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First


First



Ich wurde in einen dunklen und nach Abgrund stinkenden Raum geführt. Die Hände hinter meinem Rücken zusammengebunden, mein Blick in die Ferne geheftet. Sie konnten es einfach nicht lassen! Plötzlich schubste mich einer dieser Idioten nach vorne, in Richtung eines Stuhls. Der Einzige in diesem Raum.
„Setzen“, befahl der schlaksige Typ hinter mir, der mich hierhin geführt hatte. Obwohl ‚hinführen‘ ein wenig untertrieben wäre.
„Versteht die Kleine uns überhaupt?“, kam es von dem Anderen Mann. Er war fett, hässlich, schwabbelig und alles andere als anziehend oder so etwas in die Richtung. Wie dick und doof die Beiden, obwohl sie Beide nichts in der Birne hatten. Natürlich verstand ich sie!
„Keine Ahnung. Lass sie einfach hier, wir warten auf den Chef!“, meinte die Bohnenstange. Sie verließen ohne ein Wort den Raum und ließen mich alleine zurück…Zu meinem Glück! Frustriert blies ich die Luft aus, wobei sich Rauchwölkchen bildeten und in die Luft aufstiegen. Reiner Sauerstoff zergeht bei dieser Luft hier. Es stank nach Zigaretten und Schimmel. Widerlich! Die grauen Tapeten hingen nur noch fetzenweiße an der Wand. Der Boden aus Mamor. Sie wollten wissen wer ich bin, was ich bin und woher ich komme. Meine Art wurde schon öfters hier gefangen genommen. Doch wir verrieten nichts, nie! Sie wissen rein Garnichts über uns, außer Unsere Namen. Aber auch nur weil dies das Einzige war was wir von uns preisgaben. Der Grund? Wir waren keine Wesen mit denen man Plätzchen bäckt und sich des Lebens erfreut. Gefährlich, das war eher ein Wort was meine Art beschrieb. Sie wussten nicht annähert was in uns steckte. Und desto weniger sie über uns wussten, desto ungefährlicher waren wir für sie. Sie würden uns sonst jagen und töten wollen, weil sie wussten das sie keine Chance hatten. Also hielten wir dicht … Ich und meiner Nation: Die Matrix.

Second

Second




Genervt schlug mein Kopf auf die Tischplatte auf. Wie lange ging das hier noch? Ich würde eh nicht von mir preisgeben! Dass sie es immer wieder versuchen, das ging nicht in meine Birne rein. Die Tür öffnete sich, ich schaute nicht auf. Sollten sie eben denken ich wäre taub, war mir gleich.
„Ich weiß, dass du nicht schläfst“, ertönte da eine tiefe Männerstimme. Toll, das wusste ich auch. Genervt blickte ich auf, an der Wand lehnte ein Mann. Aber irgendetwas an ihm war Anders. Er hatte ebenso Türkise Augen wie ich…Aber er konnte keine Matrix sein. Unmöglich! Er hatte schwarze Haare, anders wie ich. Meine waren weiß, alle Matrix hatten weiße Haare. Und er hatte nicht so blasse Haut wie ich. Wir Matrix trugen Albino- Gene in uns. Und nein wir sehen nicht aus wie Schnapsleichen, es sah einfach….kühn aus. Trotzdem wunderschön. Doch irgendetwas an ihm war Anders….
„Ich denke du weißt warum du hier bist?“, sprach er weiter und fuhr ich durchs schwarze Haar. Keine Reaktion meinerseits.
„Dakota, richtig?“, fragte er sicherheitshalber nochmal nach. Richtig! Dakota, der Name passte zu mir. Er klang so kühn…Genau wie ich es war!
„Ach was rede ich überhaupt mit dir, du verstehst mich eh nicht, Miststück!“, lachte er spöttisch und zog mich an meinen Haaren zu sich heran. Ich zischte ihn bedrohlich an und spuckte ihm wütend ins Gesicht. Er schaute mich fassungslos an. So ein Arsch! Welcher Mann zog Mädchen den bitte an den Haaren? Richtig, nur die größten Idioten! Aber ich hatte den Überraschungsmoment auf meiner Seite….Und diesen nutze ich selbstverständlich!
„Jetzt hör mir mal zu du kleines Arschgesicht. Nimm augenblicklich deine Pranken aus meinem Haar oder du überstehst diesen Tag hier nicht“, zischte ich ihm in Gesicht. Er keuchte auf und rückte erschrocken von mir ab.
„Du sprichst meine Sprache“, wisperte er erschrocken. Dann verzog sich seine Miene wütend. „All die Jahre habe ich mit euch geredet und Niemand hat mir geantwortet. Ich wollte mehr über euch erfahren aber ihr, ihr habt geschwiegen. All die Jahre! Und jetzt kommt so eine Hure wie du und beleidigst mich, in meiner Sprache!“, brüllte er und gab mir eine Ohrfeige. Es klatschte. Ich fletschte meine Zähne und grinste ihn wissend an. Jetzt ging es erst richtig los.
„Süß, wie du dich nicht unter Kontrolle hast!“, grinste ich süffisant und mit einer geschmeidigen Bewegung erhob ich mich und schon stand ich hinter ihm. Ohne das er mich bemerkte.
„Jetzt immer noch so große Fresse?“, zischte ich ihm ins Ohr und trat ihm mit meinem Knie in den Rücken. Er stöhnte auf sackte nach vorne. Mit voller Wucht wollte ich ihm in seinen Arsch treten, da türmten zwei Wachen in den Raum und drückten mich wütend gegen die Wand hinter mir. Zwei Dämonen um genau zu sein, deshalb standen meine Chancen Null. Ich keuchte wütend auf und probierte mich ihren eisernen Muskeln zu entwinden. Sie ließen nicht locker. Lecker, wahrscheinlich hatte ich jetzt Schimmel hinten an meiner Lederjacke.
„Du kleine Schlampe“, zischte der merkwürdige Schwarzhaarige, und rappelte sich wütend auf. Obwohl ich tief in der Scheiße saß, konnte ich nicht anders als ihn auszulachen. War nun mal so ein Reflex. Und mein Lachen klang verdammt sexy, wie vom Teufel höchstpersönlich.
„Bessere Schimpfwörter haste auch nicht auf Lager! Erbärmlich bist du, ein Stück Scheiße! Nichts als Scheiße bist du!“, meinte ich böse grinsend. So provozierst du am meisten! Er trat näher bis er nur noch ein paar Zentimeter von mir entfernt stand.
„Wer bist du, dass du es wagst so mit mir zu reden?“, zischte er mir zu und bohrte einen Blick in meinen. Mein Lächeln wurde gefährlich.
„Nenn mich wie du willst. Aber in meinem Augen, bin ich dein Tot wenn du mich nicht innerhalb einer Stunde aus diesem Kaff hier schaffst!“
„ Halt die Klappe! Weißt du überhaupt wer hier vor dir steht!?“, brüllte er aufgebracht und schlug neben mir in die Wand hinein. Halleluja, war das jetzt gewollt? Ich legte meinen Kopf schief schaute ihm belustigt ihn die Augen.
„Nein“, hauchte ich und lehnte mich noch näher in seine Richtung, “Und weißt du was? Es geht mir so am Arsch vorbei!“

Third

Third



Nicht gerade sanft wurde ich in einen dunklen Raum, der sich auf Keller nannte, geworfen. Hinter mir hörte ich, wie sich der Schlüssel im Schloss umherdrehte. Ich war wütend, mit mir war nicht zu spaßen!
„Ihr miesen Schweine!“, brüllte ich ihnen hinterher und zeigte ihm meinen schönsten Finger. Ja, ich wusste das sie es nicht sahen, Aber naja….Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Genervt ließ ich mich an der Wand herabsinken und legte meinen Kopf auf die Knie. Warum musste ich hier festsitzen, wo ich doch eigentlich nur in die Disco und mit meiner Freundin ein paar Kerle aufreißen wollte?! Da war so unfair! Wahrscheinlich kippt sie sich gerade mit Whiskey voll, während ich hier festsitze und den Schimmel an den Wänden zählen darf. Es waren übrigens 3 Schimmelflecken, falls es hier Jemanden interessierte. Kleine blaue Blitze sprießen aus meinen Fingerkuppen. Denen würde ich es zeigen! Blitze waren einer der Fähigkeiten der Matrix. Es gab aber noch so viel Anderes! Erkennen konnte man uns an unseren türkisen Augen, der weißen, milchigen Haut und den weißen Haaren. Und wehe ihr denkt jetzt, ich sehe aus wie eine alte Schrulle oder so. Nur weil ich weiße Haare hatte, war ich nicht gleich hässlich. Andererseits sah ich auch nicht aus wie ein wasserstoffblondes Tittenmonster. Und genau das war der Grund warum mir dieser Typ nicht mehr aus den Gedanken ging. Diese Augen…Ich könnte schwören es waren die gleichen wie meine! Aber er hatte schwarze Haare und ich glaubte einfach nicht, dass Jemand wie er so schwul war und sich die Haare färben ließ. Vor allem weil man unsere Haare nicht mal färben konnte. Irgendein defektes Gen oder so. Aber kein normaler Mensch hatte diese Augen… Ruckartig wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als die Tür geöffnet wurde und ein Dämon eintrat.
Aber nicht nur er, nein der Gute zog auch noch irgendein kleine, verkrüppeltes Männchen hinter ich her, direkt in meine Zelle.
„Oh bitte du glaubt ihr im Ernst, das ich Mitleid mit diesem Krüppel habe und ihm deswegen mehr über uns erzähle?“ Ich lachte einmal meine Dreckslache, um meine Worte zu unterstreichen. Der Dämon guckt mich einen Moment verwirrt an dann verdreht er die Augen.
„Das“, er deutete auf das Häufchen Scheiße, „ist dein neuer Mitbewohner!“ Einen Moment war alles still. Dann schluckte ich einmal und ließ mich wortlos wieder an der Wand heruntersinken. Bissige Kommentare verkniff ich mir, es würde eh nichts bringen. Außer vielleicht, dass es ihnen dann noch mehr Spaß machen würde, mich mit ihm alleine zu lassen. Misstrauisch beäugte ich den….Menschen? So ganz genau definieren konnte ich es nicht. Abschaum, so kannte man dieses Ding dort nennen. Okay, ja ich weiß ich war ein wenig überheblich, aber das sind wir doch alle ein wenig. Ich glaube nicht, dass Jemand von euch behaupten kann, sich nie das Maul über hässliche Leute zerrissen zu haben. Naja jedenfalls saß ich jetzt mit… er/sie/es in einem Raum und beäugte ihn weiterhin misstrauisch. Seine fettigen Haare klebten ihm oder ihr an dem halb-kahlen Schädel und seine oder ihre zerlumpten Klamotten hingen nur noch in Fetzen am Körper. Und er stank pervers nach Scheiße.. Sobald der Dämon die Tür hinter sich geschlossen hatte, kicherte das Ding wie eine Verrückte los.
„Sie…sie haben mich gefangen genommen“, kicherte es weiter, ohne aufzuschauen. Ich konnte also nicht erkennen um was es sich hier handelte.
„Sie haben mich einfach gefangen genommen!“ Es hörte garnicht mehr auf zu lachen. Genervt schlug ich meinem Kopf gegen die Wand hinter mir und schloss die Augen. Womit hatte ich das verdient?!
„Warum freut man sich darüber eingesperrt zu werden?“, fluchte ich und schaute wieder zu dem Krüppel. Grinsend hob dieser den Kopf und klatschte erfreut in die Hände
„Weil wir jetzt wissen, wo ihr Hauptquartier liegt!“, lachte er weiter. Eigentlich garnicht mal so unschlau, wenn es keinen Harken gäbe.
„Und wie willst du hier jetzt wieder rauskommen um deinen Freunden zu sagen wo es liegt? Oder wenn sie dich töten bevor du hier raus bist!?“ Sein Lachen verstummte augenblicklich. Er riss erschrocken die Augen auf und schlug ich die Hände vor Gesicht. Ja, inzwischen war ich mir sicher, dass er ein er war. Seine Stimme und sein Gesicht sprachen dafür. Auch wenn ich sein Gesicht noch immer ein wenig gruselig fand. Er hatte so riesige Augen! Und seine Haut war leicht gräulich. Ihr könnt ihn euch ein wenig vorstellen wie… Gollum! Er hatte wirklich starke Ähnlichkeiten mit Gollum!
„Heißt das ich sterbe jetzt?“, fragte er ängstlich und krabbelte auf mich zu. Irgendwie hatte ich Mitleid mit ihm und seiner Blödheit, sich hier einsperren zu lassen.
„Ich kanns dir nicht sagen“, meinte ich vorsichtig und schenkte ihm ein müdes Lächeln.
„Wie heißt du?“, fragte er mich nach einer Weile, in der er mich hemmungslos anglotzte.
„Dakota“, murmelte ich vor mich hin.
„Du bist eine Matrix habe ich Recht? Es ist mir eine Ehre mit Jemanden Euresgleichen Bekanntschaft zu machen!“, meinte er lächelnd und verbeugte sich ein wenig. Ich nickte nur. Ich war es gewohnt, so behandelt zu werden. Ehre hier, Ehre da. Und das nur, weil wir so selten waren. Auf der Erde gibt es noch genau… 12 von uns. Die Anderen leben in Azeroth. Unsere Heimat, auf einem Planeten, welcher den Menschen verborgen bleibt. Bei den Erinnerungen an meine Heimat zog sich mein Bauch zusammen. Es ist so anderes dort, hier auf der Erde ist alles so kalt und unberührt. In Azeroth ist alle warm und so hell. Das Wasser schimmert türkis, die Häuser sind gestrichen in den verschiedensten Farben. Es gibt keine Straßen… wir reiten, so groß ist der Planet nämlich nicht. Außerdem vverschmutzt er o nicht wie die Erde. Die verschiedensten Bäume und Früchte gibt es dort. Das Gras blüht stehts in einem saftigen grün und es leben die viele Tiere dort, die es hier garnicht gibt. Ich vermisste diesen Planeten so sehr… Doch nun war ich hier. Für zehn Jahre… Weil ich Scheiße gebaut hatte und die wieder ausbaden durfte!
„Hallo? Hörst du mir zu?“, unterbrach Gollum da plötzlich meinen Gedankengang. Erschrocken riss ich den Kopf hoch und schaute ihn an.
„Was ist?“, fragte ich dann leicht angenervt nach. Er reib sich die Hände kurz, dann bedachte er mich eines forschenden Blickes.
„Ich habe gefragt ob du..Hm ehm also ob du deine Heimat vermisst…Du weißt schon Aze…“, weiterkam er nicht, denn ich schlug ihm meine Hand vor den Mund und schaute ihn wütend an.
„Halt den Mund! Hier stehen überall Kameras und vor der Tür hocken zwei Wachen, die sehr gute Ohren haben. Was glaubst du warum ich hier bin? Weil sie mehr wissen wollen! Natürlich verraten wir nichts also wenn du bitte die Klappe halten würdest. Sonst bist du schneller tot, als du denkst!“, fuhr ich ihn wütend an. Er machte große Augen und verkroch sich zurück in die letzte Ecke dieses Raumes. Einen Moment herrschte Stille.
„Über mich wissen sie Alles“, verriet er dann weinerlich. Das war schlecht, aber bei seiner großen Fresse kein Wunder.
„Oh bitte jetzt fang nicht zu heulen an, wie alt bist du?“, brachte ich schnaubend heraus und fuhr mir frustriert durch die Haare.
„203 Jahre“, verkündete er dann stolz. Das verwirrte mich.
„Altert ihr nicht? Du sieht nicht aus wie ein 200 Jähriger!“ Eher wie ein versifftes Baby, aber das behielt ich lieber für mich.
„Nein, wir altern nicht. Unser Planet hat es uns so angeboren“, verriet er dann.
„Rashet, richtig?“ Er nickte. Von diesem Planet hatte ich mal gehört. Er war merkwürdig. Überall Mienen und Erde. Das wäre nichts für mich. Ein Leben ohne Natur… Jetzt konnte ich mir auch erklären warum „Gollum“ so sonderbar wirkte, das war seine Rasse! Den Namen hatte ich leider vergessen. Gerade fing er wieder an loszuplappern, da öffnete sich die Tür und eine Wache trat herein. Er zog mich am Arm hoch und schleppte mich nach draußen. Ich bedachte Gollum eines wütenden Blickes.
„Ich kann auch alleine laufen“, zischte ich den Dämonen wütend an. Verdammt, warum müssen die sich hier auch Dämonen als Wachen anschaffen? Die sind so verdammt stark die Viecher! Aber gegen Einen könnte ich eventuell ankommen. Ob ein Stromschock ihn außer Gefecht setzen würde? Es wäre riskant, wenn er es nicht tun würde, wüsste er etwas meiner Fähigkeiten. Andererseits…wenn es ihn außer Gefecht setzen würde, könnte er sich nicht mehr dran erinnern. Aber es war zu riskant, also versuchte ich es erstmal anders. In einer geschmeidigen, flinken Bewegung kurbelte ich meinen Arm aus seinem Griff, schubste ihn gegen die Wand und lief weg. Für eine Frau war ich relativ stark und auch wenn ich im Kampf keine Chance gegen ihn hätte, war ich zu mindestens schneller als er! Meine Rasse war nämlich schnell! Ich raste die dunklen Gänge des Gebäudes an, bis ich laute Schritte ca. 20 Meter hinter mir hörte. Er holte auf! Für einen Dämonen war er verdammt nochmal schnell! Ein paar Sekunden später rannte ich durch einen Flur an dem weitere Gänge mit Türen abzweigten. Ich entschied mich dafür, mich hinter einer Tür zu verstecken. Also schlug ich die erstbeste auf, während der Dämon da draußen rumbrüllte, von wegen Knasti sei ausgebrochen oder so! Idiot. Schnell sah ich mich im Raum um, kein Schrank kein Garnichts zum Verstecken. Nur ein armseliger Schreibtisch mit Stuhl und einer Lampe. Widerlich. Mich hinter dem Schreibtisch zu verstecken wäre erstens erbärmlich und zweitens würden sie mich dahinter eh finden. Da erblickte ich das große, offene Fenster. Meine Chance! Gerade wollte ich Anlauf nehmen und meinen süßen Arsch hinaus befördern, als die Tür aufsprang und sich etwas Schweres auf mich warf. Jaulend versuchte ich weiter zu krabbeln, nur raus aus dem Fenster, aber der Typ (ich vernahm seinen Geruch), war viel zu stark.
„Shit!“, fluchte ich aufgebracht und versuchte mich irgendwie aufzurappeln. Hoffnungslos! Das Fenster wurde geschlossen, während irgendein Perverser noch immer auf mir lag. Trotz allem, schaffte der Perverse es irgendwie mich umzudrehen, sich auf mich zu setzen und meine Arme über meinem Kopf zusammen zu halten. Und zu meinem Entsetzen blickte ich direkt in da Gesicht des merkwürdigen Typens mit meiner Augenfarbe. Der Chef dieses Ladens. Doppelter Shit!
„Soso auch noch ungehorsam oder wie?“, meinte er rotzfrech und zog die Augenbrauen in die Höhe. Ich hätte ihm am liebsten ins Gesicht gespuckt. Nur das meine Spucke dafür viel zu schade war.
„Nimm sofort deine dreckigen Griffeln von mir!“, fauchte ich wütend und wand mich unter ihm. Er ließ nicht locker. Grinsend rutschte er, auf meinem Körper wohlbemerkt, noch ein Stück höher, sodass er jetzt unter dem Ansatz meiner Brüste saß. Wow, ich wusste garnicht das Geschäftsführer so perverse Schweine sein können.
„Verpiss dich“, schrie ich ihn an und rammte ihm von hinten meine Knie in seinen Rücken. Er stöhnte schmerzerfüllt auf und sein Körper drohte gerade auf mich zu fliegen, als ein Dämon ihn von mir riss und mich gegen die nächstbeste Wand knallte.
„Du Schlange“, zischte dieser und übte mit seiner Hand einen wahnsinnig hohen Druck auf meinen Nacken aus. Meine Brust, sowie alle anderen Teile meines Körpers wurden gegen die Wand gedrückt. Mein Gesicht hatte ich nach link gewandt, so dass ich wenigstens etwas sah.
„Woher kommt ihr, hm? Ich habe euch gehört, dich und den kleinen Scheißer! Er sagt etwas mit Aze….Also wirst du es und jetzt sagen?!“, zischte er mir in Ohr und drückte seine Hände fester um meinen Hals. Ich verkniff mir ein Röcheln. Diese Blöße wollte ich mir nicht geben!
„Vergiss es“, zischte ich. Naja ich versuchte es zu mindestens, doch mein Zischen endete in einem hohlen Röcheln. Verdammt. Der Dämon drückte noch ein wenig fester zu. Ich schnaubte verärgert auf und japste gleichzeitig erschrocken nach Luft, was sich extrem beschränkt angehört haben musste.
„Tod nütze ich euch auch nichts ihr Penner!“, japste ich mit letzter Kraft. Ich weiß, ich weiß, die Viecher wollten mich umbringen und doch hielt ich nicht meine Klappe blabla ich war ja so naiv blabla hätte ich bloß den Mund gehalten. Ich hasse Leute, die nicht ihre Klappe aufbekommen! Und ich hatte mir vor langer, wirklich langer Zeit vorgenommen niemals so zu enden! Also warum nicht noch ein bisschen provozieren!
„Übrigens nettes T- shirt… Gibts das auch für Männer?“, fragte ich keck und schielte ihm auf sein graues T- shirt. Drauf abgebildet war ein fetter Smiley und ein Daumen nach oben. Peinlich sowas! Von wegen Dämonen sind ja so furchteinflößend und so gruselig. Für mich war dieser Scheißer nichts als eine Witzfigur aus dem Disneyland.
„Woher kommt ihr“, knurrte der Dämon mir bedrohlich ins Ohr, ohne auf meinen netten Kommentar einzugehen.
„Aze…?Aze…?Aze…?“, half er mir auf die Sprünge.
„Gesundheit“, fauchte ich und spuckte ihm vor die Füße. Und ich war wirklich stolz auf mich! Denn ich traf genau vor seine Schnösel- Schuhe. Aus dem Hintergrund hörte ich Jemanden lachen, der probierte es in einem Hustenanfall zu verbergen. Und das konnte er wirklich schlecht. Als ich nach hinten schielte, sah ich, dass es der blauäugige war. Oh ja, blauäugig… das beschrieb ihn perfekt! Dass ich selber blaue Augen habe, darüber sehen wir jetzt einfach mal hinweg!
„Findest du das alles auch noch witzig?“, knurrte der Dämon da plötzlich aufgebracht und wirbelte zu Blauauge herum, wobei er mich versehentlich losließ. Ich fiel auf die Knie und hätte mir am liebsten die Seele aus dem Leib gekotzt, aber ich hielt mich dann doch zurück. Das wäre nämlich verdammt peinlich geworden. Keuchend rang ich nach Luft.
„Nein, es ist nur…“, fing Blauauge an, doch er wurde barsch unterbrochen.
„Ja ich weiß sie sieht heiß aus, ist schlagfertig und die Einzige, die dir nicht gleich die Füße küsst Blabla, aber weißt du was? Ich mache hier die ganze Arbeit und du hast nichts Besseres zu tun als dich auf ihrem Körper umherzuwälzen und dich totzulachen! Und das obwohl ich das hier alles wegen dir mache, weil…“ weil? Weil? WEIL?
„Halt die Fresse!“, brüllte Blauauge und funkelte ihn böse an. Ich denke, das war meine Chance hier zu verschwinden. Nur schade, dass das Fenster wieder geschlossen wurde. Unbemerkt sah ich mich im Raum nach einer Fluchtmöglichkeit um, während die Beiden weiterstritten. Die Tür blieb mir als Einzige Fluchtmöglichkeit und so erhob ich mich lautlos und schlich hinter dem Rücken des Dämones zur Tür. Ich atmete noch einmal tief durch, dann rannte ich um mein Leben, einfach irgendwelche Gänge entlang hauptsache weg! Knapp hinter mir hörte ich die Schritte des Blauäugigen. Warum verdammt nochmal war dieser Typ so schnell?! Kein Wesen war so schnell, abgesehen von uns!Die Gedanken schob ich erstmals zur Seite und sah zu, wie ich hier rauskam. Das war nämlich wichtiger, wie ich mir eingestehen musste. Und sogleich enttarnte sich auch meine Rettung: Das geöffnete Fenster neben der Tür, welche ins Treppenhaus führte. Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. Den würde ich es zeigen! Ich erhöhte mein Tempo noch ein wenig und setzte zum bedeutenden Sprung an. Alle Augen auf mir.
„DU WIRST STERBEN!“, brüllte Jemand hinter mir. Wahrscheinlich der Dämon, der sich uns langsam näherte. Ich stieß mich vom Boden ab und segelte in einer Mords- Geschwindigkeit durch das Fenster. Im Flug absolvierte ich eine galante Drehung um einen Blick nach oben, in geöffnete Fenster zu erhaschen.
„Tschüss, ihr Penner!“ Und ich landete auf dem Boden. Und das recht elegant, wenn man mal bedenkt, dass ich aus 10 Metern Höhe gesprungen bin. Gelassen wischte ich mir den Staub von meiner schwarzen Röhrenjeans und begutachtete meine Fingernägel. Puh, alles noch dran. Gerade wollte ich weiterlaufen, als sich etwas schwere auf mich warf. Meine Augen weiteten sich erschrocken, während ich mir vor Schock fast in die Hose pisste und mir die Seele aus dem Leib schrie. Die sind mir tatsächlich hinterher gesprungen! Sind sie lebensmüde!? Ich wand meinen Kopf angestrengt nach rechts und sah…. Niemand anderen als Blauauge. Shit!
„Verpiss dich!“, zischte ich wütend und strampelte mich los. Mit Erfolg! Schnell rappelte ich mich auf und rannte los. Im Hintergrund hörte ich die Beiden noch reden.
„Lauf doch hinterher!“ Dämon.
„Ich habe einen Plan!“ Blauauge. Ohje!

Fourth

Fourth


„Noch Einen!“, befahl ich dem Barkeeper und winkte mit der Hand rüber zu unserem Tisch. Meine zwei besten Freundinnen und ich saßen dort und holten unserem verpassten Abend nach, an dem alleine Blauauge und dieser Clown von Dämon dran schuld waren. Nachdem ich geflohen bin, habe ich mich gleich nach Hause aufgemacht und Lee( ausgesprochen Li) und Ive(ausgesprochen Iv) angerufen. Lee ist ein Asiaten- Mix( wie sie sich vorlieb nennt) und ein verdammt selbstbewusstes Mädchen. Hübsch ist sie auch. Schwarze, lange Haare, einen Seitenpony und dunkelbraune, mandelförmige Augen. Was Männer angeht… Tja davon will ich garnicht erst anfangen. Männer sind für sie schwanzgesteuerte Emotionskrüppel die in ihrem Leben echt nichts verloren haben. Also meiner Einstellung ähnlich… Nur das ich trotzdem gerne meinen Spaß mit ihnen habe. Ihr könnt euch also denken, dass Lee mit Sicherheit noch Jungfrau war. Eigentlich heißt sie Vanlee, aber sie hasst den Namen also lieber Lee. Sie ist ein Mensch, womit ich rein garkein Problem habe, denn ich habe sie mindestens genauso gerne wie Ive. Ive ist da ganz anders. Sie ist eine Matrix, so wie ich, und in Sachen Männern unerträglich. Beziehung hier, Beziehung da. Rumgelecke mit ihrem wöchentlichen Freund und diese ständige Beziehungsscheiße gehen mir so auf den Piss. Aber ich kann sehr gut darüber hinwegsehen, schließlich beurteile ich Menschen nicht danach, wie sie in Sachen Liebe zueinander stehen, sondern nach dem Charakter. Und der ist Bombe Leute! Ive ist mit Abstand das ehrlichste Wesen was ich kenne. Sie nimmt echt kein Blatt vor den Mund, was ihr unheimlich viele Pluspunkte bei mir einbringt. Außerdem ist sie auch verdammt hübsch. Und obwohl sie auch eine meiner Rasse ist, sehen wir uns kaum ähnlich. Sie hat schulterlange, gelockte Haare während meine rückenlang und glatt sind. Ihre Augen sind geprägt von einem dunklen Türkis. Bei mir ist es ein sehr helles. Und sie ist relativ klein. Oder vielleicht bin ich mit meinen 1.73 auch einfach groß. Naja, zurück zum eigentlichen Thema, der Barkeeper brachte uns gerade unsere Whiskeys, als Ive zum gefühlten dreißigsten Mal das Thema `Jungs` aufschnappte.
„Nein, mach garnicht erst den Mund auf!“, fuhr Lee sie genervt an. Ive schaute ihr empört in ihr reichlich gebräuntes Gesicht. Sie zog eine Schnute.
„Aber sie doch mal der da hinten! Der sieht doch zum Anbeißen aus!“, schwärmte sie ohne Punkt und Komma weiter. Ich verdrehte die Augen, während Lee empört aufstöhnte.
„Ja, wirklich zum Auffressen! Töten ist doch immer etwas Schönes. Kannibalen… Mein größtes Vorbild gleich nach Justin Bieber!“ Ich verkniff mir mein dämliches Grinsen, was sich gerade in mein Gesicht bahnen wollte. Vanlees Humor ist einfach besser als jede Folge Familien im Brennpunkt. Ive zog erneut einen Flunsch und kippte ihren Whiskey weg.
„Nicht so schnell, Prinzessin!“, witzelte Lee umher. Die Beiden waren wirklich wie Dick& Doof. Oder wie Ying und Yang, wie Lee jetzt sagen würde. Ihr wisst schon diese komischen Fische, die sich irgendwie ständig im Kreis drehen. Ob die jemals die Richtung wechseln?
„Ich geh tanzen!“, verkündete Ive uns feierlich und knallte munter ihr geleertes Glas auf den Tisch. Ich murrte wenig begeistert und erhob mich anschließend dann doch. Ein wenig Spaß haben war ja schließlich nicht falsch oder?
Vanlee blieb geschmeidig am Tisch sitzen und betrachtete interessiert ihre Fingernägel. Man mussten die spannend sein.
„Wo warst du gestern eigentlich? Ich dachte wir wollten mal wieder feiern?“, schmollte Ive mir vor und bedachte mich eines neugierigen Blickes.
„Du weißt schon… Diese Undercover- Staat- Scheiße da die uns verfolgen. Wie heißen die nochmal?“
„Du meinst diese kranken Leute die uns ständig verhören und gefangen nehmen und es dann irgendwie doch nicht geschissen kriegen?“ Ich nickte grinsend.
„Keine Ahnung ob die überhaupt einen Namen haben. Und was soll jetzt mit denen sein?“, hakte sie schulterzuckend nach. Ich rollte die Augen, war das denn nicht offensichtlich?
„Sie haben mich in ihr Hauptquartier geschleppt. Bin aber entkommen!“
„Wie bitte!?“, schrie sich mich erschrocken an, woraufhin sich ein paar Leute zu uns umdrehten. Einige beklagten sich auch über unsere Lautstärke.
„Was gibt’s denn hier zu glotzen? Sind wir Kino oder was?“ Wie gesagt Ive nahm nun einmal kein Blatt vor den Mund.
„Also pass auf. Die haben mich mitgeschleppt, eingesperrt und verhört. Habe aber nichts verraten oder so… Glaube ich jedenfalls. Naja jedenfalls wurde ich dann mit irgendeinen Gollum eingesperrt und habe es schließlich geschafft zu flüchten. Kein Grund sich also Sorgen zu machen!“ Ich tätschelte ihr grinsend die Schulter, während sie das Erzählte wahrscheinlich gerade verarbeitete. Ich konnte die Rädchen in ihrem süßen, kleinen Dickschädel förmlich rattern hören.
„Also warte mal. Ich habe gehört der Anführer da soll echt ne Sahneschnitte sein. Stimmt das?“
War ja klar das so etwas wieder kommt. Und wer denkt hier bitte an mich? Also von Vanlee brauche ich kein Mitleid verklangen, da kriege ich höchstens einen Tritt in den Arsch.
„Ja Ive, ich habe mir auch unglaubliche Sorgen um dich gemacht!“ Ive zog einen Flunsch, während ich sie weiter zur Tanzfläche zog.
„Aber kein Wort zu Lee verstanden?“
„Aber warum denn nicht? Ich finde wir könnten ihr ruhig mehr zumuten! Wir könnten ihr erzählen was wir sind!“
„Spinnst du jetzt völlig? Sie ist viel zu naiv um uns zu glauben! Und wenn, würde sie uns eher verabscheuen, als weiterhin mit uns befreundeten zu sein. Außerdem kann Vanlee echt Garnichts für sich behalten. Und verraten dürfen wir eh nichts! Schließlich sind wir hier um eine Mission zu erfüllen und nicht, um der Menschenwelt alles über uns auszuplaudern!“
„Ist ja gut krieg dich wieder ein!“ Anscheinend war Ive wirklich beleidigt, denn sie würdigte mich nicht eines Blickes mehr und stampfte einfach ohne mich weiter zur Tanzfläche.Na geile Sache. Ich schnaufte empört auf und bewegte mich zur Bar- Theke auf, als mich etwas erstarren ließ. In der hintersten Ecke des Clubs sah ich etwa kleines, hässliches aus einer Hintertür springen. Das Viech erinnerte mich sehr stark an Gollum aus dem Hauptquartier. Und tatsächlich: Kurz bevor das Wesen aus der Tür huschte, wandte es seinen Kopf und schaute direkt in mein Gesicht. Er zwinkerte mir zu.
Folge mir

, dröhnte da plötzlich seine Stimme durch meinen Kopf. Ein kleiner Vorgeschmack seines Wesens also. Neugierig wie ich nun einmal war, schnappte ich mir schnell das Whiskeyglas eines mir fremden Typens aus der Hand und folgte dem hässlichen Geschöpf. Nebenbei nahm ich einen tiefen Schluck und machte mir Gedanken darüber, was Gollum bloß von mir wollte. Und vor allem wie er es geschafft hatte, den Klauen der Stalker zu entkommen. So schlau hatte ich ihn nämlich gar nicht eingeschätzt. Immerhin hatte er sich einsperren lassen… Freiwillig! Dafür muss man ja schon extrem schlau sein. Mindestens genauso schlau wie Bernd da Brot. Inzwischen stand ich schon vor der Tür und stieß sie mit einem Seufzer auf. Ein Schwall frischer Luft schlug mir entgegen. Gierig zog ich den reinen Sauerstoff in meine Lungen. Rein. Genau wie ich es war.


Meinungen hinterlassen wäre lieb:) Eigentlich soll dieses Buch hier ein zwei- Teiler werden:D Fa, Herzchen und Kommis immer erwünscht!!!

Fifth

Fifth


„Gollum? Jetzt zieh mal nicht das Schwänzchen ein!“ Ich sah Ihn nirgends. Suchend blickte ich mich um. Zwei Mülltonnen, drei gefüllte gelbe Säcke und überall irgendwelche Metallstangen. Lässig lehnte ich mich an die Wand und nahm einen tiefen Schluck aus meinem Whiskeyglas. Genüsslich ließ ich das Getränk meine Kehle herunterrinnen. Es tat gut. Plötzlich ertönte ein Rascheln und riss mich somit aus meinen Gedanken. Ich riss die Augen auf und sah mich um. Der Müll aus der Müllkippe bewegte sich und zu sehen war der verschleimte, graue Kopf „Gollums“.
„Warum bist du hier und nicht in deinem Knast“, fragte ich ihn. Meine Stimme klang kühn und während ich sprach entstanden graue Wölkchen die in die Luft aufstiegen. Geübt zog ich eine meiner Augenbrauen in die Höhe und nahm einen erneuten Schluck.
„Du weißt schon. Die Mission“, lispelte er und rieb sich kichernd die Hände. Dieses Viech war komisch, da sind wir uns anscheinend alle einig.
„Welche Mission“, hakte ich genervt nach und hatte mich auch schon wieder fast zum Gehen abgewendet, al ich den Geruch eines Dämones wahrnahm. Erschrocken riss ich meine Augen auf. Es war nicht der Geruch irgendeines Dämones… Nein das war klar und deutlich der Mief des Dämones aus dem Hauptquartier. Deshalb Gollums Mission… Er sollte mich nach draußen locken! Gerade als ich die Tür ins Innere des Clubs aufreißen wollte, wurde ich herumgerissen, gegen die Wand gedrückt und mir wurde der Mund zugehalten. Doch anders als erwartet schaute ich nicht in die tiefschwarzen Augen des Dämones, nein vor mir stand Blauauge höchstpersönlich. Seine türkis- blauen Augen funkelten mich spöttisch an, während seine schwarzen Augenbrauen sich wütend zusammenzogen. Und erneut fragte ich mich, warum er so aussah wie er nunmal aussah. Das war einfach absolut unmöglich. Aber ich schob meine Bedenken auch sogleich wieder beiseite, als der blauäugige Riese vor mir anfing mich zu würgen. Sie würden mich wieder mitnehmen und dann würde ich nichtmehr so schnell da wegkommen können!
„Das hat du nun davon, wenn du auch flüchtest! Bist ganz selber schuld, Miststück!“ Da Blauauge beide Arme benutze um mich zu Würgen, probierte ich mich anhand meiner Hände von ihm zu schubsen. Erfolglos! Er lachte höhnisch auf. Na warte! Mit voller Wucht holte ich aus und schlug ihm meinen Kopf entgegen. Schmerzverzerrt jaulte er auf und ließ erschrocken von mir ab. Diesen Moment nutze ich, um ihm mein Whiskeyglas, welches ich noch immer in der Hand hielt, ins Gesicht zu schütten. Scheiße, muss das brennen! Eigentlich war es zu schade um den guten Stoff. Blauauge rieb sich schreiend die Augen, während ich diesen Moment nutzte um mich umzudrehen und abzuhauen. Im Augenwinkel erkannte ich noch wie der Dämon sich wütend auf Gollum stürzte. Tja wer sich selber verrät wird nunmal bestraft. So sind hier nunmal die Gesetze! Zurück im Club hielt ich panisch Ausschau nach Ive. Wir mussten hier weg, sonst würden sie sowohl Ive als auch mich mitschleppen. Und das war hochgradig gefährlich! Meine Augen durchforsteten aufmerksam die Tanzfläche, in der Hoffnung Ive zu entdecken. Aber nirgends war sie zu sehen.
„Verdammt!“, zischte ich aufgebracht und durchwühlte meine Haare mit meinen verschwitzten Händen. Das kann doch nicht sein, sie musste hier doch irgendwo sein. Gehetzt bahnte ich mir einen Weg zur Bar. Keine Ive. Auch an den Theken saß sie nicht. So langsam wurde ich immer unruhiger. Was wenn ihr etwas zugestoßen war? Panisch lief ich ins Bad um dort nach ihr zu gucken. Drei von fünf Türen waren abgeschlossen.
„Ive?“, flüsterte ich leise, in der Hoffnung, dass sie mich hören würde. Keine Antwort. Mein Gott, die Klobesucher hier mussten mich schon für ein wenig behindert halten.
„Ive!?“, versuchte ich es erneut, etwas lauter als zuvor. Nichts.
„IVE!?“, brüllte ich durch die ganze Toilette. Ob sie mich schon im Club suchten?
„JA was denn verdammt? Ich scheiße gerade!“, brüllte sie zurück. Erleichtert atmete ich auf. Wäre es nicht gerade so ein unpassender Moment, hätten wie jetzt beide laut gelacht aber unter diesen Umständen hier….
„Ive! Wir müssen hier verschwinden!“ Sie musste wohl den panischen Unterton in meiner Stimme gehört haben, denn sie spülte und entriegelte ihre Tür. Ich stürmte auf sie zu und zog sie zu mir.
„Sie sind hier“, flüsterte ich ihr ins Ohr, damit es nicht das ganze Klo hörte. Schließlich hatten wir Zuhörer.
„Ach du Scheiße“, sie wusste anscheinend genau wen ich meinte. Ich nickte zum kleinen Klofenster und sie verstand. Wir mussten hier flüchten, im Club würden sie uns sehen.
Ich machte Ive eine Räuberleiter um ihr nach oben zu helfen. Ich kam alleine hoch. Das letzte was ich hörte war, das die Tür aufflog. Dann Schüsse.
„Ive lauf verdammt!“, brüllte ich gegen den stürmischen Wind an, welcher draußen tobte und eine Fuhre Blätter und Staub mit sich wog.
„LAUF“, schrie ich erneut und zog sie rennend mit mir. Meine schwarze Harley stand nicht weit entfernt von uns. Ive war in solchen Sachen nicht wirklich… professionell. Hätte ich sie nicht mitgezogen, stände sie jetzt noch nach wie vor im Klo und hätte die Freaks angewimmert, sie doch am Leben zu lassen. Und das hätte ich nicht riskieren wollen. Ive war nun einmal extrem sensibel und meiner Meinung nach einfach viel zu gutmütig. Also genau genommen das komplette Gegenteil von mir!

„Fahr! Nun fahr schon!“, brüllte Ive mir gegen den Fahrtwind ins Ohr. Leichter gesagt als getan, wenn man alle 2 Sekunden darauf achten musste nicht von einem dieser Scheißer erwischt zu werden. Die fuhren mir ständig in die Quere, entweder sie schnitten mir den Weg ab oder sie fuhren mir von hinten rein. Es waren mindestens fünf. Ebenfalls auf Motorädern, was mich zugegeben ein wenig verwunderte. Ich dachte immer diese Mafia- Viecher cruisten mit schwarzen Landrovern und abgedunkelten Scheiben durch die Pampa. Falsch gedacht würde ich mal so sagen. Ive klammerte, nein sie krallte, sich von hinten in meine Hüfte. Dieses Biest. Größere Sorgen bereiteten mir jedoch die Freaks hinter mir. So eben gab nämlich einer der Hirnis Gas und zog mir voll den Hinterreifen weg.
„Scheiße“, fluchte ich, während meine Harley schwer ins Schwanken geriet.
„Scheiße, ihr Gott verdammten Hurensöhne! Könnt ihr uns nicht in Ruhe lassen?!“, brüllte ich in die dunkle Nacht hinein.
„Ergebt euch!“, kam es da auch prompt von hinten. Sind wir hier im Mittelalter?
„Vergiss es“, zischte ich. Wissend, dass mich eh Niemand verstand. Ich drehte das Gas erneut voll auf, brauste weiter durch die Nacht. Jedenfalls bis sich mir ein weiteres Motorrad immer mehr auf die Pelle rückte. Panisch blickte ich nach links. Wald. Keine Fluchtwege. Rechts ebenfalls Wald. So ein Fick. Lange konnte ich denen nichtmehr standhalten. Die waren einfach zu viele. Außerdem neigte sich mein Tank zum Ende. Ive hörte ich leise schluchzen. Auch das noch. Ich konnte es nicht leiden, wenn sie weinte. Das zerbrach irgendetwas in mir. Meine Gedankengänge wurden jäh unterbrochen als ich ein Blick nach hinten riskierte und sah, das Blauauge höchstpersönlich auf dem Motorrad hinter mir saß. Sein Blick hielt mich in irgendeiner Weise gefangen. Dieses Blau… Ich kannte dieses Blau. Seine schwarzen Haare wehten im Wind. Schwarz. Ich war mir sicher, ich kannte dieses Schwarz….

Sixth

Sixth



„Verdammt Dakota! Guck auf die Straße!“, schrie Ive mich an. Ich erschrak so abrupt, dass ich den Lenker vor Schreck herumriss und das Motorrad eine halbe Drehung vollbrachte. Durch das Tempo riss uns die Schwerkraft mit und wir flogen im hohen Bogen von der Straße. Ich und Ive schrien synchron auf. Alles geschah wie in Zeitlupe: Ich warf, in der Luft, mit weit aufgerissenen Augen einen Blick auf Ive, welche mich ebenfalls erschrocken ansah. Nichtmehr lange und wir würden auf dem Boden zerschmettern. Die Motorräder der Anderen gerieten ins Schlittern und stoppten. Die Einzige Möglichkeit mich und Ive vor dem sicheren Tod zu bewahren, war es eine unserer Fähigkeiten anzuwenden. Doch so würden wir ihnen mehr von uns preisgeben. Andererseits war ich nicht bereit jetzt schon mein Leben zu beenden. Wir hatten also keine andere Chance.
Ich nickte Ive zu, die wie verstört mit den Armen um sich wedelte und erschuf, per Gedanken, ein Stromfeld unter uns, auf welchem wir landen würden. Strom, Blitze und als so ein Kram war für uns nicht gefährlich. Eher das Gegenteil, es zog uns an, machte uns wieder gesund. Das machte uns Matrix halt aus. Wie ein Komet schlugen wir auf das, durch Blitze geladenes, Stromfeld ein. Der Aufprall blieb uns dadurch erspart, die Schürfwunden allerdings nicht. Ich rutschte mindestens 2 Meter weiter über die Straße. Scharf sog ich die Luft ein, um mir meine Wunden anzusehen war später noch Zeit, jetzt musste ich mich und Ive erst einmal hier rausholen. Leichter gesagt als getan. Meine Harley war komplett im Arsch und laufen konnten wir jetzt auch nichtmehr. Die würden uns eh einholen, sie hatten schließlich noch Motorräder. Verdammt aber auch! Ive rappelte sich in Windeseile auf und kam humpelnd auf mich zu gerannt. Ich schenkte ihr einen kurzen, vergewissernden Blick, dann nahm ich unsere Verfolger wieder ins Visier. Sie waren zu fünft. Und sie stiegen gerade von ihren Motorrädern ab und luden ihre Waffen. Ich wirbelte zu Ive, welche schon wieder fast losflennte vor Angst, herum und riss sie am Arm zu mir.
„Wir fliehen in den Wald du links ich rechts. Ich habe keine Ahnung wo wir sind, aber das ist unsere Einzige Chance nicht mit Ihnen kommen zu müssen. Im Wald sind ihre Motorräder überflüssig, und wir können schneller rennen als die. Benutzt nur ganz im Notfall deine Blitz- Barrikade, wenn sie auf dich schießen oder so! Das ist unsere Einzige Chance Ive, wenn du denkst, dass sie dir nicht weiter folgen, ruf Vanlee oder so um dich abzuholen. Ich komme schon klar!“ Mit diesen Worten drückte ich ihr blitzschnell mein Handy in die Hand. Sie bräuchte es dringender. Ich war solche Aktionen hier schon gewohnt. Ich nickte ihr zum Abschied noch einmal zu, dann wirbelte ich herum und verschwand in den Schwärzen des Waldes. Wie gut, dass ich nachtaktiv war und mir die Dunkelheit nichts ausmachte. Noch ein Vorteil meinerseits.
Schon nach wenigen Sekunden spürte ich die Aura dreier Männer um mich. Ich musste zugeben, dass sie garnicht mal so dumm waren, mir drei hinterher zu schicken. Ive reichen 2 und sie fällt halb in Ohnmacht. Ich hoffte sie schafft das! Dicke Äste schlugen mir ins Gesicht, ruinierten meine Frisur und hinderten mich daran schneller zu laufen. Es fiel mir schwerer als ich dachte, zuzugeben, dass die Männer schneller waren als gedacht. Ziemlich schnell um genau zu ein. Ich schaute nach hinten, stolperte, rappelte mich wieder auf und rannte weiter. Bis mir irgendwann alle Luft aus den Lungen gewichen war und ich keine Kraft mehr zum Laufen hatte. Wie Bluthunde saßen sie mir in den Fersen, verfolgten meine Spur, ruinierten meine Flucht. Verdammt, ich hatte mir das hier wesentlich leichter vorgestellt. Unter anderem hätte ich nicht gedacht, dass die Viecher so hartnäckig waren. Sie durften mich einfach nicht bekommen. Nein, sie durften uns nicht bekommen! Ansonsten gäbe es keine Flucht mehr für mich. Todesfolter ja, aber keine Flucht. Dann gäbe es auch kein Azeroth mehr. Und das wäre mein Untergang.

Inzwischen sind sie sogar so weit gegangen, dass sie, da sie mich aus den Augen verloren hatten, Teile des Waldes abbrannten um mich in die entgegen gesetzte Richtung zu scheuchen und somit die Suche weiter einzuschränken. Ich hatte sie also erheblich unterschätzt. Und ich bereute es wirklich, die Entscheidung getroffen zu haben, in den Wald zu rennen. Dass der Wald so riesig ist, hätte ich nämlichnicht gedacht. Bisher hatte ich noch kein Waldrand entdecken können und ich war nun auch schon seit mindestens 12 Stunden unterwegs. Ich konnte nur hoffen, dass es Ive bestens ging und sie vielleicht sogar die Chance hatte, Hilfe anzurufen. Das Einzige positive an der Sache war, dass es nichts positives gab, ich somit am Tiefpunkt angelangt war und es von jetzt an nur noch bergan gehen konnte. Hunger, Durst und Müdigkeit quälten mich. Anzuhalten traute ich mich aber nicht so recht. Obwohl ich nun endlich mal anfangen müsste mir etwas zu Essen zu besorgen. Nur wie? Wir Matrix waren Vegetarier, wir lebten mit den Tieren zusammen und fraßen sie nicht auf. Wenn ihr mich fragt, ich finde es einfach nur widerlich meine Artgenossen zu verspeißen. Aber nun ja, so etwas nennt man dann wohl Geschmackssache. Ernähren durfte ich mich dann also von Pflanzen oder Beeren. Wenn es garnicht anders ging, brate ich mir eben Blätter. Schmeckt nich tmal so schlecht wie es sich anhört. Spinat ist nun wirklich nichts anderes. Feuer machen konnte ich mir ja dank meiner Gabe. Zu meinem Glück hatte ich mir heute in der Disco nicht die Mühe gemacht, mich in ein Kleid zu zwängen. Das wäre sonst als eine Katastrophe geendet. Stattdessen trug ich eine schwarze Jeans, einen dunkelroten Pulli mit einer schwarzen Lederjacke darüber. Dazu hatte ich noch rote Peeptoes an, die ich inzwischen aber schon in Busch geworfen habe. Barfuß im Wald zu laufen machte mir nichts aus. Das war ich so aus Azeroth gewohnt. Nur das der Boden dort viel weicher war… Und man viel mehr Tiere zu Gesicht bekam. Bei dem Gedanken an Azeroth zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Das war jetzt kein guter Zeitpunkt darüber nachzudenken, ich musste mich jetzt zusammenreißen. Leise suchte ich den Boden und Büsche nach Essbarem ab, bis ich schließlich einen großen, rund gewölbten Stein und verschiedene Beerenarten gefunden hatte. Der Stein eignete sich super als ‚Topf‘, da er in der Mitte eine leichte Wölbung hatte. Für die par Beeren reichte der Platz. Mithilfe meiner Gabe, Blitze erzeugen zu können, erhitzte ich den Stein mit meinen Fingern, so dass er sich innerhalb weniger Sekunden auf hohe Temperaturen begab. Die Beeren schmolzen nach und nach. Bis sich irgendwann ein lilafarbender Brei gebildet hat. Schade, dass ich mir keine Vanillesoße mit zum Club genommen hatte. Langsam setzte ich den Topf aus Stein an die Lippen und kippte mir den Brei in den Mund. So schlecht schmeckte es garnicht. Auch wenn es total klebrig und süß war. Morgen würde es dann wohl eindeutig Blätter geben. Nach ein paar weiteren Schlucken wischte ich mir mit dem Ärmel meiner Jacke über den Mund und schmiss den Topf in die Büsche. Den würde ich sicherlich nicht weiter mitschleppen. Ich beschloss mich Schlafen zu legen, da es schon morgens war und ich verdammt lange nicht geschlafen hatte. Ein Blick in die dichten Baumkronen verriet mir, dass es sich dort wohl am besten zum Schlafen eignen würde. Entdecken würde mich da sicher Niemand. Stöhnend rappelte ich mich auf und suchte mir einen Baum aus, an dem ich am besten hochklettern konnte. Für eine große Eiche entschied ich mich dann und erklomm auch schon die ersten Zweige. Ein paarmal rutschte ich ab, aber das war halb so schlimm. Ich kam nach einiger Zeit oben an und hielt Ausschau nach einem geeigneten Schlafplatz. Die Eiche neben mir besaß eine riesige Baumkrone in der ich es mir sicherlich bequem machen konnte. Lächelnd setzte ich zum Sprung an und landete auch wie erwartet auf meinem Ziel. Ich entledigte mich meiner Lederjacke, machte es mir liegend auf den Ästen gemütlich und deckte mir anschließend wieder mit der Jacke zu. Eine schöne Aussicht auf die aufgehende Sonne und den orangegefärbten bot sich mir und lächelnd summte ich ein Lied vor mich hin, welches mir meine kleine Schwester in Azeroth einmal vorgesungen hatte. Ich mochte das Lied, es beruhigte mich. Vielleicht weil es aus meiner Heimat stammt, vielleicht aber auch weil meine kleine Amalie es mir vorgesungen hatte. Wie ich sie doch vermisste. Diese kleine 7 Jährige Rakete. Aber meine Mission hier auf der Erde war noch nicht beendet. Der Grund warum ich überhaupt hierhin geschickt wurde. Ich könnte mich köpfen für das, was ich tat. Denn nur deswegen wurde ich vors Gericht gezogen und zu dieser Mission verurteilt. Nur um Jemanden zu helfen, der mir wichtig war. Aber alleine dafür, dass ich nun in Gewissheit leben konnte, dass es diesem Menschen gut geht, lohnt es sich diese Last hier auf mich zu nehmen. Ich dachte noch viel über Azeroth nach, bis mir irgendwann die Augen zu vielen und ich trotz Kummer, Durst und Erschöpfung einschlief.

Geweckt wurde ich von lauten, angeregten Stimmen in meiner Nähe. Müde schlug ich die Augen auf und streckte mich erst einmal ausgiebig bis ich begriff, dass es sich hierbei um die Stimmen meiner Verfolger handelte.
„Scheiße“, fluchte ich vor mich hin, während ich erschrocken bis zum Rand der Baumkrone robbte um zu sehen, wo genau sie sich befanden. Ungefähr 5 Bäume weiter standen die drei und sahen ich im Wald um. Auf die Idee nach oben zu gucken, kamen sie wohl nicht.
„Sie muss hier irgendwo sein. Ich kann sie riechen.“ Das war der Blauäugige. Verdammt.
„Ich rieche nichts außer Baum“, trug der Dämon im Smileyshirt dann großzügig bei. Ich hätte ihm für seine Blödheit in den Arsch treten können. Als hätte Jemand meine Gedanken gelesen, schlug ihm ein Dritter auch schon gegen den Hinterkopf. Das gab dann wohl einen fetten Pluspunkt. Der Dritte war mir noch Unbekannt. Er hatte sich seine dunkelgraue Kapuze tief in Gesicht gezogen, seine Hände verstaute er in der Hosentasche. Merkwürdiger Kerl.
„Sieh mal da. Ich glaube unsere Prinzessin hat da etwas verloren!“, witzelte der Dritte und bewegte sich auf meinen Baum zu. Scheiße, hatte ich mich zu weit vorgelehnt? Hatten sie mich gesehen? Hatten sie…?
„Ein Lederjäckchen! Ach nein wie süß. Und sie riecht noch so verdammt frisch.“ Mein Herz blieb stehen. Den Pluspunkt nahm ich zurück.Dieses Schwein! Hätte er mich nicht auffliegen lassen, wäre ich jetzt nicht in solchen Schwierigkeiten. Was sollte ich denn jetzt tun? Panisch suchte ich nach einem Ausweg von dem Baum runter zukommen ohne entdeckt zu werden.
„Heißt das, dass sie hier lang gelaufen ist?“ Ich denke, es ist möglich zu erraten wer diesen klugen Satz zustande gebracht hat.
„Nein, das heiß, dass sie wohl ein kleines Schläfchen in den Höhen dieses Waldes gehalten hat. Und wenn sie ein wenig Grips in der Birne hat, wird sie wohl bald fliehen und somit von dem Baum runterkommen!“ Da war sie wieder. Diese kratzige, verdammt maskuline Stimme des komischen Blauäugigen. Vielleicht sollte ich ihn mal googlen. Blauäugiges Alien auf Planet Erde oder so. Vielleicht fand ich ja etwas heraus. Aber das war erst einmal mein kleinstes Problem. Mein viel Größeres war, hier wegzukommen. Mühsam rappelte ich mich auf, um mich besser umsehen zu können. Es war mir egal, dass sie mich hören konnten, sie wussten ja eh, dass ich hier war. Raschelnd schob sich das Blätterdach über mir zur Seite, um meinem Kopf Platz zu machen.

„Ist unser Prinzesschen etwa erwacht?“, spottete die Stimme des Dritten Unbekannten da schon wieder. Ich kniff meine Augen zusammen, ignorierte sie so gut ich konnte, doch es brachte nichts. Angstschweiß bildete sich auf meiner Stirn und meinen Händen. Sie durften mich nicht bekommen. Das zurückgeschobene Blätterdach bot mir eine tolle Sicht über den Wald. Ein Fluchtweg ließ sich trotzdem nicht ausfindig machen. Kacke, Verdammter!
„Beweg deinen Arsch hier runter, oder ich komme hoch!“ Ich ignorierte sie weiter. Das würde mich eh nur ablenken! Das war ja schließlich ihr Ziel, mich in ihre Fänge zu locken und dann nie wieder loszulassen. Ob ich es schaffte über die Bäume zu springen und somit zu flüchten? Die Möglichkeit war mir nicht ganz geheuer, aber wenn ich keinen anderen Weg finden würde, gäbe es wohl keine andere Möglichkeit. Ein Blick nach unten verriet mir, dass die Drei ein paar Schritte zurückgegangen waren um mich sehen zu können.
„Was wollt ihr von mir? Macht, dass ihr davon kommt! Macht es euch Spaß andere Menschen gefangen zu nehmen!? Und sie ihr Leben lang nichtmehr los zu lassen? Lieber verhungere ich hier oben, als das ich zu euch nach unten komme“; brüllte ich ihnen zu und spuckte nach unten. Ich traf genau vor ihre Füße. Stolz darauf sein konnte ich später. Gerade als der ‚Dritte‘ versuchte den Baum zu erklimmen, schoss mir eine geniale Idee durch den Kopf. Ich müsste nur warten, bis es nachts war. Denn irgendwann müssen die drei sich ja mal schlafen legen. Und selbst wenn nur zwei schlafen, mit Einem würde ich schon fertig werden. Das dachte ich zu mindestens.

Gefühlte drei Sonnenuntergänge und unzählbare, gescheiterte Versuche der Jungen, diesen Baum zu erklimmen, später, war es endlich abends und meine Flucht konnte beginnen. Ich war mehr als nur froh, dass Blauauge nicht Wache hielt. Der hätte meine Flucht durchschaut, da war ich mir sicher. Irgendetwas an ihm unterschied ihn von anderen Menschen. „Du kannst jetzt runterkommen und weglaufen Prinzesschen! Die Beiden schlafen wie ein Stein, dank dir. Du hast sie ja die letzten drei Tage durch den ganzen Wald gehetzt.“ Machte der mir jetzt allen Ernstes Vorwürfe, dass ich aus gutem Grund vor ihnen wegrenne? „Nein danke“, antwortete ich ihm knapp und richtete mich leise auf. Da müsste jetzt einfach klappen. Ich nutzte den Moment, in dem er nach unten sah und im Boden rumstocherte, um hinunter zu springen und direkt auf seinen Schultern zu landen. Mit einer geschickten Bewegung hielt ich ihm den Mund zu, sodass er keine Chance hatte, die anderen Beiden zu wecken. Aber er hatte schon Recht, die Beiden schliefen wie ein Stein. Er probierte zu schreien, doch ich erstickte jeden Laut. Mein nächster Schritt würde mir etwas schwerer fallen. Ich würde ihn, danke meiner Blitze, in Ohnmacht versetzen, doch dafür brauchte ich mindestens die Hälfte meiner ganzen Körperkraft, da es so viel Aufwand braucht und außerdem läuft es öfter schief als gedacht. Aber eine andere Möglichkeit hatte ich nicht. Und falls die anderen Beiden aufwachen würden, müssten sie sich erst einmal um einen Verletzten kümmern, was mir unheimlich viel Zeit einsparen würde. Doch meine Gedankengänge wurden jäh unterbrochen, als sich der Typ unter mir mit einer solchen Geschwindigkeit nach links drehte, dass ich von seinen Schultern direkt neben den nächsten Baum geschleudert wurde. So eine Scheiße! Ihr dürftet jetzt denken, warum ich in Panik ausbrach anstatt ihn einfach in Ohnmacht zu versetzen. Tja, das Problem lag halt darin, dass ich Körperkontakt zu der Person aufnehmen musste, die ich betäuben wollte. Das Doofe war nur, dass er sich gerade umwand um die anderen Beiden zu wecken. Also tat ich das, was ich im Nachhinein mehr als nur ein wenig bereute. Ich warf mich auf ihn, schmiss ihn zu Boden, setzte mich auf ihn und küsste ihn. Nicht weil ich ihn küssen wollte, sondern weil ich Körperkontakt brauchte und ihn dies hier schockte, so dass er still hielt und es sich gefallen ließ. Ich hätte ihn ja schlecht an der Hand fassen können und sagen sollen: Halt mal eben still, ich muss dich kurz betäuben! Und auf diese Weise hielt er wenigstens still. Männer dachten eben nur an das Eine. Gerade wollte er seine Hände auf meinem Arsch positionieren, als ich meine eine Hand in seine linke Brust, nämlich da wo sein Herz pochte, krallte und kleine Blitze durch meine Fingerkuppen sprießen ließ. Und es hatte den gewünschten Effekt. Seine Augen verdrehten sich, während sein Körper erschlaffte. Er fiel in Ohnmacht. „Hoffentlich wachst du nie wieder auf!“ Und ich war schneller weg, als ihr gucken könntet.

Seventh

 

Seventh

„NEEIINN!“ Das war mein absoluter Untergang. Mindestens drei ganze Stunden war ich jetzt durchgerannt, inzwischen war es morgens, die Sonne ging auf und dann so etwas! Ich dachte ich wäre endlich frei, könnte wieder nach Hause. Aber anstatt dessen, stand ich nun am Rande des Waldes an einem Abgrund. Hunderte von Metern führte dieser in die Tiefe. Tödlich! Es gab absolut keinen Weg da drum herum zu gehen. Den Geräuschen nach hatten meine Verfolger wohl meine Spur aufgenommen. Oder meinen Schrei gehört. Wohl eher das Zweite.

„Nein“, wisperte ich erneut und schlug mir die Hände vors Gesicht. Quälen würden sich mich, schlagen, foltern, quälen. Bis ich nur noch eine leblose, zerfallene Hülle war. Ihr Menschen solltet wissen, dass ich und meine Nation Natur brauchten, wie ihr Luft zum Atmen. Freiheit, Wildnis und grenzenloses Grün. Mehr brauchten wir nicht. Nach Atem ringend fiel ich, am Rande des Abgrundes, auf die Knie und schlug mir die Hände vors Gesicht. Sie kamen näher, ich konnte es hören. Mit meinem Leben schloss ich schon halb ab.

„Nein, nein, nein!“, ich schluchzte leise auf. Was würde denn jetzt aus Amalie, meiner kleinen Schwester, werden? Oder aus Ive, meiner Freundin seit ich denken konnte? Aus meinen Eltern, die sich schon nach Jahren nach mir sehnten. Oder aber Anouk, mein Ver…

„Da ist sie!“ Mit lautem Getrampel stürmten alle drei auf mich zu. Ich saß mit den Rücken zu ihnen, genoss meine letzten Atemzüge in freier Natur. Noch einmal würden sie mich nicht gehen lassen. So etwas konnten sie mir nicht antuen, das sprach gegen meine Natur. Mit einem furchterregenden Knurren, wirbelte ich zu ihnen herum und fauchte sie animalisch an. Anscheinend machte ich ihnen doch ein wenig Angst, denn sie blieben augenblicklich stehen und Blauauge hob abwehrend die Hände.

„Tja, und hier ist dein Weg wohl zu Ende, Schneeweißchen“, witzelte der Dämon und verzog seine Mundwinkel. Auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, ich hatte Heiden Angst. Und das, obwohl Angst mir eigentlich ein Fremdwort war. Sie kamen immer näher, kreisten mich ein, ließen mir keinen Ausweg mehr. Ich hätte kämpfen können. Aber ich hätte meine Nation damit verraten. Und das würde ich nicht wollen, lieber einmal durch die Hölle wandern, aber nicht das. Denn hätte ich gegen sie gekämpft, hätte ich mein gesamtes Ich preisgegeben. Meine Gestalt hätte sich gewandelt, meine Blitze hätten ihre wahre Form angenommen und ich hätte sie alle drei umgebracht. Und töten verstieß gegen das erste unserer Gesetze. Gleich neben ‚Respektiere alle Art Lebewesen des Universums‘. Und auch wenn ich panische Angst vor Spinnen hatte, ich durfte sie nicht mal eben totschlagen oder meinen Staubsauger holen und ihn das erledigen lassen.

„So sprachlos auf einmal? Wie kommt‘s?“, spottete der Kapuzenträger alias. Der Dritte da auch schon weiter. Ich knurrte ihn an, antwortete ihn nicht. Das hätte mich davon abgelenkt mir einen Plan auszudenken, was ich jetzt tuen sollte. Ich tat einen Schritt zurück, bis ich komplett am Abgrund stand. Der Schritt gab mir mehr Zeit zu denken. Bestimmt sah man schon den Rauch aus meinem Gehirn aufsteigen. Meine Hände wurden feuchter, mein Herz schlug mit jedem Schritt, den sie ich mir nährten, schneller.

„Warum macht ihr das?“, schrie ich ihnen gegen den peitschenden Wind, der soeben aufzog entgegen. Was für ein Klischee. Aber ich könnte so vielleicht etwas Zeit schinden.

„Warum tun wir was?“ Bingo.

„Warum tötet ihr andere Menschen?“, brüllte ich weiter und rieb mir nebenbei meine abgefrorenen Hände an meiner Hose warm. Meine Augen fixierten sie weiterhin durchgehend.

„Aber Schneewittchen. Wir töten doch Niemanden, wir nehmen lediglich…“, er zögerte einen Moment, “Gefangen.“ Ich schnaubte wütend auf. Sicher. Gefangen nehmen nannten sie so etwas inzwischen. Wie süß.

„Und wo ist da der Unterschied? In einer Zelle vergammeln oder sich das Leben nehmen. Also ganz ehrlich ich würde das zweite nehmen.“ Ich stockte.  Und da begann es in meinem Hirn zu rattern. Nie würde ich meine Nation verraten. Niemals. Und ich hatte die Lösung. Nichts preiszugeben und mich nicht gefangen nehmen zu lassen. Ich bräuchte lediglich ein wenig Überwindung. Die letzten Worte der anderen sickerten nur langsam zu mir durch. Ich hörte sie kaum noch. Mir war, als würde Nebel aufziehen. Wie ein Wattebausch hüllte er mich ein. Ich fröstelte. Mein Atem ging schneller.

„Sag mir, ist Vanlee euch entkommen?“ Ein Rucken durchzog meinen Körper. Überlebenswille. Aber er würde nicht durchkommen. Nicht dieses Mal.

„Ja.“ Das war alles was ich wissen musste. Ich nahm Abschied von dieser Welt. Von diesem Leben und von meiner Familie. Meine Schwester würde mir das nie verzeihen. In einer geschmeidigen Bewegung breitete ich meine Arme aus. Und dann ließ ich mich nach hinten fallen. Anouk, bis der Tod uns scheide.

 

Ich flog schneller gen Boden, als gedacht. Genau drüber nachgedacht, wie ich sterben würde hatte ich nie. Erstochen, Ertrunken, Durchlöchert. Ja. Selbstmord? Eindeutig nein. Komisch, dass mein Leben so sein Ende nehmen würde, wo doch alles gerade so gut lief. Ich hatte fast das Ende meiner Mission hier auf der Erde erreicht, ich hätte zurückkehren können. Wenn ich nicht so blöd gehandelt hätte und mich und Ive in den Wald geschickt hätte. Ich hatte sie also sozusagen mit in den Tod gerissen. Andererseits hätte ich keine andere Lösung gefunden. Mein Herz zog ich zusammen. Ich könnte mir das nie verzeihen. Aber nun war es zu spät, ich segelte meinem Tod in mörderischer Geschwindigkeit entgegen. Gerade wollte ich die Augen schließen und meine letzten Atemzüge genießen, als mir ein entscheidend wichtiger Punkt ins Auge fiel. Über mir flog etwas! Und dieses etwas kam mir verdammt nochmal immer näher, klein war es auch nicht gerade. Ich kniff meine Augen im Sturz zusammen um meine Sicht verbessern zu können.

„Oh mein Gott!“, mir blieb die Luft weg als ich sah was, oder besser gesagt WER, da über mir schwebte. Blauauge! Warum nur? Warum stürzte er sich mit in meinen Tod? Spinnt der jetzt komplett? Ohne dass ich es verhindern konnte, schwenkte der Wind meinen Körper so um, dass ich Richtung Boden blickte und das, was ich sah trieb mir die Luft aus meinen Lungen. Da befand sich doch tatsächlich Wald unter uns! Vielleicht gab es für mich ja doch noch eine Chance! Ich könnte mich so geschickt an einem Zweig verankern, dass dies meinen Aufprall stoppte und ich nicht mit voller Geschwindigkeit auf den Boden raste. Ein Funken Hoffnung durchflutete meinen Körper. Automatisch streckte ich die Hände gen Boden und wurde auch sogleich ins Blätterdach befördert. Wie erwartet, flog ich volle Kanne gegen ein paar Äste, blieb hängen, die Äste brachen und den letzten Meter fiel ich dann zu Boden. Ich keuchte einmal erschrocken auf und blieb erst einmal erschrocken liegen. Mann, war das ein Sturz! Wusch. Das Blätterdach öffnete sich erneut und gab den Körper Blauauges frei. Gerade wollte ich mich zur Seite rollen um nicht wie eine Fliege von ihm zermatscht zu werden, als er auf den Boden knallte und mir somit auf den linken Arm und Schulter flog.

„Ouh Shit!“, jaulte ich auf. Ich hatte das Knacken gehört. Mein Arm war im Arsch, eindeutig! Wahrscheinlich war er gebrochen, mein Schulterblatt konnte ich nicht einschätzen. Außerdem hätte ich es nur halb so schlimm gefunden, hätte ich nicht gewusst das ich mich hier mitten im Nirgendwo befand und kein Arzt mal so eben in der Nähe war. Auf gefleischt war er auch noch. Wütend darüber, dass sich der Fettkloß nicht einen Millimeter von mir runter bewegte schob ich ihn, zugegeben mehr als unsanft, von mir, rappelte mich auf und trat ihm erstmal fest in seine Rippen. Man hatte das gut getan. Im nächsten Moment wurde mir erst bewusst, dass er sich nicht rührte. Keinen Millimeter! Hatte er den Sturz nicht überlebt? Könnte gut sein, wir Matrix waren außerordentlich zäh, er hingegen war ein armseliger Mensch. Zart wie ein Porzellan- Püppchen. Ich schnaubte verächtlich auf, da war doch bestimmt wieder nur eine Falle. Sicherheitshalber ging ich erst einmal auf Abstand und betrachtete ihn aus der Ferne. Einige Minuten wartete ich, doch es geschah rein Garnichts. Er lag am Boden, rührte sich nicht, sein Brustkorb senkte sich in unregelmäßigen Abständen. Wenn ich nicht ich wäre, hätte ich schon lange die Biege gemacht und ihn zurück gelassen. Aber ein beschissenes Gefühl in meinem Körper vermittelte mir, dass er dann sterben würde. Und dann hätte ich ihn sterben lassen, wodurch ich ja in gewisser Weiße an seinem Tod schuld war. Und das brach ja direkt einmal das Erste unserer Grundgesetze. Ich wollte mir nicht ausmalen, was passieren würde, wenn man gegen sie verstieß. Wahrscheinlich hätte ich dann direkt mal auf der Erde bleiben können. Ob für einen gewissen Zeitraum oder für mein ganzes Leben konnte ich dabei schlecht sagen. Verärgert darüber, dass der Freak mir, aus welchem Grund auch immer, hinterher gesprungen war, knurrte ich wütend auf und trat gegen den nächst besten Baum. Wie krank ist das denn? Jetzt durfte ich Krankenschwester bei meinem Verfolger spielen, der mich in der nächstbesten Ecke sowieso umlegen würde. Scheiße verdammter! Mit geballten Fäusten stampfte ich auf ihn zu und ließ mich neben ihn in den Deck fallen, um seine Wunden zu begutachten. So ganz geheuer war mir die Sache jedoch trotzdem nicht. Seufzend und trotzdem rasend vor Wut  nahm ich sowohl Arme und Beine und legte sie so, dass sie in alle Richtungen zeigten, um ihn besser betrachten zu können. Eher gesagt seine Wunden. Und was ich sah, sah verdammt nochmal nicht gut aus! Eine dicke Platzwunde zierte sein markante Gesicht, überall Kratzer, Schürfwunden und wie es aussah einen Rippenbruch. Selber Schuld kann ich da nur sagen. Ich hoffe nur er hatte keine inneren Blutungen, dann könnte ich mir nämlich sicher sein, dass er diesen Tag nicht überleben würde. Obwohl es mich eigentlich nicht stören dürfte, da ich ihm dann ja so gut es geht geholfen hatte und ich nichtmehr als verantwortlich für seinen Tod bezeichnet werden durfte. Grübelnd nahm ich seinen Arm in meine Hand und betrachtete eine seiner riesigen Schürfwunden genauer. Sah ziemlich böse aus. Murrend riss ich mir Fetzen von dem unteren Teil meiner Hose ab und legte sie vorsichtig auf den Boden. Dann erhob mich wieder. Irgendwo in diesem Wald dürfte es doch Pflanzen zum Heilen geben. Eilig machte ich mich auf die Suche, ließ den Platz auf dem der Unbekannte lag aber nicht aus meinen Augen. Nach unzähligen falsch, gepflückten Pflanzen ließ sich dann tatsächlich ein riesiger Busch voll Eisenkraut finden. Ich hätte schreien können vor Glück. Mein Leben war so gut wie gerettet! Schnell lief ich zurück zu dem Blauäugigen Riesen, welcher, wie nicht anders erwartet, noch immer auf der Lichtung lag. Vor ihm ließ ich mich wieder in die Hocke gleiten. Das Eisenkraut landete dabei genau neben mir. Um die Wunden erstmals zu säubern, nahm ich mir die abgerissenen Stofffetzen in die Hand und spuckte auf sie drauf. Ich wusste, dass dies komplett abartig war, eine andere Möglichkeit diesen Fetzen zu befeuchten gab es jedoch nicht. Klar, ich hätte drauf pinkeln können, aber ob das besser gewesen wäre war fragwürdig. Außerdem schmierte ich es ja nicht auf mich, sondern auf meinen Verfolger. Und dieser hatte es sicherlich nicht anders verdient. Den vollgesabberten Lappen drückte ich ihm auf alle seine Wunden, wischte drüber, bis alles Blut verschwunden war. Anschließend verrieb ich ihm das Eisenkraut gründlich auf den Schürfwunden und Kratzern. Bei seiner gebrochenen Rippe wurde ich jedoch ratlos. Der, wie ich finde, Einzige Nachteil an uns Matrix ist es, dass wir nicht heilen können. Wir sind für den Angriff geboren. Dafür erging es anderen Wesen andersherum. Zögernd zog ich ihm sein dunkelblaues T- Shirt über den Kopf um seine Rippen genauer betrachten zu können. Vorsichtig strich ich mit meinem Zeigefinger über die betroffene Rippe. Eindeutig gebrochen. Da musste er durch, mehr konnte ich nicht für ihn tuen. Dank mir verblutete er ja schon einmal nicht. Als ich mich erhob, schweifte mein Blick über seinen durchtrainierten Bauch. Ob er trainierte um meiner Nation besser standhalten zu können? Ich schnaubte verächtlich auf, wenn der wüsste!

 

 

 

Eighth

Eighth

Seit einigen Stunden saß ich jetzt schon auf diesem verfluchten Baum und wartete auf die Rückkehr des Blauäugigen. Zu mindestens auf seine Körperliche Rückkehr. Eine Seelische wird es da nicht geben. Was es nicht gibt kann auch nicht zurückkehren, so ist da nun einmal. Er lag noch immer auf dem Boden, rührte sich nicht einen Zentimeter. Wie langweilig. Mein Gefühl sagte mir, so schnell wie möglich zu verschwinden, ich widersetzte mich diesem aber. Warum brauchte ich ja nicht noch einmal zu erwähnen. Wer weiß, ob er es überleben würde. Meine Neugierde war einfach zu groß und ich hatte ehrlich gesagt verdammt noch mal Schiss vor unseren Gesetzen. Mein Baum stand etwa fünf Meter entfernt von ihm, ich saß jedoch so verborgen in dem Blätterdach, dass es ihm gar nicht möglich sein konnte, mich zu entdecken. Vorausgesetzt er würde überhaupt mal wieder aus seinem Schönheitsschlaf erwachen. Warum ist er mir nur hinterher gesprungen? Vielleicht hatte er erkannt, dass sein Leben sinnloser Dreck ist und dachte `Hey warum denn mal nicht mitspringen? `. Vielleicht dachte er aber auch, er macht mir jetzt mal den Spiderman, nur eben ohne Spinnenwebe. Dann rettet er das Mädel und ist dann der Prinz mit Krone auf dem Haupt? Konnte er vergessen. Ich konnte es mir einfach nicht erklären. Völlig aus den Gedanken gerissen wurde ich, als plötzlich ein Zucken seinen Körper durchfuhr. Ich sah dies mal als positives Zeichen und hoffte das er nun endlich mal die Augen öffnen würde. Und so war es dann auch. Eine Weile später, nach einigen unregelmäßigen Atemstößen, schlug er tatsächlich die Augen auf. Leicht nickte sein Kopf nach rechts, scannte die Umgebung. Sein Schmerz schien er wohl erst mal nicht zu merken. Komisch eigentlich, so wie er aussah. Vielleicht war ich aber auch einfach eine tolle Krankenschwester. Bei dem Gedanken hätte ich mir am liebsten gleich mal eine reingehauen. Ich und Krankenschwester, eher werde ich Stripperin, bevor so etwas passiert. Was kümmert mich das Leben Anderer? Gespannt beobachtete ich ihn, wie er sich mühselig aufrappelte, sein Gesicht verzog. Er musste seine Schmerzen nun wohl doch zu spüren bekommen haben. Irgendwie verursache sein schmerzverzerrtes Gesicht Glücksgefühle in meinem Bauch. Ihm geschah das hier alles recht, dafür was sie mit mir getan hatten. Naja eher getan hätten! Ich war ja so grausam. Mein Gesicht verzog sich zu einem schiefen Grinsen. Gespannt lehnte ich mich weiter vor. Der Blauäugige begutachtete soeben seine Wunden. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, die Stirn legte sich in Runzeln. Bald würde sein Kopf beginnen zu rauchen. Wahrscheinlich fragte er sich gerade, wer ihm seine Wunden versorgt hatte. Eigentlich könnte ich ja nun von hier verschwinden, jetzt da ich wusste, dass es ihm gut ging. So leise wie möglich erhob ich mich und balancierte auf dem Ast zurück zum Stamm. Fast geschafft!

„Du stinkst bis hier, Mädchen!“ Erschrocken fuhr ich herum und geriet ins Schwanken. Mein Ast knackte, drohte zu brechen. Das konnte nicht sein! Wie konnte er mich riechen?

Er ist ein Mensch! Der kann mich normalerweise nicht fünf Meter weit riechen, so etwas ist unmöglich! Mein Ast knarrte weiter, lange würde der mir nicht mehr stand halten. Jetzt musste ich handeln.

„Zeig dich!“, knurrte er weiter. Ein Schauer durchlief meinen Körper, ließ mich frösteln. Eigentlich hätte ich mich am liebsten verzogen und nach Hause verkrochen, andererseits wollte ich auch nicht als Feigling hier stehen, da ich eigentlich nie ein Mensch war, der vor seinen Problemen wegrennte. Also fasste ich Mut und sprang leichtfüßig von dem Ast in die Tiefe. Elegant landete ich auf den Boden und fixierte ihn aus meinen Katzenaugen. Distanziert blieb ich vor ihm stehen und verbeugte mich spöttisch vor ihm.

„Genug gesehen? Kann ich jetzt gehen?“ Er schnaubte wütend auf. Inzwischen stand er schon auf den Füßen und hielt sich seine gebrochene Rippe.

„Wenn mein Körper nicht so derbe im Arsch wäre, würde ich dich jetzt gegen die Eiche da hinter dir drücken und jedes kleinste Detail, was du mit mir gemacht hast, aus dir heraus pressen!“ Ich lachte ironisch auf. Sein Körper schränkte ihn extrem ein.

„Tja, so ist es aber nun mal nicht. Das war’s dann wohl mit dem heraus pressen!“ Langsam wand ich mich herum und ging in seine entgegengesetzte Richtung. Ich war fertig mit ihm, es schien ihm gut zu gehen. Meine Aufgabe war erfüllt. Ich wollte nur noch unter die Dusche und mich in mein Bett legen. Ich sah bestimmt schon aus wie Tarzan.

„Ist das Gift?“ Sein Atem kitzelte mich, meine Nackenhaare stellten sich auf. Fauchend wirbelte ich zu ihm herum. Wie war er so schnell hinter mich gekommen, ohne dass ich ihn hören konnte? Unsicher machte ich erst einmal wenige Schritte zurück, um ihn auf Abstand zu bringen.

„Spinnst du?“ Ich habe ihm geholfen und er dachte, ich bringe ihn ins Grab? Was stimmte mit diesem Freak bloß nicht?

„Warum bist du mir überhaupt hinterher gesprungen?“ Er machte sich gar nicht die Mühe mir zu antworten, stattdessen begutachtete er seine Wunden weiter.

„Ich habe zuerst gefragt“, knurrte er mich dann an. Ich schnaubte auf  und hob abwehrend die Hände.

„Das ist Eisenkraut, okay? Das hilft gegen Wunden. Also bedank dich lieber anstatt mich hier anzuknurren wie ein räudiger Köter!“ Er schnüffelte ungläubig an seinem Arm herum.

„Du hast Recht. Eisenkraut. Warum hilfst du mir, obwohl wir dich gefangen nehmen und foltern wollten? Das ergibt keinen Sinn!“ Er war anscheinend wirklich verblüfft.

„Für dich vielleicht nicht. Aber du hast sowieso keine Ahnung. Von nichts! Außerdem hat dich das überhaupt nichts anzugehen.“ Ich verachtete ihn aus tiefsten Herzen. Für seine Undankbarkeit, für seine Klugscheißerei und überhaupt für jede Bewegung die er tat.

„Und ob es mich etwas angeht, wenn ich von fremden Menschen gerettet werde!“ Er kam näher. Jeder seiner Muskeln bewegte sich bei seinen Bewegungen. Ich war ja sonst nicht so der Schisser, aber in diesem Moment hätte ich mir echt in die Hose pissen können. Hätte ich wenigstens vernünftige Waffen dabei, wie sonst immer. Naja, wer ahnt auch schon im Club überfallen zu werden?

„Bleib bloß weg von mir!“ Er tat es nicht.

„Nicht wenn du mir nicht bald mal sagst, warum du mir geholfen hast!“

„Ich kann es dir nicht sagen. Du weißt eh schon zu viel von mir!“ Da musste ich ihn ja nicht noch über meine Grundgesetze aufklären. Er lachte bitter auf.

„Was weiß ich denn bitte? Ich kenne nicht mal deinen Nachnamen! Ich weiß das du Dakota heißt, von einem anderen Planeten stammst und du irgendwie einen Fabel für Blitze hast.“ Wenn es nicht gerade er gewesen wäre, der mich hier ausquetschet, hätte ich jetzt laut aufgelacht. Fabel für Blitze, nett ausgedrückt, wie ich finde.

„Das ist schon mehr als genug. Andere Menschen wissen nichts davon.“ Ich trat wieder ein paar Schritte zurück.

„Andere Menschen führen auch keine geheime Organisation, die Missgeburten wie euch gefangen nimmt“, zischte er, anscheinend wütend darüber, dass ich ihm Nichts Weiteres preisgab. Jetzt war ich diejenige, die wütend wurde. Innerhalb einer halben Sekunde hatte ich ihn am Kragen gepackt und ihn an den Baum hinter ihm gedrückt. Dies geschah so schnell, das er erschrocken auf keuchte, sich verwundert einmal umschaute bevor er sich dann auch sofort versuchte, von mir los zu strampeln. Erfolglos. Mein Gesicht war Seinem nicht weit entfernt. Tief blickte ich ihm in seine unergründlich, türkisen Augen und fletschte meine Beißerchen

„Jetzt hör mir mal ganz genau zu, du aufgeblasener Arsch! Rede noch einmal so über uns und ich schwöre dir bei Gott, du wirst dein blaues Wunder erleben!“ Er schien unbeeindruckt, hielt dennoch den Mund.

„Du meinst Soraya!“ Ich schüttelte fassungslos meinen Kopf. Meinte er etwa…?

„Was?“ Erschrocken riss ich meine Augen weiter auf.

„Du schwörst bei Soraya, nicht bei Gott!“ Als hätte ich mich an ihm verbrannt, ließ ich ihn ruckartig los und stützte von ihm weg. Woher konnte er so etwas wissen!? Nicht einmal unsere Neugeborenen wussten dies! Soraya war unsere Stammesälteste. Sie war nicht nur weiße, sie war gütig, treu, mutig und ziemlich temperamentvoll. Und da wir nicht an Gott glaubten, da wir handfeste Beweise für Menschen, welche wir anbeteten wollten und das bei Gott ja nun mal nicht der Fall war, verehrten wir einen Menschen unseresgleichen. Ihr könnt es krank nennen, was auch immer, bei uns war das Tradition und so blieb es auch. Ich fand das eigentlich gar nicht so übel. Warum sollte ich Jemanden anbeten, von dem ich nicht mal wusste, ob er überhaupt existierte? Bei Soraya wussten wir wenigstens, dass sie einen absolut grandiosen Charakter und Führungsqualitäten hatte. Und das war auch der Grund, warum ich so geschockt war. Woher wusste dieser Freak das? Er wusste doch sonst nichts und Soraya war eigentlich streng geheim gehalten worden, aus Angst, dass ihr etwas passieren könnte.

„Wer bist du und woher weißt du so etwas?“ Ich wurde von Zeit zu Zeit misstrauischer. Was verbarg dieser Kerl bloß?

„Kane“, er verbeugt sich galant, ich hätte kotzen können, „Aber solltest du denn nicht lieber fragen WAS ich bin?“ Sein Nachname schien ihm anscheinend doch noch zu heilig. Ich zog überrascht meine Augenbrauen nach oben. Ob er es mir sagen würde? Wenn ich ihn jetzt fragen würde, hätte er bestimmt eh ‚sag ich nicht‘ geantwortet. Die Blöße wollte ich mir nicht geben. Und obwohl meine Neugierde brannte wie Feuer, ich verbarg sie hinter meiner unscheinbaren Maske. Kühl lächelte ich ihm entgegen.

„Das werde ich schon noch früh genug herausfinden, jetzt wo ich deinen Namen weiß.“ Er lachte gehässig auf. Kane unterschätzte mich gewaltig. Kane, eigentlich kein schlechter Name, er passte irgendwie zu ihm. Obwohl er nicht nach Menschenname klang. Vielleicht redete ich mir das inzwischen auch ein, weil ich einfach nicht wahrhaben wollte, dass er ein gottverdammter Mensch war.

Zufrieden, das ich endlich seinen Namen wusste, wand ich mich von ihm ab und marschierte davon. Zeit nach Hause zu kommen.

„Wo willst du hin?“

„Weg!“, war das nicht klar? Oder war er einfach schwer von Kp?

„Du kannst mich jetzt nicht hier zurück lassen!“ Ich lachte erfreut auf.

„Du siehst doch, wie ich das kann.“ Ohne auf ihn Acht zu geben, ging ich einfach weiter. Seine humpelnden Schritte donnerten trotzdem in meinen Ohren. Er folgte mir.

„Wir schließen einen Pakt. Ich könnte meine Leute jederzeit wieder auf dich loslassen!“ Allmählich nervte er, doch meine Neugierde trieb mich dazu, mich umzudrehen und ihn abwartend in seine Augen zu schauen. Mit einer unflätigen Geste forderte ich ihn zum Sprechen auf. Er räusperte sich einen Moment und schaute mich dann forschend aus seinen türkisen Augen an

„Du bringst mich nach Hause. Ich…“

„Schaffe das nicht alleine. Komm zum Punkt!“

„Richtig. Im Gegenzug biete ich dir ein Leben ohne, dass wir dich weiter verfolgen.“ Mein Mund klappte mir auf. Er wusste gar nicht was er da tat. Das bedeutete für mich, dass ich meine Mission vollenden konnte, ohne gestört zu werden und er ermöglichte mir uneingeschränkte Rückkehr in meine Heimat! Doch vollends glauben wollte ich ihm trotzdem nicht.

„Wo ist der Haken?“ Er legte seinen Kopf lächelnd schief. Wie mich das anwiderte!

„Es gibt keinen.“

„Warum solltest du mir ein freies Leben anbieten nur damit du Hilfe für 20 Minuten Fußweg bekommst!?“

„Ich denke nicht, dass dich das etwas anzugehen hat. Stimmst du zu oder nicht?“ Ich kniff meine Augen etwas zusammen. Er war ein Freak, ganz eindeutig. Langsam bückte ich mich nach unten um den spitzen Stein neben mir aufzuheben, der mir soeben ins Visier traf. Lächelnd setzte ich ihn mir an meine Handfläche.

„Was wird das? Verkrüppelt hilfst du mir nichts auf meinem Weg!“ Ich deutete ihm ruhig zu sein.

„Also entweder wir schließen den Pakt jetzt auf meine Weise oder eben gar nicht. Viel Spaß beim umherkrüppeln.“ Er seufzte genervt. „Na gut!“ Erneut setzte ich die Spitze des Steins an meine Handfläche und schaute zu ihm hoch. Und während ich ihm tief in die Augen blickte, zog ich mir mit einer raschen Bewegung die Spitze durch meine Haut. Ich zuckte nicht mit der Wimper. Amüsiert betrachtete ich seinen geschockten Blick. Mein Blut war fast durchsichtig, ein Hauch von Weiß mischte sich mit rein. Aber es schien ihn zu faszinieren. Das war übrigens noch einer der Gründe warum meine Haut so blass war. Wo bei Menschen dunkelrotes Blut durch die Venen gepumpt wird und die Haut durchströmt, ist es bei mir durchsichtig und unscheinbar. Wie hypnotisiert glotzte er auf mein Blut. Ich beachtete es nicht weiter.

„Jetzt du!“ Ich warf ihm den Stein zu und näherte mich ihm dann wieder. Er zögerte noch einen Moment, dann tat er es mir nach. Menschenblut faszinierte mich ehrlich gesagt. Es ist schon spannend farbig zu bluten… Wahrscheinlich ganz gut, dass ich kein Mensch war, sonst würde ich mir womöglich meine Adern aufschlitzen, nur um das Spektakel zu betrachten. Jetzt müsst ihr mich erstrecht für einen Psycho halten.

„Es ist schließlich auf Lebenszeit“, mit diesen Worten überbrückte ich den letzten Abstand, und drückte ihm mein Blut in seins. So schwören wir Matrix nun einmal!

 

 

 

Ninth

Ninth

Langsam zog ich meine Hand aus seiner vergleichsmäßig riesigen Pranke. Fasziniert beobachtete ich, wie mein durchsichtiges Blut sich mit dem tiefroten Blut von Kane vermischte. Es vereinte sich zu einem hellroten Gemisch, welches nun langsam von meiner Hand hinab tropfte. Wie schön es wäre, wenn in meinen Adern rotes Blut pumpen würde. Dann hätte ich sicherlich Spaß am Bluten, jeder Schmerz eines Sturzes oder dergleichen wäre dahin. Ich war diese Farblosigkeit satt, hättet ihr meine Haut und Haare gesehen, hättet ihr es verstanden. Manch einer nannte das Eleganz, Schönheit oder Stolz. Für mich war es ein furchtbares Privileg. So oft hatte ich mir probiert meine Haare bunt zu färben, doch sie ließen sich nicht verändern. Meine Gene waren zu stark. Völlig aus den Gedanken gerissen wurde ich, als sich neben mir plötzlich Kane räusperte. Amüsiert schaute er mir in die Augen. Wenn ich könnte, würde ich jetzt rot anlaufen. Wie lange er mein Gestarre wohl beobachtet hatte?

„Bist du so eine Art Vampir, der jetzt total geil auf mein Blut ist oder warum starrst du meine Hand so an, als wäre sie dein Mittagessen?“ Wütend und erschrocken sogleich fauchte ich ihn an und sprang zurück. So hatte ich ihn noch nie reden hören, ich dachte er wäre irgendein verklemmter, prüder Snoob.

„Unsinn! Halt endlich die Klappe damit wir los können!“ Er hatte also doch meinen Blick bemerkt. Na Prima. Ich meinte ihn noch etwas nuscheln zu hören, sah aber einfach drüber hinweg. Zügig wand ich mich um, um endlich gehen zu können, da knurrte er schon wieder los.

„Was wird das? Du sollst mir schon beim Laufen helfen, umsonst habe ich dir diesen Pakt nicht vorgeschlagen.“ Auch das noch. Ich dachte, ich sollte ihn jetzt ein wenig bespaßen und ihm den Weg nach Hause zeigen. Apropos Haus, wo wohnte er eigentlich?  Als würde er mich umarmen wollen, breitete er seine Arme aus und sah mich abwartend an. Zu tiefst angewidert meinen Feind zu stützen, brachte ich es nach langen Zögern dann doch hinter mich, mich unter seinen Arm zu schieben und ihn so zu stützen.

„Widerlich“, fauchte ich ihm zu. Er stöhnte entnervt auf.

„Glaubst du ich finde es toll mich von einer…“, er zögerte, “Außerirdischen stützen zu lassen.“ Schlaues Kerlchen. Als Alien rüber zukommen fand ich nur halb so schlimm, wie Missgeburt genannt zu werden. Ich antwortete ihm auf diese Frage einfach mal nicht.

„Weißt du wo es lang geht?“ Ich verdrehte die Augen.

„Sehe ich so aus?“ Er schmunzelte. Was war so witzig? Der nahm mich nicht einmal annährend ernst.

„Ehrlich gesagt schon.“

„Toll, dann scheinst du ja ausnahmsweise mal richtig zu liegen“, murrte ich und schlug den Weg Richtung Osten ein. Ich musste schon zu geben, der Typ war schwer. Und ihn über hunderte von Sträuchern zu hieven, war sicher kein Traumjob. Ich hätte mir in dem Moment echt besseres vorstellen können.

„Nur wegen dir muss ich dich jetzt wie ein Behinderten durch die Gegend schleppen! Wo musst du überhaupt hin?“

„Kennst du den Triver- Park?“ Ich nickte.

„Gleich daneben steht meine Vill… Mein Haus!“ Schick.

„Musst du nicht vielleicht ins Krankenhaus?“ Mit gebrochener Rippe auf Jagd zu gehen stellte ich mir weniger toll vor.

„Wäre wohl ganz sinnvoll.“

„Bist ja ein ganz Schlauer!“ Er knurrte mich schlecht gelaunt an, das Gespräch war hiermit wohl beendet.

Eine halbe Stunde und unzählige verhängnisvolle Sträucher später, schlichen wir noch immer durch den Wald. Tja, das mit den 20 Minuten Drecksarbeit haute wohl nicht so ganz hin. Stadtrand war noch immer nicht in Sicht.

„Und du bist dir ganz sicher, dass wir richtig laufen?“  Niemand, wirklich niemand, schaffte es mich innerhalb einer halben Stunde so auf 180 zu bringen! Der Typ war unfassbar.

„Kannst du nicht die Klappe halten? Wenn ich sage, ich weiß wo es lang geht, dann weiß ich es auch! Verstanden?“, brüllte ich ihn an und hievte ihn eilig weiter. Je schneller desto besser. Doch er stoppte mich indem er sein Gewicht auf meine Schulter lehnte und anhielt. Was war denn nun schon wieder.

„Jetzt hör mir mal gut zu Püppchen! Sprich nicht so mit mir oder deiner Ive wird es bald mal ganz schlecht gehen! Mit ihr habe ich schließlich keinen Pakt!“ Wie hieß es so schön? Kenne deine Freunde, deine Feinde aber besser! Und er wusste ganz genau wo meine Schwachstellen lagen.

„Wage es nicht mir den Mund zu verbieten! Wenn Ive etwas zustößt ziehe ich dich dafür zur Rechenschafft und dann wirst du dein blaues Wunder erleben!“ Er senkte seinen Kopf zu mir und funkelte mich wütend an. Dann grinste er. Lächerlich, sein Verhalten.

„Na das hoffe ich doch!“ Dieser Freak provozierte grenzenlos! Und das obwohl er genau wusste, was ich ihm hätte antuen können. Rücksichtlos und naiv war er. Wie ein kleines Kind, was nicht bekam was es wollte. Ich atmete einmal tief durch. Meine Fäuste zum Zerreißen gespannt. Noch so ein Spruch und er würde mich mal ganz mächtig zu spüren bekommen. Und bei so etwas ließ ich keine Gnade walten. Wütend legte ich meinen Arm um seine Hüfte, drückte aus Absicht etwas zu und zog ihn wütend weiter. Ich wollte endlich nach Hause! Kane stand der Schmerz ins Gesicht geschrieben, aber ganz hart wie er war, gab er keinen Mucks von sich. Gut so! Sollte er bloß die Klappe halten!

Wenige Minuten später standen wir endlich am Waldrand. Und das erste was ich sah, war ein Krankenhaus! Ich hätte schreien können vor Glück! Endlich war ich diesen Parasit los!

„Na endlich“, stöhnte Kane völlig erschöpft. Ich wäre am liebsten aufgesprungen und hätte einen Freudentanz absolviert, aber ob ich dann noch ernst zu nehmen wäre, wäre fraglich. Also riss ich mich zusammen und zog mein Arm von Kane weg.

„Da ist deine Anstalt. Ich hoffe wirklich sie können dir helfen!“ Kane zog seine Augenbrauen missbilligend hoch.

„Wirklich?“ Ich lächelte ihn falsch an.

„Aber sicher. Ich habe mal gehört Psychos sollte man immer Recht geben. Vielleicht wirst du ja hier deine … Probleme los. Ich weiß ja nicht ob dir überhaupt noch geholfen werden kann. Naja jedenfalls habe ich gehört, dass es hier ziemlich gute Ärzte geben soll. Ich drück dir fest die Daumen. Auf das du bald wieder ein normaler Mensch sein wirst!“ Mit einem kräftigen Schlag auf seine Schulter, so ganz ’Freundschaftlich‘, verabschiedete ich mich von ihm und verdünnisierte mich. Ohne noch einmal zurück zu gucken, selbstverständlich! Der Typ konnte mir so was von gestohlen bleiben. Eilig machte ich mich auf den Weg nach Hause. Auf dem Weg fing ich mir aufgrund meiner zerrissenen Klamotten einige komische Blicke ein, aber das war mir recht egal. Hauptsache ich war bald mal zurück in meinem warmen, kuscheligen Bett. Zu Hause angekommen war das erste was ich tat, Ive anzurufen. Ich musste einfach wissen ob es ihr gut ging! E tutete dreimal und ich wurde immer hektischer. Ob ihr doch etwas passiert war? Hatten die Drei mich angelogen? Warum war ich nicht mit ihr gelaufen!

„Hallo?“

„IVE!“, kreischte ich sogleich ins Telefon. Sie war zu Hause! Das war ein sehr gutes Zeichen!

„Dakota?“, flüsterte sie erstaunt.

„Ja Ive, ich bin‘s!“

„Oh mein Gott“, hauchte sie erneut, „Weißt du was wir uns für Sorgen gemacht haben?“ Ich lächelte. Ich konnte es mir nur zu gut vorstellen.

„Kann sein“, ich lachte leise.

„Bist du zu Hause?“ Ich nickte, bis mir einfiel, dass sie es gar nicht sehen konnte.

„Ja. Endlich!“ Und schon hatte sie aufgelegt.

Ungefähr drei Minuten später begann Jemand an meiner Tür Sturm zu klingeln. Und dieser Jemand konnte nur Ive sein. Grinsend öffnete ich ihr die Tür und sogleich viel mich eine verheult aussehende Furie an.

„Babeeeeeee“, schrie sie aufgedreht und verwuschelte mir heulend meine Haare. Ich konnte nicht anders als zu grinsen.

„Ich hab mir solche Sorgen gemacht!“ Ich kicherte leise vor mich hin.

„Ich weiß, ich weiß!“

Der Tag endete indem ich mich frisch geduscht in mein Bett warf und mein Licht ausknipste. Ive war noch einige Zeit bei mir gewesen. Ich hatte ihr alles erzählt. Von Anfang bis Ende hatte sie gespannt meinen Worten gelauscht. Erfahren hatte ich, dass sie zwar von zwei der Männer verfolgt wurde, sie aber schnell abhängen konnte und nach einigen Stunden sicher wieder zu Hause war. Zum Glück! Beruhigt glitt ich in einen traumlosen, ruhigen Schlaf, froh endlich wieder in meinem Bett liegen zu können.

 

 

Tenth

Tenth

Am nächsten Morgen erwachte ich mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Scheiße hatte ich gut geschlafen! Endlich auf einer gemütlichen Matratze mit Kissen und Decke. Glücklich erhob ich mich aus meinem Bett und tänzelte zum Fenster. Mein Apartment lag zwar am Waldrand, die Fensterseite zeigte allerdings gen Stadt. Fröhlich darüber, dass die Sonne schien, schob ich meine Vorhänge beiseite und betrachtete die Straße, die sich mir da bot. Noch immer ein wenig verschlafen streckte ich mich genüsslich vor dem Fenster und warf einen Blick auf das Café auf der anderen Seite der Straße. ‚Bonnys‘, stand in einer neongelben, verdreckten Schrift an dem Gebäude geschrieben. Meine Vorlieben traf das Café zwar nicht, aber naja das war ja bekanntlich Geschmackssache…

„Scheiße!“ Erst als ich in die Augen des Typen im Bonnys blickte, welcher mich ebenfalls verfolgt hatte und ich so leidenschaftlich den ‚Dritten‘ nannte, wurde mir klar, dass ich mich, nur in Unterwäsche, vor meinem Fenster räkelte. Mit entglitten alle Gesichtszüge, mit einem Ruck zog ich meine Vorhänge zu. Was hatte der denn hier zu suchen, verdammte Scheiße?! Und woher wusste er bitte, wo ich wohnte? Wütend darüber, dass ich anscheinend doch noch verfolgt wurde, wenn auch weniger offensichtlich, zog ich mir in Windeseile eine Jogginghose und ein T-Shirt an und stürmte aus meinen Apartment Richtung ‚Bonnys‘. Als ich schnaufend an der Tür anlangte, stampfte ich, kochend vor Wut, zu dem Tisch an welchem ich den Burschen vermutete. Der konnte was zu hören bekommen. Doch ich sah ihn nicht. Nicht an jenem Tisch, an dem er einmal saß und auch nicht irgendwo anders in diesem Café. Das Einzige was ich erblickte, war ein kleiner gelber Zettel auf dem dreckigen, runden Bar-Tisch des Cafés. Grübelnd nahm ich ihn in die Hand und las mir die wenigen Wörter durch, die auf ihm standen.

Wir beobachten dich! M.AD

Verwirrt las ich mir die Zeile wieder und wieder durch. Was sollte das denn bitte? War das jetzt die Abkürzung der Geheimorganisation, in der er arbeitete? Oder war damit jetzt das englische Wort gemeint? Der Typ spinnt doch!

„Hey Lady, wollen sie hier was essen oder stürmen sie ins Café um Detektiv zu spielen?“, patze mich da ein Kellner an. Ich warf ihm einen Blick zu, der ihm sagen sollte, dass er gefälligst die Fresse halten sollte, aber es schien ihn nicht zu stören. Stattdessen nörgelte er nur weiter herum. Dabei kraulte er sich seinen Santa Claus- Bart und hob seinen linken Arm zum Protest. Somit präsentierte er mir einen wundervollen Blick auf seine buschigen Achselhaare. Mein nicht vorhandenes Frühstück meldete sich zu Wort.

„Wollen sie nicht weiter Tische putzen?“ Ich zwinkerte ihm keck zu und wand mich wieder dem Zettel zu. Der war nämlich wesentlich interessanter. Weiterhin grübelnd und mit einem letzten, verstohlenen Blick in das Café, verließ ich das ‚Bonnys‘ und machte mich wieder auf in mein verglastes Apartment. Da meine Etage ganz oben lag, hatte ich jedes Mal denselben Spaß beim Treppen steigen. Sarkasmus lässt grüßen. Dennoch bereute ich es nicht, mir dieses ausgewählt zu haben. Denn von oben hatte man die beste Sicht, auf den benachbarten Wald, die es gab. Damals, als ich mir die Etage gekauft hatte, ließ ich die Waldseite komplett verglasen. Dies sieht man jedoch von der Stadtseite aus nicht. Von außen sah mein Apartment ganz normal aus. Es wurde in einem schicken, sauberen weiß, mit schwarzen Fensterrahmen gehalten, nichts Besonderes also. Von innen hatte ich mir da allerdings wesentlich mehr Mühe gegeben. Da ich Pflanzen liebte, existierten diese in meinem Reich auch in allen Kreationen. Mein Wohnzimmer wurde in Beige und Brauntönen gehalten, dazu dann ein riesiges Ecksofa mit einem gigantischen Fernseher und recht modernen Gemälden. Mein größter Stolz war allerdings mein 3 Meter langes, riesiges Terrarium mit meinen Chamäleons Frodo, Gollum und Froop. Mit diesem Herr der Ringe Quatsch hatte ich es irgendwie. Naja die drei waren total niedlich und ein so monströses Terrarium haucht meinem Wohnzimmer ein wenig mehr Leben ein. Dafür hatten mich die drei aber auch eine Menge gekostet. Mein Schlafzimmer hielt ich mir in Schwarz- Weiß Tönen. Ansonsten war mir das zu kitschig. Wer will schon Sex im Rosenbett? Nein danke. So wirkte es viel kühler und durch die eine verglaste Seite Richtung Wald weniger streng. Meine Küche hatte da etwas mehr Farbe abbekommen. Sie war gestrichen in dunkelgrün, dunkelbraune Regale und dann abgesetzt mit etwas weiß. Zu meinem Bad und den restlichen Zimmern musste ich glaube ich nichts sagen. Wesentlich unspektakulär, trotzdem schick, modern und mit Stil. Zufrieden braute ich mir einen Kaffee in meiner Küche und schlenderte mit diesem und einem Joghurt, aus meinem Kühlschrank, auf mein Sofa zu und zappte den Fernseher an. In meiner rechten Hand lag immer noch der Zettel von diesem Freak. Spontan beschloss ich einfach mal meinen Laptop hochzufahren und nach ‚M.ad‘ zu googlen. Natürlich fand ich nichts heraus, wäre ja auch zu schön gewesen. Diese Geheimscheißerei wurde ja immer streng geheim gehalten. Leider. In solchen Sachen war ich nämlich echt interessiert. Also fuhr ich meinen Laptop wieder herunter, räumte mein Geschirr weg und schaltete den Fernseher wieder aus.

Nach einigen Hin- und Her überlegen entschloss ich mich dazu, zu meinem Arbeitsplatz, der Werkstatt, zu joggen. Vielleicht konnten die Burschen ja Hilfe gebrauchen. Ich weiß, es ist ungewöhnlich, dass Frauen in einer Autowerkstatt arbeiteten, aber mich faszinierten die Dinger vom ersten Moment an, da sie auf meinem Planeten nicht existierten. Einfach aus dem Grund, dass wir unsere Umwelt nicht damit verschmutzen wollten. Wir hatten da andere Möglichkeiten von A nach B zu reisen. Und wenn ich schon arbeiten musste, dann wenigstens an etwas, was mich interessierte. Und das taten Autos und Motoräder gewiss. Außerdem war es, nur weil Azeroth vergleichsweise viel Geld hatte, ja nicht gleich so, dass mir alles Geld in Arsch geschoben wurde. Ich musste es mir selber erarbeiteten. Aber es lohnte sich, ich verdiente nicht gerade wenig hier. Und das obwohl ich nur Montag bis Donnerstag arbeitete. Der Grund war, dass ich auch meine Freizeit wollte und brauchte. Zum Beispiel um feiern zu gehen. Und auch wenn es heute Samstag war, besuchte ich sie um nach ihnen zu sehen. Ein Blick aus meiner Glasfront verriet mir, dass die Sonne schien und so entschied ich mir für ein einfaches, bauchfreies Top und meine Jogginghose. Meine Haare band ich mir zu einem hohen Zopf und schon joggte ich durch den Wald Richtung Werkstatt. Ich genoss jeden Atemzug dieser frischen Waldluft. Sie tat mir so gut. Legenden besagten, dass wir Matrix ohne frische Luft eingingen wie eine Rosine, ob das so stimmte wusste ich nicht. Testen wollte ich es allerdings auch nicht. Dafür war mir meine Haut mir viel zu schade. Wer will schon einen Haufen Schrumpel? Recht schnell war ich an meinem Ziel angelangt. Grinsend trat ich durch die große Glastür zur Werkstatt und schmiss dabei die Hände in die Luft.

„Hay Jungs!“ Alle Köpfe ruckten zu mir herum. Junne hockte gerade unter einem BMW, als er sich wegen mir so erschrak, dass seine Birne voll gegen das Metall des schwarzen Autos klatschte. Oups.

„Junne, Junne. Das du dich jedes Mal wieder erschrickst!“, grinsend lief ich zu ihm und drückte ihm ein Kuss auf die Wange. Er rieb sich grinsend die Stirn und rollte auf seinem Brettchen wieder zurück unters Auto.

„Irgendwann gewöhne ich mich dran!“ Ich kicherte drauf los. Na sicher! Junne hieß in Wirklichkeit Julius, aber seitdem seine kleine Schwester ihn immer Junne genannt hatte, weil sie ‚Junge‘ nicht aussprechen konnte, wurde er immer Junne genannt. Bei meinen Bürschchens hier war ich wie verändert, das kühle, zurückweisende Mädchen existierte hier nicht. Die Jungen verstanden mich so wie ich war, dennoch kannten sie meine andere Seite ebenso.

„Anatol!“, freudig warf ich mich in seine Öl beschmierten Arme. Mit ihm verstand ich mich am besten. Er war lustig und eigentlich wie ein großer Bruder für mich. Zu allen Leuten nett, der übelste Aufreißer und für jeden Scheiß zu haben. Außerdem war er Russe und der totale Schrank, manchmal fragte ich mich, wie er überhaupt unters Auto passte. Anatol band seine Haare immer mit einem Lederband zusammen, da sie etwas länger waren und sie ihn sonst bei seiner Arbeit störten. Seine Haare waren dunkelbraun, genau wie seine Augen. Außerdem zierten prächtige Tattoos Anatols Körper. Ich wartete nur noch auf den Tag, an dem er seine Haare abrasierte und sich seinen Schädel tätowieren ließ. Trotzdem sah er ziemlich gut aus. Junne war das komplette Gegenteil von Anatol. Er war etwas verklemmter zu Fremden, wenn man ihn näher kannte, jedoch ein wahres Goldstück. Junne war ziemlich schlaksig, dafür schoss er aber ungemein in die Höhe. Er hatte kurze blonde Haare die, auch ohne Gel, in alle Richtungen abstanden. Außerdem hatte er dunkelblaue Augen und ein hageres Gesicht.

„Was machst du hier Süße? Du hast frei!“, faselte Anatol da auch schon los und schwenkte mich in seinen Armen einmal umher. Ich zuckte grinsend die Achseln.

„Die Sehnsucht trieb mich“, warf ich ihm melodramatisch vor und setzte meinen tragischsten Blick auf, den ich gerade auf Lager hatte. Anatol grinste nur und gab mir einen Klaps auf den Arsch.

„Nicht schlecht. Wir bekommen gleich ein paar Kunden, ein Mercedes mit kaputten Bremsen und eine Suzuki. Der Besitzer meinte es wäre fast gänzlich im Arsch, aber ich habe ihm gesagt wir wollen es uns mal angucken.“ Ich zuckte die Achseln und wand mich zu Rall um. Ich nickte ihm distanziert zu und zog mir dann meine schwarzen Lederhandschuhe über, um mir nicht die Finger schmutzig zu machen. Rall und ich hatten nie ein besonders gutes Verhältnis, aber das war mir recht egal. Ich hatte Junne und Anatol. Rall war schlank, trotzdem recht muskulös, er hatte schwarze Haare und ebenfalls dunkelblaue Augen, so wie Junne. Eine Narbe unter seinem rechten Auge zerstörte sein, eigentlich recht schönes Gesicht, irgendwie. Er hatte ein einziges Tattoo auf einem Oberarm und eine gepiercte Zunge, ein ganz harter also. Dass er eine gepiercte Zunge hatte wusste ich auch nur daher, dass wir einmal auf einer Feier als wir beide komplett besoffen rumgeknutscht haben. Vielleicht kam auch daher unser schlechtes Verhältnis, was ich absolut albern fand. Außerdem wäre da noch Hitch, unser Chef, aber der ließ sich eher selten hier blicken. Rall erledigte seine Arbeit nahezu perfekt, das musste ich ihm lassen. Er war nirgends besser aufgehoben als hier. Ich wusste auch nicht genau woran es lag, dass wir uns nicht verstanden. Wahrscheinlich weil er Frauen gegenüber nicht sehr positiv eingestellt war. Vielleicht aber auch, weil er insgesamt ein Griesgram und schwer im Umgang war. Naja, ich ließ mich nicht weiter daran stören und erledigte meine Arbeit. Bis die ersten Kunden dann kamen. Zuerst wurde ein knallroter Ford auf unseren Parkplatz gefahren. Was ich an unserer Werkstatt liebte war, dass es nicht aussah wie bei den Ludolfs. Hier war alles sauber, geordnet und übersichtlich. Wie Anatol mir erst schon erzählt hatte, waren bei diesem Wagen die Bremsen im Arsch. Da Rall gerade nichts zu tun hatte und Junne und Anatol  an dem Mercedes saßen, übergab ich Rall den Auftrag. Er machte sich flott an die Arbeit, zu meinem Glück ohne großes Rumgemaule. Eine gute halbe Stunde später fuhr dann Jemand sein Motorrad auf unser Grundstück. Weil ich gerade mit unserer Kaffeemaschine zu kämpfen hatte, vergeudete ich keine Weitere Zeit an den neuen Kunden. Das war Anatols Auftrag. Ich hielt mich mehr im Hintergrund als der Kunde kam, bis ich seine Stimme vernahm. Geschockt wand ich mich um. Es handelte sich um Niemand Geringeren als Kane selbst. Und es war sein Motorrad, welches bei seiner Verfolgungsjagd wohl drauf gegangen war. Da waren wir ja schon Zwei, meine Harley nämlich ebenfalls. Zu meinem Glück hatte Kane mich noch nicht entdeckt. Lässig lehnte ich mich an die Wand hinter mir und zog mir meine Lederhandschuhe hoch und betrachtete sie interessiert, damit ich Kane nicht so angaffte.

„Ist der noch zu helfen?“, vernahm ich Kanes fragende Stimme da auch schon. Schon wollte ich ihn wütend zusammen scheißen, dass er sich gefälligst aus meiner Werkstatt zu verpissen hatte und nicht gleich so die Fresse aufreißen sollte, als ich sah das er auf sein Motorrad deutete und Anatol fragend anblickte. Ich lehnte mich wieder zurück an meine Wand und beobachtete das Geschehen. Ob Kane mit Absicht in diese Werkstatt kam, weil er wusste, dass ich hier arbeitete? Oder war es reiner Zufall? Grübelnd nahm ich einen Schluck von meinem Kaffee und verbrannte mir sogleich meine Zunge. Mir schossen die Tränen in die Augen und ich wedelte hektisch mit meiner Hand vor meiner Zunge umher, in der Hoffnung Kane würde mich nicht entdecken. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie bescheuert ich in diesem Moment ausgesehen haben musste. Als die Schmerzen nachließen, wand ich mich wieder den Beiden zu, die anscheinend nichts bemerkt hatten und sich das Motorrad näher anschauten.

„Junge, Junge, was haste mit dem Schätzchen angestellt?“, fragte Anatol erstaunt und begutachtete den verbeulten Lenker kritisch. Kane räusperte sich und kratze verlegen seinen Hinterkopf. Jetzt wurde es spannend.

„Ehm tja… Ich habe am Freitag ein Wettrennen mit einer Freundin gemacht. Hat wohl nicht so ganz hingehauen.“ Er lachte. Viel zu künstlich für meinen Geschmack und das schien auch Anatol aufgefallen zu sein. Er zog misstrauisch eine Augenbraue hoch und nickte dann wenig begeistert.

„Wir werden sehen, was wir tun können. Ich informiere sie dann per Telefon!“ Mit diesen Worten nickte Anatol Kane zu und gab ihm die Hand zum Abschied. Kane reichte ihm seine ebenfalls und streichelte zum Abschied nochmal über das zerstörte Leder seiner schwarzen Höllenmaschine, als Anatol schon den Raum verließ. Ich wurde anscheinend völlig von ihm vergessen. Gerade wollte ich Anatol hinterher eiern, als mir eine Idee kam. Vielleicht bekam ich aus Kane mehr heraus, über das komische ‚Treffen‘ heute mit dem komischen M.ad Typen.

„Verfolgt ihr mich?“, fragte ich ihn deshalb gerade heraus und zog meine Augenbrauen abwartend nach oben. Er erschrak sich, wirbelte herum und beäugte mich dann misstrauisch.

„Die Frage sollte ich dir lieber stellen. Was machst du hier?“ Er spuckte mir die Worte beinahe entgegen. Mit einem abfälligen Schnauben stieß ich mich von der Wand ab schlenderte lässig zu seinem Motorrad. Ohne ihm weiter Beachtung zu schenken, hockte ich mich vor dieses und schaute mir das Baby genauer an. Ein schickes Ding, wie ich leider zugeben musste.

„Ist es falsch, seiner Arbeit nachzugehen?“ Er hielt die Klappe. Wahrscheinlich verstand er gar nicht, was ich von ihm wollte. Bei seinem IQ wunderte mich das ehrlich gesagt wenig. Ich seufzte theatralisch und fuhr mit meiner Hand den schwarzen Lack der Maschine nach.

„Du hast meine Frage noch immer nicht beantwortet. Verfolgt ihr mich?“ Endlich wand ich ihm mein Gesicht zu und machte eine auffordernde Handbewegung. Er folgte ihr perplex.

„Du arbeitest in einer Autowerkstatt?“  Ich ließ mir keine Reaktion anmerken, innerlich brodelte ich jedoch. War das denn so schwere zu erkennen? Warum konnte er mir nicht einfach meine Frage beantworten?!

„Siehst du doch“, knurrte ich und deutete auf meine Lederhandschuhe und meine, inzwischen ölverschmierte, Kleidung.

„Jetzt beantworte endlich meine Frage! Heute Morgen hat mich dein kleiner Scheißer- Spion gestalkt, als ich aufgestanden bin! Also: Verfolgt ihr mich?“ Ich wurde lauter. Er lächelte falsch und zwinkerte mir rotzfrech zu.

„Vielleicht solltest du noch hinzufügen, dass du dich für ihn in Unterwäsche vor deinem Fenster räkelst?“ Perplex starrte ich ihn an. Was hatte dieser Scheißkerl da nur rumerzählt? Am liebsten hätte ich Kane gefragt, wo sich der Pisser befindet und da ich ihn den Hals umdrehen würde, aber meine Wut hätte ihn nur angestachelt, weiter zu machen. Außerdem wollte ich ihm gegenüber keine Gefühle offenbaren. Also lächelte ich ihn kalt an und legte mein Kopf ein klein wenig schief.

„Weißt du, nur weil du niemals Jemanden abbekommen wirst, der sich für dich räkelt musst du ja nicht gleich so eifersüchtig sein. Denk doch mal an all die anderen hässlichen Geschöpfe dieser Welt, glaubst du denn ihnen geht es anders als dir?“ Mit einem perfekten Schmollmund legte ich einen fragenden Blick auf und schaute ihn aus großen Augen an. Dann lachte ich ihn spöttisch aus und erhob mich aus meiner Hocke.

„Die Karre kannst du in die Tonne treten, genau wie di…“, weiter kam ich nicht denn Kane packte meine Haare und zog mir schmerzhaft meinen Kopf in den Nacken. Mir entkam ein erschrockenes Keuchen. Schreien tat ich nicht, denn wenn man Schwäche zeigt, fühlt sich der Feind stärker.

„Jetzt hör mir mal gut zu Püppchen. Es ist mir scheißegal, für wen du deinen Arsch schwingst und für wen nicht, aber ich schwöre dir bei Gott“, er betonte Gott ganz besonders. Nein wie niedlich.

„Wenn du meine Männer nicht in Ruhe lässt, wirst du es noch schwer bereuen!“ Trotz der unangenehmen Haltung, in der ich mich befand, entkam mir ein ehrliches Lachen. Als ob er mir etwas anhaben konnte. In einer geschickten Bewegung fädelte ich mich aus seinem Griff und schlug mit meinem Unterarm seine Hand weg.

„Vergiss es Kane! Sag deinen Bimbos einfach, sie sollen mich in Ruhe lassen dann passiert auch nichts Schlimmes.“ Ich würdigte ihn keines Blickes mehr, stattdessen wand ich mich ab um in der gleichen Tür wie Anatol zu verschwinden. Wo waren die ganzen anderen Jungen eigentlich geblieben? Einmal warf ich ihm noch einen bösen Blick über die Schulter zu.

„Und jetzt verschwinde!“

 

 

Eleventh

Eleventh

Nachdenklich joggte ich nach einiger Zeit aus der Werkstatt zurück nach Hause. Ich dachte lange über den  Zettel nach, auf welchem M. Ad geschrieben stand. Gut möglich, dass sich so die Organisation nannte. Ihren Namen wusste ich schließlich nicht. Naja, jetzt ja vielleicht schon. Auch wenn M. Ad ein wirklich komischer Name für eine geheime Organisation wäre. Grübelnd kam ich endlich vor meiner Haustür zum Stehen, schloss auf und erklomm die Treppen, bis in mein Stockwerk. Dort angekommen schmiss ich mich auf mein Sofa und schaltete den Fernseher an. Ich schaltete ein wenig durch, aber es lief wie immer nur RTL am Nachmittag. Und diesen Scheiß musste ich mir echt nicht geben. Nach einiger Zeit fielen mir ein wenig die Augen zu, ich hatte wohl noch ein paar Tage Schlaf nach zu holen. Dank Kane! Ich musste mich echt ranhalten nicht einzuschlafen, doch als es schließlich gar nicht mehr ging, schleppte ich mich träge ins Bett und huschte unter meine warme Bettdecke. Gemütlich. Schon nach wenigen Sekunden vielen mir die Augen zu und ich nickte weg.

Am nächsten Morgen erwachte ich durch den alltäglichen Morgenlärm auf den befahren Straßen. Hätte ich die Chance, mein Haus nochmal neu zu bauen, würde ich alles genauso machen… Nur dass das Schlafzimmer auf der Waldseite liegen würde um dem nervigen Lärm zu entkommen. Naja, ändern konnte ich es jetzt nichtmehr.

Der Tag verlief nicht besonders spannend, recht ereignislos genau genommen. Ein paar Anrufe, ein paar Häppchen Futter und Fernsehen, mehr tat ich eigentlich nicht. Zum Joggen hatte ich kein Bock. Und auf einkaufen oder so erstrecht nicht. Ein Wunder eigentlich! Mir war so langweilig, dass ich einige Male auf dem Sofa wegpennte. Zum Nachmittag hin kam  dann jedoch meine Rettung.

Als ich gerade dabei war, ein wenig weg zu dösen, klingelte mein Telefon plötzlich. Erschrocken fuhr ich hoch und rannte zu meiner Küchenanrichte, auf welcher dass lärmende Ding stand. Schlecht gelaunt nahm ich den Hörer ab und murmelte ein ‚Hallo‘ in den Hörer. Ich mochte es nicht, mich mit meinem ganzen Namen zu melden. Ich hatte ja auch keinen. Bei uns lief das mit den Namen etwas anders ab.

„Hey Dakota! Hier ist Leon, kannst du dich noch an mich erinnern?“ Am liebsten hätte ich genervt aufgestöhnt. Natürlich erinnerte ich mich an ihn.

„Woher hast du meine Nummer?“ Er nuschelte ein ‚Anatol’ ins Telefon und räusperte sich am anderen Ende der Leitung.
„Ich habe ihn danach gefragt, weil ich fragen wollte, ob du Lust hast mit mir Essen zu gehen?“ Am liebsten hätte ich sofort Nein geschrien, dann überlegte ich ein wenig und stimmte anschließend zu. Er war zwar nervig, aber sicherlich nicht zu verachten im Bett. Und ich hatte heute Abend eh nichts Besseres zu tun, als nur in meinem Haus zu gammeln. Ich kannte Leon von Anatol, er hatte Leon mal mit in einen Club geschliffen und seitdem ließ er mich nicht mehr in Ruhe. Und obwohl er manchmal verdammt nervig war, man konnte auch wirklich Spaß mit ihm haben. In zweierlei Hinsicht. Also willigte ich einfach ein und vereinbarte mit ihm, dass wir uns um 19 Uhr vor einem griechischen Restaurant in unserer Nähe treffen würden. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich noch knappe 2 Stunden Zeit hatte, also schleppte ich mich in die Dusche und säuberte mich erst einmal ausgiebig. Ölflecken waren nämlich verdammt schwer runter zu bekommen. Nachdem ich mich dann geduscht, geföhnt und abgetrocknet hatte, schlüpfte ich in Unterwäsche, dann eine schwarze, durchsichtige Strumpfhose und ein schwarzer Minirock, der mir bis über die Taille ging. Dazu dann ebenfalls schwarze Pumps und ein dunkelrotes spitzenverziertes Top. Ich fühlte mich nicht nur sexy, ich war es. Dazu schminkte ich mich noch dezent, da Smokey Eyes bei meiner Albino Haut einfach nur albern aussahen, und frisierte meine Haare einigermaßen. Es konnte also losgehen. Da mein Motorrad im Arsch war, schwang ich mich in meinen schwarzen Mercedes und raste los. Ich hatte zwar noch massig Zeit, aber langsam Fahren war halt nicht so mein Ding. Also stand ich schon eine viertel Stunde zu früh vor dem Restaurant und wartete auf Leon. Und dieser ließ ich verdammt viel Zeit! Als er dann eine 20 Minuten später endlich am Restaurant angelangte, folgte die übliche Begrüßung: Kussi hier, Kussi da. Ihr kennt das ja… denke ich.

„Rein gehen?“ Ich erhoffte mir ein Nicken. Gott musste mich wohl erhört haben und er tat er stimmte mir zu, nahm meine Hand und führte mich in das noble Gebäude. Drinnen saßen aufgetusste Bräute, Snobs im Anzug und die typischen aufmüpfigen Kellner halt. Normalerweise war ich nicht Fan solcher Restaurants. Mc Donalds fand ich da wesentlich angenehmer, da wurde nämlich nicht so rumgestiert. Seufzend ließen wir uns zu einem der Tische führen und setzten uns dort. Die Speisekarte in der Hand, versuchte ich Leons durchdringenden Blicken und Gesprächen zu entgehen. Manchmal konnte das nämlich wirklich nerven. Als der Kellner kam, um uns nach unseren Wünschen zu fragen, bestellte ich mir eine vegetarische Gemüseplatte, Leon einen Auflauf. Dazu beide ein Glas Wein und der Kellner verschwand wieder im Nichts. Das doofe daran, meine Karte war nun auch futsch. Leon schien mir gnadenlos.

„Und, wie läuft es so bei den Jungen?“ Am liebsten hätte ich jetzt laut aufgestöhnt. Nur das er das anders aufgenommen hätte, als ich. Diese Frage stellte er mir jedes Mal! Und es ändert sich nie etwa an der Antwort. Außer Sex durfte ich hier eigentlich Nichts. Da oben wartete nämlich Jemand auf mich.

„Nichts geändert“, nuschelte ich und schaute aus dem Fenster, welches sich direkt neben uns befand.

„Schade eigentlich, weil…“, fing er an, der Rest seines Satzes schwamm jedoch völlig an mir vorbei, als ich eine mir bekannte Stimme vernahm. Kane war hier! Mein Kopf ruckte rum zu dem Tisch am anderen Ende des Raumes und meine Augen fixierten den schwarzen Schopf des Mannes. Doch was mich so richtig aus den Socken haute war, dass vor ihm ein bleiches Wesen, mit kurzen weißen Haaren und türkisenen Augen saß. Eine Matrix. Besser gesagt ein Matrix. Ich wurde rasend vor Wut. Was taten die Beiden da!? Jede Matrix kannte die Regeln! Also was wollte er damit erreichen sich mit Kane zu verabreden!? Getötet zu werden? Wurde er ausgefragt? Das erklärte allerdings nicht, warum die Beiden in einem Restaurant saßen. In mir staute sich unendlich viel Wut. Verräter, schoss es mir durch den Kopf. Wie konnte er nur? Er wusste ja gar nicht, zu was Kane fähig war. Die Beiden schienen mich noch nicht entdeckt zu haben. Gut so.

„Dakota?“ Zähneknirschend wand ich mich wieder zu Leon herum. Meine Miene sagte ihm wohl alles, denn sein Blick suchte nach dem Auslöser für meine schlechte Laune. Er fand nur keinen. Ich hingegen schon.

„Hast du mir überhaupt zugehört?“, hakte er dann nach und stierte mich aus seinen dunkelbraunen Augen neugierig an.

„Nein“, knurrte ich und ballte meine Fäuste zusammen. Meine Gedanken schweiften nur um die Beiden, ich konnte mich nichtmehr auf Leon konzentrieren.

„Ich habe dich gefragt, ob du Lust hättest öfter etwa mit mir zu unternehmen. Weil ich dich nämlich ganz gern habe…“ Lief er gerade tatsächlich rot an? Nachdenklich legte ich meinen Kopf etwas schief und beobachtete seine Reaktion. Er wurde noch roter.

„Mal sehen“, meinte ich dann leichthin und zuckte mit den Achseln. Ich war ja so gemein. Ein Grinsen konnte ich mir jedoch nicht verkneifen. Leon senkte den Kopf ein wenig. Die peinliche Situation wurde jedoch zum Glück unterbrochen, als der Kellner kam und uns das Essen brachte. Wir bedankten uns rasch und fingen dann auch schon an zu essen, ab und zu ein wenig Smalltalk, ansonsten blieb es aber still zwischen Leon und mir. Das Essen schmeckte recht gut. Zum Glück, ich hatte nämlich echt Hunger! Aus dem Augenwinkel heraus vernahm ich plötzlich eine Bewegung und unauffällig ließ ich meine Augen dorthin schweifen. Der Matrix schlug den Weg zur Toilette ein. Das war meine Chance!

„Entschuldige mich, ich… muss mal“, nuschelte ich an Leon gewandt und eilte dem Matrix unauffällig hinterher. Kane blickte abwesend aus dem Fenster und sah mich bei meiner Verfolgungsjagd zum Glück nicht. Leise schlich ich ihm hinterher und als er die Tür zu der Herrentoilette öffnete, schlug ich zu. Es kam für ihn so unerwartet, dass er keine Chance hatte sich zu wehren. Ein Blick verriet mir, dass Niemand anders sich hier auf den Toiletten befand. Ohne groß zu zögern packte ich ihn in den Nacken und drückte ihn mit der Brust an die Wand gedrückt. Er schrie einmal auf, ich erstickte weitere Schreie mit meiner Hand.

„Ich wusste, dass du mir etwas antust“, nuschelte er dann in meine Hand. Das verwirrte mich ein wenig, meinte er jetzt mich oder dachte er, ich wäre Kane?

„Jetzt hör mir mal gut zu Baby! Weißt du eigentlich was du da für Scheiße fabrizierst? Du triffst dich mit Jemand, der unsere Rasse ausrotten will! Ich schwöre dir, wenn du ihm etwas von uns erzählt hast, sorge ich eigenhändig dafür das du für immer auf der Erde schmoren sollst!“ Ich hörte, dass sein Herzschlag für einen Moment aussetzte, dann schlug er mit dreifacher Geschwindigkeit weiter. Er hatte mich also wahrscheinlich wirklich für Kane gehalten. Um ihn zu ermöglichen, zu sehen mit wem er es hier zu tun hatte, wand ich ihn mit der Brust zu mir herum und packte ihn danach gleich wieder am Hals, damit er mir nicht entfliehen und Kane petzen gehen konnte. Sein Mund klappte auf. Er starrte mich an, als wäre ich ein Alien. Ein Alien mit Flügeln und Hörnchen oder so.

„Du… bist eine Matrix?“ Wie hohl war dieser Typ eigentlich?!

„Wonach sieht es denn aus?“, zischte ich wütend. Er schien wirklich verblüfft.

„Aber ich dachte, es gibt keine mehr von uns auf der Erde?! Ich dachte, ich sei der Einzige und das ER schon alle ausgerottet hatte!“ Jetzt ging mir ein Lämpchen auf. Kane hatte ihm erzählt, dass er der Einzige auf der Erde sei und er alle anderen umgebracht hatte. Er wollte sich ihn unterwerfen, ihm zeigen welche Macht er besaß um ihn einzuschüchtern. Wahrscheinlich hatte er den Burschen nur zu einem Treffen gezwungen.

„Wer hat dir das erzählt? Der Typ mit dem du hier bist?“ Ich fragte nur, um auch wirklich sicher zu gehen. Doch zu meinem Glück nickte er. Wäre auch komisch gewesen wenn nicht.

„Hör mir zu, es gibt noch weiter von uns hier auf der Erde! Kane erzählt dir Scheiße, um dich zu täuschen! Ich habe eine Freundin, welche auch eine Matrix ist. Und von ihr weiß ich, dass es noch andere gibt!“ Der Junge vor mir atmete erleichtert auf.

„Wie heißt du?“ Er zögerte einen Moment.

„Ike und du?“

„Dakota. Sag mir was du ihm erzählt hat“, drängte ich. Ich musste es einfach wissen. Wenn Kane zu viel wusste, war es höchste Zeit ihn umzubringen.

„Bisher nicht viel. Nur woher ich komme und wie die Welt da oben eigentlich aussieht“, er senkte beschämt den Kopf. Mein Mund klappte mir auf. Wie konnte man so dermaßen beschränkt sein?!

„Nicht viel?! NICHT VIEL?! DU hast ihm alles erzählt was ich ihn schon seit Ewigkeiten verschweige! Sie haben mich fast eine Woche durch den Wald gehetzt und mich eingesperrt und fast gefoltert und du offenbarst ihn fast alles bei einem süßen kleinen DATE?!“, ich schrie ihn an und holte aus. Mit voller Wucht wollte ich ihm in seine bleiche Fresse hauen, doch im letzten Moment wurde ich nach hinten gezogen und auf den Boden geworfen. Mein Kopf knallte gegen das Waschbecken und ich hörte einen Aufschrei von Ike. Wütend und zugleich etwas verdutzt hielt ich nach dem Täter Ausschau, der es wagte mich auf den Boden zu schleudern. Und als ich denjenigen erblickte, steigerte meine Wut sich in unermessliche. Es handelte sich um Niemand geringeren als Kane, welcher Ike soeben in eins der Klos schuppste und es von außen abschloss, damit er nicht entfliehen konnte. Klar, sonst verschwand ja seine einzige Quelle etwas über uns zu erfahren. Rasend vor Wut rappelte ich mich auf und taumelte einen Schritt zur Seite. Man, der hatte mich echt böse am Kopf erwischt. Gerade wollte ich mich am Waschbecken abstützen um etwas Halt zu finden, als Kane mich, so wie ich es eben bei Ike tat, am Hals packte und gegen die Wand drückte. Durch den Abgang gegen das Waschbecken eben war mein Reaktionsvermögen behindert und mir war verdammt schwindelig. Einmal kurz wurde mir schwarz vor den Augen, aber ich fasste mich wieder und gewann einigermaßen die Oberhand über meinen Körper.

„Was? Angst das ich dein ‚Date‘ zerstöre?“, spukte ich ihm röchelnd entgegen und grinste ihn selbstgefällig an. So gut mir das möglich war jedenfalls.

„Ja! Zufällig schon! Er verrät mir schließlich eine ganze Menge!“ Er wusste, dass er damit auf meinen Nerven ritt. Das dies mein wunder Punkt war. Denn Wissen bedeutete Macht. Und so weniger er über Azeroth wusste, desto weniger gefährlich war er für uns, aber das schien Ike ja nicht zu verstehen. Ich gab ein würgende Geräusch von mir und probierte Kanes Griff zu lockern, doch er blieb gnadenlos.

„Schade, dass dein süßes Date nicht hier ist, um dir gerade deinen Arsch zu retten, nicht?“ Ich schnaubte auf. Von wegen süßes Date.

„Eifersüchtig?“ Ich lachte bitter auf. Wenn er nicht bald aufhörte, würde ich Blut spucken.

„Nicht im Geringsten!“ Kane wollte gerade ausholen und mich, höchstwahrscheinlich ohnmächtig, schlagen, als die Tür aufging und Leon hereinkam. Kane reagierte blitzschnell, nahm meine Beine und schlang sie um seinen Oberkörper. Seine Hände legte er mir unter halb meiner Brüste, so dass es von Leon aus aussah, als hätten wir gerade rumgemacht. Ich konnte kaum reagieren als Leons Blick uns auch schon traf und ich verharrte in meiner Bewegung. Seine Augen begutachteten Kanes umschlungenen Unterleib und meine, vom Sturz, glasigen Augen. Meine ruinierten Haare und meine Position in welcher ich Kane eroberte. Für ihn musste diese Situation ganz anders aussehen. Er dachte wohl ich würde gerade eine flotte Nummer mit Kane schieben wollen, während er im Restaurant aß und auf mich wartete. Schlecht gelaufen würde ich mal so sagen.

Twelfth

Twelfth

 

„Dakota.. Was.. tust du da?“ Er guckte mich geschockt an, sein Adamsapfel hüpfte einmal auf und ab. Dann zogen sich seine Augenbrauen zusammen und er schaute Kane wütend an. Die Situation hier eskalierte ganz gewaltig. Meine Hände legten sich auf Kanes Brust, wollten mich von ihm drücken, doch er schob mich weiterhin gegen die Wand. Am liebsten hätte ich erbost aufgebrüllt, doch dann hätte ich mir gleich zwei komische Blicke eingefangen. Also setzte ich nochmal an, drückte energischer.

„Leon ich weiß nicht wa…“, fing ich an zu reden und stemmte mich weiter gegen Kane. Erfolglos. Kane hingegen grinste mich nur an, dann wand er seinen Blick zu Leon und sein Gesicht wurde steinhart. Und mit steinhart meine ich wirklich, wirklich böse. Am liebsten hätte ich ihm in diesen Augenblick über die Wange gestrichen. Einfach um zu spüren, ob sie sich so anfühlte, wie sie aussah… Hart. Aber ich verwarf den Gedanken, als mir einfiel, dass wir noch immer beobachtet wurden und ich das hier eigentlich gar nicht wollte.

„Siehst du nicht was wir hier tun?“, knurrte Kane Leon an und packte mir provokant nochmal an den Arsch. Leon wurde immer wütender.

„Ich sehe sehr wohl, dass…“, doch Kane unterbrach ihn abrupt.

„Schön! Dann kannst du ja jetzt verschwinden oder spannst du lieber weiter, hm?“ Für Kane war das Thema wohl beendet und um seinen Worten jedoch noch Nachdruck zu verleihen zog er meinen Kopf zu sich heran und drückte mir, viel zu schnell als das ich hätte reagieren können, einen harten Kuss auf den Mund. Ich hörte wie die Tür zuknallte und Leon scheinbar genug von uns hatte. Zu seinem Glück, ansonsten hätte Kane ihn wahrscheinlich blau geprügelt. Aber Leon tat mir schon leid… er konnte ja schließlich nichts dafür. Eigentlich hätte da ein netter Abend werden können. Ein sehr netter vielleicht sogar. Aber das war in Moment mein geringstes Problem, viel wichtiger war das... Ich gerade geküsst wurde! Mir wurde schlagartig speiübel als mir bewusst wurde, wer mich da gerade angeleckt hatte. Geschockt schaute ich auf, in Kanes Blaue Augen. In Kanes bleiches Gesicht und mit einem Mal wurde ich so wütend, dass ich mit voller Wucht in Kanes hässliche Fresse schlug. Im nächsten Moment wurde mir so speiübel, dass ich mich doch tatsächlich auf den Toilettenfliesen übergab. Mein Verfolger, größter Feind, beinahe- Mörder hatte mich geküsst! Mein ganzer Magen überschlug sich bei dem Gedanken. Mir war es ehrlich gesagt auch völlig egal, dass Kane mir beim Kotzen zusah. Er war schließlich dafür verantwortlich. Ich konnte nur hoffen, dass er den Moment meiner Schwäche nicht ausnutzte, um mir wehzutun. Aber das war ihm wahrscheinlich einfach zu widerlich. Gott wie ich diesen Typen verabscheute. Auf dem Boden kauernd wischte ich mir über den Mund, erhob mich ohne Kane eines Blickes zu würdigen und taumelte zum Waschbecken, um mir die Hände und den Mund auszuwaschen. Mir war noch immer schwindelig von dem Sturz erst. Woran Kane ebenfalls Schuld hatte. Nachdem ich mich ein wenig aufgefrischt hatte und der Kotzegestank aus meinem Mund verschwunden war, stützte ich mich rückwärts am Waschbecken ab und betrachtete Kane wütend. Sein Gesicht zeigte zwar keine Mimik, ich konnte mir dennoch gut vorstellen wie er sich innerlich gerade kaputt lachte.

„Was war das denn!?“, fuhr ich ihn auch sogleich an und musterte mit Genugtuung, wie seine Hand hauchzart über seine geschwollene, blutende Oberlippe fuhr. Mannomann, mein Schlag hatte gesessen, ohne Zweifel. Ein Grinsen verkniff ich mir jedoch, sollte er doch ruhig meine ganze Wut zu spüren bekommen. Als er mir immer noch nicht antwortete, wurde ich immer wütender.

„Ach auf einmal verschlägt es dir also die Sprache ja!? Eben noch so eine große Fresse und jetzt“, eine noch größere und blutige. Ich verkniff es mir jedoch. Mit einer unflätigen Handgeste deutete ich auf ihn.

„Und jetzt nur noch so ein kleiner Haufen Drecksschiss!“ Allmählich schien sich Kane auch wieder zu regen, zu meinem Nachteil, denn er schien nicht gerade erfreut.

„Du kleine, miese Schlampe! Sei doch einfach froh, dass ich dir dein kleines Anhängsel abgenommen habe. Also bitte wer gibt sich denn mit so einem…. Kind ab?!“ Er ritt nur sinnlos auf meinen Nerven, redete ich mir ein, doch es half nichts. Ich explodierte beinahe vor Wut!

„Wie bitte?! Mein Leben hat dich überhaupt nichts anzugehen! NICHTS, hörst du? Halt dich endlich von mir fern und ich schwöre dir bei allem, was mir heilig ist, wenn du mich noch einmal, ein einziges Mal küsst, dann schlage ich dir deine fette, hässliche Froschfresse aus! Gott, bist du WIDERLICH!“ Ich wand mich um, stampfte zur Klotür, in welcher Ike sich noch immer befand, befreite ihn aus seinem Drecksloch und zog ihn an der Hand aus dem Klo. Von Kane hörte ich, zu seinem Glück, kein einziges Wort mehr. Er ließ mich mitsamt Ike einfach gehen. Wahrscheinlich, weil er wusste, dass es hoffnungslos war, mich jetzt anzugreifen. Denn so geladen wie ich war, hätte ich ihn wahrscheinlich wirklich totgeschlagen. Zumal Ike noch bei mir wäre.

Wir ließen das Restaurant schnell hinter uns, von Leon keine Spur mehr und die Gäste schienen auch nichts bemerkt zu haben. Die Badtüren schienen also recht schalldicht gewesen zu sein. Wäre auch doof gewesen, wenn nicht.

„Hast du….“, fing Ike an, doch ich unterbrach ihn barsch.

„Halt du bloß die Klappe!“ Ohne ihn wäre da alles nicht passiert. Kein Kuss, kein Sturz, kein Rumgeschrei, keine Strapazierten Nerven, kein Kane. So ein verdammter Mist! Ungeduldig zog ich ihn zu meinem Wagen, stopfte ihn hinein und brauste in die Nacht hinein. Es war schon wirklich spät geworden. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits kurz nach zwölf war. Stöhnend rieb ich mir kurz die Stirn, mein hinterer Schädel tat noch immer weh. Blöd auch, dass ich genau gegen das Waschbecken geflogen bin.

„Wo wohnst du Ike? Ich bringe dich nach Hause!“ Ich warf ihm einen schiefen Seitenblick zu. Er räusperte sich kurz und wich meinen Blicken aus.

„Ich… Naja so richtig habe ich kein zu Haue. Ich bin schließlich erst seit einem knappen Monat hier auf der Erde. Und von da aus hat mich dieser Kane gleich abgefangen und in seinen Knast gesteckt.“ Genervt seufzte ich auf. Das wurde ja immer besser. Auch wenn er nichts dafür konnte. Er konnte einem ja fast leidtun, kaum auf der Erde und schon gefangen. Wo doch jeder mit positiven Erfahrungen hier starten wollte.

„Na gut. Ich nehme dich mit zu mir, habe ja genügend Platz. Solange du mich nicht an meiner Arbeit hinderst!“ Er schien erleichtert und nickte leicht lächelnd.

„Danke. Tut mir Leid, dass ich dir so viele Umstände bereite!“ Ich murrte ein ‚Hmh‘ und schon kamen wir vor meinem Haus an. Schnell parkte ich meinen Wagen in der Garage und erklomm, mitsamt Ike, die Treppen nach oben. Zum Glück hielt er den Mund, wahrscheinlich spürte er meine Müdigkeit und Erschöpfung. Oben angekommen schloss ich schnell auf und bat Ike höflich herein. Er sah sich staunend um.

„Wohnzimmer, Bad, Schlafzimmer und so weiter!“ Mit Handbewegungen deutete ich auf die Türen. Gemeinsam betraten wir mein Wohnzimmer. Als er mein Terrarium erblickte, stahl sich ein strahlendes Lächeln auf sein Gesicht. Ich musste träge mitlächeln.

„Es erinnert mich an Punica. Da gab es auch Chamäleons. Auch wenn sie ein bisschen anders aussehen“, erklärte ich ihm lächelnd und trat auf das riesen Terrarium zu. Grinsend zeigte ich ihm meine drei Reptilien.

„Frodo, Froop und Gollum“, deutete ich ihm und schaltete die Beleuchtung für die Drei an. Da Ike ja noch gar kein Herr der Ringe kannte, schienen ihn die Namen auch nicht weiter zu verwundern.

„Sie sind niedlich“, bemerkte er grinsend.

„Aus Punica also hm?“ Ich nickte lächelnd.

„Ich stamme aus Alorien“, fügte er dann noch hinzu. Ich klatschte freudig in die Hände.

„Da habe ich früher immer Urlaub gemacht!“

„Schön da, nicht?“ Er betrachtete mich glücklich. Dennoch stahlen sich Tränen in seine Augen. Er vermisste seine Heimat jetzt schon, dass sah man ihm an. Mir ging es früher nicht anders, doch das Gefühl schwindet nach einer Zeit. Man gewöhnt ich dran, gewöhnt sich an den Gedanken 10 Jahre auf diesem Planeten hier zu weilen und das Beste draus zu machen. Dennoch verstand ich ihn.

„Ja. Schön dort! Aber nichts gegen Punica!“, neckte ich ihn. Ich wollte ihn etwas aufmuntern, aber es gelang mir nicht so ganz. Er lächelte zwar leicht, dennoch kullerte eine Träne seine Wange entlang.

„Hey, ist ja gut! Nicht weinen, Großer!“ Er drehte seinen Kopf zur anderen Seite, es war ihm wohl peinlich. Trotzig, wie ein kleines Kind, grapschte ich nach seinem Kinn und führte es leicht in meine Richtung.

„Du wirst wieder zurückkommen. Das verspreche ich dir!“ Mit einem zuversichtlichen Nicken nahm ich ihn in den Arm und genoss die Stille, die sich um uns hüllte. Es war traumhaft. Traumhaft in den Armen eines Gleichgesinnten zu liegen. Er tickte ein bisschen wie ich. Ive war manchmal nicht so verständlich. Sie mochte die Erde ebenso wie Azeroth. So etwas erschreckte mich. Die Erde war nichts im Vergleich zu Azeroth. In vielerlei Hinsichten. Ike schien sich allmählich zu beruhigen, dennoch klammerte er sich an mich wie ein Ertrinkender. Ich vergrub mich glücklich in seiner Halsbeuge.

„Sind dir auch seine Augen aufgefallen?“, fragte Ike nach einiger Zeit. Ich löste mich von ihm und schaute ihm in seine Augen. Ich war also nicht die Einzige, der es aufgefallen war. Ich nickte und fing schon wieder an zu grübeln. Wie konnte so etwas nur sein.

„Naja vielleicht trägt er ja Kontaktlinsen“, schlug Ike lachend vor. Ich nickte, wenig begeistert von seiner Idee.

„Kann sein. Macht es dir was aus wenn ich jetzt schlafen gehe? Das Gästezimmer ist direkt nebenan. Wenn du willst kannst du dich im Bad frisch machen“, erklärte ich ihm und zu meinem Glück nickte er nur und wand sich zur Küche um.

„Der Kühlschrank ist voll. Bediene dich ruhig!“ Sein Magen knurrte wie zur Antwort. Er lachte, bedankte sich rasch und schon war er am Plündern. Ich murmelte noch ein ‚Nacht‘ und schon war ich im Bett. Der Tag war anstrengend, dennoch war ich irgendwie glücklich Ike hier zu haben. Er gab mir das, was ich in Moment nicht besaß. Das wonach ich mich am meisten sehnte: Eine Familie.

Thirteenth

Thirteenth

Am nächsten Morgen erwachte ich, wie erwartet: Mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Ich spürte, dass dies ein guter Tag werden würde. Glücklich schlug ich meine Bettdecke bei Seite und sprang fröhlich aus meinen Federn. Schnell quetschte ich mich in eine enge Leggins mit einem Top und einer einfachen Stoffjacke darüber. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, das die Sonne leicht schien. Vor mich hin singend, immer darauf bedacht leise zu sein um Ike nicht zu wecken, schlich ich mich ins Wohnzimmer. Nur um dann festzustellen, dass Ike schon wach war und sich gerade auf meinem Sofa die Wampe vollknallte. Als er mich kommen hörte, erschrak er sich erst einmal, dann verschluckte er sich an seinem Brötchen und fing an zu röcheln. Grinsend schlenderte ich auf ihn zu und schlug ihm einmal kräftig auf den Rücken. Danach schien es ihm besser zu gehen. Weiterhin grinsend beugte ich mich zu ihm herunter.
„Passiert wohl wenn man zu viel auf einmal isst!“ Mit einem vielsagenden Blick nickte ich zu dem voll beladenen Couchtisch hin. Er schluckte einmal, dann wurde er rot. Das brachte mich irgendwie nur noch mehr zum Grinsen.

„Tschuldige“, nuschelte er vor sich hin. Ich klopfte ihm einmal auf die Schulter und erhob mich dann.

„Macht ja nix.“ Ich bewegte mich auf meinen Kühlschrank zu und nahm mir selber mein Frühstück heraus. Ein Joghurt und ein bisschen Obst. Zum Brötchen holen war mir die Lust vergangen. Bewaffnet mit meinem Essen schmiss ich mich neben Ike aufs Sofa rauf. Genüsslich biss ich in meinem Apfel und musterte Ike heimlich.

„Was hast du heute vor?“ Ich zuckte die Achseln.

„Weiß nicht. Ich hab gedacht, ich zeig dir ein paar schöne Seiten der Erde?“ Lächelnd zwinkerte ich ihm zu, er fing an zu strahlen.

„Scheinst ja noch nicht viel davon mitbekommen zu haben!“ Er nickte.

Tja. So geschah es dann, dass wir so gegen halb Zwölf losfuhren Richtung Stadt. Ich hatte den Tag voll durchgeplant. Erst einmal ins Kino und einen hammergeilen Action- Film sehen. Kinos gab es bei uns da oben nämlich nicht. Vielleicht würde das Ike ja ein wenig beeindrucken. Naja, eigentlich war ich mir recht sicher, dass es ihn beeindrucken wird. Gesagt, getan, eine gute Stunde später saßen wir in dem abgedunkelten Raum eines Kinos in meiner Nähe und warteten auf den Start des Filmes. Ike war nichtmehr zu stoppen vor Freude, alleine der riesige Bildschirm hat ihm ein Leuchten in die Augen gelockt, welches er nun nichtmehr absetzte.

„Wann geht’s denn nun endlich los?“, wisperte er mir ungeduldig ins Ohr. Ich stöhnte auf. Das fragte er mir gerade zum geschätzten 20. Mal.

„Keine Ahnung“, flüsterte ich möglichst leise zurück, um die anderen Kinobesucher nicht zu stören. Ike zog eine Schnute und wand sein Blick wieder der Leinwand zu, welche in genau diesem Augenblick anfing aufzuleuchten. Dies ließ ihn wieder strahlen, sein Mund formte sich zu einem großen Loch und seine Augen fingen nahezu Feuer, so schien es. Die ersten paar Minuten lief erst einmal Werbung, dann kam die Aufforderung unsere 3D Brillen aufzusetzen und der Film begann. Ike war nichtmehr zu stoppen. Ständig freute er sich über irgendwelche Effekte im Film, die mir gar nicht aufgefallen wären, hätte er mir nicht ständig in die Seite gepikst und mich darauf hingewiesen. Manchmal klatschte er sogar entzückt in die Hände, so dass er den Eindruck machte, als sei er wieder 3 Jahre alt. Ich beließ es mit einem belustigten Schnauben dabei. Als der Film, gute zwei Stunden später, endlich vorbei war, durfte ich mir Ikes eingehendes Geplapper darüber anhören, wie toll doch der Regisseur sei und was für ein Wahnsinn der Film doch war. Wenn ich ehrlich gewesen wäre, dann war es der mit Abstand langweiligste Film den ich jemals gesehen hatte. Aber da Ike noch keinen Besseren kannte, schien ihm das ja nicht aufzufallen.

„Dakota?“ Damit haute er mich voll aus meinen Gedanken. Erschrocken ruckte mein Kopf zu ihm herum, ich hatte bei seinem Gebrabbel wohl völlig abgeschaltet.

„Hm?“

„Ich habe gefragt, was wir jetzt machen. Sag mal hörst du mir eigentlich noch zu?“ Ich nickte eifrig.

„Klar, du findest den Film ganz wunderbar. Richtig?“ Ich grinste breit. Er nickte, zog dennoch eine Schnute, weil er bemerkt hatte, dass ich ihm nichtmehr ganz zuhörte.

„Ich dachte, wir könnten vielleicht etwas essen gehen und danach habe ich noch eine Überraschung für dich!“ Oh ja, das würde ihm gefallen, da war ich mir sicher. Ihm schien meine Antwortzuzusagen, er nickte lächelnd und stieg in meinen Wagen ein. Ich tat es ihm nach.

„Lieber ins Restaurant oder in eine Pommes- Bude?“ Seine Stirn zog sich in Falten und die Nase rümpfte sich leicht. Das war sein Denker- Blick, soviel wusste ich schon einmal über ihn. Das sah einfach nur zum Schreien aus, total niedlich, wenn man mal bedenkt das Ike mindestens 18 war. Auch wenn er sich nicht gerade so benahm. Irgendwie war er für mich wie ein kleiner Bruder, auch wenn er wahrscheinlich älter war, als ich. Ich wusste ehrlich gesagt gar nicht, wie alt, aber es war mir recht egal. Es spielte für mich keine Rolle, bei Gelegenheit würde ich ihn schon noch danach fragen.

„Was auch immer ein Restaurant ist, es hört ich schrecklich spießig an. Lieber die Pommes- Bude.“ Er entlockte mir ein lautes Lachen. Wo er doch Recht hatte… Wir bezeichneten unsere Restaurants in Azeroth anders, was ja auch nicht weiter schlimm war, da er denn Sinn eines solchen ja scheinbar schon erkannt hatte.

„Gut erkannt“, mit einem kräftigen Schlag schlug ich ihm lachend auf die Schulter und startete den Motor Richtung „Bonnys“. Das war zwar nicht meine Lieblings- Einrichtung und ich musste zugeben, dass es wirklich besseres Essen gab, aber es war direkt neben meiner Wohnung und eigentlich ganz erträglich, wenn man nicht gerade viel Besseres gewöhnt war. Als wir ein paar Minuten später dort ankamen, knurrte Ikes Magen wie zur Bestätigung einmal laut auf. Ich zog ihn kopfschüttelnd ins „Bonny´s“ mit hinein und lotste ihn zu einem Tisch, der frei war. Seufzend ließ ich mich dann neben ihn fallen und schlug die Essenskarte auf.

„Ich kann dir die Salate hier empfehlen. Echt lecker!“ Jaja, ich war ja so ein Spießer. Ein Teenager, der Salat futterte. Ike jedoch schüttelte nur den Kopf.

„Nee, ich brauche jetzt was Richtiges!“ Als dann die Bedienung kam, bestellte Ike sich eine Pizza Margherita und ich meinen Salat. Was ich zugeben musste war, dass das Bonny´s recht schnell arbeitete. Mehr als eine viertel Stunde warten brauchte man hier glücklicherweise nicht. So war es auch heute, das Essen kam recht schnell und wir waren dementsprechend schnell fertig. Anschließend brauchten wir ja nur über die Straße, rüber zu meinem Apartment laufen.

„Und was ist jetzt die Überraschung?“

„Wenn ich es dir sagen würde, wäre es keine Überraschung mehr, oder?“ Er zog wieder seine Entenschnute. Ihm passte das wohl gar nicht in seinen Kram. Sag ich ja, wie ein kleines Kind benahm er sich manchmal. Er konnte echt froh sein, dass ich mir damals immer einen kleinen Bruder gewünscht hatte. Ansonsten wäre ich wahrscheinlich schon lange ausgeflippt, bei seiner Ungeduld. Oben angekommen, zog ich ihn in mein Schlafzimmer und betrachtete ihn einen Moment. Dann wirbelte ich zu meinem Kleiderschrank herum und durchwühlte diesen aufgeregt. Irgendwann gelang ich dann zu der Kiste, in der ich Klamotten aufbewahrte, die meine Bettgefährten alle mal hier vergessen hatten. Nach einigem weiteren Wühlen, fand ich dann auch endlich das, was ich suchte. Ein weißes Männer T-Shirt. Stolz präsentierte ich es ihm und warf es ihm ins Gesicht. Naja ich wollte, er fing es leider zu früh ab und betrachtete es misstrauisch. Dann beschnupperte er es einmal ausgiebig. Sein Instinkt ging wohl wieder mit ihm durch.

„Was ist das und was soll ich damit?“

„Anziehen“, befahl ich streng, während er lachend salutierte. Spinner. Letztendlich zog er es sich dann trotzdem über.

„Und warum das Ganze…?“

„Darum“, ich kannte da keine Gnade. Überraschung blieb bei mir nun mal Überraschung. Grinsend wand ich mich dann selber wieder zu meinen Schrank und wühlte weiter. Immer auf der Suche nach meinem weißen Kleid. Eigentlich müsste es im Schrank liegen, nach einigen Minuten stöbern, ließ es sich jedoch noch immer nicht auffinden. Stöhnend trat ich einen Schritt zurück und kratzte mir nachdenklich am Hinterkopf herum. Irgendwo musste es doch sein.

„Suchst du das hier?“ Mein Kopf ruckte zu Ike herum, der gerade dabei war, ein paar Flusen von meinen trägerlosen Liebling zu schnipsen. Fragend zog ich meine Augenbrauen in die Höhe.

„Woher hat du das?“ Er grinste verlegen. Ich hab mir gestern Abend aus deinem Zimmer stibitzt, weil ich nicht einschlafen konnte. Es hat so nach dir gerochen“, gab er murmelnd zu und senkte unter Rot gewordenen Wangen seinen Blick.

„Ehm okay…? Und konntest du dann wenigstens einschlafen?“ Sein Kopf hob sich wieder und er nickte eifrig.

„Aber ja!“ Komisch fand ich es immer noch, aber nun gut. Wenn er irgendwie auf seine Nase fixiert war, bitte sehr. Wie auf Kommando drückte er es mir in die Hand und verschwand aus meinem Zimmer, damit ich mich in Ruhe umziehen konnte. Lächelnd schlüpfte ich in mein Lieblingskleid und betrachtete mich im Spiegel. Es war trägerlos und der Teil, der die Brust umhüllte war besetzt mit silberner Spitze. Der Rest des Kleides fiel in sanften weißtönen bis knapp unter meinen Arsch. Traumhaft. Darin dürfte sich eigentlich jeder wie eine kleine Märchenprinzessin fühlen. Passend zu den Farben des Kleides, schlüpfte ich in silberne Peeptoes und legte mir ein paar Armbänder um, die sich gut in das Outfit einfügten. Dann trat ich ins Wohnzimmer und rief Ike, der wohl gerade ins Bad verschwunden war. Leicht geschminkt war ich noch von heute Morgen, deshalb brauchte ich da nichts aufbessern. Ike kam schnell zu mir gehastet und beäugte mich staunend.

„Wow… Aber warum gerade weiß? Das lässt uns irgendwie noch bleicher aussehen!“ Ich kicherte vergnügt auf.

„Wirst du schon noch früh genug erfahren.“ Oh ja das würde er. Und ich konnte mir gut vorstellen, dass es ihm gefallen würde.

 

 

 

Fourteenth

Fourteenth

„Nun komm schon“, sich wie ein kleines Kind freuend zog ich Ike hinter mir her. Wir befanden uns auf einem riesigen, überfüllten Stadtplatz, die Musik dröhnte aus den gigantischen Musikboxen und Menschenmengen bewegten sich rhythmisch zum Takt der Musik. Die meisten Leute hier waren so schlau sich ebenfalls weiß zu kleiden. Warum würde Ike schon noch früh genug erfahren.

„Was machen wir hier?“

„Siehst du doch. Feiern!“ Grinsend zog ich ihn zur Bar, um mir erst einmal einen Gin- Tonic zu gönnen. Mein absolutes Lieblingsgetränk, gleich nach Wodka und Whiskey.

„Was willst du haben?“ Er überlegte kurz, dann zuckte er die Achseln.

„Was schmeckt denn?“ Ich verdrehte die Augen, ich hatte völlig vergessen, dass es bei uns in Azeroth Getränke wie Bier oder so nicht gab. Wir hatten da andere Methoden, uns zu besaufen. Bei uns in der Nähe steht eine Fabrik, die Medikamente herstellt. Nur sind die bei uns so hochprozentig alkoholisch und so verdammt lecker, dass wir uns einfach jedes Mal dort ins Gebäude schlichen und dort naschten. Wenn ich dazu im Gegensatz die Medikamente, hier auf der Erde probiere, kriege ich das blanke Kotzen. Naja, soviel zum Thema Alkohol in Azeroth, Ike wartete noch immer auf eine Antwort.

„Ich bestelle dir einfach einen Gin- Tonic mit“, verkündete ich ihm und gab meine Bestellung auf. Wenige Sekunden später wurde uns unser Getränk auf den Bar- Tisch geknallt. Ich bemühte mich um ein Danke, nahm das Getränk und drückte es Ike in die Hand

„Ist mein absolutes Lieblingsgetränk!“ Ike nippte kurz am Glas, dann bewunderte er das Getränk staunend.

„Wow, schmeckt total anders als bei uns!“

„Ist auch kein Vergleich zu den Medikamenten hier. Die willst du hier nicht mal probieren, wenn du krank bist!“ Das kaufte Ike mir anscheinend nicht so ganz ab. Aber ich würde es ihm schon noch früh genug zeigen. Nicht, dass er den gleichen Fehler machte wie ich, sich tausend Medikamente kauft, probiert und alle wieder in Müll wirft. Zumal die Dinger hier nicht gerade billig waren. Als wir nach einiger Zeit endlich unseren Gin ausgetrunken hatten, verließen wir unsere Plätze und stürmten die Tanzfläche. Gerade in diesem Moment lief ein super Song, dessen Name ich leider nicht kannte. Der ganze Boden vibrierte, die Boxen dröhnten, die Tanzfläche kochte. Zusätzlich wurde der Himmel immer dunkler, es war ja nun auch schon etwas später abends. Zu meinem Glück, durfte ich feststellen, dass Ike kein schlechter Tänzer war und sogar einige Blicke auf sich zog. Naja, was heißt sogar, bei unserem Aussehen war es nun wirklich kein Wunder. Das soll jetzt nicht arrogant klingen, aber wie oft sieht man schon einen laufenden Albino? Obwohl Ike und ich echt Gründe hätten, arrogant klingen zu dürfen. Schlecht sahen wir nämlich nicht aus, das wurde mir schon oft genug bestätigt.

„Trinken wir später noch so was Leckeres?“ Ich lachte einmal kurz auf und zwinkerte ihm keck zu.

„Willst dir wohl die Kante geben, was? Keine Angst, ich habe genug Geld mit! Gleich zeige ich dir aber was anderes!“ Aus dem Augenwinkel sah ich nämlich schon die Farbtöpfe auf uns zurollen. Ike schien es nicht zu bemerken, zu meinem Glück. Wäre ja sonst keine Überraschung mehr geworden. Gerade wurde der nächste, wie ich zugeben musste echt geile, Song gespielt, als plötzlich ein Countdown an einer riesigen Leinwand, die an einem Haus befestigt war, erschien, der von 10 abwärts zählte.

„Was ist das?“, fragte Ike auch sogleich.

„Abwarten“, erwiderte ich mit einem Grinsen und nickte zur Leinwand hin. Zum Glück hielt er nun die Klappe und wartete tatsächlich ab. Gerade war der Countdown bei 3 angelangt. 2….1….0! Mit einem lauten ‚Boom‘ wurden die verschiedensten Farbpulver in die Luft geschmissen, die Musik wurde noch lauter gedreht, die Tanzfläche jubelte und Ike zappelte, was das Zeug hielt. Ich hatte ihm natürlich nicht gesagt, dass wir uns hier auf einem Holi- Festival befanden. Das war schließlich die Überraschung. Immer mehr Farben wurden in die Lüfte befördert und rieselten dann hinab, auf die aufgebrachte, erregte Menschenmenge.

„Ist das geil!“, schrie Ike mir gegen den Lärm der Menschen entgegen. Ich lächelte ihn tanzend an.

„Freut mich, dass es dir gefällt. Es wird hier Holi- Festival genannt. Deshalb übrigens auch die weißen Kleider, es haftet besser und die Farben strahlen kräftiger!“ Er nickte und tanzte glücklich weiter. Ja… glücklich. Er sah verdammt nochmal glücklich aus. Und das ließ mein Herz auch freudig hüpfen. Ich konnte fühlen, was er fühlte und andersherum. So war das bei uns. Mitgefühl. Ein Privileg, was den Menschen leider fehlte. Ich genoss die Zeit mit Ike einfach. Sie schien einem so sorgenlos, so vertraut, so…. geborgen.

„Der da hinten, der schaut dich schon die ganze Zeit an!“ Ich drehte mich gar nicht erst um, so etwas war ich schon gewöhnt.

„Dann lass ihn glotzen!“ Ich tanzte ein wenig provokanter weiter, schwang meinen Arsch in alle Himmelsrichtungen, tanzte Ike an, einfach um denjenigen zu ärgern, der sich scheinbar nicht traute mich anzusprechen. Innerlich lachte ich mich halb einen ab, ich konnte ja so gemein sein. Auch Ike schien mein Vorgehen zu bemerken und zitierte es mit einem frechen Grinsen. Er warf einen Blick über meine Schulter und beugte sich dann langsam zu mir vor.

„Du Luder“, flüsterte er mir lachend ins Ohr und wand sich dann grinsend wieder zum Tanzen. Für den Typen sah es wahrscheinlich gerade so aus, als hätte er mir einige versaute Dinge ins Ohr geflüstert.

„Wolltest du nicht noch etwas trinken?“ Ike nickte eifrig. Ich nahm ihn bei der Hand und zog ihn, mich durch die Masse kämpfend, zur Getränkebar. Es war schon schön zu sehen, wie die ganzen Menschen so in bunt aussahen. Ich mochte diese Festivals irgendwie total, sei es wegen den vielen Farben, die mich an meine Heimat erinnerten oder weil ich es einfach liebte in Clubs zu gehen, das Gefühl gefiel mir einfach.

„Guck dir mal die ganzen Leute an! Total schräg!“, brüllte Ike mir zu und zeigte auf einen, der aussah wie ein Teletubbie, so ganz in lila. Dem waren wohl die Farben ausgegangen.

„Zwei Mal Whiskey bitte“, brüllte ich dem Barkeeper schon von weitem entgegen. Dieser nickte zwinkernd und bereitete uns unseren Wunsch zu. Ich verdrehte genervt die Augen. Die Männer waren doch alle gleich.

„Bitte sehr!“ Ich nickte ihm zu und reichte ihm das verlangte Geld.

„Wenn es noch was sein darf, sag einfach Bescheid!“ Sein Blick schweifte für einen Moment ab, in meinen Ausschnitt, dann lagen seine schrecklich blau-braun gemixten Augen wieder auf meinen Lippen.

„Nein danke“, knurrte ich angepisst davon, nicht einmal meine Ruhe vor solchen Möchtegern- Schönlingen zu haben. Ike lachte sich halb tot neben mir.

„Nimm einfach und trink“, ich probierte wirklich ernst zu bleiben, aber neben einem lachenden Ike funktionierte das nicht. Nach ein paar Sekunden schon schlich sich auch ein Lächeln auf mein Gesicht und ich muste wider Willen mitlachen. Als Ike den Whiskey an seine Lippen setzte und gierig den ersten Schluck auf ex nahm, fing seine Kehle natürlich erstmals Feuer und er begann total los zu husten, was mich diesmal laut auflachen ließ.

„Hättest du mir nicht sagen können, dass das Zeug die Hölle ist?“

„Ne du, das war Rache!“ Nachdem wir unsere Gläser geleert hatten, ging es wieder auf die Tanzfläche. Wir tanzten einige Songs, bis mir plötzlich Jemand auf die Schulter tippte. Ike warf mir einen vielsagenden Blick zu.

„Entschuldigen sie, schöne Frau… Darf ich vielleicht um diesen Tanz bitten?“ Beinahe wäre mir mein Drink wieder hochgekommen. Was hatte er da gerade für ein Scheiß gelabert? Darf ich um diesen Tanz bitten, hübsche Frau? In welchem Zeitalter lebten wir seiner Meinung nach denn? 17. Jahrhundert? Ich drehte mich gar nicht erst um, um zu wissen, dass Ike sich wahrscheinlich gerade untern Tisch warf, vor Lachen. Zu meinem Erstaunen durfte ich jedoch feststellen, dass er eigentlich nicht mal so schlecht aussah, wie vermutet. Braune, kurze Haare und dunkelbraune Augen, breit gebaut, große Hände, ihr wisst schon was ich meine.

„Darf ich mich vorstellen? Ich bin Mephisto Adams. Du kannst mich aber Mad nennen!“ Oh welche Ehre, hätte ich beinahe erwidert, verkniff es mir jedoch.

„Dakota“, entgegnete ich ihm aus reiner Höflichkeit, während er seine Arme um meine Hüften legte und sich im Takt der Musik bewegte. Mephisto, ach nein Mad, schien nicht viel von der Farbe abbekommen zu haben. Hier und da ein Strich, mehr nicht. Komisch, wofür geht man denn hier aufs Festival, wenn man dann eh keine Farbe abbekommen möchte. Zu meinem Erstaunen durfte ich feststellen, dass er gar nicht mal so schlecht tanzen konnte. Ein Blick über meine Schulter verriet mir, dass Ike es mir nachgetan hatte und sich ebenfalls ein Mädchen krallte.

„Darf ich fragen, warum eine Schönheit wie sie ledig sind?“ Ich zog meine Augenbrauen in die Höhe.

„Woher wollen sie wissen ob ich ledig bin?“ Ledig, alleine dieses Wort ließ mich spucken.

„Nun ja, außer diesem Affen hinter ihnen, mit dem sie sich nur freundlich zu verstehen scheinen sehe ich hier Niemanden, der sie bereits betört hat. Abgesehen von mir natürlich.“ Jetzt war ich baff. Er war nicht nur ein Großkotz, er beleidigte auch gerne Leute die er nicht einmal kannte und war einfach nur maßlos unverschämt, rotzfrech und scheiße nochmal selbstverliebt. Warum bekam ich eigentlich immer nur die Kotzbrocken ab?

„Jetzt reicht es mir aber langsam! Reden sie nicht so über meinen Freund!“

„Doch“, knurrte er wütend. Das ließ mich noch blasser werden. Die erste Frage, die sich in meinen Kopf brannte. Woher der plötzliche Stimmungswandel? War es vielleicht weil im nie Jemand widerspricht? Die zweite Frage: Kam mir diese Stimme nicht ziemlich bekannt vor?

„Kenne ich sie nicht?“, knurrte ich ihn wütend an und trat lauernd einen Schritt auf ihn zu. Er senkte böse lächelnd den Blick.

„Ich habe ihnen bereits gesagt, wer ich bin: Mephisto Adams“, konterte er und mir einem Mal wurde mir alles glasklar. Der Mann, der hier vor mir stand war aus dem Hause Kanes. Es war derjenige, der mich neben dem Lächerlichen Dämonen und Kane mit verfolgt hatte. Der den ich damals in der Nacht meiner Flucht geküsst hatte, um ihn abzuwimmeln und weglaufen zu können. Er war M.Ad, derjenige, der mir den Zettel im Café hinterlassen hatte, als er mich morgens von dort aus beobachtet hatte. Und jetzt tat es dieses miese Schwein schon wieder. Ich war verdammt nochmal wütend, auf ihn und auf Kane. Auch Mad, oder Mephisto oder wie auch immer, schien bemerkt zu haben, dass ich ihn enttarnt hatte. Er hatte es womöglich meinen Gesichtszügen entnommen.

„Mach die Fliege wenn du nicht auf Schläge stehst“, knurrte ich ihn wütend an. Meine Fäuste zum Zerreißen gespannt. Ich hoffe, mich sah Niemand in dieser Situation.

„Kane beobachtet dich. In genau diesem Moment, also tue nichts Unbedachtes. Er wird eingreifen. Ich bin gekommen, um dir etwas mitzuteilen, Püppchen!“ Ich zischte einmal kurz auf, meine Körperhaltung wurde langsam bedrohlicher.

„Nenn mich noch einmal Püppchen und du erlebst deinen blaues Wunder! Und das meine ich wortwörtlich! Und nun sag schon deine scheiß Nachricht, damit du schnell wieder zurückkehren und Kane in Arsch kriechen kannst.“ Aus dem Augenwinkel scannte ich die Gegend nach Kane ab, fand jedoch keinen.

„Nanana, wir wollen doch nicht zickig werden! Ich soll dir ausrichten, dass du dich erstens von diesem Freak dahinten fern halten sollst“, er meinte Ike. Konnte er also vergessen ,“und, dass Kane dich morgen treffen möchte. Er sagt du kennst die Lichtung im Wald, morgen um 22 Uhr. Er sagt, wenn du nicht da sein wirst, wird dein kleiner, blasser Freund das zu spüren bekommen!“

„Du Monster“, knurrte ich. Ich ließ es mir nicht anmerken, aber ich wurde innerlich gerade beinahe zerfressen von Hass und Sorge. Wie kann ein Mensch so grausam sein? Es war nicht das erste Mal, dass mir Kane mit dem Leben anderer Menschen drohte. Und das machte mir Angst, ich wollte es vielleicht nicht zugeben, aber Kane machte mir ehrliche Angst. Denn wenn er Ike oder Vanlee oder Ive, meinetwegen etwas antuen würde, würde ich mir das nie verzeihen. Da mag ich noch so kaltherzig rüberkommen, innerlich war ich komplett anders gestrickt. Freundschaften und Familien waren in meinem Leben das Wichtigste, was existierte. Ich zeigte es nur nicht nach außen hin und das war auch gut so. In meinem Leben und Job musste man da Pokerface perfekt beherrschen. So wie auch in diesem Augenblick. Hätte ich ihm jetzt gezeigt, wie sehr es mich traf, wüsste er ganz genau, wo meine Schwachstelle lag. Erahnen konnten sie es vielleicht ja, aber wissen nicht.

„Ich werde da sein“, sprach ich meinen Gedanken aus. Meine Stimme klang kühl, bitter und zutiefst verachtend, es schien ihn aber nicht zu stören.

„Das rate ich dir auch.“ Und dann war er wie aus dem Nichts verschwunden. Komischer Kerl. Eigentlich war ich aber ganz froh, dass ich nun wusste, wer sich hinter diesem M.Ad versteckte. Zu mindestens wurde mein Wunsch erhört und es war nicht eine zweite, von diesen kranken Tötungsakademien. Dann hätte ich nämlich gleich zwei davon an der Backe gehabt und das hätte kein gutes Ende genommen. Einen Moment verweilte ich noch an dem Platz, an dem Kanes Handlanger eben noch stand, dann wand ich mich ab und suchte den Platz nach Ike ab. Nach einigen Minuten des Verzweifelns fand ich mein Ziel dann auch, zusammen mit einer Brünetten am Tanzen. Ich tippte ihm auf die Schulter und er fuhr erschrocken zu mir herum.

„Da bist du!“ Ich nickte grimmig, dann zwang ich mich zu einem Lächeln. Ike konnte im Grunde ja nichts für meine schlechte Laune. Unter keinen Umständen durfte er erfahren was da eben geschehen ist. So wie ich ihn kannte würde er sich nämlich viel zu viele Gedanken um mich machen und mich morgen nicht in den Wald lassen. Und dann hatten wir beide ein echtes Problem. Ich, weil ich nicht gekommen war und er, weil er dabei womöglich draufgehen könnte, wenn ich nicht aufpassen würde.

„Können wir gehen?“ Er zögerte einen Moment, dann warf er der Brünetten einen Blick zu, der ihr wohl sagen sollte, dass sie zu verschwinden hatte. Was sie nach einigem Nörgeln dann auch zu ihrem Glück tat. Ansonsten wäre ich hier womöglich explodiert.

„Was ist denn plötzlich los?“ Ich schüttelte den Kopf und hielt mir den Bauch, als hätte ich Bauchschmerzen.

„Ich weiß nicht, ich habe eben noch einen getrunken, seitdem ist mir nicht so gut.“ Lügen mochte ich nicht, können tat ich es trotzdem. Ike nickte bekümmert und legte behutsam seinen Arm um meine Schulter, um mich zu sich ran zuziehen.

„Nicht das dir irgendjemand was in den Drink gemischt hat!“

„Nein, nein, bestimmt nicht. Vielleicht habe ich heute auch einfach was Falsches gegessen“, meinte ich und verzog meinen Mund ein wenig, so dass es aussah, als hätte ich Schmerzen. Hätte ich wirklich einen Drink getrunken, so wie ich es Ike gerade vortäuschte, hätte ich Mephisto Adams sogar zugetraut, dass er mir etwas untergemischt hat um mich gefügig zu machen oder so. Oder damit ich mich einfach nicht wehren konnte, falls er gewalttätig geworden wäre. Diesem Schwein traute ich inzwischen alles zu. Und auch wenn ich es nicht zugeben wollte, ich hatte verdammt noch einmal Schiss vor morgen Abend. Was auch immer Kane vorhatte, es würde mir nicht gefallen.

 

Am nächsten Morgen wachte ich durch Ikes Gelärme in der Küche auf. Müde öffneten sich meine Augen und streckte mich erstmals, um richtig wach zu werden. Gestern Abend hatte ich Ike und mich noch nach Hause gefahren, wir sind Beide duschen gegangen und lagen dann auch schon im Bett, da wir Beide recht müde waren. Für heute hatte ich, abgesehen von meinem Treffen mit Kane, noch nichts geplant. Meine Arbeit würde ich Ike zuliebe einmal ausfallen lassen. Wenn ich nämlich sonst um 20 Uhr von der Arbeit komme, klebt Ike mir die ganze Zeit an der Backe und wie sollte ich ihn dann innerhalb von 2 Stunden abwimmeln, wenn ich 8 Stunden fort gewesen war. Dafür hatte ich ja Donnerstag einmal mehr mit angepackt in der Werkstatt. Ich erhob mich also gähnend aus meinem Bett, schlüpfte in eine kurze Stoffhotpants und ein weißes Top. Socken ließ ich zu Hause eh immer weg, kalte Füße hatte ich schließlich sowieso. Außerdem war es heute recht warm, so sah es zu mindestens aus. Schlürfend öffnete ich die Tür zur Küche und lehnte mich in den Türrahmen, um Ike zu beobachten. Er probierte gerade eine Bratpfanne aus der Schublade zu kramen, ich schloss aus den Eiern, die auf dem Küchentresen lagen, dass er Rührei zubereiten wollte.

„Pass auf das du dich nicht umbringst, so eine Bratpfanne kann echt gefährlich sein“, spottete ich lachend. Er wirbelte zu mir herum, die Hände hinterm Rücken verschränkt, so als ob er verstecken wollte, was er da gerade probiert hatte.

„Ehm… Wie kriege ich das Ding daraus?“ Ich stieß mich lachend vom Türrahmen ab und zeigte ihm, dass man zu aller erst alle Töpfe, die auf der Bratpfanne standen hochheben musste, um an die Pfanne zu gelangen. Er zitierte es mit einem Kratzen am Kopf und einem „Wusste ich es doch“, was mich wiederrum zum Lachen brachte. Na sicher doch!

„Hast du heute irgendwas vor?“, fragte er mich und schenkte mir einen knappen Seitenblick, während er die Eier in die Bratpfanne schlug.

„Ne… Du vielleicht?“, fragte ich spaßeshalber und knuffte ihm lachend in die Seite.

„Jap“, konterte er zu meinem Staunen sogar. Mein Lachen verstummte.

„Valerie hat mich gefragt, ob ich heute Abend Zeit habe“, er schenkte mir ein Lächeln und zerdepperte das nächste Ei.

„Valerie ist die Brünette von gestern?“

„Hmh. Ich habe doch Zeit oder?“, fragte er sicherheitshalber noch einmal nach. Ich nickte eifrig, besser konnte ich es nicht treffen.

„Klar. Ich wollte heute sowieso etwas früher ins Bett, du kannst dir also heute Zeit lassen.“

„Klasse“, antwortete er strahlend. Wenn Ike abends weg wäre, bräuchte ich wenigstens keine Angst haben, dass er mir meine Ausrede nicht abkaufen würde oder mir womöglich noch hinterher spionierte. Besser ging es gar nicht.

„Und was machen wir den ganzen Vormittag?“

„Keine Ahnung, wenn du willst gehen wir ins Café und trinken einen Kaffee und essen ein Kuchen oder so.“ Die Idee schien ihm zu gefallen.

„Gibt es hier Donuts?“

„Jap! Richtig leckere sogar!“ Er klatschte erfreut in die Hände.

„Dann will ich einen Donut!“ Und so geschah es dann, dass wir ca. 2 Stunden später im Café saßen, ein bisschen herumalberten, redeten und unsere Donuts mit einem Kaffee tranken. Der Nachmittag verlief eigentlich recht ereignislos, einmal bekam ich noch einen Anruf von der Werkstatt, ansonsten saßen Ike und ich nur zu Hause herum und schauten Fernsehen. Bis es dann irgendwann abends an der Tür klingelte und Valerie die Treppen nach oben gestöckert kam.

„Ikiiiii bist du bereit?“, näselte sie durch die Tür. Ich begann leise zu kichern, was war das denn bitte für eine dahergelaufene Schrulle? Iki? So nennt man einen Hamster, aber doch nicht einen Matrix! Mir war sie gestern schon unsympathisch, ich hatte Ike aber nichts gesagt, weil es mich so gesehen ja auch Garnichts anging.

„Ja, du kannst reinkommen!“ Die Tür öffnete sich, das erste worauf ihr Blick fiel: Ich. Ihre Augen sprühten beinahe Feuer.

„Wer ist das denn?“, näselte sie und deutete mit hochgezogenen Augenbrauen auf mich.

„Meine…“, Ike suchte wohl soeben nach passenden Worten.

„Freundin?“, schimpfte die Schrulle empört und schlug sich die Hand vors Gesicht.

„WG- Mitbewohnerin“, erwiderte ich kalt und winkte Ike dann zum Abschied, bevor ich mich in mein Schlafzimmer verkrümelte. Das musste ich mir nun echt nicht antuen.

„Viel Spaß“, wünschte ich den Beiden noch im Vorbeigehen, dann öffnete ich die Tür zu meinem heißgeliebten Schlafzimmer. Zuerst presste ich mich in eine Röhrenjeans und ein Top mit Lederjacke. Dazu einfache, schwarze Sneakers, fertig. Pumps konnte ich mir ja schlecht anziehen, wenn es zu einem Kampf oder so kam. Und Kämpfe lagen ja nun mal in meiner wilden Natur. Zusätzlich bediente ich mich noch an meinem streng geheimen Waffenschrank und steckte mir zwei Wurfsterne und einen Dolch ein. Meine Blitze konnten mir schließlich nicht immer helfen. Fertig angezogen steckte ich mir noch meinen Hausschlüssel und mein Handy in die Taschen und schon schlich ich los in den Wald. In der Zeit machte ich mir ziemlich viele Gedanken darüber, was Kane wohl von mir wollte. Wir hatten einen Pakt, er dürfte mich nicht angreifen oder so. Also was wollte er nun?! Kurz bevor die Lichtung in meinem Sichtfeld erschien, schlug ich meine Fingernägel in einen Baum und kraxelte an ihm in die Höhe. Von dort aus sprang ich, immer darauf bedacht leise zu sein, zum Nächsten bis ich an dem Rand der Lichtung ankam. Fest gegen die Äste gedrückt, so dass Niemand mich sehen dürfte, beobachtete ich die Lichtung. Noch war keiner zu sehen. Merkwürdig. Aber das war auch der Grund warum ich auf dem Baum geklettert bin. Ich wollte nicht als erste da stehen. Nach einigen Sekunden erschien dann tatsächlich ein Kane auf der Bildfläche. Immer um sich guckend ging er auf die Mitte der Lichtung zu und schob dort angekommen seine Hände in die Hosentaschen. Ich betrachtete ihn einige Sekunden, wir der Mondschein auf ihn strahlte. Sein Haar schimmerte in dem Licht, seine Aura ließ alles um sich herum dunkler wirken. Er war, wie schon fast erwartet, nur in schwarz gekleidet. Ich betrachtete ihn eine ganze Weile, bis ich ihn plötzlich aufschnaufen hörte.

„Würdest du bitte endlich von dem Baum herunter kommen!“ Das brachte mich total aus dem Konzept. Verwirrt blinzelte ich einmal und sah, dass Kane zwar mit dem Rücken zu mir stand, sein Kopf aber zu mir nach hinten gedreht war und mich kritisch anstarrte. Es war, als könne er durch alle Äste hindurchblicken. Aber da konnte er nicht. Er hatte mich gerochen, so wie schon einmal. Und das verwirrte mich… sehr sogar. Kein Mensch konnte auf so eine Distanz so ausgezeichnet riechen.

„Wie lange willst du mich noch anstarren?“, knurrte er laut und drehte sich nun ganz zu mir herum. Langsam hatte ich die Schnauze voll von ihm. Also nahm ich Anlauf und sprang elegant vom Baum ab. Auf dem Boden kam ich in einer lässigen Hocke, beide Arme auf dem Boden auf. Ich erhob mich langsam und trat dann auf ihn zu. Gute zwei Meter vor ihm blieb ich stehen und musterte ihn kritisch.

„Was willst du, Kane?“

„Ich bin erstaunt. Du kennst meinen Namen noch!“

„Wie heißt es so schön, kenne deinen Feind!“, spuckte ich ihm entgegen, was sein Gesicht noch düsterer ausschauen ließ. Seine Fäuste spannten sich einmal, dann beruhigte er sich scheinbar wieder.

„Genau darum geht es.“ Ich zog meine Augenbrauen in die Höhe. Was meinte er?

„Nun sprich endlich“, forderte ich bissig und verschränkte meine Arme abwartend vor meiner Brust.

„Ich schlage dir einen Deal vor.“ Auch wenn mich diese Antwort total verwirrte, ließ ich es mir nicht anmerken.

Fifthteen

Fifthteen

„Vergiss es!“, bellte ich ihn auch sogleich an, ohne darüber nachzudenken. Ich war erschrocken über diese dreiste Forderung. Durfte ich das überhaupt, einen Außenstehenden mit nach Azeroth schmuggeln? Und was wollte er überhaupt dort… Noch mehr von meiner Art abschlachten? Das könnte ich nicht zu lassen. Andererseits war das Angebot ziemlich verlockend, er würde uns nie wieder schaden können. Gleichzeitig könnte er seinen Job und somit seine komische Agentur, die sich irgendwie als Ziel gesetzt hat uns auszulöschen, kündigen. Ein friedliches Leben hier auf der Erde? Denn jeder meiner Art wusste genau, welche Gefahren hier herrschten. Deshalb wollte auch Niemand hierhin. Manchmal nannten wir die Erde Satansgrube oder Teufelskugel. Einfach aus dem Grund, dass hier wenig Akzeptanz uns gegenüber regierte.

„Weißt du überhaupt, auf was du dich da einlässt? Du kannst deine Firma und deinen Job vergessen, würde ich Ja sagen!“ Ich betonte das „würde“ ganz genau. Aufmerksam betrachtete ich ihn, wartete auf eine Reaktion seinerseits. Er legte seinen Kopf leicht schief und musterte mich aus zusammengekniffenen Augen.

„Ich hätte dir den Deal nicht vorgeschlagen, wenn ich nicht wüsste worauf ich mich da einlasse“, begann er zu sprechen und fing an mich langsamen Schrittes zu umrunden. Er wollte mir Angst einjagen, mit seiner düsteren, dominanten Art. Aber das tat er nicht… Zu mindestens nicht so ganz.

„Dann eben anders: Was hat du in meiner Heimat zu suchen?!“, fauchte ich und mein Kopf ruckte zu ihm nach hinten. Au dem Augenwinkel heraus nahm ich seine stechenden türkisenen Augen wahr.

„Das hat dich nichts anzugehen.“ Okay. Er machte auf stur, das spielte ich doch wirklich gerne mit.

„Hm. Dann sehe ich auch keinen Grund, dich mitzunehmen.“ Das ließ ihn kurz stocken.

„Denk doch über deine Vorteile nach“, finge er an zu sprechen und fuhr abermals mit seinen Runden um mich herum fort.

„Nie wieder Verluste“, wisperte er mir ins Ohr. Ich blieb stur, starrte auf einen Punkt irgendwo am Horizont. Ließ mich nicht von ihm beirren, auch wenn ich zugeben musste, dass mir sein Geflüster eine dicke Gänsehaut bescherte. Und das nicht im positiven Sinne.

„Nie wieder Ängste auf diesem Planeten…“ Es machte mich verrückt. Wie er meine Schwächen auszunutzen wusste. Wie er mich hier umrundete, als sei ich sein Mittagessen. Wie er mich unterschätzte und mit seinen Begründungen so verdammt richtig lag.

„Halt den Mund“, zischte ich ihn an und fuhr zu ihm herum. Meine Fäuste spannten sich ganz von alleine, mein Körper war aufs kämpfen aus.

„Was hast du da zu suchen? Willst du erst einmal auf unseren Planeten um uns weiter auszuspionieren, anschließend alle abzuschlachten und Azeroth zu regieren?! Ist das dein Plan?“, schrie ich und trat einen Schritt auf ihn zu. Er lächelte nur kühl. Das machte mich noch rasender. Er führte irgendetwas im Schilde, und ich kam nicht drauf, was es sein könnte. Er hatte schon zu viel Schaden errichtet, als das ich ihm nun vertrauen wollte und konnte.

„Ich bin nicht aufs kämpfen aus, Püppchen, leg die Waffen beiseite“, mit einer lässigen Handbewegung zeigte er auf meine rechte Hand. Verblüfft und total aus dem Konzept gebracht schaute ich auf meine Rechte und tatsächlich hielt ich fest umkrampft meine Wurfsterne in dieser. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass ich sie in die Hand genommen hatte. Zögernd ließ ich sie zurück in meine Tasche gleiten.

„Du hast dich nicht unter Kontrolle, Puppe!“ Auch wenn ich wusste, dass er mich nur provozieren wollte, geriet ich wieder auf 180 und konnte nicht verhindern, dass sich meine Hand wie von alleine um seine Kehle schlang.

„Nenn mich noch einmal Puppe und ich schwöre dir, ich…“, mitten in meinem Drohen wurde ich von ihm unterbrochen.

„Siehst du. Nicht unter Kontrolle.“ Mit einem bösen Knurren stieß ich ihn weg und wand mich von ihm ab. Er hatte gut reden. Er provozierte mich ja schließlich und nicht ich ihn. War doch klar, dass mein hitziges Temperament da mit mir durchging.

„Also was sagst du?“ Schlecht gelaunt und um Fassung ringend massierte ich meine Schläfen und probierte ihn, so gut es ging, zu ignorieren. Es war eine schlechte Idee, hierher zu kommen. Ich konnte jetzt schon an nichts anderes als diesen beschissenen Deal denken, wie würde es dann die nächsten Tage werden?

„Du kennst meine Antwort bereits. Nein! Ich will Niemanden in Gefahr bringen“, knurrte ich und schenkte ihm ein bösen Blick. Er schaute wissend zu mir herüber.

„Da liegt dein Problem, nicht ich bin es, sondern die Angst um deine… nennen wir es Freunde.“

„Sowohl als auch.“

„Na dann kann ich dir mit Freuden sagen, dass ich Niemand verletzten werde. Weder körperlich noch geistig. Abgemacht? Abgemacht. Dann kann es ja losgehen!“ Mit einem sarkastischen Grinsen im Gesicht kam er auf mich zu gestampft und wollte mir die Hand zum abschließen des Paktes reichen. Ich schlug sie jedoch weg und besann ihn eines bösen Blickes.

„Solange du mir nicht sagst, was du da zu suchen hast, wird dich Niemand mitnehmen! Außerdem kann ich jetzt nicht gehen, ich habe hier noch einiges zu erledigen!“ Das schien ihn ein wenig aus dem Konzept zu bringen.

„Ich werde es dir schon noch früh genug sagen“, knurrte er, angepisst davon, dass ich ihm nicht den Hintern leckte und sprang wenn er es sagte. Er wand sich zum Gehen, für ihn war die Sache wohl erledigt.

„Ach und noch etwas, wenn hiervon irgendjemand was erfährt, dann kannst du dich auf etwas gefasst machen!“ Ich sah nur noch wie er knapp nickte und dann weiterstolzierte Richtung Wald. Ich tat es ihm nach und verschwand ebenfalls, zurück nach Hause. Jegliches Zeitgefühl hatte ich total verloren und ich hoffte inständig, dass Ike noch nicht zu Hause war. Leider sollte mir dieses Glück wohl verwehrt bleiben.

 

Leise öffnete ich die knarrende Türe zu meinem Apartment und lugte in mein abgedunkeltes Wohnzimmer herein. Niemand da? Falsch gedacht.

„Wo warst du?“, kam es wütend und misstrauisch zugleich aus der letzten Ecke des Raumes. Ike schien auf mich gewartet zu haben. Ich atmete einmal tief aus, hoffte dass er mir meine Lügen abkaufen würde.

„Ich war noch schnell bei einer Freundin, was abholen“, meinte ich schulterzuckend und hing meine Jacke an einen der Ständer.

„Lüg mich nicht an“, knurrte er und stand plötzlich direkt vor mir. Ike war schnell. Ich aber auch.

„Tue ich nicht. Was soll das hier werden, Ike?“ So langsam ging er mir auf die Nerven, es hatte ihn eigentlich nämlich gar nichts anzugehen. Ich habe mich ja auch nicht in die Sache mit seiner komischen Valerie eingemischt.

„Du stinkst nach Kane!“, zischte er und hob zur Glaubwürdigkeit seiner Worte triumphierend meine Jacke vom Ständer und schnüffelte an ihr. Ich verharrte in meiner Bewegung. Jetzt musste ich mir schleunigst etwas einfallen lassen. Nun hatte er nämlich wirklich einen guten Grund, auf mich sauer zu sein. Wäre ich ja auch, wenn ich denken würde, er hätte etwas mit Kane am Hut.

„Ganz vielleicht sind wir ein wenig aneinander geraten!“, fauchte ich und riss ihm die Jacke aus der Hand.

„Ist ja auch nicht verwunderlich wo er uns doch schon seit so einiger Zeit verfolgt“, fügte ich anschließend noch hinzu, um meine Worte glaubwürdiger zu gestalten.

„Sicher? Und du triffst dich nicht mit ihm oder so? Weil ihr euch.. gerne habt?“ Die Worte verließen nur zögernd seinen Mund. Er glaubte mir nicht wirklich, aber bei dem Gedanken, dass ich und Kane ein Liebespärchen zusammen abgeben würden, brachte mich erstaunlicherweise zum auflachen.

„Du denkst ernsthaft ich stehe auf Kane?“, fragte ich noch einmal grinsend nach. Er zuckte die Achseln.

„Hätte ja sein können…“, grummelte er dann und nahm mir erneut die Jacke aus der Hand, um sie wieder auf den Ständer zu hängen.

„Ist dir wenigstens nichts passiert?“, fragte er dann nach. Seine Stimme war weicher geworden, ihm tat es jetzt wahrscheinlich Leid, dass er mich angeschrien hatte. Und ich hasste mich dafür, ihn anzulügen, aber es ging nicht anders. Er hätte mich verabscheut, wenn er wüsste, dass er mit seiner Vermutung gar nicht mal so falsch lag. In gewisser Weise trafen Kane und ich uns ja wirklich miteinander. Nur nicht als Liebespärchen.

„Mir geht es gut, siehst du doch“, ich schenkte ihm noch ein müdes Lächeln, dann winkte ich ihm um klarzumachen, dass ich nun schlafen wollte. Ich nuschelte noch ein „gute Nacht“, dann verließ ich das Wohnzimmer um seinen nachdenklichen Blicken zu entgehen.

Träge ließ ich mich, mitsamt meinen Klamotten, ins Bett fallen und steckte meinen Kopf grummelnd unters Kopfkissen. Ich war eine verdammte Heuchlerin, aber es ging nicht anders, wenn ich Ike und die anderen schützen wollte. Nie wieder Verluste, diese Worte hallten noch immer in meinen Kopf. Er hatte Recht. Wenn ich diesen Deal eingehen würde, würde auf der Erde niemand mehr verletzt werden. Aber war das das Risiko wert? Ihn mitzunehmen würde nämlich einige Risiken mit sich bringen… Tief in meinem Inneren wusste ich die Antwort schon. Ich würde in mitnehmen, ich musste nur noch herausfinden, warum er das so unbedingt wollte.

 

 

 

 

Sixteenth

Sixteenth

„Was ist los? Du siehst so nachdenklich aus!“, fragte Ike mich neugierig wie er war und fuhr sachte meine Gesichtskonturen mit seinem Daumen nach. Mein Kopf lag geborgen in seinem Schoß, gemeinsam faulenzten wir früh morgens auf dem Sofa und schauten Fernsehen. Weil wie immer eh nur RTL am Morgen lief, fielen mir immer wieder die Augen zu.

„Nichts, ich bin nur müde“, versuchte ich mich herauszureden. Erfolglos. Ike kannte mich in den wenigen Tagen schon viel zu gut. Er verzog eine Schnute und schaute beleidigt zur Seite.

„Du verschweigst mir doch was“, murmelte er und drückte auf den roten Knopf, um den Fernseher auszuschalten.

„Du hast einfach zu viel Fantasie“, versuchte ich es weiterhin und schenkte ihm ein keckes Lächeln. Er verdrehte nur die Augen.

„Nein, habe ich nicht. Ich sehe es dir an, du fängst an deine Nase zu rümpfen und deine Augen verändern sich. Aber es ist okay, jeder hat seine Geheimnisse.“ Ich seufzte einmal auf, rieb mir meine müden Augen und erhob mich dann.

„Wer hatte eigentlich erst angerufen?“

„Das war meine Freundin Ivana. Wir nennen sie alle Ive, sie will später mal vorbeikommen, wenn ich fertig mit der Arbeit bin. Ich habe ihr von dir erzählt“, erklärte ich ihm, während ich den Couchtisch ein wenig entmüllte und auch in meiner Küche ein wenig für Ordnung sorgte.

„Wie jetzt du hast ihr von mir erzählt? Du kannst doch nicht einfach irgendeinem Menschen von meiner Existenz erzählen!? Das ist gefährlich Dakota!“ Ich stöhnte genervt auf. Wollte er mir, einer Frau, die schon seit 9 Jahren auf der Erde wandelte, wirklich erklären was ich durfte und was nicht?

„Ike, jetzt komm mal runter! Sie ist auch eine Matrix!“ Er atmete hörbar laut seine Luft aus. Dann brummelte er etwas, was sich stark nach einem „Na dann“ anhörte. Wirklich begeistert schien er nicht. Was ich ehrlich gesagt nicht verstand, ich wäre aufgeregt eine weitere Matrix hier auf der Erde kennen zu lernen. Aber vielleicht war er jetzt auch einfach nur ein bisschen schlecht gelaunt oder so, bei Ike wusste man ja nie so genau.

Als es dann Stunden später, als ich gerade zurück von meiner Arbeit kam, an der Tür schellte, schien Ike doch ein wenig hibbelig zu sein. Mir durch die Haare wuschelnd, schlürfte ich zur Tür und öffnete sie für Ive. Mit einem fetten Grinsekatzen- Lächeln fiel sie mir in den Arm und hüpfte auch so gleich in die Wohnung hinein, um Ike ausfindig zu machen. Und sie war erfolgreich, Ike saß mit einem charmanten Lächeln auf dem Sofa, erhob sich auch so gleich und sie stellten sich händeschüttelnd einander vor.

„Ich glaube mein Vorstellungsründchen ist ein wenig überflüssig, naja trotzdem Ike- Ivana, Ivana- Ike“, mit einem Händedeut zeigte ich auf die jeweiligen Personen.

„Oder halt einfach Ive, wie du willst“, fügte ich dann noch hinzu.

„Hey warte mal kennen wir uns nicht sogar?“ Okay jetzt wurde es spannend. Ike zog seine Augenbrauen zusammen, er schien zu grübeln.

„Wie ist dein Muttername?“

„Celicia“, entgegnete Ive und schenkte ihm ein Lächeln. Muttername war übrigens das, was die Erdler als Nachname bezeichnen. Bei uns läuft das nur halt so, dass der Nachname dann der Vorname der Mutter ist. Der Name meiner Mutter ist zum Beispiel Chérise, deswegen ist mein voller Name Dakota Chérise.

„Oh mein Gott. Ich kenne dich tatsächlich! Wir haben uns gesehen, damals auf dem Staubblütenfest, weißt du nicht mehr?! Wir waren noch ganz klein, und haben zusammen umhergetobt. Weißt du nicht mehr? Als das Fest zu Ende war, wollten wir uns nicht voneinander trennen und sind zusammen auf den Miwaebaum geklettert, bis mein Vater hochkommen musste und uns auseinander gezogen hat!“, Ike schien voll in seinem Element. Er wusste anscheinend noch jedes einzelne Detail seines Lebens, während ich schon die Hälfte verdrängt hatte. Erst schien Ive ein wenig ratlos mit den ganzen Informationen, doch langsam flackerten in ihren Augen Erinnerungen auf.

„Warte mal… Du bist Ike? Der Ike? Ike Mephisto?“ Wow, seinen Vaternamen kannte ich noch gar nicht, aber er gefiel mir. Mephisto, der Name klang so mystisch. Wunderbar.

„Ja, genau der“, erklärte Ike grinsend und ließ von ihrer Hand ab, die er bis eben noch fest umklammert hielt.

„Okay wenn ihr Beiden Turteltäubchen dann fertig seid, wollen wir in die Stadt gehen? Zu Hause sitzen ist doch langweilig!?“ Die Beiden nickten begeistert. Schnell schnappten wir uns unsere Jacken und huschten in mein Auto und schon ging es los.

 

Hätte ich am Anfang gewusst, dass Ike und Ivana irgendwie nicht die Augen voneinander lassen können und ständig, wirklich ständig, wieder von diesem blöden Staubblütenfest erzählten, von dem ich ehrlich gesagt noch nie gehört hatte, hätte ich die Beiden alleine losfahren lassen. Sie schienen wohl von einer ganz anderen Ecke Azeroths zu kommen.

„Seid ihr Beiden dann auch mal fertig?“, grummelte ich genervt und fixierte sie aus zusammen gekniffen Augen. Total aus der Unterhaltung gerissen, fuhren die Köpfe der Beiden zu mir herum. Es sah beinahe so aus, als hätten sie mich völlig vergessen. Wer weiß, vielleicht sah es ja nicht mal nur so aus… Ich wusste selber das mein Verhalten total kindisch war und genau genommen nahm ich es den Beiden ja auch nicht übel, aber ich fühlte mich seit gut 2 Stunden auf derbste Weiße ignoriert und das ging mir gewaltig auf die Nerven.

„Ach komm schon, jetzt hab dich nicht so. Es ist einfach aufregend Jemanden auf der Erde wieder zu erkennen, wo Azeroth doch so groß ist!“ Da musste ich ihr insgeheim leider Recht geben.

„Wenn du meinst. Ich gehe mich mal entleeren“, brummte ich weiter und erhob mich von meinem Stuhl. Wir saßen seit einiger Zeit im Café, weil uns die Lust aufs shoppen vergangen war. Meine Haare raufend schlürfte ich zur Toilette und stützt mich dort angekommen genervt am Waschbecken ab. Mein Blick fiel auf den Spiegel, ich musterte mein Spiegelbild. Ich sah wirklich nicht gerade gut gelaunt aus, müde war ich auch noch und meine Augen waren leicht glasig. Warum auch immer, Drogen hatte ich jedenfalls nicht genommen… Jedenfalls nicht heute. Völlig aus den Gedanken gerupft wurde ich, als es plötzlich am Toilettenfenster klopfte. Erschrocken fuhr mein Kopf zum Fenster und suchte den Täter, der es wagte mich zu erschrecken. Ich sah nur noch ein Schatten, der weg huschte und ein Zettel, der wohl durch den Schlitz, des leicht offen stehenden Fensters, geschoben wurde. Neugierig tat ich ein paar Schritte auf ihn zu und öffnete ihn. Eigentlich hätte ich mir ja schon denken können, von wem er war.

Hast du dich entschieden? Mach bald sonst wird dein süßer Ike drunter leiden. Ich habe euch beobachtet im Café. Vielleicht sollte ich das Mädchen auch gleich mitnehmen? Ich erwarte eine Antwort! Ja oder Nein? Überlege es dir gut, einen weiteren Deal wird es nicht geben!

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Zähneknirschend schob ich den Zettel in meine Hosentasche. Ich hasste ihn, ich hasste ihn aus tiefstem Herzen und doch musste ich ihn mitnehmen. Er würde uns nie in Ruhe lassen, niemals… Außer ich würde es verhindern und das konnte ich mit diesem Pakt. Ich schaute einmal in jedes Klo um wirklich sicherzugehen, dass Niemand mithören konnte, dann zückte ich mein Handy und tippte die Nummer ein. Es tutete nur einmal, dann meldete sich Kane schon zu Wort. Er hatte also wirklich auf meinen Anruf gewartet.

„Also? Du hast meinen hübschen Zettel also empfangen. Mad hat seinen Job gut gemacht. Beobachten war schon immer seine Stärke“, plapperte er auch so gleich drauf los. Ich hasste Mad, er war für mich nichts, als ein blöder Wixer, der mich am Holi- Festival genervt und zu Kane gebracht hat.

„Blabla. Du willst deine Antwort? Gut komm sie dir holen! Ich erwarte dich gleich in dem Wald, wie gestern. Und das alleine, ohne deine Bimbos!“ Mit diesen Worten legte ich auf und trat aus der Toilette heraus an unseren Tisch. Mit einer hochgezogenen Augenbraue betrachtete ich Ikes Hand, welche auf dem Tisch auf Ivanas ruhte. Sie erzählten weiter, schienen mich nicht zu bemerken.

„Leute, ich habe gerade einen wichtigen Anruf bekommen. Ich muss zu einer Firma fahren, um ein paar Teile für die Werkstatt zu besorgen. Ike ich bin dann heute Abend wieder zu Hause. Ihr scheint euch ja zu verstehen, Ike falls du nach Hause willst, hier die Schlüssel“, ich warf sie ihm zu und rauschte mit einem Winken davon. Schneller als gedacht befand ich mich am Waldrand und lief den gleichen Weg wie gestern Abend entlang. Ich wusste, dass dieser Weg alles verändern würde. Wie würde sich Kane anstellen in Azeroth? Wann würden wir zurück reisen? Ist es mir überhaupt erlaubt, Jemanden mitzunehmen? Wie würde es dann hier auf der Erde weitergehen? Viele Fragen drängten sich in meinen Kopf, doch ich schob sie so gut es ging zur Seite und versuchte einen klaren Kopf zu bewahren. Ich würde das alles noch früh genug erfahren, früher als mir lieb ist, wenn ich ehrlich war. An der Lichtung angekommen ließ ich mich ziemlich in der Mitte auf den Boden gleiten und verschränkte meine Beine im Schneidersitz. Kane schien noch nicht hier zu sein, vielleicht liegt sein Haus an einem ganz anderen Ende der Stadt. Auf einem Baum klettern wollte ich nicht wieder, da er mich irgendwie ja eh riechen konnte und das gestern ja wohl peinlich genug war.

„Das ist ja meine Lieblings Dakota!“, ertönte da auch schon die spottende Stimme, die ich nur allzu gut kannte. Das ich nicht lache, wahrscheinlich war ich die Einzige Dakota, die er kannte.

„Na da ist ja mein Lieblings…. Nein das wäre ja gelogen“, entgegnete ich keck und drehte meinen Kopf, um ihn besser betrachten zu können. Er knurrte einmal vergnügt auf und stand dann mit einigen Schritten vor mir. Er hockte sich leicht vor mich, da ich ja immer noch auf dem Boden saß. Mit einer Hand umfasste er leicht mein Kinn und sah mir tief in die Augen. Dann zuckten seine Mundwinkel leicht nach oben. Ehrlich gesagt verwunderte es mich ein wenig, dass er mich überhaupt anfasste.

„Du hast dich also entschieden ja?“ Die Augen auf meine Wange gerichtet fuhr er diese mit seinen Daumen auf und ab. Entschlossen wischte ich seine Hand von meinem Gesicht und bleckte dann meine Zähne.

„Fas mich nicht an“, zischte ich und erhob mich aus meinem Schneidersitz.

„Und ja. Ja, ich habe mich entschieden!“ Ich legte eine dramatische Pause ein.

„Na dann las mal hören, vergiss nicht: Ich könnte sie jederzeit kalt machen!“ Ich schnaufte wütend, war klar, dass er mir wieder drohen musste und meine Dramatik zerstörte.

Mutig trat ich einen Schritt auf ihn zu und blickte ihm ehrlich in die Augen.

„Ja, ich werde dich mitnehmen. Unter einer Bedingung. Du wirst mir verraten, wieso du nach Azeroth möchtest“, forderte ich und verschränkte meine Arme vor meiner Brust. Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen starrte ich in den dunklen Himmel, die Zeit war so schnell vergangen. 9 Jahre war ich schon hier und jetzt war ich am Ende meiner Reise. Ich würde wieder zurückehren. Meine Familie wieder sehen. Meine kleine Schwester, meine Eltern, meine Freunde und Anouk, meinen Verlobten. Niemand wusste von ihm und ich zweifelte immer wieder daran, ob ich ihn wirklich liebte, aber alleine bleiben wollte ich auch nicht. Und ich war nun schon 21, alt genug um zu heiraten. Ob es die richtige Entscheidung war, wusste ich nicht. Wie ich das Kane beibringen sollte schon gar nicht. Ein leichtes Lächeln legte sich auf mein Gesicht und ich schloss genüsslich meine Augen, vergaß alles um mich herum. Ich würde mein Zuhause wieder sehen, den Bach, in dem wir im Sommer steht’s tobten, meine Lieblingsblumen, welche sich im Frühling für mich öffnen, die Bäume, die wir in meiner Kindheit bestiegen hatten… Ich würde alles wiederbekommen und doch müsste ich auch etwa hinter mir lassen. Ivana und Ike, Vanlee, meine Wohnung und meine Tierchen. Ich würde sie vermissen, besonders Vanlee, denn von ihr wusste ich, dass ich sie niemals wieder sehen würde. Ike und Ivana früher oder später ja schon… Ich spürte, wie sich zwei große Hände an meine Wangen legten und öffnete meine Augen langsam. Kane war mir so nah, ich wollte entsetzt von ihm abrücken, doch er war zu stark. Also hielt ich still um mich nicht weiter zu blamieren und rumzuzerren.

„Du willst wissen, warum ich dort hin will?“ Ich vergaß diese Frage, als er zärtlich meine Hand nahm und sie auf seiner Brust, da wo sein Herz schlug, positionierte.

„Spürst du das? Es schlägt viel zu schnell für ein reines, menschliches Herz. Sieh mich an, ist es dir nicht aufgefallen? Wir besitzen die gleichen Augen“, wie gebannt starrte ich in seine türkisen Diamanten.

„Die gleiche Haut“, wie von Geisterhand bewegte sich meine Hand auf seine Wange zu, berührte seine bleiche Haut.

„Spürst du es nicht? In mir fließt das Blut deinesgleichen… Jedoch nicht ganz. Und dennoch bin ich ein Teil von euch. Ein Teil deiner Welt, und diese von mir.“

Seventeenth

Seventeenth

„Du willst WAS?“, schrie Ike aufgebracht und warf die Hände in die Luft, während Ive missmutig die Augenbrauen zusammenzog und ihre Schläfen massierte.

„Es tut mir Leid… Aber ich habe meine Mission erfüllt hier auf der Erde und jetzt ist es Zeit für mich wieder zurückzukehren. Und das wisst ihr auch.“ Ich hatte sie Beide in mein Wohnzimmer verschleppt um mit ihnen zu reden. Ich hatte probiert es ihnen schonend beizubringen, doch Ike war sofort aus dem Häuschen und Ive hat erstmals losgeflennt. Es tat mir ja auch leid, ich würde sie vermissen, aber noch vielmehr vermisste ich meine Heimat. Und das wussten sie, es erging ihnen schließlich nicht anders.

„Was war deine Mission?“, knurrte Ike und tigerte den Raum auf und ab.

„Du weißt ganz genau, dass man so etwas nicht fragt!“

„Ich scheiß doch drauf! Du bist eh bald weg, du kannst es mir also ruhig sagen!“ Ich stöhnte genervt auf. Wie sollte ich das bloß erklären.

„Ich wurde Kanada zugeteilt“, knurrte ich. Ike schien zu verstehen, denn er nickte. Dennoch schien er verwirrt. Wir Matrix wurden nur aus bestimmten Gründen auf die Erde geschickt. Eigentlich auch nur die Leute, die etwas Schlimmes verbrochen hatten, so will ich es mal nennen. Ihr könnt die Erde also mit einem Gefängnis vergleichen. Nur das wir nicht für immer auf sie verbannt werden, sondern eine Mission bekommen und nicht eher zurück dürfen, ehe wir sie erledigt haben. Jeder, der Scheiße baut, bekommt ein Land zugeteilt um das er sich zu kümmern hat. Wir müssen auskundschaften, ob hier irgendeine Gefahr für uns und unseren Planeten herrscht. Alleine das forschen dauert Jahre, da dies meist Undercover- Agenturen sind. Dass, was jedoch die meiste Zeit in Anspruch nimmt, ist das eliminieren dieser Agenturen, falls welche vorhanden. So wie bei Kane. Und deshalb war meine Mission ja nun auch vollendet, Kane Agentur wird nun geschlossen und er stellt keine Gefahr hier in Kanada mehr für uns dar. Doch vorher hatte er uns gejagt. Aus Erfahrung wusste ich, dass Ive wohl einem Teil der USA zugeteilt wurde, sonst würde sie ja nicht hier in meiner Nähe stationiert sein. Von Ike hatte ich keine Ahnung, wahrscheinlich hatte er einfach nicht die Gelegenheit ins Land zu reisen, weil er sofort von Kane abgefangen wurde.

„Also hat Kane die Undercover- Agentur hier geführt?!“

„Ja.“

„Also hast du ihn jetzt umgebracht?!“

„Nein.“

„Wie kannst du denn sonst deine Mission vollenden, ohne ihn umzubringen?“, fragte Ike aufgebracht.

„Das geht dich nichts an!“, zischte ich und sprang aufgebracht auf. Eigentlich war es uns ja schon verboten über so etwas zu reden… Aber Ike war unverschämt neugierig.

„Du hast Recht… Tut mir Leid.“ Ich nickte und schaute vorsichtig zu Ive, sie fing schon wieder an zu weinen.

„Ive, Süße, es tut mir Leid…. Aber hey, Kopf hoch, wir werden uns doch wiedersehen! Du bist doch nun auch schon eine Weile hier…“ Sie nickte zaghaft.

„Aber du wohnst in Azeroth am anderen Ende der Welt!“

„Egal. Wir kriegen das schon hin!“ Sie nickte erneut.

„Ich verkaufe mein Haus und ihr bekommt das Geld… Ich kann es nicht mitnehmen in Azeroth ist es überflüssig… Von dem Geld kannst du dir dann ja ein Haus kaufen, Ike.“

„Und was passiert mit deinen Tierchen?!“, fragte Ive träge mit einem Blick auf mein Riesen Terrarium. Ich seufzte traurig auf, die würde ich wohl hierlassen und verkaufen müssen.

„Kannst du sie nicht mitnehmen? Froop ist doch ein Mädel, die können sich doch paaren und dann führen wir eben Chamäleons in Azeroth ein“, schwärmte Ive und ließ mich nachdenklich werden. Vielleicht gar keine so schlechte Idee, die Anderen würden sich freuen über neuen Tierbesuch.

„Vielleicht hast du Recht. Sie würden sich bestimmt dort wohlfühlen.“ Ive nickte lächelnd und warf meinen Chamäleons einen verträumten Blick zu, was mich schmunzeln ließ.

„Okay ich nehme sie mit! Aber nur wenn du mich dann besuchen kommst und dir die Babys anguckst!“ Ive nickte eifrig und nahm mich dann milde gestimmter in den Arm.

„Ach Baby, du weißt das hätte ich auch so!“ Wir drückten uns fest, während Ike uns mit glasigen Augen betrachtete. Ich würde jetzt nicht losheulen, hoffte ich.

„Ich werde euch so vermissen“, murmelte ich und zog Ike mit in die Umarmung.

„Aber ich schwöre euch, wir sehen uns wieder!“ Jetzt war es so weit, dass Ike kleine Tränen die Wange runterkullerten. Ive schloss sich ihm gleich an und flennte drauf los. Ich seufzte traurig und strich ihr übers Haar.

„Mit wem gehe ich denn jetzt Kerle aufreißen?“, schluchzte sie und klammerte sich an mich wie eine Ertrinkende.

„Das brauchst du doch jetzt nicht mehr, du hast doch jetzt Ike“, kicherte ich und stupste ihr auf die Nase, woraufhin ich sofort ein Schlag gegen meinen Schädel bekam. Das ließ mich nur weiter lachen, weil ich wusste, wie Recht ich hatte. Ike gefiel Ive, Ive gefiel Ike, dass konnte sogar ein Blinder erkennen.

„Und wer rettet mich, wenn Kane mich wieder einmal wegschnappt?“

„Ike, du brauchst jetzt keinen Aufpasser mehr, ich gebe dir meine Babys und dann bist du sicher! Außerdem hast du ja jetzt Ive!“ Und Kane dürfte ja nun kein Problem mehr darstellen.

„Deine Babys?“, fragte er verwirrt nach und hob den Kopf. Ich kicherte dämlich.

„Na meine Waffen!“ Das zauberte ihm ein Strahlen aufs Gesicht.

„Geil! Danke!“, kreischte er. Würde ihn in diesem Moment ein Außenstehender sehen, ich schwöre, der würde denken Ike wäre stockschwul. Doch Ive schien das nicht zu stören, denn sie kreischte und freute sich mit ihm.

„Ive du kannst meine Klamotten haben. Zu Hause habe ich genug“, das entlockte Ive einen weiteren Freudenschrei.

„Wann willst du denn gehen?“, fragte Ike nach.

„Eigentlich wollte ich mich heute Abend auf dem Weg zum Portal machen, dann komme ich morgens in Azeroth an.“ Die Beiden nickten.

„Na dann lasst uns noch einen schönen Tag machen!“

 

Und der Tag wurde wirklich schön, wir haben noch Verschiedenes unternommen und den letzten Tag zusammen genossen. Doch am Nachmittag wurde es dann Zeit die Tasche zu packen und abzureisen. Ich hatte einige Zeit gebraucht um meine drei Lieblinge einzufangen, aber nun waren sie sicher in einem durchlöcherten Karton in meinem Rucksack verstaut. Von Ike und Ive hatte ich mich auch schon verabschiedet, nun saß ich im Auto und fuhr die Straße zu Kanes Haus entlang. Die Adresse hatte er mir noch gesimst, woher er meine Handynummer hatte… Keine Ahnung. Zum Glück war es nicht allzu weit entfernt, den Weg zum Portal mussten wir schließlich auch noch fahren. Dies lag zwar in Kanada, aber gut zwei Stunden entfernt. Ich hatte es damals, als ich auf die Erde kam erschaffen, dort, wo es niemand finden konnte. Hinter einem riesigen Wasserfall, wo sich eh kein Mensch hinter traue würde. Kein Wunder, der Wasserfall würde jeden in die Tiefe reißen, aber ich hatte da ja meine Möglichkeiten. Mit einem Hupen kam mein Wagen vor Kanes Haus zum Stehen. Hoffentlich hatte er es gehört, ich hatte keinen Bock auszusteigen und mich von seiner, zugegeben verdammt geiler, protziger Villa, faszinieren zu lassen. Aber der Tag meinte es wohl gut mit mir und Kane kam, ebenfalls bepackt mit einem Rucksack, aus dem Haus geschlichen. Als er einstieg, wehte mir der kühle Abendwind entgegen und ließ mich frösteln.

„Nun steig schon ein, es ist kalt!“ Er gehorchte und ließ sich auf den Sitz neben mir fallen und ich entnahm ihm seinen Rucksack.

„Lass mal sehen“, murmelte ich und durchstöberte ihn.

„Sag mal gehts noch! Gib den sofort wieder her!“ Ich schenkte ihm ein spöttisches Grinsen. Konnte er vergessen. Apfel, Handy, Kopfhörer, Trinkflasche und wenige Klamotten. Das Handy schmiss ich mit Freuden aus dem Fenster, gab ihm seinen Rucksack zurück und startete den Motor. Er wollte gerade die Tür öffnen, um rauszustürmen und sein Handy zu holen, da verriegelte ich die Türen und fuhr einfach los.

„Ey spinnst du, das hat mich ein Vermögen gekostet!“, brüllte er mich an und ruckelte an der Tür.

„Wenn du dein Handy behalten willst kannst du hierbleiben!“

„Warum das denn?“ Er war ziemlich angepisst, was mich ziemlich aufmunterte.

„Weil wir da auch keine Handys besitzen!“

„Ja und wie kommuniziert ihr dann?“ Ein Leben ohne Handy konnte er sich anscheinend gar nicht vorstellen.

„Wirst du schon sehen!“ Mit diesen Worten fuhr ich los. Die Rückkehr würde traumhaft werden. Auf der Autofahrt hörten wir Musik, plapperten über belangloses Zeug, stritten oft, ich klärte ihn ein wenig auf und er stellte mir sinnlose Fragen, die ich ihm mit einem Mittelfinger beantwortete. Nach gut zwei Stunden kamen wir dann an, ich parkte mein Auto an dem Waldrand hier, packte mir meinen Rucksack und stieg aus.

„Los geht’s!“ Kane war ebenfalls ausgestiegen und sah sich unsicher um.

„Hier soll das Portal sein?“ Ich schenkte ihm einen genervten Blick.

„Ja genau! Hier mitten auf der Straße! Damit es jeder sieht und sich fragt was das hier soll, das ist so eine schlaue Idee, warum habe ich nicht gleich auf dich gehört, Sherlock!“, spie ich ihm sarkastisch ins Gesicht und schlug die Autotür zu. Ohne auf ihn zu warten stampfte ich in Richtung Wasserfall los, ich wollte nichts als nach Hause. Hinter mir hörte ich die dumpfen Schritte von Kane, neben mir das Rascheln der Pflanzen, die ich zur Seite schob. Glücklicherweise folgte er mir ohne viele Fragen zu stellen. Ansonsten wäre ich höchstwahrscheinlich ausgerastet. Nach einiger Zeit kamen wir glücklicherweise am Wasserfall an. Lächelnd kam ich vor dem Ufer zum Stehen.

„Wir müssen hier durch warten. Hinter dem Wasserfall liegt das Portal!“

„Hinter dem Wasserfall?“ Ich nickte lächelnd, bald war ich an meinem Ziel angelangt.

„Na dann los!“, er schien mir zu vertrauen, dass ich ihn durch den Wasserfall führen würde.

„Wie wollen wir dadurch kommen?“ Oder auch nicht.

„Wirst du schon sehen!“ Schritt für Schritt wateten wir durch das Wasser, bis es zu tief wurde und wir schwimmen mussten. Ungefähr 3 Meter vor dem Wasserfall stoppte ich ihn.

„Pass auf, sonst zieht dich der Sog zum Wasserfall!“

„Okay“, Kane nickte mir zu und wartete darauf, dass ich etwas unternahm. Und das tat ich. Mit den Beinen paddelt hob ich meine Hände und konzentrierte mich. Langsam fingen sie an von kleinen Blitzen umworben zu werden, bis meine ganze Hand von grellen Blitzstrahlen erfüllt wurde. Dann zeigte ich auf Mitte des Wasserfalls und meine Blitze schossen auf ihn zu. Dort, wo sie auf das Wasser traten, spaltete sich dieses und es bildete sich eine Art Durchgang.

„Schnell“, befahl ich Kane, der alles mit offenem Mund betrachtete. In Eile, und ich mit erhobenen Händen, um den Durchgang zu erhalten, schwammen wir auf diesen zu. Alles klappte einwandfrei, Kane brüllte mir irgendwas zu, was ich jedoch nicht verstand, weil der Fall zu laut war. Also ignorierte ich ihn einfach und konzentrierte mich lieber aufs Wesentliche. Kane hatte den Durchgang schon durchschwommen, hinter dem Wasserfall lag eine Art Höhle. Er kletterte gerade mit aller Mühe auf den Steinboden und schaute sich nach mir um. Ich war gerade genau unter dem Wasserfall, meine Hände in der Höhe, um den Durchgang zu erhalten. Auch ich durchschwamm ihn problemlos und kletterte auf die Steinplatte.

„Geschafft“, stöhnte Kane und ließ sich erschöpft, von dem vielen schwimmen, auf den Boden fallen. Ich nickte und wagte ein paar Schritte weiter nach vorne. Die Höhle machte einen kleinen Schlenker nach rechts, ich folgte diesem. Und da war es: Vor mir thronte das Portal in meine Welt, nach dem ich mich so lange gesehnt hatte. Schwarz war es und wurde von silbernen Fäden durchzogen, die sich in einem Kreisel drehten.

„Kane beweg dich hierher!“ Ich hörte seine Schritte, dann spürte ich, dass er hinter mir stand. Ich fühlte, wie das Portal mir Kraft gab, Kane schien es ähnlich zu ergehen, denn er wurde auf einmal ganz still und schloss genießerisch die Augen.

„Wollen wir es wagen?“

„Warte..“, abwartend wand ich mich zu ihm um. Es war dunkel in der Höhle.

„Es wird für mich keinen Weg zurück hierher geben oder?“ Ich verneinte.

„Okay. Ich wollte dir noch danke sagen… Weil du mich tatsächlich mitnimmst. Wenn du wüsstest wie viel mir das bedeutet, dann… Dann wüsstest du vermutlich auch wie dankbar ich dir bin. Ich denke ich werde glücklich werden da drüben. Ich habe mich immer nach etwas anderem als nach diesem Planeten gesehnt. Deshalb habe ich euch gejagt, verstehst du? Ich wollte mehr über euch erfahren. Wollte wissen was mit mir nicht stimmt. Aber ihr habt ja alle dicht gemacht, deshalb habe ich zu anderen Methoden gegriffen. Aber jetzt weiß ich, dass das falsch war. Und es tut mir Leid. Dennoch bin ich auch froh, dass ich es getan habe. Sonst hätte ich dich jetzt wohl nicht kennen gelernt!“ Ich hatte ihm gespannt zugehört, ihm jedes Wort geglaubt. Ich wusste, es war naiv, aber er sprach die Wahrheit. Das wusste ich, ich spürte es. Mir wurde warm. Ich wusste nicht ob es daran lag, dass Kane so nah bei mir stand oder wegen seiner Worte, die mir das Herz erwärmten. Ich wusste nur, dass sein Kopf nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt war, dass mir die Luft wegblieb. Und ich wusste auch, dass es falsch war. Er wusste es nur noch nicht. Anouk wartete da draußen seit vielen Jahren auf mich. Ich würde ihn heiraten, er war mein Verlobter. Aber warum fühlte ich mich in diesem Moment so hingezogen zu Kane? Ich hasste ihn doch!

„Wolltest du mir nicht danken?“ Für diese Worte hätte ich mich selber ohrfeigen können. Aber es fühlte sich einfach so gut an.

„Oh, ich bin gerade dabei“, verriet er mit einem rauen Lachen, was meinen Puls höher schlagen lässt. Es war so falsch und dennoch so richtig. Er lehnte sich weiter zu mir, bis seine Lippen nur noch Millimeter von meinen entfernt waren. Ich sah Begierde in seinen Augen aufblitzen, Begierde in seinen wundervollen türkisenen Klunkern.

„Danke“, hauchte er dann und legte seine Lippen auf meine. Es war hauchzart, aber ich sehnte mich nach mehr. Es fühlte sich so gut an, viel zu gut. Besser als bei Anouk, schoss es mir durch den Kopf doch ich verdrängte diesen Gedanken gleich wieder. Anouk hatte mir erlaubt auf der Erde meinen Spaß zu haben. Ohne wäre ich höchstwahrscheinlich auch umgekommen. Sobald wir in Azeroth waren, würde das hier wieder vorbei sein und ich würde mich Anouk voll und ganz hingeben… Das hoffte ich zu mindestens.

„Ohgott“, stöhnte ich rau und schlang meine Hände in seinen Nacken. In mir explodierte gerade alles. Kane schien es nicht anders zu gehen, sein vorher so sanfter Kuss wurde nun wild und besitzergreifend. Seine Hände schoben sich unter mein Top und umrundeten meine Taille. Der Kuss war wundervoll, aber ich konnte ihn nicht so ganz genießen, weil sich ständig Anouk in meine Gedanken schob.

„Lass uns loslegen“, sagte ich bestimmt, löste mich von ihm und nahm seine Hand. Gemeinsam traten wir vor das Portal. Ab jetzt würde sich alles ändern. Mein Leben, meine Liebe, meine Familie. Es war richtig so, es fühlte sich gut an. Mein Herz sehnte sich nach Azeroth und Azeroth nach meinem Herz.

„Bereit?“, fragte ich ihn und sah ihm tief in die Augen. Ich kannte nun das Geheimnis seiner Augen. Ich hatte hinter seine Maske geblickt und kannte nun den wirklichen Kane. Und ich war froh darüber. Ich hatte ihn geknackt, so könnte man es wohl sagen.

„Bereit!“

 

 

Das ist der erste Teil des Buches und der zweite Teil wird bald folgen (Teufelskerl). Ich freue mich gaaannnzz dolle über Herzlis und Kommis :-) Bin auch bereit Kritik aufzunehmen ;)

Impressum

Texte: Alles mein Schatz*.*
Bildmaterialien: Dieses wundervolle Cover verdanke ich ganz alleine MYPRIVAT:*** danke das du dir diese Mühe gemacht hast:)) also liegen auch alle Rechte des Covers bei MYPRIVAT!
Tag der Veröffentlichung: 31.12.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Kim.de.sange: Weil ich deine Bücher einfach vergöttere! The.Schdalker: Weil du ne verrückte Nudel bist:P Mietzekatz: Weil du meine russiche Mietzekatze bist:** MYPRIVAT: Weil das tolle Cover von dir ist! Und an alle anderen Leser, die immer treu am Ball bleiben:D Mein Gott diesen Piss hier liest sich eh Niemand durch!

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