener und sicherer. Schon kurz darauf hatte er das Ende der Straße erreicht. Das Haus hatte keine Alarmanlage, denn diese Gegend war nicht für Einbrüche bekannt.
Mr. Cooper saß an seinem Computer in seinem Arbeitszimmer. Dud beobachtete ihn eine Weile und schlich dann um das Haus. An der Hintertür blieb er stehen, zog seine schwarzen Lederhandschuhe über und machte sich an dem Schloß der Hintertür zu schaffen. Er fand sich in der Küche wieder. Er schlich rasch weiter, bemüht so leise als nur möglich zu sein, kam dem Arbeitszimmer von Mr. Cooper immer näher. Die Tür war lediglich angelehnt...
Am nächsten Morgen schlief John länger als gewöhnlich, schließlich hatte er in der gestrigen Nacht viel zu erledigen gehabt. Er richtete sich in seinem Bett auf und knipste den Fernseher an. Es liefen gerade die Nachrichten des lokalen Fernsehsenders. Der Nachrichtensprecher versuchte bedrückt auszusehen, doch schaffte er dies nicht recht. Auf John wirkte er eher lächerlich. "Am gestrigen Abend ereignete sich eine Tragödie die wohl niemand erwartet hatte. Der angesehene Lehrer Mr. Cooper beging im Arbeitszimmer seines Hauses Selbstmord. Die Polizei fand ihn vor drei Stunden, da sich Nachbarn über zu laute Musik beschwert hatten. Mr. Cooper hat sich erhängt, kurz zuvor hat er nach Angaben der Polizei auf seinem Computer einen Abschiedsbrief verfaßt. Über den Inhalt und den Grund dieser Tat ist noch nichts näheres Bekannt...!"
Tag der Veröffentlichung: 15.08.2009
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