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Erik Sturm

 

 

 

 

 

 

 

 

Wolfsherz

Leseprobe

 

Wolfsherz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Erik Sturm 2020

83435 Bad Reichenhall

 

 

Alle Angaben zu Orten, Personen,

Namen und Daten in diesem Roman sind frei erfunden.

 

Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorwort

Ein düsteres Zeitalter war angebrochen. Die Fehde zwischen Kaiser und Papst teilte das Land. Der Adel und die Kleriker misstrauten sich. Die Welt geriet aus den Gleichgewicht. Recht und Ordnung wurden missbraucht. Fehde und Gesetzlosigkeit zogen übers Land, die Menschen waren verunsichert. Ritter und Lehensherren pressten ihren Bauern rücksichtslos die Steuern ab. Die Adeligen versuchten ihr Land und ihre Burg vor den Angriffen Gesetzloser zu schützen. Viele Ritter waren verarmt aus dem ersten Kreuzzug ins Heilige Land nach Hause zurückgekehrt. Sie kamen ohne Hoffnung in ein zerstrittenes Reich zurück, das ihnen keinen Schutz mehr bieten konnte. Und so nahm mancher die Gunst der Stunde selbst in die Hand um sich zu bereichern. Sie zogen als Raubritter übers Land, sie überfielen kleine Städte und Burgen, störten den Handel und brachten ihn teilweise zum Erliegen. Sie herrschten mit eiserner Faust in ihren Territorien. Die Händler bildeten Kaufmannszüge und warben ihrerseits Söldner und Soldaten an um sich vor Überfällen zu schützen.

 

Doch ein Graf stand fest zu Ritterlichkeit und Glaube, in seiner Grafschaft herrscht Friede und Sicherheit. Seine Bauern und Leibeigene hatten nichts zu befürchten. Ritter und Soldaten beschützten das Land und sicherten die Handelswege. Er stand im Frieden zu seinen Nachbarn und zur Kirche.

 

Prolog

In einem kleinen Tal im Salzburger Land, an der Grenze zum Herzogtum Bayern, stand die kleine Burg Wimmer. Sie war noch von Welf IV. erbaut worden. Ihre grauen Mauern waren schon längst verwittert und an manchen Stellen nur noch zwei Mann hoch und nur notdürftig repariert. Der Wohnturm war ein dreistöckiger, alter schiefergrauer Bergfried mit kleinen Fenstern und niedriger Brustwehr. Die Burg war das Zuhause von Graf Ferdinand von Wimmer und seiner Familie samt Gesinde. Graf Ferdinand war ein kleiner Landgraf, liebte das Leben auf dem Land fernab von der Geschäftigkeit Salzburgs. Er ritt nur am Monatsersten nach Salzburg um seinem Lehnsherren, Konrad von Abensberg, Erzbischof von Salzburg, die Steuer für sein Lehn zu bringen. Die größte Freude aber bereiteten ihm seine Söhne Arthur und Albert. Arthur, sein Ältester war mittlerweile vierzehn Jahre und seit letztem Sommer Knappe bei einem Ritter in Burghausen. Albert, er war erst zehn Jahre, lebte noch auf der heimatlichen Burg.

Ferdinand saß wie fast jeden Nachmittag im dem kleinen Garten vor dem Wohnturm, schnitzte an einem Stück Holz und schaute den Knappen bei ihrem Waffentraining zu. Der alte Waffenmeister Berthold scheucht die Jungen mit Schild und Schwert über den kleinen Sandplatz. Albert stand etwas abseits davon, schwang sein Holzschwert und versuchte die Übungen der Knappen nachzumachen. „Albert... Albert,“ rief Ferdinand über den Hof. „Ja, Vater,“ antwortete dieser und lief zu seinem Vater. Der Graf strich dem Junge liebevoll über sein kastanienbraunes Haar. „Du führst dein Schwert aber schon sehr sicher,“ lobte er seinen Sohn. „Ja, Meister Berthold sagt, ich darf ab nächstes Frühjahr mit den Pagen trainieren“, stimmte ihm sein Sohn zu. „Bekomme ich dann ein richtiges Schwert, Vater?“ bettelte Albert. „Wir werden sehen mein Sohn, nun lauf zu deiner Mutter, es ist bald Zeit fürs Abendessen“ sagte Ferdinand und gab dem Jungen einen kleinen Schupps Richtung Wohnturm.

 

Albert rannte in den Wohnturm, durch die Halle und blieb wie jedes Mal vor dem mannshohen Kamin stehen und schaute sich das Wappenschild seines Vaters an, dass über dem Kamin hing. Eines Tages werde ich das Schild wieder zu Ruhm und Ehre führen und meinen Vater stolz machen, dachte Albert. Der Junge lief in die Küche hinter der Halle. „Mutter..., Mutter, nächstes Frühjahr zeigt mir Meister Berthold wie ich ein Schwert führen muss, er hat es versprochen,“ sagte er atemlos und lief seiner Mutter in die ausgebreitenden Arme. „Ja mein kleiner Ritter, das wirst du.“ sagte sie und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Alberts Mutter stand am Herdfeuer und bereitete das Abendmahl für die Burgbewohner zu. Hedi, die Magd stand neben ihr und holte das Brot aus dem Ofen. „Albert, wer ein großer Ritter werden will, muss erst mal als Page anfangen und den Tisch decken,“ sagte Hedi lächelnd und drückt ihm die Brotscheiben, die als Teller dienten, in die Arme. „Aber, dafür gibt es Küchenjungen,“ sagte Albert wissend. „Siehst du welche?“ fragte Hedi etwas ernster. „Mutter warum stehst du eigentlich in der Küche?“ fragte Albert. „In den Rittergeschichten von Bruder Tobias, sitzen die Königinnen den ganzen Tag in ihrer Kammer und spielen Harfe oder sitzen im Garten oder sammeln Blumen.“ „Ich bin keine Königin nur Gräfin...“. „Für mich bist du eine Königin, die schönste Frau auf der Welt,“ unterbrach er seine Mutter verlegen. „... Dein Vater wollte es so, wir haben nur ein kleines Landgut, da muss jeder arbeiten, auch ich,“ antwortete seine Mutter. Beim gemeinsamen Abendessen saßen Ferdinand, seine Familie und das Gesinde in der Halle. Das Stimmengewirr füllte die Halle. „Ferdinand, wir müssen morgen nach Salzburg. Ich brauche einige Vorräte aus der Stadt,“ flüsterte seine Frau, ohne das Gesinde bei ihrer Unterhaltung zu stören. „Berthold, wir reiten morgen nach Salzburg, bereite bitte alles vor,“ wies Ferdinand seinen Ritter an.

 

 

 

 

Es war schon tiefe Nacht, als eine Schar von zwei Dutzend Männern, die Handelsstraße nach Salzburg Verliesen und den Weg zur Burg Wimmer einschlugen. Nach ungefähr einem Kilometer ließen sie ihre Pferde an einer Lichtung zurück und schlichen das letzte Stück durch den dichten Wald. „Halt Männer, ruht euch kurz aus,“ flüsterte ihr Anführer, ein dunkelhaariger Mann mit Adlernase, spitzem Kinn und funkelnden schwarzen Augen. Er war ganz in schwarz gekleidet. Er trug ein Lederwams mit Schuppenpanzer. Seine Beinkleider waren aus dunklem Stoff und sein langer wallender Umhang ließ seine große Gestalt mit der Umgebung verschmelzen. In seiner Rechten trug er ein wertvolles Schwert mit einem als Falkenkopf gearbeiteten Knauf. Die Männer waren wie Gesetzlose gekleidet, Ritter und Soldaten ihres Herrn. Sie waren schon einige Stunden geritten, um ihr grausames Werk zu verrichten. Die Männer hatten sich um ihren Herrn versammelt. Mit finsterer Miene teilte er jedem seine blutige Aufgabe zu. „Du, Harald, gehst mit deinen Leuten vor und erledigst die Torwachen, ... und ihr zwei klettert über die Mauer an der Stelle wo sie eingebrochen ist...“, er zeigte auf zwei dunkle Gestalten die je eine Bogen trugen, „...und ihr tötet jeden, der sich uns in den Weg stellt.“ „Und du, Reinhold, schnappst dir den Jungen... ich will ihn lebend.“ „Ihr vier brecht das Tor auf“, befahl der Anführer seinen kräftigsten Männern. „Und der Rest folgt mir“, befahl er. „Jawohl, Herr Graf,“ raunten die Männer und stimmten in den grausamen Plan ein.

Ein gewaltiger Schlag erschütterte das hölzerne Burgtor und wieder ein Schlag, ein Weiterer ließ es schier aus den eisernen Angel brechen. Ein Ritter mit Kettenhemd und Schwert stürzte die Treppe zum Schlafgemach seines Herrn hinauf und pocht mit aller Kraft an die Tür und ruft „Herr, Herr schnell wacht auf! Sie brechen das Tor auf, ... Herr!“. Kaum ausgesprochen, stürmte auch schon eine Handvoll Söldner in den Burghof. Soldaten und Ritter der Burgwache traten ihnen mutig entgegen und wurden einer nach dem anderen niedergestreckt. Graf Ferdinand stürmt mit dem Schwert in der Hand aus seinem Schlafgemach und rief „Was ist hier los, Ulrich?“

 

Der Ruf des Anführers „Bringt mir den Jungen, LEBEND!“ schallte es über den Burghof und ließ Ferdinand erschaudern. Seine Frau, die noch im Bett lag, schrie „Ferdinand, der Junge!“ „Ulrich, rette Albert und flieh! Ich halte sie auf!“ befahl Ferdinand und stürmt mit dem Schwert in der Hand die Treppe des Wohnturms hinab, um sich den Feinden entgegen zu werfen. Ulrich eilte zum Zimmer von Albert, riss die Tür auf „Albert, schnell! Wir müssen fliehen!“ Er schnappte sich den schlaftrunkenen Jungen, wickelte ihn in eine Wolldecke ein und warf ihn sich über die Schulter und rannte zum Hinterausgang des Wohnturms. Ulrich eilte durch die Küche in den Pferdestall. Graf Ferdinand erreichte den Hof, schaute über denselben und entdeckt den Anführer der Söldner, der gerade sein Schwert aus einem sterbenden Ritter zog. Der Graf stürzte auf ihn zu, aber zwei Gesetzlose stellten sich Ferdinand in den Weg und verwickelten ihn in einem Kampf. Ferdinand konnte den ersten Schlag des Söldners mit dem Schwert abwehren, der sogleich zum nächsten ausholte. Der zweite Söldner bedrängte Ferdinand feige von der Linken. Ferdinand wich dem nächsten Hieb aber geschickt zur Seite aus, während er sich zu einem seiner toten Ritter bückte und dessen Schwert ergriff. Nun konnte er einen Angreifer in Schach halten, während er den anderen bekämpfte. Der Anführer der Gesetzlosen sah im Augenwinkel wie Ferdinand seine beiden Männer in einem kurzen Kampf erschlug und auf ihn zu rannte. Er wandte sich Ferdinand zu und stürzte ihm ebenfalls entgegen.

Ulrich setzte Albert auf sein Pferd und schwang sich selber hinter ihn. Eilig galoppierten sie über den Burghof in Richtung des Burgtors zu. Ritter und Männer beider Seiten sprangen zur Seite, um nicht unter die gewaltigen Hufe des Streitrosses zu kommen. Albert sah seinen Vater auf dem Hof mit dem Anführer der Gesetzlosen kämpfen und erschrak wie sein Vater stürzte und eine Schwertspitze an die Kehle gesetzt bekam. Ferdinand lag vor dem Anführer. „Der Tag der Abrechnung ist gekommen!“, sagte der Anführer und nahm die Kapuze, die er kurz vor dem Angriff übergezogen hatte, ab.

 

Mit Schreck erfüllten Augen erkannte Ferdinand den Anführer. „Graf…“ Ferdinand konnte den Satz nicht beenden. Der Anführer trieb ihm das Schwert in die Kehle, es kam nur noch ein Röcheln aus seinem Mund. „Vater!“ rief Albert über den Kampflärm der langsam verebbte. Der Anführer drehte sich in die Richtung, aus der er den Schrei des Jungen gehört hatte. „Ich will den Jungen!“, schrie er seinen Männern über den Hof zu und zeigte in Richtung der Fliehenden. Ulrich und Albert galoppierten durch das Burgtor. Ein Mann, der mittlerweile von der Mauer geklettert war und sich in den Kampf auf dem Hof angeschlossen hatte, spannte seinen Bogen und legte auf die Fliehenden an. Der Pfeil löste sich und traf Ulrich in die Schulter. Der Anführer der Gesetzlosen griff sich den Schützen, packte ihn am Kragen und schrie:“ Ich wollte den Jungen lebend!“ und schlug ihm das Schwert mit dem Knauf vors Kinn, der Mann stürzte und war kurz benommen. Er rieb sich über das blutende Kinn. "Das wirst du noch bereuen," zischte er zwischen seinen zusammen gebissenen Zähnen. Aber der Anführer rief schon seine Männer zusammen und hatte die Drohung nicht gehört.

Ulrich und Albert ritten über das freie Feld vor der Burg dem schützenden Wald entgegen. Ulrich spürte den schmerzenden Pfeil in seiner Schulter und betete, dass ihm noch genug Zeit blieb, den Jungen in Sicherheit zu bringen, bevor der Schmerz ihn überwältigte. „Ulrich was ist passiert, warum trägst du ein Kettenhemd und Waffen?“ fragte der Junge immer noch verwirrt. „Ich erkläre es dir später, halt dich fest wir haben nicht viel Zeit,“ antwortete Ulrich und gab dem Streitross die Sporen. Sie erreichten nach einiger Zeit eine kleine Waldlichtung und Ulrich brachte sein Pferd zum Stehen. „Albert,“ brachte er mühsam hervor und hielt sich die verletzte Schulter. “Versteck dich hinter dem Holunderbusch und warte da, bis ich dich wieder hole“. Ulrich setzte den Jungen auf die Erde, reichte ihm die Wolldecke und Albert lief zum Holunderbusch und verbarg sich dahinter. Er sah wie Ulrich im Wald verschwand. Ängstlich kauerte er sich hinter dem Busch und schlief nach kurzer Zeit vor Erschöpfung ein. Plötzlich....

 

Albert wurde durch ein Rascheln im Unterholz geweckt. Er erschrak, zückte sein kleines Jagdmesser, das er noch von seinem Nachttisch nehmen konnte und starrte ins Unterholz. Mit tapsigen Schritten kam neugierig ein kleines Wolfsjunge aus dem Dickicht hervor. Er war nur wenige Wochen alt und Albert wusste, ein Welpe bedeutet auch eine Mutter, die sich um ihn sorgt. So war er wachsam. Mit einer Wölfin, war nicht zu spaßen. Vor allem nicht, wenn sie Junge hat. Der Welpe kam auf ihn zu und Albert blickte sich ängstlich um, ob die Mutter zu sehen war. So sehr er sich auch anstrengte sie auszumachen, sie war nicht zu sehen. „Hast du auch deine Mutter verloren?“ fragte Albert traurig und streckte ihm die Hand entgegen. Der kleine Wolf schnupperte und brachte ein ängstliches Knurren hervor, schaute sich um und kam aber langsam und vorsichtig Alberts Hand näher.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.Kapitel

1121 - 1123

Plainburg

Der neue Tag erwachte langsam, die ersten Sonnenstrahlen kämpften sich von Osten her über die mächtigen Alpen. Auf einem Hügel oberhalb des kleinen Dorfes Gmain lag die mächtige Burg „PLAIN CASTRUM“ oder Plainburg. Es war eine neue Burg, Graf Werigand hatte sie vor fünfzehn Jahren mit seiner Familie bezogen nachdem er fast sechs Jahre lang täglich auf der Baustelle war um sich vom Fortschritt der Arbeiten zu überzeugen. Ihre starken Mauern waren noch nicht mit Moos bewachsen. Es waren noch keine Brechen oder Risse im Mauerwerk. Die Mauern hatten noch keinen Kampf gesehen. Der Weg zum Burgtor war so angelegt, dass ein Feind, der versuchte die Burg zu erstürmen, immer mit seinem Schild von der Burg abgewandt war und so seine ungeschützte rechte Seite zur Burg zeigte. Mit ihren dicken Steinmauern und ihrer hohen Brustwehr war sie uneinnehmbar. Hinter diesen Mauern, konnte man beruhigt schlafen. In der Burg war es noch dunkel, nur am Torhaus brannten zwei Pechfackeln rechts und links des Burgtors. Die Zugbrücke war heruntergelassen. Sie bestand aus schweren Eichenbohlen die mit Eisen beschlagen waren und an jeder Seite ruhte eine mächtige Kette. Das schwere Burgtor selber war verschlossen. Auf dem Torhaus stand ein junger Wachsoldat, mit Schild und Lanze. Er schritt von einem Ende des Torhauses zum anderen und zurück. Er war jetzt seit einem Jahr Knappe bei seinem Herrn und es war heute seine erste Nacht die er auf dem Torhaus Wache schieben musste.

Im Palas schlief noch alles. Im äußeren Burghof lagen die Wirtschaftsgebäude. Das Backhaus und die Gemüsegärten auf der einen Seite, die Waffenkammer, die Schmiede und die Ställe auf der anderen. Ein paar Hühner pickten nach Körnern die von der Bäckersfrau vor ihrem Haus verteilt wurden. Gänse watschelten durchs Gemüsebeet und suchten nach Schnecken.

Die Tür zur Waffenkammer flog auf und ein kräftiger Kerl, Ende dreißig im Kettenhemd und Waffenrock, ging Richtung Backhaus zum Frühstücken und schnallte sich auf dem Weg seinen Schwertgürtel um. Es war der Waffenmeister Thomas, er war auch der Schmied der Burg. Thomas wohnte mit seiner Frau und Tochter über der Waffenkammer. „He da“ stöhnte eine Stimme vor dem Burgtor. „Öffnet das Tor, ich muss zu eurem Herrn!“ brachte der Fremde noch hervor und viel dann von seinem Streitross, mit dem Gesicht in den Staub und rührte sich nicht mehr. Der Herr schläft! wollte der junge Wächter noch sagen, als er sah, wie der Unbekannte vom Pferd fiel. Der junge Mann drehte sich zum Burghof. „Meister Thomas“, rief der Wachmann zum Burghof herunter. „Was ist los?“ knurrte Thomas zurück, er war gerade erst aufgestanden und hasste es, wenn er vor dem Frühstück gestört wurde. „Vor der Burg liegt ein Mann der zu unserem Herrn will.“ „Der Herr schläft noch, schick ihn weg“ brummte er zurück ohne genau hinzuhören. Thomas kratzte sich an seinem fast kahlen Kopf. Dann dämmerte es ihm und er lief zum Burgtor, während er noch zwei andere Soldaten herbeirief, „Eine Trage zum Tor....sputet euch.“ Hansi und Heini schnappten sie die Trage, die neben dem Pferdestall stand und rannten Thomas hinterher. Nach dem sie das mächtige Tor geöffnet hatten, sah Thomas den Mann auf dem Boden liegen und kniete sich neben ihm. Er drehte ihn vorsichtig auf die Seite ohne den Pfeil, der noch in der Schulter steckt, zu bewegen oder abzubrechen. Thomas schob seine Hand unter das Kettenhemd und fühlte das Herz nur noch schwach schlagen. Der Verletzte drehte seinen Kopf zu Thomas, öffnete die Augen und brachte nur ein schwaches „Bringt mich zu eurem Herrn,“ heraus. Seine Augen schlossen sich wieder, er sank in eine tiefe Ohnmacht und sein Kopf fiel zur Seite. Thomas hob den fremden Mann mit Hansi auf und legte ihn bäuchlings auf die Trage. Auf dem Weg zur Burgkapelle rief Thomas nach seiner Frau Agnes, die gerade aus der Backstube kam. Sie hatte ihren Mann vermisst und wollte nach ihm schauen.

 

„Schnell Agnes, lauf zu Bruder Kajetan und sag ihm er wird eilig in der Kapelle gebraucht!“ Bruder Kajetan war der Burgschreiber und Lehrer der Pagen und Knappen die auf der Burg lebten. Er hatte einige Jahre in Mainz in einem Kloster gelebt und etwas Heilkunde bei einem älteren Mönch studiert. Somit war er der einzige auf der Burg, der einem Medicus am nächsten kam. Sie trugen den Verletzten in die Kapelle und legten ihn behutsam auf einen Holztisch der vor dem Altar stand. Bruder Kajetan, Ende vierzig mit grauen Haarkranz und in einer braunen Mönchskutte gehüllt, kam mit Agnes durch eine Seitentür, die vom Palas zur Kapelle führte. Thomas hatte den Fremden wieder auf die Seite gelegt und hielt ihn mit beiden Händen. Bruder Kajetan ging um den Tisch herum und schaute sich die Wunde an. „Ihr müsst den Pfeil herausziehen“, sagte einer der Soldaten die neben Thomas standen. Bruder Kajetan stimmte ihm zu und wollte sich gerade ans Werk machen, als der Mann seine Augen öffnete und mit schwacher Stimme sprach „Nein wartet. Ich will erst den Grafen sprechen.“ „Agnes, hol unseren Herrn!“ bat Thomas. Agnes lief aus der Kapelle in den Palas zum Gemach ihres Herrn.

Graf Werigand kniete vor dem kleinen Altar in seinem Schlafgemach und murmelte ein Gebet. „Herr Graf, öffnet schnell bitte!“ flehte Agnes vor der Tür. Werigand ging verärgert zur Tür und öffnete sie. „Was gibt es?“ brummte er. „Ein Verletzter in der Kapelle…“ Der Burgherr schaute seine Magd überrascht an. „Was ist passiert?“ fügte er fragend hinterher. „Ein Fremder lag vor dem Tor... Thomas hat ihn in die Kapelle gebracht... er fragte nach euch Herr.“ Beide eilten in die Kapelle. Als Werigand die Kapelle betrat, erschrak er „Ulrich?“ Er war für einen Atemzug wie gelähmt. Sein Bruder im Kampfe, sein Freund, er hatte ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. Nach dem letzten Kreuzzug hatten sich ihre Wege getrennt. „Ulrich... was ist geschehen?“ brachte Werigand nur leise heraus. „Schick deine Leute fort, ich...,“ stöhnte Ulrich schwach. Die Anwesenden wandten sich zum Gehen, ohne dass der Graf etwas sagte. „Kajetan bitte bleib“ bat Werigand.

 

Nachdem das Gesinde die Kapelle verlassen hatte, nahm Werigand die Hand seines Freundes und sah ihm dabei in die glanzlosen Augen. Ulrich berichtete seinem Freund was geschehen war, von dem feigen Überfall, das Niederschlachten der Burgbewohner und die Flucht. „Ulrich“, flüsterte Werigand. Er schloss die Augen und ein paar Tränen lösten sich. Werigand dachte an die Kämpfe die sie gemeinsam ausgefochten hatten, der Feind war oft in der Übermacht, aber sie sind nie zurückgewichen, Rückzug kannten sie nicht, ohne große Verletzungen. Doch jetzt, ein Pfeil der ihm feige in den Rücken getroffen hatte. „Herr, wir müssen anfangen... er wird die Nacht sonst nicht überstehen. Ich muss den Pfeil entfernen und versuchen die Wunde zu schließen,“ sagte Kajetan mit einem drängen in seiner Stimme. Werigand schaute seinen Freund fragend an, Ulrich nickte und schloss die Augen. Kajetan öffnete die Tür zum Wohnturm „Bring warmen Wein und saubere Tücher“ bat er Agnes die hinter der Tür gewartet hatte. Werigand trat kurz aus der Kapelle. „Thomas!“ „Ja Herr?“ „Weck die Soldaten, reite zu Ferdinand und siehe ob du helfen kannst,“ befahl ihm Werigand. Nachdem Agnes den Wein und die Tücher gebracht hatte zog Kajetan den Pfeil vorsichtig heraus, reinigte die Wunde mit warmen Wein, nahm ein Pferdehaar aus seinem Lederbeutel und fädelte es in eine feine Fischgräte und nähte die Wunde. Kajetan schaute Agnes mit Schweißperlen auf der Stirn an „Du kannst Ihn jetzt verbinden.“ Kajetan schaute zu Werigand, zeigte mit einer Kopfbewegung zur Hoftür und beide verließen die Kapelle. Vor der Kapelle legte Kajetan seine Hand freundschaftlich auf Werigands Schulter. „Ich habe alles in meiner Macht Stehende getan... er hat sehr viel Blut verloren...ob er die Nacht überlebt weiß nur Gott.“ Doch Werigand hörte ihn schon nicht mehr, seine Gedanken waren in Jerusalem...

Werigand dachte an die Zeit zurück wie er Ulrich kennengelernt hatte. Das war ein paar Tage vor der Schlacht von Askalon...

 

 

 

2.Kapitel

Jerusalem 15. Juli 1099

...Werigand lief durch Jerusalem, die Stadt war gerade erobert worden. Er war noch ein Knappe, auf der Suche nach seinem Herrn. Er fragte vorbeieilende Soldaten, die mit reicher Beute durch die Stadt zogen und zusammen rafften was sie bekommen konnten. Er sah Ritter die dasselbe taten, nur edler und ohne Hast. Er beschrieb jedem den er traf, die Farben und das Banner seines Herrn, doch niemand hatte Ihn gesehen. Werigand wollte schon aufgeben. Bis Ihm ein hochgewachsener Ritter auf einem edlen Schlachtross entgegen ritt. „Herr Ritter, ich suche meinen Herrn habt Ihr, ihn gesehen?“ fragte der Knappe erschöpft und beschrieb Ihm die Farben des Banners. Der fremde Ritter entfernte das Seidentuch vor Mund und Nase das er zum Schutz vor Sand und dem Gestank einer eroberten Stadt trug. Werigand konnte sein gleichmäßiges Gesicht und die strahlend blauen Augen sehen. Der Ritter war nicht viel älter als er, aber doch von den Kämpfen der letzten Tage gezeichnet. „Sie hatten Ihn in eine Kirche am anderen Ende der Stadt getragen als ich vorbeiritt und er trug die Farben die du beschrieben hast“ antwortete der Ritter mit einer dunklen Stimme die nicht zu seinem Alter passte. Werigand schaute traurig zu Boden. Der fremde Ritter streckt Ihm seine Hand entgegen, „Steig hinter mir auf, ich bringe dich hin.“ Der Knappe sprang hinter dem Ritter aufs Pferd und beide ritten quer durch die Stadt. Der Weg führte vorbei anbrennenden Häusern, Moscheen und Ställen. Frauen und Kinder liefen durch die Stadt auf der Suche nach den Ihren. Vor der Kirche sprang Werigand vom Pferd und lief hinein. Er eilte suchend durch das Gotteshaus. Überall lagen Tote und Verletzte Ritter und Soldaten, beider Seiten. Die Mönche kümmerten sich um Sie. Viele der Kämpfer, die um die Heilige Stadt fochten, werden sie nie mehr verlassen, dachte Werigand. In einer Ecke neben dem Altar sah Werigand seinen Herrn liegen. Er hatte die Augen geschlossen und war totenbleich.

Der Knappe kniete sich neben seinen toten Herrn. Der fremde Ritter schritt neben Werigand und fragte, „Ist das dein Herr?“ „Er befahl mir beim Tross zu bleiben, ich wäre noch zu jung zum Kämpfen,“ schluchzte Werigand mit Tränen in den Augen. Er hielt die Hand seines Herrn. „Mein Knappe war nicht so gehorsam wie du, ich fand Ihn an einer Bresche die uns in die Stadt geführt hatte,“ sagte der Ritter. „Ich weiß nicht was ich jetzt machen soll, mein Herr war ein armer Ritter ohne Land, er kämpfte für Essen und ein paar Taler. Es ist nichts mehr übrig um nach Hause zu kommen“, kam es verzweifelt aus Werigand heraus. Der fremde Ritter überlegte nicht lange und sprach, „Tritt in meinen Dienst, du hast deinen Herrn verloren und ich meinen Knappen.“ Werigand schaute traurig zu dem Ritter auf. „Das wollt Ihr wirklich tun, Herr.“ „Mein Name ist Graf Ulrich von Auerbach, und deiner?“ „Ich bin Werigand, Herr, nur Werigand,“ antwortete der Knappe. Werigand und Ulrich gaben sich die Hände und sprachen den alten Schwur den Ritter und Knappe verbanden.

 

 

Vor den Toren von Jerusalem

Zwei Tage später ritten Werigand und Ulrich in das gewaltige Heerlager der Kreuzritter ein. Überall wehten die Banner der Grafen, Fürsten und Herzöge, es war ein ständiges kommen und gehen. Knappen reinigten die Waffen und Rüstungen ihrer Herren, Pagen liefen von einem Zelt zum anderen, mit erlesenem Wein, Brot und den herrlichsten Früchten. Als sie vor Ulrichs prunkvollen Zelt hielten war Werigand sprachlos. Es kamen Knappen und Diener herbei, um ihrem Herrn vom Pferd zu helfen, ihn aus seinem Kettenhemd zu befreien und im Wein zu reichen. „Euch fehlte also ein Knappe,“ bemerkte Werigand mit einem kleinen Lächeln, aber ohne das es an Respekt zu fehlen schien. Ulrich sah Werigand an und grinste ebenfalls, sie hatten sehr schnell Freundschaft geschlossen, was in diesen Tagen des Kreuzzuges schneller ging. Ulrich war ein reicher Spross aus der großen Familie des Herzogs von Bayern. Sein Vater war Graf Reinhard von Auerbach ein Cousin von Heinrich IV. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.

Ulrich hatte eine gewaltige Streitmacht mitgebracht es waren an die fünfzig Ritter und gut neunhundert Soldaten und Bogenschützen und es taten mehrere Dutzend Knappen Dienst bei Ihm und seinen Rittern, mehr als sie brauchten. Da wäre einer mehr oder weniger nicht aufgefallen. Einige Tage später standen Werigand und Ulrich vor seinem Zelt und sprachen über Arbeiten die noch erledigt werden mussten. Als ein Bote durchs Lager geritten kam, „Die Heiden, stehen bei Askalon!“ brüllte er aufgeregt. „Alle Hauptleute zum Herzog von Bouillon,“ rief er weiter. Ulrich eilte in sein Zelt, schnallte sich sein Schwert um, „Warte hier auf mich, bis ich wiederkomme,“ sagte er zu Werigand, verließ das Zelt und schwang sich auf sein Pferd.

Tief in der Nacht kehrte Ulrich zurück, Werigand war auf einem Stuhl eingeschlafen. „Wach auf Werigand,“ flüsterte Ulrich und schüttelte ihn an der Schulter. „Malik al Afdal lagert in der Ebene von Al Majdal in einem Tal außerhalb von Askalon,“ sagte Ulrich. „Wir müssen Sie aufhalten!“

 

 

Askalon 12.August 1099

40 Meilen südwestlich von Jerusalem

Am Morgen des 12. August stand Gottfried von Bouillon neben seinem Bruder Eustach auf einem Hügel oberhalb der Ebene von al Majdal. Gottfried sah in die Ebene hinab, vor den Stadtmauern von Askalon lag das Feldlager der Muslime. „Was meint ihr, Robert, wie viele haben sich da unten versammelt?“ Robert von der Normandie der gerade neben Eustach getreten war, räusperte sich. „Ich schätze zwanzigtausend Heiden, Herr,“ sagte er herablassend. Gottfried strich sich über sein unrasiertes Kinn. „...mh fast doppelt so viele wie wir,“ sagte er Nachdenklich. „Aber sie sind ungerüstet und bauen das Lager ab, Herr,“ bekräftigte Gaston von Béarn der junge spanische Graf der gerade vom Pferd gestiegen war. „Die Gelegenheit ist günstig, Gottfried, sie erwarten uns nicht,“ bekräftigte Eustach. „Du hast recht, so eine Gelegenheit bekommen wir so schnell nicht wieder,“ stimmte ihm Gottfried zu. Der Herzog kniete sich auf den Boden, zog sein Messer aus der Scheide und begann auf den Boden zu zeichnen.

„Robert, Ihr und Gaston greift hier, das Zentrum an,“ er ritzte einen Pfeil in den Boden. „Eustach du unterstützt sie mit unseren Bogenschützen,“ fügte Gottfried hinzu. „Ihr Raimund, greift hier auf der rechten Seite an,“ Gottfried kratze wieder einen Pfeil auf den Boden. Raimund von Toulouse war als letztes auf den Hügel geritten. „Ich greife, hier auf der linken Seite an, wir sehen uns in der Mitte wieder, „Deus lo vult“ „Gott will es“ rief Gottfried und bekreuzigte sich. Die Grafen und Herzöge stimmten in den Plan ein und bestiegen ihre Pferde um ihre Männer im Tal zu sammeln. „Robert, wartet kurz,“ hielt Gottfried den Herzog der Normandie auf. „Ihr habt doch den jungen Ulrich von Auerbach in eurem Gefolge,“ fragte Gottfried. „Was haltet ihr von Ihm?“ Robert überlegte nicht lange. „Ulrich ist letzten Monat aus Bayern mit tausend Soldaten und Rittern angekommen, er ist mit dem bayrischen Herzog verwand...,“ berichtete Robert. „... Ein gottesfürchtiger Ritter und guter Kämpfer.“ Der Herzog von Bouillon überlegte. „Gebt Ihm noch fünfhundert eurer Soldaten mit, er soll unterhalb vom Hügel als Reserve warten,“ befahl Gottfried und wies mit seiner Hand auf eine Stelle zwischen dem Hügel und dem Heerlager der Heiden. Robert nickte zustimmend und bestieg sein Pferd. Das Tal brummte wie ein Bienenschwarm als die Grafen und Herzöge ihre Männer aufstellten. Robert von der Normandie ritt zu seinen Männern. Nachdem er abgestiegen war reichte ihm ein junger Mann eine Kelle mit Wasser. Robert nahm die Kelle und schüttete sich das kühle Nass in den Nacken. „Noch eine,“ hustete er leicht. Die nächste Kelle führe er an seinen Mund und trank. Nach einem großen Schluck schaute er den Mann an, der ihm die Kelle gereicht hatte. „Ihr Ulrich, Danke, euch wollte ich rufen lassen.“ sagte er während noch ein paar Tropfen seinem Bart hinunter liefen. „Ulrich, nehmt die Soldaten aus Dijon die Ihr mir auf eurem Weg mitgebracht habt. Ihr habt sie kennen gelernt,“ grinste Robert bei dem Gedanken an die Raufereien die sich die gemischte Truppe mit so mancher Stadtwache geführt hatten, auf dem Weg nach Jerusalem. „Wie Ihr wünscht,“ bestätigte Ulrich.

 

„Das ist der Befehl von Gottfried, nicht meiner, Ihr sollt unterhalb des Hügels am ausgetrockneten Bachbett als Reserve in Stellung gehen,“ sagte Robert. Ulrich war nun nicht mehr so begeistert. Reserve, na toll die anderen holen sich die Lorbeeren und ich darf hinten warten dachte Ulrich. Ihm missfiel es untätig in den hinteren Reihen zu warten, aber der Befehl von Gottfried war eindeutig. Werigand sollte wieder, wie all die anderen Knappen, Pagen und Mönche beim Tross zurückbleiben.

Als die Schlacht begann, waren die Heiden überrascht. Robert und Gaston griffen als erstes an. Die Fußsoldaten marschierten dicht gedrängt auf das Lager zu. Die Bogenschützen hinter ihnen schossen ihre Pfeile auf die Moslimen um den Vormarsch zu decken. Ungefähr einhundert Schritte vor dem Lager, Liesen die Fußsoldaten ihre schwergerüsteten Ritter durch ihre Reihen reiten. Die Ritter galoppierten in Keilform ins Lager und erschlugen jeden der sich auf ihrem Weg zum Kampf stellen wollte. Zur selben Zeit griffen die Ritter und Soldaten von Raimund von Toulouse und Gottfried von Bouillon die Seiten des Lagers an. Die Äthiopier erholten sich als erste von dem Schreck und griffen die Kreuzritter die das Zentrum erreicht hatten an. Ein Teil der Verteidiger schaffte es die Kreuzritter zu umgehen und den Angreifer in den Rücken zu fallen, um sie nieder zu machen. Gottfried erkannte die Gefahr sofort und sendete Ulrich einen Boten, er solle sofort mit seinen Männern angreifen. Ulrichs Ritter galoppierten fast aus dem stand sofort los. „Cedric, du links und ich rechts wir treib die Heiden bei Robert zurück bevor sie den Ring schließen. Cedric war der Hauptmann der die Soldaten aus Dijon anführte. Cedric nickte hob den Arm und galoppierte los, seine Männer folgten ihm. Ulrich schrie „Gott will es“ und trieb seine Männer an. Hoffentlich waren keine Seldschuken unter den Heiden, betete Ulrich. Er ist ihnen vor Jerusalem begegnet, es waren gefährliche Gegner, zähe und starke Kämpfer, fast hätten sie den Kampf für die Muslime entschieden. Ulrich und seine Männer kämpften sich bis zu Roberts Ritter vor.

 

„Herr, ihr habt nach mir gerufen, fragte Ulrich an Robert gewandt, während er einen Heiden erschlug der an Roberts Zügel riss. „Wo wart ihr so lange, ich dachte schon ihr hättet etwas Besseres vor,“ neckte Robert. „Das verpassen, um Christi Willen, niemals. Ich hatte nur etwas Sand in meinen Stiefeln, den musste ich erst loswerden,“ neckte Ulrich zurück und erschlug einen Moslem der in vom Pferd heben wollte. Die Schlacht näherte sich dem Ende, sie hatten gewonnen, bevor die persische Kavallerie eingreifen konnte. Raimund von Toulouse hatte bei seinem Angriff zuerst das Vieh und die Pferde der Heiden vertreiben lassen und dann die Moslems die auf der Flucht waren, vor den Toren der Stadt erschlagen. Al Afdal Schahanschah der Anführer der Muslimen und seine Leibwache flohen hinter die sicheren Mauern von Askalon. Der Wesir al Afdal ließ sein Lager und seinen Schatz zurück und rette lieber sein Leben. Um den Schatz kümmerte sich Robert, er nahm sich den Teil der ihm seiner Meinung nach zustand. Ulrich tat es ihm gleich und sie Verliesen das Schlachtfeld. Auf dem Weg zum Tross stürmte ihnen Werigand der auf ihn gewartet hatte entgegen. „Gott sei es gedankt...,“ sagte der Knappe und fiel auf ein Knie und bekreuzigte sich, „... dass ihr heil geblieben seid.“

Als Ulrich und Werigand im Heerlager von Jerusalem mit ihren Rittern angekommen waren, riefen die zurückgebliebenen „Askalon, Askalon“ die Soldaten jubelten den zurückkehrenden zu. Ulrich betrat sein Zelt und wollte sein Kettenhemd ausziehen als ein Bote von Gottfried ins Zelt stürzte. „Herr Graf, Herzog Gottfried lädt euch heute Abend zum Bankett in sein Zelt ein,“ sagte der Bote. „Ich komme gerne, sagt Gottfried meinen Dank,“ antwortete Ulrich. „Herr Graf für euch steht ein Bad bereit,“ sagte ein pflichtbewusster Knappe. „Komm Werigand las uns baden und uns fürs Bankett kleiden,“ schlug Ulrich vor. „Aber Herr, ihr seid eingeladen... nicht ich,“ werte sich Werigand. „Ich habe auch nur das eine Gewand, Herr,“ fügte er hinzu. Ulrich überlegte kurz „Alfonso, Alfonso!“ „Herr Graf,“ fragte der gerufene.

 

„Holl ein Gewand für Werigand, er begleitet mich heute Abend auf das Bankett.“ Alfonso hob eine Braune und schaute Werigand von oben bis unten an. „Jawohl Herr, wie ihr wünscht,“ sagte er und verließ das Zelt. Ulrich und Werigand gingen in das Bade Zelt und genossen die Abkühlung im Wasser. In Gottfrieds großen Bankett Zelt brummte es bei den vielen geladenen Gästen, Grafen und Herzöge, Ritter und Hauptleute alle waren gekommen, die Rang und Namen hatten. Ulrich wurde an die Tafel von Gottfried geführt und nahm neben Eustach Platz. Werigand saß weiter unten bei den einfachen Rittern, was für ihn schon ein enormer Aufstieg war. Als alle Gäste eingetroffen waren, erhob sich Gottfried, was aber nur Wenige bemerkten. Gottfried schlug mit seinem Becher auf den Tisch bis Ruhe im Zelt war. Gottfried räusperte sich und begann seine Rede. „Meine lieben Freunde, Herzöge, Grafen, Kampfgefährten heute will ich einen ganz besonderen Mann ehren, ohne ihn hätten wir die Schlacht um Askalon fast verloren, ohne sein schnelles und beherztes Eingreifen würden heute Abend viele Stühle leer bleiben.“ Gottfried drehte sich zu Ulrich. „Steht auf mein Freund,“ er deute mit seiner Hand, er möge Aufstehen. Ulrich erhob sich überrascht und wusste nicht warum. Gottfried zeigte mit seinem Arm auf Ulrich. „Meine Freunde, Ulrich von Auerbach und seine Männer haben ohne zu zögern die Heiden angegriffen die uns in den Rücken fallen wollten. Er ist ein gottesfürchtiger Kämpfer er ist unser Held,“ lobte Gottfried. Der Herzog hob seinen Becher auf Ulrich „Der Held von Askalon,“ rief Gottfried und die Anwesenden stimmten mit ein. „Ulrich, Ulrich, der Held von Askalon,“ riefen die Männer. „Askalon, Askalon, skandierten die Ritter und Edelleute und schlugen im Takt mit ihren Bechern auf die Tische. Alle drehten sich zu Ulrich, erhoben ihre Becher und tranken auf den jungen Ritter. Ulrich war sprachlos, er hatte doch nichts Anderes gemacht als alle anderen Kämpfer auf dem Schlachtfeld. Ulrich drehte sich zu Gottfried, verbeugte sich und rief „Auf Herzog Gottfried,“ und hob seinen Becher „Danke, Herr...“ mehr brachte er nicht heraus. Das ganze Zelt rief „Auf Herzog Gottfried.“

 

 

zurück in der Plainburg

.... „Herr Graf, euer Freund möchte euch sprechen“, rief Ihm Agnes aus seinen Gedanken zurück. Er betrat die Kapelle und ging auf Ulrich zu, sein Züge hatte einen hellen Grauton seine Wangen waren eingefallen. Werigand sah, dass sein Freund dem Tode nah war. „Werigand...“ er stockt, nahm seine ganze Kraft zusammen „ich…ich habe noch einen Wunsch bevor ich sterbe“ Werigand nahm seine schwache Hand, „Wenn ich ihn erfüllen kann, sei er gewährt. “In einer Waldlichtung ungefähr zwei Meilen nordöstlich von hier wartet ein Junge auf mich. Holt ihn bitte her“. Ulrich hob langsam seinen Kopf, es kostete Ihn viel Kraft, sah sich in der Kapelle um. Es standen nur sein Freund und Bruder Kajetan, der ihn verbunden hatte, an seiner Seite. Die Kapelle war sonst leer. „…der Junge er heißt......Albert“, brachte Ulrich stockend hervor und schloss erschöpft die Augen. Werigand sah wie Ulrich seine Lippen bewegte. Er beugte sich über ihn, kam mit seinem Ohr näher an seinem Mund. „Werigand, der Junge ist von hohem Adel, schütze ihn… vor den Feinden seines Vaters, beschütze Ihn“, flüsterte Ulrich und fiel wieder in eine tiefe Ohnmacht. Werigand wandte sich zu Bruder Kajetan mit den Worten „Achte auf Ihn, ich hole den Jungen.“ Werigand verließ die Kapelle durch die Seitentür zum Wohnturm. Auf dem Weg zu seiner Kammer kam ihm Severin der Knecht entgegen. Er war Anfang dreißig, hatte Strohblondes Haar und einer Narbe über seiner linken Wange. Ein Schwerthieb hatte ihn vor ein paar Jahren dort verletzt. Die Narbe reichte von seinem ausgeprägten Kinn bis zu seinen strahlend blauen Augen. Severin hob seine buschigen Brauen als Werigand ihm entgegenkam. So früh schon unterwegs, sonst schläfst Du noch um diese frühe Stunde, dachte er und deutete eine Verbeugung an „Gott zum Gruße, Herr Graf.“ „Ahh, ... Severin, geh in den Stahl und sattle, Cäsar und Isolde, und wecke Iwo er soll mich begleiten,“ befahl Werigand freundlich aber im gewohnten Ton des Adels. „Ja, Herr Graf.“ kam es aus Severins Mund zurück. Er wandte sich wieder Richtung Burghof, von dem er gerade heraufgekommen war.

 

Auf dem Burghof kam Ihm Valentin sein Sohn entgegen und hastete der Burgküche entgegen, Valentin war jetzt seit einer Woche Küchenjunge. Er hatte sich noch nicht an das frühe Aufstehen gewöhnt. Seine Mutter hatte ihn wie jeden Morgen wecken müssen. Valentin stehe endlich auf sonst ist dein Vater wieder vor dir in der Küche und es gibt wieder Ärger, ging es dem Jungen durch den Kopf als er seinem Vater auf dem Hof begegnete. „Morgen Vater“, sagte Valentin etwas kleinlaut, senkte den Kopf und wartete auf die Ohrfeige die Ihm sicher war. „Morgen, mein Sohn, so früh schon unterwegs?“ ernst sah Severin seinen Sohn an. „Tut... tut mir leid Vater,“ brachte er nur stammelt heraus. „Wir reden heute Abend darüber,“ sagte sein Vater und ging zum Stall. Der Junge lief eilig in die Küche und hoffte, dass Gottfried der Koch noch nicht wach war und er Zeit hatte den Ofen vorzuheizen um nicht die Prügel, die er von seinem Vater verdient hätte und entgangen war, von Gottfried zu bekommen. Severin hatte Cäsar und Isolde schon gesattelt als Iwo in den Stall kam und Severin fragte während er sein eigenes Pferd sattelte „Weißt Du was los ist. Warum der Herr so früh ausreiten will?“ „Es wird mit dem Ritter, den sie heute bei Tagesanbruch in die Kapelle getragen hatten, zu tun haben.“ Als Werigand in den Stall trat „Seid Ihr endlich fertig,“ raunte er beide an. Severin führte Cäsar und Isolde aus der Box, es war ein gewaltiges Streitross, ein dunkelbrauner Wallach mit heller Mähne und einem langen Schweif der fast bis zum Boden ging. Isolde war eine braune lammfromme Stute. Werigand hatte sein feines Gewand aus edlem Tuch gegen ein Kettenhemd das bis zu den Knien reichte und einen Waffenrock mit den Farben derer von Plain, blau rot, getauscht. Sein Schwert hing locker an seiner linken. Auf seinem Schild den er schon an den Sattelknauf gehängt hatte, waren zwei weiße Adlerschwingen auf blauen und rotem Grund. Iwo, ein geschmeidiger Mann von sechsundzwanzig Jahren mit fuchsfarbenen Haaren und wachen kupferbraunen Augen. Er war der Jagdaufseher und kannte die Wälder auf dem Land seines Herrn wie seine Börse.

 

Iwo kannte jeden Busch und jeden Strauch, auch die Lichtung nach dem sein Herr gefragt hatte, war ihm bekannt. Bevor Iwo sein Pferd bestieg schwang er sich noch seinen Pfeilköcher über die Schulter und griff sich den Bogen aus edlem Eibenholz. Mit seinem braunen Lederwams und seinen dunkelgrünen Wollbeinlingen sah er wie ein Waldläufer aus. Werigand bestieg sein Ross und Iwo nahm Isolde am Zügel sie ritten über den äußeren Burghof durchs Tor.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3.Kapitel

Burg Wimmer

Ein Trupp von zwei Dutzend Soldaten traf unter Thomas Führung bei Tagesanbruch, auf Burg Wimmer ein. Thomas sprang mit gezogenem Schwert vom seinem Pferd. „Findet das feige Gesindel“, befahl Thomas.“ „Schaut in jeder Ecke nach.“ Die Soldaten schwärmten aus und verteilten sich über die Burg. Nach einigen Minuten kamen die ersten Männer von ihrer Suche zurück. „Meister Thomas, wir haben einen Überlebenden gefunden,“ sagte einer seiner Männer. Thomas eilte dem Soldaten hinterher. Auf dem Boden neben dem Stall lag der Verwundete, schwer atmend. Thomas fiel auf die Knie und hob den Kopf des Verletzten mit den Händen auf. „Berthold, du alter Raufbold, was ist passiert?“ fragte Thomas mit Tränen in den Augen. „Thomas...? brachte der Ritter schwach hervor. „Es war Narbengesicht, seine Männer haben meine Leute erschlagen... alle!... auch die Knappen...“ „Ferdinand?“ fragte Thomas. „Weiß ich nicht...“ „Mit mir geht es zu Ende,“ stöhnte der Sterbende. „Du musst ihn dafür büßen lassen, versprich es mir“ sagt er leise. „Ich werde ihn finden,“ versprach Thomas. Berthold murmelte noch unverständlich vor sich hin und schloss dann die Augen. Thomas zog den Kopf an seine Brust und weinte leise. Thomas schaute zu einem seiner Männer auf. „Such den Graf und seine Familie,“ bat er ihn. Thomas legte Berthold sein Schwert auf die Brust, legte ihm seine Hände auf den Schwertgriff und stand vom Boden auf. Nach dem die Soldaten die Gräfliche Familie und das Gesinde beerdigt hatte ritten sie zur Plainburg zurück. Thomas saß in sich gekehrt auf seinem Pferd, er dachte an Berthold und die wilden Zeiten die sie erlebt hatten.

 

 

 

 

Waldlichtung nordöstlich der Plainburg

Albert war eingeschlafen. Das Wolfsjunge hatte sich neben ihm eingerollt und sich an ihn geschmiegt. So wärmten sie sich gegenseitig. Ende April war es in der Morgendämmerung noch recht kalt. Das Wolfjunge hob den Kopf, spitzte die Ohren. Es hatte ein Geräusch gehört. Sein Nackenfell sträubte sich, ein warnendes Knurren kam aus seiner Kehle. Das Wolfsjunge wollte jetzt, da es einen neuen Freund gefunden hatte, Ihn mit seinem Leben beschützen. Das Knurren wurde immer lauter. Albert war längst wach geworden und hatte sein Jagdmesser fest in der Rechten und harrte auf das was da auch kommen mag. „Hab keine Angst ich beschütze Dich“, flüsterte er, Albert spürte wie das Wolfsjunge ruhiger wurde, aber immer noch bereit zum Sprung um seinen Gegner anzugreifen. Werigand und Iwo ritten auf die Waldlichtung zu. Sie schauten sich suchend nach dem Jungen um. „Das ist die Stelle, Herr, die euer Freund beschrieben hat.“ „Albert“ rief Werigand, „wo steckst du Junge?“ Rechts des Ritters raschelte es im Unterholz und ein Junge mit einem Nachtgewand und einer Wolldecke bekleidet trat vorsichtig heraus. „Wer seid Ihr, Herr,“ fragte er mit bebender Stimme. „Sei nicht so unverschämt Junge, das ist Graf Werigand von Plain, unser Herr“ klärte Iwo den Jungen etwas verwundert auf. „Ich bin Albert von Wimmer, mein Vater ist Graf Ferdinand von Wimmer,“ sagte der Junge vollster Überzeugung, mit dem gewohnten Ton, des Adels, gegenüber Leibeigene. Albert schaute den Jagtaufseher angriffslustig an. „Dein Vater ist tot,“ sagte Werigand etwas brummiger als er wollte, er war verärgert und überrascht über den Mut des Jungen. Werigand stieg von seinem Streitross und schritt auf den Jungen zu. Das Wolfsjung stellte sich schützend vor den Jungen und knurrte. Iwo wollte gerade seinen Bogen spannen. Werigand sah es aus dem Augenwinkel und hob gebieterisch die Hand. Iwo senkte den Bogen etwas, war aber jeder Zeit bereit zum Schießen. Werigand schaute sich den Jungen etwas genauer an. Albert hatte kastanienbraunes Haar, ebene Gesichtszüge und graublaue Augen, sein Schlafgewand war von edlem Tuch genau wie seine Herkunft das sah man sofort.

Er schaute zu dem kleinen Wolf herunter und ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. „Wahrhaftig, Angsteinflößend dein Begleiter,“ lächelte Werigand freundlich. „Unser gemeinsamer Freund Ulrich schickt mich dich zu holen,“ begann Werigand. „Ihr kennt, Ulrich?“ fragte der Junge verwirrt und sah Werigand fest in die Augen und war erleichtert einen Freund von Ulrich, auch noch einen Grafen zu begegnen. Daheim in der Burg hatte er nie gesehen das sich Ulrich mit anderen Grafen oder Edelleuten außer seinem Vater unterhielt auch bei Festen oder besuchen in Salzburg hatte Ulrich nie mit jemanden außer dem Gesinde oder Händlern gesprochen. Albert dachte er wäre ein Knecht wie die anderen auf der Burg. Jetzt wo er genauer überlegte, war Ulrich immer an seiner Seite gewesen er hatte Ihm das Reiten und das kämpfen mit dem Messer gezeigt, er hatte ihm auch das Messer das er jetzt wieder am Gürtel trug, geschenkt. „Albert, wir müssen zu meiner Burg zurück,“ „Kannst du reiten,“ fragte er den Jungen. „Natürlich kann ich reiten, ich bin doch jetzt ein Graf!“ antwortete Albert voller Überzeugung. Iwo verdrehte nur die Augen, sagte aber nichts. „Wir müssen zurück, Ulrich geht es sehr schlecht er hatte einen Pfeil in der Schulter und wird die Nacht vielleicht nicht überleben.

 

 

Zur selben Zeit einige Kilometer südöstlich entfernt

Auf einem Waldweg in der Nähe einer Lichtung lagerten ein dutzend bewaffneter Männer an einem Lagerfeuer. Eine kleine Gruppe von Soldaten von einem hochgewachsenen Ritter geführt ritt auf das Lagerfeuer zu, der Ritter stieg von seinem Pferd und ging auf einen der Männer der neben dem Feuer in edlem Samt gehüllten Edelmann zu. Die Soldaten die den Ritter begleitet hatten, führten ihre Pferde zum Waldrand, versorgten sie und verteilten sich um das Lagerfeuer. „Und Harald, Ihr habt ihn nicht gefunden!“ funkelte der Edelmann seinen Ritter an. In der letzten Nacht hatte Graf Roderich von Rabenstein seine Männer hier am Waldrand rasten lassen.

 

Er hatte Harald und einen Teil seiner Männer die ganze Nacht mit Fackeln nach dem feigen Knecht der mit dem Jungen geflohen war suchen lassen. „Nein Herr,“ erwiderte der Ritter niedergeschlagen, ihn wieder enttäuscht zu haben. Der Graf griff wütend nach seinem Schwertknauf, beherrschte sich aber sofort. Harald hatte schon einige seiner hinterhältigen Pläne ausgeführt und immer mit Erfolg. Doch dieses Mal hatte er das zweite Mal versagt und fürchtete um sein Leben. „Ist Reinhold schon zurück?“ fragte Harald seinen Herrn ablenkend. „Nein,“ raunte Graf Roderich.

Nach einigen Stunden, die Sonne stand schon hoch über den Alpen, war ein Trupp Reiter auf einem Hügel zu sehen. Sie waren noch fast eine Meile entfernt und nicht genau zu erkennen. „Das sind Reinhold und seine Leute, sie kommen zurück!“ rief einer der Soldaten. „Nein,“ rief ein anderer, „das sind bestimmt ein Dutzend und Reinhold ist nur mit einem Halben fortgeritten.“ „Sie tragen blaurote Banner, das sind die Ritter von Graf Werigand,“ erkannte ein Soldat erschrocken als die Reiter näherkamen und wollte sein Schwert ziehen. Der Graf hob seine Hand „Senkt die Waffen, zuerst will ich sehen was sie wollen.“ Die fremden Reiter näherten sich dem fast niedergebrannten Lagerfeuer. Die Reiter waren jetzt gut auszumachen und der Graf erkannte ihren Anführer. Es war Jakob von Thurn ein stattlicher und verdienter Ritter von Werigand. Er sah zwar sein Gesicht nicht, aber er erkannte die behandschuhte Faust auf seinem Schild. Sie waren sich schon bei einigen Fehden begegnet und nicht immer auf derselben Seite des Schlachtfeldes. Bei Graf Werigand trug jeder Ritter sein eigenes Zeichen auf dem Schild, um Sie bei der Schlacht zu unterscheiden, da alle blau rot Gewandet waren. „Gott zum Gruße, Herr Graf was führt euch in die Wälder meines Herrn?“ grollte Jakob angriffslustig, stellte sich in die Steigbügel und schaute über die Runde der Soldaten. „Ihr wisst doch, dass Ihr hier nichts zu suchen habt,“ fügte er warnend hinzu. „Einer meiner Leibeigenen ist in diesen Wald geflüchtet,“ erwiderte der Graf erbost über den rauen Ton, der einem Ritter gegenüber einem Grafen nicht zustand.

 

„Wenn euch ein Bauer abhandengekommen ist, hättet Ihr euch an den Vogt wenden müssen, und nicht auf eigene Faust das Land meines Herrn betreten dürfen.“ Der Graf kochte vor Wut über den unverschämten Ton den Jakob anschlug. Das sind doppelt so viele Männer wie wir, die Hälfte meiner Männer war noch nicht mal zum Kampf gerüstet dachte der Graf. „Ich warten noch auf eine Gruppe meiner Leute dann ziehen wir uns zurück,“ beschwichtigte der Graf und deutete seinen Soldaten mit einer Handbewegung, das Lager abzubrechen und die Pferde zu satteln. Kurz darauf galoppierten die Soldaten des Grafen Roderich auf den Waldrand zu und vereinten sich mit den wartenden. „Jetzt können wir Sie schlagen,“ flüsterte Harald seinem Herrn zu, dem die Haltung seines Herrn nicht entgangen ist. Der Graf überlegte kurz, nickte zu Harald und wollte gerade den Befehl zum Losschlagen geben, als ein weiterer Trupp Ritter von der Seite auf Sie zuritt. Sie trugen ebenfalls das blaurote Banner von Plain. Es war Manfred v. Grafenberg, mit seinen Lanzenknechten. Der Kampf war verloren bevor er angefangen hatte. Die Übermacht war zu groß. Dann ein anderes Mal, dachte der Graf. „Wir reiten zurück,“ rief der Graf seinen Männern zu.

 

 

Plainburg

Werigand ritt mit seinem kleinen Gefolge in den äußeren Burghof ein. Severin kam eiligst über den Hof gerannt um seinem Herrn das Streitross zu halten. Es in den Stall zu bringen, es abzureiben und zu versorgen. „Gott zum Gruße, Herr Graf,“ ohne die Begrüßung seines Knechts zu erwidern sagte er nur „Bring die Pferde in den Stall. „Iwo, wenn Du dein Pferd versorgt hast komm zu mir in die Halle.“ „Ja, Herr,“ sagte Iwo und folgte Severin zum Stall. „Und spute dich,“ rief Werigand seinem Jagtaufseher noch hinter her. „Wer ist der Junge und was ist das für ein seltsamer Hund, dass der Junge getragen hat?“ fragte Severin während er den schweren Sattel von Cäsar abnahm.

 

Iwo der in der Box neben ihm das selbe tat und seinem treuen Begleiter Casper, einen Apfel hinhielt, summte nur vor sich hin wie er es immer tat, wenn er nicht wusste was er sagen sollte. Werigand hatte ihm befohlen niemanden etwas über den Jungen zu sagen. Nicht das Werigand seinen Leuten nicht traute, aber bei so einem heiklen Thema konnte ein unbedachtes Wort eine Menge Ärger einbringen. Es wurden schon Kriege geführt nur, weil ein König einen anderen König missverstanden hatte. „Das ist kein Hundewelpe, sondern ein Wolfsjunge.“ Severin schaute unter dem Hals von Cäsar hervor. „Ein was?“ fragte er überrascht. „Ein Wolf, der war bei dem Jungen. Es hatte Ihn beschützt, keine Ahnung.“ „Und der Junge?“ fragte Severin weiter. „Weiß nicht…,“ stotterte Iwo. „Wie du weißt es nicht. Ihr habt in doch hergebracht?“ fragte Severin etwas ratlos. „Der Herr hat mir gesagt ich soll den Mund halten, ... er wird es uns bestimmt beim Abendessen in der Halle sagen.“ Auf der Plainburg war es Brauch das alle Burgbewohner das Abendessen gemeinsam in der großen Halle einnahmen, ob Grafen, Mägde, Knechte oder Küchenjunge jeder hatte seinen Platz. Seinem Rang entsprechend. Werigand ging mit dem Jungen zum oberen Burghof und legte seine Hand auf die Schulter des Jungen „Lass uns nach unserem gemeinsamen Freund schauen.“

Im oberen Burghof begegnete Ihnen Justine die Tochter des Waffenmeisters beim Wasser holen am Brunnen. „Justine, wo ist der verletzte Mann der heute Morgen vorm Tor lag?“ fragte Werigand die elfjährige. Das Mädchen deutete einen Knicks an. „Vater und Bruder Kajetan haben Ihn in das Gästegemach gebracht, Herr Graf.“ Werigand bedankte sich im Vorbeigehen bei dem Mädchen und schob den Jungen vor sich Richtung Wohnturm. Albert schaute dem Mädchen hinterher das im Badehaus verschwand „Sie ist wunderschön,“ sagte er mit brennenden Wangen und roten Ohren. Mit Ihren strohblonden Haaren und den grünen Augen wird sie bestimmt so manchen Ritter den Kopf verdrehen, wenn sie älter ist, dachte Werigand und hob die Augen zum Himmel.

 

Werigand öffnete die Tür zum Gästegemach schob den Jungen in den Raum und blickte zu Agnes die bei dem Verletzten saß und versuchte Ihm einen Löffel mit Suppe einzuflößen. Agnes nickte zur Begrüßung „Herr, ... Ich hoffe es war euch recht das wir Ihn hierhergebracht hatten?“ „Bruder Kajetan sagte, er sei euer Freund und da dachten wir…“ „Ist schon Recht, Agnes, für Graf Ulrich von Auerbach, der Retter von Askalon, ist selbst diese Burg nicht standesgemäß.“ Ulrich schaute seinen Freund aus Kriegstagen an und schüttelte mit dem Kopf. „Sie sind zuverlässig, ich würde jedem von Ihnen mein Leben anvertrauen genauso wie wir es taten,“ sagte Werigand und schaute Ulrich an. Agnes starrte Werigand verblüfft an, Thomas und Kajetan, die gerade durch die Tür kamen, schauten sich überrascht an. „Und du wolltest ihn schon im Stall betten, so abgerissen wie er hier erschien,“ flüsterte Kajetan zu Thomas. Albert schaute zu Werigand hoch und fragte „Ist das war, Herr Graf?“ Ulrich räusperte sich, er trug seinen linken Arm in einer Schlinge und seine Schulter war verbunden. „Albert, setz dich zu mir aufs Bett wir müssen reden.“ Ulrich schaute sich um und fragte Werigand „Können wir über den Jungen reden?“ Werigand gab ein Zeichen mit seiner Hand „Lasst uns bitte alleine.“ Die Anwesenden verließen das Gemach. „Der Junge ist in großer Gefahr,“ begann Ulrich zu erzählen, „Werigand du musst ihn beschützen!“ „Auf meiner Burg ist er sicher,“ versuchte Werigand ihn zu beruhigen. „Willst du ihn hier sein Leben lang verstecken? Ich denke nicht,“ warf Ulrich ein. Albert hörte dem Gespräch nur beiläufig zu, er war erschöpft von der Flucht, der Nacht im Wald, gegessen hatte er auch noch nicht und so übermannte ihn die Müdigkeit. Albert machte es sich auf einer Holzbank unter dem Fenster, von wo man das ganze Tal überblicken konnte, bequem und schlief kurz darauf ein. Der kleine Wolf legte sich zu ihm und kuschelte sich vor Alberts Bauch. Auch er war erschöpft, musste er doch seinen neuen Freund vor zwei gewaltigen Pferden beschützen. Ulrich schaute zu den beiden schlafenden wärend Werigand weiter sprach….

 

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Impressum

Texte: Erik Sturm
Bildmaterialien: Erik Sturm
Cover: Erik Sturm
Lektorat: Andrea Winter/Andreas Eisenberg
Satz: Erik Sturm
Tag der Veröffentlichung: 11.11.2020

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