Cover

Takaya

Takaya

"Nur noch diesen einen Sprung. Ich verspreche dir, dass es der Letzte sein wird."

Ja es ist ihr letzter Sprung. Seit drei Jahren ist Jules verschwunden, aus ihrer Zeit nicht mehr zurückgekommen.

 

 

"Schau dir den mal an!"

"Woher der nur kommen mag?"

"Wäre die eigenartige Kleidung nicht, wäre der Typ ja schon heiß."

"Mary benimm dich. Der hat bestimmt etwas mit dem Teufel im Bunde."

Immer wieder werde ich angerempelt und die unterschiedlichsten Gesprächsfetzen dringen an mein Ohr. Noch bevor ich einen Schritt zur Seite machen kann, werde ich grob am Arm gepackt. Im nächsten Moment knalle ich mit dem Rücken gegen eine massive Wand.

 "Was für ein Idiot bist du den? Hast du in der Schule nicht aufgepasst? Du läufst rum, als wenn du direkt aus der Prärie kommen würdest."

Aus dem Augenwinkel sehe ich eine Hand auf mich zukommen, doch bevor sie mein Gesicht treffen kann, fange ich sie ab. "Stopp, warte was soll das?“ Argwöhnisch sieht mich die Frau an, die mich irgendwie von der belebten Straße weggeholt hat, ohne dass ich auch nur erahne wie. Tatsächlich lässt sie mich los und tritt zwei Schritte zurück. Gegenseitig mustern wir uns. Sie ist keine klassische Schönheit, aber ihr Anblick und ihr Duft lassen mich keuchen. Mein Puls beginnt zu rasen und ungewollt sammelt sich das Blut in meinen unteren Regionen. In dem Moment bin ich froh über meinen Lendenschurz, der hoffentlich das meiste gut kaschiert. Meinen Kopf lasse ich gegen die Mauer fallen und ich schließe die Augen. "Scheiße!", fluche ich und versuche mich von ihr abzuwenden.

Sofort landet ihre Hand auf meinem Oberarm und hält mich mit einer Kraft fest, die ich nicht für möglich halten würde.

"Was denkst du, tust du da?", fährt sie mich an.

"Ich muss gehen. Es tut mir leid, wenn ich dir Probleme bereitet habe, aber die Zeit drängt. Ich ..." Ich komme nicht dazu meinen Satz zu beenden, da mein Rücken samt Kopf wieder Bekanntschaft mit der Wand macht. "Scheiße!"

"Ja, genau, Scheiße!", zischt sie mir entgegen. "Wenn du so zurück auf die Straße gehst, landest du sofort im Gefängnis. Wie mir scheint hast du noch nicht viel Erfahrung mit Zeitsprüngen."

"Du weißt ...?" „Ja, ich weiß!“, unterbricht sie mich sofort, und zieht, da sie mich noch immer am Arm festhält, quer durch die Gasse in der wir stehen, zu deren anderen Ende.

Dort steht eine Kutsche, jedoch ohne Pferde. "Wie soll dieses Ding fahren, wenn keine Pferde davor sind?", frage ich verwundert, als wir einsteigen.

Doch die Unbekannte antwortet mir nicht. Klopft nur gegen das Dach und kurz darauf setzt sich die Kutsche mit uns in Bewegung. Verwundert blicke ich mich um. Auch im Inneren des Gefährts sieht es aus wie eine ganz normale Kutsche.

Da ich von meiner Begleitperson keine Antworten bekomme, lasse ich unauffällig meinen Blick über ihre Gestalt wandern. Ihre fuchsroten Haare hat sie zu einem lockeren Zopf geflochten, der ihr bis zum unteren Rücken geht. Ihre Kleidung besteht aus einem eleganten roten Reit Outfit mit einem Rock, der selbst im Sitzen noch bis zu ihren Knöcheln reicht. Ihre Hände sind in enge Handschuhe gekleidet, die genau wie ihre Stiefel aus schwarzem Leder gefertigt sind.

Da sie mich immer noch nicht zu beachten scheint, wandert mein Blick durch die Fenster zu den Geschehnissen außerhalb der Kutsche. Die Gebäude sehen aus wie aus dem typischen Mittelalter, zumindest vom Baustil. Jedoch befinden sich fast an jedem Haus irgendwelche Metallteile oder Zahnräder. Weshalb auch immer. Ihr Nutzen ist für mich nicht ersichtlich.

Was ist das? Momentan sprachlos starre ich die Ansammlung von Fahrzeugen an, an denen wir gerade vorbei kommen. Durch die vielen Menschen, die hier unterwegs sind und in die großen busähnlichen Fahrzeuge ein- und aussteigen, würde ich fast behaupten, dass dies ein … Busbahnhof sein könnte?

"Wo sind wir hier? In welcher Zeit bin ich denn gelandet?“ Ich bin zu verblüfft, um jetzt noch still bleiben zu können.

"Ich erkläre dir alles, wenn wir im Haus sind. Solange halt einfach den Mund!", zischt sie mir genervt zu. Oh, bin ich ihr jetzt also eine Antwort wert.

Schweigend nicke ich und lasse meinen Blick über die Umgebung schweifen. Je weiter wir uns vom Bahnhof entfernen, wird die Anzahl der Häuser immer geringer, die Gegend immer dünner besiedelt, bis wir sie ganz hinter uns lassen. Große Felder mit verschiedenen Getreidesorten, werden von einem Fluss, und anschließend von einem Wald abgelöst, in dem wir nach einigen Minuten schließlich vor einer kleinen Hütte anhalten.

"Wir sind da!", sagt die mir immer noch Unbekannte überflüssigerweise. Nachdem wir die Kutsche verlassen haben, fährt diese sofort wieder ab und lässt uns zurück.

Die Hütte ist von außen unscheinbar und sieht im Gegensatz zu den Häusern in der Stadt regelrecht langweilig aus. Aber als ich in der nun offenen Tür stehe und mich im Inneren umsehe, fühle ich mich fast wie … erschlagen.

"Wo zur Hölle sind wir hier?" Rechts von mir befindet sich direkt an der Wand ein langer Tisch, auf dem drei Monitore stehen. An der gegenüberliegenden Wand stehen ein breites Sofa und ein Sessel, die beide schon bessere Zeiten gesehen haben. Vor diesen steht ein kleiner Tisch, darauf ein Wasserkrug mit dazugehörigen Bechern. Geradeaus, hinter einem Durchgang kann ich eine rustikale Küche erkennen. Kurz vor dem Durchbruch geht links ein Flur, der weiter durchs Haus nach hinten führt, ab.

"Willst du noch länger da stehen und starren oder kommst du endlich rein und machst die Tür zu?", unterbricht sie meine Beobachtung.

"Äh, ja, natürlich." Schnell schließe ich die Tür hinter mir und bleibe unsicher stehen.

"Nun setze dich endlich hin, verdammt noch mal!" Ihre Augen verdrehend sieht sie mich an und verschwindet kurz darauf in der Küche.

Wie geheißen setze ich mich in den Sessel. Ich sehe mich weiter um und bemerke dabei, dass auf der Couch ein kleiner Plüschteddy mit Mantel und Hut sitzt

"Ist das Paddington Bear?", frage ich verwundert.

"Ja!", kommt es lachend aus der Küche. "Ich habe ihn von meiner kleinen Schwester bei meinem letzten Besuch als Geschenk bekommen."

Mit einem Teller voller Obst kommt sie zurück, stellt ihn auf den Tisch, und nachdem sie die Becher gefüllt hat, setzt sie sich mir gegenüber auf das kleine Sofa. "Jetzt erzähl mir mal, wer du bist, was du hier machst und warum du dich nicht besser anpasst!"

Okay, sie kommt gleich zur Sache, "Ich heiße Takaya und bin auf der Suche nach meiner Schwester. Vor drei Jahren hat sie in meiner Gegenwart ihren letzten mir bekannten Sprung gemacht. Seitdem ist sie nicht mehr aufgetaucht."

"Du stammst aus einer Springer Familie? Warum zum Teufel bist du dann so unvorsichtig?", unterbricht sie mich energisch.

"Nein, ich bin kein Springer … nur Jules ist eine Springerin. Ich wusste nicht, dass ich es kann, bis ich vor einem Jahr in der Steppe aufgewacht bin. Ich habe keine Ahnung wie ich da hingekommen bin. Genauso wenig wie ich heute hier gelandet bin."

"Warte mal, was?" Aufgeregt springt sie von ihrem Platz auf und stürzt an den PC, wo sie heftig auf der Tastatur herumtippt. "Das musst du mir jetzt genau erklären!" Sie greift nach einen pinkfarbenen USB-Stick, steckt ihn in den PC und öffnet einige Dateien, während ich ihr alles noch einmal von Anfang an erkläre. "Das ist unmöglich!", flüstert sie fast und steht kopfschüttelnd auf, um in die Küche zu gehen.

Nach kurzem Zögern folge ich ihr, bleibe jedoch am Durchgang zur Küche stehen.

"Magst du mir auch etwas über dich erzählen?", frage ich vorsichtig und beobachte sie, wie sie verschiedene Sorten an Gemüse und Kräuter zerkleinert und in einen Mixer gibt. Es sieht aus, als würde sie ein Smothie, zubereiten, nachdem was sie da tut. Nach dem Mixen bestätigt die Konsistenz meine Vermutung.

"Hier das solltest du trinken." Sie reicht mir einen Becher davon, den ich argwöhnisch ansehe und daran rieche

"Verrätst du mir auch den Grund?", will ich natürlich wissen, bevor ich mir das Zeug gönne.

"Sicher, setzen wir uns dazu wieder!" Damit geht sie zurück in den Wohnbereich und setzt sich auf die Couch. Mit meinem Becher in der Hand folge ich ihrem Beispiel und sehe sie erwartungsvoll an.

"Also, zu allererst, du kannst mich Cato nennen. Wie du, bin ich ein geborener Zeitspringer und habe mich in dieser Epoche niedergelassen."

"Nein du musst dich irren. Ich bin in meinem Leben erst einmal gesprungen. Na ja, zweimal, wenn man das heute dazu zählt. Ich habe keine Ahnung wie das funktioniert“, antworte ich ihr entschieden.

Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht sie mich an. "Das habe ich mir gedacht. Deshalb der Trank. Es ist ein Familienrezept, den alle bekommen haben, als sie ihre ersten Sprünge gemacht haben. Es sind alles natürliche Zutaten. Nur ein paar Kräuter zur Kräftigung deiner Fähigkeiten."

Vorsichtig nehme ich einige Schlucke. Es schmeckt nicht schlecht, aber zu meinen Top Zehn wird es auch nicht gehören. Plötzlich spüre ich, wie sich alles in mir zusammenzieht. Ich versuche, Cato noch zu warnen, da verschwimmt die Umgebung.

Nachdem ich wieder einen festen Stand habe, stehe ich inmitten einer Küche. Ein Topf auf einem Herd fängt gerade Feuer und die Dunstabzugshaube treibt nur ungenügend den Qualm nach oben. Noch bevor ich entscheiden kann, was ich machen soll, dreht sich schon wieder alles und ich stehe irgendwo im Wald. Irritiert, geschockt und außer Atem. Ich lasse mich am nächsten Baum nach unten sinken und schließe die Augen.

"Was zur Hölle ist gerade passiert?" Ich tue mir schwer damit, mich wieder zu beruhigen und es dauert lange, ehe ich die Kraft habe, wieder aufzustehen.

"Takaya, geht es dir gut?", fragt Cato, die plötzlich zwischen den Bäumen aufgetaucht ist. "Mein Gott du scheinst ja wirklich keinen Schimmer zu haben, was du machst. Irgendwann bringst du dich damit noch um." Als Cato direkt vor mir steht, legt sie mir ungefragt eine Kette um den Hals. Irritiert greife ich nach dem Schmuckstück und sehe Cato fragend an. "Sie soll dich schützen und mir helfen, dich jederzeit zu finden."

"Warum solltest du das wollen?", frage ich sie ungläubig. Cato legt mir eine Hand auf die Schulter. Erst jetzt bemerke ich, wie klein ich bin. Obwohl ich mit meinen 1,75 m nicht unbedingt klein bin, überragt mich Cato locker um einen Kopf. "Komm mit zurück zur Hütte und ich zeige und erkläre dir alles."

Während wir gehen, sehe ich mehrere Rehe, Hasen und Wildschweine durch den Wald streifen.

"Setz dich an den Schreibtisch.", befiehlt sie mir, kaum dass wir das Innere ihres Hauses betreten haben, und geht weiter durch zur Küche.

Sie stellt mir einen Teller mit Obst und einen Becher mit Wasser hin.

„Trink und iss, du hast viel Energie verbraucht!“ Dann legt sie beide Hände auf meine Schultern und blickt über meine Schulter mit mir auf die drei Monitore.

 „Was du hier auf den Monitoren, in den Karten sehen kannst, sind Springer-Knotenpunkte, die mit Kameras versehen sind. Dies sind Orte auf denen Springer normalerweise landen. Es sind Stellen, die als sicher gelten. Dass du mitten auf einer belebten Straße gelandet bist, zeigt, dass du das Springen nicht beherrschst. Du hast deine Sprünge nicht unter Kontrolle. Hast es nie gelernt. Deshalb habe ich dir diese Kette gegeben. Ich möchte dir helfen.“

 "Warum?" Verwundert blicke ich zu Cato auf. Lächelnd tätschelt sie mir die Schulter. "Sehe es als meine Berufung", grinst sie mich an.

Ihre Antwort lässt mich irritiert die Schultern zucken und ich starre erneut auf einen der Monitore. Etwas erregt meine Aufmerksamkeit am oberen Bildschirmrand. An dem Schrankenwärterhäuschen direkt vor der Stadt erscheint von jetzt auf gleich ein Mann im Mittelalter Outfit.

"Was oder wer ist das?", frage ich überrascht.

"Das ist Dan. Er ist einer der wenigen, die regelmäßig in dieser Welt auftauchen. Immer am gleichen Standort."

"Warum? Ich meine, was bringt es einem, diese Sprünge zu machen?" Cato tätschelt mir erneut, leise lachend, die Schultern.

"Durch deine Fragen merke ich erst recht, dass du keinerlei Erfahrung hast. Komm, lass uns zurück zur Couch gehen und du erzählst mir mehr über dich und deine Schwester. Das grob nötigste hast du mir ja bereits gesagt, aber ich bin neugierig auf dich." Cato zieht ihr Reiterjackett aus und hängt es über den Sessel. Darunter kommt ein schwarzes Schulterholster zum Vorschein, in dem sich eine Pistole befindet

"Warum die Waffe?" Cato folgt meinem Blick und streicht ehrfürchtig drüber.

"Sie dient allein meinem und anderer Schutz. Ab und an kommt es zu Ausschreitungen, wenn einer der Springer die Stadt besucht. Manche von denen schlagen gerne einmal über die Strenge."

"Du bist also so eine Art … Polizist? Ein Springer-Polizist?", schlussfolgere ich, woraufhin sie nickt. "So könnte man es sehen. Wenn du möchtest, nehme ich dich für einen Rundgang in der Stadt mit. Ich muss mich nur kurz umziehen."

Damit verschwindet sie nach hinten im Haus und lässt mich allein mit meinen Gedanken zurück. Vorbei ist das Vorhaben vom Reden und Informationsaustausch. Was hat Cato mit mir vor? Im Unterbewusstsein greife ich nach der schmalen Kette mit dem Herzanhänger, die sie mir umgelegt hat, und reibe ihn zwischen den Fingern.

"Takaya bist du soweit?" In einem engen schwarzen Overall steht Cato vor mir. Die Haare sind erneut zu einem Zopf geflochten und kniehohe schwarze Stiefel zieren ihre Beine. In dem Moment in dem sie sich einen langen Ledermantel anzieht, fällt mein Blick auf ihren Körper. Ihre Brüste sind selbst für eine geringe Oberweite ziemlich flach und um ihre Mitte beult sich die Hose für eine Frau unnatürlich aus. Mir bleibt nicht die Zeit weiter darüber nachzudenken, denn Cato ist fertig und wartet an der Tür auf mich.

"Wenn du weiter träumst, sollte ich dich vielleicht lieber hier lassen."

"Was? Nein, nein, ich bin schon da.", antworte ich rasch. Lachend legt Cato eine Hand auf meine Schulter, als wir das Haus verlassen. Genau in dem Moment fährt die Kutsche vor. Oben auf dem Kutschbock kann ich einen Fahrer ausmachen und atme unbewusst erleichtert auf. Ich dachte schon fast, dass das Ding alleine fährt. Cato lacht über meine Reaktion und wir steigen ein. Auf dem Weg zur Stadt erklärt mir Cato alles über das Zeitalter in dem wir uns befinden. Die Zeit bis dahin verfliegt darüber rasend schnell und eh ich mich versehe, halten wir an dem Schrankenwärterhäuschen, welches ich über den Monitor gesehen habe.

"Hallo Cato, schön dich zu sehen. Vier Neue, Dan und Sibylle sind bei mir heute durch. Die neuen sind im Gasthof „Zum Ochsen“. Die anderen beiden wie gewohnt“, gibt ein Mann Cato, nachdem die Fenster an der Kutschentür runtergefahren sind, die Info. Ohne einen Blick zu verziehen, oder eine Erklärung zu meiner Anwesenheit zu geben, antwortet sie dem Mann. „Danke Sebastian, ich werde mich ihnen annehmen." Ich sehe Sebastians skeptischen Blick, den er mir zuwirft. Er nickt lediglich, doch sagt er nichts weiter.

"Wissen alle Bewohner hier über die Springer Bescheid?", frage ich, sobald wir weiterfahren

"Nicht alle. Die Wachen jedoch ja, weil es wichtig für die Ruhe in der Stadt ist. Komm, lass uns die Neuen begutachten“, erwidert sie und gibt dem Kutscher ein Klopfzeichen.

"Warum vertraust du mir so? Ich meine ich könnte auch irgendeine Scheiße vorhaben." Cato zieht mich an sich und drückt mir einen Kuss auf die Schläfe. "Ich kenne die Menschen. Ich vertraue meinem Instinkt und dem Gefühl, dich bei mir haben zu wollen. Ich bin nicht so blauäugig, um zu glauben, dass du keinen Ärger bedeutest. Vielleicht gerade deswegen ein Grund mehr dich bei mir zu behalten." Empört will ich von Cato wegrücken, doch sie lässt mich nicht. Lacht nur über meine Bemühung.

Endlich sind wir an dem Gasthof angekommen und wir steigen aus. Auf direktem Weg betreten wir das Gebäude und die Gastwirtschaft und stellen uns direkt an die Theke. Von allen Seiten werde ich angestarrt und schnell komme ich auch dahinter warum. Noch immer laufe ich in meinem Prärieoutfit herum.

"Cato, ich brauche, glaube ich, dringend was anderes zum Anziehen oder ich sollte schleunigst weiter springen." Cato mustert mich fragend, bevor sie es bemerkt.

"Verdammt, darauf hätte ich auch selbst kommen können. Es tut mir leid, Takaya. Wir werden uns direkt danach darum kümmern." Ich nicke kurz und konzentriere mich auf Cato, wie sie sich mit dem Wirt unterhält.

"Wir gehen in einen Nachbarraum. Der Wirt wird den anderen Bescheid geben und uns eine Kleinigkeit zu essen bringen." Bereits während Cato dies sagt, ergreift sie meine Hand und zieht mich hinter sich her.

 Kurz nachdem wir an einem recht großen Tisch Platz genommen haben, kommt der Wirt mit einem Tablett voll Obst, einem Krug Tee und Bechern herein. Schon wieder Obst, seufze ich. Gibt es in dieser Zeit auch etwas anderes?

"Die Herren werden jeden Moment hier sein, Cato."

Mit einem „Danke!“ verlässt der Wirt den Raum und lässt uns erst mal allein zurück. "Du solltest etwas essen Takaya, die Sprünge verbrauchen viel Energie wie du inzwischen weißt, und gerade deine Spontansprünge sind nicht ohne." Ich seufze wegen der vermeintlichen Rüge auf mein Nichtkönnen und nehme mir ein Stück Kiwi vom Teller.

Cato legt ein Tablet vor sich auf den Tisch. Danach warten wir Schweigend auf die vier Männer.

Lange lassen sie nicht auf sich warten. Drei jüngere Männer, ungefähr Mitte zwanzig und ein Mann Ende dreißig, betreten den Raum und setzen sich nach einem kurzen Hallo uns gegenüber.

"Mein Name ist Cato und ich sorge in diesem Ort und dieser Zeit für Ordnung bei den Springern. Da ihr alle neu hier seid, bitte ich euch, mir den Grund eurer Ankunft mitzuteilen."

"Mein Name ist Sören“, beginnt der Älteste zu sprechen, muss aber wegen eines Hustenanfalles sofort unterbrechen. "Ich springe von Zeit zu Zeit zu verschiedenen Orten. Einfach nur, um Urlaub zu machen. Ihr müsst wissen, dass ich aus dem Jahr 2135 stamme. Alles funktioniert nur noch elektronisch. Die Aircondition bringt mich jedes Mal fast um, wenn ich mich zu lange in meiner Zeit an meinem Ort aufhalte. Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr, laufen diese Scheißdinger, weil das Klima so unerträglich geworden ist. Ich genieße die Abwechslung und das einfache Leben in dieser Epoche." Immer wieder wird Sören von seinem starken Husten unterbrochen.

 

Nachdem Cato sich einige Daten auf dem Tablet notiert hat, signalisiert sie dem nächsten Mann, seine Story zu berichten.

Fast alle haben die gleichen Gründe, weshalb sie hierhergekommen sind. Bei Cleo, er ist der Jüngste mit einundzwanzig Jahren, ist es jedoch die Arbeit.

"Ich bin Schriftsteller und umso originalgetreuer ich aus einer bestimmten Epoche berichten kann, desto besser. So war ich für ein Buch einmal im Rom zur Zeit der echten Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe und für ein anderes Buch war ich auf der Titanic. Als der Eisberg kam … Ihr glaubt gar nicht, wie knapp ich mit dem Leben davon gekommen bin. Aber was tut man nicht alles, um ein gutes Buch zu schreiben."

Ich kann mich gut in Cleo hineinversetzen. Zwar schreibe ich nicht, dafür lese ich ständig und überall. Es gibt nichts Schöneres, als wenn man beim Lesen das Gefühl hat, mitten drin zu sein. Das sage ich ihm auch, welches sein Gesicht mit einem herzlichen Lächeln erstrahlen lässt.

Nachdem Cato sich über jeden die von ihnen gegebenen Informationen aufgeschrieben hat, bittet sie alle, sich morgen erneut mit uns nach dem Frühstück hier zu treffen. Nachdem alle der Bitte zugestimmt haben, verlassen wir den Gasthof.

Nachdem Cato einfach davon geht und mich nicht weiter beachtet, muss ich mich wohl bemerkbar machen. "Cato“, versuche ich sie aufzuhalten, „ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie es weiter gehen soll. Ich muss mir eine Arbeit suchen für Essen und Unterkunft. Ich brauche andere Kleidung. Aber ich muss auch schleunigst weiter nach Jules suchen. Ich ..."

"Hey." Cato legt mir eine Hand auf die Schulter und wartet bis ich sie ansehe. "Eins nach dem anderen. Du bleibst an meiner Seite. Ich helfe dir und kümmere mich um alles Weitere."

"Warum solltest du das tun? Welchen Grund solltest du haben?" Schon wieder sagt sie solche Worte, die ich einfach nicht verstehe. "Nenne es ein Gefühl, dass es das Richtige ist." Damit zwinkert sie mir zu und führt mich ein Stück die Straße hinunter.

Wir gehen nur wenige Meter, dann dirigiert mich Cato in ein Geschäft. Um genau zu sein zu einem Herrenausstatter.

"Cato, das wird viel zu teuer sein." 

"Papperlapapp, lass das meine Sorge sein." Damit schiebt sie mich in die Arme eines älteren Mannes, der sein Gesicht, zu einem breiten Lächeln verzogen hat.

"Ah, junger Mann. Endlich kann ich mir selbst ein Bild von dir machen junger Mann. Die eigenartigsten Gerüchte kommen mir zu Ohren." Mit diesen Worten nimmt er meine Arme, deutet an, dass ich sie ausstrecken soll und läuft langsam und musternd um mich herum. Cato hat sich mir gegenüber in einen großen Ohrensessel gesetzt und beobachtet grinsend das Geschehen. Ich fühle mich unwohl, wie auf einem Präsentierteller. 

"Entspann dich, Takaya", sagt Cato und nimmt einen der Becher mit Wasser, die für Kunden in der Warteecke auf einem Tisch hingestellt wurden. Es ist leichter gesagt als getan. Erst recht, als der Schneider sein Maßband hervorholt und Rücken, Arme, Oberkörper, Hals und dann auch noch die Beine abmisst und alle Werte seinem Gehilfen zur Notiz weitergibt.

"Sehr gut junger Mann, jetzt wollen wir doch mal sehen, was wir für Sie haben. Bestimmte Wünsche?", fragend blickt er mich an. Und genau so schaue ich zurück.

"Ein Reitoutfit, schwarz mit dezentem Rot. Dazu einen wärmeren langen Mantel und hohe Stiefel“, kommt wie aus einer Pistole aus Catos Mund geschossen. Ich schaue sie an und um ihre Mundwinkel zuckt es heimlich.

"Oh Miss, Sie haben wie immer Geschmack. Ich werde mal sehen, ob ich etwas Passendes habe. Einen Moment, bitte." Mit einem Lächeln verschwindet er hinter einem Vorhang.

"Meinst du nicht, dass ein einfacheres Outfit ausreicht?", bemerke ich verschämt.

"Wenn du mit mir zusammen bist, dann solltest du auch vernünftig gekleidet sein. Takaya, mach dir doch nicht zu viele Gedanken“, weißt sie mich mit einem Kopfschütteln zurecht.

"Leichter gesagt als getan“, schnaube ich empört. "Ich bin nur durch Zufall hier gelandet und habe nicht vor, lange zu bleiben. Das Wichtigste für mich ist, dass ich meine Schwester finde. Wie kann es sein, dass sie nie wieder nach Hause gekommen ist? Was, wenn ihr etwas passiert ist? Wo soll ich denn nur weitersuchen. Vor allem wie?" Ich raufe mir verzweifelt die Haare und laufe unruhig durch den Verkaufsbereich, bis ich gegen etwas stoße. Cato nimmt meine Hände von meinem Kopf und legt ihre eigenen Arme um mich.

"Es wird gut gehen, Takaya. Ich habe dir bereits gesagt, was meine Arbeit hier ist. Ich möchte dir bei der Suche helfen. Vertraue mir bitte und nimm es an." Ich lehne meinen Kopf an ihre Schulter und nicke leicht. Cato gibt mir ein Gefühl von Sicherheit und Heimat. Ich merke, dass ich ihr bereits mehr vertraue, als mir lieb sein sollte. Tief atme ich ein und entspanne mich in ihrer Umarmung zunehmend.

"Sie haben Glück, Miss. Oh ...Entschuldigung" Der Verkäufer kommt durch den Vorhang zurück und unterbricht sich sofort. Beschämt möchte ich mich von Cato abwenden, aber sie lockert nur langsam ihren Griff. Als ich sie fragend ansehe, lächelt sie mich aufmunternd an. „Alles gut!“, wispert sie in mein Ohr.

Schnell zeigt der Mann, welche Kleidungsstücke er für mich gefunden hat. Nachdem ich in die Teile reingeschlüpft bin, stellt er fest, dass nur einige wenige Nähte angepasst werden müssen und nach drei Stunden ist dieser Einkauf erledigt. Seufzend und erleichtert verlasse ich den Laden, Cato leise lachend folgt mir hinterher. Sie hakt sich bei mir unter und wir gehen gemeinsam weiter die Einkaufsstraße runter.

"Lass uns etwas Essen gehen. Schau, weiter da vorne gibt es ein gutes Gasthaus. Da bekommen wir was zur Stärkung." Da ich nichts dagegen einzuwenden habe, nicke ich ihr lediglich zu.

Auf unserem Weg dorthin, habe ich Gelegenheit, mir die Gebäude genauer anzusehen. Irgendwie wirken hier alle Häuser faszinierend auf mich, da die Bauten so Mittelalterlich wirken, aber auch futuristisch. Zahnräder die Aufzüge zum Laufen bringen. Solarpanelle zur Stromerzeugnis und was man noch so alles aus Metall bauen kann um sich das Leben einfacher zu machen.

"Welches Jahr haben wir? Ich meine, Bauwerke des 18. Jahrhunderts erkennen zu können, aber die ganze Mechanik die sich auf den Gebäudeoberflächen befindet ..."

„Das ist richtig. Wir befinden uns tatsächlich im Jahr 1847, hiesiger Zeit. Jedoch ist dies hier alles planetenweit in der Kultur des Steampunks. In Teilen ähnlich des viktorianischen Zeitalters in unserer Welt. Sehe es als eine Parallelwelt an."

"Wie ist ein Sprung aus der Zeit der Indianer nach hier möglich? Ich denke ich bin von 2009 irgendwann in die Vergangenheit gelandet und dann hier. Gerade weil ich doch keine Ahnung von Sprüngen habe, sollte es dann nicht für mich eher unmöglich sein?"

"Diese Art der Sprünge sind bei uns Springern gar nicht so selten. Es ist ja schließlich auch nicht normal, dass ein Mensch Zeitsprünge machen kann“, versucht Cato mich zu beruhigen. Da muss ich ihr natürlich zustimmen. "Wenn wir deine Schwester gefunden haben und du möchtest, würde ich dir gerne das Museum zeigen. Da findet man viel über die Geschichte und Entwicklung des Steampunks." Schon wieder erwähnt Cato so nebenbei etwas, was für sie wohl selbstverständlich erscheint … was ich allerdings nicht verstehe. "Vielleicht, mal sehen …", ist daher alles was ich dazu sage.

Schließlich kommen wir im Gasthaus an, das augenscheinlich gut besucht ist. Es ist schwer noch einen freien Platz zu bekommen, aber mit Hilfe eines netten Kellners bekommen wir einen Tisch am Rande des größeren der zwei Restaurantbereiche zugewiesen und endlich sitzen wir. Der Kellner reicht uns die Speise- und Getränkekarte und verspricht, gleich wieder zur Bestellaufnahme vorbei zu kommen.

Jetzt habe ich Zeit, mich ein wenig hier umzusehen. Dabei bemerke ich, dass ich, auch wenn ich jetzt Zeitgenössischer gekleidet bin, ich wohl doch Aufmerksamkeit auf mich ziehe.

"Du bist ein sexy und gut aussehender Kerl, natürlich starrt man dich an“, flüstert mir Cato ins Ohr, als ich ihr das sage. Mittlerweile ist der Kellner erneut an unseren Tisch getreten und nimmt unsere Wünsche auf. Ich überlasse Cato das Bestellen und bin auf das Gratin dauphinois und den dazu passenden Wein gespannt.

Bereits beim ersten Bissen muss ich schwer Schlucken. Es schmeckt nicht schlecht, aber irgendwie ... Cato bemerkt dies natürlich sofort, und ich teile ihr das flüsternd mit, als sie mich fragend ansieht. "Was würdest du lieber essen?"

"Entweder noch eine große Portion Gemüse dazu … oder einfach nur Pommes rot-weiß“, vertraue ich ihr an.

"Gratin sind doch wie Pommes!", erwidert sie prompt. Entsetzt sehe ich Cato an und schüttle langsam und grinsend den Kopf. Lachend kapituliert sie und signalisiert der Wirtin, dass wir noch einen Wunsch haben. Sofort eilt diese herbei und Cato bestellt für mich: "Pommes de terre rouge-blance s'il te plait."

Während sie wieder geht, nimmt mir Cato meine Portion des Gratins ab und isst in Ruhe weiter. Es dauert nicht lange, bis mein neues Essen kommt. Ich schaue Cato, nach einem Blick auf die ‚Pommes‘, wohl etwas perplex an.

"Probiere erst bevor du meckerst. Hier in diesem Frankreich zu dieser Zeit sehen die Pommes nun einmal anders aus." Cato hat Recht, als ich probiere schmecken sie wie ganz normale Pommes, sie sehen aus wie Bratkartoffeln.

"Ich weiß nicht ob ich mich jemals an die Zeit, Menschen und ihre Art und Weise gewöhnen kann." Seufze ich, als wir das Gasthaus zwei Stunden später verlassen.

Wir nehmen wieder eines dieser kutschenartigen Fahrzeuge und fahren zu Catos Hütte zurück.

"Wie ist dein erster Sprung geschehen?" Fragt mich Cato sofort, als wir es uns auf dem Sofa gemütlich machen.

"Ich weiß es nicht“, antworte ich ihr ratlos. „In den letzten Jahren bin ich immer wieder Jules Reisen und Informationen nachgegangen. Plötzlich hat sich alles gedreht und ich bin in einer prärieähnlichen Landschaft wieder zu mir gekommen. Überall waren Wildpferde und hinter mir im Wald heulten die Wölfe. Ich kann mich an nichts davor erinnern. Weder meinen Namen, noch meine ursprüngliche Heimat. Nichts." Ich trinke einen Schluck aus dem Becher, der noch vom Vormittag hier steht. Ist es noch nicht einmal ein Tag her, seitdem ich hier bin?

"Wer hat dir den Namen gegeben, wenn es nicht dein eigener ist?", fragt sie daraufhin. Ich lege den Kopf auf die Lehne und blicke an die Decke.

"Die Indianer die dort leben. Takaya bedeutet Wolf. Die Wölfe haben mich nie angerührt, egal wann und wo ich den Wald betreten habe. Die Einheimischen sind der Meinung, dass in mir ein Wolfsgeist lebt. Deshalb mein Name." Ich lege mich auf der Couch ausgestreckt hin und schaue sie an.

"Und wie lange bist du in der Zeit gewesen und warum bist du plötzlich hier gelandet?", fragt sie weiter.

"Keine Ahnung. Die Erinnerung an meine Schwester, die Sehnsucht nach einer Heimat. Auch wenn ich nicht weiß woher, so weiß ich doch, dass die Prärie nicht meine Welt ist. Plötzlich dreht sich wieder alles und ich stehe hier auf der Straße. Cato, wenn du mir helfen kannst wieder nach Hause zu kommen, so bitte ich dich, hilf mir." Ja ich bettle und es ist mir egal. Tränen laufen über meine Wangen. Mit den Händen wische ich sie ärgerlich weg. Cato dreht sich zu mir und hält meinen Blick mit ihrem gefangen.

"Takaya, ich möchte dir gerne helfen deine Schwester zu finden. Vielleicht kann ich dir auch helfen, deine Sprünge zu kontrollieren. Aber dich in deine Welt zurück bringen, das kann ich nicht." Bedauernd schüttelt sie ihren Kopf.

Noch bevor ich nachfragen kann, legt sie eine Hand an meine Wange. "Ich weiß nicht aus welcher Zeit du kommst. Nur deine Schwester kann dir dabei helfen." Da ist noch etwas, was Cato jedoch nicht ausspricht. Sie senkt ihren Blick, steht abrupt auf, geht nach hinten und kommt kurz darauf mit Kissen und Decke wieder. "Schlaf etwas, Takaya und morgen sehen wir weiter." Mit diesen Worten geht Cato wieder aus dem Zimmer und löscht das Licht. Nur der Kamin spendet mir noch genug Helligkeit, um mich zu Recht zu finden.

Cato

 

Cato

Was habe ich mir nur dabei gedacht? Noch Stunden nachdem ich Takaya das Schlafzeug gegeben habe, stehe ich an der Tür und beobachte wie er es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht hat. Ein gutaussehender junger Mann. Vielleicht fünf bis zehn Jahre jünger als ich. Er sieht heiß aus, doch bezweifle ich, dass ich bei ihm eine Chance habe. Und seine Geschichte ist interessant. Normalerweise sind es Männer, die im Alter von vierzehn bis fünfzehn Jahren ihren ersten Sprung machen. Bei Takayas Familie scheint es anders zu sein. Frauen springen sehr selten, und dass Takaya mit Anfang zwanzig das erste Mal springt und noch nicht einmal eine Ahnung hat, was er da macht. Traurig schüttle ich den Kopf. Ich kann nicht zulassen, dass ihm etwas zustößt. Wieder wandert mein Blick über die schlafende Gestalt auf dem Sofa. Ohne dass ich es steuern kann, gehe ich hinüber, bis ich hinter der Lehne des Sofas stehe. Die Decke ist verrutscht und wie magisch sehe ich den nackten Oberkörper an. Wie weißer Marmor glänzt die Haut. Es kostet mich alle Kraft, um mich vom Sofa zu entfernen und mich an den Computer zu setzen. Ich zwinge mich dazu, nicht noch einmal zum Sofa zurück zu sehen. Stattdessen beginne ich nach Jules zu suchen. Auch die anderen Wächter dieser Welt haben keine Infos über einen weiblichen Springer. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es leicht wird, dennoch finde ich es sehr zermürbend.

Takaya stöhnt leise und zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich bin versucht zu ihm zu gehen, aber als er sich mit dem Gesicht zur Lehne dreht atme ich tief durch und konzentriere mich auf die Bildschirme.

Irgendetwas zieht auf den ersten Bildschirm die Aufmerksamkeit auf sich. Es ist eine Landschaft im südlichen Teil der Türkei. Einige Frauen sammeln die Früchte von den dortigen Dattelpalmen. Es ist eine mühselige Arbeit und mehr als eine Frau läuft so gebückt, als hätten sie einen krummen Rücken oder nur einen Hexenschuss. Was ich vom Aussehen eher annehmen würde. Ich sehe nichts genaues, behalte es mir jedoch vor den Ort für später zu Notieren.

Nachdem ich einige Nachrichten durch verschiedene Portale geschickt habe, und mir einige abgelegene Gebiete in dieser Welt angesehen habe, schalte ich die Monitore aus. Noch einmal bleibe ich am Sofa stehen, lege die Decke wieder ordentlich über Takaya und gehe dann aus dem Raum. Eine Mütze voll Schlaf wird auch mir gut tun.

Nur will der Schlaf nicht wirklich kommen. Seitdem Takaya aufgetaucht ist, ist es schwer für mich gewesen, meine Erregung unter Kontrolle zu halten. Für die meisten hier bin ich eine Frau, spiele diese Rolle elegant und weiß mit meinen angeblichen weiblichen Reizen zu spielen. Es ist wie eine zweite Haut, ein Anzug, den ich tagsüber trage, damit ich keinen Anfeindungen ausgesetzt bin, wenn mir doch einmal ein Mann gefällt. Aber ich bin nun einmal keine Frau, was mir meine Erektion schmerzlich beweist, als ich sie aus dem engen Gefängnis meiner Kleidung befreie. Ein erleichtertes Stöhnen kann ich jetzt nicht mehr unterdrücken.

Während ich mir Erleichterung verschaffe, sehe ich Takaya über mir. Meine Hände werden durch seinen Mund ersetzt. Ich beiße mir in die Unterlippe, schmecke Blut. Die Kombination aus Schmerz und Lust ist es, was mich über die Klippe treibt und mich stöhnend über meine Hand ergießen lässt. Als ich die Augen öffne, bemerke ich eine Bewegung an der Tür.

Verdammt! "Takaya, warte!" So schnell ich kann, springe ich aus dem Bett, wobei ich fast stolpere, da mir die Hose immer noch um die Beine hängt. Ungelenk ziehe ich sie hoch und renne ihm hinterher.

Takaya hat sich in der Küche versteckt, steht an der Spüle und stützt sich darauf ab.

"Takaya!", spreche ich ihn leise an und trete dicht hinter ihn, ohne Takaya jedoch zu berühren.

"Es tut mir leid, Cato. Ich wollte nicht so hineinplatzen. Ich habe dich gehört und dachte, dass du Schmerzen hast." Hastig dreht Takaya das Wasser auf und spritzt es sich ins Gesicht. Vorsichtig lege ich die Hände auf seine Schultern. Da er sich ansonsten nicht rührt, drehe ich ihn mit sanftem Druck zu mir um. Während ich das Wasser abdrehe, gleitet meine andere Hand in seinen Nacken.

"Ich hätte es vielleicht nicht verheimlichen sollen."

"Nein, Cato, ich ..." Nervös leckt sich Takaya über die Lippen. Seine Wangen röten sich, bevor er weiterspricht. "Ich habe es bereits geahnt." Beschämt senkt er den Blick, was mich lächeln lässt.

"Du hast es geahnt und es schreckt dich nicht ab?", frage ich vorsichtig nach. Seine Wangen leuchten und seine Lippen glänzen. Am liebsten würde ich mich zu ihm vorbeugen und küssen, aber es ist noch zu früh. Ich muss geduldig sein, sehen ob Takaya auch so fühlt wie ich.

"Ich..." Takaya leckt sich wieder über die Lippen, dabei zieht er die Unterlippe zwischen die Zähne und beißt drauf, bis ich kleine Blutperlen sehe.

"Nicht", hauche ich, lehne mich vor und streiche mit meiner Zunge über die kleine Wunde. Soviel zum Thema zurückhalten. Takaya schnappt überrascht nach Luft, was ich ausnutze und den Kuss vertiefe.

Takayas Hände legen sich an meine Schultern und kräftig drückt er mich von sich weg.

"Nicht, Cato", keucht er. "Das dürfen wir nicht machen." Verwirrt schaue ich ihn an, streiche mit dem Daumen über seine Wange.

"Warum Takaya? Wer sollte etwas dagegen haben?"

"Die Zeit", erwidert er leise und dreht sich aus meiner Berührung. Langsam drehe ich mich zu ihm um und beobachte, wie er ins Wohnzimmer geht. Als ich ihm folge, sitzt er mit angezogenen Beinen auf dem einzelnen Sessel.

"Wie meinst du das Takaya?" Ich setze mich ihm gegenüber auf die Couch und warte bis er mich traurig ansieht.

"Wer weiß wie lange ich hier bin, bevor der nächste Sprung mich ins Nirgendwo jagt. Ich suche meine Schwester, vergiss das bitte nicht. Meine Zeit hier ist begrenzt, während du dein Leben hier lebst."

"Takaya, bitte" Tja, um was möchte ich ihn eigentlich bitten? Langsam stehe ich auf, nur um mich vor ihm hinknien zu können. Sachte lege ich meine Hände auf seine Schenkel und drücke sie leicht, bis er mich ansieht.

"Lass uns gemeinsam die Zeit verbringen, die wir haben. Wir gehen gemeinsam Einkaufen, Essen oder einfach nur spazieren. Solange wir die Möglichkeit haben, möchte ich mit dir zusammen sein, Takaya. Bitte, verwehre es uns nicht." Seine Augen sind immer größer geworden und ein verräterisches Glitzern ist in ihnen zu erkennen. Langsam hebe ich eine Hand, lege sie an seine Wange und als er sich mit geschlossenen Augen dagegen lehnt, atme ich erleichtert aus. "Heißt das ja?", frage ich vorsichtig.

Langsam öffnet Takaya wieder seine Augen und ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen.

"Selbst wenn ich Nein sagen würde, so könnte ich nicht widerstehen, Zeit mit dir zu verbringen. Aber es darf nicht mehr als Freundschaft sein." Freundschaft, dabei möchte ich doch soviel mehr. Noch nie war mein Verlangen nach einem Anderen so stark wie bei Takaya. Aber wenn er nicht bereit ist mehr zu geben, werde ich es vorerst respektieren.

"Freundschaft", bestätige ich daher und ziehe ihn in eine Umarmung. Seufzend legt Takaya die Arme um mich und schmiegt sein Gesicht an meine Brust. Wie lange würde er mit seiner eigenen Lüge leben können?

"Wir sollten schlafen gehen, damit wir morgen früh mit der Suche weiter machen können." Sage ich, doch keiner von uns beiden rührt sich. "Komm mit, Takaya, lass uns zu Bett gehen." Sofort versteift sich der junge Mann in meinen Armen. Beruhigend streiche ich ihm über den Rücken. "Ich möchte dich nur weiterhin im Arm halten, mehr nicht. Ich verspreche es dir." Takaya lässt sich widerstandslos auf die Beine ziehen und folgt mir, während ich ins Schlafzimmer gehe.

Endlich, mit Takaya in meinem Arm schlafe ich ruhig ein.

Takaya

 

Takaya

Ich schwitze, mir ist heiß und ich fühle mich erdrückt, als ich aufwache. Meine aufkommende Panik schlucke ich hinunter und zwinge mich dazu, ruhig weiter zu atmen.

Ich benötige noch einen Moment, bis mir die Geschehnisse der vergangenen Nacht wieder einfallen. Catos Stöhnen, welches mich geweckt hat … die Neugierde, die mich zu seinem Zimmer geführt hat und die Faszination ihn dabei zu beobachten, wie er sich selbst befriedigt. Nicht zu vergessen, die Überraschung, dass er meinen Namen gestöhnt hat, als er gekommen ist. Ich habe es bereits gewusst, oder eher erahnt, dass Cato keine Frau ist. Sein Körperbau ist sehr androgyn, aber sein männliches Teil kann er nicht verstecken, wenn er solch enge Kleidung trägt wie den Catsuit letzten Abend. Ich genieße die Nähe noch etwas länger als ich sollte. Meine Aussage, dass es falsch ist und ich nicht weiß, wie lange ich noch hier bin, meinte ich es ehrlich. Dennoch kann ich nichts gegen meine Gefühle und die Reaktion meines Körpers tun. Als der Druck aufzustehen und ins Bad zu gehen, zu groß wird, schäle ich mich aus Catos Umarmung.

Nach einer schnellen Dusche, stehe ich in Catos Bademantel gehüllt in der Küche und durchsuche seine Schränke nach Zutaten.

Leise vor mich hin summend bereite ich ein Frühstück aus Waffeln, Speck und Orangensaft vor. Gerade als ich alles fertig auf den Tisch stelle, bemerke ich, dass Cato lächelnd am Türrahmen lehnt.

"Wie lange stehst du schon da?", frage ich überrascht und klammere mich an die Tischkante. Cato stößt sich vom Rahmen ab und kommt wie ein Jäger auf mich zu. Direkt vor mir bleibt er stehen, legt eine Hand in meinem Nacken und sieht mich an.

"Lange genug, um zu wissen, dass es mir sehr gut gefällt. Nicht nur, dass du Frühstück gemacht hast, sondern auch dich in meinen Sachen und in meinem Haus zu wissen. Zu sehen, dass du dich wohl fühlst." Er legt seine Stirn gegen meine und schließt die Augen. Zaghaft lege ich meine Hände auf seinen Rücken, trete noch einen Schritt näher und auch meine Lider schließen sich von selbst, als ich in die Geborgenheit sinke.

Ich weiß nicht, wie lange wir so stehen, bis Cato den Kopf hebt und mir einen Kuss auf die Nasenspitze gibt. 

"Wir sollten essen und danach gehen wir in die Stadt. Ich muss einige Sachen erledigen und würde dich nur ungern hier allein lassen." Ich setze an etwas zu sagen, aber Cato legt mir einen Finger auf die Lippen. "Das hat nichts mit Vertrauen zu tun, sondern reiner Egoismus. Ich möchte die Zeit die wir haben nutzen und dich immer an meiner Seite spüren." Sein Finger verlässt meine Lippen und streicht mir eine Strähne hinter das Ohr.

Verlegen drehe ich mich weg und setze mich an den Tisch. Cato holt noch Gläser und dazu den frischen Orangensaft aus der Kühlung und gesellt sich zu mir. Nur durch wenige Worte des Lobes unterbrochen, Frühstücken wir schweigend.

Nachdem Cato den Tisch abgeräumt und ich das Geschirr abgewaschen habe, gehen wir zurück ins Schlafzimmer, in dem wir uns umziehen. Während ich die Sachen vom Vortag noch einmal anziehe und überlege, mir wenigstens ein Landesübliches Outfit zu kaufen, nur damit ich nicht auffalle, kleidet sich Cato in ein schwarzes Kleid mit blauen Rüschen und einfachen schwarzen Boots. Etwas Makeup und von dem Mann ist nichts mehr zu erkennen. Mit offenem Mund und großen Augen starre ich diese Schönheit an, in die sich Cato verwandelt hat. Lächelnd und mit hochgezogener Augenbraue sieht er mich fragend an.

"Wenn ich nicht wüsste, dass du ein Mann bist, ich würde mich Hals über Kopf in dieses Antlitz von dir verlieben. Du siehst atemberaubend aus." Ich trete ganz dicht auf Cato zu, traue mich aber nicht ihn zu berühren. Ein Kuss auf meine Nasenspitze löst den Bann und ich lege die Hände an sein Gesicht. "Du bist wunderschön", hauche ich und gebe Cato einen sanften Kuss.

"Du siehst auch verdammt sexy aus in diesem Outfit. Wir sollten dir unbedingt noch mehr davon kaufen, vielleicht in anderen Farben", erwidert er keck, ganz in seiner Rolle als Frau. Ich nicke nur bestätigend. Irgendwie ist mir die Sprache gerade leicht abhanden gekommen.

Cato hakt sich bei mir unter und wir verlassen seine Hütte, um mit diesem komischen Gefährt in die Stadt zu fahren.

Während wir am Gasthof ankommen, erblicke ich Sören und Cleo, die gemeinsam die Straße entlang schlendern.

"Cleo", rufe ich und winke ihm entgegen. Neben mir höre ich ein leises Knurren und lächelnd schaue ich zu Cato, während ich seine Hand ergreife. "Keinen Grund zur Eifersucht." Ich trete einen Schritt näher, unsicher ob ich Cato küssen darf oder nicht. Er nimmt mir die Entscheidung ab, indem er eine Hand an meine Wange legt und sich zu mir beugt. Es ist nur ein Kuss auf die Nasenspitze, dennoch wird mir warm.

"Es tut mir nicht leid, Takaya. Ich möchte die Zeit mit dir genießen und mir behagt es irgendwie nicht, dich mit anderen zu sehen."

"Dummer Kerl." Schnell drücke ich ihm noch einen Kuss auf die Lippen, bevor die zwei Männer bei uns ankommen.

"Liebe auf dem ersten Blick?", witzelt Cleo und schlägt mir auf die Schulter.

"Lass das Gerede Cleo, ich habe dir gesagt, dass sich in Cato niemand verlieben sollte. Sie ist unnahbar!"

"Und was ist das hier gerade gewesen? Sören bist du blind?"

"Nein, Junge, ganz eindeutig benötigt der Kleine nur etwas Zuwendung." Die beiden reden über mich, als wäre ich nicht da, was mich vor Wut zittern lässt. Doch bevor ich etwas sage, berührt mich Cato an meiner Hand und schüttelt unmerklich den Kopf. Stumm nicke ich leicht.

"Wir wollten gerade etwas Essen gehen, kommt ihr mit?", fragt Sören.

"Nein, ich habe noch einen Termin und Takaya begleitet mich. Danach können wir uns aber gerne im Gasthaus treffen."

"Ist er dein Spielzeug?", fragt Sören in einem unverschämten Ton.

"Es reicht Sören“, entgegnet Cato mit eiskalter Stimme. „Was ich wann, wo und mit wem mache, geht dich nichts an. Du kennst mich vom hören-sagen, mehr nicht. Bilde dir also kein Urteil, zu dem du kein Recht hast. Entweder du gibst Ruhe, oder ich melde es." Kapitulierend hebt Sören beide Hände und geht einen Schritt zurück.

"Komm, Cleo, lassen wir die Dame mit ihrem Hündchen Gassi gehen!" Damit ergreift er Cleos Arm und zieht ihn hämisch grinsend an uns vorbei.

"Vielleicht solltest du allein weitergehen."

"Takaya!“ Cato hält mich am Arm fest und dreht mich so, dass ich ihn ansehen muss. Als ich den Blick starr auf seine Brust geheftet lasse, legt er einen Finger unter mein Kinn und hebt es an. "Mir ist völlig egal, was andere sagen oder denken. Lass sie reden. Ich möchte die Zeit die uns bleibt mit dir verbringen." Leicht streicht er mir über die Wange, bevor er sich von mir löst und sich erneut bei mir einhakt und wir die Straße entlang gehen.

Vor einem unscheinbaren Haus bleiben wir stehen. Ein kleiner pinkfarbener Aufkleber fällt mir ins Auge, doch bevor ich was sagen kann, zieht mich Cato hinter sich in das Innere es Gebäudes.

Wie angewurzelt bleibe ich stehen und starre nur vor mich hin. Cato kichert, während er sich wieder bei mir einhakt.

"Was ist das hier?"

"Ein Lokal für Gleichgesinnte. Komm, ich stelle dich einem Freund vor." Warum brodelt es bei der Erwähnung eines Freundes in mir? Ich habe kein Recht darauf, eifersüchtig zu sein, schließlich bin ich derjenige, der Cato auf Distanz hält.

"Hallo Sonnenschein, was treibt dich hierher und wer ist der Süße an deinem Arm?"

"Armand, ich grüße dich. Ich möchte dir Takaya vorstellen. Er ist auf der Suche nach seiner Schwester. Ist dir etwas über eine Springerin zu Ohren gekommen?" Cato umarmt seinen Freund mit einem Arm.

"Setzt euch ihr Hübschen. Laslo, bring ihnen etwas zu trinken“, weist er einen jungen Mann an seiner Seite an, der prompt aufspringt und zur Bar rüber geht. Kurz nachdem wir uns gesetzt haben, kommt er schon mit zwei Sektflöten wieder zurück.

"Oh, für mich bitte keinen Alkohol“, entgegne ich leise und schiebe das Glas in die Mitte.

"Aber, aber, Süßer, das ist nur eine Schorle. Alkohol gibt es erst ab zweiundzwanzig Uhr." Damit schiebt Armand mir das Glas wieder entgegen. Cato nimmt sein Glas und nippt dran, bevor er mir in die Augen sieht und zunickt. Vorsichtig nehme ich das Glas und probiere. Wirklich, in dem Glas befindet sich lediglich eine erfrischende Traubenschorle ganz alkoholfrei. Ich genieße das Prickeln und schließe kurz die Augen. Erst Catos Hand auf meinen Oberschenkel lässt mich ertappt die Augen wieder öffnen. Leicht drückt er zu und schenkt mir ein Lächeln.

"Oh, Mann, hier wird es gerade verdammt heiß“, bemerkt Armand und fächelt sich verträumt Luft zu, was mich errötend den Kopf senken lässt.

"Armand, ich bitte dich. Komm zu meiner Frage zurück", versucht Cato zurück zum Thema zu kommen. Armand seufzt, bevor er antwortet.

"Es ist schon eine Weile her … vielleicht eineinhalb Jahre oder auch schon zwei. Ich glaube Juli, Julia..."

"Jules?", werfe ich fragend ein.

Armand reißt die Augen auf. "Ja, Jules, richtig. Jules war ihr Name."

"Sie ist hier gewesen?", frage ich dringlich.

"Oh, nein, Süßer. Man hat über sie geredet.“ Armand schüttelt bedauernd den Kopf. „Ein weiblicher Springer kommt vielleicht nur alle zehn Jahre vor, wenn überhaupt. Nur zu gern würde ich sie kennen lernen. Nachdem was man sich über sie erzählt, ist sie eine wunderschöne, taffe Frau. Aber sie schien verloren zu sein. Unnahbar, hat mit niemandem geredet."

"Und wo war das? Wer hat über sie geredet? Und wo ist sie zuletzt gewesen? Ich muss sie finden."

"Es tut mir leid. Man erzählte, dass sie 1852 in Berlin gesichtet worden ist. Aber seitdem habe ich nichts mehr gehört."

"Schade.“ Traurig greife ich nach meinem Glas und drehe es. Catos Hand reibt in leichten Kreisen auf meinem Oberschenkel. Abrupt stehe ich auf.

"Es tut mir Leid, ich muss raus." Ohne auf eine Antwort zu warten, stürme ich hinaus und laufe blindlinks durch die Straßen.

"Takaya", höre ich meinen Namen, reagiere aber nicht darauf, bis ich einen harten Schlag auf meinem Kopf spüre und wie ein nasser Sack zu Boden gehe. Noch bevor ich irgendwo Aufschlage, wird alles schwarz.

Cato

 

Cato

Was ist der Grund warum Takaya so schnell das Gasthaus verlassen hat? Ist es die Aussage gewesen, dass man Jules erblickt hat? Ich hoffe nicht, dass der Junge versucht ihr blindlings hinterher zu springen.

Blindlings versuche ich hinter Takaya hinterher zu rennen, aber Armand hält mich am Arm fest, was mich knurren lässt.

Auf ein Handzeichen von Armand, kommt ein Mann zu uns. Auf die Frage von Armand, ob er gesehen hätte wo Takaya lang ist, schüttelt dieser nur den Kopf.

"Was ist das zwischen euch? Warum bist du so hinter ihm her?"

"Armand er ist in Gefahr. Ich kann es dir nicht genau erklären. Aber seine Sprünge, sein Aussehen…einfach alles.“ Ich schüttle den Kopf und blicke niedergeschlagen nach unten.

"Papperlapapp, es wird schon nichts sein. Lass ihm etwas Zeit und Luft, er wird wieder kommen."

"Und wenn nicht? Du kennst ihn und seine Geschichte nicht! Ich brauche einen Computer, sofort!" Armand seufzt. Bedeutet mir aber, ihm zu folgen als er aufsteht und nach hinten in sein Büro geht.

"Tu was du nicht lassen kannst." Mit diesen Worten setze ich mich an seinen Schreibtisch, suche nach der Steckdosenleiste und schallte sie ein. Kurz darauf fährt eine Wand zur Seite und macht Platz für eine Nische, in der sich ein Computersystem, wie das in meiner Hütte, befindet.

"Was hast du vor?" Armand steht hinter mir und schaut mir über die Schulter, als ich mich vor das System setze und beginne, meine Daten über die Kette an Takayas Hals einzugeben. Es ist ein drängendes Gefühl, das mich dazu zwingt, nach Takaya zu suchen.

"Verdammt, Kleiner, wo bist du?" Die Kette sendet kein Signal, was mich nur noch nervöser macht.

"Was ist das mit dem Jungen? Du benimmst dich doch sonst nicht so Gluckenhaft."

"Ich habe dir gesagt, dass er etwas Besonderes ist. Er hat erst drei Sprünge in seinem ganzen Leben gemacht und möchte nichts weiter, als seine Schwester wieder bei sich zu haben. Armand, du kannst es nicht verstehen. Du kommst aus dieser Zeit." Armand legt mir eine Hand auf die Schulter und wartet, dass ich ihn ansehe.

"Vielleicht bin ich kein Springer, aber ich weiß, was es heißt, verliebt zu sein."

"Ich bin nicht verliebt!", entgegne ich ihm bestimmt. Armand zieht skeptisch die Augenbrauen hoch.

"Bin ich es?" Verdattert schaue ich ihn an. Warum verunsichert mich der Gedanke so sehr? Ich habe Takaya erst gestern kennengelernt, so schnell verliebt man sich doch nicht. Oder doch?

"Dir gefällt der Gedanke nicht, dass ihm etwas zustoßen könnte. Was würdest du machen, wenn genau das gerade der Fall ist? Was weißt du über ihn, das dir bei der Suche helfen kann?" Ich überlege angestrengt, aber leider fällt mir nichts ein. "Geh etwas nach draußen, vielleicht findest du so seine Spur." Ich erhebe mich und renne fast aus dem Gebäude. Ziellos kreuze ich durch die Gegend. Frage unzählige Menschen, ob sie Takaya gesehen haben, aber niemand kann mir weiterhelfen.

"Nabend Cato, warte einmal kurz." Dan steht am Eingang einer Gasse. Ich sehe mich kurz um und folge ihm hinein.

"Warum diese Heimlichtuerei?"

"Weil ich etwas gesehen habe. Dieser Bengel und der Alte, zwei der Springer von gestern. Die haben einen jungen Mann gestützt und weggebracht. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Aber jetzt wo du jemanden suchst. Ob das Takaya bei ihnen war?"

"Cleo und Sören? Warum sollten sie Takaya haben wollen und dann auch noch verschleppen? Weißt du wo sie mit ihm hin sind?"

"Ich habe sie bis zur Stadtmauer verfolgt. Sebastian hat gerade Dienst."

"Danke Dan." Damit drehe ich mich um und beginne direkt zu Sebastians Häuschen zu laufen. Erst einige Zeit später bemerke ich, dass Dan mir folgt.

"Sebastian", grüße ich den Wärter am Tor.

"Cato, gut das du kommst. Dein Junge ist vorhin hier gewesen. Er sah jedoch nicht gut aus. Diese zwei neuen Springer sind bei ihm gewesen, haben ihn gestützt."

"Haben sie etwas gesagt oder getan?" Sebastian überlegt angestrengt, was mich nervös werden lässt.

"Dieser Bengel erzählte etwas über einen Roman in seiner Welt. Kurz darauf sind die drei gesprungen. Das hier haben sie fallen lassen."

Sebastian greift in seine Tasche und zieht etwas heraus und reicht es mir. Ein Keuchen entkommt mir, als die Kette in meine Hand fällt.

Dan greift nach meinem Arm und stützt mich, bis ich wieder sicher stehe.

"Cato, was weißt du über den Bengel?"

"Ich muss nach Hause, an meinen Computer. Bitte halte mich auf dem Laufenden, wenn dir noch etwas einfällt, oder du etwas bemerkst."

"Das mache ich doch sowieso. Viel Glück, Cato. Dan" Sebastian nickt uns zu und mit Dan an meiner Seite rufe ich mein Fahrzeug und wir fahren in meine Hütte.

Takaya

 

Takaya

Mein Kopf dröhnt und alles dreht sich, als ich zu mir komme. Ich liege in einem kleinen Bett in einem kahlen, kalten Raum. Gott sei Dank bin ich nicht gefesselt.

"Oh, gut, du bist endlich wach. Wurde ja auch mal Zeit. Ich habe mich schon gefragt, wie lange ich noch den Babysitter spielen soll."

Als ich mich in eine sitzende Position hochdrücke, kann ich mir ein Stöhnen nicht verkneifen.

"Du hast ganz schön was über den Schädel bekommen. Ich frage mich, was Cleo damit bezweckt, dich hier her gebracht zu haben. Dein Outfit ist alles andere als Zeitgemäß."

"Wo bin ich? Wo ist Cato? Was soll das alles?"

"Ganz ehrlich, Bürschchen, aber deine Fragen stellst du an die falsche Person. Ich werde Cleo informieren." Kurz darauf öffnet sich eine Tür und erst zu diesem Zeitpunkt sehe ich den Mann, der mit mir gesprochen hat. Jedoch erkenne ich ihn nicht. Kaum ist er durch die Tür, fällt diese ins Schloss und hüllt mich wieder in Dunkelheit. Weder kann ich meine Hand vor Augen sehen, noch irgendetwas anderes … was es auch schwer macht, die Zeit einzuschätzen.

Das Knarzen der Tür und der darauffolgende Lichteinfall in den Raum lässt mich zusammenzucken und die Augen geblendet zusammenkneifen.

"Hallo Takaya, schön dass du wieder wach bist. Wie geht es dir? Ich hoffe Sören hat nicht allzu doll zugeschlagen." Noch bevor die Tür zufällt, geht ein Licht an der Decke an und ich erblicke Cleo, der ein Tablett in den Händen hält.

"Was soll das alles Cleo? Wo bin ich und warum habt ihr mich entführt?"

"Aber, aber. So viele Fragen auf einmal." Als würde er ein Kind tadelt, schnalzt Cleo ungeduldig mit der Zunge. Was ein Arsch.

Das Tablett stellt er auf einen kleinen Tisch in der Ecke, den ich erst jetzt bemerke.

"Setze dich, Takaya und esse etwas“, fordert er mich auf, zieht sein Sakko aus und hängt es über den zweiten Stuhl, auf den er sich setzt. Kurz überlege ich, ob ich mich Cleo widersetzen soll, aber irgendwas an seinem Auftreten lässt mich gehorchen. Also gehe ich langsam zum Tisch und setze mich ihm gegenüber. Er bedeutet mir zu Essen und erst nachdem ich den ersten Bissen im Mund habe, beginnt Cleo zu reden.

"Ich habe viel von dir und deiner Schwester gehört. Eine sehr interessante Geschichte die mich fasziniert und die ich niederschreiben möchte." Bei der Erwähnung meiner Schwester werde ich hellhörig.

"Warum hast du nicht einfach nachgefragt? Was weißt du von Jules?", frage ich vorsichtig.

"Tztztz", tadelt mich Cleo wieder. "Wie soll ich mit dir reden können, wenn Cato dich mit Argusaugen bewacht?"

"Ich bin nicht sein Schoßhund!", protestiere ich, aber Cleo lacht nur.

"Nicht? Danach sieht es aber aus. Moment sein Schoßhund?"

Verdammt, mir ist der Versprecher in dem Moment aufgefallen, als ich es gesagt habe. Ich habe gehofft Cleo würde es nicht merken, aber er ist zu clever dafür.

"Habe ich sein gesagt? Mein Kopf tut vom Schlag noch weh, ich bin wohl etwas verwirrt." Aber an Cleos Blick erkenne ich, dass er mir nicht recht glaubt.

Ein starkes Klopfen an der Tür lässt mich zusammenzucken. Kurz darauf geht die Tür auf und ein Typ mit einem Hemd voller aufgedruckter Orchideen sieht herein.

"Cleo diese verdammte Fritz-Box hat schon wieder den Geist aufgegeben. Wie soll ich meine Arbeit machen, wenn die Verbindung nicht stabil ist?"

"Du Idiot!" schnauzt Cleo und steht auf. An der Tür dreht er sich noch einmal zu mir um. "Ich werde dich in Ruhe essen lassen. Wenn ich diesen Schwachköpfen geholfen habe, werden wir uns weiter unterhalten." Damit schließt sich die Tür. Kurz habe ich Angst, dass ich wieder im Dunkeln zurückbleibe, aber das Licht bleibt an.

Ich habe keine Ahnung wie viel Zeit bereits vergangen ist, seit ich in diesem Raum aufgewacht bin. Vor dem einzigen Fenster befindet sich ein blickdichtes Außenrollo und das Licht hier drinnen leuchtet durchgehend. Das Essen habe ich schon lange beendet und ich liege wieder auf dem Bett. Meine Gedanken wandern zu Cato. Was er wohl gerade macht? Wie kann ich ihm nur eine Info geben, eine Spur hinterlassen, wo ich bin? Wenn ich es noch nicht einmal selbst weiß. Ich muss Cleo dazu bekommen, mir etwas über den Ort und die Zeit zu verraten.

Das Licht geht aus und plötzlich ist es wieder stockdunkel. Ich denke, das heißt, dass ich zumindest für die nächsten Stunden alleine bleibe.

Wie habe ich es geschafft zu springen?

Ich konzentriere mich auf Cato, sein Haus, den Wald in dem er lebt. Ich spüre ein Kribbeln an der Wirbelsäule, aber ansonsten passiert nichts. Ich versuche es immer und immer wieder. Schweißgebadet und heftig atmend, gebe ich schließlich auf.

Gibt es hier ein Badezimmer oder nur eine Toilette in einer Ecke?

Bei dem ganzen Durcheinander habe ich genau darauf nicht geachtet. Um das herauszufinden, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich durchzutasten.

Vorsichtig gehe ich mit ausgestreckten Armen linksherum durch den Raum. Die erste Ecke ist leer, dann komme ich an eine Tür, die sich nicht öffnen lässt. Danach folgt die zweite und die dritte Ecke, auch diese beiden sind leer. An der dritten Wand stoße ich erneut auf eine Tür. Diese lässt sich öffnen und ein kleines Licht geht an. Erleichtert atme ich auf, als ich in einem Badezimmer stehe. Zuerst benutze ich die Toilette, putze mir dann mit einer Einmalzahnbürste, die auf dem Waschbecken liegt, die Zähne und gehe schließlich unter die Dusche.

Auf einer kleinen Ablage liegen saubere Sachen und ein Handtuch.

Nur mit einer Boxershorts bekleidet trete ich aus dem Bad und schaue mich mit dem Licht im Rücken noch einmal ganz genau um.

Kaum trete ich einen Schritt weiter in den Raum, erlischt das Licht und ich stehe wieder in Dunkelheit. Jetzt weiß ich jedoch, wo sich das Bett befindet und laufe darauf zu.

"Autsch verdammt" Ich reibe mir das Schienbein, mit dem ich gegen das Bettgestell gestoßen bin. Erleichtert das Bett erreicht zu haben, lege ich mich hin und decke mich zu. Aufgrund der Tortur des Tages und zuminest etwas erfrischt und sauber durch die Dusche, schlafe ich schließlich nach einiger Zeit ein.

Cato

 

Cato

"Wo bist du nur Kleiner?"

Schon seit Stunden sitze ich am Computer und versuche eine Spur zu finden. Wäre sie auch noch so klein, ich würde es mit Kusshand begrüßen. Aber es passiert nichts, Keine Info von anderen Springer, kein noch so kleiner Hinweis auf den Monitoren in verschiedenen Ländern und Zeiten.

Obwohl es bereits mitten in der Nacht ist, was mir ein Blick auf die Uhr zeigt, ist Dan noch immer bei mir.

"Diese ganze Technik hier, aus welchen Jahr stammt sie?" Dans Frage lenkt mich ab, dennoch antworte ich ihm.

"Ich bin 1982 geboren. Als ich beschlossen habe, einen Knotenpunkt hier einzurichten, ist es 2002 gewesen. Das ist ungefähr zehn Jahre her", antworte ich, während ich noch immer die Tastatur meines PC malträtiere.

"Also bist du jetzt Anfang dreißig? Wie kommt es, dass du als Frau herumläufst? Ist es schon immer so gewesen oder nur in dieser Welt hier?"

"So neugierig heute?", frage ich Dan nur halb im Scherz.

Er bewegt sich hinter meinen Stuhl, greift mit beiden Armen um mich herum, um mich zu umarmen, legt eine seiner Hände auf mein Herz und spricht: „Cato, du bist ein sehr interessanter Mensch … nicht nur äußerlich, sondern auch hier. Du bist begehrenswert als Mensch, Frau und Mann … „ Leise murmelt er weiter vor sich hin: „Wer sollte sich denn auch nicht in dich verleiben, wenn er Augen im Kopf hat.“

Ich lehne mich im Stuhl zurück und genieße die tröstende Umarmung, die Dan mir bietet.

 

Bedauern schüttele ich meinen Kopf … "Es tut mir leid, dass ich es nicht erwidern kann, Dan. Takaya hat etwas an sich … als hätte ich seit Ewigkeiten nur darauf gewartet. Ich wünschte, du würdest ihn kennen lernen."

Nach einem weiteren festeren Drücken, entlässt Dan mich aus seinen Armen, stellt sich wieder auf und drückt seinen Rücken durch. "Glaub an den Jungen. Nachdem was ich gehört habe ist er mindestens genauso interessant wie du. Ich freue mich auf den Tag, an dem ich ihn kennen lerne“, erklärt er mit fester Stimme.

"Aber wo soll ich noch suchen?" Ein Stechen in meiner Brust lässt mich keuchen und ich greife mir ans Herz.

"Cato?" Dan kommt an meine Seite und sieht mich besorgt an. "Takaya, keine Ahnung wieso, aber..." Dan lächelt, was mich irritiert.

"Ihr beide seid etwas Besonderes. Takaya sucht bestimmt eine Möglichkeit, wie er mit dir in Kontakt treten kann. Was hältst du von der Idee, dich etwas auszuruhen? Wenn du produktiv weitersuchen willst, musst du fit sein. Ausgeruht und wach nutzt du ihm eher, als müde und unkonzentriert."

"Aber..."

"Nein, Cato“, fällt er mir ins Wort, „Schluss für heute! Wo befinden sich dein Bad und Schlafzimmer?" Ich kann nur noch mit dem Kopf in die Richtung zeigen und Dan schiebt mich schon in die richtige Richtung. "Schlaf etwas, ruh dich aus und morgen überlegen wir neu. Neues Spiel, neues Glück. Wir lassen uns etwas einfallen." Widerwillig folge ich der Anweisung, mache mich im Bad fertig und erkenne, dass Dan natürlich Recht hat. Total erledigt krabbele ich ins Bett, decke mich zu und merke kaum noch, dass mein Kopf mein Kissen berührt, bevor ich schon eingeschlafen bin.

"Cato?" Verschlafen und irritiert sehe ich auf. Ich liege an einen Strand, unter einem Sonnenschirm. Nicht weit von mir befinden sich einige Strandkörbe, die aber alle verlassen sind. Eine Person mit Kittel, Mundschutz und Haube kommt auf mich zu.

"Cato, ich bin so froh dich zu sehen. Ich habe keine Ahnung wo ich bin oder was Cleo von mir will. Er ist verrückt. Bitte such nach ihm, vielleicht ist er leichter zu finden. Mich hält er in einem dunklen Raum fest. Ich kann noch nicht einmal hinausgucken. Cato ich..."

Kerzengrade sitze ich im Bett. Mein Puls rast, meine Hände zittern und Schweiẞ bedeckt meinen Körper. Ich muss wohl ein Geräusch von mir gegeben haben, denn Dan steht im nächsten Moment im Zimmer.

"Dan … Takaya, Cleo ... ich muss", verzweifelt sehe ich Dan an und versuche aus dem Bett zu entkommen.

"Erst einmal beruhigst du dich und atmest tief durch, Cato!" Dan legt mir die Hände auf die Schultern und drängt mich, auf dem Bett zumindest sitzen zu bleiben, und mich zuerst mal zu sammeln.

"Takaya ... Ich habe von ihm geträumt. Ich soll nach Cleo suchen, da Takaya in einem Raum ohne Sicht nach außen festgehalten wird." Dan schaut mich verstehend an.

Kaum habe ich mich angezogen, und sitze wieder am Computer, stellt mir Dan eine Tasse Tee vor die Tastatur.

"Okay, wenn du weitersuchen willst, nur zu. Aber vorher trinkst du wenigstens etwas." Lächelnd nehme ich die Tasse und trinke langsam Schluck für Schluck, um wieder richtig zu mir zu kommen. Erst als sie leer ist, stelle ich sie ab und wende mich der Tastatur zu. "Ich danke dir, Dan, für alles." Dan schüttelt nur den Kopf und legt nur eine Hand auf meine Schulter, um sie zu drücken.

"An was erinnerst du dich alles aus dem Traum?", fragt Dan.

"Ich liege auf einer Liege … irgendwo in Wassernähe. Ich erkenne Strand und einige leere Strandkörbe, Vogelhäuser an Palmen. Takaya hat medizinische Schutzkleidung getragen und mit mir geredet … mehr konnte ich nicht erkennen", erkläre ich ihm regelrecht mutlos.

"Gut, dann suche nach diesem Ort. Lass die Personen erst einmal außen vor. Konzentriere dich auf Strände, Palmen, Strandkörbe … vielleicht befindet sich ein größeres Gebäude in der Nähe." Dankbar für Dans Idee, beginne ich sämtliche Strände in verschiedenen Zeitformen abzusuchen. Wieder vergehen mehrere Stunden ohne Erfolg, doch dann.

"Dan, ich glaube … wir haben es!"

Takaya

Takaya

Das Licht geht an und kurz darauf wird die Tür geöffnet.

"Hallo Takaya, ich hoffe, du bist heute etwas gesprächiger und wir können vorankommen." Cleo schlendert ins Zimmer. Ein Tablett in der Hand. Kaum ist er im Raum, wird die Tür hinter ihm geschlossen.

Das grelle Licht blendet mich und mein vernebeltes Gehirn braucht noch Zeit, um seine Aussage verarbeiten zu können. Ohne zu antworten, stehe ich auf und gehe erst einmal ins Bad. Im Anschluss setze ich mich zu ihm an den Tisch, wo ein belegtes Brot, ein Apfel und ein Thermobecher auf mich warten.

"Was willst du wissen?", frage ich und nehme einen Schluck aus dem Becher. Schwarzer Tee, igitt. "Bekomme ich auch was Anständiges zu trinken?"

"Nein, zum Frühstück Schwarzen-, zum Mittag Früchte- und zum Abend Kamillentee. So ist es hier Standard." Angewidert sehe ich ihn an und schiebe den Becher zur Seite.

"Wenn du mir nicht wenigstens Wasser besorgen kannst, dann lass den Scheiß, wo er herkommt." Mit hochgezogener Augenbraue sieht mich Cleo an.

"Was für ein verwöhntes Gör du nur bist. Wie kann Cato gefallen an dir finden?" Ich hole Luft, um ihm eine passende Antwort zu geben, da spricht Cleo bereits weiter. "Wäre deine Geschichte mit deiner verlorenen Schwester nicht so interessant, ganz ehrlich, ich hätte dich schon längst ..." Cleo unterbricht sich und sein böswilliges Grinsen beschert mir eine Gänsehaut. "Kommen wir nun also zum Punkt. Erzähle mir von deinem ersten Sprung!" Fordert er mich schließlich auf.

"Was passiert, wenn ich dir alles erzählt habe? Bringst du mich dann wieder zurück in Catos Welt?" Unwillkürlich greife ich bei der Erinnerung an Cato an meinen Hals, nur um die Kette nicht mehr zu spüren. "Wo ist meine Kette?" Cleo beobachtet mich ganz genau.

"Denkst du, ich bin blöd? Sören ist hier der Trottel und du? Ich bin mir absolut nicht sicher, ob du nur den Tollpatsch spielst oder tatsächlich ein Kind bist. Irgendwie sehe ich dich auf einer Pyjamaparty in Schlafanzug und einem dieser Plüscheinhörner."

Unweigerlich sehe ich das Bild vor mir, das er gerade hervorruft. Ich weiß nicht, ob ich frustriert seufzen oder lachen soll. Ich entscheide mich für ein einfaches Schnauben, was gar nichts aussagt.

"Zurück zu deiner Frage: ich werde dich nirgendwo hinbringen. Wenn ich bekomme was ich möchte und es mir gefällt, lasse ich dich eventuell frei. Aber dich irgendwo hinbringen? Sehe ich aus wie ein Taxi?" Damit steht Cleo auf und geht zur Tür. "In einer Stunde komme ich wieder“, dreht sich um und verlässt den Raum. Somit bleibe ich wieder allein zurück. Zumindest bleibt das Licht an.

Und er kommt wieder, jedoch nicht allein.

Sören, der Trottel ist bei ihm. Er hält irgendetwas in der Hand, das ich nicht erkennen kann.

"Zieh dich um, los, wir haben noch einiges vor!" Kurz überlege ich, ob ich mich weigern kann, doch kaum bemerkt Sören mein Zögern, lässt er das fallen, was er trägt. Eine Peitsche knallt durch die Luft und ich zucke zusammen.

"Wiedersetze dich nur weiter Bürschlein. Nur zu gerne würde ich die Spitzen über deine blasse Haut tanzen lassen." Innerhalb von Sekunden springe ich auf und verschwinde ins Bad, wo ich mich fertig mache.

"Du Idiot, er nützt mir nichts, wenn er vor Schmerzen in den Seilen hängt, oder tot ist.", höre ich Cleo schimpfen.

"Wer redet den hier von töten? Ein paar Manieren haben noch niemandem geschadet."

"Zügele dich1", schnappt Cleo zurück; woraufhin Sören nur lacht.

Ich versuche mir so viel Zeit zu lassen, ohne dass es auffällt und kehre frisch geduscht und umgezogen ins Zimmer zurück.

"Gut, Takaya, lass uns gehen." Cleo bedeutet mir, ihm zu folgen. Ich werfe einen skeptischen Blick auf Sören, der das Schlusslicht bildet. Kein Wort spricht er, weder mit mir noch mit Cleo.

Unser Weg führt uns einen langen Flur ohne Fenster entlang. Hier und da befindet sich eine Tür oder ein weiterer Flur geht von diesem hier ab.

"Das ist ja ein verflixtes Labyrinth.", kommt es mir verunsichert über die Lippen.

"Versuche zu fliehen, Hündchen und ich werde dich fangen und in Ketten legen."

"Sören", flucht Cleo. Gleichzeitig zucke ich zusammen und Sören bricht in schallendes Gelächter aus.

Es sind etliche Minuten vergangen. Wir sind Treppen rauf und runter und Flure nach links und rechts gegangen, bis wir endlich vor einer Tür stehen bleiben.

Cleo öffnet mir die Tür und lässt mich zuerst durchgehen. Tageslicht flutet den Raum. Der Grund dafür sind riesige Bodentiefe Fenster. Vor einem Kamin stehen zwei Sessel und ein Sofa. Als Raumteiler dient ein riesiges Aquarium und dahinter kann ich einen Flügel, Notenständer und mehrere Hocker erkennen.

Ohne ein Wort gehe ich zum Fenster durch und blicke in einen großen Garten, der an einem See angrenzt.

Zwischen Garten und Wasser erkenne ich einen Streifen Sand.

"Sind das etwas Strandkörbe?" Ich frage niemanden bestimmten, aber Cleo tritt neben mich.

"Ja, wenn du möchtest, kann ich dir den Teil zeigen. Das ist alles in Privatbesitz." Wie habe ich davon träumen können, wenn ich doch noch nie hier gewesen bin? Und Cato? Hänge ich mich so sehr an die Hoffnung, dass er mich retten kommt? Warum sollte er das tun? Ich bin ein niemand, nichts Besonderes. Was mich wieder zu der Frage bringt, was Cleo von mir will. Genau dieser legt mir gerade eine Hand auf die Schulter und versucht mich vom Fenster weg zu dirigieren. Doch ich bin noch nicht bereit, also drehe ich mich dem Aquarium zu und beobachte die Fische, die sich in verschiedenen Farben und Größen darin tummeln.

"Was bist du denn für einer?" Ich streiche leicht über das Glas, an der Stelle, wo sich ein Fisch festgesaugt hat.

"Man nennt sie Scheibenputzerfische. Aber eigentlich sind es Welse." Wieder steht Cleo viel zu dicht neben mir. Deshalb gehe ich weiter durch den Raum, beobachte die unterschiedlichen Zeichnungen an den Wänden. Von abstrakter Kunst bis hin zu Galaxien und Landschaften ist einiges vertreten.

"So fühle ich mich auch. Als würde mich ein riesiges schwarzes Loch verschlingen wollen.", kommentiere ich eines der Bilder und Gänsehaut bildet sich auf meiner Haut.

Hinter mir vernehme ich das Klappern von Geschirr und so drehe ich mich neugierig und tief durchatmend um und stelle mich dem Unausweichlichen.

"Erzähle mir von deiner Schwester!", fordert mich Cleo mit einer Tasse in der Hand auf. Er sitzt an einem Tisch am Fenster und bedeutet mir, sich zu ihm zu setzten. Langsam gehe ich auf den Tisch zu und setze mich zu ihm.

"Jules ist drei Jahre jünger als ich. Ihren ersten Sprung hat sie mit fünfzehn gehabt." Unweigerlich werde ich in die Erinnerung zurückgeworfen.

Wir haben alle Zutaten in der Küche bereitgestellt. Wollen unseren Eltern ein Abendessen zu ihrem Hochzeitstag zubereiten. Irgendwo aus einem der Schränke hat Jules eine Flasche Eierlikör hervorgezaubert und wir haben uns darüber köstlich amüsiert. Ich wasche mir gerade die Hände, als etwas zu Boden fällt. Erschreckt von dem Geräusch, drehe ich mich um. Von Jules fehlt jede Spur und die Flasche liegt in einem Scherben-Schnaps-Gemisch auf dem Boden. Immer wieder rufe ich nach ihr, aber erst zwei Stunden später kommt sie verunsichert aus ihrem Zimmer.

"Was ist da eben passiert?" Jules sieht mich ängstlich an und reibt sich den Nacken.

"Gerade ist vor zwei Stunden gewesen!", lasse ich sie wissen. "Sag du mir, was geschehen ist! Erst bist du hier, mit der Flasche in der Hand, im nächsten Moment bist du weg und der Eierlikör auf dem Boden verteilt. Unsere Eltern sollten in einer halben Stunde hier sein."

"Das kann nicht sein." Zitternd geht Jules zu Boden. In drei großen Schritten bin ich bei ihr, nehme Jules in den Arm und warte, bis sie sich beruhigt.

Vom Herd ertönt ein Signal, dass das Essen fertig ist, doch Jules ist noch nicht so weit. Unsere Eltern sollten bald ankommen, aber auch das interessiert uns nicht. Jules zittert noch immer, lässt sich nur schwer von mir beruhigen. Das Windspiel an der Tür signalisiert, dass unsere Eltern ankommen.

"Jules! Jacob!"

Orientierungslos blicke ich mich um. Ich bin in diesem hellen Raum, Cleo gegenüber. Ich atme einige Male tief durch, um mich wieder zu sammeln.

"Was ist passiert, als eure Eltern gekommen sind?"

"Sie haben uns das Wichtigste erklärt, was man als Springer wissen muss. Gesagt, dass es zwar nicht typisch für eine Frau ist, aber dass Springer seit Generationen schon in unserer Familie existieren." Ich täusche ein Gähnen vor. "Wäre es möglich, dass ich in mein Zimmer zurück kann. Die Erinnerungen laugen mich anscheinend sehr aus." Ich schaue dabei Cleo müde an und er stimmt zu. Schweigend bringt er mich zurück.

Ich bin nicht wirklich müde, nur … der Name Jacob, mit dem mich meine Eltern gerufen haben, verunsichert mich. Ich muss nachdenken und versuchen, mich an den Rest meines vorherigen Lebens auch noch zu erinnern.

Cato

 Cato

Es ist zwecklos gewesen. Die Spur die ich dachte gefunden zu haben, führte in eine Sackgasse. Zugegeben eine himmlische, mit weißem Strand und azurblauem Meer, aber dennoch ein Ende in dieser Richtung.

Nach fast einer Woche umherirren, bin ich wieder in meinem Haus angekommen, indem Dan bereits auf mich wartet.

"Du siehst nicht glücklich aus, Süßer. Komm her!" Er zieht mich in eine Umarmung, der ich mich kurz hingebe und seufze laut.

"Wie vom Erdboden verschwunden. Wo soll ich ihn noch suchen?" Verzweifelt löse ich mich aus Dans Umarmung. "Ich verschwinde erst einmal im Bad", lasse ich ihn wissen und begebe mich ins Badezimmer.

"Die Regenwasserdusche ist aufgefüllt", informiert er mich und ich nicke zur Bestätigung und gehe statt ins Badezimmer durch die hintere Tür auf die Rückseite meiner Hütte, wo sich seitlich die Außendusche befindet. Bei warmem Wetter bevorzuge ich diese Waschmöglichkeit Es macht Spaß sich unter freiem Himmel zu waschen, und dies gönne ich mir, brauche es regelrecht.

Erst als der dreißig Liter Tank leer ist, trockne ich mich ab und gehe ins Haus, um mich anzuziehen.

Dan hat derweil etwas zu Essen zubereitet.

"Bist du die ganze Zeit in meinem Haus gewesen?", frage ich ihn neugierig und um ein Gespräch zu beginnen, als ich in die Küche komme.

"Ja und Nein.“ Er lächelt mich an. „Ich bin in der näheren Umgebung geblieben. Habe deine Technik benutzt, um an Informationen zu kommen. Gleichzeitig habe ich dich so gut es ging überwacht."

"Warum?", frage ich verblüfft und lasse mich auf meinen Stuhl am Küchentisch fallen.

"Das fragst du mich nicht wirklich, oder? Wie blöd kannst du sein?", faucht er mich an. Ratlos sehe ich ihn an. Ja, ich verstehe es gerade wirklich nicht. Wir sind keine Freunde, haben uns nur paar Mal gesehen und Unterhalten.

Dan stellt das Essen auf dem Tisch und als er an mir vorbei zu einem der  anderen Stühle geht, überrascht er mich, indem er sich zu mir beugt und mich umarmt.

"Du bist wirklich ein Idiot. Ich habe doch von Anfang an hinter deine Fassade geschaut. Du empfindest vielleicht nicht das gleiche wie ich, aber du bist für mich eine sehr wichtige Person. Ein Freund, eine Zuflucht, wenn ich nicht weiterweiß. Du bist ein Wächter, ein Vorbild für viele." Ungläubig schüttle ich den Kopf. Mit einem Klaps auf diesen löst sich Dan von mir und setzt sich, damit wir endlich essen können.

Während des Essens denke ich über Dans Worte nach. Bin ich wirklich für viele ein Vorbild? Aber warum haben Sören und Cleo dann Takaya entführt?

"Aber zurück zu deiner Suche. Dein Gesichtsausdruck sagt mir, dass du immer noch nichts hast." Ich schüttle den Kopf und stochere lustlos im Essen rum. "Okay ich habe dafür etwas gefunden, ich weiß nur nicht, wie heiß die Spur ist." Ruckartig reiße ich den Kopf hoch.

"Das sagst du mir erst jetzt? Warum?" Ich springe auf und eile zu den Computern.

"Weil ich es für unwahrscheinlich halte. Es ist das Jahr 2154 in Australien." „Und warum soll es unwahrscheinlich sein? Er kann doch überall sein, verdammt!“, blaffe ich ihn an.

Dan steht hinter mir, während ich das Jahr und den Ort aufsuche, den er mir gerade nennt. Wie erstarrt sehe ich die Bilder.

"Ist das Takaya?", frage ich ungläubig. Die Person sieht ihm so ähnlich, dass ich es kaum anzweifeln kann.

Kurz darauf kommt ein kleines Mädchen aus dem Haus, gefolgt von einer Frau, die ebenfalls Takaya ähnelt.

"Hat er seine Schwester gefunden und kommt deshalb nicht zurück?" fragt mich Dan, doch ich schüttle den Kopf. "Er kann doch keine bewussten Sprünge machen. Dan, ich muss da sofort hin."

Dan umarmt mich kurz, als ich mich von ihm verabschiede.

"Komm heil zu uns zurück." Ich nicke ihm zu und springe.

Genau zu beschreiben wie so ein Sprung von statten geht, ist nicht möglich. Man kann es sich so vorstellen, dass man Ort und Zeit in Gedanken vor sich sieht. In jeder Zeit gibt es bestimmte Punkte, an denen vorgesehen ist, wo ein Springer landet. So sollen Unfälle verhindert werden. Warum das bei Takaya nicht funktioniert, ist noch herauszufinden.

Innerhalb von wenigen Momenten bin ich in Australien.

Es ist wie ein Kulturschock vom 18. ins 21. Jahrhundert. Ich habe mich für einfache schwarze Anziehsachen entschieden, womit ich jetzt nicht auffalle. Hier ist alles anders. Metallisch ja, aber eher Computermäßig. Wo beim Steampunk alles nach Bronze aussieht, ist jetzt alles Silber. Ich möchte in meine Welt zurück, aber nicht ohne Takaya.

Mit Hilfe meines Tablets gelange ich zu der Stelle mit den Koordinaten aus der Übertragung. Ein kleines Häuschen direkt am Meer.

"Takaya?", rufe ich und blicke mich suchend um. Ein kleines Mädchen kommt aus dem Einfamilienhaus und ich ziehe zischend Luft in die Lungen. "Hallo Kleines, ist dein Daddy da?"

"Nein nur Onkel Jacob und Mama." In dem Moment kommt eine Person aus dem Haus. "Kleiner Wolf", hauche ich und gehe auf Takaya zu.

"Entschuldigen Sie, aber sie scheinen mich zu verwechseln", sagt die angesprochene Person unbeteiligt zu mir. Ich stocke und mein Gesicht spiegelt meinen Schock wieder.

"Das ist doch Onkel Jacob. Komm! Du kannst ja mal mit Mama reden." Die Kleine nimmt meine Hand und zieht mich geradewegs in eine gemütliche Küche, in der eine Frau am Herd steht und kocht.

"Wen bringst du da mit Pia?" Die Frau blickt mich an und ich erstarre wieder einmal.

"Jules?"

"Kennen wir uns?", fragt Jules verwirrt zurück, schaltet den Herd aus und trocknet sich am Handtuch ihre Hände ab.

"Ja, also … eher nein.“ Ich habe keine Ahnung wie ich ihr das alles erklären soll. „Dein Bruder Takaya sucht dich und ist durch einen ungeplanten Sprung im wahrsten Sinne des Wortes in mein Leben gestolpert."

Jules schaut mich überrascht an. "Oh, da musst du dich irren, das kann nicht sein. Ich habe keinen Bruder namens Takaya. Also Bruder ja, aber er heißt Jacob." Ich setze mich auf den nächsten Stuhl. Sollte ich wieder an der falschen Stelle suchen?

"Der Mann da draußen? Ist das Jacob?" will ich natürlich sofort wissen.

"Ja, er ist durch die Klontechnik dieses Jahrhunderts ein genaues Abbild meines Bruders. Nur fehlt ihm der Humor, und das Charisma meines großen Bruders." Jules lässt den Kopf traurig hängen und setzt sich mir gegenüber an den gemütlichen Küchentisch.

"Er ist meinem Wolf wie aus dem Gesicht geschnitten.", murmele ich leise von ihm.

"Das heißt du bist Jacob begegnet? Wie geht es ihm? Wo ist er?" Aufgeregt springt sie von ihrem Stuhl hoch und umkreist den Tisch.

Aus einem Impuls heraus ergreife ich ihre Hand.

"Jules, er ist in meiner Welt, in meinem Dorf gelandet. Total auffällig und alles andere als absichtlich. Er hat mir erzählt, dass es überhaupt erst sein zweiter Sprung gewesen ist. Wobei er eher fällt als springt. Er hat keine Kontrolle. Bei dem ersten Sprung, an den er sich erinnert hat, ist er in einer Steppe bei den Indianern gelandet und da er fast alles vergessen hat, bekam er von ihnen den Namen Takaya. Er weiß nicht wo oder wann er gewesen ist."

Ungläubig sieht sie mich an. "Er springt?" Jules lächelt mich an. "Er ist so neidisch gewesen als ich zum Springer wurde. Oh, ich freue mich so für ihn. Aber du sagst, er hat sich an nichts erinnert? Warum bist du denn hier? Wo ist denn Jacob jetzt?"

"Du bist seitdem du gesprungen bist, immer an erster Stelle für ihn. Egal was ist, er will dich nur finden. Leider wurde er vor einer Woche in meinem Dorf entführt und nun suche ich ihn. Ja, und als ich dich auf den Monitoren gesehen habe und Takaya … naja, ich habe gedacht und befürchtet, dass er hier eine Familie hat und er mich vergisst."

"Nein..."

"Oh, entschuldige! Ich heiße Cato. Ich bin so etwas wie ein Ordnungshüter. Ich kontrollieren verschiedene Orte und sorge dafür, dass die Springer keine Regeln brechen." Verlegen kratze ich mir den Nacken.

"Cato, ein schöner Name und so passend für meinen Bruder. Zurück zu Jacob, oder Takaya wie er sich jetzt nennt. Glaube mir, er wird dich nicht vergessen. Ich bin seine Schwester, ja, aber ich sehe, dass du ihn liebst. Er wird mich zusammen mit dir finden und dann glücklich damit sein, mich und seine Nichte besuchen zu können."

"Woher?" Ich schüttle den Kopf und beantworte mir die Frage selbst. „Geschwisterband."

"Genau!" Jules erhebt sich, geht zurück zum Herd und widmet sich erneut den Töpfen darauf. "Bleibe zum Essen. Erzähle uns von Takaya und dann geh zurück. Wenn du ihn gefunden hast, dann kommt beide her. Wir werden immer auf euch warten“, ermuntert sie mich und grinst.

Am späten Abend nach einem wunderbaren Essen und ausführlichen Gesprächen bin ich wieder zu Hause und finde Dan schlafend auf meiner Couch vor. Nachdem ich ihm eine Decke übergelegt habe, setze ich mich erneut an den Computer und versuche weiter meinen Takaya zu finden.

Takaya

 

Takaya

Tage vergehen ohne irgendwelche Abwechslung. Ich verliere langsam jegliches Zeitgefühl. Sören hat mir ein Halsband umgelegt, das eventuelle Sprünge verhindern soll. Mittlerweile habe ich ein neues Zimmer bekommen, diesmal in der zweiten Etage und mit Blick auf das Meer. Ein Sturm braut sich schon seit Stunden zusammen, spiegelt meine innere Aufruhr wieder. Wie lange soll das noch gehen? Ich habe Cleo alles gesagt, was er wissen muss, trotzdem lässt er mich nicht frei. Sie behandeln mich wie ihr Haustier. Dabei möchte ich doch nur Jules finden und zu Cato zurück. Ein heller Blitz reißt mich aus meinen Gedanken. Das Wasser türmt sich auf. Während immer mehr Blitze den Nachthimmel erhellen, baut sich eine riesige Sturmflut auf und eine riesige Welle rast auf den Strand zu.

Ohne nachzudenken öffne ich das Fenster. Der Wind ist so stark, dass die Geranien von der Fensterbank fallen. Ich kann mit diesen Blumen sowieso nichts anfangen. Für mich stinken sie einfach nur. Der Sturm pfeift durchs Zimmer, peitscht den Regen in mein Gesicht und ich lasse es unbeachtet geschehen. Ich will hier raus. Mein Herz schmerzt vor Sehnsucht nach Takaya. Ich kann es nicht wirklich erklären, wir kennen uns nicht wirklich, aber so wie Cato gesagt hat: zwischen uns ist etwas. Etwas … bestimmtes … tiefes.

Ohne das Fenster zu schließen, krieche ich unter die Bettwäsche, Rolle mich in Fötus Stellung zusammen und schließe die Augen. Nur wenn ich schlafe, habe ich das Gefühl, Cato nahe zu sein. In meinen Träumen bin ich bei ihm. Wir gehen am Meer spazieren, suchen gemeinsam nach meiner Schwester und er hält mich, wenn ich traurig bin. Ich fühle mich in letzter Zeit so schwach. Je länger ich hier bin, desto weniger Kraft habe ich. Kein Wunder, da meine letzte Mahlzeit bereits mehrere Tage her ist. Jeden Tag wird mir irgendetwas hingestellt, aber ich rühre es nicht an. Warum auch, wenn ich keinen Hunger verspüre. Wieder greife ich nach der Kette von Cato, die ich nicht mehr trage, dafür dieses blöde Halsband. Als wäre ich ein Tier. Ich möchte nur noch schlafen, doch lassen sie es hier nicht zu. Jeden Tag werde ich noch vor dem Sonnenaufgang geweckt und erst nach Sonnenuntergang lässt man mich im Zimmer allein.

"Sag mal, hast du sie noch alle?" Die laute Stimme von Sören reißt mich aus meinem viel zu kurzen Schlaf. Grob reißt er die Decke vom Bett und zieht mich am Arm nach oben. "Du Scheißkerl, sieh dir an was du angerichtet hast!" Er stößt mich zum immer noch offenen Fenster. Davor hat sich eine riesige Wasserlache gesammelt, in der ich ausrutsche und unsanft zu Boden gehe. "Du hast zehn Minuten Zeit, um das in Ordnung zu bringen.", donnert er weiter und verlässt stampfend den Raum. Ich brauch noch einige Augenblicke bis ich mich aufrapple. Im Badezimmer hole ich mir einige Handtücher und trockne den Boden.

Der Sturm hat sich mittlerweile gelegt und da es nicht nach erneutem Regen aussieht, lasse ich das Fenster offen Mir fehlt die Zeit jetzt noch duschen zu können, also ziehe ich mir nur trockene Sachen an und putze mir die Zähne.

Ohne anzuklopfen, wird die Tür aufgerissen und Sören kommt herein. "Los, komm schon, Cleo wartet auf dich!" Damit dreht er sich wieder um und geht los. Da er nicht weiter auf mich achtet, bleibe ich einfach im Zimmer auf meinem Bett sitzen.

Stechende Schmerzen lassen mich auf die Knie fallen. Ich greife nach dem Halsband, der Verursacher der Schmerzen, aber natürlich kann ich es mir nicht abreißen. So abrupt wie der Schmerz begonnen hat, hört er jetzt wieder auf. Lachend kommt Sören ins Zimmer zurück, in einer Hand eine Fernbedienung.

"Mach nur weiter und ich brutzle deinen Hals wie Marshmallows." Wortlos stehe ich auf und gehe auf Sören zu. Er mustert mich, dreht sich dann um und geht. Ich folge ihm wie ein Hund, zu dem er mich macht.

Wieder rühre ich das Frühstück nicht an. Sobald mich Sören in dem mir nur allzu bekannten Raum allein lässt, setze ich mich an der Terrassentür auf den Boden und starre nach draußen. Seit wann Cleo mit im Raum ist, weiß ich nicht und es ist mir auch egal.

"Komm mit!" Cleo greift nach meinem Arm und zieht mich auf die Füße. Er muss mich schon einige Mal angesprochen haben, denn sonst würde er mich nicht anfassen. Cleo sieht mich zwar immer an, als wäre ich seine Beute, aber er berührt mich nur im Notfall. Und genau das ist, was mir lieber ist, denn ich möchte nur von einem berührt werden.

"Du wirst immer stiller Kleiner. Was kann ich nur machen, damit du dich wohl fühlst?" Ich starre ihn an, als wäre er von einer anderen Zeit. Haha wie passend diese Aussage nun wieder ist. Ich schüttele innerlich den Kopf. Diese Frage kann er unmöglich ernst meinen.

Cleo führt mich nach draußen in den weitläufigen Garten. "Der Sturm hat vorhin ganz schön gewütet. Ich muss im Obstgarten nach dem Rechten sehen. Schauen wie groß der Schaden ist." Cleo hakt sich einfach bei mir ein und so folge ich ihm, ohne meine Umgebung wirklich zu beachten.

"Schau dir dieses Chaos nur an." Cleo lässt mich los und sofort bleibe ich stehen und blicke auf. Drei junge Bäume wurden entwurzelt. Etliche Äste liegen auf dem Boden und drumherum die verschiedensten Obstsorten. So schlimm habe ich den Sturm gar nicht in Erinnerung gehabt. Ich sehe noch wie Cleo sein Telefon aus der Hose zieht, dann dreht er sich weg und ich schalte ab.

Nach gefühlt einigen Minuten kommt Cleo zu mir zurück.

"Okay, lass uns an den Strand gehen." Jetzt legt er eine Hand auf meinen Rücken, was mich sofort meinen Körper versteifen lässt. Cleo bemerkt es, greift genervt wieder nach meinem Arm und zieht mich weiter durch den Garten bis zu einer Tür zwischen den Hecken. Wenn ich diesen Ort doch nur mit Cato besuchen könnte. Ihm würde es hier gefallen.

"Was ist nur los mit dir? Ich habe so gehofft, dass dir der Ort gefällt. Nachdem was ich über dich erfahren habe, müsste das ungefähr deine Zeit sein."

"Was weißt du schon?" Meine Stimme ist nur leise und krächzend, weil ich sie schon lange nicht mehr benutzt habe.

"Oh, du redest ja doch noch, wie schön?" Cleo lächelt mich an, als hätte ich ihm gerade ein Geschenk gemacht.

"Du bist ungefähr 1987 geboren, da du jetzt Anfang Zwanzig bist habe ich einen Ort 2009 rausgesucht. Wir sind auch in der Nähe deines Geburtsortes in Frankreich." Misstrauisch sehe ich Cleo an. Woher weiß er so viel, wenn das denn stimmt. Ich konnte ihm diese Details nicht sagen, da ich es selbst nicht mehr weiß. Meine Skepsis muss sich in meinem Blick wiederspiegeln, denn er erzählt sofort weiter. Derweil sind wir am Strand angekommen.

"Dieser Abschnitt gehört zu einer riesigen Wanderdüne“, erzählt Cleo und zeigt in beide Richtungen. Gleichgültig zucke ich nur mit den Schultern.

"Als ich dich das erste Mal bei Cato gesehen habe, hast du mich bereits fasziniert. Ich habe in der Zeit geforscht. Denke immer daran, ich bin Schriftsteller und je genauer die Recherche, desto besser der Roman."

"Wenn du schon so viel von mir weißt, warum bin ich noch immer hier? Ich habe dir alles gesagt, an was ich mich erinnere." Cleo stellt sich direkt vor mir hin und legt beide Hände an mein Gesicht

"Ich kann dich einfach nicht gehen lassen. Ich bin verzaubert von dir. Ich will, nein muss dich bei mir behalten, um dich studieren zu können. Was du fühlst, wie du reagierst und alles … einfach alles."

Schockiert versuche ich mich aus seiner Berührung zu befreien, doch Cleo hält mich fest in seinem Griff. "Nein mein Kleiner, du bleibst bei mir, bis ich alles von dir habe."

Wütend schlage ich seine Hände weg. "Ich bin nicht euer Haustier verdammt noch mal", versuche ich ihn anzubrüllen.

"Aber bei Cato benimmst du dich wie sein Hündchen, also warum nicht bei uns?", knurrt er gehässig.

Fassungslos starre ich ihn sekundenlang an, dann drehe ich mich um und stampfe durch den Sand.

"Lauf Kleiner, aber sei dir gewiss, dass du uns eh nicht entkommst." Meine Schritte werden immer schneller, aber der Sand bremst mich aus. Und meine Kondition … wie lange hocke ich hier in dem Haus schon fest.

Das nächste Hindernis für mich ist ein riesiger Schiffsrumpf, welcher direkt an einem Wald angrenzt. Ich habe diesen gerade erreicht, kann mit meinem Blick darüber huschen, als Cleo mich erreicht. Plötzlich klickt es an meinem Hals und ich kann nicht mehr reagieren. Dieser Arsch hat doch tatsächlich gerade eine Leine an diesem elenden Halsband befestigt.

"Was zur Hölle?" Wütend drehe ich mich um und versuche ihm die Leine zu entreißen, als ich eine Fernbedienung in seiner anderen Hand erkenne. Augenblicklich verebbt mein Widerstand. Scheiße. Ich will nicht mehr.

"Sören hat mir schon gesagt, dass du damit bereits Bekanntschaft gemacht hast." Lächelnd wackelt er mit der Bedienung vor meiner Nase rum. Hoffnungslos senke ich den Blick. Ich habe verloren. Aus eigener Kraft werde ich nicht von diesen Irren wegkommen.

Cato

 

Cato

"Was machst du da eigentlich?" Wieder sitze ich an meinem Arbeitsplatz, doch fällt es mir schwer, mich zu konzentrieren, wenn Dan im Hintergrund ständig mit irgendwelchem Geschirr scheppert.

"Jemand muss ja dafür sorgen, dass du bei Kräften bleibst, damit du den Kleinen findest", entgegnet er gutmütig "Aber so ein Krach? Wie soll ich mich denn dabei konzentrieren?" Als Antwort bekomme ich nur ein Lachen und erneutes Klappern aus der Küche.

Dan ahnt gar nicht, wie dankbar ich ihm für die Hilfe bin. Wenn er mich nicht unterstützen würde, wäre ich schon längst durchgedreht. Nur seine Ruhe und Behaglichkeit sorgen dafür, dass ich einen klaren Kopf behalte.

"Du solltest frische Luft schnappen gehen. Einmal abschalten. Ich weiß Takaya wird vermisst und ich verstehe deine Angst um ihn. Aber du musst bei Kräften bleiben, so nützt du ihm nichts." Ich seufze und hole tief Luft.

"Was schlägst du vor?"

"Lass uns zu Armand ins Brauhaus gehen", gibt er zurück. Er wird Fragen stellen, viele Fragen, das weiß ich. "Okay, wenn es sein muss. Aber ich werde mich nicht betrinken. Das kann ich mir jetzt nicht leisten."

"Spielverderber", lacht Dan. Auch wenn er sich scheinbar lustig über mich macht, weiß ich, dass er meine Einstellung akzeptieren wird. Schließlich ist auch ihm daran gelegen, Takaya schnellstmöglich wieder zu finden. Und dieses Gefühl der Dringlichkeit nimmt von Stunde zu Stunde zu.

Es wird bereits dunkel, als wir uns auf den Weg in die Stadt machen.

"Lass Armand nicht hören, wie du sein Etablissement nennst." Mir ist nicht wirklich nach Lachen zumute, dennoch muss ich bei dem Gedanken an Armands Reaktion grinsen.

"Das würde mir im Traum nicht einfallen, da würde ich eher einen Zoobesuch vorziehen, als seine Wut abzubekommen." Jetzt lachen wir beide, als wir uns das bildlich vorstellen. Dan ist ein Typ von Bär, einem Wikinger gleich. So jemanden sich in einem Zoo voller kreischender Kinder vorzustellen, lässt mich den Kopf schütteln. Nein, das passt einfach nicht zusammen.

Pünktlich zum zehnten Glockenschlag betreten wir das Lokal, wo ab jetzt der Alkohol fließt.

"Cato, Dan was führt euch zu so später Stunde hier her?", fragt Laslo sofort als er uns zu Gesicht bekommt. "Guten Abend, Laslo, hat Armand vielleicht Zeit für uns? Wenn er fragt, es geht um Takaya."

"Setzt euch hinten an seinem Tisch, ich werde euch Ale bringen und sage ihm Bescheid." Dankend gehen wir an den uns zugewiesenen Platz. Der Laden ist gut gefüllt. Pärchen unterschiedlichsten Alters und Geschlechts unterhalten sich, tanzen oder auch mehr. Zu dem mehr gehört nicht nur Küssen, sondern auch sich begehrlich über die Körper fühlende und tastende Hände.

"Ich bin froh, dass der Kleine nicht erlebt was hier passiert." Dan schüttelt lachend den Kopf.

"Denkst du, er hat überhaupt schon Erfahrung sammeln können?"

"Er kommt fast aus meiner Zeit, also wenn er nicht schüchtern oder prüde ist, dann auf jeden Fall. Wenn du ihn nur sehen würdest, dann wüsstest du was ich meine.

"Dem kann ich nur zustimmen. Dieses Schnuckelchen ist ja mal so was von heiß."

"Armand! Ich erhebe mich und begrüße ihn, nachdem er unsere Getränke abgestellt hat.

"Wie ich höre, hast du deinen Süßen immer noch nicht gefunden. Was führt euch also hier her?", fragt er neugierig.

"Ich sorge dafür, dass Cato auch mal eine Pause macht und da uns langsam die Ideen ausgehen, hoffe ich, dass du uns etwas unterstützen kannst." Armand sieht zuerst Dan an und blickt anschließend neugierig zwischen uns hin und her, zieht schließlich fragend eine Augenbraue hoch.

Bis hier hin tabs gemacht und so …

 

 

 "Komm nicht auf falsche Ideen. Unser Cato hat doch nur noch Gedanken für den Kleinen und ich sorge nur dafür, dass er seinen Verstand nicht verliert", erklärt Dan Armand kopfschüttelnd.

 "So ein Samariter", seufzt Armand und macht Dan schöne Augen, der sich lachend eine Hand aufs Herz legt.

 Eine Weile beobachte ich lächelnd das Schauspiel, bis Dan selbst es beendet.

"Armand, wo würdest du suchen? Fast zwei Wochen und bis auf Jules haben wir nichts."

"Warte, heißt das, ihr habt die Schwester gefunden?", fragt Armand aufgeregt.

"Ja, Dan hat sie entdeckt und ich bin zu ihr gesprungen. Jules lebt mit ihrer Tochter und einem Klon-Jacob in Australien 2154. Ach ja Takaya heißt eigentlich Jacob."

"Und du denkst, dass Takaya nicht bei ihr ist?" "Ja, habe ich doch gesagt, Der Klon hat mich nicht erkannt und Jules ist der festen Überzeugung, dass ihr Bruder mit mir kommen würde." "Also ist es auch dir ernst?" "Spinnst du die Frage überhaupt zu stellen? Denkst du tatsächlich, dass Cato nach zwei Wochen noch immer suchen würde, wenn er ihm nicht wichtig ist?" "Süßer, so habe ich es nicht gemeint. Unser Schönling hat einen Ruf, wie du selbst weist. Cato muss sich schon sicher sein, dass er sich an den Kleinen binden will, denn mir scheint, dass er sich damit zur Zielscheibe macht. Ich verstehe was an ihm so Besonderes ist."

Ich seufze, Armand hat Recht. Aber habe ich denn überhaupt noch eine Wahl? "Ohne meinen kleinen Wolf möchte ich nicht mehr..."

Die Ohrfeige von Dan sitzt und beide sehen mich mit großen Augen an. "Wage es nicht diesen Satz zu beenden. Du hast hier einen Job, Menschen die sich auf dich verlassen und Freunde. Wenn wirklich etwas passieren sollte sind wir für dich da."

Ich reibe mir die schmerzende Wange und schließe die Augen. "Noch ist alles offen. Ich habe gehört, dass dieser Schreiberling den Jungen hat. Was wisst ihr über ihn und seine Arbeit?"

Nach und nach krame ich aus, was ich über Cleo und Sören weiß. Jetzt bin ich froh, meine Notizen immer zu machen. "Wenn er so detailgetreu wie möglich schreibt, wäre es dann nicht möglich, dass er über den Kleinen recherchiert hat? Also Alter, Herkunft und so? Was weißt du darüber?"

Ich nehme einen großen Schluck von meinem mittlerweile dritten Ale und überlege lange. Enttäuschend muss ich feststellen das ich gar nichts weiß.

"Was wenn wir noch einmal zu Jules springen? Als seine Schwester muss sie uns da doch helfen können." In dem Moment könnte ich Dan abknutschen. Ich habe schon meine Hände an sein Gesicht gelegt, da besinne ich mich und seufze. Lachend legt auch er seine Hände um meine und zieht meine Stirn gegen seine.

"Lass uns nach Hause gehen und schlafen. Morgen früh besorgen wir frische Croissant und bringen sie Jules zum Frühstück."

Schnell trinken wir aus, bezahlen bei Armand die Getränke und nachdem wir uns verabschiedet haben, fahren wir zu mir.

"Wenn dass alles vorbei ist, vergrößere ich meine Hütte um zwei Gäste- und ein Badezimmer. Ich möchte für Jules und auch für dich immer ein Zimmer frei haben. Ohne dich, würde ich das alles nicht überstehen."

"Der Alkohol macht dich gefühlsduselig. Geh schlafen!" Damit scheucht mich Dan in mein Zimmer und macht es sich auf der Couch gemütlich.

Pünktlich zur Frühstückszeit tauchen wir bei Jules auf. Ein kleiner Hund schlägt an und kurz darauf wird uns die Tür geöffnet.

"Guten Morgen Jacob, wir haben Croissants zum Frühstück mitgebracht, dürfen wir rein?"

"Cato, oh mein Gott, hast du ihn gefunden?"

Jules tritt hinter Jacob an die Tür, während Dan gleichzeitig zischend Luft holt und flüstert: "Er sieht ihm nicht nur ähnlich, er sieht aus wie er!

"Guten Morgen Jules, leider nein", sage ich bedauernd.

„Kommt erst mal rein. Jacob magst du bitte den Tisch für beide mit decken."

Der Klon nickt nur und geht mit den Croissants in die Küche.

"Das ist Dan, ein guter Freund der mir im Moment sehr hilft." Ich sehe Dan überrascht wegen meiner Formulierung lächeln.

Dann wendet er sich an Jules und ergreift ihre ausgestreckte Hand für einen Handkuss, was die junge Frau erröten lässt. Ich beobachte, wie Dan Jacob eigenartig mustert und verstohlene Blicke zu Jules wirft, während er sich mit Pia beschäftigt, die ihm ihre Plüschtiersammlung zeigt.

"Wie alt ist die Kleine? Ist sie auch ein Klon?", fragt Dan mal wieder neugierig.

"Bitte verachte mich nicht … lasst mich euch alles erklären", beginnt Jules zögerlich, was mich aufhorchen lässt.

"Das Versprechen, das ich meinem Bruder gegeben habe, konnte ich nur zum Teil einhalten. Damals bin ich nach Berlin in die 1950er Jahre. Ich liebe diese Zeit und habe mir da ein Leben aufgebaut. Doch ich wurde plötzlich gejagt und man … Ich bin schwanger geworden, aber durch die vielen Sprünge habe ich das Baby verloren. Hier habe ich schließlich eine Sicherheit bekommen, die mir sonst niemand bieten kann. Es sieht vielleicht nicht so aus, aber hier ist so eine Menge an Technologie verbaut, das glaubst du nicht. Und um deine Frage vorne Weg zu nehmen. Ich werde darüber nicht reden."

"Pia und Jacob, sind sie dein Schutz?" Jules nickt und sieht die beiden Klon-Menschen liebevoll an. "Sie sehen aus wie Jacob und ich als Kinder, aber im Inneren sind es Waffen. Ich liebe sie wie meine Familie, aber irgendwie ..." Jetzt geht auch ihr Blick zu Dan. Für einen Moment treffen sich ihre Blicke und ich erkenne eine Sehnsucht, die auch ich bei Takaya empfinde.

"Hilf mir bitte Takaya zu finden, danach wird sich alles fügen.", bitte ich sie eindringlich.

"Aber wie?", fragt mich Jules ratlos.

"Erzähle mir von ihm. Wann wurde er geboren, wo habt ihr gelebt? Hobbies, Träume, einfach alles. Derjenige, der ihn hat, ist besessen von ihm."

Jules Augen werden immer größer und sofort steht Jacob hinter ihr und sieht mich misstrauisch an.

"Es ist alles in Ordnung, Jacob. Cato und Dan werden uns nichts tun", erklärt Jules ihm.

"Aber ..." "Mama hat recht, Onkel!", fällt ihm Pia ins Wort. Jacob sieht sie an, nickt und verlässt ohne eine Antwort das Haus.

"Also …“, beginnt Jules, „Jacob ist 1984 geboren, er ist jetzt also 28 Jahre. Jedes Jahr das vergeht, notiere ich, um nicht den Überblick zu verlieren. Geboren und aufgewachsen sind wir in der Nähe von Arcachon, an der Bucht von Biskaya. Keine Menschenseele, nur wir und unsere Villa. Unsere Eltern arbeiten beide für die Regierung, daher die Abgeschiedenheit. Wir sind nur selten in der Stadt gewesen, da das meiste aus Sicherheitsgründen durch die Bediensteten erledigt wurde.“ In Erinnerungen versunken, schüttelt sie den Kopf. „Glaubt mir, das ist kein Leben für mich gewesen. Immer nur zu Hause, nirgendwo hin gehen können ohne Bewachung. Daher habe ich die Sprünge geliebt.“ Jetzt zeigt sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht. „Jacob hingegen ist schon immer ein stiller Junge gewesen, der mich nur beschützen will. Ihn hat es zerrissen, dass ich ständig gesprungen bin.“ Hilflos und verzweifelt schaut sie auf. „Bitte, Cato, du musst ihn finden. Ich muss ihm das alles erklären."

Beruhigend ergreife ich ihre Hände und drücke sie. "Erzähle mir etwas über deine Eltern", fordere ich sie auf. "Wie alt wären sie jetzt und würden sie noch immer da wohnen?"

"Nein", Jules schüttelt entschieden ihren Kopf. "Vor meinem letzten Sprung hatte Vater seinen 70. Geburtstag gefeiert. Mutter ist nur ein Jahr jünger als er. Ich glaube nicht, dass sie noch arbeiten. Wenn sie noch Leben, dann irgendwo in Afrika. Sie sind beide keine Springer, nur mein Onkel mütterlicherseits."

"Erst springst du, dann Takaya. Denkst du, sie kommen mit dem Verlust klar?", wirft Dan die Frage ein, ohne seine Beschäftigung mit Pia zu unterbrechen. "Ich weiß es nicht. Sie wussten, dass wir irgendwann das Haus verlassen werden und erzählten immer von einem Projekt in Afrika.", kommt Jules leise Antwort.

Zwischenzeitlich haben wir das Frühstück beendet, ohne es überhaupt richtig bemerkt zu haben. Und da ich mir die ganze Zeit über Notizen gemacht habe, um ja kein Detail zu vergessen, habe ich noch nicht mal bemerkt, was ich alles zu mir genommen habe.  

"Bitte findet ihn!" Wir stehen vor Jules‘ Haus und machen uns für den Aufbruch bereit. Wenn Takaya jetzt 28 ist, wäre sein Jahr 2012. Es ist auch mein Jahr, aber nicht mein Ort.

"Ich verspreche es dir!" Nachdem auch Dan sich verabschiedet hat, und Jules etwas zugeflüstert hat, das sie lachen lässt, kehren wir zum Knotenpunkt zurück.

"Wir müssen nach Paris und von dort müssen wir uns über Cleo und Takaya schlau machen. Es muss ja irgendwelche Informationen geben, wenn Takayas Familie zur Regierung gehören." Und damit springen wir.

 

"Verdammt!" Schon seit Stunden sitzen wir in einem Internetcafé. Gott sei Dank hat Jules Dan beim Abschied noch ihren Familiennamen verraten. "Kann es sein, dass Cleo ihn in einer anderen Zeit festhält? Wie alt hast du den Kleinen geschätzt?" Dan ist mal wieder mein Kopf und lässt mich überlegter an die Sachen ran gehen.

"Anfang Zwanzig. Also ungefähr vier oder fünf Jahre jünger."

"Okay, also würde ich 2008 oder 2009 angehen. Cleo ist Schriftsteller, also welche Bücher sind bis 2010 rausgekommen, die in Frage kommen würden?"

"Aber was ist mit dem Namen von Cleo? Moment“, er versucht sich, an etwas zu erinnern. „Er erzählte was von der Titanic."

Also suchen wir zuerst nach Büchern über die Titanic, von da an vergleichen wir alle in Frage kommenden Autoren mit Büchern in der geschätzten Zeit. Es ist bereits fast Mitternacht, als wir endlich eine brauchbare Spur haben. Wir müssen ins Jahr 2009, da hat Cleo ein Buch über die Zeitreise veröffentlicht.“

Müde gähne ich eine Runde. "Lass uns etwas schlafen und morgen früh springen wir nach 2009 und von da aus suchen wir uns eine Verbindung raus, wie wir am schnellsten hier wegkommen.“

Nach sechs Stunden Schlaf, planen wir die nächsten Schritte.

"Wir sollten erst nachts mit dem Orient-Express fahren, damit wir nicht sofort gesehen werden.", schlägt Dan vor.

"Nein, Dan, die Zeit rennt uns davon, das spüre ich. Wir nehmen den Zug in einer Stunde", entscheide ich jetzt doch ganz spontan.

Dan seufzt, sichtlich nicht zufrieden mit der Wahl, aber er widerspricht mir nicht mehr. Nach einem schnellen Frühstück sind wir zurück in dem Internetcafé und haben uns für einen Zug nach Arcachon mit Umsteigen in Bordeaux St.-Jean entschieden. In den nächsten fünf Stunden, solange dauert es noch bis wir am Ziel sind, grüble ich über unsere nächsten Schritte. Wie kommen wir ungesehen zu dem Haus? Takayas Eltern leben schon lange nicht mehr da. Nachdem auch er gesprungen ist, haben sie das Anwesen verkauft und das Land verlassen. Heute steht es leer, nachdem der Versuch ein Sanatorium darin zu eröffnen, fehlgeschlagen ist. Ein Mann, eine Reihe vor uns, benutzt sein Nasenspray, das so sehr stinkt, dass es mich ins Hier zurück bringt.

"Was machen wir, wenn wir Takaya haben? Müssen wir tatsächlich bis nach Paris zurück, um weg zu kommen?" Dan spricht meine größte Angst aus. Wenn das so ist, dann haben wir ein echtes Problem.

"Takaya besitzt die Fähigkeit eines wilden Springers. Er ist an keine Knotenpunkte gebunden wie wir. Die Frage ist nur, in welchen Zustand wir ihn finden und ob er es aktivieren kann. Bis jetzt waren seine Sprünge reiner Zufall", erkläre ich ihm.

"Interessant!" Dan starrt schweigend aus dem Zugfenster. Ich folge seinem Blick, als wir in den nächsten Bahnhof einfahren. Eine Menschentraube hat sich um mehrere Autos auf dem Bahnhofsvorplatz gesammelt und Polizisten versuchen scheinbar erfolglos einen Auffahrunfall aufzuklären. Dieses ganze Chaos erinnert mich daran, wie sehr ich doch 1847 liebe. Für den Rest der Fahrt herrscht gespanntes Schweigen.

Takaya

 

Takaya

Gefangen im eigenen Körper, der mir nicht mehr gehört.

Cleo behandelt mich wie sein Eigentum, zumindest bis vor einigen Tagen. Den ganzen Tag sitze ich nur in meinem Zimmer und wenn Cleo kommt, legt er mir jedes Mal eine Leine an und zieht mich hinter sich her, ob ich bereit bin oder nicht. Nicht nur einmal stürze ich bei so einer Aktion. Schon eine Weile spüre ich keine Schmerzen mehr. Wenn Cleo mich nicht holt, kommt Sören. Immer hat er irgendetwas bei sich, um mir Schmerzen zuzufügen. Ob es das Stromhalsband ist, Stöcke oder Peitschen, ist dabei egal. Um mich zu schützen, habe ich mich in mich selbst zurückgezogen.

Jules und Cato sind die zwei Konstanten, die meine Seele und Geist schützen. Heute scheint wieder so ein Tag zu sein. Ohne anzuklopfen, betritt Sören das Zimmer. Weil ich nicht sofort reagiere und zu ihm komme, aktiviert er das Halsband und ich gehe keuchend zu Boden. Noch bevor ich mich aufrappeln kann, steht Sören über mir, befestigt seine Leine und zieht mich auf die Knie. Mit hängendem Kopf sehe ich, wie Blut auf den Boden tropft. Auch Sören muss es bemerkt haben, denn er flucht, packt mich am Oberarm und zieht mich aus dem Zimmer. Er schleift mich die Treppen nach unten. Dadurch das Sören noch immer meinen Arm fest hält, verhindert er das ich stürze, dennoch gerate ich immer wieder ins straucheln.

"Bleib hier", damit schubst er mich in einen Raum irgendwo in einem Keller. Durch die Wucht gehe ich zu Boden und bleibe einfach liegen. Sören schließt die Tür und verschwindet. Langsam richte ich mich auf und sehe mich um. Es ist ein großes Gewölbe.

"Super ich bin in einer Gruft gelandet. Fehlt nur noch, dass es hier Särge gibt.", versuche ich mich selbst aufzubauen. Ich spiele mit der Leine, aber jeder kleine Zug schmerzt an meinem Hals. Sofort lasse ich sie los und betaste den Hals vorsichtig.

"Lass die Finger vom Hals du Idiot!" Cleo stürmt in den Raum, gefolgt von Sören. Sofort entfernt er das Halsband und wirft es achtlos zur Seite. Danach greift er nach der Tasche, die er mitgebracht hat und beginnt die Wunden zu säubern und zu verbinden.

"Sören du dämlicher Idiot. Hast du es nicht gesehen? Die Wunden werden nie wieder richtig heilen. Ich will ihn lebend und unverletzt. So nützt er mir nichts", faucht Cleo ihn an.

"Rede keinen Scheiß. Du hast doch schon längst das Interesse an ihm verloren. Seit vier Tagen bist du nicht mehr bei ihm gewesen", kontert Sören zurück.

"Weil ich geschrieben habe." Wütend baut sich Cleo vor Sören auf. "Warum hast du ihn hier nach unten gebracht?" Gefährlich leise ist die Stimme des Autors und Sören scheint tatsächlich zu erbleichen.

"Die Kammer!", entweicht es da Cleo und schlägt Sören, dass er nach hinten taumelt. Ohne weiter auf ihn zu achten, ergreift Cleo jetzt meinem Arm und dirigiert mich zurück nach oben.

"Es tut mir leid Takaya. Ich wusste nicht das Sören es so sehr übertreibt. Ich wollte das du mir gehorchst, aber nicht, dass du gebrochen wirst."

Ich bin doch längst gebrochen, will ich ihm ins Gesicht schreien, aber keine Silbe verlässt meine Lippen. Wir sind im Foyer angekommen, als die Haustür aufgerissen wird. Wie angewurzelt bleibt Cleo stehen. Ich starre mit weit aufgerissenen Augen auf die Ankömmlinge und denke ich träume.

"Cato", flüstere ich und da mich Cleo losgelassen hat, sinke ich zu Boden. "Takaya", Cato hat kein Problem alles zu überblicken und stürzt auf mich zu, bis er mich an seinen Körper ziehen kann. Ich bekomme nicht mehr viel mit, zum einen weil mich Cato abschirmt, zum anderen weil die Erleichterung meinen Kampfgeist entschärft.

Ich muss eingeschlafen sein und träumen, denn dass Cato bei mir ist, kann nur eine Wunscherfüllung einer guten Fee sein. Ich liege in einem weichen Bett und als ich mich bewege, berühre ich etwas, das ich als Cato erkenne.

"Bist du jetzt wach?" Sanft streicht mir Cato die Haare aus dem Gesicht. "Wenn ich träume und eigentlich noch immer bei Cleo und Sören bin, dann nein. Dann will ich nie wieder aufwachen."

"Mein kleiner Wolf." Cato gibt mir einen leichten Kuss auf die Stirn und lächelt. "Nein, du bist nicht mehr bei ihnen. Dan ist sehr überzeugend gewesen und auch ohne Kampf konnten wir dich mitnehmen." Ungelenk lege ich die Arme um Cato und drücke mich an ihn, wobei ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge verstecke. "Alles wird gut Kleiner." Ich bemerke erst, dass ich zittere und heule, als mir Cato beruhigend immer wieder über den Rücken streicht.

"Komm rein, Dan." Noch immer liege ich in Catos Armen und habe das Klopfen an der Tür nicht gehört. Jetzt löse ich mich von ihm und drehe mich zum Neuankömmling um. Im nächsten Moment pruste ich vor Lachen los und auch Cato lacht mit.

"Was? Ich konnte nicht widerstehen, wenn ich schon in dieser Zeit bin, muss es etwas Hübsches sein."

"Dan", ich japse vor Lachen noch etwas, bevor ich richtig sprechen kann. Cato kommt mir zuvor. "Dich in einem schwarzen Shirt mit pinkfarbenem Pailletten-Totenkopf zusehen ... Sorry, aber das ist ein ungewohntes Bild."

Dan geht zum Wandspiegel, um sich darin zu begutachten. "Ich verstehe was du meinst. Soll ich ..." "Nein, es steht dir wirklich", versuche ich Dan zu beruhigen. Lächelnd streicht er sich über den Totenkopf und setzt sich auf einen Stuhl. "Wo sind wir?", frage ich. "Noch in Arcachon. Wir wollten warten, bis du soweit bist, damit wir wieder nach Hause können."

"Nach Hause", seufze ich, aber Cato hat es gehört. "Ich würde mir wünschen, dass ich mein Haus mit dir teilen darf. Natürlich mit ein paar Umbauarbeiten für Dan oder Jules."

"Jules?" Ich springe fast aus dem Bett, was Cato blitzschnell nach mir greifen lässt. "Wir haben sie gefunden. Ihr geht es gut und sie freut sich, wenn wir sie besuchen kommen."

"Besuchen?" Jules will mich nicht bei sich haben, ist alles was mir gerade durch den Kopf geht und ich schließe die Augen und senke meinen Blick. Cato hebt sanft meinen Kopf wieder an und wartet, bis ich ihn ansehe.

"Sie möchte das du glücklich bist und glaubt, dass dies bei mir sein wird." Nach einem zärtlichen Kuss nicke ich leicht.

Cato

 

Cato

Diese Unsicherheit kenne ich gar nicht von Takaya. Ich ziehe ihn zurück in meine Arme und wiege ihn, bis er sich wieder beruhigt hat.

"Wir haben deine Schwester in Australien, in einer anderen Zeit gefunden und besucht. Sie ist überwältigt von deiner Suche, hat aber nie an dir gezweifelt. Als sie mir von dir erzählt hat, hörte man deutlich die Liebe zu dir aus dem was sie sagt. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als dich wieder zu sehen. Aber sie weiß bereits jetzt, wem dein Herz gehört. Sie denkt, dass du bei ihr auf Dauer unglücklich bist."

Immer wieder streiche ich ihm über den Kopf und den Rücken. "Sag mir Takaya, was möchtest du?" Er ist so still, dass ich denke, dass er eingeschlafen ist. Somit überrascht er mich, als er sich enger an mich drückt.

"Ich will bei dir sein, wenn du es auch möchtest. Wenn ich dir jedoch egal bin..." Unsicher schaut er mich an.

"Du bist mir nicht egal du kleiner Dummkopf“, falle ich ihm so schnell ins Wort, dass Takaya erschrocken zusammenzuckt. "Denkst du wirklich, dass ich dich gesucht hätte, wenn du mir egal bist?"

Er nickt, was mich seufzen lässt. "Du hast Recht, trotzdem." Flüstert Takaya

"Cato ist fast verrückt geworden, weil wir keine Spur hatten, oder weil alles ständig in eine Sackgasse führte. Glaube mir, Kleiner, dieser Mann liebt dich mehr als du ahnst."

"Aber …" Verwirrt blickt Takaya immer wieder von mir zu Dan, der das gesagt hat und zurück. Schnell ergreife ich Takayas Gesicht und zwinge ihn, mich anzusehen. Dan versteht die Situation sofort, verlässt den Raum und geht leise in sein eigenes Zimmer hinüber.

Mir ist das Zusammenzucken von meinem Kleinen nicht entgangen und so beginne ich sanft ihn zu streicheln.

"Was haben sie dir nur angetan?" Vorsichtig lege ich eine Hand an Takayas Halsansatz. Takaya möchte der Berührung entfliehen, also schiebe ich die Hand zurück an seine Wange. Er senkt den Blick, zittert und holt mehrmals Luft, bis er sich soweit beruhigt hat, dass er wieder ruhiger atmen kann.

Um es ihm leichter zu machen, lehne ich mich an die Wand und ziehe Takaya zwischen meine Beine und lege seinen Kopf sanft auf meine Brust. So kann ich ihn im Arm halten und ihm gleichzeitig Freiraum geben, weil er niemanden ansehen muss.

"Zu Beginn ist Cleo freundlich gewesen und hielt Sören von mir fern. Aber nachdem ich ihm alles gesagt habe, überließ er mich diesem Geistesgestörten. Zuerst legte er mir ein Stromhalsband um, das er immer aktivierte, wenn ich nicht sofort das machte, was er von mir wollte. Dann kamen noch Schläge hinzu. Zu dem Zeitpunkt, als ihr angekommen seid, da hat es Sören übertrieben“, erklärt Takaya verstört und atemlos.

"Dan hat mir geholfen dich zu suchen. Du bist Ohnmächtig geworden und ich wollte dich rausbringen, als Sören kam. Dan hat mit der Polizei und der Vereinigung gedroht, sollten sie uns noch einmal zu nahe kommen. Danach sind wir wieder in die Pension. Darf ich den Verband lösen und es mir ansehen?" Sofort spüre ich, wie sich Takaya in meinem Arm versteift und beruhigend streichle ich ihn. Dabei merke ich, wie er immer wieder zusammen zuckt, so als würde ihn alles wehtun.

"Es tut mir Leid, Kleiner, ich möchte dir so gerne helfen, aber ich weiß einfach nicht, wie ich das im Moment kann und soll."

Ich lehne den Kopf an die Wand, blicke nach oben und schließe ratlos meine Augen.

"Cato", sanft liegt Takayas Hand an meiner Wange. "Bitte, Cato, du hilfst mir schon so viel. Du hast mir geholfen, hast Jules gefunden und mich gerettet. Weine bitte nicht."

Ich habe gar nicht bemerkt, dass Tränen meine Wangen herunter laufen. Fahrig wische ich mir übers Gesicht und bemerke, dass es tatsächlich nass ist. Sofort dreht sich Takaya vollständig zu mir, legt beide Arme um mich und drückt sein Gesicht in meine Halsbeuge.

Vorsichtig umarme ich ihn. "Ich fühle mich so hilflos. Was die beiden dir angetan haben. Wie soll ich dich beschützen, wenn man dich mir so einfach wegnehmen kann?", frage ich verzweifelt.

"Cato, stopp!" Takaya ergreift meinen Kopf und drückt ihn so weit weg, bis ich ihn ansehen muss.

"Hör auf dich selbst zu geißeln. Du hast alles getan was du konntest, um mich zu beschützen und zu retten. Cleo sagte, dass das Halsband meine Sprünge blockiert hat. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit mir eine Kette, Armband oder Ring aus diesem Material zu machen."

Meine Augen werden immer größer und langsam nicke ich, als die Hoffnung zu mir zurückkommt. "Taky", jetzt bin ich derjenige, der seinen Kopf ergreift und ihn zu mir zieht, bis sich unsere Lippen berühren. "Ich danke dir mein Wolf." Lächelnd streichle ich seine Wangen und er lehnt sich zurück an meine Brust.

"Morgen kehren wir zurück, dann kümmre ich mich um deine Wunden und dieses Metall. Wenn du dich gut genug fühlst, gehen wir deine Schwester besuchen. Was hältst du von der Idee?" Ich glaube schon fast dass Takaya eingeschlafen ist, als er leicht zusammen zuckt und schließlich nickt. Sanft streichle ich ihn weiter bis ich spüre wie er wirklich einschläft. Dan sucht sich genau diesen Moment aus, um bei uns anzuklopfen und nach einem leisen "Herein" setzt er sich auf den Stuhl, auf dem er vorher schon gesessen hat.
"Morgen gehen wir Heim." Informiere ich ihn. Fragend zieht er eine Augenbraue hoch, doch ich schüttle leicht den Kopf. "Zu seiner Schwester können wir, wenn er sich erholt hat." Dan nickt mir zu und beobachtet Takaya auf meinem Schoß.

 

"Oh ich würde so gerne davon etwas Essen." Takaya hat die Nacht relativ ruhig geschlafen. Als wir heute uns beim Frühstück mit Dan getroffen haben, haben wir gemeinsam überlegt was wir jetzt machen. Bis der Zug nach Paris fährt haben wir noch mehrere Stunden Zeit. Takaya ist seit dem unruhig, was ich auf den Sprung schließe. Demnach machen wir erst eine kleine Sightseeing Tour durch Arcachon. Takayas Augen blitzen, als er einen Tacostand erblickt. Ich umgreife seine Schulter und gehe mit ihm hinüber. Mit großen Augen sieht er zwischen den Sachen und mir hin und her. Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen und auch Dan, neben mir muss lachen. Doch das scheint meinem kleinen Wolf nicht zu stören. "Such dir etwas aus Taky, ich werde es bezahlen." Takaya freut sich wie ein kleines Kind, rennt zu dem Stand und hat schon bestellt, als Dan und ich bei ihm ankommen. Takaya hat sich einen Taco-Salat bestellt, Dan und ich jeweils einen gefüllten Taco mit Hackfleisch. Nachdem ich bezahlt habe setzen wir uns am Strand auf eine Mauer und essen in Ruhe. "Wir sollten aus der Sonne raus." sagt Dan, kaum das wir aufgegessen habe. "Takaya bekommt bereits einen Sonnenbrand und ich glaube nicht, dass das der Wundheilung gut tut." "Du hast Recht. Lass uns in der nächsten Drogerie etwas kaufen und dann zum Bahnhof gehen. Ich denke, dass es langsam Zeit wird. Taky wird müde." Takaya steht an einem Plakat, was Werbung für eine Ballettaufführung macht. Er schwankt etwas und stützt sich mit den Händen an der Mauer ab. "Geh mit ihm schon zum Zug, ich werde euch einholen." Ich möchte Dan widersprechen, aber zum einen schüttelt er entschlossen den Kopf und zum anderen lässt sich Takaya gerade zu Boden sinken und zieht damit die Aufmerksamkeit von mir vollends auf sich. "Taky komm", mit fünf großen Schritten bin ich bei ihm, lege einen Arm um seine Taille und stütze ihn, während ich ihn an meinen Körper ziehe. "Lass uns gehen, Kleiner!" Takaya nickt nur, was mir zeigt wie erschöpft er wirklich ist.

Am Bahnhof haben wir noch einige Zeit bis der Zug kommt. Wir setzen uns an das Gleis und warten. Dan kommt fast zeitgleich mit dem Zug an und sobald wir dürfen steigen wir ein. In dem Moment als wir sitzen lehnt sich Takaya an mich und schläft ein. Dan reicht mir die Sonnencreme und sanft reibe ich sie in Takayas Haut, während der Zug fährt. Auch Dan hat die Augen geschlossen und ich folge dem Beispiel während ich Takaya weiter streichle.

Takaya

 

Takaya

Ich weiß nicht ob ich über Catos Hilfe dankbar sein soll, oder mich zur Hölle wünsche. Wahrscheinlich beides. Ich hasse es, wie verängstigt und verloren ich mich fühle. Cato scheint meine Anhänglichkeit nicht zu stören, da er mich immer wieder berührt, wenn er nur an mir vorbei geht. Auch nimmt er mich überall mit hin, nicht eine Minute lässt er mich allein. Naja ausgenommen einer von uns muss zur Toilette.

"Taky", das ist auch eine Sache, die ich an Cato liebe, seine Kosenamen für mich. Ich bin sein kleiner Wolf Taky. "Mein Träumer wo bist du nur?" Warme Arme legen sich von hinten um meinen Oberkörper und ziehen mich an Catos Brust. Sanfte Lippen streifen meine Haut und Zähne knabbern an meinem Ohr.

"Komm zu mir zurück Kleiner." Ich lehne mich gegen ihn und genieße die Liebkosung. Stöhne, als die Zähne fester mein Fleisch malträtieren.

"Was", bringe ich seufzend hervor.

"Wo bist du nur wieder mit deinen Gedanken? Wir müssen gleich los wenn wir zu deiner Schwester wollen. Dan wird schon an der Grenze auf uns warten."

Fast zwei Monate sind seit meiner Entführung vergangen. Die Wunden fast vollständig verheilt. Nur am Hals sind Narben zurück geblieben, die nicht verheilen werden. Cato zeigt mir in jeder Sekunde wie egal ihm das ist. Wenn wir jedoch in die Stadt gehen, trage ich immer einen leichten Schal oder ein Tuch.

Ich drehe mich in Catos Armen, lege meine um seinen Hals und küsse ihn. Sofort vertieft Cato den Kuss.

"Langsam Kleiner." Cato drückt meinen Nacken und lehnt seine Stirn gegen meine. Unser beider Atem geht schnell und ich brauche etwas um zu verstehen, warum wir uns nicht küssen dürfen. 

"Richtig, Dan wartet auf uns." Lächelnd streicht mir Cato über die Wange.

"Ach mein süßer Wolf", seufzt er und gibt mir einen Kuss auf die Nasenspitze bevor er sich von mir löst. "Wenn wir deine Schwester besucht haben, haben wir alle Zeit der Welt." Damit ergreift er meine Hand und zieht mich hinter sich her aus dem Haus.

Kurz darauf halten wir bei Sebastian am Tor an, der sich angeregt mit Dan unterhält.

"Hallo ihr zwei, ich dachte schon ihr kommt nicht mehr." Lachend kommt uns Dan entgegen und umarmt uns zur Begrüßung.

"Naja wenn es nach Taky geht ..."

"Hey" unterbreche ich Cato empört, was alle anwesenden lachen lässt. Mit einem Schmollmund blicke ich verlegen zu Boden.

"Nicht", Cato berührt mich am Kinn bis ich ihn ansehe und sanft gibt er mir einen Schmetterlingskuss auf die Lippen.

Nachdem wir uns von Sebastian verabschiedet haben, nimmt mich Cato in den Arm. Um mich zu beruhigen greife ich nach der Kette mit dem Herz, welche Cato reparieren lassen hat. Das Summen und verschieben der Zeit beunruhigt mich, jedoch ist es so kurz, dass ich keine Zeit habe in Panik zu geraten. Es ist der erste Sprung seit damals und ich fühle mich nicht wohl. Jedoch ist die Aussicht Jules wieder zu sehen zu groß um dafür nicht zu springen.

Wir landen an einem großen Sandstrand. Das Wasser rauscht und weiße Wellen rollen sanft aus. Es weht nur ein leichter Wind und die Sonne strahlt am hellblauem Himmel.

Würde mich Cato nicht im Arm halten und mich führen, würde ich hier erstarren vor Staunen.

"Komm kleiner Wolf, Dan ist bereits vorgegangen, um Jules Bescheid zu geben."

"Warum ist er eigentlich mitgenommen?"

Cato lacht, als er mir einen Kuss auf die Stirn gibt.

"Ich habe das Gefühl, dass Dan in letzter Zeit öfter hier gewesen ist, als irgendwo anders."

"Du meinst er und meine Schwester?" Cato nickt und zieht mich sanft weiter.

Das erste was mir auffällt, ist das große Haus mit der weißen Mauer und einem schönen Blumengarten. Ein Gärtner ist gerade am gießen und ein kleines Mädchen kommt lachend aus dem Haus gerannt.

"Cato du bist wieder da." Das Mädchen bleibt wie angewurzelt stehen und starrt mich mit großen Augen an. "Onkel Jacob", quietscht sie mit einmal los und umarmt mich stürmisch.

"Pia langsam." Ich blicke zu der Frauenstimme empor und kann nur schwanken. Catos Arm um meine Schulter gibt mir Kraft und nachdem sich Pia von mir gelöst hat, gehe ich langsam auf meine Schwester zu.

"Jules"

"Jacob", hauchen wir beide gleichzeitig. Im nächsten Moment schlingt sie ihre Arme um mich. Ich erwidere die Geste und drücke meinen Kopf in ihr Haar.

"Oh Gott Jules, ich habe nicht daran geglaubt dich jemals wieder zu sehen!"

"Mein Bruder, was machst du nur für Sachen? Cato ist außer sich vor Sorgen gewesen." Unsicher blicke ich von Jules zu Cato der mich liebevoll anlächelt.

"Ich bin froh, dass ich Cato getroffen habe. Ich könnte, glaube ich, nicht glücklicher gerade sein."

"Das sieht man dir an. Aber kommt doch erst einmal rein. Jacob hat das Essen fertig gemacht und wird ungeduldig, wenn keiner da ist." Damit dreht sie sich um und zieht mich an der Hand hinter sich her, so dass ich ihr folgen muss. Im Haus bleibe ich in der Küche wie gebannt stehen und starre auf mein Ebenbild, der sich gerade am Herd zu uns umdreht.

"Aber was...?" Mir fehlen merklich die Worte, so dass Cato einen Arm um mich legt und mir von der Klontechnologie berichtet.

"Jacob ist sowas wie ein Hausmeister", meint Jules lachend und erntet einen bösen Blick von meinem Doppelgänger. Was uns alle lachen lässt, außer Jacob.

Mir dreht sich der Kopf. Wir haben nichts anderes gemacht als über unser bisheriges Leben zu berichten. Die Guten und die Schlechten Erlebnisse. Immer wieder hat Dan Jules tröstend in den Arm genommen, so wie Cato mich. Gemeinsam haben wir gelacht und geweint.

Es sind Stunden vergangen, seitdem wir bei Jules in Australien angekommen sind. Der Himmel verfärbt sich bereits, als die Sonne zu sinken beginnt.

"Ihr müsst mich unbedingt wieder besuchen kommen." 

"Das verspreche ich dir Jules. Aber auch ihr müsst einmal zu uns kommen."

"Versprochen!" Jules zieht mich in ihre Arme und ich genieße ihre Nähe und Wärme.

Nur widerwillig löse ich mich von meiner Schwester, aber ich weiß, dass Dan auf sie aufpassen wird.

Jules hat zugegeben, das zwischen ihnen etwas läuft, aber mehr hat keiner von beiden verraten.

Demnach sind Cato und ich die einzigen, die sich jetzt auf den Weg zurück machen.

Bei Sebastian angekommen, ruft Cato nicht wie erwartet sein Gefährt, sondern führt mich hinein in die Stadt.

"Wo führst du mich hin?" Es ist nicht so, dass ich Cato nicht vertraue, aber meine Neugier ist einfach zu groß.

"Neugier ist der Katze Tod." Antwortet Cato und bringt mich damit zum Lachen.

"Ich bin ein Wolf, keine Katze", japse ich noch immer Lachend. Sofort bleibt Cato stehen und zieht mich in seine Arme.

"Nur mein Wolf Taky." Noch bevor ich etwas sagen kann, liegen seine Lippen auf meine. 

Kollektives Keuchen und Murmeln lässt uns auseinander fahren. Wir stehen mitten auf dem Marktplatz und Cato ist als Mann gekleidet. 

"Cato dein Outfit!" Ich will mich komplett von ihm lösen, doch er hält meine Hand fest.

"Es ist mir egal Taky. Ich möchte mich nicht länger verstecken." Cato blickt sich um und winkt einen Taschenspieler herbei, der ihm etwas reicht.

Sprachlos beobachte ich alles. Auch die Passanten bleiben stehen. Ich erblicke Sebastian, Armand und Laslo.

"Takya, wir sind Springer und es ist an der Zeit, dass dieses Dorf es erfährt. Ja, normalerweise kleide ich mich als Frau, aber damit ist Schluss. Ich möchte mich nicht länger verstecken. Ich bin stolz dich an meiner Seite zu haben und will, das es jeder sieht." Cato geht vor mir auf die Knie. Wieder geht Keuchen und Gemurmel durch die Reihen.

"Mein süßer kleiner Wolf, ich möchte dich fragen, ob du mich heiraten möchtest. Ich weiß, dass wir dafür in eine andere Zeit reisen müssen, aber für dich würde ich alles tun." Ich muss mehrmals heftig schlucken, bekomme aber dennoch kein Wort raus und nicke heftig. Schluchzend sinke ich in Catos Arme und küsse ihn immer wieder. Alles was um uns herum passiert habe ich ausgeblendet, allein Cato zählt. Als ich mich etwas beruhigt habe, öffnet er das Säckchen, was er vorhin entgegengenommen hat. Ein Ring kommt zum Vorschein und zitternd halte ich ihm meine linke Hand hin.

Als wir beide nach einer gefühlten Ewigkeit aufstehen, brandet Applaus über uns hinweg. Armand kommt zu uns, gratuliert und nimmt uns das Versprechen ab, bald in sein Brauhaus zu kommen.

Jetzt aber will ich nur noch nach Hause.

"Übrigens ist der Ring aus dem Metall, was dich vor den ungewollten Sprüngen schützt."

Flüstert mir Cato ins Ohr.

Eng umschlungen liegen wir im Bett und ich lass alles Revue passieren.

"Weißt du eigentlich wie sehr ich dich liebe?" 

"Jeden Tag habe ich es gesehen und gespürt. Du brauchst es nicht zu sagen kleiner Wolf. Denn auch ich liebe dich mehr, als ich jemals beschreiben kann." 

Der Kuss, der darauf folgt, spiegelt genau diese Gefühle alle wieder. „Der Ring hat übrigens eine Gravur: Sprung ins Herz! Den genau das hast du gemacht.“

Glücklich in den Armen des Liebsten schlafen wir irgendwann ein.

Jetzt kann unsere neue Zukunft beginnen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.03.2023

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /