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1.

Ich ging wie jeden Tag mit meiner besten Freundin Jamie nach Hause.
Wir stiegen aus dem überfüllten Bus und Jamie harkte sich bei mir unter. Sie redete vor sich hin, aber mein Kopf war bei dem wunderschönen Nachmittagshimmel. Zwischen den großen Bäumen, die ein Dach über uns bildeten, leuchteten helle orange-rote Strahlen durch die Lücken, die sich durch die grün-glitzernden Blätter schlängelten. Es roch nach Natur und Gras. Der Wind raschelte durch die Bäume und genau dieses leise, freundliche Rascheln schien alles perfekt wirken zu lassen.
"Hörst du mir überhaupt zu!?", riss mich Jamie aus meinen Gedanken.
"Ähm ja... irgendetwas von wegen... ach ähm... keine Ahnung! Tut mir Leid... Nochmal bitte!", stammelte ich. Sie grinste mich mit ihren grün-blauen großen Augen an und verzog das Gesicht, sichtlich nicht ernst gemeint, beleidigt.
"Nur ob du noch Lust hast, in die Stadt zu gehen?", fragte sie und zeigte nach rechts in Richtung Stadt. Geradeaus würde es weiter nach Hause gehen.
"Ja klar, können wir machen!" sagte ich und zog sie zur rechten Abzweigung der großen Straße.
Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht einmal bemerkt, dass wir uns schon so weit von dem Dach aus Bäumen entfernt hatten. Schade eigentlich. Aber auf dem Heimweg waren ja wieder so viele Bäume.
Die Stadt war von der Bushaltestelle nur eine viertel Stunde entfernt. Und mein Zuhause etwa eine halbe Stunde. Jamie und ich gingen oft nach der Schule noch ein bisschen Shoppen. In der Woche sollte ich meiner Mum vorher eine SMS schreiben, aber es war Freitag, also was das nicht nötig.
In der Stadt angekommen, gingen Jamie und ich von Laden zu Laden und plapperten laut über alles mögliche - Schule, Eltern, Freunde, Jungs. Ganz normal.

2.

Es war schon 19 Uhr. Wir waren eben "in ein paar mehr Läden" - wie Jamie zu sagen pflegte - während wir den Heimweg entlang hetzten.
Der Himmel war schon stockdunkel und das rascheln der Bäume, das vorher so beruhigend und perfekt gewirkt hatte, wirkte plötzlich einfach nur noch bedrohlich und angsteinflößend.
An der Straße in der Jamie wohnte, blieben wir kurz stehen, verabschiedeten uns und ich eilte weiter.
Ich wohnte gerademal fünf Minuten weit weg.
Alles um mich herum war dunkel. Nicht einmal in den dämlichen Straßenlaternen brannte Licht.
Das einzige, was Licht spendete, war der Mond, dessen Licht durch die Lücken der bedrohlich raschelnden Bäume huschte, und das langsam fahrende Auto auf der Straße neben mir.
Sekunde mal..! - langsam fahrendes Auto , neben mir?! Was sollte das?!
Ich schaute zu dem Auto, das in Schritttempo neben mir fuhr.
Man konnte nicht einmal erkennen wer oder was am Steuer saß.
Ich fühlte mich wie in einem verdammten Horrorfilm! Ich atmete tief durch, versuchte mir einzureden, dass es vielleicht nur die nette Mrs.Miller aus der Nachbarschaft war, die verzweifelt versuchte das Fenster herunterzukurbeln. "Scheiße Kira...! Was redest du dir da ein!?", dachte ich und rannte los.
Ich hörte wie der Wagen hinter mir Gas gab, aber nicht genug um mich zu überholen. Nur um weiter neben mir zu fahren. Ich begann am ganzen Körper zu zittern, lief aber immer weiter, kam irgendwann, nach Luft schnappend, vor meinem Haus an.
Zitternd und ziemlich hysterisch schloss ich, so schnell ich konnte, die Tür auf und stolperte hinein.
Erst atmete ich ganz tief durch und versuchte wieder zu Atem zu kommen, dann ging ich vorsichtig zum Fenster. Mein Herz schlug in meiner Brust als würde es versuchen herauszufinden, wie schnell es schlagen müsse, um entweder zu explodieren oder zu implodieren.
Ich schob die Gardiene auf Seite um einen Blick auf den kleinen Hof vor unserem Haus erhaschen zu können. Und - nichts! Das Auto war weg. Erleichtert und nachdenklich ließ ich mich aufs Sofa fallen und schob die Gardiene wieder zurück. Wer oder was auch immer das gewesen war...es war weg. Apropos weg, wo zum Teufel war meine Familie?
Ich ging zurück in den Flur und im Eingang lag ein kleiner, weißer, gefalteter Zettel mit meinem Namen drauf. Ich hob ihn auf.
-Hey Maus! Dein Vater, Ich und Naomie sind heute Abend beim Chinesen. Sorry, dass wir nicht auf dich gewartet haben, aber wie ich dich kenne, warst du sowieso noch in der Stadt! Für dich ist Ramen in der Mikrowelle! Sind gegen halb 9 da! Kuss. Mum <3
Einerseits musste ich lachen, andererseits wäre ich am liebsten kreischend im Kreis gesprungen, weil meine Familie sich ausgerechnet den Tag, an dem ich anscheinend die Hauptperson in einem schlecht gedrehten Horrorfilm seien sollte, aussuchte, um einen netten Familientrip in die Stadt zu machen.
In der Küche roch es nach meiner Ramen-Suppe. Ich machte die Mikrowelle auf und schnappte mir die Schüssel. Eigentlich war mir egal, dass sie nur lauwarm war, also kuschelte ich mich mit der Suppe aufs Sofa, und schob meinen Lieblingsfilm in den DVD-Player - 'The invisible'.
Ich hatte ihn schon so oft gesehen,dass es fast schon lächerlich war. Es gab aber immernoch diese Stellen an denen mir schlecht wurde , oder ich weinen könnte. Genau deshalb mochte ich den Film so. Ich saß eine ganze Weile superglücklich herum und schaute den Film , bis ich etwas hörte was meinen ganzen Körper zusammenzucken ließ. Mein Herz schlug fast aus meiner Brust und mir wurde unheimlich schlecht. - Das Hupen eines Autos!

Mein Körper war wie versteinert. Ich fühlte mich als schnürte mir jemand die Luft ab.
Was sollte ich machen? Es war viertel vor acht. Meine Eltern und Naomie würden niemals pünktlich ankommen. Ich versuchte, mehr oder weniger erfolgreich, ein paar mal ruhig durch zu atmen.
Ganz langsam stand ich auf. Zitternd ging ich zum Fenster. Meine Beine fühlten sich an als wären sie aus Brei. Ich zog vorsichtig an der Gardiene, hatte mich aber vorher gebückte, damit ich nicht unbedingt zu sehen war. Ich spickte aus dem Fenster und plötzlich ging alles ganz schnell. Das einzige, was ich sah war das grinsende, blutverschmierte Gesicht eines Mannes. Mit großen grünen Augen starrte er mich, aus dem in schwarz maskierten Gesicht an, und presste eine klebrige, rote Hand gegen das Fenster.
Ich erschrak schreiend, ließ die Gardiene los und fiel nach hinten, mit dem Kopf gegen die Tischkante.
Dann war alles schwarz.

Ich wachte auf. Keine Ahnung wie lange ich am Boden gelegen hatte , aber es schien nicht all zu lange gewesen zu sein, weil der Film den ich angemacht hatte, noch lange nicht zu Ende war. Nachdenklich schaute ich zum Bildschirm und genoss einerseits den Anblick der Hauptperson - Nick, der wirklich ziemlich süß war, und dachte darüber nach, wieso ich überhaupt am Boden lag. Mit dem Schmerz an meinem Kopf und dem Blut an meiner Hand, traf mich die Erinnerung wie ein Blitzschlag. Rasch sprang ich auf, ignorierte den Schwindel und stolperte zum Fenster. Ich riss die Gardiene bei Seite und - Nichts!
Ich hätte ausrasten können! Entweder ich hatte Hirngespinste oder der Kerl war super im Spuren verwischen. Ruhig ging ich mit meiner halbvollen Suppe in die Küche und stellte sie zurück in die Mikrowelle. Ging zurück, schaltete den Film aus und entschied mich, einfach schlafen zu gehen.
Oben in meinem Zimmer angekommen, ließ ich mich immernoch zitternd in mein Bett fallen, und schlief innerhalb von zwanzig Sekunden ein.
Das letzte was ich spürte waren warme Tränen die meine Wangen herunter, in mein Kopfkissen kullerten.

3.

Ein klopfen an meiner Tür weckte mich.
Meine große Schwester Naomie stand in der Tür bevor ich irgendwas sagen konnte , stämmte die Hände in die hüften und grinste mich an.
"Aufgestanden du Schlafmütze!" lachte sie , setzte sich auf mein bett und zupfte an meiner Decke.
Ich setzte mich auf und strich mir das dunkelbraune Haar aus dem Gesicht.
"Du siehst blass aus Kira.." sie schaute mich besorgt an.
"Echt?" fragte ich und zwang Mir ein lächeln auf. "Mir gehts aber gut! Ich komme jetzt runter geh schonmal vor." sagte ich und wir standen beide auf.
Sie nickte lachend und ging nach unten.
Ich fühlte mich schrecklich. Mein kopf platzte fast, an meinem Hinterkopf war eine kleine Wunde. Um ehrlich zu sein hatte ich keine Ahnung ob diese komische Geschichte gestern Abend wirklich passiert war..wahrscheinlich war es nur ein krasser Traum. Natürlich! - Sehr witzig Kira! Ein Kerl mit blutigen Händen der dich verfolgt!?
Wie realistisch.
Ich musste schmunzeln. Wusste nicht genau ob ich Mir glauben sollte.
Verwirrt schlüpfte ich aus meinem Top und meiner Boxershorts und zog meine geliebte grüne jeans und ein schwarzes T-shirt an. Bürstete so vorsichtig ich konnte durch meine Haare (wegen der Wunde war das nicht so einfach) und verschwand kurz im Bad um mich zu waschen.

Am Frühstückstisch schien alles genauso zu sein wie jeden Tag. Meine Familie hatte gestern wohl Auch nichts gemerkt. Aus der großen Schüssel vor meiner Nase grinste mich ein ganzer Haufen , in Milch schwimmender Cornflakes an. Mir war total schlecht also stocherte ich ein wenig darin rum und ignorierte die verwirrten Blicke meiner mum , die aber mehr damit beschäftigt war die Küche ordentlich zu bekommen.
Mit einem Blick auf die Uhr , ging ich in den Flur um Mir meine Schultasche zu schnappen , in meine Vans zu schlüpfen und mich auf den Weg zur Schule zu machen.
Jamie stand schon an der Laterne rum an der wir uns immer trafen um zusammen zur Schule zu gehen.
Ihre stand genau neben meiner , was wirklich praktisch war.
Im Bus saßen wir nur still nebeneinander weil sie bemerkt hatte dass ich nicht wirklich viel Interesse an einem Gespräch hatte. Ich schaute der Straße zu wie sie sich am Fenster vorbeihetzte und hörte mit meinem ipod Kellin quinn beim singen zu bis mein Handy vibrierte.
Eine sms.
- Das ist nur die Ruhe , vor dem blutroten Sturm ;) -
Am liebsten wäre ich aufgesprungen , hätte das Handy gegen irgendeine Wand gedonnert und wäre so schnell ich konnte wieder zurück in mein Bett.
Tränen schossen mir in die Augen und ich versuchte krampfhaft nicht zu Jamie rüber zu gucken die mir um mich ein bisschen aufzumuntern immer wieder in den Oberschenkel piekte.
Das musste blöd rüberkommen wenn ich sogar das ignorierte also wischte ich mir mit dem Ärmel meiner Strickjacke im Gesicht rum , schaute zu meiner besten Freundin rüber und piekte zurück.
Sie grinste mich an.
Den Rest der Fahrt quasselte sie mich mit Chuck voll , dem Jungen aus ihrer Klasse in den sie so unglaublich verliebt war.


Es vergingen die langweiligsten und längsten sechs Stunden Unterricht meines Lebens.
Die Pausen hatte ich damit verbracht Jamie und Chuck bei flirten zuzugucken und mein Sandwich runterzubekommen. Der Rest des Unterrichtes war genauso zäh und trocken.
Hätte ich noch eine Stunde mehr gehabt wäre ich wohl auf meinem Platz eingeschlafen und hätte aus Protest den Boden vollgesabbert , oder die Schuhe meiner rosa-roten Sitznachbarin, Bianca die den Unterricht damit verbracht hatte ihre Nägel zu pfeilen ,SMS zu schreiben und Kaugummi zu kauen.
Ich war in der ersten Sekunde genervt von ihr gewesen aber mein Klassenlehrer war der Meinung wir würden einander gut tuen.
Wahrscheinlich hatte er das nur gemacht weil er ihren Hintern nett fand , und nicht wollte das sie durchfällt , denn ,dass sie bei jeder Art von Prüfung bei mir abguckte war nichts neues.

Nach dem Unterricht stand ich noch am Eingang meiner Schule rum und wartete auf Jamie , damit wir zusammen nach Hause fahren könnten - Sie kam nicht.
Nach gefühlten 3 Stunden nahm ich endlich den Bus nachhause und wanderte stumm den Weg von der Bushaltestelle bis Nachhause entlang. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und wäre ganz schnell irgendwo anders hin gelaufen nur ging das nicht.
Wo sollte ich auch groß hin? ich könnte zu Jamie gehen aber irgendwann müsste ich wieder nachhause , wieder diese doofe Straße entlang gehen.
Mein Herz schlug heftig und meine Waden begannen zu brennen weil ich so schnell ging.
Rennen wäre mir zu peinlich gewesen, die Leute würden sich fragen ob ich inzwischen vollkommen gestört war.
Auch wenn eigendlich niemand da war , was das Problem irgendwie noch größer machte. Ich wollte anfangen zu heuelen oder loszuschreien , irgendwas!
Schließlich rannte ich doch und komplett außer Atem stampfte ich den kleinen Vorsprung hoch , und verschwand durch die Eingangstür unseres Hauses die ich hastig hinter mir zuknallte.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 20.03.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für dich.

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