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Verachte nicht den Tod, sondern befreunde dich mit ihm,
da auch er eines von den Dingen ist, die die Natur will.



(Mark Aurel, Selbstbetrachtungen)


Sagen Sie, glauben Sie an Gott? Glauben Sie dann an Satan? Egal was sie antworten, ich will damit sicherlich keinen Streit beginnen, den man ja bekanntlich mit solchen Fragen beginnen kann. Wie Sie ja wissen muss es nicht bei einem Streit bleiben, leicht entsteht aus diesen banalen Fragen schon mal ein Krieg. Jedoch kann ich jeden Menschen auf der Welt eine Frage stellen, die ausnahmslos jeder mit „Ja“ beantwortet.
An und für sich ist es eine ähnliche wie die ersten beiden.
„Glauben Sie an den Tod?“
Natürlich tun Sie das. Oder nicht? Nun in den Fall würde ich Ihnen dringend einen Blick in die Zeitung, ins Fernsehen oder meinetwegen aus dem Fenster ans Herz legen.
Nun ich denken jeder glaubt an ihn, den Tod, Hades oder meinetwegen Ghede (womit ich Ihnen jetzt nicht unterstelle einer bestimmten Religion anzugehören).
Jedes Tier, jeder Mensch, ja selbst die Pflanzen wissen um seine Existenz, das heißt, die Tiere können ihn nur erahnen. Alleine der Mensch WEISS wirklich DAS jeder einmal sterben muss.
Warum ich Ihnen das jetzt so alles erzähle? Nun ja, seien Sie bitte ehrlich, wie oft denken Sie an den Tod, wie oft haben Sie den Blick von einer Unfallstelle oder einer Beerdigung abgewandt und würden Sie ihrem kleinen Kind das Märchen vom „Gevatter Tod“ oder „Die Boten des Todes“ vorlesen. Ich will Ihnen damit garantiert keinen Vorwurf machen, Verdrängung gehört heute genauso zur Gesellschaft wie irgendwelche Stars oder Politiker. Der Grund warum meine Geschichte auf diese Weise anfängt ist recht simpel: Ich will Sie nur nicht ins kalte Wasser werfen.
So jetzt wissen Sie es, in meiner Geschichte geht es um den Tod, es ist meine Geschichte und auch wenn ich weiß, dass sie kein Wort davon glauben werden, jedes Wort davon ist wahr.
Wissen Sie was? Das Leben ist wie Schach.
Wussten Sie, dass Schach persisch ist und König bedeutet? Wird also der Spieler „schachmatt“ gesetzt bedeutet das so viel wie „König tot“.
Und so ähnlich ist das auch mit dem Leben. Wir spielen Zug für Zug. Wir setzten unsere Figuren, treffen Entscheidungen, kämpfen um den Fortbestand des Spieles und das, obwohl wir wissen, dass es mit dem Tod endet. Manche Menschen wissen ihre Figuren perfekt zu setzten sie kämpfen bis zum bitteren Ende und wenn es sein muss nur mit einen Bauer und einem König. Ich bewundere diese Menschen, aber es gibt auch jene, die nach einiger Zeit den Überblick oder die Lust verlieren oder
jene, die vergessen haben, warum sie spielen.
Ist es einmal soweit, nehmen sie den König und überlassen ihm den Gegner, sie setzten sich selbst matt.
Und genau hier beginnt meine Geschichte, als ich zu einem dieser Menschen wurde.

Ein trauriges Lächeln huscht mir übers Gesicht, als ich fast schon wehmütig über den Stein streichle auf dem ich sitze. Er fühlt sich ziemlich rau und kalt an, aber auch hart. Ich wage einen kurzen Blick nach unten, ob die Straße wohl auch so hart war. Würde es wehtun?
Ich war barfuß hier rauf gekommen, nun baumeln meine nackten Füße in der kühlen Abendluft. Komischerweise musste ich gar nicht mehr weinen, ich war sogar eine Ewigkeit vor dem Kleiderschrank gestanden und habe lange überlegt, was ich anziehen sollte. Ein sarkastisches Lachen kommt mir über die Lippen, schon komisch wie gut es mir auf einmal geht.
„Also ciao, ich bin dann einmal weg.“, schreie ich in einem Anflug von Galgenhumor und lasse mich mit ausgestreckten Armen fallen.
Ich höre die Luft unverschämt laut an mir vorbei rauschen, meine Haare schlagen mir wie kleine Peitschen ins Gesicht und tief in mir regen sich plötzlich Zweifel. Egal, es ist eh zu spät.
Und dann war es vorbei.

Vorsichtig öffne ich die Augen und finde mich zu meiner Überraschung auf einer Parkbank wieder. Um mich herum blühen lauter Kirschblüten, blaue Kirschblüten. Ich habe jedoch keine Augen für die traumhafte Umgebung, weder die Blüten, der traumhafte See vor mir oder der blutrote Himmel, nur die Gestalt, die vor mir steht.
Ich habe sie noch nie gesehen, dennoch reicht ein Blick in diese leere, grauen Augen und ich kenne ihren Namen.
„D...du bist der Tod.“, keine Frage, eine zittrige Feststellung verlässt meinen Mund. Die Gestalt nickt nur leicht mit dem Kopf, das lange, gelockte und silberne Haar, welches fest zu einem Pferdeschwanz gebunden war wippte leicht bei dieser Bewegung. Lediglich eine Haarsträhne hatte sich gelöst und hing ihr ins Gesicht. Die Haut und die Lippen des Todes sind ungewöhnlich blass.
Wie die einer Leiche, schießt es mir durch den Kopf.
„Bin ich jetzt tot?“, ich kann es nicht beschreiben, aber plötzlich hat mich eine ungewohnte Ruhe überfallen.
„Das hängt ganz von dir ab.“ Die Stimme lässt mich schaudern. Sie ist kalt, frei von jeglichen Gefühlen, tot.
Der lange violette Stoff, welcher die große, schlanke Figur einhüllt raschelt leise, als sie näher kommt. Kurz erhasche ich einen Blick auf die nackten Füße.
Nur wenige Zentimeter vor mir kommt sie zum stehen und erst jetzt sickert die Information, welche meine Augen senden, langsam zu mir durch.
„Sie sind eine Frau!“
Die dünnen Lippen verziehen sich zu einem Lächeln.
„Na, du hast ja Probleme. Ja ich bin eine Frau, wo steht denn bitte, dass der Tod eine Frau ist. Aber mal ehrlich, denkst du die Tod klingt besser?“
Jetzt lacht die optisch junge Frau doch laut auf. Ebenso wie ihre Stimme, so ist auch ihre Lache eisig. Betreten senke ich meinen Kopf, der sich so unglaublich leicht und leer anfühlt. Scheint so, als würde der Tod doch befreien.
„Wie meintest du das? Es liegt an mir?“
„Ich habe deine Zweifel, deine Angst gespürt. Du willst nicht sterben. Aber du musstest ja springen.“
Seufzend lässt sich Tod neben mir auf die Bank sinken, ihre Nähe hat etwas unglaublich beruhigendes an sich.
Ruhig sehe ich sie von der Seite an. Sekunden verstreichen und ich wage es nicht, zu sprechen.
Endlich sieht sie mich wieder mit diesen grauen Augen an. Es ist als würde ich in undurchdringbaren Nebel schauen.
„Willst du leben?“
Drei Worte. Schwerwiegende Worte. Nur langsam dringt ihr Sinn in meinen mit Watte gefüllten Kopf.
Lange sehe ich sie an, lasse meinen Blick über die traumhafte Landschaft wandern und sehe erneut in den Nebel.
„Ja.“
„Wie wäre es mit einem Deal?“
Ich zögere. Langsam, so habe ich das Gefühl, weicht die Taubheit aus meinem Kopf. Ein Deal? Mit dem Tod?
„Was für einen?“
„Ich schenke dir das Leben, ein sehr langes Leben, dafür möchte ich etwas von dir.“
Was sollte ich dem Tod zu geben haben? Konnte man ihm etwa seine Seele verkaufen?
„Was genau?“
„Du musst wissen ich habe einen kleinen Jungen und um ehrlich zu sein scheint mein Reich ihm nicht gut zu tun, könntest du ihn unter deine Fittiche nehmen, ihm die Welt der Menschen zeigen und etwas über das Leben lehren. Wie du dir denken kannst, bin ich eine äußerst beschäftigte Frau und eine grauenhafte Mutter.“
Das war alles? Ich soll mich um den Wanst vom Tod kümmern? Erleichtert stoße ich die Luft aus, die ich wohl angehalten habe.
„Du solltest vielleicht noch etwas wissen...“
„Was?“, gab es doch einen Haken?
„Ich habe ihn wohl etwas verwöhnt. Er ist ein schreckliches Ekelpaket und er hat meine Fähigkeit zu töten geerbt. Keine Sorge, du stehst unter meinem Schutz, dass heißt solange ich es nicht will, wirst du auch nicht sterben.“
Holla, der Tod hat Humor. Ich lasse mir das Ganze noch einmal durch den Kopfgehen. Na ja, ich habe nichts zu verlieren? Immerhin habe ich ja Selbstmord begangen. Ich zucke zusammen. Oh. Mein. Gott. Ich habe Selbstmord begangen!
Was habe ich mir nur dabei gedacht? Verdammt, welcher Teufel hat mich da geritten? Entschlossen sehe ich den Tod an, lasse mir meinen Schock nicht anmerken.
„Wie lange?“
„Na ja, ein Jahr müsste reichen.“ Mir entgeht der verzweifelte Unterton nicht.
„Na gut. Ich machs.“

Einen Augenblick später sitzen wir auf dem Rand meines Bettes. Überrascht sehe ich den Tod an, doch sie steht nur auf und verlässt wortlos den Raum. Mir bleibt nicht einmal Zeit das Ganze zu verdauen, da taucht sie wieder auf, einen Jungen am Handgelenk gepackt. Er hat schulterlanges schwarzes Haar, welches von silbernen Strähnen durchzogen wird, dunkelrote Augen, die sich in die meinen brennen, ein engelsgleiches Gesicht. Gekleidet ist er in eine schwarze, eng anliegende Hose, schwarze Stiefel, die ihm bis zum Knie reichen und einem schwarzen Mantel. Nur seine Hände stecken in weißen Handschuhen.
„Was zum-?“
Nicht sein brennender Blick oder seine mehr als schöne Gestalt lassen mich den Tod entsetzt anstarren, eher die Tatsache, dass dieser Junge gut einen Kopf größer als ich ist und gefühlte 17 Jahre alt.
„Ich habe nicht gesagt, dass es kein kleines Kind mehr ist, allerdings sind 400 Jahre in meinen Augen schon recht jung.“
„400... ach du meine...Und wie heißt er?“
„Sein Name ist Cloud, er ist zwar recht schwierig, aber das schaffst du schon.“
Jetzt reißt sich der Junge von seiner Mutter los und faucht mit einer ungewöhnlich tiefen Stimme: „Hallo? Ich stehe neben dir! Und ich werde garantiert nicht hier bleiben!“ Tod wirft ihrem Sohn einen kalten Blick zu, der selbst mir das Blut gefrieren lässt und wendet sich an mich.
„So jetzt ist er dein Problem, sollte es zu viel werden kannst du mich jederzeit rufen.“
Einen Luftkuss in meine Richtung und schon bin ich mit meinem Problem alleine. Ein Problem, welches mich noch den letzten Nerv kosten wird...

Fortsetzung folgt, wenn gewünscht...

Impressum

Texte: Die Geschichte ist frei von mir erfunden. Ich möchte mit dieser Geschichte weder eine Religion noch bestimmte Personen beleidigen.
Tag der Veröffentlichung: 13.09.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle, die es mir verzeihen, dass ich hier und dort ein paar Rechtschreibfehler mache ;)

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