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Schatten der Nacht




Der Tag neigte sich langsam seinem Ende entgegen, die Sonne machte sich bereit ihrem Platz der Nacht und ihren Schatten zu räumen. Auf ihrem Weg dem Horizont entgegen hinterließ sie einen grau-roten Himmel. Aus dem Westen kam ein kühler Wind und ließ die vom Herbst bunt gefärbten Laubblätter tanzen.
Langsam verdüsterte sich der Himmel und eine ebenso düstere Atmosphäre kam auf, als sich die ersten dicken Gewitterwolken über ihm ausbreiteten.
Wie Nadeln fielen bald die ersten Regentropfen auf den steinernen Boden auf dem sie stand. Trotz der eisigen Temperaturen fror sie nicht, im Gegenteil spürte sie eher eine angenehme Wärme an ihrem Rücken.
Um sie herum flogen, ungeachtet des Windes oder des Regens, weiße Federn.
Sowohl lange, schmale, als auch kurze, runde.
Fasziniert beachtete sie deren Tanz, während sich die mysteriöse Wärme an ihrem Rücken damit begann, sich nach unten auszubreiten.
Eine ungewöhnliche Ruhe erfüllte ihr Inneres, als sie gedankenverloren nach eine der Federn greifen wollte,
Jedoch kaum als sie ihren Arm anheben wollte, durchzuckte sie ein stechender Schmerz.
Also blieb sie stehen wie sie war und ließ ihren Blick über ihre Umgebung schweifen.
Ihr schien, als stünde sie auf dem Dach eines Blockhauses.
Allerdings hätte sie nicht sagen können, woher dieses Wissen kam.
Langsam senkte sie ihren Kopf und bemerkte etwas.
Etwas, das nicht ganz stimmte.
Etwas, das nicht ins Bild passen wollte.
Das Regenwasser hatte sich zu einer großen Pfütze angesammelt. Grau schimmerte es.
Nur um ihre Füße hin schien es dunkler.
Ein kleiner schwarzer Kreis, der nach außen hin immer heller wurde und seine Form verlor.
Angestrengt starrte sie darauf, beobachte wie der Kreis immer größer wurde.
Ihr ganzer Körper fühlte sich mittlerweile kalt und taub an, nur ein ständiges kitzeln an den Beinen nahm sie noch am Rande war.
Das und das leichte Brennen an ihrem Rücken.
Plötzlich zuckte ein Blitz über den Himmel, erleuchtete die Dunkelheit für den Bruchteil einer Sekunde.
Jedoch reichte dieser Bruchteil aus, um ihr zu offenbaren in welcher mysteriösen Flüssigkeit sie stand.
Blut.
Und noch während die silbern schimmernden Federn durch die Luft tanzten, bis sie in dem roten Gemisch am Boden endeten durchzuckte sie ein Gedanke, vergleichbar mit dem eben gesehenen Blitz.
Diese Flüssigkeit war nicht nur irgendein Blut.
Es war ihr Blut.


Guten Morgen liebe Sorgen




„Hey Cloud! Komm jetzt endlich mal in die Puschen, sonst gehe ich einfach und du kannst schauen wo du bleibst.“ Wie lange konnte der Sohn des Todes im Bad brauchen? Ein weiteres mal schlage ich gegen die abgeschlossene Tür. „Was bist du nur für ein Mädchen!“
Jetzt ist er schon seit einer Woche bei mir und unser Verhältnis ist nach wie vor nicht das beste. Fast habe ich den Eindruck, dass es ihm Spaß gemacht hat mich zu ärgern. Ich drehe der Tür genervt den Rücken zu und schnappe mir bevor ich das Haus verlasse meine Jacke. Schnellen Schrittes mache ich mich auf den Weg zum Markt und zähle geduldig die Sekunden bis mein Gast neben mir auftauchen würde. Bei vierundzwanzig ist es endlich so weit. Mindestens genauso genervt wie ich stapft er jetzt neben mir her. Keine zehn Minuten später erreichen wir endlich den Markt.
„So, Karotten, Eisbergsalat, Eier, dann noch etwas Petersilie und wenn es welche geben sollte dann noch Kerzen.“, ich lese den Einkaufszettel laut vor auch wenn ich mir von Cloud keine wirkliche Hilfe erhoffe. Der scheint irgendwie besonders angesäuert zu sein, aber ich kann ja auch nicht auf alles achten, oder?
Die ersten Sachen auf meiner Liste sind schnell abgehackt und außerdem haben wir sogar noch ein paar weitere Dinge gekauft, die gar nicht auf der Liste standen. Nur die Kerzen zeigen sich momentan als besonders schwer. Stöhnend presse ich die Papiertüte fester an mich. Verdammt das Ding war echt schwer. Cloud an meiner Seite murrt etwas unverständliches und reißt mir die Tüte aus den Armen. „Das kann man ja nicht mehr mitansehen, wie konntest du nur jemals ohne mich leben?“
Ich spare mir eine dumme Erwiderung sondern bedanke mich überschwänglich bei ihm. Er kann ja auch mal richtig nett sein. Anscheinend habe ich den Gedanken laut ausgesprochen, denn auf Clouds Wangen zeigt sich ein leicht rosa Schimmer und er grummelt irgendetwas unverständliches in seinen unsichtbaren Bart. Klingt ein bisschen wie „ummerschuh“. Als ich plötzlich stehen bleibe hat Cloud seine Mühe nicht in mich hineinzulaufen. „Was ist denn jetzt schon wieder, verdammt?!“
Ich zeige nur freudestrahlend nach vorne.
„Mein Käpt'n, mein Käpt'n, Kerze in Sicht!“ Und renne auch schon lachend los. Dummerweise habe ich meine Tante übersehen, die sich angeregt über irgendeinen bösen Bürger unseren „perfekten kleinen Vorort“ zu unterhalten scheint. Ungefähr zeitgleich bemerken wir uns und eine Flucht meinerseits wird gnadenlos verhindert.
„Oh, Katiiieee. Was machst du denn hier?“
„Äh einkaufen.“
„Ja, ja sehr schön. Du weißt doch sicher welcher Tag heute ist?“
„Ähem...Samstag?“
Großer Gott diese Lache meiner Tante klingt schlimmer, als über eine Tafel kratzende Nägel.
„Ganz Recht meine Liebe, dann ist Morgen...?“
„Sonntag?“ Wohin soll dieses Spiel jetzt bitte führen?
Meine Tante nickt begeistert und deutet auf die Verkäuferin des Kerzenstandes.
„Das hier ist Ursula, eine alte Freundin. Sie hat uns für morgen nach der Kirche zum Brunch eingeladen.“
„Kirche? Ich gehe nie-“
„Ach iwo. Du hast das bei deiner düsteren Stimmung eh mal wieder nötig und komm mir jetzt nicht mit irgendwelchen Ausflüchten, für den Herrgott muss immer Zeit sein. Also ich hole dich morgen um acht ab. Und nimm deinen kleinen Franzosen gleich mal mit, der soll etwas von uns lernen.“

Da es sich hierbei wohl um eine vollendete Tatsache handelt, nickt meine Tante den gerade dazukommenden Cloud zu und verschwindet.
„Deinem Gesicht nach zu urteilen ist in der nicht mal ganzen Minute meiner Abwesenheit etwas fürchterliches passiert.“
„Mit etwas fürchterlichen würde ich noch klar kommen. Aber das war meine Tante...“
„Will ich es wissen?“
„Hmm... weißt du was eine Kirche ist?“
Natürlich weiß er das, aber im Grunde interessiert es mich wie er dazu steht. Wie denkt der Tod...oder zumindest sein Sohn darüber?
„Aber natürlich kenne ich sie, immerhin hat sie meine Mutter über die Jahrhunderte hinweg mit reichlich Arbeit versorgt. Elende Heuchler, die im Namen einer großen Illusion sich in Unschuld kleiden und morden und rauben. Töte und du sündigst, töte im Namen des Herren und dir ist das Paradies gewiss.“
Ja, irgendwie war diese Denkweise zu erwarten gewesen. Ich lege den Kopf in den Nacken und stöhne frustriert auf.
„Das wird ein Spaß.“
„Du willst mir jetzt mit dieser theatralischen Art nicht sagen, dass wir morgen in so einen Gottesdienst gehen, oder?“
„Doch, Cloud, genau das wollte ich dir damit sagen.“
„Ich geh nicht mit!“
„Doch, das wirst du, alleine aus dem Grund, weil ich gehe.“
Mir ist das zwar überhaupt nicht recht und ich müsste nur krank spielen um Morgen nicht mitzumüssen. Immerhin kann meine Tante mich nicht zwingen. Der eigentliche Grund ist einfach, weil ich Cloud damit einen reinwürgen will. Außerdem konnte es sehr lehrreich sein mit ihm in die Kirche zu gehen, seine Denkweise gefällt mir irgendwie.
Ich selbst habe ja nicht so viel mit Gott zu tun. Ich lasse ihn in Ruhe und er mich, beide Parteien sind glücklich.
Sein Nörgeln und Jammern ignoriere ich geflissentlich, so schlimm wird es morgen schon nicht werden und aus dem Brunch werde ich mich schon irgendwie herausreden, hoffe ich.
Daheim versuche ich mich mal wieder in Kochen, was ehrlich gesagt einen...interessanten Ausgang hat. Ich hatte mich für etwas extrem simples entschieden: Pancakes.
Cloud lümmelt irgendwo im Haus herum, seit ich ihm erklärt habe, wie der Computer funktioniert, befinde er sich ziemlich oft davor.
Ich selbst stehe vor den schwarzen, rauchenden Kohlen die eigentlich Pfannkuchen darstellen sollten...oder überhaupt etwas essbares, somit bleiben mir nur noch zwei Optionen: entweder eine Pizza bestellen oder Rührei machen.
Da ich Cloud stolz wie Oskar erzählt hatte, dass ich heute etwas kochen wolle kommt ersteres nicht infrage. Kopfschüttelnd schmeiße ich die ehemalige Speise weg und widme mich der Zubereitung von Rühreiern. Da ich sogar noch etwas Weißbrot zur Verfügung habe, entscheide ich mich kurzfristig dazu, arme Ritter zu machen. Sieht zumindest nach etwas mehr aus. Nicht unbedingt das beste Abendessen, aber für eine suizidgefährdete Person und für den Sohn des Todes dürfte es reichen.
Schnell decke ich noch den Tisch und mache mich auf die Suche nach dem Chaoten, nur irgendwie ist er weder vor dem Fernseher noch vor dem Computer, im Bett liegt er auch nicht. Das darf doch verdammt noch mal nicht wahr sein! Jetzt ist er schon an mich gebunden und geht dennoch andauernd verloren.
Frustriert lande ich wieder im Wohnzimmer, wo könnte er nur sein?
Im Garten? Da habe ich zwar noch nicht nachgesehen, aber was hatt er dort zu suchen?
Überraschender Weise und dem Klischee nach (es ist immer der letzte Ort an dem man sucht) finde ich Cloud tatsächlich im Garten. Er hat sich auf der Hollywoodschaukel einen netten Platz gesucht und scheint tief in ein Buch versunken zu sein.

„Hey, Cloud. Hallo? Es gibt Essen.“ Erst als ich ihn an der Schulter berühre schreckt er auf und sieht mich etwas befremdet an.
„Ihr habt ja alle so etwas von einen Sockenschuss!“
Sockenschuss? Wo hatte er denn das wieder her?
„Wie kann man so einen Mist nur glauben?“
Cloud schüttelt nur ungläubig den Kopf und lässt seinen Blick wieder auf das Buch sinken, welches ich erst jetzt als Bibel erkenne. Bis eben habe ich nicht gewusst, dass wir so etwas besitzen.
„Ehrlich gesagt habe ich noch nie darin gelesen.“
„Hast auch nichts verpasst.“ Er stand auf und schmiss das Buch ohne es weiter zu beachten auf die Schaukel.
Etwas perplex folge ich ihm zurück ins Haus. Bisher hatte noch nie jemand, der die Bibel gelesen hatte, so reagiert, zumindest kenne ich niemanden, aber was weiß ich schon?
Das wird morgen sicher zum schießen, ein Atheist in einer Kirche, mit meiner Tante.
Das Essen verläuft etwas schweigsam, wahrscheinlich weil Cloud sauer auf mich ist. Aber etwas rauskommen kann ihm nicht schaden, da bin ich ganz optimistisch.
Al wir zirka drei Stunden später wieder im Bett liegen (Cloud hatte sich jetzt dazu entschieden daheim seine wahre Gestalt zu zeigen) mault er immer noch. Kein Wunder, dass seine Mutter ihn rausgeschmissen hatte.
„Jetzt komm mal wieder runter, vielleicht gefällt es dir ja und wenn nicht, der Gottesdienst geht gerade mal vierzig Minuten, ich denk mal das wirst du gerade noch so überleben.“
„Dir ist hoffentlich klar, dass das Rache bedeutet?“
Das beunruhigt mich dann doch ein klein wenig.
Was er sich wohl ausdenken würde? Aber zumindest herrscht jetzt vorerst einmal Ruhe.
Cloud brauchte genau drei Minuten, bis er einschlief ich liege nach wie vor wach und versuche krampfhaft nicht einzuschlafen, ein Unterfangen, dass sich leider als unmöglich erweist.

Ach ja die Kirche. Ein Ort an dem sich mitteilungsbedürftige, einsame oder verlorene Menschen einfinden um zusammen einem Quacksalber zuzuhören, der der sich von dem Gehalt, das er im Monat verdient ein großes Haus mit Garten und ein tolles Auto kaufen konnte, nur weil er etwas erzählt, dass eh schon jeder kennt.
Natürlich werden jetzt viele von Ihnen mir an dieser Stelle widersprechen und das ist auch ihr gutes Recht. Bitte, nur zu. Ich habe schon zu Beginn gesagt, dass ich mich auf keine Diskussion einlassen werde und ein Streit auch nicht meine Absicht ist. Aber da das hier meine Geschichte ist, denke ich, dass ich auch meine ehrliche Meinung hier herein schreiben darf, oder nicht?
Ist ihnen eigentlich jemals aufgefallen, dass der Tod in der Bibel als einer der Bösen angesehen wird? Obwohl er wohl der fairste ist. Gott nimmt nur jene auf, die etwas dafür tun, der Teufel nimmt nur jene auf die Böse sind, aber der Tod macht keine Unterschiede. Er besucht reiche und arme, junge und alte. Der Tod, so denke ich, ist mit Abstand die einzige Gerechtigkeit die jeden Menschen trifft. Auch an dieser Stelle werden mir wieder viele widersprechen. Ist der Tod des Kleinen Lukas, der eben erst auf die Welt gekommen ist, nicht fair, oder die kleine elfjährige Oulfa, die von ihrem Vater zu Tode geprügelt wurde oder der von vielen anderen nicht im geringsten fair.
Vielleicht haben sie mit Lukas recht, aber vielleicht hatte er eine schwere Krankheit und ihn hätte ein Leben ans Bett gefesselt, nur die Augen lassen sich bewegen, erwartet. Da ist der Tod doch eine schönere Option, oder? Und was Oulfa angeht, so ist dies nun wirklich nicht des Todes Schuld, eher die der Nachbarn oder der Freunde. Eben all derer die die blauen Flecken, die Wunden, die Schreie und Tränen der Kleinen übersehen haben. Wir können das Spiel hier noch ewig weiterspielen, bitte, aber ich will nicht weiter vom Thema abkommen, ich wollte sie nur ein kleines bisschen von der Ansicht abbringen, dass Tod der Böse ist, oder die Böse. Er ist eher das einzige, worauf sie sich im Leben verlassen dürfen...und eventuell noch die Steuer, die ist auch recht sicher.


„Muss das sein, jetzt können wir noch Heim gehen.“
Den ganzen Weg hierher hatte Cloud nur genörgelt, dementsprechend bin ich auch erleichtert als wir die Kirche endlich erreichen.
Meine Tante wertet schon ziemlich genervt am Portal.
„Da bist du ja endlich, warum bist du nicht einfach bei uns mitgefahren?“
Ich zucke mit der Schulter und marschiere an ihr vorbei in das Gotteshaus. Dank meines gestrigen Alptraumes fühle ich mich heute eh etwas schwächlich, hoffentlich hören die demnächst bald auf, sonst breche ich noch zusammen. Clou seinerseits hält jetzt auch endlich seinen Mund und folgt mir brav. Leider sind alle hinteren Bänke besetzt weswegen wir uns in die dritte Bank von vorne setzen müssen, immerhin bekomme ich es so hin, dass Cloud zwischen mir und meiner Tante sitzt.
Der Gottesdienst an und für sich verläuft ziemlich langweilig. Ich habe ja den Verdacht, dass absolut niemand zuhört sondern jeder nur darüber nachdenkt wen er am besten was gleich nach dem Gottesdienst erzählt, was es heute zum Essen gibt oder was einen Menschen sonst noch so bewegt. Jeder denkt halt an sich.
Mir für meinen Teil, fällt auf, dass entweder Clouds Art zu denken abfärbt oder ich schon immer meinem Schützling recht ähnlich war. Vielleicht hat mich Tod deswegen ausgewählt.
Als der Pfarrer endlich seinen Gottesdienst mit den berühmten Worten beendet springe ich förmlich auf und fliehe aus dem Gebäude, diese Stimmung, die immer in solchen Kirchen herrscht ist einfach nicht auszuhalten, kein Wunder, dass Kinder nicht so gerne in die Kirche gehen.
Cloud, das musste man ihm lassen, hatte sich hervorragend benommen. Schade eigentlich, etwas Abwechslung wäre nett gewesen.
Ich stelle mich gleich neben den Eingang um ihn abfangen und abhauen zu können, was leider dadurch vereitelt wird, dass ihn sich bereits meine Tante geschnappt hat.
„Ah Kathi da bist du ja, Cloud hat dich schon gesucht und ich konnte doch nicht verantworten ihn alleine zu lassen.“
„Oh, ja. Cloud hat die Gabe den Ausgang einer Kirche nicht zu finden und hoffnungslos verloren zu gehen. Vielen Dank, Tante. Wenn es dir nichts ausmacht, dann würden wir jetzt gerne gehen.“ Aber natürlich macht es meiner Tante sehr wohl etwas aus.
„Aber Kathi, wir wollen doch noch zu Ursula.“
„Du willst, ich muss noch dringend etwas für Mathe lernen und ich habe nicht vor Cloud alleine zu lassen.“ Und vor allem nicht alleine mit dieser Heuchlerin.
Meine Tante scheint nicht sonderlich glücklich darüber zu sein, dennoch drehe ich mich einfach um und gehe los. Allerdings scheint es so als hätte ich jemanden übersehen, denn irgendwas rammt mich von der Seite. Cloud reagierte aber schnell und fing mich von hinten, ehe ich umfallen konnte. Wer aber der Schubser war, kann ich aber unglücklicherweise nicht mehr ausmachen.
Auch Cloud sagt er hätte nichts gesehen. Schnaufend richte ich mich wieder auf und zusammen machen wir uns wieder auf den Heimweg. Unterwegs versucht meine Tante mich noch 5 mal auf dem Handy zu erreichen aber ich ignoriere sie einfach.
„Und Cloud, wie wars?“
„Meinetwegen müssen wir das nicht wiederholen...“
„Ganz deiner Meinung. Nie wieder und für kein Geld der Welt.“
Nein, wirklich nicht. Kirchegehen ist einfach nichts für mich.
Al mein Heim so langsam in Sicht kommt beschleunige ich automatisch und erst als die Tür hinter uns zuschlägt atme ich erleichtert aus.
Cloud verschwindet gleich ins Wohnzimmer, während ich noch meine Jacke aufhänge. Gerade als ich sie über den Bügel hänge fällt mir ein kleines weißes Rechteck auf, welches aus der Jackentasche lugt. Wie kommt das denn da hin und was ist das?
Zögernd ziehe ich es heraus und falte den Zettel auseinander.
Während ich ihn lese läuft mir ein Eiskalter Schauer über den Rücken und eine Sekunde glaube ich tatsächlich ersticken zu müssen.
Mit feuchten Händen knülle ich ihn zusammen und schmeiße ihn so fest ich kann gegen die Wand, wo er abprallt und hinter dem Schuhschränkchen verschwindet
Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es auf die Toilette, bevor ich mich erbreche. Viel ist es nicht und eine Erleichterung bringt es mir genauso wenig. Taumelnd lauf ich ins Wohnzimmer und lasse mich neben Cloud aufs Sofa fallen, von dem Film bekomme ich nichts mit. Wer hatte den Zettel geschrieben? Warum? Und noch dazu, sollte ich ihn ernst nehmen?
Cloud starrt mich jetzt schon seit 5 Minuten von der Seite an, doch ich schaffe es nicht seinen Blich zu erwidern.
„Hey, alles in Ordnung.“
„J- ja alles bestens.“
„Nein, irgendwas ist doch?“
Da platz es einfach aus mir heraus, der ganze Frust. Wütend springe ich auf und fauche ihn an: „Lass mich doch einfach alleine, verdammt.“ Wirbel herum und stürme aus dem Raum, einen recht verdutzen Cloud hinter mir lassend. Im Badezimmer sperre ich mich ein und sinke weinend auf den Boden. Es sind leise Tränen.
Wieso, können sie mich nicht in Ruhe lassen?! Die Briefe, die Anrufe, mein Selbstmord und jetzt hatte Cloud ein einziges Mal Interesse an jemand anderen als sich selbst gezeigt und ich schreie ihn gleich an.
Ich weiß nicht wie lange ich mir den Frust von der Seele weine, aber die Kälte, die Kühle Gleichgültigkeit will sich einfach nicht bei mir einstellen.
Verdammt, ich kann das nicht mehr!
Fest presse ich meine Handballen auf meine Augen, so lange bis ich anfange bunte Sterne zu sehen. Es soll doch einfach aufhören.
Aber es hilft nichts, nach wie vor habe ich de saubere Handschrift, die blutrote Tinte auf den weißen Zettel vor Augen:

„Du entkommst mir nicht. Dein Selbstmord war sinnlos, ich komme.“

Impressum

Texte: ja, eigentlich klar: Alle Rechte liegen bei mir
Tag der Veröffentlichung: 22.04.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Der Wunsch, einen eigenen Tod zu haben wird immer seltener. Eine Weile noch, und er wird ebenso selten sein wie ein eigenes Leben. (Rainer Maria Rilke )

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