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1)

„Ehrlich gesagt weiß ich nicht was ich mehr hasse. Diesen bescheuerten Auftrag oder den Sturm?“

Lucy meine Betawölfin nimmt mir dankbar das Handtuch ab um sich ihre Haare zu trocknen.

„Was beschwerst du dich Luc? Du wohnst am nächsten bei unserem Alpha.“ Belustigt beobachte ich das Geplänkel meiner zwei Betas und besten Freunde. Lucy ist mit ihren 1,80m als Frau nicht gerade klein und ihr roter Wolf ist auch nicht zu unterschätzen. Darryl ist dagegen ein Zwerg. Gerade einmal 1,75m, dafür aber etwas breiter gebaut. Man könnte schon von einem Schwergewicht reden, wobei er alles nur reinste Muskelmasse ist.

„Leute ihr wisst genau, dass ich euch nicht gerufen hätte, wenn es nicht wirklich wichtig sein würde.“

Zustimmend nicken beide und folgen mir in die Küche, wo der Kaffee bereits durchgelaufen ist.

Als jeder seine Tasse vor sich stehen hat beginne ich.

„Der Rat hat mich kontaktiert. Einer seiner Vollstrecker ist dienstlich in unserer Gegend. Er möchte nicht zu uns, sondern zu einem Rudel, das ihnen Ärger macht.“

„Okay soweit kann ich folgen, aber was haben wir damit zu tun?“

„Er wird seit zwei Tagen vermisst. Die Vereinbarung aller Vollstrecker ist, bei Aufträgen jeden Abend zwischen achtzehn und zweiundzwanzig Uhr sich beim Rat zu melden.“

„Was wissen wir vom Vollstrecker?“

„Leider nicht viel. Sein Name ist Ben Hudson, 34 Jahre und als Alpha einer der Stärksten im Team. Er hat seinem Bruder eine Nachricht geschickt. Jedoch unvollständig. Es sind nur die Buchstaben CR-K-Add.“ Ich lege den Zettel auf dem Tisch, worauf ich mir den Text notiert habe.

„Weißt du was es heißt?“

„Wir wissen, dass es sich um das Carson Rudel handelt. Aber selbst die Buchstaben danach konnte der Bruder nicht entziffern. Die Nachricht kam vor drei Tagen und ist das letzte Lebenszeichen gewesen.“

„Warum wir Matthias? Gerade der Rat muss doch wissen, dass wir keine Kämpfer sind.“

„Sie wissen es Darryl. Ihnen geht es auch nicht um einen Kampf. Sie möchten, dass wir Kundschaften. Wir sind Fährtenleser, was anderes brauchen sie nicht. Das Carson Rudel ist nur zwei Städte von uns entfernt. Wir sind genauso in ihrer Stadt unterwegs, wie sie in unserer. Sie werden keinen Verdacht schöpfen.“

„Okay und wen willst du schicken? Es ist mitten in der Woche und die meisten müssen arbeiten.“

„Mh ich weiß Lucy. Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Lucy du hast frei morgen richtig? Zudem haben wir zwei Jugendliche die mit der Schule fertig sind und noch zwei Wochen frei haben vor Ausbildungsbeginn.“

„An wen denkst du? Bitte sage mir nicht, dass Jazzy dabei ist.“ Interessiert hebe ich eine Augenbraue.

„Was hast du gegen Jazzy? Ich habe an sie und Credo gedacht. Sie sind zwei gute Kinder.“

„Kinder genau da ist das Problem. Matthias bitte.“ Entschieden schüttle ich den Kopf.

„Du und die beiden, ihr seid die einzigen drei die zur Verfügung stehen.“

„Aber...“
“Nein!“ Das Knurren in meiner Stimme ist deutlich und Lucy, sowie Darryl neigen unterwürfig die Köpfe und entblößen ihre Kehlen. Normalerweise lasse ich den Alpha nicht raus hängen, aber selbst ich kann mich dem Rat nicht entziehen.

„Es tut mir leid Alpha.“

„Geht jetzt. Die Kinder wissen Bescheid und sind morgen um neun Uhr hier. Hole sie hier ab, danach fahrt ihr zuerst in die Stadt des Carsons Rudels.“

„Jawohl!“ Damit steht Lucy auf und verlässt kurz darauf das Haus.

„Du wirst es nie mögen oder?“ Darryl sieht mich mit schief gelegtem Kopf an.

„Was? Den Alpha markieren? Darryl wir drei kennen uns seit zwanzig Jahren. Wir sind Freunde, eine Familie.“

„Aber du bist auch unser Alpha. Matthias ohne dich wären wir jetzt nicht das Rudel welches wir sind.“ Darryl legt mir eine Hand auf die Schulter und drückt sie leicht. „Ich hoffe, dass du irgendwann den Gefährten findest, der dir das gibt was du brauchst und dir den Rücken stärkt.“ Meine Antwort ist nur ein Schnauben.

„Sorry mein Freund, aber diesen Menschen gibt es nicht.“ Mit einem Lachen wuschelt mir Darryl durchs Haar und verschwindet ebenfalls aus dem Haus.

Seufzend schließe ich die Augen und lehne mich im Stuhl zurück.

Das Haus ist leer und viel zu still für mich alleine. Manchmal möchte ich es aufgeben, verkaufen und in ein kleines Apartment ziehen. Aber als Alpha eines zwanzigköpfigen Rudels brauche ich diesen Ort. Die Türen stehen Tag und Nacht offen für meine Mitglieder.

Langsam stehe ich wieder auf, spüle die Tassen und begebe mich nach oben in mein Schlafzimmer. Es ist noch nicht spät, aber etwas Unheilvolles lässt mich schaudern.

Es wird etwas passieren, was unser Rudel durcheinander bringen wird.

Mit leiser Musik und einem Buch mache ich es mir im Bett gemütlich und vergesse die Zeit.

 

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„Na du sahst auch schon mal frischer aus.“ Lucys gute Laune würde mich knurren lassen, wenn mir nicht der frische Kaffeegeruch in die Nase steigen würde. Ich will mich gerade nach den Jugendlichen erkundigen, als ich sie vor der Tür reden hören.

Nachdem ich mir eine Tasse Kaffee genommen habe, hole ich alles was ich für ein schnelles Frühstück brauche.

„Guten Morgen“, grüßen die beiden, als sie schließlich das Haus betreten.

„Morgen. Habt ihr schon gefrühstückt?“ Ich komme um den Tresen der die Küche vom Rest des Raumes abtrennt und begrüße beide mit einer kurzen Umarmung.

„Viel zu nervös.“ Berichtet Jazzy entschuldigend, während Credo kurz nickt. Ich bedeute beiden sich hinzusetzen und auch Lucy jage ich aus der Küche. Nachdem alle sitzen und etwas zu trinken haben, berichte ich was ich mir denke, während ich alle Zutaten für Rührei in eine Schüssel gebe.

„Wir wissen nicht was im Carson Rudel vor sich geht. Ben hatte dort einen Auftrag ist aber seit zwei Tagen verschwunden. Seid in der Stadt vorsichtig. Wenn ihr das Gefühl habt, dass es zu gefährlich wird, kommt zurück. Geht kein Risiko ein.“

„Was machen wir, wenn wir Ben finden sollten?“

„Bringt ihn mit. Ich glaube nicht, dass er sich widersetzen wird. Sagt ihm, dass der Rat euch schickt, dann ist alles gut.“

„Und wenn das Rudel dort Fragen stellt?“

„Bleibt wage in den Aussagen. Ihr zwei schaut nach Ausbildungsplätzen.“

„Werden sie nicht etwas dagegen haben? Schließlich sind wir aus einem fremden Rudel.“
“Verständlich, aber dafür gibt es Sonderregelungen.“ Mittlerweile ist das Essen fertig und ich stelle die Schüssel mit Rührei, Brot, Butter sowie Besteck und Teller auf den Tisch.

„Ich finde es gut, dass ihr zwei euch bereits so viele Gedanken macht. Genau aus diesem Grund fahrt ihr mit Lucy. Sie ist nicht umsonst meine Beta. Sie wird euch beschützen. Ihr müsst nur auf Lucy hören.“

„Versprochen“, sagen beide Jugendliche unisono. Sie sind beide achtzehn Jahre, haben die Schule mit Bravur bestanden und sich an der Polizeischule beworben. Etwas Besseres als Dieses Training können sie derzeit nicht bekommen.

Und wir keine besseren Schnüffler. Sie haben ein sehr gutes natürliches Gespür.

 

„Lucy pass auf die Kids auf!“

„Ja Alpha.“ Trotz der Ernsthaftigkeit lächelt mich Lucy an und ich ziehe sie in eine kurze Umarmung bevor alle drei ins Auto steigen und losfahren.

Nachdem ich die Küche wieder aufgeräumt und alles weggespült habe, gehe ich ins Büro um den Rat zu informieren.

Danach versuche ich mich mit Arbeit abzulenken, denn etwas anderes kann ich nicht machen.

Ich muss Lucy, Jazzy und Credo vertrauen, was mir nicht schwer fällt.

2

 

2)

Alle zwei Stunden kommt eine kurze SMS, das alles in Ordnung ist.

Auch als die drei am Abend zurück sind und wir beim Abendessen sitzen, können sie nichts Interessantes berichten.

„Das Rudel ist fast schon zu ruhig. Sie sind dafür bekannt durch die Bars zu ziehen, aber selbst die Jugendlichen sind verschwunden.“ erzählt Lucy.

„Das stimmt. Ich kenne jemanden von denen und habe am Nachmittag einfach mal versucht ihn zu erreichen, aber sein Handy ist aus.“

„Vielleicht ist er in der Schule oder arbeiten?“

„Nein Alpha.“ Credo senkt sofort den Kopf. „Es tut mir leid. Sue und Denver sind mit der Schule fertig. Sue müsste zu Hause sein und Denver in der Stadt. Die beiden sind schon lange ein Paar und haben bestimmte Gepflogenheiten. Das ich niemanden erreiche ist nicht normal.“

„Entschuldige Credo. Ich wollte nicht so misstrauisch sein. Unsere erste Aufgabe wird es sein, diesen Ben zu finden. Vielleicht kann er uns sagen, was in dem Rudel vor sich geht.“ Stöhnend reibe ich mir den Nacken. Die ganze Situation wird immer verzwickter.

„Alpha“, Darryl stürmt ins Haus und bleibt erst neben mir stehen. Alarmiert springe ich sofort auf.

„Darryl was ist los?“

„In der Stadt ist Tumult. Ein fremder Alphageruch und so viel Blut. Den schwächeren macht das verrückt.

„Jazzy, Credo esst auf und geht nach Hause. Lucy!“

„Ja Alpha“ antworten alle drei angesprochenen. Lucy folgt mir und Darryl zum Auto. Darryl scheint die Strecke gerannt zu sein, obwohl er nicht außer Atem zu sein scheint.

Während ich meinen Jeep Wrangler durch den Wald in die fünf Kilometer entfernte Stadt lenke, berichtet Darryl was er raus gefunden hat.

Bereits als wir die ersten Häuser erreichen, steigt mir der Geruch in die Nase. Automatisch stellen sich mir die Haare auf und lassen mich knurren.

Gleichzeitig liegt da etwas im Geruch, was mein Blut in Wallung bringt. Ich bin hin und her gerissen zwischen Beschützerinstinkt für mein Rudel und den Wunsch dem Geruch auf die Spur zu gehen und zu nehmen was mir gehört.

Noch bevor ich weiß was ich tue, stelle ich das Auto am Rand ab und steige aus. Ich folge bereits der Duft spur als ich Lucy und Darryl hinter mir höre. Als der Geruch stärker wird, begegnen mir die ersten Wölfe, die unsicher hin und her blicken und bei meinem Anblick die Köpfe senken. Beruhigend lege ich jedem eine Hand auf die Schulter. Mache mir aber nicht die Mühe stehen zu bleiben. Wie ein unsichtbarer Faden führt mich der Geruch zum Alpha.

Am Anfang einer Gasse bleibe ich wie angewurzelt stehen. Der Geruch von Müll, Fäkalien, Blut und Alpha sticht mir in die Nase. Da drüber der Geruch nach Wut und Angst. In dem Moment, als Darryl und Lucy neben mir treten knurre ich, was beide einen Schritt zurück gehen lassen. Ich ziehe meinen Autoschlüssel aus der Hose und werfe sie Darryl zu, der sich sofort umdreht und geht. Außer Lucy folgt mir niemand, aber ich spüre die unterschiedlichen Emotionen am Gasseneingang. Umso weiter ich in die Gasse trete, umso stiller wird es, bis kein Geräusch mehr an meine Ohren kommt. Wenn ich Lucy hinter mir nicht wittern und spüren könnte, würde ich annehmen, dass ich alleine wäre. Allein mit diesem betörenden und zugleich erschreckendem Geruch.

In der hintersten Ecke liegt jemand und dieser Jemand ist der Verursacher all der Gerüche.

„Hallo?“ Ich versuche die Stimme leise und ruhig zu halten, obwohl ich nichts lieber machen würde, als da hin zu rennen. Die Gestalt bewegt sich, versucht sich noch kleiner zu machen. Mit der Mauer zu verschmelzen. „Keine Angst, du bist in Sicherheit.“ Alpha oder nicht. Niemand sollte so verletzt werden.

Lucy bleibt einige Meter hinter mir stehen, während ich mich neben der Person hinknie. Sofort durchdringt Nässe meine Jeans, doch das ist mir egal. Ich rechne mit einer Abwehr, als ich sanft eine Hand auf den Körper lege, aber ich bekomme ein zusammenzucken und zittern als Reaktion.

Ich packe etwas fester zu, lasse eine gewisse Alphamacht durch mich fließen und drehe die Person auf den Rücken. Sofort schreit er auf und dreht sich weiter, so dass er mir zugewandt auf der Seite liegt.

„Lässt du mich dir helfen?“ Automatisch wird meine Stimme noch leiser, sanfter und geduldig warte ich die Reaktion ab. In der Gasse ist es stockdunkel und nur meine Wolfssinne lassen mich sehen. Das Nicken höre ich mehr und vorsichtig schiebe ich die Arme unter den Körper. „Halte dich an mir fest!“ Mit einem leisen ächzen meiner Saits und einem schmerzhaften Stöhnen der Person stehe ich auf. Lucy will mir zur Hilfe kommen, doch sofort knurre ich warnend. Der Person so nahe zu sein, lässt mich einen Hauch seines eigenem Geruchs erahnen. Herb und Süß zugleich. Unbewusst beuge ich den Kopf an seinen Hals um besser schnuppern zu können.

„Matthias!“ Darryl kommt mir entgegen, aber auch bei ihm knurre ich sofort, so dass er stehen bleibt. Er geht zurück zum Auto und ich folge ihm. Umständlich, da ich meine Fracht nicht loslassen möchte, setze ich mich auf die Rückbank und Darryl fährt uns sofort aufs Rudelgelände zurück.

„Lucy ruf deinen Gefährten an.“ Ihr Mann ist Arzt und im Unterbewusstsein wahrscheinlich der einzige Mann, den ich jetzt dulden würde. Meine Instinkte drehen durch. Die Person in meinen Armen ist in Ohnmacht gefallen, was im Moment wahrscheinlich am angenehmsten für ihn sein wird.

 

In wenigen Minuten sind wir an meinem Haus. Zeitgleich kommt ein anderes Auto an und Stephen, Lucys Gefährte, steigt aus und bringt eine Arzttasche mit.

„Alpha“, respektvoll neigt Stephen den Kopf. „Wer ist er? Was ist passiert?“

Alle drei warten bis ich aussteige und Darryl öffnet mir die Türen, bis ich unseren Gast in eines der Gästezimmer auf das Bett lege.

„Alpha“, Stephen berührt mich leicht am Arm und ich zwinge mich, mich ihm zuzuwenden. „Um ihn untersuchen zu können, müsstest du etwas Platz machen und aufhören zu knurren. Ich verstehe deine Situation.“ Stephen wirft Lucy einen besonderen Blick zu. „Aber so können wir ihm nicht helfen.“ Was versteht er, was ich nicht sehe? Dieser fremde Alpha ist eine Gefahr für mein Rudel. Ich muss ihn bewachen, damit niemand verletzt wird. Ich reiße mich zusammen und stelle mich neben die Zimmertür. Mit Argusaugen beobachte ich Stephen, wie er den Fremden untersucht, verarztet und schließlich noch Medikamente auf den Nachttisch ablegt.

„Er hat einige schwerwiegende Verletzungen. Soweit ich konnte habe ich alles Mögliche gemacht. Er sollte die nächsten Tage noch schlafen. Ich kann jemanden vorbeischicken, der sich um ihn kümmert.

„Nein“, der Gedanke, dem Alpha kommt jemand zu Nahe, gefällt mir nicht. „Sag mir was ich machen soll und ich kümmre mich um alles.“ Das Lächeln auf Stephens Gesicht sollte mich abschrecken, aber ich knurre ihn nur warnend an. Dennoch hört er nicht auf zu Lächeln, als er mir erklärt worauf ich achten soll und wie ich mich um den Fremden zu kümmern habe.

Danach verlässt Stephen eilig das Haus und als ich kurz darauf in die Küche gehe, warten Darryl und Lucy auf mich.

„Wie geht es ihm?“

„Stephen hat sich um alles gekümmert, den Rest übernehme ich.“

„Lass es jemand anderen machen. Matthias das ist nicht deine Aufgabe.“

„Und ob es meine ist!“ Meine Stimme ist drohend und deutlich ist der Alpha darin zu hören. Beide Betas neigen sofort unterwürfig die Köpfe. „Gebt mit in den nächsten Tagen so viel Freiraum wie ihr auffangen könnt.“ Bitte ich wieder etwas versöhnlicher.

In der Zwischenzeit habe ich eine kleine Kanne Tee gekocht, den man auch sehr gut kalt trinken kann und nehme die Kanne und eine Tasse mit nach oben, zurück ins Gästezimmer, wo der ungewöhnliche Mann still im Bett liegt und schläft.

3

 

3)

Vier verdammte Tage ist es jetzt bereits her seit ich den Alpha in mein Haus gebracht habe.

Vier Tage, in denen sein Geruch mir die Sinne vernebelt und ich kaum noch klar denken kann.

Vier Tage in denen er nicht einmal erwacht ist.

Irgendwie habe ich einen Trick entwickelt, wie ich ihn dennoch mit Medikamenten, Flüssigkeit und leichter Nahrung versorgen kann. In diesen vier Tagen habe ich selbst so gut wie kein Auge zu getan. Stephen, Lucy und Darryl kommen ab und an vorbei um nach den Rechten zu sehen und um mit mir Probleme zu klären, die sie nicht allein lösen können. Meinen Gast lasse ich nur alleine, wenn es wirklich sein muss. Ich bin erschöpft, doch an Schlaf ist einfach nicht zu denken. Nicht, solange ich nicht weiß, dass der Alpha über den Berg ist.

Ich muss auf dem Stuhl eingeschlafen sein, als ein Stöhnen mich aufschrecken lässt und ich von der Sitzfläche rutsche.

„Verdammt“, leise fluchend stehe ich vom Boden auf und reibe mir den Hintern. Dabei sehe ich zum Bett, woher ich das Stöhnen gehört habe. Und richtig, unruhig wälzt sich der Alpha im Bett.

Ohne groß Nachzudenken setze ich mich aufs Bett und berühre ihn an beiden Schultern.

„Hey großer Mann kommen Sie zu sich.“ Die folgende Reaktion habe ich nicht kommen sehen, schon gar nicht habe ich damit gerechnet.

Graue Augen starren mich an, Hände greifen meine Oberarme und im Handumdrehen liege ich auf dem Bett auf dem Rücken, er über mir und knurrt mich an.

„Wenn du mich angreifst, hast du mein Rudel gegen dich. Wir haben dich aufgelesen und seit vier Tagen liegst du in meinem Haus. Also verletze mich und du wirst getötet, Alpha oder nicht.“

Auch ich knurre, lauter und bedrohlicher.

Und auch wenn er körperlich vielleicht stärker sein mag, so habe ich mein Rudel im Rücken, was ich beschützen will. Eine Weile mustert er mich, schließlich lässt er langsam von mir ab, dreht sich zurück aufs Bett und lehnt sich zurück in die Kissen.

„Es tut mir leid Alpha.“

„Matthias Janson, Alpha des Shadow Rudels.“

„Gott sei Dank“, seufzt der Fremde und schließt kurz seine Augen. „Ben Hudson, erster Vollstrecker des Rates.“

„Was ist geschehen? Wir haben vom Rat den Auftrag bekommen nach dir zu suchen, nachdem du dich nicht zum vereinbarten Zeitpunkt gemeldet hast.“

„Scheiße, ich muss mich bei Dante melden. Er wird sich Sorgen machen.“

„Ich kann dir ein Handy holen. Aber zuvor möchte ich, dass du etwas isst.“ Ben will aufbegehren, dass sehe ich, aber irgendwas hält ihn zurück. Er schließt die Augen und nickt ergeben. Seine unterwürfige Reaktion irritiert mich etwas, da er eigentlich stärker als ich sein müsste, wenn man von seiner Ausstrahlung ausgeht, Verletzt hin oder her. Mit einem Schulterzucken verlasse ich das Gästezimmer und gehe in die Küche.

Lucy und Stephen stehen in der Küche und kochen den Geruch nach Eintopf.

„Matthias“, kaum das Lucy mich erblickt kommt sie zu mir rüber. Ich lasse zu, dass sie mich in den Arm nimmt und seufzend lehne ich meine Stirn gegen ihre Schulter. Lucy und ich sind gleich groß, was es einfach macht mich gegen sie zu lehnen. „Du solltest dich ausruhen. Wann hast du das letzte Mal richtig geschlafen?“ Ich löse mich aus Lucys Umarmung und setze mich an den Tresen.

„Das ist egal, solange Ben im Haus ist werde ich nicht ruhen können.“

„Also ist er es wirklich? Der Vollstrecker Ben Hudson?“ Ich nicke müde und schließe kurz die Augen. Als ich sie wieder öffne steht eine Schüssel Eintopf mit Brot vor mir. „Esse wenigstens etwas. Ich mache ein Tablett fertig und bringe es Ben.“

„Nein“, so schnell wie Lucy den Vorschlag gemacht hat, so schnell springe ich auf die Beine, stelle mich ihr in den Weg und knurre bedrohlich.

„Lucy Schatz du weißt ganz genau das du mit dem Feuer spielst. Ob du gebunden bist oder nicht, niemand sollte derzeit alleine zu Ben gehen. Unser Alpha setzt da eindeutig ein Zeichen.“ Während ich einige Male blinzeln muss um wieder klar denken zu können, scheint Lucy die Worte ihres Gefährten sofort verstanden zu haben.

„Rede nicht so einen Blödsinn Stephen. Er ist ein fremder Alpha in meinem Revier und es behagt mir nicht, dass ihm jemand zu nahe kommt. Wir wissen nicht, wie gefährlich er ist.“

„Aber sicher Alpha“, lacht Stephen und zwinkert seiner Gefährtin zu, woraufhin auch sie lacht. Was mich wiederum zum Knurren bringt.

Ich greife nach meiner Schüssel und will gerade zur Treppe gehen, als eine Hand auf meine Schulter mich aufhält.

„Nein Matthias, setz dich und iss. Für Ben mache ich ein Tablett fertig, was du ihm dann bringen kannst.“ Mit einem murren beuge ich mich Lucys Worten, setze mich zurück an den Tresen und beginne zu Essen.

„Ich würde nachher gerne mit dir hochkommen und mir deinen Gast ansehen.“ Fragend blicke ich auf und sehe Stephen an. „Er ist nach vier Tagen erst aufgewacht Matthias. Ich möchte sicher gehen, dass alles in Ordnung ist und das er sich einmal verwandelt.“ Ich nicke bestätigend und esse zügig zu Ende. Aus irgendeinem Grund drängt es mich plötzlich, zu Ben zurück zu kehren. Wenn Lucy oder Stephen mein Verhalten eigenartig finden, so tun sie doch gut daran nichts zu sagen.

Schnell greife ich noch nach meinem Handy, nehme das fertige Tablett und gehe, Stephen im Schlepptau in die obere Etage. Kurz klopfe ich an die Tür, aber da Ben nicht reagiert signalisiere ich Stephen die Tür leise zu öffnen.

Ben ist wieder eingeschlafen. Ich stelle das Tablett auf den Nachttisch und setze mich auf die Bettkante. Ohne meine Handlung zu überlegen streiche ich Ben eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Ben wach auf. Der Doc möchte nach dir sehen.“ Langsam flattern die Lider bevor sie sich langsam heben und mir einen blick auf graue Augen ermöglichen.

„Alpha“, krächzt er und räuspert sich. „Ich wollte nicht wieder einschlafen.“ Sofort schüttle ich den Kopf. Meine Hand liegt noch immer warm an seiner Wange und als ich das realisiere ziehe ich sie verwirrt weg.

„Du bist doch gerade erst aufgewacht und bist schwer verletzt gewesen. Es ist normal, dass dein Körper sich noch erholen muss.“ Das scheint das Stichwort für Stephen zu sein. Er legt mir eine Hand auf die Schulter und nur widerwillig mache ich ihm Platz. Ben verfolgt mich mit seinen Augen und als er sieht, dass ich mich auf den Stuhl am Fenster setze, glätten sich seine Falten und er konzentriert sich auf Stephen.

Es fällt mir schwer einfach nur still zu sitzen und alles zu beobachten, wo ich doch viel lieber bei Ben wäre. Innerlich schüttle ich den Kopf, ich sollte so nicht denken.

Ben ist ein Alpha und deshalb gefährlich für mich und mein Rudel.

„Matthias“, Stephens Stimme lässt vermuten, dass er nicht zum ersten Mal mich anspricht.

„Entschuldigung“, doch Stephen schüttelt bereits den Kopf.

„Matthias es gibt ein Problem. Ben kann sich nicht verwandeln. Er sagt, dass er beim Angriff ein Wolf gewesen ist, aber er weiß nicht wie lange es her ist. Als ihr ihn gefunden habt, trug er Lumpen, was heißt, dass irgendwas in der Zwischenzeit passiert sein muss. Ich möchte ein paar Blutproben nehmen und sie testen lassen. Solange sollte Ben hier bleiben.“ Ich stehe auf und reiche Ben wortlos mein Handy.

„Ruf diesen Dante und den Rat an. Vielleicht haben Sie ein Idee. Es ist zu gefährlich das du hier bleibst. Ich hoffe du verstehst meine Situation?“ Ben nickt und nimmt schweigend das Handy an. Sofort wählt er eine Nummer und wartet bis abgehoben wird.

„Was?“ Fragt am anderen Ende jemand als abgehoben wird. Es ist ein leichtes das Gespräch auf beiden Seiten der Leitung verfolgen zu können.

„Freundlich wie eh und je Großer.“

„Ben verdammt Süßer wo bist du? Ist alles in Ordnung bei dir? Wem gehört die Nummer?“ Bei dem Kosewort beginne ich unweigerlich zu knurren und balle die Hände zu Fäusten. Ben muss es hören, denn er sieht mich mit einem Lächeln an.

„Dante Schatz du solltest herkommen und mich abholen. Ich bin im Shadow Rudel, aber es scheint einige Probleme mit meiner Position zu geben.“

„Was?“ Knurrt Dante vom anderen Ende. „Was bildet der verdammte Alpha sich da ein? Ich werde mich sofort auf dem Weg machen. Erhole dich, damit ich dich direkt mitnehmen kann. Ich werde Dad und dem Rat Bescheid geben.“

„Danke Schatz und mach dir keinen Kopf. Der Alpha wird bald ganz andere Probleme haben, mit denen er klar kommen muss.“ Lacht Ben und Dante stimmt mit ein. Ich wiederum knurre erneut. Bin ich wütend auf die Art und Weise wie die beiden miteinander umgehen, oder auf die Aussage von Ben? Ich weiß es nicht und gerade fehlt mir auch die Geduld, dem auf den Grund zu gehen.

Noch immer lächelnd reicht mir Ben das Handy zurück. Ich bin noch missmutig, reiche ihm dennoch vorsichtig das Tablett damit er essen kann.

Stephen hat irgendwann während des Telefonats das Zimmer verlassen.

„Wann kann ich mit Dante rechnen? Ich meine...“ Ja was will ich eigentlich sagen? Ich drehe mich zum Fenster und starre einfach hinaus.

„Erzähl mir mal wo wir genau sind. Ich meine klar, der Name deines Rudels ist bekannt, aber der genaue Standort?“

„Wir sind nur eine Stadt entfernt vom Carson Rudel.“

„Gut, dass sollte Dante hinbekommen. Wenn er sofort losfährt, dann wären es ungefähr zehn Stunden.“ Ich sollte einfach froh sein, dass er so schnell wieder verschwindet, ganz egal was Stephen gesagt hat, aber irgendwie behagt mir der Gedanke gar nicht. Was zum Teufel stimmt nicht mit mir? Oder mit Ben? Wütend drehe ich mich um und stampfe aus dem Zimmer. Gehe schnurstracks in mein Büro und tigre unruhig hin und her.

Ben ist ein Alpha. Er ist gefährlich für mich und mein Rudel. Gleichzeitig reagiert mein Körper mit einem Summen, das mich regelrecht unter Strom setzt.

„Scheiße“, fluche ich und schlage gegen die Wand. Ich höre wie sich jemand dem Raum nähert. In dem Moment, als die Tür aufgeht drehe ich mich um.

„Halt die Stellung!“ Damit renne ich an meinem Beta vorbei, geradewegs aus dem Haus. Ich mache mir nicht die Mühe um stehenzubleiben. Reiße beim Rennen mir die Sachen vom Leib und verwandle mich im Sprung.

Alle Geräusche und Gerüche werden intensiver. Die Farben dafür dumpfer. Meine Pfoten tragen mich Kilometer weit. Zuerst zur Grundstücksgrenze in den Norden, fast zwanzig Kilometer entfernt und von da an folge ich dem Zaun.

Es sind Stunden vergangen, als ich mich an einem Bachlauf erschöpft niederlege und die Augen schließe.

Nicht jedoch bevor ich etwas von dem kühlen Nass getrunken habe.

Ich muss eingeschlafen sein, denn als ich die Augen öffne dämmert es bereits. Wie lange bin ich schon hier draußen?

Ich sollte zurückkehren, sicher machen sich die anderen schon Gedanken.

Na ja Gedanken werden sie sich so oder so machen. Schließlich kommt es nicht allzu oft vor, dass ich trotz Gäste so planlos mein Zuhause verlasse. Aber ist das überhaupt noch mein Zuhause? Ben, ein Alpha ohne Rudel hat sich darin breit gemacht, obwohl er ja genau genommen nur im Gästezimmer ist. Aber trotzdem, es fühlt sich so anders an, seitdem er da ist. Aber auch ich fühle mich anders. Fremd in meiner eigenen Haut. Nur ein Gedanke an den Alpha reicht aus. Mein Herz schlägt viel zu schnell, mein Puls rast und ein Kribbeln durchläuft meinen ganzen Körper. Energisch schüttet mein Wolf den Kopf. Mein Tier schreit mir zu, zurück zu Ben zu gehen. Ihn zu behalten und zu markieren. Nur ich als Mensch denke Rationaler und kämpfe den Drang hinunter. Es ist falsch Schreie ich mir immer wieder zu. Der Wolf knurrt und duckt sich bedrohlich. Für einen Moment bin ich eingeschüchtert, doch ich bleibe standhaft. Zwangsläufig führt diese Auseinandersetzung dazu, dass ich mich zurück verwandle. Als Mensch nackt im Wald zu laufen ist im Frühjahr jedoch nicht sehr angenehm, so dass ich mich beeile.

 

Auf der Veranda liegen meine Sachen auf einem Stapel. Schnell ziehe ich mich an und schlüpfe ins Haus. Herrlicher Essensgeruch empfängt mich und führt mich geradewegs in die Küche.

Wortlos stellt mir Stephen eine Schüssel Eintopf hin.

„Danke“, ist alles was ich sage.

„Die Kinder sind gestern Abend hier gewesen. Lucy hat alles mit ihnen besprochen. Ben schläft viel, aber soweit scheint es ihm besser zu gehen. Nur kann er sich noch immer nicht wandeln. Dante hat sich auf deinem Handy gemeldet, er müsste gegen acht Uhr hier sein.“ Ich blicke an die Wanduhr und seufze. Wir haben bereits sieben Uhr durch. War ich tatsächlich an die zehn Stunden weg gewesen?

„Warum hat mich niemand geholt?“

„Weil du den Abstand brauchst. Matthias du weißt was Ben für dich ist oder?“ Bei der Erwähnung des Mannes zieht sich alles in mir zusammen und ich starre Stephen wortlos an.

Stephen schüttelt langsam den Kopf und seufzt.

„Ganz ehrlich, wie lange bist du schon Alpha?“

„“Sechs Jahre und ich weiß, dass ich mit einunddreißig noch relativ jung bin.“ Antworte ich ohne Nachzudenken und sehe Stephen verständnislos an.

„Ich weiß. Du wurdest ins kalte Wasser geworfen, als deine Eltern gestorben sind. Wir alle stehen geschlossen hinter dir und haben die Entscheidung nie in Frage gestellt.“ Stephen mustert mich eine Weile bevor er weiter spricht. „Du hast nie nach der Gefährten Bindung gefragt, warum?“ Ich zucke beiläufig mit den Schultern.

„Ich bin schwul Stephen, meinen Eltern hat es nicht interessiert, aber als Alpha? Wer sollte mich noch akzeptieren? Wer sagt, dass es einen Gefährten für Schwule oder Lesben oder sonst was gibt?“ Ich habe nicht bemerkt wie sich meine Stimme und Haltung verändert hat, erst als Stephen leise winselt und den Kopf zur Seite senkt, reagiere ich in dem ich erschrocken Luft hole. „Stephen es...“ Stephen ist schneller als ich sprechen kann. Sofort steht er vor mir und zieht mich in eine Umarmung.

„Es ist okay Matthias. Ich kann deine Reaktion sogar etwas verstehen, aber dein Verhalten bei Ben. Kommt dir das nicht seltsam vor?“ Unbeholfen zucke ich mit den Schultern.

„Er ist ein Alpha Stephen. Ich kann und darf nicht zulassen, dass er mir oder meinem Rudel gefährlich wird.“

„Ich hoffe, dass Ben dir die Wahrheit zeigen kann.“ Stephen schüttelt den Kopf. „Geh duschen, bevor Dante hier auftaucht.“ Damit dreht sich Stephen um und verlässt das Haus.

Noch eine ganze Weile stehe ich in der Küche und starre die Tür an.

Ich verstehe die Worte nicht wirklich, die der Arzt gesagt hat. Dann erinnere ich mich an den bevorstehenden Besuch und verschwinde schließlich im Badezimmer.

4

 

4)

Ich schaffe es gerade aus der Dusche, als ich höre wie ein Auto vorfährt. Schnell ziehe ich mir eine Jogginghose über die nassen Beine und gehe zur Tür um den Besuch zu begrüßen.

Kaum öffne ich die Tür, erstarre ich. Mir fehlen merklich die Worte und mein Körper scheint mir auch nicht mehr gehorchen zu wollen.

Ein Mann steigt aus dem Auto. Legere Sachen, lange Haare, die ihm über die Schulter bis zur Hüfte fallen.

Als er sich zu mir dreht erkenne ich ein attraktives Gesicht.

Seine Statur ist muskulös und scheinen die Sachen fast zu sprengen. Ein Lächeln ziert sein Gesicht als er mich erblickt. Erst im Näherkommen wird mir die Ähnlichkeit zu Ben bewusst.

„Alpha“, begrüßt er mich und legt seinen Kopf leicht zur Seite.

„Ich nehme an du bist Dante.“

„Ja, Ben sagte mir, dass ich ihn hier finden werde.“

Ich bedeute Dante ins Haus zu kommen. Beim Vorbeigehen nehme ich seinen Geruch auf. Im Gegensatz zu seinem Bruder ist Dante ein Beta Wolf. Aber das ist nicht das, was mich in Alarmbereitschaft versetzt. Sein Duft ist es, der mich erstarren lässt.

Wald und Regen, total berauschend. Widerwillig schüttle ich den Kopf und schließe die Tür.

„Wie geht es Ben? Am Telefon hat er nicht sehr viel verraten.“

„Stimmt, da war er damit beschäftigt über mich herzuziehen.“

Dante verzieht seine Lippen zu einem Lächeln bei dem es mir heiß über den Rücken läuft. Er deutet mir voran zu gehen und so bringe ich ihm zum Zimmer in dem Ben liegt. Doch weigere ich mich das Zimmer zu betreten.

Was auch keiner der beiden Wölfe möchte, da mich niemand zurück ruft als ich die Tür schließe und in meinem Büro verschwinde.

Unruhig laufe ich im Zimmer hin und her. Ich schaffe es einfach nicht mich zu beruhigen. Beide Wölfe im Gästezimmer setzen mich in Alarmbereitschaft.

Ben, ein Alpha und sein Beta-Bruder.

Missmutig schüttle ich den Kopf. Meine Gedanken werden je unterbrochen, als es an der Tür klopft. Meine Instinkte springen sofort an, aber es ist nur Lucy.

„Komm rein Lucy. Was ist los?“

„Ich habe das Auto gesehen und wollte nach dem Rechten sehen.“

Unweigerlich entkommt mir ein Knurren, woraufhin Lucy die Hände ergeben hebt.

„Nein Alpha so habe ich es nicht gemeint. Ich will damit nicht andeuten dass du schwach bist. Ich kenne deine Einstellung und deine Reaktion auf den Alpha. Und na ja was soll ich sagen. Dieser fremde Wolf scheint vom Geruch her dem des Alphas ähnlich zu sein. Magst du mir erzählen?!“ Lucy hat es als Frage getarnt, doch die Besorgnis ist deutlich heraus zu hören.

„Es ist Dante, Bens Bruder. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen Zwillinge. Er ist sein Beta und gerade ist er bei Ben und keine Ahnung was sie bereden.“ Lucy lächelt verschwörerisch und beißt sich auf die Unterlippe.

„Wenn du möchtest bringe ich den Herren einen Snack um mir selbst ein Bild von ihm zu machen. Vielleicht...“ Lucy unterbricht sich da mein Knurren immer lauter wird. Ergeben erhebt sie die Hände und ein breites Lächeln breitet sich bei ihr aus. Dieses verdammte Weib weiß genau welche Knöpfe sie bei mir drücken muss.

Noch immer knurrend gehe ich in die Küche, Lucys Lachen begleitet mich. Als ich jedoch unschlüssig in dem großen Bereich stehe, kommt sie mir helfend entgegen und innerhalb weniger Minuten steht ein Teller mit belegten Broten, eine Kanne Tee sowie eine Flasche Wasser mit Gläsern auf einem Tablett. Schweigend nehme ich es an mich. Lucy klopft an die Tür zum Gästezimmer und nachdem sie die Tür geöffnet hat, verschwindet sie sofort.

Der Anblick, der sich mir bietet ist verstörend und anregend zu gleich.

Dante sitzt nicht wie erwartet auf einem Stuhl sondern neben Ben im Bett. Dessen Kopf auf Dantes Schoß liegt, die Augen geschlossen.

Mit hochgezogenen Augenbrauen stelle ich das Tablett auf den Nachtschrank und will mich gerade zum Gehen wegdrehen, als eine Hand meinen Arm ergreift und mich festhält. Verwundert blicke ich von der Hand den Arm entlang in Dantes Gesicht, der mir still bedeutet mich zu setzen.

Mein Kopf schreit nein, ich will diese intime Situation nicht ausgesetzt sein, gleichzeitig begehrt mein Körper auf, genau dort zwischen diesen beiden Männern zu gehören. Mit einem leisen Seufzer will ich mich zum Stuhl abwenden, doch Dante lässt mich nicht los und deutet auf das Bett. Ergeben nicke ich und setze mich schließlich auf die Bettkante. Zwar lockert sich jetzt der Griff, aber der Körperkontakt reißt nicht ab.

Sanft beginnen die Finger mich zu streicheln. Wie gebannt starre ich auf die Berührung. Warum? Will ich fragen, doch kein Laut verlässt meine Lippen.

„Dante?“ Schlaftrunken ist Bens Stimme und als Dante beruhigend über seinen Kopf streicht wird Ben sofort wieder ruhiger. Dantes Streicheln beruhigt meinen Wolf auf eine Art die ich nicht kenne und nicht verstehe. Meine Lider werden immer schwerer und ich kann die Augen kaum noch offen halten. Dante zieht leicht an meinem Handgelenk und ohne mich wehren zu können kippe ich zur Seite. Panisch reiße ich die Augen wieder auf und will mich aufrichten, doch Dantes Hand auf meinem Kopf drückt mich zurück an seine Brust.

„Entspann dich Alpha.“ Raunt er mir leise ins Ohr, wobei sein Atem meinen Nacken streift und ich zusammen zucke. Seine Hand wandert in meinen Nacken, den er sanft massiert und mich damit einlullt.

 

„Dante warum?“

„Du weißt es genau mein Herz. Er gehört genauso zu uns wie wir zu ihm.“

„Aber er hat ein Problem damit. Er wird uns nie akzeptieren.“

„Dann müssen wir ihn überzeugen. Wo ist mein geliebter herrischer Alpha hin?“

Noch immer liege ich in Dantes Arm. Ich bin tatsächlich eingeschlafen und ich fühle mich erholt. Wie lange habe ich geschlafen? Und was ist das für eine eigenartige Unterhaltung gewesen? Oder träume ich das alles nur?

 

Mir ist heiß. Ich fühle mich als wenn ich unter einer schweren Decke liegen würde. Langsam wache ich auf und versuche mich zu befreien, aber es geht nicht.

„Sch, ganz ruhig Wolf, alles ist gut.“ Dantes leise Worte und seine sanften Berührungen lassen meinen Wolf leise winseln und ich dränge mich der Berührung entgegen. Aber auch auf meiner anderen Seite drängt sich ein Körper an mich und ich will mich panisch umdrehen, aber Dante ergreift mein Gesicht und hält meinen Blick gefangen.

„Entspann dich Wolf“, raunt Dante mir zu, wobei sich dabei leicht unsere Lippen berühren. Kleine Stromschläge lassen meine Haut prickeln. Noch extremer wird es, als ein zweites Paar Lippen meinen Nacken liebkosen.

„Nein!“ Vehement versuche ich mich zu befreien und als die beiden mich nicht lassen knurre ich bedrohlich. Doch im Gegensatz zu allen anderen Wölfen meines Rudels, scheinen diese beiden nicht beeindruckt zu sein.

„Alpha du machst uns keine Angst.“ Flüstert Ben hinter mir in mein Ohr und beißt sanft hinein. Mein Wolf will sich unterwerfen, genießen was die beiden Männer mir scheinbar frei geben wollen, aber mein menschliches Sein darf und kann es nicht zulassen.

„Ich kann nicht.“ Schreie ich panisch, springe aus dem Bett und renne aus dem Zimmer. Ich halte nicht an, selbst als Hände versuchen mich zu halten. Sobald ich das Haus verlasse, reißt der Wolf an mir. Noch verspüre ich den Drang, zu diesen Männern zurück zu gehen, doch der Wolf verspürt meine Bedenken und gibt nach. Sobald nur noch der Drang zum Rennen vorherrschend ist, lasse ich die Wandlung zu und meine Kleidung zerreißt.

Ich renne, bis mich die Erschöpfung in die Knie zwingt und ich hechelnd zu Boden sinke. Müde schließe ich die Augen. Sofort sehe ich beide Männer vor mir und verzweifelt winselt mein Wolf. Doch Gott sei Dank bin ich zu müde um überhaupt noch einen Schritt zu gehen.

Wie lange ich weggetreten bin weiß ich nicht, aber das nähern eines Tieres lässt mich witternd die Nase heben. Es ist Darryl, der ungeachtet meines Knurrens sich neben mich legt. Wobei er seinen Kopf auf meinen Rücken legt. Irgendwann verwandelt er sich und beginnt mich zu streicheln, während er weiterhin neben mir sitzt.

„Weißt du Mattes, so langsam wird das zu einer Eigenart von dir, ständig abzuhauen wenn dir etwas zu viel wird. So kenne ich dich nicht. Wo ist mein Alpha der keine Gefahr scheut? Komm wandle dich mein Freund und lass uns reden.“ Grollend erhebe ich mich und schüttle mein langes silber-weißes Fell, bevor ich mich schließlich wandle und mich wieder neben Darryl setze.

„Was stört dich so an Ben? Ist es weil er ein Alpha ist, oder weil er für den Rat arbeitet? Ganz ehrlich Mattes du solltest mit ihm reden.“ Überfällt mich Darryl auch sofort. Seine Worte lassen mich innerlich verkrampfen. „Nachdem was Stephen und Lucy erzählen, scheint Ben dein Gefährte zu sein.“ Mein Knurren unterbricht Darryl zwar, aber das Lächeln in seinem Gesicht sagt alles. „Lass uns zurückkehren. Du musst dich ihm stellen, oder willst du wirklich zulassen das er wieder geht?“

„Nein ich... ach Scheiße Dar, wie soll ich das hinbekommen. Mein Wolf schreit nach Ben und auch Ben scheint kein Problem damit zu haben. Aber ich als Mensch? Dar ich kann es nicht. Was ist wenn er mein Rudel will? Verdammt ja Dar ich habe Angst. Angst alles zu verlieren.“ Ich bin aufgesprungen und schlage immer wieder meine Fäuste gegen einen Baum. Meine Stimme wird dabei immer lauter und schriller. Darryls Arme schlingen sich um meinen Oberkörper und hält mich fest.

„Du musst mit ihm reden Mattes.“ Seufzend sacke ich gegen seine Brust und ich lasse den Kopf hängen.

„Lass uns als Mensch zurückgehen Deine Hände sind blutig und als Wolf hättest du Schmerzen. Im Haus rufe ich Stephen an, damit er sich die Verletzungen ansieht.“ Verwundert blicke ich auf meine Hände, ich verspüre noch keine Schmerzen, aber alles ist blutig und es tropft unaufhaltsam auf den Boden.

„Als Wolf sind wir schneller. Die Schmerzen werde ich aushalten.“ Darryl drückt mich noch einmal bevor er zurücktritt und seinen sandfarbenen Wolf heraus lässt.

 

Es ist schmerzhaft, doch mein Wolf hat nur Ben und Dante im Kopf und so ignoriere ich alles und laufe so schnell es die wunden Pfoten erlauben.

Darryl ist vor mir am Haus, verwandelt sich sofort zurück und öffnet die Türen, so dass ich direkt ins Badezimmer durch laufen kann.

„Was... verdammt Matthias was ist passiert?“ Dante steht in der Tür, gerade als ich mich zurück wandle.

Noch bevor ich auch nur ein Wort sagen kann ist er bei mir und umfasst meine Handgelenke.

„Oh mein Gott Wolf was hast du gemacht?“ Sofort drückt er mich auf den Toilettendeckel, befeuchtet einen Lappen und beginnt vorsichtig das Blut abzuwaschen.

„So wird das nichts. Ich kann die Wunden nicht erkennen.“ Dante dirigiert mich von der Toilette zum Badewannenrand, von wo aus ich die Hände ins Waschbecken halten kann, wo er lauwarmes Wasser über meine Wunden laufen lässt.

„Mattes Stephen ist in zehn Minuten da. Er sagt... oh“ Darryl verstummt in der Badezimmertür und beobachtet überrascht das Geschehen. Dante knurrt warnend, als Darryl näher kommen möchte und als ich versuche als Reaktion meine Hände wegzuziehen hält er sie an meinen Handgelenken fest. „Okay ich sehe du bist gut versorgt. Ich werde eine Kleinigkeit zu essen machen und auf Stephen warten.“ Dankbar nicke ich Darryl zu, bekomme irgendwie keinen Ton heraus.

Nach einigen Minuten wickelt Dante Handtücher um meine Hände und dirigiert mich zu einem erschrockenen Ben aufs Bett, genau in dem Moment erscheint auch Stephen, der jedoch durch das Knurren von Ben in der Tür stehen bleibt.

„Kommen sie rein. Sie müssen der Doc des Rudels sein.“ Spricht Dante Stephen an und bedeutet Ben stumm sich zu benehmen.

„Ja, Stephen und bitte du. Unser Beta hat mich angerufen. Matthias hatte einen Zusammenstoß mit einem Baum gehabt.“ Ungeachtet des leisen Grollens von Ben, der sich leicht an mich drückt, kommt Stephen auf mich zu.

„Willst du reden Alpha?“ Fragt Stephen leise, als er mir gegenüber auf einem Stuhl sitzt und das erste Handtuch entfernt.

„Danke, aber das muss ich alleine hinkriegen.“ Skeptisch blickt Stephen auf bevor er weiter macht.

„Aber hoffentlich nicht so. Ganz ehrlich ich weiß nicht wie du es geschafft hast, aber einige Wunden muss ich nähen. Matthias Ehrlich kläre es bevor ich noch viel mehr als das machen muss.“ Ungeachtet des Knurrens beider anderer Männer und den besitzergreifenden Armes der sich um mich legt, schaut sich Stephen meine andere Hand an und nickt. Kurz darauf fixiert er Ben.

„Halte ihn fest solange ich ihn nähe. Unser Alpha verträgt keine Betäubung.“ Im nächsten Augenblick sitzt auch Dante neben mir.

Tief durchatmend schließe ich die Augen und lasse den Kopf nach hinten fallen bis er an einem Körper halt findet. Ruhig atme ich ein und aus, versuche mich so gut es geht zu entspannen, als Stephen die Wunden mit wenigen Stichen näht. Anschließend verbindet er die Hände.

„Wenn du etwas bemerkst sag mir Bescheid. Ansonsten komme ich morgen Abend wieder vorbei. Die Verbände bleiben drum und versuche die Hände ruhig zu halten.“ Ich lehne noch immer an den Männern und nicke einfach nur. „Wie sieht es bei dir aus Ben?“

„Es heilt und mir geht es besser danke.“

„Hast du noch einmal versucht dich zu wandeln?“ Die Antwort bekomme ich nicht mit, da sie nicht laut ausgesprochen wird. Und so neugierig ich auch bin, mir fehlt die Kraft mich zu bewegen.

Alles schmerzt und ich wünsche mir gerade nichts sehnlicher als einen tiefen Schlaf oder gar eine Ohnmacht. Es kann zeitweise ein ganz mieser Fluch sein, Medikamente, Betäubung und sonst solcher Sachen nicht zu vertragen.

„Okay lass mich noch eine Blutprobe bei dir nehmen und dann lasse ich euch zufrieden vorerst. Darryl wird gleich mit etwas zu Essen kommen, vielleicht magst du ihm helfen.“ Er muss Dante angesprochen haben, denn etwas bewegt sich neben mir. Bevor ich jedoch umkippe, werde ich sanft hingelegt. Ein leises Stöhnen meinerseits ist meine einzige Reaktion.

„Du musst geduldig und hartnäckig mit ihm umgehen. Er ist jung unser Alpha geworden. Matthias hat Angst und auch wenn ich keine Bedrohung von dir spüre, kann ich ihn verstehen. Du bist um einiges mächtiger als er.“ Stephen muss annehmen dass ich eingeschlafen bin, oder er weiß, dass ich wach bin und spricht mit Ben weil er weiß, dass ich nicht reagieren kann. Also können schon, aber ich bin zu sehr damit beschäftigt die Schmerzen weg zu atmen.

„Ob Stärker oder nicht, als Mensch und auch als Wolf möchte ich kein Rudelalpha sein. Ein Alphagefährte oder allgemein ein Gefährte ja, aber mehr... Weißt du Stephen ich bin durch und durch Vollstrecker. Ich habe kein Bedürfnis ein eigenes Rudel zu führen.“

„Mach es ihm begreiflich. Ich sehe das ihr Gefährten seid, ob er will oder nicht.“ Kurz darauf verlässt Stephen das Zimmer. Ben dreht sich zu mir und legt einen Arm über meinen Oberkörper.

„Du hast deinen Doc gehört und auch mich.“ Raunt er mir ins Ohr, so dass seine Lippen meine Haut berühren. Leise stöhne ich und drehe ihm mein Gesicht zu. Leicht legt er eine Hand an meine Wange.

„Es ist nur schwer für mich das alles zu akzeptieren. Du und Dante, was seid ihr?“

„Warum ist es schwer für dich zu verstehen, dass wir zusammen gehören können? Dante und ich sind Cousins, aber da wir uns so ähnlich sind werden wir die Zwillinge des Rats genannt.“

„Der Rat, solltet ihr euch nicht bei ihm melden?“

„Das habe ich bereits getan.“ Ertönt es von der Tür und langsam drehe ich mich auf den Rücken.

Dante und Darryl kommen mit je einem Tablett voll essen ins Zimmer. Argwöhnisch beobachte ich das Besteck, denn mit den bandagierten Händen wird es nicht so einfach werden.

Nur bekomme ich erst gar nicht die Gelegenheit danach zugreifen. Dante setzt sich zu mir, während Darryl Ben seinen Teller reicht, und beginnt mich zu Füttern. Ich knurre verhalten und will protestieren, aber ein bedeutsamer Blick von Darryl lässt mich verstummen. Gehorsam esse ich, was Dante mir reicht. Zur Belohnung erzählt er weiter.

„Darryl hat mir berichtet was deine Kids und deine Beta erlebt haben und welche Spekulationen sie diesbezüglich haben. Plus das was mir Ben erzählt hat. Das alles habe ich dem Rat weitergegeben und dieser bat uns, dem sobald es geht auf die Spur zu gehen. Da Ben noch einige Tage ausfallen wird, möchte ich dich als Alpha bitten, mir deine Beta und eines der Jugendlichen zur Verfügung zu stellen, damit ich mir mit ihnen die Stadt und alles erkundigen kann.“

Mit offenem Mund starre ich Dante an, was Ben und Darryl zum Kichern bringt.

„Was?“ Frage ich verunsichert meinen Beta doch er schüttelt feixend den Kopf.

„Unser Alpha ist es nicht gewohnt das der Rat um etwas bittet.“ Erklärt Darryl den beiden Vollstreckern, woraufhin sie die Köpfe schütteln.

„Wir arbeiten zwar für den Rat, aber wir gehören ihm nicht an. Natürlich haben wir auch die Befugnis mit Befehlen uns zu nehmen, was wir wollen, aber das ist nicht unser Ziel. Nicht hier bei dir.“ Erzählt Ben, wobei er den letzten Satz direkt mit Blick in meinen Augen sagt.

„Mattes“ fragend sieht mich Darryl an und als ich nicke erwidert er die Geste und verlässt wortlos das Zimmer.

„Er wird Lucy und Credo holen. Der Junge hat Freunde in dem anderen Rudel.“

„Danke“, Dante lächelt mich an und hält mir die nächste Gabel voll Essen vor dem Mund.

Kaum habe ich alles aufgegessen beginne ich herzhaft zu gähnen und immer wieder fallen mir die Augen zu. Ein Blick zu Ben zeigt mir, dass es ihm genauso geht.

„Darryl hat Kräuter mit ins Essen gemacht. Er sagt, die werden euch helfen.“ Ergeben lege ich mich zurück. Sofort ist Ben neben mir und zieht mich ungefragt an sich. Ich bin zu müde um zu protestieren und so kuschle ich mich an ihn, schließe die Augen und schlafe kurz darauf ein.

5

 

5)

Ich erwache allein im Zimmer. Im ersten Moment kommt mir alles fremd vor. Bis mir einfällt, dass ich im Gästezimmer liege.

Wo ist Ben nur hin und warum ist es so still im Haus? Die Tür ist nur angelehnt, so dass ich ohne Schwierigkeiten aus dem Zimmer komme. Ich bin es zwar gewohnt, aber jetzt, wo ich weiß das jemand da sein müsste, stört es mich. Langsam gehe ich ins Wohnzimmer von wo aus ich auch die Küche sehen kann. Das Fenster ist offen und ich höre Ben und Dante.

„Du musst mir vertrauen Ben.“

„Das ist ein Himmelfahrtskommando und das weißt du genau.“

Bens Stimme ist schrill und für einen Moment überlege ich, ob ich dazwischen gehen soll. Doch die nächsten Worte lassen mich stocken.

„Denkst du das weiß ich nicht? Ben du bist mein Herz, ich würde alles für dich tun.“

„Dann lass es sein. Es muss einen anderen Weg geben!“ Ich bin so dicht ans Fenster getreten, dass ich die zwei sehen kann. Dante schüttelt den Kopf und zieht Ben in seine Arme.

„Glaubst du nicht, dass ich danach gesucht habe? Es geht nicht anders. Du musst auf unseren Wolf aufpassen, er ist die Seele die uns zusammenhält.“

„Dante“, Ben entkommt ein schluchzen und stürmisch erobert Dante dessen Lippen.

„Alles wird gut gehen. Ich versuche mich alle zwei Stunden zu melden. Pass auf dich auf und beschütze unsere Seele. Wenn ihm etwas passiert.“ Ben legt Dante einen Finger auf die Lippen.

„Geh du dummer Wolf und Gnade dir Gott wenn dir etwas passiert.“ Ben unterbricht sich selbst und dreht sich ruckartig von Dante weg. Dieser schaut hoch zum Fenster und als er mich erblickt lächelt er traurig. Dann dreht auch er sich um und verschwindet. Ich kann nicht anders und trete auf die Terrasse. Als Ben mich sieht kommt er zu mir und ohne ein weiteres Wort ziehe ich ihn in meine Arme. Wie ein Ertrinkender krallt er sich an mir fest. Weg ist der starke Alpha. Nur ein Mann voller Kummer lehnt in meinen Armen.

„Komm wir gehen rein und ich mache dir einen Tee. Solltest du eigentlich nicht noch etwas liegen?“ Ben lehnt sich leicht zurück und lächelt mich schief an.

„Ich sollte liegen, wie du deine Hände nicht benutzen solltest. Wir sind schon ein komisches Paar.“ Das Wort Paar schnürt mir die Kehle zu und etwas unbeholfen streiche ich ihm sanft über die Wange. Schließlich löst er sich von mir und geht vor mir ins Haus.

Ich bin hin und her gerissen zwischen dem Verlangen zu erfahren was das Gespräch mit Dante zu bedeuten hat und dem Respektieren ihrer Privatsphäre. Aber wenn ich es richtig gedeutet habe, geht es doch irgendwie auch um mich, oder liege ich da falsch?

„Mattes ist alles in Ordnung?“ Lucy und Credo kommen gerade zu meinem Haus und unterbrechen meine Gedankengänge

„Luc alles okay?“

„Ja und nein. Also ja mit unserem Rudel ist alles in Ordnung. Nur Credo hat beunruhigende Nachrichten bekommen.“

„Ich bedeute beiden ins Haus zu gehen, wo Ben bereits eine Kanne Tee gekocht hat.

„Hallo Ben, wie mir scheint geht es dir wieder gut.“

„Hey Lucy ja danke. Ich habe Kräutertee gemacht, ich hoffe das ist in Ordnung.“

„Danke“, wir setzen uns alle an den Tresen.

„Ich habe heute Morgen eine Nachricht von Sue bekommen. Denver ist seit sechs Tagen verschwunden. Sie hat die ganze Zeit versucht ihn zu erreichen. Der Alpha des Carson Rudel hat sie ruhig gestellt mit der Aussage, dass er einen Job für ihn erledigt. Mittlerweile gibt es dort nur noch Kinder, Frauen und Alte. Sämtliche männliche Rudelmitglieder zwischen zwanzig und fünfzig Jahren sind verschwunden. Es gibt keine Spur. Sie bat mich um Hilfe, aber was soll ich machen?“

„Hilfe ist bereits da.“ Bens Stimme ist leise und er hält den Kopf gesenkt, so dass er das nicken von Credo nicht sieht.

„Ja dein Bruder Dante hat sich heute Morgen mit mir getroffen.“

„Ich weiß, vor einer halben Stunde ist er in die Stadt gefahren. Wir haben vereinbart, dass er sich alle zwei Stunden hier meldet.“ Ich kann nicht anders, stehe auf und umarme Ben von hinten. Er dreht den Kopf zur Seite und lehnt sich gegen mich. Ich hinterfrage mein Handeln gerade nicht. Bens Wohlergehen ist mir wichtiger. Über meine Handlungen kann ich mir später noch genügend Gedanken machen.

„Warum habt ihr nichts gesagt?“ Frage ich vorsichtig. Ich weiß sie arbeiten für den Rat, aber auch sie dürfen doch andere um Hilfe bitten. Oder nicht?

„Es ist nicht eure Aufgabe. Matthias ihr seid keine Kämpfer. Dante und ich sind ausgebildete Jäger und Killer.“ Ich spüre wie er die Luft anhält. Wartet auf meine Reaktion, meine Worte. Doch ich beuge mich nur zu ihm und hauche einen Kuss auf seinen Kopf.

„Dummer Wolf. Wir sind vielleicht keine Kämpfer, aber dafür hervorragende Fährtenleser. Es gibt keine Spur, die wir nicht finden. Wir gelangen immer an unser Ziel. Kannst du Dante kontaktieren und ihm das mitteilen?“

Ben schüttelt leicht den Kopf und holt zitternd Luft.

„Ich musste ihm versprechen darauf zu achten, dass keiner von euch in Gefahr gerät.“

„Was zum Teufel...“ Ich löse mich von Ben und gehe einige Schritte zurück. Wütend schlage ich mit der bandagierten Hand gegen eine Wand und bereue es sofort. Stechender Schmerz breitet sich aus und ich merke, wie es warm wird. Verdammt, es blutet wieder. Ohne ein weiteres Wort flüchte ich ins Badezimmer und halte die Hand samt Verband unter lauwarmes Wasser. Ob es richtig ist? Keine Ahnung, Hauptsache der Schmerz lässt nach.

Bestimmt klopft es an der Tür doch ich reagiere nur mit einem warnenden Knurren.

„Entweder lässt du mich jetzt nach deiner Hand sehen oder ich sorge dafür, dass du einen Maulkorb bekommst. Alpha oder nicht, du nützt uns nichts wenn du geschwächt bist.“

„ich nütze ja scheinbar auch gesund niemanden etwas.“ Keife ich zurück, lasse Stephen aber eintreten.

„Kannst du dich daran erinnern wie Lucy und ich uns kennengelernt haben?“ Stephen wartet meine Antwort gar nicht erst ab und erzählt direkt weiter. „Es ist ungefähr zu der Zeit gewesen, als du Alpha geworden bist. Ich bin eigentlich nur auf der Durchreise gewesen und in einem Hinterhalt geraten. Es ist Lucy gewesen, die mich gerettet hat. Sie bat um Hilfe, wusste dass sie damit gegen die Regeln verstößt und nahm mich mit. Dein Vater ist der Alpha gewesen, deine Mutter eure einzige Ärztin. Euer Rudel ist angegriffen worden und noch immer waren viele verletzt. Während ich mich um die Verwundeten gekümmert habe, hatte Lucy alle Hände damit zu tun dich zu unterstützen. Wir haben sofort gewusst was wir sind, aber keiner hatte Erfahrung oder Zeit. Es ist eine Zerreißprobe gewesen, den je länger wir es ignoriert haben, desto ungemütlicher wurden wir. Nicht nur uns gegenüber, sondern auch zu anderen. Du brauchst Ben und er braucht dich. Jetzt wo sein Bruder weg ist noch mehr.

„Cousins und ich glaube sie sind ein Paar.“ Meine Aussage lässt Stephen stocken.

„Na noch besser. Einen Alpha und einen Beta. Zwei Vollstrecker die alles für dich tun würden. Was Besseres gibt es doch gar nicht.“

„Außer die Tatsache das ich schwul und Alpha bin. Ich nie Nachkommen haben werde und mir gesagt wurde, dass ich nie einen Gefährten finden würde.“

„Alles Bullshit Matthias. Geh zu ihm und rede endlich mit ihm. Sonst habe ich dich wirklich bald auf dem Seziertisch.“

Ich habe gar nicht bemerkt dass er die Hand verarztet hat. Nur habe ich jetzt nicht nur einen neuen Verband sondern auch eine Schiene am Handgelenk.

„Angebrochen! Du benutzt zu viel Kraft. Deine Aggression wird zu stark. Regel das!“ Damit geht Stephen aus dem Badezimmer und lässt mich verdattert allein zurück.“

„Scheiße“, ich will gerade mit der wohl bemerkt angebrochenen Hand gegen die Wand schlagen, als sie abgefangen wird.

„Es reicht!“ Knurrt Ben und zieht mich hinter sich her ins Büro

„Was zur Hölle stimmt nicht mit dir?“ Unsanft stößt er mich auf meinen Sessel und versperrt mir die Möglichkeit aufzustehen.

„Mit mir?“ Ungeachtet seiner Person stehe ich auf und beginne unruhig im Raum umher zu gehen.

„Du kannst nicht mein Gefährte sein, du bist ein Alpha. Auch wenn ich die Tatsache außer Acht lasse, dass wir beide Männer sind. Ich kann dir nicht mein Rudel überlassen, was ich aus Freundschaft und Loyalität aufgebaut habe. Sie würden dich nie akzeptieren.“

Ben lässt mich reden, steht still am Schreibtisch gelehnt da und beobachtet mich, wie ich unruhig meine Runden ziehe.

„Du hast Recht!“ Überrascht bleibe ich stehen und starre Ben an, der mich sanft anlächelt. „Ja ich bin von Geburt her ein Alpha und mit Sicherheit um einiges Stärker und Kampferfahrener als du...“ Ich will gerade Luft holen um genau das zu bestätigen, doch ein leichtes Kopf schütteln von Ben lässt mich den Mund wieder schließen. „Ich habe noch nie ein Rudel geführt und habe es auch nicht vor. Ich bin ein Vollstrecker für den Rat und stehe damit über jedem Rudel. Auch hier wäre es nicht anders.“

„Das ist doch nur ein Grund mehr, warum das nicht geht. Ich und mein Rudel werden nie einen Befehl von dir annehmen!“

„Komm her!“ Bens Stimme wird mit einem leichten Knurren begleitet. Ohne nachzudenken stelle ich mich vor ihm hin und als er lächelnd seine Hände an meine Hüfte legt und mich zu sich zieht, lehne ich mich seufzend gegen ihn.

„Mh“, schnurrt Ben und reibt seine Nase an meinem Hals. „Du weißt schon, dass du mir gerade gehorcht hast ohne auch nur zu zögern oder?“ Er legt eine Hand in meinen Nacken und eine auf meinem Hintern und lässt mich nicht zurückweichen.

„Genau hier und jetzt wird es die einzigen Befehle geben. Ich möchte mich um dich kümmern und was hinter verschlossenen Türen passiert wird niemand erfahren. Ich habe kein Interesse daran, dir dein Rudel wegzunehmen. Ich möchte bei dir sein, dich unterstützen und beschützen. Bitte Matthias, gebe mir diese Chance. Du spürst es genauso wie ich, dass wir zwei zusammen gehören. Lass es mich dir beweisen.“ Seine Stimme ist leise und sanft, seine Lippen berühren beim Sprechen meine Haut und seine Finger spielen eine unbekannte Melodie.

„Ich möchte dir ja glauben, aber...“

„Kein Aber. Ich bin für dich da und werde es dir beweisen.“

„Was ist mit Dante und dem Rat?“ Gelingt es mir nun doch die Frage zu stellen.

„Für den Rat werde ich weiterhin arbeiten, aber es werden nur Aufgaben in unmittelbarer Nähe sein. Ich habe nicht vor dich länger als nötig allein zu lassen.“ Ben macht eine bedeutende Pause bevor er weiterspricht. Darauf bedacht, dass wir uns dabei in die Augen sehen. „Das Gleiche gilt für Dante. Er gehört genauso zu mir wie zu dir. Das spürst du doch oder?“ Unsicher lecke ich mir über die Lippen bevor ich leicht nicke.

„Gut“, Ben gibt mir einen sanften Kuss. „Du wirst sehen, alles wird gut werden.“ Damit drückt mich Ben fest an sich und verhindert so, dass ich erneut Fragen stelle.

 

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„Alpha ich habe Nachricht von Denver bekommen... oh“ Credo reißt die Bürotür auf, stutzt kurz und lächelt dann breit. Als ich ihn im Flur gehört habe, habe ich kurz mit der Idee gespielt mich von Ben zu lösen und seine Hände lockerten sich auch bereits. Dann jedoch habe ich meine Furcht hinunter geschluckt und mich mit den Rücken an Bens Brust gelehnt. Sanft haben mich seine Arme umschlungen und ein leises „Danke“ wurde in mein Ohr geflüstert.

„Was hat er geschrieben?“ Frage ich den Jungen der errötet ist, um ihn auf andere Gedanken zu bringen.

„Ah ja“, Credo zieht das Handy vor und nachdem er das Chatfenster geöffnet hat, reicht er es mir.

„Scheiße der Junge spricht von Dante. Es gibt nur ganz wenige zweifarbige Wölfe.“

„Aber was meint er damit?“

„C. hilf meinem Rudel. Ein fremder Alpha hat uns gestohlen. Der Teufel ist hinter uns her.“

„Dante hat durch die schwarz-rote Zeichnung den Spitznamen Dämonenwolf oder auch Teufel. Aber er ist kein Alpha. Matthias ich verstehe das nicht. Warum wurde ich so schwer verletzt und Dante...“ Beruhigend greife ich nach hinten und lege meine bandagierte Hand leicht an Bens Wange.

„Wir werden dem Ganzen auf die Spur gehen. Credo trommle bitte das Rudel zusammen.“ Ich werfe einen Blick auf die Wanduhr. „In drei Stunden, also achtzehn Uhr hier im Haus. Sie sollen alles mitbringen was sie für die Spurensuche brauchen.“ Credo nickt, nimmt sein Handy entgegen und verlässt zügig das Haus.

„Ich glaube es nicht Matthias. Dante ist so nicht. Er...“ Ben beginnt zu schluchzen und ich drehe mich um, um ihn richtig umarmen zu können.

„Es wird sich alles aufklären. Du vertraust ihm doch oder?“ Ben nickt an meiner Schulter. „Dann vertraue ihm auch hierbei. Ich kenne ihn nicht, aber ich habe das Gefühl, dass er sehr gut weiß was er tut und vor allem für wen er das tut.“

„Danke“, als Ben aufblickt sind seine Wangen leicht gerötet und ein verräterisches Glitzern ist in seinen Augen. Langsam komme ich ihm entgegen und zum aller ersten Mal berühren sich sanft unsere Lippen.

„Danke“, flüstert er noch einmal, als wir uns lösen. „Du kennst uns noch nicht und dennoch schenkst du mir Stärke, weil du an Dante und mich glaubst.“ Lächelnd schüttle ich den Kopf.

„Vielleicht kenne ich euch noch nicht, aber mein Wolf vertraut euch und ich vertraue ihm. Auch wenn ich selbst Angst habe und das alles nicht verstehe.“

„Ich werde dir Beweisen, dass du uns vertrauen kannst.“ Jetzt ist Ben derjenige, der die Hände an meine Wangen legt und mich zu sich zieht, bis sich unsere Lippen in einem langsamen zärtlichen Kuss berühren.

 

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Eine halbe Stunde bevor ich mit der Versammlung beginne, kommen die ersten Rudelmitglieder in mein Haus. Darryl und Lucy sind bereits früher gekommen um mir dabei zu helfen, einige Snacks vorzubereiten. Auch Ben hat seine Hilfe angeboten und so habe ich die drei etwas beobachtet. Darryl und Lucy sind freundlich, aber bestimmt mit Ben umgegangen. Haben ihm Aufgaben gegeben und wollten damit austesten wie Ben auf Befehle meiner Betas reagiert. Scheinbar zu ihrer Überraschung hat er alle Aufgaben ohne Murren erledigt. Lediglich ab und an nachgefragt, wenn er nicht wusste wie oder wo. Breit muss ich Lächeln, als mir einer nach dem anderen Blicke zuwerfen.

 

Als schließlich die ersten Mitglieder eintreffen kommt merklich Unruhe und Nervosität auf. Ben hat seine Aura zwar so gut es geht verborgen, dennoch kann man deutlich seinen Alpha wittern. Ruhig bleibe ich am Eingang stehen, begrüße einen nach dem anderen und beobachte das Geschehen im Inneren meines Hauses. Darryl und Lucy versuchen eine Brücke zu schlagen, aber nur die Welpen trauen sich wirklich zu Ben ran und fragen ihn aus.

„Du bist so stark wie Matthias!“ Stellt Mary, ein siebenjähriges Mädchen fest. Ben geht vor ihr in die Hocke, ehe er antwortet

„Ich bin sogar etwas stärker.“ Gibt er ehrlich zu und Mary zuckt mit den Schultern.

„Aber du tust keinem weh hier oder?“ Sicher und doch etwas lauernd stellt sie die nächste Frage. Mittlerweile haben sich mehrere Welpen um ihn gescharrt. Auch die Erwachsenen sind näher gerückt.

„Ich habe nicht vor einem von euch weh zu tun.“

„Und was ist mit unserem Alpha? Willst du ihn herausfordern?“ Die Frage kommt von Jazzy, die angriffslustig hinter den Welpen steht.

„Was?“ Erschrocken reißt Ben die Augen auf. Ich bin schon im Begriff einzuschreiten, aber Stephen, der in dem Moment das Haus betritt, legt eine Hand auf meine Schulter.

„Er muss da alleine durch Alpha. Er ist stark, wenn du jetzt einschreitest wird jeder denken, dass er dich nicht beschützen kann. Beobachte ihre Mimik.“ Mir ist unwohl, dennoch nicke ich, lehne mich zurück an die Wand und beobachte alles. Es stimmt was Stephen sagt. Die Mitglieder sind neugierig und offener, die Haltung nicht mehr so abweisen.

„Ich würde nie euren Alpha herausfordern wollen. Erst Recht nicht verletzen. Das könnte ich mir nie verzeihen. Er ist sehr wichtig für mich.“ Der ein oder andere Wolf beginnt zu schnuppern. Ben sagt die Wahrheit, den Lügen können wir riechen.

„Was ist er für dich?“ Fragt die kleine Mary wieder. Credo, der die Hände auf der Schulter der kleinen hat, beugt sich zu ihr und spricht im Theaterflüstern.

„Er ist das für Matthias, wie Mum für Dad.“ Weit reißt die Kleine die Augen auf, aber nicht nur sie.

„Aber das sind doch zwei Jungs!“ Ruft sie erschrocken aus. Ein Murmeln macht sich breit und Stephen gibt mir zu verstehen, dass ich zu Ben gehen soll. Ich lege beide Hände auf Bens Schultern und als er zu mir hochblickt und dann aufsteht, lächle ich ihn aufmunternd an.

„Ja wir sind zwei Jungs Mary.“ Ich richte meinen Blick auf alle meine Leute. „Ihr wisst alle, dass ich schwul bin, dennoch habt ihr mich als Alpha akzeptiert. Ben ist ebenfalls ein Alpha. Er arbeitet für den Rat und so wird es auch bleiben. Das Schicksal hat mir diesen starken Mann an meine Seite gestellt und ich habe beschlossen, dankbar dafür zu sein. Nie habe ich mit einen Gefährten gerechnet und das wisst ihr. Ich hoffe, dass ihr meine Entscheidung akzeptieren könnt.“ Keiner gibt einen Ton von sich. Selbst die Jüngsten warten gespannt auf die Entscheidungen der Alten. Schließlich tritt Darryl neben mich und legt Ben eine Hand auf die Schulter. Dabei blickt er in die Gruppe.

„Lucy und ich haben ihn bereits einige Tage beobachtet und auch heute haben wir ihn einige Aufgaben gestellt. Er hat kein Interesse daran uns als Beta zu vertreiben, noch uns irgendwelche Befehle zu geben. Er ordnet sich unter. Daher glauben wir was er sagt und zweifeln nicht an seiner Ehrlichkeit.“

Langsam neigt einer nach dem anderen seinen Kopf. Selbst die Welpen folgendem Beispiel.

„Danke“, sagen Ben und ich gleichzeitig und alle beginnen zu lachen.

„Lasst uns Platz nehmen. Normalerweise ist dies nichts, wo die Welpen dabei sein sollten. Jedoch ist die Lage ernst und ich brauche euch alle.“ Ich warte bis alle etwas zu Essen und Trinken haben und einen Platz gefunden haben, bevor ich weiterspreche.

„Das Carson Rudel hat starke Probleme. Seit neuestem verschwinden dort alle männlichen Tiere. Dante, ein zweiter Vollstrecker, der zu uns gehört, hat sich da eingeschleust. Wir wissen nicht was seine Aufgabe da ist, aber so wie Credos Freund ihm berichtet hat, hat Dante eine leitende Rolle. Aber das sollte uns nicht aufhalten.“ Ich lasse das Gehörte einen Augenblick wirken.

„Wie kann dieser Dante ein Vollstrecker sein, wenn er für dieses Pack arbeitet?“ Ben entkommt ein drohendes Knurren und nur meine Hand in seinem Nacken lassen ihn verstummen.

„Dieser Dante gehört zur Familie und egal was er gerade macht, wir müssen ihm vertrauen.“ Noch mehr Getuschel wird laut, aber niemand wagt es noch ein Wort zu sagen.

„Ich möchte, dass sich dreier und vierer Gruppen bilden und durch die Stadt gehen. Findet, was ihr finden könnt. Lucy, Darryl und Credo werden euch alles geben was sie haben.“ Noch einmal blicke ich in jedes einzelne Gesicht. Manche sind irritiert, sogar ängstlich. Vor allem die Jugendlichen sprühen jedoch vor Tatendrang. Noch immer ruht meine Hand auf Bens Schulter und als ich sie leicht drücke, blickt er zu mir und nickt.

„Alpha“, Sascha, einer unserer ältesten Wölfe baut sich vor uns auf und unwillkürlich entweicht mir ein leises knurren. Sofort senkt Sascha den Kopf, zeigt seine Unterwürfigkeit.

„Bei allem Respekt Alpha, aber wir Alten sind für diese Aufgabe nicht mehr geschaffen.“ Jetzt stiehlt sich doch ein Lächeln auf meine Lippen und meine Haltung entspannt sich.

„Es tut mir leid Sascha, daran habe ich nicht gedacht. Ich...“ Doch Sascha unterbricht mich mit einem leichten Kopfschütteln.

„Du scheinst mit deinen Gedanken nicht nur bei dem Rudel zu sein. Ben und dieser Dante scheinen auch eine Rolle da oben zu spielen.“ Dabei tippt sich Sascha bedeutend gegen die Stirn. Meine Wangen glühen leicht und ich hoffe, dass es niemand bemerkt.

„Es ist alles noch so neu für mich.“ Ist jedoch alles was ich sage und damit meine ich nicht nur die Sache mit Ben und Dante. Auch bestand noch nie eine Gefahr für mein Rudel.

„Ich verstehe es Alpha. Lass uns Alten hier auf dem Gelände bleiben und für die Welpen sorgen. Wir können auch die Berichte entgegen nehmen und auswerten.“

Dankbar lege ich Sascha eine Hand auf die Schulter.

„Danke“, damit drehe ich mich um und gehe mit Ben ins Büro. Bevor ich jedoch die Tür schließen kann, ist Credo bei uns.

„Alpha?“

„Komm rein Credo. Zeig mir bitte noch einmal die Nachricht von deinem Freund. Du hast berichtet, dass seine Freundin ihn vermisst, wie kommt es dann, dass er dich plötzlich kontaktieren kann? Hast du versucht ihn zu erreichen?“ Credo hält in der Bewegung inne und starrt mich an.

„Setz dich Junge.“ Ben berührt Credo an der Schulter und dirigiert ihn zu einem Stuhl. Anschließend holt er aus der Küche ein Glas Wasser, was er ihm reicht.

Ich habe mich derweil vor ihm an den Schreibtisch gelehnt, wo sich Ben anschließend zu mir gesellt.

„Also du erzähltest, dass Sue sechs Tage nichts von Denver gehört hat und sie konnte ihn nicht erreichen. Wieso also meldet er sich plötzlich bei dir mit so einer Nachricht?“ Credo hat es geschafft sein Handy vor zu holen und nach dem er die Nachricht geöffnet hat, gibt er es mir.

„Ich glaube, dass der Alpha und der Teufel zwei Personen sind. Wenn der Alpha sie gestohlen hat, warum sollte der Teufel hinter ihnen her sein?“

Nachdem ich die Nachricht abgeschrieben habe, reiche ich Credo das Handy zurück.

„Danke Junge. Geh jetzt zu den anderen und helfe wo du kannst.“ Denn was mir gerade durch den Kopf geht ist nichts, was ich mit dem Jungen besprechen möchte.

Erst als Credo die Bürotür hinter sich geschlossen hat, bricht Ben die Stille.

„Was denkst du?“ Wortlos schüttle ich den Kopf, schreibe eine Notiz auf einen Zettel, was mit einer angebrochenen Hand nicht so einfach ist, und bedeute Ben mir zu folgen.

Unbemerkt gelangen wir durch die Hintertür und kurz darauf in den Wald. Erst als ich mir sicher bin, dass uns auch niemand gefolgt ist, bleibe ich stehen.

„Ben ich weiß es klingt verrückt, aber die Nachricht stammt weder von Denver noch von Dante. Wir müssen da hin, ich habe da ein komisches Gefühl.“ Ben zieht mich in seine Arme und ich schließe seufzend die Augen.

„Ich weiß was du meinst, auch ich spüre es. Wir werden es schaffen.“

Nachdem wir noch einige Minuten eng umschlungen stehen, löse ich mich nur widerwillig von Ben.

Sanft umfasst er mein linkes Handgelenk und gemeinsam gehen wir durch den Wald.

6

 

6)

Es ist bereits weit in der Nacht, als wir endlich die Stadt erreichen. Dank unserer Wölfe verspüren wir noch keine Erschöpfung, dennoch habe ich auf dem Weg immer wieder Ben prüfend angesehen.

„Mir geht es wirklich gut Wolf.“ Hat er mir jedes Mal versichert, dennoch kann ich nicht aufhören mir Sorgen zu machen.

„Wir sind gleich bei einem alten Freund. Da können wir uns ausruhen und weiter planen.“ Als ich ein leises Knurren als Antwort bekomme, drehe ich mich verwundert um. Wütend funkelt mich Ben an, zeigt dabei seine Zähne, was mich irgendwie schmunzeln lässt.

Beruhigend lege ich ihm die Hände auf seine Brust und blicke ihn an.

„Kein Grund zur Eifersucht Großer. Er ist ein Mensch, mit einer Frau verheiratet gewesen und hat mir damals viel geholfen.“

„Wenn du sagst gewesen...“ bringt Ben die Worte nur mühsam heraus.

Seufzend schüttle ich den Kopf.

„Sie ist vor ungefähr einem halben Jahr verstorben. Die beiden sind wie Eltern für mich. Ich befürchte, dass er ihr folgen wird.“ Ben muss die Traurigkeit in meiner Stimme gehört haben, denn sofort liegen seine Arme um mich und er senkt seinen Kopf um mich zu küssen. Langsam und so liebevoll, dass mir die Tränen kommen wollen. Ausgerechnet in diesem Moment beginnt es zu regnen und lachend lösen wir uns voneinander. Ben ergreift wieder mein Handgelenk und gemeinsam gehen wir die wenigen Straßen entlang.

Bei einem kleinen Vier-Familienhaus bleiben wir stehen. Prüfend blicke ich mich noch einmal um, bevor wir zur Haustür gehen. Unter dem Shirt ziehe ich eine Kette mit zwei Schlüsseln hervor und kurz darauf betreten wir das Gebäude.

An der Wohnungstür gebe ich eine kleine Klopfmelodie von mir, bevor ich den Schlüssel reinstecke und aufschließe.

„Matthias Junge was führt dich so spät in der Nacht hier her?“ Werde ich aus dem Wohnzimmer direkt begrüßt, kaum dass die Tür ins Schloss gefallen ist.

„Milan darf ich meinen alten Freund nicht besuchen kommen?“

„Red. nicht so einen Unsinn. Nicht um zwei Uhr nachts.“ Von hinten lege ich Milan die Hände auf den Schultern und beuge mich zu ihm, um meinen Kopf an seinen zu legen. Sofort spüre ich eine Hand an meiner Wange und ich lehne mich leicht in die Berührung.

„Ich möchte dir jemanden vorstellen.“ Sage ich, als ich mich von ihm löse und langsam gehen wir um den Sessel herum bis wir vor Milan stehen. Ben keucht erschrocken, als er die milchig weißen Pupillen des alten Mannes sieht.

„Was ist Junge, noch nie einen alten blinden Mann gesehen?“

„Entschuldigung Sir, ich... Mattes hat mich nicht vorbereitet. Ich wollte nicht respektlos sein.“ Milan streckt beide Hände aus und ich bedeute Ben näher zu treten und ihm ebenfalls die Hände zu reichen. Als die beiden sich berühren, zieht Milan Ben so schnell zu sich, dass er vor dem Mann auf die Knie geht. Langsam wandern Milans Hände Bens Arme empor, über Schulter Brust und Hals, bis sie leicht über das Gesicht gleiten. An den Wangen lässt er die Hände liegen und lächelt.

„Ein gutaussehender starker Mann. Er ist genau das Richtige für dich mein Junge. Er ist kräftig genug um dir deine Last abnehmen zu können.“

„Ich habe etwas gebraucht um es zu begreifen, aber jetzt stimme ich dir zu. Milan ich möchte dir Ben vorstellen, meinen Gefährten.“ Wieder keucht Ben, diesmal weil ich vor einem Menschen so offen rede.

„Ben du musst wissen, dass ich in der Welt der Wölfe gelebt habe. Meine Frau sie...“ Milan schluckt schwer und ich lege ihm trostspendend eine Hand auf den Arm.

„Sie gehörte zu uns.“ Beende ich für Milan den Satz und Ben nickt. Gerade als ich meine Hand vom Arm des Mannes nehmen will, packt ihn Milan und hält ihn fest.

„Zeig mir die andere Hand!“ Seufzend reiche ich ihm die geschiente Hand und federleicht streicht er darüber. Kopfschüttelnd lässt er meine Hände los und blickt zu mir auf, als wenn er mir geradewegs in die Seele schauen würde.

„Die Hände sind das wichtigste was ein Mensch hat. Wie willst du dein Rudel beschützen, wenn du so einen Blödsinn machst?“

„Wie gesagt, ich habe etwas gebraucht um zu begreifen.“

Mit einem Schwung steht Milan auf und geht in die Küche.

„Nun setzt euch schon hin und sagt mir endlich, warum ihr hier seid. Ich habe kein Auto gehört, also gehe ich davon aus, dass ihr zu Fuß kommen seid. Stadt oder Rudelgelände?“

„Vom Gelände. Ich wollte nicht riskieren, dass sie uns aufhalten oder begleiten. Ja ich weiß, als Alpha habe ich Verantwortung, aber gerade deshalb kann ich die anderen nicht in Gefahr bringen. Milan ich brauche eine Waffe von dir. Bei Gott ich hoffe, dass ich sie nicht brauchen werde, aber...“ Milan hat derweil Tee aufgebrüht und uns die Tassen hingestellt.

„Ich verstehe dich. Da du selbst die Risiken erkennst brauche ich dich nicht darauf hinweisen. Du hast deinen Gefährten bei dir, das ist gerade das Wichtigste.“ Ich schlucke den Kloß und die Worte die meinen Mund verlassen möchten, hinunter. Ben legt mir zur Bestätigung eine Hand auf den Arm.

„Ich werde euch einen Vorsprung von einer Stunde geben, dann berichte ich deinen Betas dass ihr hier gewesen seid. So sehr ich dich auch als Alpha akzeptiere, ihr zwei scheint in ein Himmelfahrtskommando zu stürzen und ich bezweifle, dass es dein Rudel gut aufnehmen wird, wenn sie schon wieder ihren Alpha verlieren.“

„Danke Milan, etwas anderes habe ich nicht von dir erwartet.“

 

Nachdem wir den Tee ausgetrunken haben, verabschiede ich mich von dem alten Mann. Auch Ben wird von ihm in eine Umarmung gezogen. Ich höre wie Milan Ben etwas zuflüstert, kann es aber trotz des Wolfes in mir nicht verstehen.

Sobald sich Ben von Milan löst, stellt er sich an meine Seite und legt mir einen Arm um die Schulter.

„Was hat er dir gesagt?“ Ich kann meine Neugier nicht zurückhalten und frage daher, kaum dass wir aus dem Haus raus sind.

„Das sage ich dir, wenn alles überstanden ist.“ Ist jedoch alles was ich als Antwort bekomme.

Ich versuche nicht zu knurren, wirklich nicht, aber meine Neugier ist zu stark. Lachend gibt mir Ben einen Kuss auf die Schläfe und legt eine Hand in meinen Nacken, um ihn leicht zu drücken. Einen Moment schmolle ich noch, doch dann konzentriere ich mich wieder auf die bevorstehende Aufgabe und schalte automatisch in den Alphamodus.

 

„Du sagtest wir wollen planen, aber was haben wir jetzt mit Milan wirklich gemacht?“

Aus meiner Jackentasche ziehe ich ein Handy und ein Schlüsselbund.

„Drei Straßen weiter finden wir einige Garagen. Dort finden wir ein Auto und Waffen.“

„Matthias wir sind Wölfe. Waffen sind...“

„Lass gut sein Ben. Ja wir sind Wölfe, aber du weißt genauso gut wie ich, dass wir hier nicht ohne Waffen weiter kommen.“

Ein Seufzen von Ben ist alles, was ich als Antwort und Bestätigung brauche.

 

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Nachdem wir uns ausgerüstet haben und im Auto sitzen, werfe ich zuerst Ben, dann der Uhr einen Blick zu.

„Wir haben noch eine halbe Stunde. Dann wird Milan Lucy oder Darryl anrufen.“

In dem Moment gibt Ben`s Handy einen Ton von sich.

„Wir... Matthias fahr zur Franklinstr.“

„Was...“

„Frag nicht, fahr. Die Nachricht kommt nicht von Dante, aber seinem Handy.“ Ich frage wirklich nicht weiter nach, starte das Auto und fahre los. Keine zwanzig Minuten später stehen wir an der Kreuzung zur Franklinstr.

„Lass das Auto hier. Ich weiß nicht mehr, aber irgendwas muss hier irgendwo sein.“

„Ben warte, weißt du eigentlich wie lang die Straße ist?“

 Ben schaut mich kopfschüttelnd an.

„Wir müssen Dante finden, Matthias. Ich kann ohne ihn nicht. Ich...“ Es trifft mich wie ein Schlag. Ben so reden zu hören... Ich dachte wir sind Gefährten. Das habe ich wirklich. Aber scheinbar steht Dante noch einiges über mir. Krampfhaft unterdrücke ich mein Knurren und steige aus dem Auto. Mit mehr Kraft als normal schlage ich die Tür zu und gehe ohne ein weiteres Wort langsam die Straße entlang.

„Matthias verdammt warte!“ Doch ich höre nicht, gehe einfach weiter.

„Du sturer Wolf, bleib endlich stehen.“ Mit schnellen Schritten ist Ben vor mir und ergreift meine Arme, als ich an ihm vorbei ziehen will. Als auch das nicht geht, knurre ich ihn an und fletsche regelrecht die Zähne.

Blitzschnell schnipst etwas gegen meine Nase, was mich irritiert blinzeln lässt.

„Du dummer Wolf. Bist du wieder bei mir?“ Bens Stimme ist sanft und die Berührung seiner Hand in meinen Nacken lässt mich erneut blinzeln.

„Du hast keinen Grund eifersüchtig zu sein und das weißt du genau.“ Seine andere Hand löst sich von meinem Arm und legt sich auf mein Herz. „Spüre es hier. Wir drei...“ Ein Heulen durchbricht die Stille der Straße und lässt uns alarmiert Aufsehen.

„Dante“, keucht Ben und rennt auch schon in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen ist.

 

Beinahe wäre ich in Ben hineingerannt, als er plötzlich vor mir stehen bleibt.

„Warte“, flüstert er und zieht die Waffe die ich ihm im Auto in die Hand gedrückt habe. Auch ich ziehe meine Waffe und langsam gehen wir um das Haus herum, aus der der Schrei gekommen sein muss.

Mir fällt das Handy wieder ein, das ich von Milan bekommen habe und schreibe Darryl eine kurze Nachricht mit unserem Standort. Eine Antwort warte ich nicht ab, stecke das Gerät sofort wieder in die Tasche zurück. Ben ist derweil stehen geblieben und wartet bis ich soweit bin, kaum signalisiere ich es ihm, schleichen wir auch schon weiter.

Das Haus entpuppt sich als Ruine, verlassen und leer. Na ja zumindest keine gemeldeten Anwohner befinden sich in dem Gebäude und trotzdem kann ich mehrere Wölfe wittern.

„Dante ist hier“, spricht Ben meinen Gedanken aus.

„Auch einige aus dem Carson Rudel. Ich rieche nur männliche Tiere. Verdammt ich glaube wir haben das gefunden, warum du ursprünglich hier her geschickt wurdest.“

„Scheint so, nur dass sie einem fremden Alpha nicht vertrauen und ihn lieber ausschalten. Scheiße Matthias wenn sie uns spüren sind wir am Arsch.“ Es stimmt was Ben sagt und prompt beginne ich die Luft und Windrichtung zu prüfen.

„Was auch immer da vor sich geht, ich gehe rein. Warte du hier auf dein Rudel.“ Ben will schon losgehen, doch ich ergreife seinen Arm und halte ihn zurück.

„Nein“, knurre ich. „Sie haben dich schon einmal zusammen geschlagen. Meinst du nicht, dass sie es wieder tun werden?“ Ben dreht sich zu mir und legt mir eine Hand an die Wange.

„Wolf ich bin stark. Diese Wölfe“, er schüttelt den Kopf. „du weißt nicht aus welchem Grund sie alle hier sind. Welche Rolle Dante dabei spielt.“

„Genau aus diesem Grund ist es zu gefährlich einfach da rein zu stürmen.“

„Wir haben den Überraschungsmoment auf unserer Seite. Ich gehe vor und wenn dein Rudel da ist, dann kommt ihr dazu. Matthias ich bin ein Vollstrecker ohne Rudel. Niemand wird damit rechnen, wenn das Shadow Rudel plötzlich auftaucht.“

„Mir gefällt die Idee nicht.“ Tief durchatmend schließe ich kurz die Augen. Die sanfte Berührung Bens Lippen, lassen mich die Augen wieder öffnen.

„Aber du siehst ein, dass es die beste Lösung ist. Dante ist irgendwo da drinnen. Er wird nicht zulassen, das mir etwas zustößt.“ Ich greife in Bens Nacken und ziehe ihn zu mir, bis sich unsere Köpfe berühren.

„Sei vorsichtig. Vielleicht habe ich ein Problem damit, dass du ein Alpha bist, aber damit komme ich irgendwann klar. Ich könnte mir jedoch nie verzeihen wenn dir etwas zustößt.“

Bens Antwort besteht aus einem Kuss. Kein sanfter, sondern einer der in mir Gefühle auslöst, die ich eigentlich nicht empfinden sollte.

Ohne sich noch einmal umzublicken geht Ben rüber zu dem Haus.

Schnell gebe ich noch eine Nachricht an Darryl ab, dabei sehe ich, dass er bereits mit einigen Unterwegs ist. Schnell stecke ich das Handy zurück in meine Tasche und ohne groß darüber nachzudenken folge ich Ben, kaum dass er hinter einer Ecke verschwunden ist.

Es ist ein baufälliges Einfamilienhaus, erkenne ich, als ich durch die Hintertür trete und direkt in einer Küche stehe. Der Geruch der fremden Wölfe steigt mir in die Nase, aber es sind nur Kleidungsstücke, die im Raum verteilt liegen.

„Dante“, ertönt Bens Stimme im anderen Raum und langsam gehe ich bis zur Tür um etwas zu sehen.

„Ich bin hier.“ Es ist Dantes Stimme, jedoch bereitet sie mir eine Gänsehaut der unangenehmen Sorte.

„Dante bist du verletzt? Ich habe dich gesucht.“

„Ich bin okay, mach dir keine Sorgen. Weißt du, ich habe über etwas nachgedacht. Deshalb wollte ich, dass du herkommst.“

„Nachgedacht, worüber? Dante warum diese Geheimniskrämerei?“

Ich kann die beiden nicht sehen also schleiche ich langsam und in geduckter Haltung weiter in den Raum. Hinter einem Sideboard, was als Raumteiler dient, finde ich eine geeignete Stelle. Ben steht mit dem Rücken zu mir. Auch Dante der sich jedoch just in diesem Moment vom Fenster wegdreht um Ben anzusehen. Unweigerlich halte ich die Luft an und verharre ganz still. Dante scheint mich nicht bemerkt zu haben, denn er redet ohne Zögern weiter.

„Weißt du, ich habe über uns und die ganze Situation nachgedacht. Dieses Leben, was wir leben ist uns nicht vorherbestimmt. Wir sind von klein auf für die Arbeit als Vollstrecker gedrillt worden. Haben Gerechtigkeit ausgeübt und manchmal Entscheidungen treffen müssen, die meiner Meinung nach falsch gewesen sind.“

„Falsch? Dante rede Klartext!“ Drängt Ben.

„Du bist ein Alpha und ich dein Beta. Ich bin der Meinung, wir sollten unser eigenes Rudel gründen, statt für den Rat die Drecksarbeit zu machen. Wir sind nichts weiter als ausgenutzt worden. Ben wir sind ersetzbar. Du müsstest noch nicht einmal viel tun. Triff die wichtigen Entscheidungen und ich kümmre mich um den Rest. Ich habe sogar schon mit der Gründung angefangen. Die Wölfe warten nur auf ihren Alpha und wir auf das Leben ohne Ratsketten.“

„Das Carson Rudel“, entweicht es mir und schnell lege ich mir selbst eine Hand vor dem Mund.

Beide Männer reagieren nicht, also atme ich erleichtert auf und beobachte sie weiter.

„Dante was hast du gemacht? Bist du verrückt geworden? Du gründest ein eigenes Rudel und willst den Rat und alles verraten für was wir leben. Du weißt ganz genau, dass ich kein Interesse an einem eigenen Rudel habe.“ Ben reagiert zu Recht geschockt, dass was ich von ihm erlebt habe... innerlich schüttle ich den Kopf. Was in aller Welt führt Dante im Schilde?

„Verstehe doch Ben, wir brauchen weder den Rat noch Matthias.“

Dante ist Ben näher gekommen und legt ihm beide Hände auf seine Schultern. „Pass auf, das ist mein Plan. Wir holen uns gute Kämpfer und Fährtenleser. Mir ist bewusst geworden, dass uns Matthias nur im Weg steht. Er ist kein Kämpfer und hat sich nicht unter Kontrolle. Er ist nicht gut für uns. Hör auf dein Herz und erkenne, dass ich Recht habe.“

„Spinnst du jetzt total?“ Ben schlägt die Hände von seiner Schulter und tritt einen Schritt zurück. „Du weißt ganz genau, dass wir ihn brauchen. Ich werde nichts von alledem verraten und schon gar nicht Matthias in den Rücken fallen. Wir drei gehören zusammen und das weißt du genau. Wie kannst du so über ihn reden? Dante hat man dir eine Gehirnwäsche verpasst? Das bist nicht du!“

„Mir ging es noch nie besser. Ben nur wir beide gehören zusammen. Matthias ist nicht der, für den wir ihn halten. Er wird uns nur in Schwierigkeiten bringen. Bitte denk doch mal darüber nach. Leite das Rudel und lass uns unseren eigenen Weg gehen. Frei von Ratsbeschlüssen und anderen Verpflichtungen.“ Dante überwindet die kurze Distanz und nimmt Ben in eine feste Umarmung.

Irgendwas flüstert Dante Ben zu, was ich jedoch nicht höre. Als Antwort schubst Ben ihn heftig zurück und schreit.

„Bist du eigentlich verrückt geworden? Ich werde nichts in dieser Richtung unternehmen! Du weißt genau, dass das nicht geht.“

„Ich hätte es wissen müssen.“ Lacht Dante höhnisch. „Ich will nur das Beste für dich. Mein Leben würde ich für dich geben. Ben verdammt, ich habe dir bisher immer den Rücken freigehalten und du kannst dich immer auf mich verlassen. Wieso vertraust du mir jetzt bei dieser Sache nicht? Du weißt, dass das der Richtige Weg ist.“ Als sich Dante dieses Mal Ben nähren will, weicht Ben zurück und richtet eine Schrotflinte, die er aus dem Auto noch mitgenommen hat, auf Dante.

„Keinen ... Schritt... weiter...“ Bens Stimme zittert, doch das Gewehr liegt ruhig in seinen Händen.

„Du erschießt mich nicht.“ Lacht Dante. „Wenn du der Meinung bist, dann drück ab. Ich werde mich nicht wehren.“ Dante breitet beide Arme aus. „Aber denk gut darüber nach. Wenn du mich erschießt, hast du keinen mehr, der dir den Rücken frei hält.“ Dante ist langsam näher gekommen, bis der Lauf der Waffe auf seine Brust drückt.

„Bitte entscheide dich.“ Versucht es Dante wieder mit sanfter Stimme. „Komm mit mir und wir kämpfen für die Freiheit, oder du musst mich erschießen. Denn ich werde mit dem Plan weiter machen und nicht aufgeben, dich zu überzeugen. Ich weiß, dass auch du es irgendwann einsehen wirst, dass es das Richtige ist.“ Ben steht wie erstarrt da.

„Dante komm zur Vernunft. Das kann alles nicht dein Ernst sein. Ich will dieses Leben nicht. Du weißt, dass das auch niemals möglich sein wird.“

„Es tut mir leid Ben. Ich glaube aber dass ich weiß, wo dein Problem ist. Matthias! Er steht unserer Zukunft im Weg.“ Unwillkürlich zucke ich bei der Erwähnung meines Namens zusammen. Dante versucht an Ben vorbeizugehen, doch Ben hält ihn fest, entfesselt seine Alphamacht und zieht Dante unsanft nach hinten, so dass er über dem Esszimmertisch rutscht und auf der anderen Seite zu Boden geht.

Überrascht klopft sich Dante den Staub von seinen Sachen und lacht.

„Wow, wann hast du dich das letzte Mal für mich so eingesetzt? Ach tut mir Leid, ich vergaß. Ich bin ja immer derjenige, der seinen Kopf für dich hinhält.“

„Nimm das zurück! Du weißt ganz genau, dass ich für dich durch die Hölle gehen würde.“

„Klar wirst du das und wie du das wirst.“ Lacht Dante. „Wer sein Glück nicht annehmen will muss dazu gezwungen werden. Du wirst es verstehen, wenn du einen klaren Kopf hast. Jetzt geh mir aus dem Weg, damit ich dir die Augen öffnen kann.“

„Lass Matthias in Ruhe!“

„Dann halte mich auf!“ Ich erkenne den inneren Kampf, indem sich Ben befindet, als Dante erneut versucht an ihn vorbei zu kommen. Als er diesmal nach Dante greift, reagiert dieser sofort, fängt den Arm ab und befördert Ben auf den Holzboden.

„Du vergisst lieber Cousin, dass wir die gleiche Ausbildung genossen haben. Du musst dich also schon etwas mehr anstrengen, wenn du mich aufhalten willst.“ Damit lässt er Ben los und kommt wieder auf mich zu, doch Ben reagiert blitzschnell. Springt auf die Beine und zieht Dante erneut über den Tisch zurück.

Wie gebannt starre ich auf die zwei Kämpfenden. Aus den Augenwinkeln erkenne ich, die Schrotflinte die neben dem Sideboard gerutscht ist.

Dantes Schläge zielen immer wieder auf Bens Kopf und Magen, während Ben nur versucht Dante an Armen und Beinen zu treffen.

„So wie du kämpfst wirst du mich nicht aufhalten können. Du wirst von diesem Störfaktor beeinflusst. Schon so oft hast du gerade die Chance vertan.“

„Ich will dich nicht verletzen Dante. Vergiss den Plan und komm zur Vernunft, dann werde ich den Vorfall auch nicht melden.“

„Du sollst mich auch nicht verletzen, sondern Töten, wenn dir dieses Leben so wichtig ist.“

Schock und Wut zeichnen sich auf Bens Gesicht ab, als er sein Kampfmesser zieht und in einer schnellen Bewegung in Dantes Bein rammt. Dante gibt einen leisen zischenden Lauf von sich, bevor er Ben an der Kehle packt und zu sich zieht.

„Das ist nicht nett von dir gewesen.“ Dantes Stimme ist bedrohlich leise.

„Lass mich verdammt noch mal los.“ Bens Stimme ist gepresst, da er nicht genug Luft bekommt. Als wenn Dante ein ungezogenes Kind tadelt, schüttelt er den Kopf und in einer fließenden Bewegung dreht er Ben mit dem Rücken an seine Brust und den Arm fest um Bens Hals. Ben versucht vergeblich den Arm wegzuziehen. In der anderen Hand hält Dante plötzlich das Kampfmesser, was er an Bens Gesicht legt.

„Du hast jetzt alles gesehen und gehört. Es wird Zeit das du deine Entscheidung triffst Matthias. Gib Ben frei und lass und ziehen. Oder töte mich hier und jetzt. Aber wisse, das Ben früher oder später mir Recht geben wird.“

Ich habe keine andere Wahl. Langsam erhebe ich mich, blicke entschuldigend Ben an, als ich das Gewehr nehme und auf Dante ziele.

„Es tut mir leid.“ Sage ich laut und drücke ohne zu zögern ab. Ich habe keine Zeit meine Gefühle zu zulassen. Gehe sofort zu Dante und Ben rüber und sehe, was ich angerichtet habe. Dante ist tot. Ich habe ihm genau auf der Stirn getroffen. Mag sein, dass ich kein Kämpfer bin, aber ich habe ein Rudel was ich beschützen muss, also hat mich Milan in allem unterrichtet was wichtig ist.

„Ben?“ Vorsichtig lege ich eine Hand an seinen Hals. Puls ist da, etwas schnell aber kräftig. Jedoch reagiert er nicht als ich ihn anspreche. „Komm schon Großer, reagiere auf mich.“ Leicht schüttle ich an seine Schultern. Ein leises Stöhnen ist zumindest eine Reaktion und erleichtert sinke ich nach hinten, bis ich auf dem Boden sitze.

„Matthias?“ Darryl Stimme reißt mich aus meiner Starre. Gefolgt von einigen Männern aus dem Rudel betritt er das Haus und kommt direkt auf mich zu. „Was ist passiert? Wo sind alle?“

„Es ist eine Falle von Dante gewesen. Er...“ Noch immer geschockt schüttle ich den Kopf.

„Lasst uns euch hier wegbringen. Ben hat eine Kopfwunde und scheinbar auch einige andere Verletzungen.“ Erst da bemerke ich das Blut an Bens Schläfe.

„Er muss etwas von dem Schrot abbekommen haben. Dante hatte ihn im Würgegriff. Ich musste Dante erschießen, dabei...“ Mir versagt die Stimme und automatisch geht mein Blick zu Dante.

„Warum?“ Frage ich leise, doch bekomme ich keine Antwort.

7

 

7)

Ich habe den Rat informiert, der mein Rudel sofort zurück gepfiffen hat. Um Ben sollen wir uns kümmern, bis er fit genug ist um zurück zu kehren. Mit keiner Silbe habe ich erwähnt, dass er mein Gefährte ist, genau wie Dante. Das würde alles nur noch komplizierter machen.

„Du bist ein Idiot!“ Stephen steht in meinem Büro an der Tür gelehnt, während ich aus dem Fenster starre. „Wie wäre es, wenn du zu Ben gehst? Er braucht dich, gerade mehr als du denkst!“

Ich beiße die Zähne zusammen um Stephen nicht an zu knurren. Ich kann nicht zu Ben. Nicht wenn er mich mit Hass ansieht, weil ich ihm Dante genommen habe. Meine Krallen bohren sich in meine Handfläche, so sehr drücke ich sie zur Faust zusammen.

„Matthias“, versucht es Stephen jetzt sanfter. „Ben wird es verstehen. Geh wenigstens einmal zu ihm, um mit ihm zu reden. Erkläre ihm alles. Sage ihm, was der Rat gesagt hat. Das bist du ihm schuldig.“ Stephen hat Recht, dass macht es jedoch nicht einfacher. Von Dante und Stephen weiß ich, dass Bens Verletzungen verheilt sind.

Schließlich sind zehn Tage seit dem Vorfall vergangen. Seitdem wir im Haus sind, habe ich Ben nicht einmal gesehen und auch er liegt nur im Bett. Das einzige ist, dass er ab und an im Bad verschwindet, mehr nicht. Von den anderen weiß ich, dass er kein einziges Wort gesagt hat. Wie oft stehe ich vor der Gästezimmertür und schaffe es aus Scham dennoch nicht, hinein zu gehen.

 

Stephen lässt mich alleine und noch lange überlege ich, was ich machen soll. Schließlich rapple ich mich auf und stehe kurz darauf wieder vor der Gästezimmertür.

„Matthias du dummer Wolf komm endlich rein.“ Knurrt Ben von der anderen Seite. Ich seufze und öffne die Tür. „Jeden Tag stehst du vor der Tür und ich hoffe, dass du rein kommst.“ Wie angewurzelt stehe ich noch immer an der Tür und starre auf das Bett, in dem Ben liegen sollte. Ich realisiere erst wo er ist, als er vor mir steht und mich in eine feste Umarmung zieht.

„Komm mit!“ Befiehlt Ben und dirigiert mich zum Bett und drückt mich hinunter. Erst als er auch neben mir sitzt und uns so in Position gebracht hat, das wir an der Kopflehne sitzen, ich mit dem Kopf an seiner Schulter, spricht er weiter.

„Du hast keine Wahl gehabt. Dante ist nicht Dante gewesen. Ich kann es dir nicht genau erklären, aber der echte Dante ist noch irgendwo da draußen. Du darfst dich nicht selbst fesseln. Dein Rudel braucht dich mehr denn je. Darryl hat mir gesagt, dass der Rat euch der Aufklärung enthoben hat. Konzentriere dich auf dein Rudel und auf uns.“ Bens Hand streicht unentwegt über meinen Arm um mich zu beruhigen.

Mein Wolf stimmt ihm auch zu, doch der Mensch kann es nicht akzeptieren.

„Ben ich habe ihn getötet. Ich habe den Mann getötet, der zu uns gehört. Wie...“

„Stopp“, Ben knurrt und seine Dominanz lässt mich erschreckt nach Luft schnappen. Genauso schnell ist Ben über mir und pinnt mich im Bett fest.

„Was hast du gespürt, als du ihn erschießen musstest?“

„Ich habe nur an deine Sicherheit gedacht. Mir ist es schwer gefallen zu schießen, aber ich muss dich retten. Dante... es fiel mir schwer, aber...“

„Was hast du gefühlt?“ Beharrt Ben.

„Erleichterung.“ Gestehe ich leise und senke den Blick. Bens Hand zwingt mich ihn wieder anzusehen.

„Ganz genau. Erleichterung! Auch ich habe nichts anderes gefühlt. Wäre es wirklich Dante gewesen... Matthias verbunden oder nicht, wenn man sich so lange schon kennt wie wir zwei, man spürt es, wenn der Gefährte stirbt. Daher bitte glaube mir, wenn ich dir sage, dass Dante irgendwo da draußen ist und lebt.“

Ich möchte ihm so gerne glauben, daher nicke ich, auch wenn es mir noch immer Unbehagen bereitet. Ben knurrt, als sich unsere Blicke wieder begegnen und ehe ich reagieren kann, erobert er mit Zunge und Zähne meinen Mund. Viel zu schnell ist der Kuss wieder vorbei. Wir beide atmen heftig und Ben lehnt seine Stirn gegen meine.

„So gerne wie ich dich jetzt ficken möchte Matthias, aber es wäre falsch. Erst wenn Dante bei uns ist.“ Ich möchte protestieren, da umschließt seine kräftige Hand meinen Schwanz. Stöhnend beuge ich mich in seine Berührung. Die Hände an seinem Gesicht gelegt ziehe ich ihn für einen Kuss zu mir, den er gerne erwidert. Eine Hand in seinem Nacken, wandert die andere über seinen Körper bis ich mein Ziel erreicht habe. Mittlerweile hat Ben irgendwie meine Hose geöffnet. Das Gefühl Haut auf Haut lässt mich glatt verbrennen.

Das Küssen und gegenseitige Streicheln treibt uns schnell in den ersehnten Orgasmus. Ben rollt sich von mir runter und zieht mich an sich. Als ich versuche mein Shirt auszuziehen um uns sauber zu machen, blockt er die Bewegung ab.

„Noch nicht. Ich möchte dich noch etwas halten.“ Damit lege ich meinen Kopf zurück auf seine Brust.

„Wie viel Zeit werden wir noch haben bis deine Wölfe da draußen unruhig werden?“ Ben riecht sie also auch. Außer Darryl sind noch drei weitere Wölfe in meinem Haus. Unter anderem ein Welpe. Was führt sie hier her?

Im nächsten Moment klopft es verhalten an der Gästezimmertür und als ich herein bitte ohne mich aus der Umarmung zu lösen, ist es Credo, der etwas unsicher aussieht und verhalten schnüffelt.

„Was ist los Junge?“ Ich setze mich langsam auf, so dass Ben von mir fast gänzlich verdeckt ist. Auch wenn die Decke ihm bis zum Bauch geht, ist mir nur allzu bewusst, dass er darunter nackt ist.

Auch ist meine Hose noch auf, so dass ich darauf achte, dass die Decke über meinen Schritt liegt.

Credo wirft mir einen unsicheren Blick zu, schaut dann noch einmal in den Flur bevor er die Tür schließt und einige Schritte näher kommt.

„Irgendetwas ist mit Mary und Sascha komisch.“ Flüstert er und alarmiert stehe ich auf. Schließe meine Hose und bin mit wenigen Schritten vor Credo. Hinter mir raschelt es, was mir verrät, dass Ben sich anzieht

„Wie meinst du das?“ Ich blicke mich kurz um, bevor ich weiter spreche. „Warte, lass uns ins Büro gehen, das ist der falsche Ort für so eine Unterhaltung.“ Verlegen kratze ich mir den Kopf. Ben ist in Jogginghose und Shirt geschlüpft, so dass er direkt mitkommen kann.

Credo lasse ich schon einmal ins Büro vorgehen, während Ben und ich einen Abstecher ins Badezimmer machen, um uns wenigstens notdürftig etwas zu säubern.

Das Büro ist ein sicherer Raum, so abgedämmt, dass kein Geräusch nach draußen gelangt.

„Also wie meinst du das, dass etwas komisch ist mit den beiden?“

„Sascha ist mein Großvater, aber er ist nicht wie sonst. Sein Verhalten...“

„Die Argumente die er macht. Versucht er dich zu etwas zu überreden was vorher abwegig gewesen ist?“ Fragt ihn Ben vorsichtig und legt ihm sanft eine Hand auf die Schulter. Mit großen Augen dreht sich Credo zu Ben und nickt.

„Woher...“ Ben lächelt ihn an, dann dreht er sich zu mir.

„Du kennst die letzte Unterhaltung zwischen Dante und mir?“ Jetzt bin ich derjenige, der langsam nickt. Jetzt dämmert es mir und meine Augen werden immer größer. „Ganz genau. Dante ist nicht Dante gewesen. Credo, wie ist Mary?“

„Sie ist sehr zickig. Normalerweise liebt sie ihren großen Bruder, aber im Moment. Ich weiß nicht, sie... es ist schwer zu erklären.“

„Dann sollten wir uns die beiden einmal vornehmen. Gibt es eine Möglichkeit, dass ihr Bruder kommen kann?“ Fragt Ben und Credo kratzt sich verlegen am Kopf, was mich lachen lässt. Irritiert sieht Ben von einem zum anderen.

„Credo ist ihr Bruder und nach ihrem Unfall ist er manchmal schlimmer als eine Glucke.“ Liebevoll ziehe ich Credo in eine Umarmung was Ben knurren lässt. Als Antwort ziehe ich die Lippen hoch und zeige Ben die Zähne. Langsam senkt er den Blick etwas. Es dauert aber noch einige Sekunden, bis auch sein Knurren verstummt.

„Geh zu deiner Familie. Wir kommen gleich nach.“ Credo nicht und verschwindet. Sofort ergreife ich Bens Arm und ziehe ihn zu mir, bis ich meine Hand in seinen Nacken legen kann.

„Ich bin der Alpha des Rudels und ab und an brauchen gerade die Jungen das Gefühl von Sicherheit. Knurre noch einmal wenn ich eines meiner Mitglieder Geborgenheit gebe und ich lege dich übers Knie.“ Das kurze Aufblitzen in Bens Augen entgeht mir nicht. Bevor er irgendetwas sagen kann, erobere ich seinen Mund in einen fast schon brutalen Kuss.

„Verzeih mir Alpha, aber ich bin nur ein Gefährte ohne Anspruch. Du musst entschuldigen wenn ich da etwas Eifersüchtig reagiere.“ Bens Stimme ist abgehackt und seine Atmung geht noch stockend als er das sagt. Lächelnd streiche ich ihm eine Strähne aus dem Gesicht.

„Das ändert nichts an meiner Drohung.“ Mit einem Kuss auf die Nasenspitze umgreife ich seine Hand und ziehe ihn hinter mir ins Wohnzimmer, wo alle auf uns warten.

„Mary, Sascha schön euch zu sehen. Wie geht es euch?“ Beide angesprochene springen von der Couch auf, als wir das Wohnzimmer betreten.

„Danke Alpha, sehr gut. Ich verstehe nur nicht ganz den Grund warum wir hier sind.“ Begrüßt mich Sascha. Jetzt bin ich schon überrascht. Es sind gerade einmal vier Tage vergangen als jeder seine Aufgabe von mir bekommen hat. Sascha selbst hat sich angeboten auf die Welpen aufzupassen und alle Informationen auszuwerten.

Sascha ist noch nicht annähernd alt genug für Alzheimer. Fragend sehe ich Credo an, der jedoch nur mit dem Kopf schüttelt. Okay dann also anders.

„Sascha magst du bitte kurz ins Büro kommen?“ Sascha nickt und steht auf, während mir alle bis auf Darryl fragende Blicke zuwerfen. Doch ich lächle nur, ergreife Bens Hand und führe die beiden in den Keller. Kurz zögert Ben, als ich am eigentlichen Büro nicht stehen bleibe. Genau aus diesem Grund habe ich seine Hand ergriffen. Sascha hat das Zögern scheinbar nicht bemerkt.

In einem kleinen Raum, der meinem Büro ähnlich sieht, lehne ich mich an meinem Schreibtisch und biete Sascha einen Stuhl vor mir an.

Ben bleibt jedoch an der Tür mit verschränkten Armen stehen.

„Sascha ich bin ehrlich gesagt irritiert. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen du bist krank. Aber das passt nicht mit dem...“

„Warte“, unterbricht mich da Ben und stellt sich hinter Sascha um an seinem Hals zu schnüffeln. Sofort beginnt er zu knurren.

Automatisch greife ich nach meinem Handy und drücke einige Tasten.

„Darryl, stell Mary sofort mit einer Wache unter Arrest und komm mit zwei weiteren hier runter.“ Ich warte keine Antwort ab, lege auf und stelle mich vor Sascha hin.

„Ben?“ Er gräbt die Finger in Saschas Schultern bis dieser aufheult. Ben schweigt jedoch, bis Darryl mit Verstärkung auftaucht.

„Rede mit mir!“ Fordere ich Ben auf und lege sanft meine Hände auf seine Krallen.

„Ich kenne diesen Geruch. Seit ich in der Gasse zusammengeschlagen worden bin. Aber auch an Dante haftete dieser Geruch. Er ist schärfer, aber auch feiner. Wenn man nicht danach sucht kann man ihn übersehen.“ Jetzt bin ich doch neugierig, stelle mich dichter an die Männer und beuge mich zu Saschas Hals. Dieser sitzt resigniert da und rührt sich nicht.

Zuerst erkenne ich nichts Auffälliges am Geruch, aber schließlich ist es wie ein kleiner Stich.

Ich rieche und spüre sein Tier nicht. Mein Wolf dreht durch, weil er betrogen wird. Sascha hat einen fauligen Geruch, als wenn ein Mensch durch eine Jauchegrube läuft und sich danach geduscht hat. Die feine Nase des Tieres wittert es dennoch.

Knurrend entferne ich mich langsam einige Schritte.

„Sascha“, ich lege meine ganze Alphamacht in die nächsten Worte. „Verwandle dich sofort!“ Ein zittern geht durch den Raum. Auch wenn außer Ben alle Männer hinter mir stehen, spüren sie den Drang mir zu gehorchen und kämpfen dagegen an. Nur Sascha bleibt regungslos sitzen.

„Du bist kein Rudelmitglied. Wo ist Sascha und wer bist du?“ Brülle ich und jetzt gehen meine Leute vor der Gewalt in meiner Stimme auf die Knie. Sascha schweigt weiter.

„Bringt ihn in den hintersten Raum, einer soll von außen vor der Tür wache halten. Wir gehen zu Mary!“

„Ich werde den Rat kontaktieren. Das ist nichts, womit wir alleine fertig werden können.“ Ich nicke und beobachte, wie Darryl und die anderen Wölfe Sascha in den anderen Raum bringen.

„Es tut mir leid.“ Ben umarmt mich und bietet mir damit mehr Sicherheit, als er vielleicht denkt. Ich muss nicht allein für mein Rudel kämpfen. Er ist sogar noch stärker als ich und als mein Gefährte schenkt er mir diese Kraft.

 

Wieder oben in meinem richtigen Büro angekommen, nimmt Ben das Telefon vom Schreibtisch um den Anruf beim Rat zu machen. Ich möchte ihm die Privatsphäre geben und aus dem Raum gehen, aber Ben hält mich fest und zieht mich an sich. Ich seufze erleichtert, da ich diese Nähe einfach gerade benötige und er mich nicht schwach erscheinen lässt.

„Hallo Vater, wir brauchen Unterstützung.“ Fällt Ben direkt mit der Tür ins Haus. „Nein wir wissen nicht viel und ich hoffe, dass die anderen Vollstrecker mehr Möglichkeiten haben... Dante?“ Beim Namen des anderen Mannes zucke ich zusammen und Ben drückt mich fester an sich. „Dazu kann ich im Moment nichts sagen. Es scheint, dass hier das gleiche Problem entsteht, wie beim Carson Rudel... Nein Vater ich komme nicht zurück. Vater das steht nicht zur Diskussion.“ Ich lege meine Hand an Bens Wange der sich sofort dagegen drückt und kurz die Augen schließt.

„Ich habe unseren Gefährten gefunden... Ich verstehe, danke.“ Als Ben jetzt auflegt ist er ruhig. Ich möchte ihn Fragen was ist, aber da küsst er mich bereits und ich vergesse alles andere.

„Wir sollten zu Mary gehen. Ich befürchte zwar dass wir keine Antwort von ihr bekommen, aber was bleibt uns anderes übrig. Vater stellt eine Gruppe zusammen und schickt sie zu uns.“

„Wie hat er reagiert?“ Lächelnd sieht Ben mich an.

„Er ist überrascht, aber freut sich für uns.“

„Aber Dante und ich? Du hast ihm nichts gesagt.“

„Nein, weil ich erstens denke, dass Dante noch lebt und Vater wird noch früh genug erfahren, dass unser Gefährte ein guter Alpha ist.“

Ich möchte widersprechen, da klingelt mein Telefon.

„Alpha Janson, hier spricht Ratsvorsitzender Hudson. Ist mein Sohn durch Zufall noch in der Nähe.“

Ohne dass ich auch nur ein Wort sage, reiche ich Ben das Telefon.

„Vater“ Ich setze mich in meinem Sessel und Ben sich auf meinen Schoss, während er seinem Vater zuhört. „Ich danke dir Vater. Das nächste Mal bitte ich dich jedoch solche Angelegenheiten mit dem Alpha zu besprechen, da es sich um sein Rudel handelt.“ Hat er sich eben noch an mich gelehnt, springt Ben im nächsten Moment auf. „Vater es reicht. Es mag sein, dass ich Älter und Stärker bin, jedoch ändert es nichts an meiner Situation.... Nein verdammt. Du weißt nichts über unseren Gefährten oder über dieses Rudel... Auf Wiedersehen Vater.“ Damit legt Ben auf und starrt mit geballten Fäusten aus dem Fenster. Ich gehe zu ihm und nehme ihm das Telefon aus der Hand und nachdem ich es weggelegt habe, nehme ich Ben in den Arm und küsse ihn. Zuerst reagiert er nicht, doch dann übernimmt er schon fast verzweifelt die Kontrolle. Es dauert etwas, bis die Küsse sanfter werden und schließlich kommen die Lippen zur Ruhe.

„Alles ist gut Ben. Er wird lernen es zu verstehen.“ Bens Kopf ruht auf meiner Schulter und langsam beruhigt sich sein Atem wieder.

„In ungefähr zehn Stunden sollten die anderen Vollstrecker eintreffen.“

„Gut dann sollten wir alles bis dahin geregelt haben. Zuerst Mary und dann das restliche Rudel. Ich werde mit Darryl, Lucy und Credo reden und dann für jeden weiteren sofortigen Hausarrest verhängen. Drück uns die Daumen, dass wenigstens noch einige sie selbst sind.“ Langsam löst sich Ben von mir und Hand in Hand gehen wir ins Wohnzimmer, wo die drei auf uns warten.

Zuerst gehe ich zu Credo, der etwas zusammengesunken im Sessel sitzt. Von hinten lege ich beide Hände auf seine Schultern, beuge mich an seinen Hals und schnüffle.

„Danke Credo für deine schnelle Reaktion und dein Vertrauen.“ Credo seufzt und richtet sich etwas auf. „Bleibe im Haus. Hier wirst du sicher sein.“ Ben steht bei Darryl und Lucy und als sich unsere Blicke treffen nickt er mir zu. „Okay ich möchte, dass ihr drei uns zu Mary begleitet. Danach sage ich euch, was wir machen. Wir haben einige Stunden bis die Vollstrecker eintreffen. Die Zeit sollte ausreichen um alle zu überprüfen.“

Mittlerweile sind wir an dem Zimmer angekommen in dem das Mädchen untergebracht worden ist. An der Tür überprüfe ich die Wache und klopfe ihm dankbar auf die Schulter. Auch ihm bedeute ich, mir in den Raum zu folgen.

Langsam öffne ich die Tür. Auf alles bin ich gefasst, aber nicht darauf plötzlich von einer wütenden siebenjährigen angegriffen zu werden. Sofort springt sie mich an, zerkratzt mein Gesicht und versucht mich zu beißen.

„Was zur Hölle Mary!“ Credo steht geschockt hinter mir und brüllt seine Schwester an, die jedoch wie eine wilde Furie an mir klebt.

Erst Bens fester Griff um ihren Oberkörper löst sie von mir. Jetzt tritt sie immer wieder nach Ben und versucht sich in seinem Griff zu drehen und zu beißen. Lucy zieht kurzerhand ihren Pullover aus und legt ihn Mary als Knebel vor den Mund. Mit einem zweiten Pullover von Credo binde ich ihre Arme am Körper fest, Noch immer zappelnd können wir sie jetzt besser handhaben und nachdem Ben und ich ihren Geruch geprüft haben, lassen wir alle anderen riechen und analysieren.

„Wenn ihr diesen Geruch bei jemandem wittert, dann bringt ihn hier her in den Keller. Ihr zwei bleibt als Wachen davor. Jeder der zu euch kommt, muss anhand des Geruchs geprüft werden. Darryl, Lucy und Credo, ihr drei geht zusammen. Zuerst zu Jazzy, wenn sie clean ist, gehst du Lucy mit ihr und Darryl mit Credo. Bringt alle ins Haus. Die Falschen in den Keller, die Sauberen ins Wohnzimmer. Teilt sie auch auf die Gästezimmer auf.“ Ein leichtes Knurren ist alles, was Lucy von sich gibt. Ein Blick von mir reicht aus und sie neigt kurz den Kopf. Die Wache bringt Mary in den Keller zu Sascha und wir anderen verlassen mein Haus um meine Rudelmitglieder zu überprüfen.

8

 

8)

Nach fünf Stunden haben wir alle im Haus versammelt. Neun Rudelmitglieder sind im Arrest, die anderen im Haus verteilt.

„Danke“, Lucy, Jazzy, Darryl, Credo und Ben sind bei mir im Büro. „Sind soweit alle anderen in Ordnung?“

„Ja, Stephen kümmert sich um sie. Die meisten sind nur etwas verstört und verunsichert. Sie haben nicht bemerkt das etwas mit den eigenen Familienmitgliedern nicht stimmt.“

„Ja es ist für alle ein Schock. In ungefähr fünf Stunden müssten die Vollstrecker da sein. Ich hoffe nur, dass wir am Ende wieder vollständig sind. Das gleiche für das Carson Rudel.“ Dabei sehe ich zu Ben, der mir unmerklich zu nickt. „Geht jetzt und ruht euch aus. Auch wir werden uns etwas zurückziehen.“ Damit stehen wir auf und jeder geht in seinen zugeteilten Bereich.

„Denkst du, dass Dante noch lebt?“

Wir liegen eng beieinander im Bett, Bens Kopf auf meiner Brust.

„Ich habe so ein Gefühl. Weißt du, auch wenn wir drei noch nicht verbunden sind, spüre ich ihn. Jeder von uns drei hat eine Bedeutung. Du bist unsere Seele, die uns fühlen lässt. Dante ist der Verstand, derjenige der uns leitet. Nicht uns überbietet. Als Vollstrecker ist er immer mein Backup. Der Kopf der die guten Ideen hat und den Alpha in mir nachdenken lässt. Er wird auch dich beruhigen und für dich immer den Kopf hinhalten. Das ist seine Aufgabe. Die Worte die er in diesem Haus gesagt hat... Das ist er nicht gewesen. So ist er nicht und wird er auch nie sein.

Vertraue deinem Herzen, denn das ist meine Bedeutung.“ Sanft gebe ich Ben einen Kuss aufs Haar.

„Ich vertraue dir und hoffe, dass du Recht hast. Die Zeit ist zu kurz und ich habe nicht die Möglichkeit gehabt Dante kennen zu lernen.“

„Du wirst ihn kennen lernen und mich auch. Wenn das alles vorbei ist, werden wir Zeit für uns haben.“ Schweigend streiche ich über Bens Rücken. Wir hängen unseren Gedanken nach. Egal wie stark die Anziehung zwischen uns ist, ohne Dante wird niemand den nächsten Schritt machen.

„Was macht eigentlich dein Wolf?“ Ich bin schon fast eingeschlafen, als mir die Frage einfällt.

„Er ist da, aber schläft. Jeder Versuch mich zu verwandeln scheitert. Ich schaffe es nicht ihn zu wecken.“

„Wir werden eine Lösung finden.“ Sage ich nur. Kurz darauf schlafe ich ein.

 

„Matthias, Ben die Vollstrecker sind da.“ Darryls Stimme reißt mich aus dem Schlaf.

„Sofort!“ Ben ist mit mir wach geworden und schnell stehen wir auf. Einen kurzen Abstecher ins Badezimmer und wir gehen gemeinsam ins Wohnzimmer.

„Alpha Janson, Alpha Hudson.“ Respektvoll neigen sechs Vollstrecker die Köpfe.

„Setzt euch“, fordere ich die Männer auf und nachdem Ben und ich uns auf eines der Sofas gesetzt haben, setzen sich die Männer hin. Darryl hat alle bereits mit Getränke versorgt.

„Ratsherr Hudson hat uns die Sachlage grob erklärt. Können Sie uns mehr berichten?“ Alle Blicke richten sich auf Ben, da er wohl der Hauptvollstrecker ist. Jedoch bin ich derjenige, der das Wort ergreift.

„Nachdem wir unser Rudel überprüft haben, sind neun Mitglieder zwischen sieben und dreiundsechzig Jahren in Gewahrsam. Alle tragen kein Tier in sich und ihre Gerüche haben sich verändert. Auch passt ihr Verhalten nicht. Sie widersprechen ihre eigenen Aussagen.“

„Entschuldigung, Alpha Hudson...“ Darryl beginnt zu knurren, verstummt jedoch sofort, als ich die Hand erhebe.

„Ben ist vielleicht der erste Vollstrecker vom Rat, aber hier ist er der Alpha-Gefährte. Das heißt, dass ihr Rudel Angelegenheiten mit mir an erster Stelle besprecht. Wenn es rein um den Rat geht, bitte, dann ist er euer Alpha.“ Demonstrativ ergreife ich Bens Hand, der sofort seine Finger mit meinen Verflechtet.

„Es tut mir leid Alpha Janson. Ratsherr Hudson hat ausdrücklich befohlen nur mit Alpha Hudson zu reden. Aber ich respektiere ihre Verbindung und bitte um Erlaubnis mit beiden Alphas frei sprechen zu dürfen!“

„Daniel ist ein guter Beta und Vollstrecker.“ bestätigt Ben und nach einem nicken von mir hört man Daniel aufatmen.

„Es tut mir leid Alphas. Ratsherr Hudson ist manchmal...“ Daniel sucht nach dem richtigen Wort, doch Ben winkt ab.

„Daniel vergiss bitte nicht, dass ich sein Sohn bin.“ Nachdem Daniel genickt hat bitte ich ihm uns mit den Vornamen anzusprechen. Dankbar nimmt er es an, erklärt uns kurz was der Ratsherr erwartet und bittet uns dann sie zu den Auffälligen zu bringen. Noch immer weigere ich mich, sie als Gefangene anzusehen, schließlich sind es Rudelmitglieder. Mit allen sechs Vollstreckern betreten Ben und ich einen der Räume, wo zwei Kinder und zwei junge Frauen drin sind. Ich erkläre Daniel, dass sich im anderen Zimmer fünf Männer befinden. Mary hat sich beruhigt und sitzt mit einem anderen Mädchen im Alter von zehn Jahren auf eines der Betten. Die zwei Frauen sitzen auf einem anderen Bett. Als wir das Zimmer betreten blicken alle vier Personen auf, bleiben ansonsten jedoch ruhig. Während Ben und ich an der Tür stehen bleiben, verteilen sich die Vollstrecker.

„Daniel hast du durch Zufall dein Handy bei dir?“

Still beobachte ich alles, obwohl ich mich schon frage, was sie bezwecken.

„Simon hast du mal wieder vergessen deine Tasche zu packen? Hier.“ Simon kratzt sich verlegen am Hinterkopf.

„Meine Kleine hat mal wieder Prinzessin gespielt und sich bedient.“ Alle lachen, sogar Ben lächelt bei dem Gespräch.

„Wir möchten von jedem ein Foto machen.“ Bestimmt Simon. Sofort beginnen die Frauen zu schreien und die Mädchen versuchen unter das Bett zu kriechen. Dadurch dass sich die sechs Männer in zwei Gruppen aufgeteilt haben, ergreifen sie alle vier Personen blitzschnell. Ein geübter Griff in den Nacken zwingt meine Rudelmitglieder dazu den Kopf still zu halten, so dass schnell Profilfotos von jedem gemacht werden können. Erst als wir die Gleiche Prozedur bei den Männern gemacht haben und wieder oben im Wohnzimmer sitzen, erklärt uns Daniel das geschehen.

„Die Fotos haben wir gemacht, um ihre Augen zu kontrollieren.“ Simon und Daniel holen ihre Handys raus und zeigen nach und nach alle Mitglieder. „Um zu überprüfen um was es sich handelt, haben wir Blitzfotos gemacht. Schaut euch die Augen an.“ Mit beiden Handys in der Hand schauen Ben, Darryl und ich uns alle Fotos an.

„Sie reflektieren wie bei einer Katze!“

„Genau, die Pupillen sieht man nicht mehr. Was ihr da unten habt sind keine Gestaltwandler, sondern Formwandler. Irgendwann müssen sie deine Leute entführt und ihren Platz eingenommen haben. Die Tatsache, dass sie sich anders verhalten bedeutet, dass sie nicht genug Zeit gehabt haben um sie richtig zu studieren.“

„Was ist mit meinen Leuten? Wieso Kinder? Ist es das, was mit den Carson Rudel passiert ist?“ Zu viele Fragen auf einmal fluten meinen Kopf. Erst Ben´s Hand auf meinem Knie lassen mich ruhig atmen. „Entschuldigung, es ist nur... Was zum Teufel sind Formwandler und was wollen sie von meinem Rudel?“

„Es tut mir leid Matthias, dass ich selbst nicht an so etwas gedacht habe.“

„Nein Ben, du kennst Formwandler auch nur aus Erzählungen. Man erkennt sie tatsächlich erst wenn man mit ihnen zu tun hatte. Simon und ich sind aus einem Rudel zum Rat gekommen, das mit den Wandlern öfter aneinander geraten ist, als uns lieb ist. Unser altes Rudel ist weitergezogen und hat das Land den Wandlern überlassen und ich denke, dass es auch hier der Fall ist.“

„Was können wir machen?“

„Wir werden die neun mitnehmen und hoffen mit dem Anführer verhandeln zu können. Es gibt ungefähr zweihundert Kilometer von hier entfernt eine Stadt mit viel Wald umliegend, das frei von Gestaltwandlern ist. Wir werden es ihnen anbieten, für die Mitglieder beider Rudel.“

„Wie lange wird es dauern?“

„Ich weiß es leider nicht. Aber je eher wir aufbrechen desto schneller können wir handeln.“

„Danke Daniel, das bedeutet mir viel.“

„Na ja“, Daniel ist sichtlich nervös. „Dein alter Herr möchte dass wir dich mitbringen.“ Besitzergreifend lege ich einen Arm um Bens Schulter und knurre. „Er möchte es. Ich habe Augen im Kopf und werde es ihm berichten.“ Seufzend schüttelt Ben den Kopf.

„Er wird fuchsteufelswild werden. Wenn es nicht geht melde dich hier.“ Daniel bedankt sich und alle sechs Vollstrecker gehen zu den Wandlern um mit ihnen zu Reden. Eine halbe Stunde später verlassen sie gemeinsam das Haus und steigen in die zwei Kleinbusse, in denen die Vollstrecker gekommen sind, und fahren zurück.

„Darryl wenn alle aufwachen, schicke sie nach Hause. Sie sollen noch Vorsichtig sein. Ihr geht bitte regelmäßig auf Patrouille und überprüft die Augen. Wenn sich jemand weigert, sofort hier in den Keller bringen. Sobald wir Informationen haben, werden wir alle zusammen rufen.“

„Das machen wir.“ Damit ergreife ich Bens Hand und ziehe ihn mit mir aus dem Haus.

 

„Wo führst du mich hin?“ Wir sind bereits fast eine halbe Stunde im Wald unterwegs. Die ganze Zeit ist Ben schweigend neben mir her gelaufen.

„Wir sind gleich da, schau.“ Ich schiebe einige Äste zur Seite und mache den Blick auf einen Wasserfall frei.

„Wow das ist...“ sprachlos geht Ben einige Schritte vor, bis er am Wasserrand steht und in strahlend blaue Tiefe starrt.

„Es ist mein Rückzugsort wenn mir alles über den Kopf steigt.“

„Ich kann es verstehen. Diese Ruhe hier.“ Ich habe mich hinter Ben gestellt und lege die Arme um seine Taille. Sanft verteile ich Küsse in seinem Nacken.

„Warum bist du mit mir jetzt hier?“

„Weil ich diesen Ort mit dir teilen möchte. Du gehörst zu mir Ben.“ Noch immer halte ich ihn fest und lege meine Wange an seine Schulter.

„Danke Wolf, das ist mit das schönste Geschenk was du mir machen kannst.“

„Ich würde dir noch mehr schenken. Jetzt, aber...“ Ben dreht sich in meinem Arm um, so dass wir uns ansehen.

Mit einer Hand an meiner Wange schüttelt er lächelnd den Kopf.

„Noch nicht Wolf. Es ist noch nicht der richtige Zeitpunkt. Habe etwas Geduld.“ Ich kann das Knurren nicht unterdrücken, so sehr ich es auch versuche. Mein Wolf schreit nach seinem Gefährten, auch wenn ein rationaler Teil von mir weiß, dass ein Gefährte fehlt.

„Ich will dich nicht auch noch verlieren.“ Es fällt mir schwer klar zu denken, wo alles was ich will, Anspruch auf Ben zu erheben.

 

„Dummer Wolf. Vertraue auf dein Herz.“ Dabei legt Ben beruhigend eine Hand auf mein Herz. Sofort beruhigt es sich. Die Schläge werden langsamer und gleichmäßiger. Ich habe gehofft Ben hier an diesem Ort verführen zu können. Jetzt erkenne ich, wie dumm ich doch eigentlich bin.

„Es tut mir leid.“ Doch Ben schüttelt wieder den Kopf.

„Es ist natürlich. Du bist ein Alpha, hast ein Rudel das dich braucht. Es fällt dir schwer zu vertrauen, da du bereits früh für so viele Verantwortung übernehmen musstest. Ich werde dir helfen einen kühlen Kopf zu behalten. Gib uns noch ein paar Tage.“ Ben zieht mich mit sich ins Gras und als wir sitzen fordert er mich auf mich hinzulegen. Meinen Kopf in seinem Schoss. Sanft streichen seine Hände über meinen Körper, beruhigen mich und lassen mich einschlafen.

 

Ein Klingeln lässt mich wieder wach werden. Es ist zu kurz um ein Anruf zu sein und Bens Hand in meinem Haar lassen mich wieder ruhiger werden.

„Daniel hat sich gemeldet. Sie sind jetzt zurück beim Rat. Noch haben sie keine Informationen bekommen, aber die Formwandler verhalten sich ruhig und kooperativ.“ Sieben Stunden, solange sind wir schon weg. Bens Streicheleinheiten lassen mich wieder vollends einschlafen.

Fremde Geräusche und Gerüche lassen mich aufschrecken, aber Bens Hand drückt meinen Kopf bestimmt in seinen Schoss zurück.

Auch er hat die Bedrohung erkannt. Reglos bleibe ich liegen.

„Wer ist da?“ Bens Stimme ist fest ohne ein Zeichen von Unbehagen. Ich höre wie sich mehrere Personen uns nähern.

„Ihr seid nicht aus unserem Rudel, also was wollt ihr?“

„Wir sind hier um das Ganze zu Ende zu bringen. Es wird Zeit, dass ihr stinkenden Gestaltwandler den Platz räumt!“ Nur Bens Hand auf meinem Kopf schafft es, dass ich ruhig bleibe. Am liebsten würde ich sofort reagieren.

„Was meinst du? Wir haben doch eine Verhandlung! Eure Leute sind ohne Widerstand mit uns gekommen um eine friedliche Lösung zu finden. Wir müssen kein Blut vergießen.“ Versucht Ben die Situation zu beruhigen.

„Es wird Zeit dass ihr endlich komplett von der Bildfläche verschwindet. Ich und meine Leute finden, dass eure angebliche Verhandlung nur ein Vorwand dafür ist, um uns zu vertreiben.“ Es fällt mir zunehmend schwerer mich ruhig zu verhalten. „Ich habe eine Idee. Solange die Verhandlungen noch nicht vorüber sind, werden wir an jedem Tag der verstreicht einen von euch foltern und am Ende töten. Ich denke, wir sollten mit dem Alpha anfangen.“ Ben legt eine Hand an meine Kehle und drückt warnend zu. Trotzdem fällt es mir immer schwerer ruhig zu bleiben.

„Dann weiß der Rest wenigstens, dass wir es ernst meinen. Ben wenn dir dein Leben lieb ist, solltest du dich nicht einmischen.“

Ich höre Ben knurren und spüre wie er sich schützend über mich beugt.

Doch ich bin der Alpha. Ich muss die meinen Beschützen und Ben steht an oberster Stelle. Ohne zu wissen wo sich die Gegner genau befinden, löse ich mich aus Bens Umarmung. Blitzschnell drücke ich mich nach oben und springe. Noch im Flug leite ich die Verwandlung ein.

Jedoch gelingt es mir nicht, auch nur den Angreifer von Ben abzulenken. Etwas trifft mich an der Seite und wie ein nasser Sack gehe ich bewegungsunfähig zu Boden.

Egal wie sehr ich es versuche aufzustehen, spüre ich wie mir mein Wolf entgleitet. Das Letzte was ich höre ist Ben, der nach mir ruft und seine Berührung auf meiner Haut. Nur Sekunden später wird alles still und schwarz um mich herum.

Immer wieder versuche ich gegen die Dunkelheit anzukämpfen, aber es zieht mich immer tiefer.

Ein Heulen erregt meine Aufmerksamkeit.

Auch wenn ich es noch nicht gehört habe, weiß ich genau, dass es Bens Wolf ist.

 

Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis ich aufwache und als ich schließlich zu mir komme erwache ich mit einem Brüllen.

Sofort legen sich Hände auf meinen Brustkorb und mehrere Leute stürmen ins Zimmer.

„Ruhig Alpha alles ist gut, du bist in Sicherheit.“

„Ben? Wo ist Ben? Was ist passiert?“ Stöhnend halte ich mir den Kopf. Stephen steht mit einer kleinen Lampe vor mir und leuchtet mir in die Augen.

„Du musst langsam machen. Das Gift ist noch immer in deinem Blutkreislauf.“

„Gift?“ Jetzt versuche ich mich erst Recht aufzurichten. Ich muss zu Ben. Alles schreit in mir. Ich muss mich vergewissern, dass er am Leben ist und es ihm gut geht.

„Matthias verdammt noch mal!“ Während Stephen versucht mich zurück in die Kissen zu drücken, schreit er die anderen im Raum an, um Ben sofort rüber zu bringen. Erst als er wenige Minuten später neben mir im Bett liegt, ich seine warme Haut spüren kann, komme ich zur Ruhe. Langsam gleitet mein Blick über seinen Bandagierten Körper, streicheln meine Finger vorsichtig über die wenige freie Haut.

„Du dummer Wolf, was hast du dir nur dabei gedacht? Du hättest sterben können. Reicht es nicht, dass ich Dante verlieren musste bevor ich die Chance habe ihn kennen zu lernen und jetzt du. Tu mir das nie wieder an!“ Meine Stirn ruht an seiner unverletzten Schulter, so dass ich die Veränderung in Ben`s Körper spüre, kurz bevor sich seine Finger in meine Haare verkrallen.

„Es ist alles gut Alpha. Ich bin hier. Wir werden wieder und alles wird gut gehen!“

„Ben“

„Sh...“ Bens Hand in meinem Haar beruhigt mich wie sonst nichts. Während der Stille streiche ich weiter leicht über seinen Körper.

„Erzählst du mir was passiert ist, nachdem...“ ich beende den Satz nicht aber Ben weiß auch so was ich meine.

„Als du zu Boden gegangen bist, hat mein Wolf durchgedreht und eine Verwandlung erzwungen. Das Gift mit dem du getroffen wurdest, ist für mich geplant gewesen, nachdem sie dich getötet hätten. Du hast ihren Plan gekonnt zu Nichte gemacht. Ich habe mich nur darauf konzentriert dich zu beschützen. Gegen fünf Wandler kann ein einzelner Wolf nicht bestehen, dennoch habe ich es geschafft zwei schwer zu verletzen und einen zu töten. Jedoch bin ich überlistet worden. Diese scheiß Formwandler kämpfen mit unfairen Mitteln. Aber jetzt wo mein Wolf wieder bei mir ist, heile ich schneller.“

„Habe ich wirklich deinen Wolf gehört?“

„Ja es ist das Letzte gewesen was ich machen konnte. Dein Beta ist Gott sei Dank bereits in der Nähe gewesen mit deinen Wölfen.“

„Es war auch in letzter Sekunde. Das Gift verbreitete sich schnell und hätte ich nicht so viele Gegengifte ausprobiert, wärst du jetzt wahrscheinlich nicht mehr. So ungern ich es auch sage Alpha, aber dich hat es schwerer erwischt.“ Stephen steht im Türrahmen mit zwei Tassen in den Händen.

„Ich habe euch Tee gemacht. Ihr solltet ihn trinken solange er noch heiß ist.“

Sobald wir sitzen reicht Stephen uns die Tassen. Kurz darauf taucht Darryl in der Tür auf.

„Oh gut ihr seid auf. Der Rat hat angerufen. Daniel ist mit den Wandlern angekommen. Es gab noch einige Diskussionen mit ihrem Alpha, aber schließlich stimmten sie über ein. Alle Wölfe aus dem Carson Rudel sind wieder zu Hause. Auch unsere Leute sind bei ihren Familien. Alle etwas desorientiert, aber unverletzt.“

„Sehr gut, jetzt können wir uns endlich wieder auf uns konzentrieren.“ Ben ergreift meine Hand und drückt sie leicht bis ich ihn ansehe, dann lächelt er mir zu. Ich habe seine stumme Frage verstanden und nicke.

„Ach ja Alpha, wenn es möglich ist, du wirst in deinem Büro erwartet.“ Damit nickt mir Darryl zu und er sowohl Stephen lassen uns allein zurück.

„Komm Matthias, geh ins Büro, umso schneller kannst du zu mir zurück kommen.“ Damit drückt mir Ben einen Kuss auf die Wange.

 

Als ich mich langsam meinem Büro nähere, lauert mein Wolf aufmerksam, fast ungeduldig. Ich kann die Unruhe nicht deuten, zögere daher den letzten Schritt zu gehen.

Die Tür ist nur angelehnt und als ich sie vorsichtig aufschiebe, erstreckt sich alles in Dunkelheit. Ein Duft strömt mir entgegen, lässt meinen Wolf heulen und meinen Schwanz sich aufrichten.

„Wer ist da?“ Frage ich leise, keine Spur von meiner Autorität. Dennoch habe ich keine Angst mich entblößt zu fühlen.

Wer auch immer in diesem Raum ist, wird mich nicht ausnutzen, das weiß ich einfach.

Langsam trete ich ins Büro, bleibe unschlüssig mitten im Raum stehen.

Vom Fenster löst sich eine Gestalt und kommt auf mich zu.

Mein Herz trommelt wild in meiner Brust.

„Das kann nicht sein!“ Hauche ich und gehe einige Schritte Rückwärts, als ich die Person erkenne. „Du bist Tod. Ich habe dich selbst erschossen.“ Meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern.

„Und doch stehe ich direkt vor dir. Dein Wolf erkennt mich.“ Langsam hebt Dante seine Hand und legt sie mir über mein Herz. Ich will noch einen Schritt nach hinten ausweichen, mich seiner Berührung entziehen, aber Ben steht da. Legt beide Hände an meine Hüfte und hält mich fest.

„Fühle mich, rieche mich Wolf. Ich bin es tatsächlich.“ Ich zittre und schüttle ungläubig den Kopf. Ben drückt sich fest an meinen Rücken, während Dante sich gegen meine Brust drückt. Beide umarmen mich, geben mir Halt und Sicherheit bis ich mich beruhige.

Langsam hebe ich den Kopf, sehe in Dantes lächelndes Gesicht. Beobachte wie er seinen Kopf langsam senkt und sich unsere Lippen endlich berühren.

Ich höre Ben seufzen, spüre seine Lippen in meinem Nacken. Ich bin von meinem Verlangen überwältigt.

„Lasst uns ins Bett gehen.“ Rau vor Verlangen ist Bens Stimme. Noch immer zwischen beiden Männern eingekesselt beobachte ich fasziniert, wie sie sich küssen.

Dann ergreift Ben meine Hand und zieht mich zurück in mein Schlafzimmer. Dante ist dicht hinter uns.

„Warum“ versuche ich noch einmal zu fragen.

„Das ist nie Dante gewesen den du erschossen hast, sondern ein Formwandler. Ich habe dir immer wieder gesagt, dass er noch lebt. Du bist nur in Trauer gewesen um das zu erkennen.“

 

Ich liege zwischen Ben und Dante. Beide streicheln und küssen mich. Knabbern an meiner Haut und bringen mich zum Zittern.

„Fühle wie wir dich verwöhnen. Genieße es und lass uns unsere Zukunft gemeinsam beginnen.“ Nur zu gern stimme ich dem Ganzen zu und lasse mich in ihren Armen fallen.

 

Das mich mein eigener Alpha so manipuliert, hätte ich nie erträumt. Aber ich habe auch nie erwartet gleich zwei Vollstrecker als Gefährten zu bekommen. Einen Alpha und einen Beta, die sich so in mein Rudel eingliedern, ohne jemals ihre Position auszunutzen. Sie sind Alphagefährten, die mir helfen mein Rudel mit Ruhe und einem klaren Kopf zu führen und sollte ich mal aus der Reihe treten, dann sind sie da um mich zu erden.

Liebe? Ist immer ein Fremdwort für mich gewesen. Ein Gefährte für einen Schwulen Wandler? Ein Traum und doch ist er wahr geworden.

Ben und Dante haben in so kurzer Zeit mein Herz erobert das ich nicht weiß wie mir geschehe. Ich habe es ihnen noch nicht gesagt, aber ich glaube das brauche ich auch nicht. Jeden Tag zeigen sie mir, dass ich nicht nur das dritte Rad bin. Sie behandeln mich, als wäre ich der wichtigste Teil unserer Beziehung.

„Ich liebe euch zwei.“ Wir sind wieder einmal am Wasserfall und genießen den Sonnenuntergang. Ich liege zwischen ihnen und genieße ihre Lippen und Hände auf mir.

„Dummer Wolf, das wissen wir doch schon längst.“ Dante beißt mir leicht ins Ohrläppchen und lacht, weil ich ihn anknurre. Noch bevor ich mich auf Dante stürzen kann, ist Ben über mir und drückt mich ins Gras. Nur hier draußen, wenn wir unter uns sind, kann ich mich meinem Alpha hingeben und auch einmal die Zügel aus der Hand geben.

„Wir lieben dich nämlich auch. Gerade deswegen weil es für dich nicht selbstverständlich ist und weil du uns so akzeptierst wie wir sind.“ Ben reibt seinen Kopf an meiner Kehle, die ich ihm entblöße. „Und auch, weil du uns erlaubst, dass wir uns um dich kümmern dürfen.“ Die Berührungen der zwei werden immer intensiver und schon bald bin ich nichts weiter als ein bettelnder Mann, der sich seinen Männern blind hingibt.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.03.2023

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