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Ein Klassenausflug zum Mars

 

 

Gestatten, mein Name ist Dené. Ich bin Schüler einer 8. Klasse aus dem Jahr 2089 und wohne im Berliner Stadtteil Strausberg im Weg der Astronauten 116. Doch das tut eigentlich nichts zur Sache.

Es war acht Uhr in der Frühe und höchste Zeit zum Aufstehen. Mich erwartete ein besonderer Tag, denn ich würde heute zusammen mit meinen Mitschülern und unserer Klassenlehrerin zum ersten Mal als Passagier eines Raumschiffs zum mittlerweile besiedelten Mars fliegen.

Wir hatten uns seit einigen Wochen akribisch auf diesen Flug vorbereitet, denn er soll uns das vor Augen führen, was wir gerade in der Schule über Raumflüge und die Dinge, die damit zusammenhingen, lernten. Letztendlich sollte diese Abenteuer der krönende Abschluss sein.

So stieg ich nach einem kurzen Frühstück in die Magnetschwebebahn ein und fuhr mit der Bahn bis zur Schulstation. Es war immer wieder ein tolles Gefühl, nahezu geräuschlos über die Landschaft zu schweben.

An der Schulstation stieg ich wieder aus der Bahn und begab mich anschließend auf den geräumigen Pausenhof, wo sich die Klasse treffen sollte.

Wie ich feststellte, war ich als letzter Eintreffender gerade noch pünktlich. Ich begrüßte unsere Klassenlehrerin und natürlich auch meine Kumpel. Die Pädagogin warf mir dabei einen kleinen schiefen Blick zu. In ihren Augen hätte ich ruhig früher da sein können. Schließlich begann auch der Präsenzunterricht schon etwas früher, zu dem ich auf jeden Fall zu spät gekommen wäre.

Aber ihr Blick wandelte sich schnell wieder.

Sie belehrte uns noch einmal kurz, sammelte die erneuten Flugtauglichkeitsbestätigungen ein, die unabdingbar für den Weltraumflug waren.

Ich hatte meine gerade einen Tag früher beim Raumarzt gemacht, der dafür in das große Labor der Schule gekommen war, in der man manche speziellen Experimente ausführen konnte. Dieses Labor bot alle Möglichkeiten für eine entsprechende Untersuchung. Und wir waren nicht die erste 8. Klasse, die dort eine Tauglichkeitsprüfung absolvieren durfte.

Die Ansprache unserer Klassenlehrerin nahm nicht viel Zeit in Anspruch. Die meisten Dinge hatten wir schon hundertmal gehört. Trotzdem zog sie die Belehrung durch.

Schließlich begaben wir uns wieder zur Schulstation und nahmen die Bahn Richtung Raumhafen, der etwas außerhalb der Stadt lag. Dieser Raumhafen war in vergangener Zeit mal ein Flughafen für klassische Flugzeuge gewesen und urbanen Legenden nach hatte man eine Ewigkeit an ihm gebaut. Doch zuweilen wurden gerne alte Geschichten ausgeschmückt. Das war zu früherer Zeit so und schien auch in meiner modernen Welt immer noch sehr beliebt zu sein.

Es dauerte einige Zeit, bis wir die Station des Flughafens erreichten. Auch wenn die Magnetschwebebahn zügig fuhr, brauchte es seine Zeit. Wir vertrieben uns dabei die Zeit, indem wir hinaus schauten oder auch kleine Spiele mit den 3D- Holo-Uhren spielten, dem neuesten Schrei der Unterhaltungsbranche und genau für solche Unternehmungen gemacht. Die Lehrerin ließ uns gewähren.

Als wir schließlich an der Station Raumhafen die Bahn verließen, wurden wir von einem adrett in Uniform gekleideten Herrn erwartet.

„Guten Morgen“, begrüßte er uns höflich und wir erwiderten den Gruß. Zwar durcheinander aber genauso höflich. „Ich werde der Flugkapitän eures Fluges sein“, erklärte der Mann und stellte sich anschließend genauer vor.

„Habt ihr denn schon einmal die vielen verschiedenen Raumschiffe auf der Wartebahn unseres Raumhafens gesehen?“, fragte er nach, nachdem er seine Vorstellung beendet hatte.

Natürlich hatten wir dies überwiegend noch nicht. Zwar sah man immer mal wieder im I-Vision einige Dinge in Dokutainment, aber natürlich war es etwas anderes, die Dinge aus der Nähe betrachten zu dürfen. Das kam eher selten vor.

„Also gut“, meinte der Flugkapitän. „Bis unser Flug startet, haben wir noch ein wenig Zeit und ich kann euch von der Aussichtsplattform, die eigentlich nur in Ausnahmefällen für das Publikum freigegeben ist, einige der riesigen Raumschiffe genauer zeigen. Wir dürfen uns heute da mal aufhalten. Es ist also etwas ganz Besonderes.“

Das machte uns stolz, da wir uns auf diese Weise geehrt fühlen durften. Ein ganz besonderer Teil des Abschlusses unseres aktuellen Unterrichtsthema, welches sich mit Raumfahrt und ihre Auswirkungen beschäftigte.

So begaben wir uns zusammen mit dem Flugkapitän zur Aussichtsplattform, wobei ein jeder von uns ein kleines Schildchen erhielt, welches uns den Besuch der Plattform legitimierte. Die Schildchen wirkten wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit und doch zeigten sie sich als ein einfaches und probates Mittel, etwas zu klären.

Die meisten Schiffe sahen ganz normal aus, wie man sich halt ein Weltraumschiff vorstellte und wie es immer wieder im I-Vision gezeigt wurde.

Doch eines der Schiffe schlug da völlig aus den Rahmen. Es sah komplett anders aus und erinnerte mich zumindest in Teilen an eine uralte Kurzgeschichte aus einem Geschichtenarchiv, die ich im Rahmen eines Historical-Reading gelesen hatte. Für mich wirkte es wie ein riesiges gläsernes Haus in Gestalt eines Raumschiffs.

Alle Außenbordwände schienen aus dem gleichen seltsamen glasähnlichen Material zu bestehen. Doch in das Innere konnten wir nicht schauen. Es verwirrte mich. Und ein schneller Blick zu meinen Klassenkameradinnen und Klassenkameraden zeigte mir, dass es ihnen ähnlich erging.

Der Kapitän bemerkte unser Interesse. „Ihr habt also unser Schiff entdeckt.“

„Unser Schiff!“, rief ich etwas vorlaut aus. „Es kommt mir sehr merkwürdig vor. Die ganze Außenhaut scheint aus Glas zu bestehen. Damit kann man doch unmöglich in das All fliegen.“ Es brachte mir ein zustimmendes Nicken ein. Nur der Blick meiner Lehrerin fiel tadelnd aus.

Doch bevor sie etwas sagen konnte, sprach der Kapitän weiter.

„Gut beobachtet“, meinte er. „Auch wenn es den Anschein von Glas hat, so ist natürlich kein Glas, sondern nur ein recht neuer Werkstoff, der glasähnliche Züge aufweist. Im Prinzip ist es ein umgekehrter Spiegel, der Schutz vor etlichen Gefahren bietet, die im Weltraum auftreten können. Zudem ist es eine Art Energiespeicher. Aber das genauer zu erklären, ist doch ein wenig komplizierter. Das lassen wir lieber sein.“ Ein dankender Blick unserer Lehrerin verriet ihm, dass er die richtigen Worte gefunden hatte. „Nun wird es aber Zeit. Auf zum Mars. Seid ihr alle bereit?“

„Na klar!“, antwortete einer meiner Mitschüler. Dieses Mal gab es keinen bösen Blick der Lehrerin. Sie war froh, dass es endlich losging und ihr fragender und vorlauter Haufen Schüler in geregelte Bahnen gelenkt wurde.

„Dann werden wir uns mal zum Schiff begeben. Die Mannschaft wartet sicher schon.“

 

Er ging erneut voraus. Wir folgten ihm und am Ende unserer Gruppe sorgte unsere Lehrerin dafür, dass niemand zurück blieb.

Zunächst verließen wir die Plattform und begaben uns in ein Terminal, wo sozusagen ein letzter Check vor dem Flug erfolgte und auch unsere Gesundheitszeugnisse in Verwahrung genommen wurden. Schließlich musste alles seine Richtigkeit haben.

Nach dem formellen Akt ging es schließlich per einem Shuttle zum Schiff mit der seltsamen gläsernen Haut, das wir eben noch von der Aussichtsplattform bewundern durften.

Per Gangway ging es schließlich ins Innere des Schiffes, wo die Mannschaft bereit stand, um uns zu begrüßen. Es fühlte sich ein wenig an, als ob wir VIP-Gäste seien.

Eine Stewardess brachte uns in einen besonderen Raum, der als Passagierkabine diente und stärker gegen die Einflüsse des Raumes abgeschirmt war als andere Teile des Schiffes. Zudem gab es hier Annehmlichkeiten, die es sonst nicht gab.

In dem Raum befanden sich bequeme Liegesessel, auf denen wir uns breitmachen und anschnallen sollten, damit wir vor allem die Start- und Landephase gut überstanden. Zudem erhielten wir Tabletten gereicht, die die Unannehmlichkeiten des Startes lindern sollten, denn Übelkeit und starker Druck auf den Körper waren nach wie vor Probleme in der modernen Raumfahrt, wie wir in unseren Unterrichtsrecherchen herausgefunden hatten. Und besonders Raumunerfahrene, wie wir es waren, halfen die Tabletten gegen Übelkeit, Schwindelgefühl und einige weitere Unpässlichkeiten.

Dann wurden wir allein gelassen und die Stimme des Kapitäns erklärte uns über bordinternen Funk, was weiter geschehen würde. Bis ein Countdown begann und das Schiff zusammen mit uns in Richtung Mars abhob. Und mir wurde sofort bewusst,warum man uns die Tabletten gereicht hatte.

Nach einigen Augenblicken ebbten Übelkeit und Schwindelgefühle wieder ab und nach einem kurzen Moment der Schwerelosigkeit schaltete man das künstliche Schwerkraftfeld des Schiffes ein, wie der Kapitän uns über den Funk mitteilte.

Die Stewardess kehrte zurück und wir durften die Liegen verlassen und uns im Schiff umsehen. Das war normalerweise auch nicht gestattet, aber man machte halt die berühmte Ausnahme von der Regel. Vielleicht hoffte man aber auch, das es unter uns potentiellen Nachwuchs für die Arbeit als Raumfahrer gab. In alter Zeit, so hatte es unser Geschichtslehrer verraten, hieß es wohl Klappern gehört zum Handwerk. Zudem stellte sich unser Flug zum Mars als kein gewöhnlicher Linienverkehr, sondern als ein Sonderflug dar. Wir waren die einzigen Passagiere.

So konnten wir je nach Interesse dem Flugteam über die Schulter schauen, auch wenn wir nur einen kleinen Teil von dem verstanden, was die einzelnen Personen taten. Und die ganzen Bildschirme mit ihren Anzeigen und teilweise holographischen Projektionen überforderten uns schließlich vollends. Die Ausbildung, um dies alles zu verstehen, war sicher alles andere als einfach.

Zwar mühte sich unser Flugkapitän, es schülergerecht zu erklären. Doch manche Dinge zeigten sich als sehr kompliziert und komplex. Trotzdem lernten wir eine Menge darüber, wie die Praxis eines Raumfluges funktionierte.

„Und, könntet ihr euch vorstellen, auch durch den Weltraum zu als Mitglied eines Flugteams zu fliegen“, war schließlich die Frage, die alle erwartet hatten. Na ja, zumindest ich!

Es traute sich niemand, darauf zu antworten. So nahm ich schließlich meinen Mut zusammen.

„Ich denke, dass es sicher interessante ist. Aber im Moment bin ich von den ganzen Anzeigen erschlagen.“

Meine Lehrerin hatte diese Antwort sicher nicht erwartet und warf mir erneut missbilligende Blicke zu.

„Ach, weißt du“, antwortete mir dagegen unser Flugkapitän, „wir bemühen uns zwar, alles zu verstehen, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass nicht jeder mit allen Dingen etwas anfangen kann. Dazu ist eine spezielle Ausbildung notwendig. Wir sind letztendlich alle Spezialisten. Also, nicht den Kopf hängen lassen, das wird schon.“

Ob es beruhigende Worte sein sollten, verstand ich nicht. Aber diese Spezialisierung war sicher ein hartes Brot. Auch jeder Teilbereich musste verstanden sein. Und ein wenig Kenntnis über die Aufgaben außerhalb des eigenen Gebietes sollte man wohl trotzdem wissen. Schließlich gab es in der Räumfahrt auch unvorhergesehene Ereignisse, wo dies erforderlich sein konnte.

Ich fragte nicht weiter nach, meine Lehrerin schien schon bezüglich meiner Antworten gereizt genug.

Doch da wurde ich erlöst.

„Es ist Zeit, euch wieder in die Kabine zu begeben“, meinte schließlich der Kapitän. „Wir befinden uns kurz vor dem Landeanflug zum Mars.“

Er verabschiedete sich von uns und begab sich zur Flugkontrolle, während die Stewardess uns wieder zu der Passagierkabine mit den Liegesitzen brachte. Danach gab es die gleiche Prozedur wie beim Start.

Wie schnell ein Flug mit einem modernen Raumschiff sein konnte, fühlte sich unglaublich an. Noch zum Anfang dieses Jahrhunderts war ein solcher Flug undenkbar. Da überlegte man gerade, ob es überhaupt auf absehbare Zeit möglich war, Menschen auf eine Reise zum Mars zu schicken.

Mitten in meine Überlegungen platzte das Landemanöver hinein.

 

Der Schiff landete etwas außerhalb der Station und wurde mit ihr per stabilen Schlauch verbunden, sodass man ohne Raumanzug vom Schiff auf die Station wechseln konnte. Dadurch wurde es ermöglicht, dass auch wir die Station auf dem Mars, die seit der Besiedlung des roten Planeten zu einer großen Stadt herangewachsen war, mühelos betreten konnten.

Wie schon auf dem Raumflughafen und im Schiff begleitete uns der Flugkapitän. Er geleitete uns durch den ungewöhnlichen Schlauch und am anderen Ende wurde wir höflich von einer netten Frau begrüßt.

„Ich bin Stadtguide für die Marsstadt und werde euch heute durch unsere Siedlung auf dem roten Planeten führen“, begrüßte sie uns.

„Da seid ihr doch sicher alle gespannt!?“, fragte unsere Lehrerin uns eher rhetorisch, denn natürlich freuten wir uns auf den Besuch der Stadt.

„Für euren Besuch müsst ihr euch noch kleine Kärtchen anstecken, damit ihr als Besucher der Stadt ausgewiesen seid.“

Sie holte aus einer kleinen Tasche die kleine Ansteckkärtchen heraus, die wir natürlich sofort stolz befestigten. Und zum zweiten Mal schien eine eher altmodische Variante des Ausweisens doch noch ganz modern zu sein.

„Ihr dürft sie sogar als kleines Andenken an euren Marsausflug behalten“, setzte die Dame hinzu, nachdem wir alle mit dem schicken Kärtchen gekleidet waren.

Mich freute es und ich würde es sicher in stolzem Andenken aufbewahren.

Wir brachen auf und die Frau geleitete uns durch die mittlerweile große Stadt, erklärte uns die Aufgabenbereiche der einzelnen Gebäude. Dabei wurde an fast alles gedacht. Neben wissenschaftlichen Gebäuden, die unterschiedlichen Bereichen dienten, gab es großzügige Wohnbereiche, Sport- und Freizeitanlagen. An alles hatte man gedacht.

Was mich verwunderte, war zudem eine milchige Kuppel, die zusätzlich über der gesamten Stadt lag, obwohl alle Gebäude mit abgeschlossenen Gängen verbunden waren, also nirgendwo die nicht atembare Marsluft in die Stadt eintreten konnte.

Ich fragte nach. Und dieses Mal schien unsere Lehrerin das auch zu bewegen. Denn von ihr kam kein strafender Blick in meine Richtung. Vielleicht hatte sie aber auch Sorge um unser Wohlergehen.

Die Guidefrau beantwortete die Frage sogleich.

„Das ist eine zusätzliche Schutzhülle für die Stadt, denn im Gegensatz zur Erde ist die Lufthülle des Mars viel dünner als die der Erde und lässt so manchen ungewollten kosmischen Gast durch. Während auf der Erde die meisten kleinen Gesteins-Splitter verglühen, passiert das auf dem Mars seltener. Um die Gefahr eines Einschlages zu minimieren, wurde diese besonders stabile Schutzhülle errichtet. Und tatsächlich hat sie schon einige Brocken abgehalten.“

Für mich war die Frage damit beantwortet und wir gingen weiter.

„Natürlich kann ich euch nicht alles zeigen“, erklärte sie uns schließlich. „Aber es gibt ein Visiobook über die Marsstadt, das ich an euch kostenlos verteilen kann. Da findet ihr weitere Informationen zur Marsstadt und auch ihrer Geschichte. Habt ihr Interesse daran. Wer ein Buch haben möchte, der hebe doch einfach den Finger.“

Alle Finger gingen nach oben, selbst unsere Lehrerin machte da keine Ausnahme. Für sie war es ebenso etwas Besonderes, den Mars zu besuchen, wie für uns.

„Toll! Es freut mich sehr, dass euch unsere Stadt so interessiert. Und vielleicht wird später ja mal hier arbeiten und leben. Die Stadt wird weiter ausgebaut und einer der nächsten Schritte wird sein, sie auch Familien als Lebens- und Arbeitsstätte zugänglich zu machen.“ Dabei lächelte die Frau über ihr gesamtes Gesicht. Und auch wir waren glücklich.

„Das Paket mit dem Büchern wird gleich in das Schiff geladen, mit dem ihr zu Besuch gekommen seid. Der Flugkapitän wird euch die Bücher eigenhändig ausgeben; wenn ihr wieder auf der Erde seid. Zusätzlich wird es auch noch ein interaktives Programm an eure Schule geliefert werden. So könnten auch auf virtueller Art und Weise innerhalb von holographischen Projektionen noch einmal die Marsstadt von euch besucht werden. Natürlich mit regelmäßigen Updates.“ Die Frau schaute unsere Lehrerin an. „Das ist sicher auch in Ihrem Interesse.“

„Natürlich ist es das. Ich freue mich auf das Programm und meine Kollegen sicher auch. Vielen Dank“, entgegnete unsere Lehrerin. Dann schaute sie zu Uhr. „Ich glaube, so langsam ist unsere Zeit hier auf dem Mars abgelaufen. Leider!

Unsere Stadtguide schaute ebenfalls auf ihre Holo-Smartwatch. „Sie haben recht. Der Rückflug ist ja schon für bald angesetzt. Sehr schade!“ Sie schaute in die Runde. „Aber ich hoffe, euch hat es trotzdem auf dem Mars gefallen!“

Ihr begegneten unsere zufriedenen Gesichter und schließlich klatschten wir Beifall.

IN diesem Moment kam der Flugkapitän.

„Na, an euren Gesichtern sehe ich, dass euch euer Ausflug auf den Mars gefallen hat. Nun aber geht es wieder zurück zur Erde. Wenn ich euch bitten darf, mir zu folgen.“

Wir verabschiedeten uns von unserer Stadtguide, dann folgten wir dem Kapitän und unsere Lehrerin bildete erneut die Nachhut, damit niemand zurück blieb.

Wir begaben uns zurück zum Schiff und mussten für den Rückflug die gleiche Prozedur wie beim Hinflug durchmachen. Doch dieses Mal war uns bereits weitaus weniger übel. Man schien sich tatsächlich daran gewöhnen zu können.

 

Auf dem Rückflug konnten wir dann noch einige Fragen stellen und auf der Erde händigte uns tatsächlich der Flugkapitän die Visiobooks über die Marsstadt aus.

Ich werde diesen besonderen Ausflug nicht vergessen, den er hat mich in meiner möglichen späteren Berufswahl verändert. Sowohl der Flug mit dem Raumschiff als auch die Marsstadt hatten mich begeistert. Eine Arbeit in diesem Bereich konnte ich mir gut vorstellen. Aber bis dahin war noch ein wenig Zeit, schließlich bin ich immer noch erst Schüler einer 8. Klasse.

Was aber nicht warten konnte, war der tägliche Besuch des holographischen Programms, dass unsere Schule von der Marsstadt erhalten hatte. Denn es wurde zu einem echten Renner, nicht nur bei uns, die auf dem Mars gewesen waren.

Und auch das Visiobook nach ich immer mal zu Hand. Denn auch das wurde regelmäßig mit Updates versehen. Mich hatte die Neugier fest gepackt und ließ mich nicht mehr los.

Der Sternenstein

 

Es ist schon lange her, ich war noch ganz klein, da erzählte mir mein Urgroßvater eine gar merkwürdige Geschichte aus seiner Jugend. Ich hörte ihm, wie es sich im zarten Alter gehörte, aufmerksam zu und nun ist es an der Zeit, sie an euch weiterzugeben:

 

Mein Vater war ein begeisteter Sternengucker. Ab und zu durfte auch in durch das Fernrohr den Himmel beobachten und mich den kleinen leuchtenden Punkten ergeben. Docxh ich konnte nicht viel an ihnen finden und glaubte nicht den Worten meines Vaters, dass sie unendlich weit weg seien. Denn wie konnte man sie sehen, wenn sie weit entfernt waren?

Meist vergaß ich die Namen der Lichtpunkte, die mir mein Vater nannte, sofort wieder. Sie klangen teils furchtbar kompliziert uns waren kaum auszusprechen. Doch ein Sternenbild behielt ich im Gedächtnis und nannte es mal mewinen Vater. Er erstaunte darüber zutiefst, kannte er mich doch eher als vergesslichen Sprössling, der nur mit ihm in die Sterne schaute, um abends länger aufbleiben zu können.

Offenbar beeindruckte ich ihn damit so sehr, dass er mir ein besonderes Geschenk machen wollte. Wenig später öffnete er den versteckten Safe im alten Wohnzimmerschrank und holte ein seltsames Kästchen hervor. Er öffnete es und entnahm ein Stein. Dann erklärte er mir, dass es ein ganz besonderer Stein sei.

Für mich sah das Gebilde wie ein x-belieber Stein aus, den man in jedem Steinhaufen finden konnte. Wie konnte der Stein da etwas Besonderes sein? Für mich ergab das keinen Sinn.

Aber mein Vater meinte, dass es ein Stein von den Sternen sei und deshalb einen ganz besonderen Zauber in sich träge. Nur konnte ich das nicht glauben.

Da lächelte mein Vater und bat mich, mit nach draußen zu kommen, damit er das Besondere des Steines sogleich mir zeigen könne.

Ich folgte ihm.

 

Als wir draußen waren, warf mein Vater den Stein gen Boden, den hier Gehwegplatten bedeckten.

Ich schrief auf, denn ich befürchtete, dass der ebenmäßige Stein auf den harten Betonplatten in tausende Stücke zerschellen könnte.

Doch nur einen Augenblick später wurde ich eines Besseren belehrt. Es geschah nichts dergleichen…

Nach kurzer zeit schwebte der Stein empor, als sei er eine feder, die vom Wind fortgetrieben wird. Er entschwand in das Firnament der Sterne, wie mein Vater des Öfteren den nächtlichen Himmel nannte.

Trotzdem es ein Wunder war, dass ein Stein schweben konnte, war ich ein wenig enttäuscht, da ich deutlich mehr als dies erwartet hätte, und wollte zurück ins Haus gehen.

Da fasste mich mein Vater jedoch an der Schulter und hielt mich davon ab. Offenbar war dies seltsame Geschehen noch nicht das Ende von dem, was der seltsame Stein vermochte.

Und siehe da, nur wenig später fingen die Sterne an, in einem Reigen zu tanzen, als seien sie Kinder, die ein uraltes Singspiel für sich wiederentdeckt haben. Eine unsichtbare Melodie führte sie dabei und ließ sie bunte kreise bilden oder lustige Bilder. Manchmal ballten sie sich auch zu einem einzigen, grell leuchten Ball zusammen, um dann in Fontänen zu zerspringen, wie sie kein noch so tolles Feuerwerk zu schaffen verstand.

Das war wirklich unglaublich. Einfach gigantisch. Alles schien einzig durch die Magie des Sternensteins zu geschehen, so unglaublich das auch anmutete.

Ich sah meinen Vater lächeln, aber eine Antwort auf dieses unglaubliche Ereignis schien er nicht zu haben. Der Sternenstein musste eine Magie besitzen, die weit über das hinaus ging, was normal auf der Welt war. Das begriff ich selbst als kleiner, unwissender Bube.

Schließlich leuchtete und flimmerte es am Himmel, wie ich es noch nie gesehen hatte. Der ganze Sternenhimmel zeigte sich wie ein bunter Regenbogen. Das sah so phantastisch aus, dass mir noch heute die Worte fehlen, es wiurklich zu beschreiben. Wie gebannt schaute ich dem Spiel zu.

Doch dann war schlagartig alles vorbei und die Sternen standen am Himmel wie immer. Es gab kein Farbenspiel mehr, kein buntes Flimmern, kein Wandern im Reigen.

 

Ich sah meinen Vater an, der jedoch erneut nur ein Lächeln im Gesicht aufwies. Dann erklärte er mir, dasas der Stein zu einem Stern geworden sei, der nun seinen Platz am Himmel eingenommen hatte.

Dabeizeigt er auf ein Sternbild, das sich „Großer Wagen“ nennt. Und als ich genau hinsah, konnte ich über dem einen Deichselstern einen weiteren winzigen Lichtpunkt entdecken. Er taufte ihn als „Das kleine Reiterlein“ und behauptete, dass dieser Stern der Stein gewesen sei, den er mir geschenkt hatte und von dem nichts mehr zu sehen war.

Ich glaubte ihm damals und wollte fortan, wann immer es nur ging, diesen besonderen, meinen Stern beobachten. Er hatte nichts dagegen.

Natürlich war die Geschichte erfunden, wie ich heute weiß. Aber wie dieses bunte Farbenspiel, das Flimmern und Kreisen der Sterne von ihm erzeugt worden war, ist mir auch heute noch ein Rätsel.

 

Nun kennt auch ihr die Geschichte vom Sternenstein und wisst, wie der Deichselstern des Sternbilds Großer Wagen zu dem kleinen Reiterlein gekommen ist. Und wenn ihr ganz genau schaut, so könnt ihr ihn sogar mit bloßem Auge erkennen.

 

 

 

 

 

 

Impressum

Texte: René Deter
Bildmaterialien: www,pixabay,com
Cover: www.pixabay.com
Tag der Veröffentlichung: 11.12.2022

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