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1

  • „Tristan verdammt noch mal was machst du hier?“ Seufzend wende ich meinen Blick meiner älteren Schwester zu.

„Mimi du weißt das wir nicht allein in den Wald sollen. Warum bist du hier?“ Mit einer hochgezogenen Augenbraue sieht sie mich an.

„Vielleicht weil du genau das getan hast Tristan. Vor drei Stunden bist du aus dem Haus und jetzt finde ich dich hier im Wald. Alleine!“ Das letzte Wort betont Mimi mit Nachdruck. Eigentlich heißt sie Michelle, aber ich konnte den Namen als Kind nicht aussprechen, so ist Mimi hängengeblieben.

„Aber ich bin ein Mann Mimi.“ Als wäre das Entschuldigung genug im Wald zu sein.

Ohne ein weiteres Wort ergreift Mimi meine Hand und zieht mich zurück zum Hof unserer Eltern. Während Mimi mit ihren vierundzwanzig Jahren weiterhin auf dem Hof lebt und einen anständigen Kerl geheiratet hat, hat es mich in die Altstadt gezogen. Meine Familie zu verlassen kommt nicht in Frage, aber ich will mit meinen zwanzig Jahren mein eigener Herr sein und so wohne ich nur wenige Kilometer entfernt.

„Was ist nur los Brüderchen, so durch den Wind bist du schon lange nicht mehr gewesen.“

„Ich bin doch nur sparzieren gegangen und da du mich sofort gefunden hast, scheine ich ja nicht allzu tief im Wald zu sein.“

„Du Dummkopf!“ Mimi bleibt stehen und funkelt mich böse an. „Ich habe dich nur sofort gefunden, weil ich dein Handy geortet habe. Sieh dich doch mal um! Hier ist nichts weiter als Bäume.“ Erst bei Mimis Worten realisiere ich wie tief ich gegangen bin.

„Ich“, seufzend schüttle ich den Kopf. „Es tut mir leid Schwesterlein. Ich habe nicht darauf geachtet wo ich hingehe.“

„Was hast du hier draußen nur gemacht? Sei froh das Ma und Pa das nicht mitbekommen haben. Sie hätten schon nach einer Stunde das Dorf zusammen getrommelt.“ Beschämt lasse ich den Kopf hängen. Wie soll ich Mimi erklären warum ich hier bin, wenn ich es selbst nicht ganz verstehe?

Mimi ergreift wieder meine Hand, die sie vorhin losgelassen hat, und geht mit mir weiter.

Verstohlen werfe ich ihr immer wieder Blicke zu und beobachte, wie sie angestrengt nachdenkt. Ich weiß sofort, dass sie nach einer plausiblen Erklärung für unsere Eltern sucht. So ist Mimi schon immer gewesen. Egal was ich angerichtet habe oder in was für Schwierigkeiten ich geraten bin. Mimi hat immer eine Lösung gefunden, damit sich unsere Eltern nicht um mich sorgen.

Es grenzt schon an ein Wunder, dass sie mich vom Hof wegziehen lassen haben. Aber ihrer Ansicht nach bin ich im Dorf besser aufgehoben als hier. Ein Seufzer entringt sich meiner Kehle und Sehnsuchtsvoll werfe ich einen Blick zurück in den Wald.

Wir sind schon fast wieder am Hof, als etwas Schwarzes bellend auf mich zugestürmt kommt und nur knapp vor mir stehen bleibt.

Lächelnd lege ich die Hand auf den Kopf des Tieres.

„Hallo Benjo mein Junge.“ Benjo ist mein zwei Jahre alter schwarzer Schäferhund, den ich von meinen Eltern bekommen habe, als ich vom Hof weggezogen bin. Benjo ist genauso vorsichtig mit mir wie meine Eltern. Nie springt er mich an oder reißt mich zu Boden. Er spürt, dass ich nicht gesund bin und passt einfach nur auf mich auf. Es ist auch schon einige Male vorgekommen, dass er mich nachts geweckt hat. Nicht weil er mich ärgern wollte, sondern um mich zu retten, damit ich mein Asthmaspray einnehme. Ich glaube, dass das auch der Grund ist, warum meine Eltern mich vom Hof haben ziehen lassen. Die körperliche Arbeit verbunden mit dem ganzen Staub und Gerüchen.

Ich habe mich hingehockt und verberge mein Gesicht in Benjos Fell. Der Hund bleibt still sitzen und lässt sich streicheln.

„Komm schon Tristan damit wir zurück sind bevor Eltern es sind.“ Reißt mich Mimi aus der Erinnerung.

Kopfschüttelnd stehe ich auf und zeige auf ein Auto im Hof.

„Zu spät. Eltern sind bereits da und nach dem fremden Auto zu schließen haben sie Besuch mitgebracht.“

„Oh man“, stöhnt Mimi und schlägt die Hände vor das Gesicht.

„Mach dir keine Sorgen, du weißt, dass niemand etwas andeuten wird wenn Gäste da sind.“ Ziehe ich meine Schwester auf und gehe mit Benjo an meiner Seite auf den Hof und kurz darauf ins Haus, wo unsere Eltern in der Küche sitzen und sich mit jemandem unterhalten.

Ich kann denjenigen nicht sehen, aber seine Stimme ist warmherzig und sein Lachen etwas rau. Ein Schauer geht durch meinen Körper und schnell ziehe ich mich ins Badezimmer zurück, als Mimi das Haus betritt und direkt in die Küche geht.

Ich höre noch wie sie unsere Eltern begrüßt und den Fremden, aber die Tür ist bereits zu, um irgendetwas anderes zu erfahren.

Meinen Aufenthalt im Bad zögere ich solange hinaus, wie ich es für akzeptable halte.

Schließlich gehe ich in die Küche, Benjo fest an meiner Seite.

„Junge wie schön die zu sehen.“ Ma, die eben noch an der Spüle steht, kommt mit ausgebreiteten Armen auf mich zu und umarmt mich liebevoll. Dabei drückt sie mir einen Kuss auf das Haar. Man mag es kaum glauben, aber selbst Ma ist fast zwanzig Zentimeter größer als ich. Was bei meinen ein Meter dreiundfünfzig aber auch nicht schwer zu überragen ist.

„Ma bitte“, doch mein Protest wird mit einem Lachen von Pa begleitet, der mich zu sich auf die Bank beordert.

Erst als ich sitze ergreift mein Vater wieder das Wort.

„Tristan ich möchte dir Herrn Miller vorstellen. Er wird meine Arbeiten im Bereich Betriebsführung, Organisation und alles andere übernehmen.“ Verwundert blicke ich von Pa zu Mimi, die nur mit den Schultern zuckt, zu Ma, die nickt, und wieder zurück zu meinem Vater.

„Aber wieso? Du weißt, dass ich extra das Studium mache um euch zu unterstützen.“

„Junge ruhig atmen.“ Bestimmt legt mir mein Vater eine Hand in den Nacken. Ich brauche etwas um mich so weit zu beruhigen, dass meine Atmung sich wieder normalisiert. Es nervt mich ganz schön, dass die kleinste Aufregung genügt, um mir Luftprobleme zu verursachen.

Erst als ich einen tiefen, freien Atemzug nehme lockert sich der Griff wieder.

„Es ist alles richtig. Du wirst nach deinem Studium hier auch alles übernehmen. Ich möchte dir nichts wegnehmen und auch Herr Miller ist sich dessen bewusst. Nur schau, deine Mutter und ich sind nicht mehr die Jüngsten und wir möchten uns etwas gönnen.“

„Aber…“, ungläubig schüttle ich den Kopf. Es stimmt, meine Eltern haben schon lange die sechzig überschritten, aber alt? Seufzend nicke ich. „Ihr habt Recht, entschuldigt bitte.“

„Herr Wiegandt ich versichere Ihnen, dass ich mit Ihnen und Ihrer Familie zusammen arbeite und nur Ihr Interesse im Kopf habe. Sobald Sie Ihren Abschluss gemacht haben, dürfen Sie frei entscheiden ob ich weiterhin für Sie arbeite oder nicht.“

„Tristan bitte. Ich mag es nicht wenn man mich siezt.“ Zum ersten Mal blicke ich mein Gegenüber genauer an. Herr Miller hat lange schwarze Haare, die er in einem geflochtenen Zopf trägt. Seine braunen Augen sind hinter einer Brille versteckt, die jedoch nicht die Gesichtszüge verstecken. Sehr zu meiner Überraschung sind die Augen schwarz umrandet. Etwas das mich Lächeln lässt. Herr Miller erwidert mein Lächeln und sagt:

„Nico. Wenn dann sollten wir direkt mit Du beginnen. Das gilt natürlich für sie alle und nicht nur für Tristan.“

Meine Mutter hat derweil Kaffee und belegte Brote auf den Tisch gestellt und jeder bedient sich, während das Gespräch auf die bevorstehende Aufgabe von Nico gerichtet ist.

Da ich kein Kaffee-Fan bin, gehe ich an die Spüle, um mir einen Tee zu machen.

„Nico scheint dir zu gefallen, so wie du ihn immer wieder ansiehst.“ Typisch Mimi, sie scheint ein Radar zu besitzen wenn etwas in mir vorgeht.

„Er sieht nett aus, ja.“ Sage ich ausweichend und konzentriere mich auf meine Teemischung.

Lächelnd legt sie eine Hand auf meine Schulter und geht zurück an den Tisch.

Als ich wenig später mich umdrehe, gerate ich kurz ins straucheln. Breit grinsend sieht mich Mimi von genau dem Platz an, auf dem ich vor wenigen Minuten noch gesessen habe. Seufzend setze ich mich demnach auf den Stuhl neben Nico und werfe ihm einen verstohlenen Blick zu, den er lächelnd erwidert. Schnell senke ich den Kopf, da dieser plötzlich heiß und unter Garantie rot wird.

Das Lachen meiner Schwester lässt mich abrupt den Kopf wieder hochreißen und sie wütend anfunkeln. Beschwichtigend legt mir Mutter eine Hand auf die Schulter.

„Michelle warum musst du deinen Bruder immer ärgern? Solltest du jetzt nicht eigentlich im Stall sein und deinem Mann helfen?“ Mimi schaut auf die Uhr und springt hektisch auf.

„Ach herrje, Tobias wird mich einen Kopf kleiner machen.“

„Na dann wäre ich wenigstens nicht mehr der Kleinste.“ Rufe ich ihr lachend hinterher als sie aus dem Haus stürmt.

„Tristan würdest du Nico den Hof zeigen und ihm erklären was seine Aufgaben sein werden?“

Nickend erhebe ich mich und nachdem auch Nico aufgestanden ist gehen wir hinaus.

 

∞∞∞∞∞∞∞∞∞∞

 

„Zweihundert Milchkühe, einhundert Masttiere und fünf Bullen. Dazu kommt einhundert Hektar Weideland auf drei Weiden aufgeteilt. Momentan geht es darum, dass wir die einzelnen Weiden vernetzen. Innerhalb der Ställe können wir das ohne Probleme machen, aber außerhalb muss das alles über Funk oder W-Lan funktionieren. Sicher es ist einfach eine Firma die Arbeit machen zu lassen.“

„Aber es ist interessanter alles selbst zu konzipieren.“

Lächelnd drehe ich mich zu Nico um. „Genau.“

 

Mittlerweile sind wir im Stall angekommen und interessiert beobachte ich Nico.

„Du siehst aus, als hättest du noch nie einen Stall von innen gesehen.“ Ziehe ich den Mann neben mir auf. Jetzt so neben ihn zu stehen lässt mich erkennen, wie große er ist. Ich selbst komme nach meiner Mutter und bin gertenschlank und ein abgebrochener Gartenzwerg. Nico jedoch ist fast so groß wie Pa, also sicher ein Meter neunzig.

„Ich komme aus Berlin, bin also ein waschechtes Großstadtkind.“

„Und was schlägt dich dann ausgerechnet hier her in den Schwarzwald?“

Lachend schüttelt Nico den Kopf und streckt einer Kuh die Hand entgegen die sie neugierig beschnuppert und mit der Zunge versucht zu greifen.

„Es mag dich verwundern, aber ich hatte genug von der Großstadt und hier finde ich vielleicht was ist suche.“

„Was…“, doch bevor ich die Frage stellen kann, kommt Mimi aus den Melkstand nach oben.

„Nico was sagst du zu unserem Hof?“

„Es ist interessant und ich freue mich darauf mit euch zusammen arbeiten zu dürfen.“

„Ja ich glaube die Freude ist auch auf unserer Seite.“ Dabei sieht mich meine Schwester bedeutungsvoll an, woraufhin ich nur die Augen verdrehe.

„Wir sollten die zwei arbeiten lassen. Wenn du möchtest kann ich dir den Stall später noch zeigen.“

„Mach dir keinen Kopf Tristan. Jetzt werde ich erst einmal zu deinem Vater gehen, damit er mir einen Einblick in die Programme geben kann.“

„In Ordnung. Ich werde auch erst mal gehen. Wir sehen uns Nico.“

Nico winkt mir noch einmal zu und verschwindet im Haus, während ich Benjo zu mir pfeife und mich auf den Weg ins Dorf mache.

2

 

  • Meine Lungen brennen. Unwillkürlich krümme ich mich zusammen, atme schneller, flacher in der Hoffnung genug Luft zu bekommen. Nur genau das Gegenteil ist der Fall. Eine Pfote auf meinen Arm, eine Schnauze im Gesicht. Benjo! Blind taste ich nach dem Tier, der mir entgegenkommt und etwas Hartes in meine Hand fallen lässt. Mein Spray! Umständlich drehe ich es solange, bis ich es richtig halte, nehme die Kappe ab und setze es an. Mehrere tiefe, konzentrierte Atemzüge nehme ich, in denen ich auch das Spray betätige. Langsam dehnen sich die Lungen wieder aus. Nur ein Brennen im Hals bleibt zurück. Als ich mich endlich aufsetze, legt Benjo eine kleine Wasserflasche auf meinen Schoss. Vorsichtig nehme ich kleine Schlucke. Endlich lässt auch das Brennen etwas nach.

Zu sprechen wage ich noch nicht, also lege ich Benjo dankbar eine Hand auf den Kopf und streichle ihn. Ein Blick auf meinen Wecker sagt mir, dass wir gerade einmal dreiviertel drei haben. Seufzend schließe ich die Augen und lehne den Kopf ans Bettgestell. Nach einem Anfall kann ich nicht sofort wieder einschlafen, also stehe ich auf. Mache mir in der Küche einen Kräutertee und setze mich auf die Couch um etwas fern zu sehen. Benjo legt sich vor die Couch hin und passt einfach auf. Ich hatte schon eine ganze Weile keinen Anfall mehr in der Nacht.

Was war heute nur der Auslöser?

Lustlos zappe ich von einem Kanal in den anderen. Entschließe mich dann jedoch mein Streaming-Programm zu öffnen und starte einen Serienmarathon. Irgendwann drifte ich wieder weg, doch noch bevor ich richtig einschlafe verschlucke ich mich aus heiterem Himmel. Der Hustenreiz wird übermächtig und ich werde panisch. Aber auch hier reagiert Benjo vorbildlich. Er steht plötzlich neben mir, mein Spray in der Schnauze.

Nach etlichen Minuten komme ich endlich wieder zur Ruhe. Schließlich schaffe ich es auch, auf der Couch einzuschlafen. Benjo berührt mich mit seiner Schnauze die ganze Zeit an der Hand, was mir ein sicheres Gefühl gibt.

 

 

Heute ist Samstag, normalerweise bin ich mittags immer bei der Familie auf dem Hof, nur nach dieser Nacht ist mir nicht danach. Daher schreibe ich Mimi nur eine kurze Nachricht und schalte mein Handy auf lautlos. Kurz spiele ich mit dem Gedanken ohne Handy das Haus zu verlassen, doch so leichtsinnig bin ich nun auch wieder nicht. Ich schnappe mir eine dünne Jacke, Leine und Wohnungsschlüssel und gehe in die entgegengesetzte Richtung vom Hof aus der Stadt.

Wir haben Juli, an die fünfundzwanzig Grad und auf der Straße sind zahlreiche Motorradfahrer unterwegs. Unser Städtchen lädt mit ihren Straßen und der wunderbaren Umgebung regelrecht zum Fahren ein. Zu gern würde auch ich einmal eine Spritztour durch die Straßen der Umgebung machen, nur würden es meine Eltern nie für gutheißen. Bis jetzt habe ich noch nicht einmal die Möglichkeit gehabt einen Autoführerschein zu machen. Sehnsuchtsvoll blicke ich einer Gruppe Motorradfahrer hinterher, als sie aus der Stadt fahren und beschleunigen. Seufzend drehe ich mich am Waldrand um, löse die Leine von Benjos Halsband und gehe in die dunklen Schatten des Waldes.

Normalerweise gehe ich nur in der Nähe des Hofes in den Wald, warum ich heute hier lang gehe weiß ich selbst nicht.

Fasziniert sehe ich mich um, lausche den Geräuschen des Waldes.

Nach fast zwei Stunden erreiche ich eine kleine Lichtung und setze mich auf einen Moosbedeckten Stein am Rande hin. Benjo entfernt sich nie weiter als drei Meter von mir, so dass ich mir um ihn keine Sorgen machen muss.

Eine Bewegung am anderen Ende der Lichtung lässt mich aufblicken.

Eine große Gestallt steht zwischen den Bäumen im  Schatten und sieht zu mir rüber. Einige Schritte kommt sie aus ihrer Deckung und ich erkenne, dass es sich um einen Rappen handeln muss. Zumindest ist das Fell des Pferdes sehr dunkel. Doch etwas irritiert mich an dem Anblick. Auf seinem Kopf scheint etwas zu sein, oder ist das ein Ast hinter dem Tier? Egal wie es sich bewegt, dieses Hornähnliche Ding bleibt immer an der glichen Stelle.

 

Benjo legt seinen Kopf in meinen Schoss, unterbricht so mein starren auf das Tier. Als ich nur Sekunden später wieder über die Lichtung schaue ist das Pferd verschwunden. Keine Geräusche, nur das Rauschen des Windes und verschiedene Vögel sind zu hören.

Gedankenverloren streichle ich Benjo noch eine Weile. Habe ich mir das Tier nur eingebildet oder stand dort tatsächlich ein schwarzes Einhorn?

Unsinn, schalt ich mich selbst. Es gibt keine Einhörner und ein schwarzes erst Recht nicht. Und wäre da etwas gewesen, hätte Benjo doch unter Garantie angeschlagen. Kopfschüttelnd stehe ich schließlich auf und mache mich zügig auf den Rückweg.

Am späten Nachmittag bin ich erst wieder zu Hause.

Beiläufig werfe ich einen Blick auf mein Handy und stöhne auf. Zwanzig Anrufe in Abwesenheit und fast genauso viele Nachrichten. War ja klar, dass sie sich Sorgen machen. Kaum in der Wohnung hole ich noch einmal tief Luft und rufe zuerst meine Schwester an.

„Verdammt Tristan ich war kurz davor einen Rettungstrupp zu organisieren. Warum bist du nicht ans Handy gegangen und wieso warst du im Wald?“

„Mir geht es gut Mimi. Ich hatte keine gute Nacht und wollte mich etwas erholen. Benjo ist die ganze Zeit bei mir gewesen.“

„Ja aber der Wald? Tristan du weißt das wir da nicht hinsollen. Und dann auch noch in der anderen Richtung. Dann doch zumindest hier bei uns. Tristan ich…“ Als Mimi Luft holt nutze ich meine Chance.

„Es tut mir Leid Schwesterherz. Ich habe nicht nachgedacht. Bitte entschuldige. Ich werde morgen zum Essen vorbeikommen. Richte Mum und Dad bitte aus das alles gut ist. Ich werde versuchen etwas zu schlafen.“ Meine Stimme brauche ich nicht verstellen. So sehr es mich auch nervt so betüttelt zu werden, so sehr liebe ich auch meine Familie.

„In Ordnung Kleiner. Schlaf gut und sei morgen pünktlich.“

„Versprochen!“ Damit lege ich auf und seufze. Kurz gehe ich noch Duschen, versorge Benjo und gehe wie gesagt schlafen.

 

Diese Nacht habe ich keine Anfälle, dafür eigenartige Träume von einem schwarzen Einhorn. Doch der Traum lässt mich durchschlafen, so dass ich am nächsten Morgen ausgeruht und erholt erwache.

 

Wie versprochen bin ich zwischen dem Frühstück und dem Mittagessen auf dem Hof.

Mum steht in der Küche und ungefragt wasche ich mir die Hände und gehe ihr bei den Zubereitungen zur Hand.

„Michelle sagte mir, dass du gestern aus warst.“ Fängt meine Mutter wie beiläufig ein Gespräch an.

„Da hat sie wohl zu viel interpretiert. Ich habe einfach nur mit Benjo einen langen Sparziergang unternommen.“

„Geht es dir gut Junge?“ Ihren besorgten Blick brauche ich nicht zu sehen, erkennt man die Sorge doch bereits in der Stimme.

„Es ist alles gut, Mum. Ich hatte vorletzte Nacht nicht gut geschlafen und das Laufen tat mir gut.“ Da ich vom Schneidebrett nicht auf sehe, erschrecke ich mich, als sich die Arme meiner Mutter um mich legen.

„Du bist nun einmal unser Zwerg und wir werden uns immer sorgen um dich machen.“ Flüstert sie mir zu und drückt mich an sich.

Ich lege das Messer zur Seite um meine Hände auf ihre Arme legen zu können.

„Ich weiß Mum und ich gebe euch immer wieder Anlass dazu. Ich wünschte, ich hätte nicht so mit den Lungen zu kämpfen.“

Für einen Moment schließe ich die Augen, reiße sie aber sofort wieder auf, als ich Schritte höre.

Mum macht keine Anstalten mich loszulassen und so blicke ich geradewegs in Dads graue Augen, als er die Küche betritt. Dicht gefolgt von Nico, der mich mit einem schiefen Lächeln begrüßt.

„Martha das riecht aber bereits köstlich.“ Dad kommt zu uns rüber, wuschelt mir kurz durch mein Haar und löst vorsichtig die Arme meiner Mutter von mir, um sie selbst in eine kurze Umarmung zu ziehen. Wenn Pa nicht gekommen wäre, würden wir sicher noch Stunden so stehen. Mit einem leisen Seufzer schneide ich die Tomaten für den Salat zu Ende.

Dad ist mit Nico nach hinten gegangen. Sicherlich ins Büro um noch einige Dokumente durch zu gehen. Mum hat sich dem Herd zugewendet und ich bereite den Salat fertig zu.

Pünktlich zum Mittagessen finden sich alle in der Küche ein.

Mum und Dad, Michelle mit ihrem Mann Tobias, Nico und ich. Keiner spricht mehr über den gestrigen Tag oder die Vorkommnisse vorhin.

„In einer Woche reisen wir ab.“ Berichtet Dad, als wir beim Nachtisch sind.

„So schnell schon, aber…“

„Nico ist gut vorbereitet und weiß worauf er zu achten hat. Davon ab Tristan bist du auch noch da für eventuelle Fragen, genauso wie Michelle und Tobias.“

Ich schluck gegen den Kloß im Hals an. Noch nie waren meine Eltern verreist und es fällt mir schwer sie jetzt fahren zu lassen.

„Wir sind nicht aus der Welt Tristan. Es sind nur zwei Wochen wo wir ans Meer fahren. Unsere Handys werden wir bei uns haben und sind immer erreichbar.“

Wortlos nicke ich, fällt es mir gerade einfach zu schwer etwas zu sagen.

 

Nachdem der Tisch abgeräumt und die Küche wieder aufgeräumt ist, nehme ich die Leine von der Flurgarderobe und rufe Benjo zu mir.

„Willst du schon gehen?“ Fragt Mum sichtlich erschrocken.

„Nein, nur eine Runde sparzieren gehen.“

„Aber pass auf dich auf und bleib nicht zu lange weg.“

„Mum“, stöhnend und die Augen verdrehend lächle ich sie an. Kurz wuschelt sie mir durchs Haar und lässt mich gehen.

„Tristan warte mal kurz.“ Nico kommt mit langen Schritten über den Hof auf mich zu. „Kann ich dich ein Stück begleiten?“

„Klar warum nicht.“ Damit drehe ich mich Richtung Wald und gehe los. Benjo läuft einige Schritte voraus, aber immer in Hörweite. Nico zögert einen Moment, ehe er zu mir aufschließt.

„Ich hätte gedacht, dass du Richtung Stadt gehst.“

„Um die Uhrzeit? Nein ich bleibe bis nach dem Abendessen bevor ich runter gehe. Wenn ich hier bin, bin ich gerne auch im Wald. Aber sag das nicht meinen Eltern.“ Irritiert bleibt Nico stehen und schaut zwischen den Hof hin und her.

„Warum das nicht?“

„Alte Geschichte“, sage ich schlicht und gehe weiter. Erst als der Hof hinter einer Biegung verschwindet ändere ich die Richtung und wenige Meter später verschluckt uns der Wald. Automatisch verlangsame ich den Schritt und atme erleichtert durch.

„Du liebst den Wald.“ Keine Frage, dennoch nicke ich bestätigend.

„Hier ist es friedlich, ruhig und die Luft ist klar.“

„Aber in eurer Stadt ist es doch gar nicht so schlimm.“ Ich schüttle nur ganz leicht den Kopf und gehe schweigend weiter.

„Hey warte doch einmal. Tristan was ist den los?“

Nico will mir die Hand auf die Schulter legen, doch ich sehe es und weiche aus.

Keine Ahnung was mich gerade sticht, aber ich bin wütend. Wütend auf Nico und auf meine Eltern. Obwohl das total unsinnig ist.

„Tristan?“ Nico stellt sich vor mich, so dass ich direkt auf seine Brust starre. „Was stört dich gerade? Ist es noch immer die Vorstellung, dass ich die Arbeit von deinem Dad übernehme, oder die Vorstellung, dass deine Eltern verreisen?“ Nico trifft den Nagel auf den Kopf, was mich frustriert seufzen lässt. Sanft legt er eine Hand unter mein Kinn und hebt meinen Kopf an, bis ich ihn ansehen muss.

Niedergeschlagen schließe ich die Augen, damit er meine Gefühle darin nicht sieht.

„Dein Dad hat mich nur solange eingestellt, bis du mit deinem Studium fertig bist. Ich kann dir  auch gerne den Vertrag zeigen, wenn du dich dann wohler fühlst.“ Sein Daumen streicht über meine Wange. Ob er sich dieser Bewegung bewusst ist weiß ich nicht.

Noch immer lasse ich die Augen geschlossen. Dafür sind die anderen Sinne geschärft.

Nicos ganz eigener herber Geruch mit einem feinen Hauch von After Shave.

Der Wind, der durch die Blätter weht, seine regelmäßige Atmung und der warme Luftzug, der über mein Gesicht streift, wenn er ausatmet.

„Ich will dich nicht vom Hof vertreiben. Deine Eltern lieben dich abgöttisch und würden alles für dich tun. Sie möchten nur einmal das Meer sehen, mehr wünschen sie sich nicht.“

„Was weißt du denn schon von meiner Familie?“ Entschlossen trete ich einen Schritt nach hinten. Raus aus der Reichweite seiner Hände. Demonstrativ drehe ich ihm den Rücken zu und gehe tiefer in den Wald.

Ich höre, wie Nico mir noch einige Meter folgt, doch da ich ihn nicht weiter beachte, bleibt er immer weiter zurück, bis ich irgendwann alleine mit Benjo bin.

 

Seufzend lasse ich mich am Rande einer Lichtung an einen Baum hinuntergleiten und schließe die Augen. Benjo legt sich dicht neben mich und tief in meinen Gedanken versunken kraule ich das weiche, schwarze Fell.

 

Ein Geräusch lässt mich die Augen wieder öffnen und ich lasse den Blick über die Lichtung schweifen. Mir fast gegenüber steht ein schwarzes Pferd, im Schatten der Bäume. Entweder ist es nur eine optische Täuschung, oder das Tier hat ein Horn auf der Stirn. Wie das Tier von gestern. Doch noch bevor ich den Blick richtig fokussieren kann, ist das Tier wieder verschwunden.

 

Ich reibe mir die Augen und schüttle den Kopf.

Was ist das nur mit diesem Tier?

Benjo erhebt sich und läuft durch die Gegend. Unmissverständlich gibt er mir zu verstehen, dass es Zeit ist zum Hof zurück zu kehren.

„Du hast Recht Benjo. Ich kann nicht immer vor allem weglaufen.“

 

„Nanu du bist noch hier?“ Ich bin mehr als verwundert Nico an der Stelle vorzufinden wo ich ihn hab stehen lassen.

„Was hätte ich deiner Familie sagen sollen, wenn ich allein zum Hof zurückkehre?“ Nico schüttelt den Kopf. Etwas verunsichert bleibe ich vor ihm stehen.

„Danke“, flüstre ich schließlich und starre auf unsere Schuhe.

„Hey das ist eine völlig fremde Situation für dich, da würden einige Ausflippen.“ Er legt eine Hand auf meine Schulter und drückt leicht zu. Skeptisch blicke ich zu ihm auf.

„Du auch?“ Frage ich ungläubig. Nico kommt mir so selbstbewusst vor, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass ihn irgendwas aus der Ruhe bringen kann.

„Glaub mir Kleiner, mich bringt so einiges durcheinander.“ Er legt seine Hand auf meinen Kopf und wuschelt mir durchs Haar. Unerwartet beugt er sich zu mir runter.

„Du stellst mich im Moment ganz schön auf die Probe.“ Flüstert er mir ins Ohr.

Dann richtet er sich auf und geht langsam Richtung Hof.

Als die Worte endlich in meinem Gehirn ankommen ist Nico bereits vierzig Meter vor mir.

„Warte“, ich stolpre hinter ihm her um ihn einzuholen. „Wie meinst du das?“ Frage ich verwirrt.

Ich bin zu schnell gelaufen. Dazu das Sprechen lässt mich heftig atmen.

Sofort ist Benjo bei mir und drückt sich an meine Seite.

Während ich eine Hand auf meine Brust drücke, lege ich die andere beruhigend auf Benjos Kopf.

Nico ist stehen geblieben und mustert mich besorgt.

Still wartet Nico bis meine Atmung wieder normal ist. Seite an Seite gehen wir zurück. Doch eine Antwort bekomme ich nicht.

„Na hattet ihr Spaß?“ Wir begegnen Mimi als sie auf den Weg in den Stall ist. „Ihr seid ganz schön lange unterwegs gewesen. Ich habe Mum nur beruhigen können, weil ich gesehen habe, dass du mit Nico unterwegs bist.“

Stöhnend verdrehe ich die Augen. Ich will mir gar nicht ausmalen was alle denken können.

„Ihr solltet rein gehen. Mum hat extra Kuchen aufgehoben.“ Ich werfe einen Blick auf mein Handy und seufze. Wir haben sage und schreibe vier Stunden verschwendet. Wobei verschwendet der falsche Begriff dafür ist.

„Danke Mimi“, damit gehen wir ins Haus und sie in den Stall zum Melken.

 

„Junge da seid ihr ja wieder. Geht es dir gut?“ Sofort ist Mum bei mir, als wir die Küche betreten und mustert mich eingehend.

„Es ist alles in Ordnung Martha. Wir haben einfach die Zeit vergessen.“ Mum lässt mich nach einem letzten prüfenden Blick los und wendet sich Nico zu.

„Du musst auf ihn achtgeben wenn ihr unterwegs seid.“

„Mum bitte“ stöhne ich. Beide Lächeln mich jedoch nur an.

„Keine Angst ich werde gut auf ihn achten. Außerdem ist Michelle und ihr Mann ja auch noch da.“

Mum bedeutet uns, uns hinzusetzen und schiebt uns jeweils einen Tee zu.

„Möchtest du nicht lieber einen Kaffee?“ Frage ich Nico und will schon aufstehen, doch er legt mir eine Hand auf den Unterarm.

„Es ist in Ordnung. Ab und an trinke ich Kaffee, aber ich bevorzuge Tee, wenn ich die Möglichkeit dazu habe.“

„Okay“ als ich mich wieder richtig hinsetze verschwindet die Hand viel zu schnell von meinem Arm.

Nico scheint meine Enttäuschung im Gesicht ablesen zu können, denn er zwinkert mir lächelnd zu, was mich erröten lässt.

 

Ich habe gar nicht mitbekommen, das Mum die Küche verlassen hat, aber wir sind tatsächlich alleine als ich mich umsehe.

„Ist es dir unangenehm mit mir allein zu sein?“ Fragt mich Nico, als er meinen suchenden Blick bemerkt.

„Was?“ Erschrocken blicke ich ihn an. „Nein wie kommst du nur da darauf? Ich…“, ich unterbreche mich, da ich unsicher bin wie ich alles in Worte fassen soll. Stattdessen senke ich verlegen meinen Blick und zerkrümle das Stück Kuchen was vor mir auf dem Tisch steht.

„Wie war das vorhin mit den fremden Situationen?“ Auch wenn ich ihn nicht ansehe höre ich das Lachen in Nicos Stimme.

„Lass den Kuchen stehen, er hat dir doch gar nichts getan.“ Langsam zieht er den Teller von mir weg. Schnell lege ich die letzten Krümel zurück bevor alles auf dem Boden landet.

„Schau mich an Zwerg!“ Es ist das erste Mal, dass Nico den Kosenamen meiner Familie verwendet. In diesem einen Wort schwingt so viel Zärtlichkeit mit, dass ich nicht widerstehen kann und zögernd den Kopf hebe. „Weißt du eigentlich, dass du wunderschöne Augen hast?“ Flüstert Nico. Er hat die Stimme soweit gesenkt, dass ich es gerade mal so noch schaffe ihn zu verstehen. Entschlossen schüttle ich den Kopf.

„Die Augen sind viel zu groß und die Farbe ist mehr Grau als Blau.“ Jetzt ist es Nico der den Kopf schüttelt.

„Die Augen passen perfekt in dein Gesicht. Dazu die kleine Stupsnase und Lippen die einfach nur zum Küssen einladen.“ Als er das sagt, lässt er einen Finger über die jeweilige Partie gleiten.

Während er auf der Bank sitzt, sitze ich an der anderen Tischseite neben ihn auf einen Stuhl. Nico ergreift meine Hand und zieht gerade so stark dass ich freiwillig folge, mich aber nicht gezwungen fühle.

Als ich neben ihm auf der Bank sitze legt er die andere Hand in meinen Nacken.

Noch immer gibt er mir das Gefühl, dass ich mich jederzeit zurückziehen könnte. Nur möchte ich es gar nicht.

Ich blicke zu ihm auf, während er immer dichter kommt. Bis sich unsere Lippen sanft berühren.

Dem einen kurzen folgen weitere bis ich den Mut aufbringe und seine Lippen mit meiner Zunge berühre. Was als ein vorsichtiges Lecken beginnt wird schnell heftiger und heißer bis sich unsere Zungen duellieren. Während die eine Hand von Nico meinen Nacken stützt, liegt die andere mittlerweile auf meinem unteren Rücken und er drückt mich gegen seinen viel zu heißen Körper.

Ein Räuspern lässt uns auseinander rutschen und mit rotem Kopf sehe ich Dad an, der in der Küchentür steht. Zuerst ist sein Blick skeptisch, als er ihn zwischen mir und Nico schweifen lässt. Dann schleicht sich ein Lächeln in sein Gesicht.

„Lasst euch nicht von Mutter erwischen.“ Zwinkert er uns zu und verschwindet in der anliegenden Vorratskammer. Als er wenige Augenblicke später mit einem Karton wieder raus kommt, sitzen wir noch immer wie versteinert am Tisch. Dad schüttelt nur lachend den Kopf und verlässt den Raum.

Nico greift wie selbstverständlich nach meiner Hand und streichelt mit dem Daumen über das Gelenk.

„Wissen deine Eltern, dass du Schwul bist?“ Bei der direkten Frage erröte ich. Das scheint im Moment eine Dauerfärbung zu sein.

„Wir haben nie darüber geredet, aber nach Dads und Mimis Reaktion haben sie mehr gewusst als ich selbst.

„Wie meinst du das?“

„Naja“, ich druckse etwas rum und versuche mich vor dem Thema zu drücken. Nico drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

„Ich bin zu Klein und zu Kränklich um von anderen gesehen zu werden.“

„Das ist Blödsinn.“ Fällt mir Nico ins Wort. „Du bist einfach nur nie der richtigen Person begegnet.“ Durch meinen zu langen Pony schiele ich hoch zu Nico. Er streicht mir die Haare aus dem Gesicht, legt die Hand unter mein Kinn und hält mich so in Position um mich wieder küssen zu können. Das trappeln von Pfoten und Stimmen die lauter werden, lassen uns wieder von einander lösen.

„Wir sollten wirklich den Ort wechseln.“ Benommen nicke ich und beiße mir auf die Unterlippe. Als Antwort stöhnt Nico auf und schließt kurz die Augen.

„Bleibt ihr noch zum Abendessen?“ Fragt Dad bevor er die Küche betritt, um uns so vorzuwarnen.

3

 

  • Da auch Nico zu Fuß auf den Hof gekommen ist, gehen wir nach dem Essen gemeinsam in die kleine Stadt zurück.

„Darf ich…“

„Magst du…“ Wir beginnen gleichzeitig zu reden und müssen lachen.

„Wenn du möchtest würde ich gerne noch mit zu dir kommen.“ Ohne eine Antwort zu geben ergreife ich seine Hand und ziehe ihn mit ins Haus. Ich habe eine gemütliche Ein-Zimmer-Wohnung mit großer Wohnküche, Duschbad und Schlafzimmer. Da ich die meiste Zeit entweder in der Uni bin oder bei meinen Eltern reicht das aus. Verlegen beobachte ich Nico, wie er durch die kleine Wohnung geht.

„Du bist sicher anderes gewöhnt.“ Versuche ich mich zu erklären.

„Du meinst zehn Zimmer, Pool und großen Garten?“ Er kommt zu mir und nimmt mich in den Arm. „Ja ich kenne andere Dimensionen. Aber glaub mir, hier gefällt es mir am besten.“ Wie von selbst hebe ich den Kopf um ihn anzusehen. Leicht legt er eine Hand an meine Wange, beugt sich zu mir hinunter und küsst mich so zärtlich das mir schwindlig wird und ich mich gegen Nico lehne.

Benjo unterbricht den Kuss, da er sich zwischen uns drängt. Wenn er nicht kurz darauf seinen Napf geholt hätte, hätte ich gedacht, dass er eifersüchtig wäre.

„Entschuldige Junge. Ich weiß du hast Hunger.“ Im Augenwinkel sehe ich, wie sich Nico auf die Eckbank setzt und mich lächelnd beobachtet. Dabei fährt er sich mit dem Finger immer wieder über die Lippen. Mich selbst ermahnend konzentriere ich mich auf die Zubereitung des Futters. Gemüse und Nudeln habe ich bereits abgekocht, so dass ich sie nur noch abwiegen brauch und frisches Fleisch dazu gebe. Von klein auf habe ich bei Benjo gebarft. Morgens bekommt er Trockenfutter und abends frisch. Immer unterschiedlich und je nach dem was ich bekomme.

„Hast du keine Angst, dass er aggressiv wird, wenn er rohes Fleisch bekommt?“ Fragt mich Nico als ich neben ihm auf der Bank sitze. Verblüfft sehe ich ihn an.

„Wieso sollte er? Ich finde, dass das eine Erziehungssache ist. Von klein auf bekommt er frisches. Jetzt ist er zwei. Ganz ehrlich sieht er aggressiv aus?“ Entschuldigend hebt Nico die Hände.

„Ich habe nicht viel Erfahrung mit Hunden und kenne es nur aus Erzählungen. Entschuldige.“

Wir sitzen uns gegenüber und ich muss einfach lachen. Nico sieht tatsächlich zerknirscht aus. Spontan beuge ich mich vor und küsse ihn auf die Nasenspitze.

„Ich kenne diesen Aberglauben und verzeihe dir.“

„Danke“, haucht er, während er mir einen Kuss auf die Stirn gibt.

Obwohl ich versuche es zu unterdrücken muss ich gähnen.

„Oh je ich halte dich ab und morgen musst du bestimmt wieder zur Uni. Ich sollte besser gehen.“

Für einen Moment überlege ich ihn zu bitten hier zu bleiben. Aber ich sage nichts. Stehe wortlos auf und räume die Gläser weg, die ich vorhin auf den Tisch gestellt habe, als ich mich zu ihm gesetzt habe.

„Sehen wir uns morgen?“ Fragt Nico von der Tür aus.

Stumm nicke ich nur. Mir fehlen gerade einfach die Worte. Er sieht mich lange an. In seinem Blick erkenne ich Zerrissenheit. Gerne würde er mich Umarmen, Küssen und keine Ahnung was. Aber er tut es nicht. Nickt mir noch einmal lächelnd zu und geht.

Warum fühlt es sich gerade so falsch an? Ich rutsche an der Wand, an der ich stehe, zu Boden. Ich fühle mich wie betäubt, selbst das sich Benjo zu mir legt realisiere ich erst um einiges später.

Irgendwann in der Nacht schleppe ich mich ins Bett. Doch komme ich nicht zum Schlafen. Immer wieder taucht die Pferdeerscheinung in meinen Träumen auf. Oder Nico, aber nie beide auf einmal.

 

Verwirrt, zerschlagen und hundemüde stehe ich am nächsten Morgen auf.

Mit Benjo gehe ich nur eine kleine Runde. Er wird später von einem aus der Familie zum Hof gebracht, wo ich ihn abends wieder abhole.

Nach dem Frühstück gehe ich zur Uni. Oder besser gesagt gehe ich zum Bus, denn ich muss vierzig Kilometer in eine größere Stadt fahren. Ich habe das Glück, dass ich nur montags zur Uni muss. Alles andere funktioniert über das Internet.

 

Der Tag zieht sich. Neben Vorlesungen habe ich noch etliche Professorengespräche, wo ich die Aufgaben für die Woche bekomme und die Arbeiten der letzten Woche korrigiert werden.

 

Als ich abends zurück bin, ist es schon dunkel. Nach der letzten Nacht und dem Tag an der Uni möchte ich nur noch schlafen. Ich weiß das es Benjo gut geht, daher beschließe ich ihn auf den Hof zu lassen und nach Hause zu gehen.

Ich schreibe Mimi eine kurze Nachricht, schalte das Handy auf Stumm und falle angezogen ins Bett.

 

Wie durch Watte höre ich immer wieder ein Bellen, Kratzen, Klopfen und Rufen. Ich versuche es zu verdrängen. Doch etwas drängt mich dazu aufzuwachen.

Hustend und nach Luft schnappend drehe ich mich auf die Seite.

„Benjo“, warum ist mein Hund nicht da? Die Uni, der Hof. Panisch taste ich nach meinem Spray, was nicht auf dem Nachtschrank liegt.

Ich erschrecke mich, als im nächsten Moment mir jemand das Spray an den Mund hält. Mit beiden Händen greife ich danach und pumpe drei Stöße bis sich die Atmung wieder beruhigt.

„Hier, trinke langsam.“ Eine Flasche wird mir in die mittlerweile leere Hand gedrückt.

„Woher…“, ich muss husten und beruhigend wird mir über den Rücken gestrichen.

„Benjo ist sehr unruhig gewesen. Dein Vater hat mir deinen Schlüssel gegeben und ich bin hier her. Scheinbar genau rechtzeitig. Was ist passiert?“ Nico hat mich in eine sitzende Position gebracht, so dass ich mich an ihn anlehnen kann. Die Anspannung fällt sofort von mir ab und ich kann erleichtert durchatmen.

„Du hast mir Angst eingejagt Zwerg.“ Der Arm liegt warm um meinen Rücken und ich kuschle mich an ihn.

„Wenn du da bist, geht es mir besser.“ Flüstre ich und verdecke das Gesicht in seinem Shirt.

„Mir geht es genauso.“ Nico möchte noch mehr sagen, das spüre ich, aber er schweigt.

4

  • Seit dem ich Nico begegnet bin, ist es die erste Nacht wo ich tief und friedlich schlafen kann. Als ich erwache bin ich umhüllt von einer wohltuenden Wärme und einem festen Körper, der mich schützend an sich zieht.

„Guten Morgen Zwerg.“ Nicos Stimme ist rau und verschlafen, was mir eine Gänsehaut bereitet. Zusammen mit der Hand auf meinem Bauch und dem heißen Atem in meinem Nacken. Leise stöhnend schmiege ich mich noch enger an ihn. Nico lacht leise und drückt mir sanfte Küsse und leichte Bisse auf die Schulter.

„Heut Abend“ raunt er und dreht mich auf den Rücken. Sofort ist er über mir und küsst mich, bis wir beide nach Luft schnappen müssen.

„Kommst du mit auf den Hof? Ich würde mich besser fühlen, wenn du in meiner Nähe bist.“

Wie kann dieser Mann nur nach so wenigen Tagen mir so unter die Haut gehen? Ich ertrage es kaum auch nur wenige Stunden getrennt von ihm zu sein. Der Tag an der Uni ist eine absolute Qual gewesen.

Lächelnd nicke ich ihm zu und lege meine Hände an sein Gesicht um ihn küssen zu können.

„Guten Morgen“, flüstre ich anschließend, was uns beide lachen lässt. Wir schmusen noch eine ganze Weile, streicheln und küssen uns und erkunden so den Körper des anderen.

Benjo unterbricht uns, ehe wir zu weit gehen können.

„Mach du dich in Ruhe fertig. Ich werde eine Runde mit ihm drehen und Brötchen mitbringen.“ Bietet Nico wie selbstverständlich an.

Misstrauisch beobachte ich die beiden. Aber da Benjo Nico zu akzeptieren scheint und auf ihn hört, lasse ich sie gehen und begebe mich für eine Dusche ins Bad.

 

Ich habe gerade den Frühstückstisch fertig gedeckt und das Wasser in die Tassen gegossen, als die Wohnungstür aufgeht.

„Frische Brötchen!“ Nico legt sie auf die Anrichte und gibt mir einen Kuss aufs Haar bevor er sich die Jacke auszieht. Auch das Futter für Benjo steht schon bereit, so dass wir gemütlich essen können.

 

Nico scheint sich wirklich für mich zu interessieren. Er fragt nach der Uni, meiner Hobbies und Gewohnheiten. Im Gegenzug erzählt er von sich.

Nur werde ich das Gefühl nicht los, dass er etwas verheimlicht.

„Nico du weißt hoffentlich, dass du mir alles sagen kannst.“ Ich beobachte ihn aufmerksam, wie er das Brötchen zur Seite legt und mit einem Schluck Tee den Mund leert.

„Zwerg glaube mir, ich würde dir blind vertrauen. Du magst es vielleicht noch nicht verstehen, aber bald. Habe bitte etwas Geduld. Mit mir und mit uns beiden.“

Er hat währenddessen seine Hand auf meine gelegt und zeichnet irgendwelche Symbole auf meinen Arm. Ich nicke etwas abgelenkt von seinem tun.

„Ich möchte dir glauben und vertrauen. Ich weiß nicht was es ist oder wie ich es beschreiben soll. Ich…“

„Sch… Du brauchst es nicht aussprechen. Ich weiß genau was du meinst. Glaube mir Kleiner, mir geht es genauso wie dir.“

Benjo unterbricht im richtigen Moment unsere Zweisamkeit. Bevor das Schweigen zu peinlich wird stehe ich auf und räume den Tisch ab.

„Gehen wir zusammen zum Hof?“ Frage ich schließlich, da ich die Stille nicht mehr aushalte.

„Leider nicht. Ich muss noch kurz ins Hotel um mich umzuziehen. Aber danach komme ich direkt nach.“

Ich weiß nicht warum, aber ich bin enttäuscht.

„Okay“, seufze ich und greife nach meiner Jacke und der Leine.

Nico legt von hinten die Arme um mich und haucht mir einen Kuss in mein Haar.

„Ich würde gerne eine Tasche packen, aber ich möchte dir nicht zur Last fallen. Weißt du Zwerg, wir kennen uns gerade erst ein paar Tage und ich möchte nichts überstürzen.“

Ich versuche mich in der Umarmung umzudrehen, aber Nico hält mich fest.

„Bitte“, sofort lässt er mich los und ich drehe mich um, um meine Hände an sein Gesicht zu legen und ihn anzusehen.

„Bitte bring eine Tasche mit. Seit wir uns begegnet sind kann ich nicht schlafen, wenn du nicht da bist. Es klingt kindisch und naiv, aber…“

Bevor ich den Satz beenden kann liegen Nicos Lippen auf meinen und seine Zunge gleitet sanft durch die Lippen in meinen Mund.

„Ich muss los.“ Heftig atmend lehnt sich Nico zurück, legt eine Hand an meine Wange und lächelt.

„Ich beeile mich, versprochen.“ Damit gibt er mir noch einen Kuss auf die Stirn und verschwindet.

„Oh man Benjo was ist nur los mit mir?“ Benjo sieht mich mit schiefgelegten Kopf an. Blickt zur Tür und kratzt gegen das Holz. „Ich habe es verstanden großer.“ Ich befestige die Leine an seinem Halsband, nehme meinen Rucksack mit meinen Hausarbeiten und öffne die Tür.

 

∞∞∞∞∞∞∞∞∞∞

 

Ich sitze in meinem alten Kinderzimmer in der Arbeit vertieft. Um meiner Familie aus dem Weg zu gehen habe ich mich direkt nach der Ankunft hierher verzogen. Es muss ja nicht sein, dass ich mit irgendwelchen Fragen gelöchert werde.
„Hey Zwerg es ist schon Mittag vorbei.“ Ein Tablett wird auf den Tisch abgestellt. Kurz darauf liegen warme Hände auf meinen Schultern.

„Was?“ Verwundert blicke ich nach oben, direkt in Nicos Augen. „Oh hey“, lächle ich und lehne den Kopf nach hinten.

„Du bist total versunken. Deine Mum hatte dich einige Male gerufen. Sie ist auch bei dir gewesen, aber du hast kein bisschen reagiert. Ist die Arbeit so…“ Nico wirft einen Blick auf meine Unterlagen. „Oh okay ja. Kein Wunder.“ Ohne zu Fragen nimmt er mir den Stift aus der Hand und zieht mich vom Stuhl direkt in seine Arme.

„Jetzt wird erstmal gegessen. Du brauchst eine Pause.“ Bestimmt drückt er mich aufs Sofa und schiebt das Tablett vor mir auf den Tisch.

„Danke“, ich kann das Lächeln nicht unterdrücken.

Nico nimmt sich den Bürostuhl und setzt sich mir gegenüber. Mein Lächeln verblasst bei seinem nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Was ist los Nico?“ Den Bissen, den ich gerade genommen habe, bleibt mir im Hals stecken und gierig trinke ich das halbe Glas Wasser leer, was Nico mitgebracht hat.

Nico starrt vor sich auf den Tisch, scheint in Gedanken ganz woanders zu sein.

Ich umrunde den Tisch und knie mich neben den Stuhl, so dass ich Nico von unten ansehen kann. Behutsam lege ich eine Hand auf sein Bein und übe solange druck aus, bis er mich ansieht.

Traurig lächelnd legt er eine Hand auf meinen Kopf.

„Alles ist gut Zwerg.“ Doch seine Augen und der Klang der Stimme strafen seine Worte lügen.

„Ich möchte dir helfen Nico. Lüg mich nicht an!“ Sanft wuschelt er mir durchs Haar.

„Es ist nichts worüber du dir sorgen machen brauchst. Egal wann, wo oder wie, musst du nur eines wissen. Ich werde dir nie Schaden zufügen. So gut es geht werde ich immer dafür sorgen, dass du beschützt wirst.“ Irritiert sehe ich Nico an.

„Wovon redest du? Nico was ist los?“ Er schüttelt jedoch den Kopf und zieht mich hoch und auf seinen Schoss. „Nico du machst mir Angst!“ Flüstre ich leise in seine Halsbeuge. Da wo ich mein Gesicht vergraben habe. Beruhigend streicht Nico über meinen Rücken und wiegt uns leicht vor und zurück.

„Ich werde dich mit meinen Leben beschützen, das schwöre ich bei allem was mir wichtig ist.“

Durch Nicos Hände, die sich unter meiner Kleidung befindet und seinen Lippen werde ich soweit abgelenkt, dass ich nicht mehr klar denken kann und für den Moment vergesse, was Nico gesagt hat.

 

5

  • Eine Woche ist seitdem Meine Eltern sind vor zwei Tagen in den Urlaub gefahren und ich sitze in der Uni.

Nico bemüht sich sehr, ein fröhliches Gesicht zu machen, aber ich spüre, dass ihn irgendetwas bedrückt, worüber er nicht sprechen möchte.

Meine Gedanken schweifen ab und ich bekomme nur am Rand mit, worüber der Professor redet. Zum Glück habe ich meine Arbeiten bereits abgegeben und die neuen Aufgaben bekommen. Ich müsste nicht hier sein, aber wenigstens einmal in der Woche genieße ich das normale Unileben.

 

Ein Kribbeln breitet sich in meinem Nacken aus, schleicht sich die Wirbelsäule hinunter bis in die Zehen- und Fingerspitzen. Unruhig blicke ich mich um. Etwas stimmt nicht, aber ich kann den Finger nicht drauf legen.

Wie ferngesteuert stehe ich vom Platz auf und stürme aus dem Zimmer. Das Kribbeln nimmt zu, meine Atmung ist beschleunigt.

Der Ausgang aus dem Gebäude kommt näher, gleichzeitig habe ich jedoch das Gefühl, als wenn er sich immer weiter entfernt.

Ich bekomme keine Luft mehr, aber eine unheilvolle Vorahnung lässt mich weiter rennen.

Ich strecke die Hand aus um nach der Tür zu greifen, nur geht der Griff ins Leere. Die Tür wird von außen aufgezogen und jemand erscheint im Licht. Ich kann nicht erkennen wer es ist. All meine Sinne sind auf die Gefahr gerichtet, die hinter mir auftaucht. Alles verschwimmt, ich kann nicht mehr richtig sehen und außer einem Rauschen höre ich auch nichts mehr.

Jemand ergreift meinen Arm. Ich versuche mich aus dem Griff am Oberarm zu befreien, doch ich bin zu schwach. Wie aus dicker Watte höre ich meinen Namen, doch kann ich nicht mehr reagieren.

Für meinen Körper ist alles zu viel und es wird schwarz und still um mich herum.

 

∞∞∞∞∞∞∞∞∞∞

 

„Ich habe dir gesagt, dass du ihn in Ruhe lassen sollst.“

„Hör auf mich anzuschreien. Wieso spielst du dich eigentlich so auf? Es ist ja nicht so, dass ich etwas von deinem Menschen will.“

Die Worte kommen gedämpft in mein Bewusstsein und ich habe Probleme den Inhalt zu verstehen.

„Es ist mir egal ob du etwas willst oder nicht. Du hast die Pfoten von ihm zu lassen.“

„Hey das ist eine Beleidigung. Ich bin nicht derjenige der Pfoten oder Hufe hat. Ich habe nur Flügel.“

„Idiot“, zischt der Erste.

 

Ich versuche still zu liegen, doch etwas muss mich verraten.

„Tristan“, sanft streift eine Hand über meine Stirn.

„Nico“, verwundert öffne ich die Augen. Wie passt das Gehörte mit Nico zusammen?

„Es tut mir leid Zwerg. Ich werde dir alles erklären. Du musst mir nur versprechen, dass du keine Angst vor mir haben wirst.“

Warum…

Die Verunsicherung scheint mir im Gesicht zu stehen.

„Glaub mir, egal was ich dir erzähle, ich werde dir nie etwas tun. Tristan du kennst mich bereits.“

„Ich weiß, dass du etwas vor mir geheim hältst. Wenn es das ist, was du mir sagen möchtest, dann…“ Ich muss den Kloss im Hals hinunter würgen um weiter sprechen zu können. „Dann vertraue ich dir Nico.“ Dankbar lehnt Nico seine Stirn an meine.

„Danke.“

 

„Ich werde euch Turteltauben dann mal alleine lassen.“ Ertönt die zweite Stimme die ich gehört habe. Unwillkürlich zucke ich zusammen. Sofort ergreift Nico meine Hand, während er sich dem Fremden zuwendet.

„Verschwinde!“ Knurrt er den Mann an, was diesen Lachen lässt. Kurz darauf fällt eine Tür ins Schloss. Erleichtert atmet Nico durch und dreht sich zurück zu mir.

„Wer war das?“ Frage ich das Erste, was mir einfällt. Nico seufzt.

„Mein nerviger großer Bruder. Es tut mir leid, dass er dich erschreckt hat.“ Langsam schüttle ich den Kopf.

„Er hat mich nicht erschreckt. Nicht so richtig. Es ist mehr was ihr beide gesagt habt, was mich verunsichert.“

Verlegen, weil ich gelauscht habe, senke ich den Blick.

„Darf ich dich in den Arm nehmen?“ Nico ist verunsichert. Eine Eigenschaft, die ich noch nie bei ihm erlebt habe. Ich rutsche in dem fremden Bett etwas zur Seite.

„Wo sind wir?“ Das ist kein Zimmer was ich kenne und für ein Hotel ist es zu dunkel eingerichtet. Die Wände sind weinrot mit goldenen Ornamenten, die Möbel schwarz. An einer Wand steht ein fast zwei Meter langes Bücherregal, welches bis zur Decke reicht. Davor, mit dem Rücken zu dem Regal, steht ein dunkler Dreisitzer. Gegenüber vom Bett steht eine Kommode mit einem Flachbildfernseher und an der letzten Wand hängen dunkle Vorhänge. Neben der Kommode geht eine Tür ab.

„Wir sind bei mir zu Hause. Oder besser gesagt bei meiner Familie. Mein Bruder hat dich in der Uni gefunden und hier her gebracht.“

Mit einem Schlag kehrt die Erinnerung zurück.

Das Gefühl der drohenden Gefahr, meine Unfähigkeit zu reagieren. Jemand der mich festhält.

Nico drückt mir mein Spray in die Hand, was ich mehrmals benutze, bis ich wieder leichter atmen kann.

Mittlerweile sitzt er neben mir und zieht mich an seine Seite.

„Du wurdest gejagt und Bastian hat dich mehr oder weniger gerettet. Ich weiß nicht warum, aber man ist auf dich aufmerksam geworden. Es tut mir leid, ich wollte dich nicht in Gefahr bringen.“

„Gefahr? Gejagt?“ Nico drückt mich fester an sich und ich lege meinen Arm um seinen Bauch.

„Ich fang am besten ganz vorn an. Bitte höre dir alles an und habe keine Angst vor mir. Egal wie bizarr das alles auch klingen mag.“ Ich will etwas abrücken und ihn ansehen, doch Nico lässt es nicht zu.

„Okay“, sage ich schließlich. Nico holt noch einmal tief Luft, dann beginnt er.

„Meine Familie ist alt. Wenn ich von Alt spreche, meine ich nicht viele Generationen oder so. Unsere Lebensspanne ist größer als bei Menschen.“

Nur widerwillig gibt er mich frei, als ich mich von ihm wegdrücke um ihn anzusehen.

Ganz deutlich ist die Unsicherheit in seinem Blick zu sehen. Behutsam lege ich eine Hand an seine Wange.

„Was seid ihr und wie alt bist du?“ So unglaublich sich das anhört, aber ich fühle das Nico die Wahrheit spricht und auch das ich niemals Angst vor ihm haben muss.

„Dreihundertsiebenundzwanzig Jahre. Wir gehören den Dämonen an.“ Mit angehaltenem Atem wartet er auf eine Reaktion von mir. Lange sehe ich ihm in die Augen bis ich leicht nicke und meinen Kopf auf seine Brust zurücklege.

Langsam legt er wieder seinen Arm um mich und holt tief Luft.

„Was für Dämonen seit ihr?“

„Das kann niemand so genau sagen. Wir kennen unsere Eltern nicht. Alle die in diesem Haus leben sind Hybriden. Die meisten in erster Generation, aber auch einige in zweiter und sogar dritter. Das aussehen, die Eigenschaften und Fähigkeiten vermischen und verändern sich. Bastian, mein Bruder…“,  Ich falle ihm ins Wort, weil ich das Gehörte nicht verstehe.

„Woher weißt du, dass ihr Brüder seid?“ Er lacht und schüttelt nur den Kopf.

„Das wirst du wissen, wenn du uns beide zusammen siehst. Jedenfalls kann er sich in alle Tiere verwandeln die fliegen können. Gleichzeitig hat er die Fähigkeit fliegende Geräte zu manipulieren und die Kontrolle zu übernehmen. Ich hingegen kann nur die Form von Huftieren annehmen. Dafür kann ich mit jedem Tier kommunizieren.“

„Das Einhorn!“ Ich richte mich so ruckartig auf, dass es in meinem Nacken zieht und knackt. „Au verdammt!“ Ich reibe mir die schmerzende Stelle und sehe Nico in die Augen.

„Im Wald, das schwarze Einhorn. Das…“

Er lächelt leicht und nickt schließlich. „Ich habe gedacht, dass ich es mir nur einbilde.“

„Nein das bin ich gewesen. Als ich dich das erste Mal gesehen habe, da… wie soll ich sagen?“

Ich lege den Kopf zurück auf seine Brust und male mit der Hand irgendetwas auf seinem Bauch.

„Weißt du, ich liebe diese Fantasygeschichten. In denen es um Gefährten und sowas geht. Irgendwie habe ich immer von genau sowas geträumt. Also nicht von Fantasy. Ich habe immer gedacht, dass es nur Fantasie ist. Aber Gefährten, Menschen die füreinander bestimmt sind.“

„Was wäre, wenn es dass bei uns so wäre?“ Nico stellt die Frage nur vorsichtig.

„Auch wenn ich noch nicht alles verstehe, aber es wäre wundervoll.“ Wieder richte ich mich auf und lege eine Hand an seine Wange. „Ich spüre, dass wir zusammen gehören. Das da mehr zwischen uns ist. Ich weiß, was du fühlst und denkst. Ich…“ Ich schüttle den Kopf. „Ich liebe dich Nico und auch wenn viele sagen würden, dass es zu früh ist, weiß ich, dass es richtig ist. Mir geht es besser wenn du bei mir bist und…“ Weiter komme ich nicht, da Nico mich mit einem Kuss unterbricht, der mich alles vergessen lässt. Alles ist egal, nur noch Nico zählt.

„Verdammt Zwerg, dass ist das schönste was du sagen kannst.“ Unser beider Atmung geht noch viel zu schnell. Nico legt seinen Kopf auf meine Schulter und leckt mir den Hals entlang, was mich schaudern lässt.

 

Genau in diesem Moment klopft es an der Tür. Wir versuchen es beide zu ignorieren, doch das Klopfen wird zum Hämmern.

„Was?“ Nico hat sich zurück gelehnt, hält mich weiter in seinen Armen, als die Tür aufgeht und ein Hühne von Mann hineinstürmt.

„Es tut mir leid Boss, aber das solltest du dir anschauen.“

„Warum ich? Wo ist Bastian?“

„Er hat nach dir geschickt.“ Fluchend steht Nico vom Bett auf und hält mir seine Hand entgegen, die ich sofort ergreife. Der Fremde schaut von einem zum anderen und lächelt.

„Meinen Glückwunsch Boss.“

„Wie oft soll ich noch sagen, dass ihr mich so nicht nennen sollt.“ Nico versucht wütend zu klingen, aber ich erkenne den Stolz, der darin mit schwingt.

„Jedes Mal wenn du hier bist, seit ungefähr zweihundert Jahren, Boss. Aber du weißt, dass sich das nie ändern wird.“ Auch der Hühne scheint nicht sonderlich eingeschüchtert, auch wenn Nico ihn so angeschnauzt hat.

„Oh man Berthold du schaffst mich.“ Nico schlägt dem Mann lachend auf die Schulter, während ich die Zimmertür schließe. Danach zieht mich Nico sofort wieder in eine Umarmung.

Das Zimmer in dem wir uns befunden haben, liegt im dritten Stock. Zumindest nach den ganzen Treppen zu urteilen, die wir hinunter gehen. Die beiden Männer unterhalten sich auf dem Weg. Ich habe etwas abgeschaltet und hänge meinen Gendanken nach. Wenn mich Nico nicht führen würde, wäre ich in dem großen Haus wahrscheinlich verloren gegangen.

 

„Hey alles in Ordnung Zwerg?“ Nico sieht mich besorgt an.

„Was? Tut mir leid. Ja es ist alles in Ordnung.“ Nicos Blick ist noch immer skeptisch. Ich versuche ihn zu beruhigen und lege eine Hand an seine Wange und Lächle. „Es ist alles noch so ungewohnt.“ Gestehe ich schließlich leise.

„Aber du hast keine Angst jetzt vor mir oder?“ Wieder diese Unsicherheit in seinem Blick. Entschlossen schüttle ich den Kopf.

„Nein ich habe keine Angst. Trotzdem brauche ich etwas um das alles zu verstehen. Weißt du, zu hören zu bekommen, dass es Dämonen gibt ist schon skurril.“

„Ich weiß und es tut mir leid, dass du es auf diese Art erfahren musstest.“

„Aber du hättest es mir gesagt oder?“ Jetzt bin ich verunsichert.

„Zwerg du bist der Meine. Ich hätte nur gerne einen anderen Moment dafür gewählt.“ Bevor ich etwas sagen kann beugt Nico sich zu mir. Der Kuss ist zärtlich und weckt ein Feuer in mir, das ich so noch nie erlebt habe.

Es kostet einiges an Selbstbeherrschung mich von Nico zu lösen. Ihm scheint es genauso zu gehen wie mir.

„Ich unterbreche euch ja nur ungern, aber Nico beweg deinen Arsch endlich hier rein.“ Das ist die Stimme von vorhin. Als ich mich umdrehe steht ein genaues Ebenbild von Nico vor uns. Jetztverstehe ich, warum sie wissen, dass sie Brüder sind.

„Bastian was ist los?“ Nico dreht sich seinem Bruder zu und zieht mich fester an seine Seite.

„Es tut mir leid euch stören zu müssen. Aber du solltest dir etwas ansehen.“ Den Blick den mir Bastian zuwirft lässt mich zittern, was Nico wiederrum zum Knurren bringt. Beschwichtigend hebt Bastian die Hände.

„Ich glaube nur nicht, dass es etwas für deinen Menschen ist.“ In der Stimme schwingt eine Feindseligkeit mit, die mich dichter an Nico drängen lässt. Ohne ein weiteres Wort zu sagen hält mich Nico fest an seiner Seite, während wir in das Zimmer gehen.

Bastian stößt einen Seufzer aus und folgt uns.

In dem Raum stehen mehrere Computer und ein großer Monitor hängt an einer der Wände. Vier Männer arbeiten an den Geräten und lassen sich von unserem Erscheinen nicht aus der Ruhe bringen. Noch ist die Leinwand schwarz, aber kaum das die Tür ins Schloss fällt wird das Licht gedimmt und der Bildschirm erwacht zum Leben.

„Wir haben uns die Aufzeichnungen vom Campus angesehen.“ Erklärt Bastian.

 

Ich sehe mich selbst, als ich aus einen der Räume komme. Zielstrebig gehe ich auf den Ausgang zu. Doch scheine ich nach wenigen Metern auf der Stelle zu treten. Eine schwarze Wolke wabert um mich herum. Dann wird die Eingangstür geöffnet, ich werde am Arm gegriffen und hinaus gezerrt.

Eine andere Kamera wird abgespielt.

Derjenige der mich am Arm festhält ist Bastian. Er versucht mit mir zu einem Auto zu gehen, doch ich versuche mich zu befreien. Aus der Tür kommt eine Gestallt schnell auf uns zu. Wie ein nasser Sack sinke ich zu Boden und Bastian lässt mich los, um sich zwischen mir und dem Angreifer zu stellen. Kurz darauf verschwindet dieser und Bastian hebt mich auf und bringt mich zum Auto. Kurz darauf fährt er weg.

Wie gebannt starre ich noch immer auf die Leinwand, als sie bereits wieder schwarz ist. Meine Füße bewegen sich und kurz darauf werde ich in eine sitzende Position gedrückt.

Ich versuche zu verstehen was ich gesehen habe, aber das Gehirn weigert sich. Von meiner Umgebung bekomme ich nichts mit. Ich sehe immer nur die schwarze Wolke um mich herum.

Plötzlich habe ich das Gefühl wieder auf dem Unigelände zu sein. Meine Atmung wird immer unregelmäßiger und schneller. Ich habe das Gefühl nicht mehr genug Luft zu bekommen. Panik breitet sich aus. Mir wird etwas in die Hand gedrückt, aber ich lasse es fallen. Mein Kopf wird mir auf die Knie gedrückt, doch ich kämpfe dagegen an. Etwas trifft mich hart an der Wange und es brennt. Zweimal, drei… ich schüttle den Kopf und versuche zurück zu weichen, nur um an etwas Hartes zu stoßen. Sofort schlingen sich ein paar Arme um mich. Ich benötige noch einige Sekunden um zu realisieren, dass ich in Nicos Armen bin. Bastian hockt vor mir und hält mir mein Spray hin. Ich nehme drei Schübe und schließe die Augen.

„Bring den Menschen hier raus. Er macht uns nur Probleme.“ Faucht Bastian und sieht mich wütend an.

„Den Teufel werde ich. Tristan gehört zu mir und er bleibt wo ich bin.“

„Dann sorge dafür, dass er uns nicht im Wege ist.“

Nico holt Luft, als wenn er noch etwas sagen will.

„Nein Nico er hat Recht. Kannst du mich zum Hof bringen?“ Ich habe mich zu Nico umgedreht und als er etwas sagen will schüttle ich den Kopf. „Es ist okay. Mimi wird sich schon sorgen machen.“ Nico ist nicht zufrieden mit der Entscheidung, bringt mich jedoch nach Hause.

„Wenn etwas ist melde dich bitte Tristan. Ich werde versuchen so schnell es geht zurück zu kommen.“

„Versprochen!“ Ich stelle mich auf die Zehenspitzen um Nico einen Kuss zu geben.

Der Kuss ist viel zu kurz und hat einen faulen Beigeschmack. Irgendetwas stimmt an dieser ganzen Situation nicht. Ich bin überlegt nach Nico zu greifen, doch ich zwinge mich dazu ruhig stehen zu bleiben. Ich hoffe, dass Nico zu mir zurückkommt.

Erst nachdem Nico nicht mehr zu sehen ist, drehe ich mich um und gehe ins Haus.

Benjo liegt in meinem Zimmer vor dem Bett. Ich lasse meine Sachen aufs Bett fallen und gehe in den Stall um mich bei meiner Schwester zu melden.

„Wie ist es bei der Uni gewesen?“ Fragt sie mich aus dem Melkstand heraus.

„Alles okay. Ich habe einige Aufgaben und wollte ein bisschen hier auf dem Hof bleiben.“

„Okay dann wissen wir Bescheid. Wenn etwas ist, du weißt wo du uns findest.“ Ich nicke und gehe zurück in mein Zimmer.

Die Sachen auf den Schreibtisch gelegt, lege ich mich aufs Bett. Benjo gesellt sich zu mir und während ich ihn kraule, döse ich weg.

 

6

  • Es ist bereits eine Woche vergangen, in der ich nichts von Nico gehört habe. Neben den Uniarbeiten kümmere ich mich auch um den Hof. Bei meiner Schwester habe ich Nico entschuldigt. Ein Zwischenfall in der Familie. Naja ganz gelogen ist es ja scheinbar nicht. Zumindest hoffe ich es.

Müde strecke ich mich auf dem Bürostuhl. Normalerweise müsste ich ja zur Uni, aber nach dem was letzte Woche passiert ist, fröstelt es mich nur bei dem Gedanken. Ich schicke meinem Professor eine Mail mit meinen Arbeiten und entschuldige mich aus gesundheitlichen Gründen. Auch hier ist es nicht gänzlich gelogen.

Seit einer Woche schlafe ich nicht mehr. Würde meine Schwester mich nicht zum Essen drängen, würde ich auch das vergessen.

Benjo verlässt meine Seite nur noch im Notfall, ist aber auch dann nach wenigen Minuten zurück. Als spüre er, dass es mir nicht gut geht. Aber was denke ich, dafür ist er ja ausgebildet worden.

In dieser Woche habe ich nicht einmal das Haus verlassen.

Benjo scheint es genug zu sein. Während ich am Computer meines Vaters sitze kommt er mit meinen Schuhen ins Büro.

„Benjo nein.“ Ich versuche ihn zu ignorieren, doch lässt er sich nicht beirren. Aus meinem Zimmer holt er einen Pullover und meine Bauchtasche, in der sich alles Notwendige befindet, und legt es mir in den Schoss. Ich versuche ihn von mir zu schieben, doch Benjo bleibt stur.

„Nico“, keuche ich, als mir seine Fähigkeiten einfallen. Kurz drücke ich mein Gesicht in Benjos Fell und streichle ihn. „Danke“, flüstre ich und schiebe ihn sanft von mir. Benjo wartet bis ich angezogen bin und geht vor mir aus dem Haus.

Bereitwillig lasse ich mich von Benjo führen, auch wenn ich erahne wo er hingeht.

 

Nach einer halben Stunde sind wir auf der Lichtung, wo ich das Einhorn zum zweiten Mal gesehen habe. Erwartungsvoll blicke ich mich um, doch nirgendwo ist eine Spur zu entdecken.

„Benjo warum führst du mich ausgerechnet hier hin?“ Ich lasse mich an einem Baum zu Boden sinken, lege die Arme um meine angezogenen Knie und lege den Kopf darauf. Benjo legt sich so neben mich, dass eine Pfote auf meinen Fuß liegt.

 

Es ist friedlich hier und erschöpft schließe ich die Augen.

„Benjo lass mich.“ Ich reibe mir über das Gesicht, wo mich warme Luft streift. Ich spüre wie sich Benjo auf der anderen Seite von mir bewegt und öffne die Augen.

Die Berührung auf der Wange bleibt, während Benjo mich mit schief gelegtem Kopf ansieht. Langsam drehe ich mich zu der Berührung und sehe ein schwarzes Maul auf Augenhöhe. Ich glaube zu träumen, strecke vorsichtig eine Hand aus. Das Tier kommt mir entgegen und pustet warmen Atem in mein Gesicht.

„Nico“, frage ich vorsichtig und das Tier nickt, als hätte es mich verstanden. Ich springe auf und werfe mich an den Hals des Tieren. Warmes, schwarzes Fell kitzelt mein Gesicht. Nach etlichen Minuten entfernt sich das Tier einige Schritte, so dass ich ihn loslassen muss.

„Kannst du dich verwandeln?“ Noch bevor ich die Frage zu Ende gestellt habe, steht Nico anstelle des Tieres vor mir. Sofort stürze ich mich wieder auf ihn und schlinge meine Arme um seinen Körper.

„Alles ist gut. Es tut mir so leid, dass ich dich allein gelassen habe.“

„Du bist hier.“ Schniefe ich und drücke mein Gesicht in den Pullover. Sanft dirigiert mich Nico so, dass wir auf dem Boden sitzen, wobei ich auf seinem Schoss sitze. Seine Arme halten mich und während ich mich an seine Brust kuschle, ruht seine Wange auf meinem Kopf.

 

„Kommst du zurück?“ Ich frage nur zögernd, da ich Angst vor der Antwort habe.

„Ich hoffe bald.“ Ist auch zugleich seine Antwort, die mich nicht unbedingt beruhigt.

„Erzähl mir von ihm!“ Ich hoffe, dass Nico es tut, aber ich gehöre nicht in seine Welt, daher bin ich mir alles andere als sicher.

„Er ist ein Reinrassiger. Dementsprechend um einiges Stärker. Er muss uns schon eine Weile beobachtet haben, sonst hätte er dich nicht angegriffen.“

„Aber warum sollte er? Ich meine wir sind zwei Männer.“

„Wegen den Nachkommen!“. Irritiert von der Aussage richte ich mich etwas auf und sehe Nico an. „Du hast zwar Recht mit dem, dass wir zwei Männer sind, aber einige von uns können dennoch Schwanger werden.“

Am liebsten möchte ich widersprechen, aber Nico schaut mich mit so einer Dringlichkeit an, dass mir jedes Wort stecken bleibt.

„Du sagst, dass die Möglichkeit besteht, dass du Schwanger werden könntest, wenn wir zwei…“ Bei dem Gedanken steigt mir Hitze in die Wangen. Nico lacht und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

„Ja genau das will ich dir damit sagen.“ Er drückt mich wieder an seine Brust und legt die Arme um mich. „Aus diesem Grund bist du in Gefahr. Am sichersten wäre es, wenn du zu mir ins große Haus kommst. Aber ich möchte dich aus deiner Umgebung nicht rausreißen.“

„Ich möchte nicht, dass du in Gefahr gerätst. Wenn es sicherer ist zu dir zu kommen, dann möchte ich das. Die eine Woche ohne dich, sie…“ ein Schluchzer bricht sich bahn und ich vergrabe das Gesicht in Nicos Pullover. Beruhigend legt er eine Hand auf mein Haar.

„Ich überlege mir eine Regelung um dich zu beschützen. Du bedeutest mir alles Zwerg.“

Noch eine Weile sitzen wir schweigend zusammen, bis Benjo sich bellend bemerkbar macht.

„Pass auf dich auf Zwerg.“ Sanft legen sich Nicos Lippen auf meine. Dringt seine Zunge in meinen Mund und spielt mit meiner. Erst als Luft notwendig wird, lösen wir uns voneinander.

„Benjo wird mich warnen wenn etwas ist.“ Damit gibt mir Nico noch einen kurzen Kuss auf die Stirn und geht einige Schritte bis er sich verwandelt.

Vor mir steht ein wunderschönes, pechschwarzes Einhorn. Auch wenn ich es am liebsten streicheln möchte, zwinge ich mich dazu stehen zu bleiben. Das Tier gibt ein leises Schnaufen von sich, dreht sich um und verschwindet im Wald.

Noch eine ganze Weile starre ich auf die Stelle, wo es verschwunden ist. Bis Benjo mich am Ärmel meines Pullovers zieht.

„Du hast Recht Junge, lass uns zurückgehen.“

 

„Hey da bist du ja. Ist alles in Ordnung?“ Mimi steht mitten auf dem Hof und sieht mich erwartungsvoll an.

„Ja es ist alles gut. Benjo ist der Meinung gewesen, dass ich zulange im Haus gewesen bin.“

„Wo er Recht hat…“ Mimi lacht und streichelt Benjo, als wir bei ihr stehen.

„Ja ich weiß.“ Ich kann ihr den wirklichen Grund ja schlecht erzählen.

„Sag mal, hast du etwas von Nico gehört?“ Fragt mich meine Schwester wie nebenbei.

„Er versucht so schnell es geht wieder hier zu sein. Ihm ist mehr als unangenehm, dass ich alles übernehmen muss. Aber wenn ich Fragen habe, kann ich mich jederzeit an ihn wenden.“

Mimi scheint nicht sehr glücklich über die Situation zu sein, was ihre nächsten Worte auch bestätigen.

„Ich frage mich, warum Dad ihn eingestellt hat, wenn er doch nicht arbeitet.“

„Mimi“, schimpfe ich und sie zuckt sichtlich zusammen. „Er kann doch nichts dafür, wenn es familiäre Probleme gibt. Außerdem unterstützt er mich so gut es geht.“

„Entschuldige“ Mimi ist geknickt wegen meiner heftigen Reaktion. „Aber im Endeffekt ist es ja genau so, wie du es dir gewünscht hast.“

„Du weißt gar nicht was ich mir wünsche!“ Ich weiß nicht genau warum ich so heftig reagiere, da ich normalerweise der ruhige Typ bin. Ich spüre wie sich die Lungen verkrampfen, die Atmung fällt mir zunehmen schwerer. Benjo steht neben mir und berührt winselnd meine Hand. Mimis Blick wechselt von Überraschung auf besorgt. Doch was mich am meisten überrascht ist Benjo. Als meine Schwester mich berühren will, knurrt er sie an, so dass sie einen Schritt zurück tritt. Währenddessen habe ich bereits mein Spray benutzt. In dem Moment als ich zum Haus gehe, ist Benjo wieder dicht an meiner Seite.

Ja es stimmt. Zu Beginn bin ich alles andere als erfreut gewesen, als Nico auf dem Hof arbeiten sollte. Doch jetzt? Alles ist anders. Ich kann mir nicht vorstellen noch einmal so lange von ihm getrennt zu sein.

Bevor ich einen konkreten Plan habe, gehe ich ins Arbeitszimmer meines Vaters. Ich wähle Nicos Handynummer mit dem Festnetztelefon und während es klingelt rufe ich den E-Mail Account meines Vaters auf.

„Miller“

„Nico ich bin es Tristan.“

„Was ist passiert“, fragt Nico sofort alarmiert.

„Nichts, beziehungsweise noch nichts. Sag mal wie dringend bist du auf den Job hier auf dem Hof angewiesen?“

„Tristan wovon redest du?“ Geräuschvoll atme ich aus.

„Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit meiner Schwester. Deswegen frage ich. Ich habe die Idee jemanden als Ersatz für dich einzustellen und dann zu dir zu ziehen.“ Am anderen Ende der Leitung ist es so still dass ich glaube, dass Nico aufgelegt hat. Mit schrecken fällt mir auf was ich gesagt habe.

„I-ich mein natürlich nur wenn du es m-möchtest. Ich muss meinen eigenen Weg gehen und der ist nicht auf dem Hof. Ich kann auch nach Köln oder Berlin gehen oder Hamburg. Ich…“

„Stopp!“ Dröhnt Nicos Stimme durch die Leitung und lässt mich verstummen. „Zwerg ganz ruhig. Atme tief durch. Wenn du für dich entscheidest vom Hof weg zu gehen bin ich bei dir. Ich brauche den Job nicht wirklich. Halt mich auf dem Laufenden. Und Zwerg du bist hier bei mir immer herzlich willkommen.“ Mir fällt ein Stein vom Herzen und erleichtert atme ich durch.

„Danke.“ Am Ende der Leitung lacht Nico.

„Das du es immer noch nicht verstehst wie wichtig du mir bist, Liebling.“ Ich bin froh, dass Nico mich nicht sehen kann, denn so heiß wie meine Wangen glühen bin ich bestimmt knallrot. „Kümmere dich um Ersatz und dann melde dich, egal wie spät es ist.“

„Das mache ich und danke Nico.“ Ein Lachen begleitet mich, als ich auflege.

 

Die E-Mails von mehreren Bewerbern sind noch im Posteingang und so schau ich sie mir in Ruhe durch.

Was mich irritiert ist, dass Nico gar nicht die besten Präferenzen hat, aber nach genauerem durchlesen verstehe ich, warum mein Vater ihn vorgezogen hat. Genauso gewissenhaft studiere ich die anderen Bewerbungen. Nach einer Stunde und heftigen Kopfschmerzen habe ich mich für zwei Kandidaten entschieden, die ich treffen möchte.

Ich schreibe beiden die gleiche E-Mail und lade sie in zwei Tagen zu einem Besuch auf den Hof ein.

Am nächsten Tag…

Mimi gehe ich vorerst aus dem Weg. Ich weiß, dass sie meine Entscheidung nicht gut heißen wird, von daher stelle ich sie lieber vor vollendeten Tatsachen. Da meine Eltern noch vier Tage verreist sind, setze ich einige Schreiben auf, die dann nur noch unterschrieben werden müssen. Damit alles rechtlich abgesichert ist, fahre ich sogar zu einem Anwalt um die Schriftstücke überprüfen zu lassen.

Als ich am Abend im Bett liege, greife ich nach meinem Handy.

 

„Hey Zwerg ist alles in Ordnung?“ Werde ich von Nicos Stimme begrüßt. Kleine Stromblitze zucken über meinen Körper und lassen mich erschaudern.

„Hey ja alles in Ordnung. Ich wollte einfach nur deine Stimme hören.“ Nico gibt einen Ton von sich, der einem Schnurren gleicht und ich stöhne.

„Ich hätte dich jetzt viel lieber in meinem Arm, als am Telefon.“ Nico spricht mit so einer melodischen Stimme, die mich fast schweben lässt.

„Nur noch ein paar Tage.“ Bringe ich atemlos hervor. „Ich habe bereits alles organisiert und morgen zwei Bewerbungsgespräche.“

„Morgen schon? Was sagt deine Familie?“

„Sie wissen es noch nicht. Wenn ich jetzt schon etwas sage, versuchen sie es mir auszureden.“

„Und du bist dir sicher, dass es das ist was du möchtest?“

„Ja!“ Warum fragt Nico so etwas? Hat er es sich anders überlegt und will mich nicht mehr bei sich haben? Meine Atmung spiegelt meine Gefühle wieder. Sie wird flacher, schneller und abgehackter.

„Ganz ruhig Liebling. Ich möchte nur sichergehen, dass du es später nicht bereust. Ich möchte nicht, dass du unglücklich wirst.“ Die Worte beruhigen mich und ich nehme einen langen tiefen Atemzug.

„Entschuldige.“ Meine Reaktion ist mir peinlich.

„Alles ist gut Liebling. Ich werde dich nie von mir weisen, das verspreche ich dir.“

Benjo kommt zu mir ins Bett, was er nur sehr selten macht. Aber als könnte er spüren was mich bedrückt, legt er sich neben mir, so dass ich mich an ihn kuscheln kann.

„Schlaf etwas Zwerg und lass mich morgen wissen wie es gelaufen ist.“ Mit letzter Kraft lege ich auf und das Handy auf den Nachtschrank. Kurz darauf fallen mir bereits die Augen zu und ich schlafe ein.

7

  • Benjo ist am Morgen verschwunden. Gerade als ich aufstehe kommt er zurück in mein Zimmer.

„Guten Morgen Großer. Ich glaube ich könnte mich daran gewöhnen, dass ich mich an dich kuscheln kann. Zumindest wenn Nico nicht bei mir ist.“

Benjo steht vor mir und sieht mich mit schief gelegtem Kopf an. Auf ein Zeichen von mir kommt er ran und legt seinen Kopf in meinem Schoss.

 

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass die Besucher in zwei Stunden erscheinen. Ich mache mich im Bad fertig und in der Küche nehme ich mir einen Tee und mach mir ein Toast fertig, nachdem ich Benjo gefüttert habe. Mimi und ihr Mann sind um diese Uhrzeit bereits im Stall beschäftigt.

Benjo  kündigt das Erscheinen von Fremden an. Ich fahre den PC runter, an dem ich mir Infos über beide Bewerber noch einmal angesehen habe und gehe vor die Tür.

Benjo kommt direkt zu mir und während ich eine Hand auf seinen Kopf lege, steigen aus zwei Fahrzeugen insgesamt drei Leute aus.

Der Mann aus dem Geländewagen kommt mit zügigen Schritten auf mich zu. Herablassend schaut er mich über seine Brille an.

„Ich nehme an sie sind Herr Wiegandt Junior.“ Er reicht mir die Hand und nach einem laschen Händedruck zieht er sie sofort zurück und wischt sich die Hand an der Anzugshose ab.

Mittlerweile sind die anderen beiden zu uns aufgeschlossen.

„Guten Tag, ich freue mich, dass Sie alle so kurzfristig erscheinen konnten.“

Ich reiche zuerst der Frau und dann dem Mann die Hand.

„Ich danke Ihnen sehr für die Möglichkeit.“ Berichtet die Frau voller Elan. Der Mann versucht sie etwas zu bremsen, was ihm nicht wirklich gelingt.

„Kommen Sie, ich zeige Ihnen zuerst den Hof.“

„Warum das? Ich dachte es geht um Büroarbeit? Was soll ich dann bei den Viechern?“ Mit hochgezogener Augenbraue sehe ich den Anzugträger an.

„Aber Sie müssen doch wissen, für wen Sie etwas machen.“ Kommt mir die Frau zu Hilfe. Lächelnd drehe ich mich um und gehe zum Stall. Der Anzugträger, ich schätze ihn auf Ende Dreißig, läuft langsam und ist nur darauf bedacht sich nicht dreckig zu machen. Die junge Frau ist Ende zwanzig und hat seit drei Jahren ihren Abschluss. Sie und ihr Mann haben vor vier Monaten geheiratet. Unauffällig legt sie eine Hand auf ihren Bauch. Sie berichtet auch, dass ihr Mann das gleiche Studium vor fünf Jahren abgeschlossen hat, es aber bevorzugt körperlich zu Arbeiten.

„Ich lasse mich nicht so von Ihnen an der Nase herumführen. Wo ist der Chef wegen des Gesprächs?“

„Entschuldigen Sie, aber der Chef bin in diesem Fall ich. Ich habe Sie angeschrieben und eingeladen. Ich zwinge Sie nicht hier zu arbeiten und unter den gegebenen Voraussetzungen, denke ich, dass Sie vielleicht in eine Großstadt sollten und nicht auf einen Hof. Guten Tag.“ Damit wende ich mich dem Pärchen zu und bedeute Ihnen mir zu folgen.

In dem Moment als wir von der Weide kommen fährt der Mann mit viel zu hoher Geschwindigkeit vom Hof.

„Tristan was ist hier los?“ Mimi kommt aus dem Stall und sieht mich irritiert an.

„Michelle darf ich dir Frau Kleister und ihren Mann vorstellen. Ich habe Sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.“

„Du hast was?“ Michelle begrüßt die beiden und funkelt mich an.  „Kommst du mal kurz!“

„Sicher. Gehen Sie sich ruhig den Stall ansehen. Ich bin in ein paar Minuten wieder da.“

Nachdem das Pärchen ins Gebäude verschwunden ist, holt Michelle Luft. „Bevor du etwas sagst, hör mir zu. Ich habe dir gesagt, dass ich eine Alternative suchen werde. Und hier sind sie. Zwei zum Preis von einem.“ Mimi ist sprachlos und sieht mich entgeistert an. „Sie ist die Hauptperson, aber auch er hat seinen Abschluss. Schau sie dir im Umgang mit den Tieren an. Ich habe ein gutes Gefühl bei den beiden.“

„Du meinst es wirklich ernst oder? Wie soll es dann weiter gehen?“

„Ich denke, dass ich beide in die Programme einführe und ihnen einen gemeinsamen Vertrag anbiete. Danach werde ich zu Nico gehen.“

„Halt warte mal. Wie meinst du das mit gehen? Meinst du ziehen oder besuchen?“

„So wie ich es sage. Ich gehe zu ihm, mit Benjo, solange wie er mich bei sich behalten möchte.“

„Es ist dir Ernst mit ihm oder?“

„Todernst“, bestätige ich und gehe zum Stall. An der Tür holt Mimi mich ein.

Was wir im inneren des Stalles erblicken lässt mich lächeln. Ja ich habe mich in diesem Ehepaar nicht getäuscht.

 

Nachdem wir uns noch eine Zeitlang mit Mimi und ihrem Mann unterhalten und die beiden sogar den Melkstand erklärt haben, verabschieden wir uns voneinander.

„Wir sehen uns dann morgen und dann machen wir alles fest. Es sei denn, Sie haben es sich anders überlegt.“

„Da wird keine Überlegung mehr nötig sein. Bis Morgen.“ Verabschieden sich die Zwei und fahren vom Hof.

Mein Weg führt mich ins Büro, wo ich noch Unterlagen für morgen vorbereite.

 

Benjo steht plötzlich in der Tür und als er bellt sehe ich auf und erblicke ihn mit meinem Pullover.

„Okay ich komme.“ Ich frage nicht mehr wohin er will, denn ich weiß, dass ich mein Einhorn wieder sehe.

Und ich habe Recht!

Kaum das wir die Lichtung betreten erblicke ich auf der anderen Seite dieses einzigartige schöne Tier.

Mit ausgreifenden Schritten kommt es auf mich zu. Direkt vor mir bleibt es stehen und legt sein weiches Maul in meine ausgestreckte Hand.

„Ich habe dich so vermisst.“ Ich schlinge die Arme um den Hals des Tieres und drücke mich an seine Brust. Gleichzeitig senkt er den Kopf so weit, dass er meinen Rücke berührt. Noch während ich mich an ihn drücke verwandelt Nico sich und schlingt seine Arme um meinen Körper.

„Du hast mir auch gefehlt.“

„Wenn alles gut geht, kann ich morgen Abend zu dir kommen.“

„Erzähl mir mehr.“ Fordert Nico mich auf und zieht mich mit sich auf den Boden.

„Ich habe heute zwei Vorstellungsgespräche gehabt. Besser  gesagt eins. Den einen Kerl habe ich fast zu Beginn verabschiedet. Das zweite ist sogar ein Doppel. Ein junges Ehepaar. Ich glaube, sie ist schwanger, aber beide haben seit drei und vier Jahren ein abgeschlossenes Studium. Außerdem kann er so auch im Stall noch aushelfen. Er liebt es körperlich zu arbeiten. Ich denke, dass sie sich beide hier wohlfühlen werden.“

„Was wird deine Familie sagen?“

„Meine Schwester weiß Bescheid und nach anfänglichen Problemen scheint sie die Idee gut zu finden. Der Rest wird sich ergeben. Ich bin telefonisch für Dad erreichbar, aber ich glaube, ich benötige einfach diesen Abstand.“

„Wäre dafür deine Wohnung nicht geeignet?“

„Was?“ Ich versuche mich aus Nicos Armen zu befreien, doch er hält mich fest an sich gedrückt.

„Du sagst du benötigst Abstand von deiner Familie…“ Mir dämmert gerade wie sich das, was ich gesagt habe, für einen Außenstehenden anhören muss und lege Nico einen Finger auf dem Mund bevor er weiterspricht.

„Es tut mir leid, so sollte es nicht klingen. Jeder Moment den ich nicht in deiner Nähe bin schmerzt. Ich liebe es hier mit dir auf deinem Schoss zu sitzen, mich sicher und geborgen zu fühlen.“ Mein Finger wandert von seinen Lippen zu seiner Wange, wo ich die gesamte Hand dran lege. „Ich habe mich verliebt Nico und möchte jede Sekunde mit dir verbringen. Am Anfang bin ich wütend gewesen. Ich habe gedacht, dass du mir meinen Job wegnehmen möchtest, aber mittlerweile hast du dir einfach mein Herz genommen.“ Ich richte mich etwas auf, damit ich seine Lippen mit den meinen Berühren kann. Zuerst ist der Kuss sanft, nur ein ran tasten zweier Zungen. Ohne den Kuss zu lösen setze ich mich rittlings auf Nicos Schoss. Meine Hände schieben sich unter den Stoff und als ich nackte Hat berühre seufzen wir beide. Ich reibe mich an der dicken Beule in Nicos Hose was uns beide stöhnen lässt. Nicos Hände auf meinen Po drücken mich fester an sich und verhindern, dass ich mich bewegen kann.

„Wenn du nicht aufhörst nehme ich dich an Ort und Stelle!“ Dieses heiße Versprechen und Drohung in einem lassen mich erzittern. Meine Finger berühren seine harten Nippel und ich kneife gleichzeitig hinein. Von da an übernimmt Nico die Kontrolle, mein Denken schaltet ab. Alles was ich noch von mir geben kann sind irgendwelche Laute. Und dann ist Nico in mir. Wie habe ich meine Hose ausgezogen? Was wenn uns jemand sieht?

„Hier geblieben“, stöhnt Nico und spießt mich auf seinen Schoss auf. Ein Schrei entkommt mir, gefolgt von einem Stöhnen. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und drücke das Gesicht in die Beuge darunter, während Nicos Hände an meinem Po mich heben und senken. Ich küsse und lecke die salzige Haut. Als mich mein Orgasmus überrollt beiße ich zu um den Schrei zu dämpfen. Nico flucht etwas, drückt meinen Kopf damit ich nicht zurückweichen kann und kommt. Ebenfalls in heftigen Schüben.

Erst als ich langsam zur Ruhe komme, realisiere ich den eigenartigen Geschmack in meinem Mund und auch das wir uns gar nicht geschützt haben.

„Oh verdammt.“ Ich versuche von Nico wegzurutschen, doch er hält mich an sich gedrückt. „Nico es tut mir so leid, ich weiß nicht was in mich gefahren ist.“ Noch immer zapple ich in Nicos Armen rum, bis er seine Hände um mein Gesicht legt und mich dazu zwingt ihn anzusehen.

„Liebster es ist alles in Ordnung. Ich fühle mich geehrt und auch wenn du es gerade nicht verstehst, bedeutet dein Biss mir alles. Ich hoffe nur, dass du es nicht bereuen wirst.“  Endlich hat er meine volle Aufmerksamkeit und langsam sickert ein Gedanke in mein vernebeltes Gehirn.

„Gefährten, Biss, Blutaustausch…“ Ich laufe knallrot an und lächle entschuldigend. „Ich wollte nicht…“ Nicos Gesichtsausdruck ist schockiert, doch bevor er irgendwie reagieren kann spreche ich weiter. „Nicht so Nico. Es ist gerade ein Schock für mich, dass ich es ohne nachzudenken getan habe. Ohne mit dir zu reden.“

„Bereust du es“, fragt Nico vorsichtig und streicht sanft über meine Wangen. Entschlossen schüttle ich den Kopf.

„Ich bereue nur, dass wir vorher nicht miteinander geredet haben.“ Damit beuge ich mich vor und Küsse Nico mit all der Liebe die ich für diesen Mann empfinde. Dann rückt der zweite Gedanke wieder in den Vordergrund. „Wir haben kein Kondom…“ Bevor ich zu Ende sprechen kann, schüttelt Nico bereits den Kopf.

„Hast du vergessen, dass ich ein Dämon bin? Auch wenn ich nur ein halber bin, so habe ich die Kraft des Blutes. Das bedeutet, keine Krankheiten. Warum denkst du, wäre ich ansonsten so alt?“ Er zwinkert mir zu und küsst mir meine Verwunderung einfach von den Lippen.

 

Es ist bereits dunkel als mich Nico zum Hof zurück begleitet.

„Ich hole einige Sachen aus deiner Wohnung. Soll ich für dich auch etwas mitbringen?“

„Eigentlich alles bis auf die Möbel.“

„Du meinst es ernst?“ Nicos Frage lässt mich unsicher aufblicken, aber sein Lächeln entschärft alle Befürchtungen.

„Todernst! Du wirst mich nicht mehr los!“ Glücklich zieht mich Nico in eine Umarmung.

„Geh hinein bevor ich mich vergessen.“ Lachend gibt mir Nico einen Kuss auf die Stirn und einen kleinen Schubs Richtung Haus.

 

8

 

  • Ich kann den Abend kaum herbei sehnen. Das Ehepaar Kleister ist die richtige Entscheidung, auch Mimi sieht es so. Gott sei Dank.

„Du meinst es ernst! Ich habe dich noch nie so glücklich gesehen. Nico tut dir gut Brüderchen.“ Mimi umarmt mich in dem Moment, als ein Auto auf den Hof kommt.

„Für Dad liegt ein Brief auf seinem Schreibtisch. Ich melde mich, sobald ich kann. Ich habe dich lieb Schwesterchen.“ Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange. Als ich mich zurücklehne umschlingen mich zwei Arme und ziehen mich an einen harten Körper.

„Pass ja gut auf unseren Zwerg auf.“ Es ist ein Versprechen und eine Drohung zugleich, doch Nico hinter mir bleibt ruhig.

„Nichts anderes habe ich vor.“ Damit dreht sich Nico mit mir um und wir gehen zum Auto zurück.

 

„Wow du hast wirklich alles mitgenommen oder?“ Glücklich drehe ich mich in dem großen Raum, das ab jetzt unser Schlafzimmer ist.

„Ich möchte dich bei mir haben. In meinem Leben, in meinem Bett.“ Er tritt ganz dicht an mich ran und schlingt seine Arme eng um meinen Körper. Sein Mund ist ganz dicht an meinem Ohr als er flüstert: „In mir!“ Mir werden die Knie weich und würde mich Nico nicht so fest an sich drücken wäre ich zu Boden gesunken.

„Du…“ mir fehlen sichtlich die Worte.

„Ja genau. Ich weiß, dass wir uns noch nicht so lange kennen, aber…“ Stürmisch unterbreche ich Nico und Küsse ihn wild und Leidenschaftlich.

Schnell wird aus einem Kuss mehr. Hände die den Körper des anderen berühren und ausziehen. Lippen, Zunge und Zähne die den anderen reizen. Erregende Laute, Stöhnen und Keuchen, unzusammenhängende Worte.

Nico kommt zuerst und als er das tu beißt er mich, so wie ich ihn gebissen habe. Zuerst ist es stechender Schmerz, aus dem schnell pure Ektase wird. Ektase, die mich selbst über die Klippe stürzen lässt.

 

„Was passiert wenn du schwanger bist?“ Wir liegen Arm im Arm im Bett.

„Ich wäre der glücklichste Mann.“ Meine Hand legt sich wie von selbst auf Nicos Bauch. Sein Blick folgt meiner Hand und auch er legt seine darauf.

„Es ist schon ein komisches Gefühl, zu wissen, dass du von mir Schwanger sein könntest.“

„Die Idee, dass du der Vater bist, oder dass ich Schwanger werden kann?“

„Natürlich das zweite. Nie habe ich mir träumen lassen eine eigene Familie haben zu können, aber jetzt? Ich wäre der glücklichste Mann, nach dir!“ Zärtlich knabbre ich an Nicos Lippen, der es erwidert.

„In einer Woche sollten wir es wissen.“ Ich bin schon fast eingeschlafen, als Nico beginnt zu sprechen. „Die Schwangerschaft bei männlichen Dämonen dauert ungefähr fünf Monate, dann wird das Junge per Kaiserschnitt geholt. Sobald das Ergebnis positiv ist, darf ich mich nicht mehr verwandeln.“ Mit dem Rücken an Nicos Brust gelehnt lege ich eine Hand auf seine, die auf meinem Herzen ruht.

„Was ist mit den Reinrassigen? Werden sie dich und später das Kind nicht bedrohen?“

„Ich werde nicht mehr allein aus dem Haus gehen, für den Schutz des Jungen sorgen. Später kann ich euch beide beschützen.“

„Ich wünsche mir nur, dass alles gut geht. Nico ich liebe dich. Du bedeutest mir so viel und wenn da ein Kleines von uns beiden heranwächst, dann werde ich auch dieses Lieben.“ Während ich spreche drehe ich mich um und nun sehe ich Nico direkt in die Augen.

„Ich liebe dich auch.“ Seine Finger streichen über das Mal, dass er mir gegeben hat. Ich mache es ihm nach und berühre auch mein Mal an seiner Halsbeuge.

 

∞∞∞∞∞∞∞∞∞∞

 

Im Laufe der nächsten Woche ändert sich einiges und auch wieder nichts.

Meine Eltern haben angerufen. Zu Beginn sind sie alles andere als erfreut. Nicht nur, dass Nico nicht mehr bei Ihnen arbeitet, sondern auch das ich weggezogen bin und wildfremde Leute eingestellt habe. Im nächsten Satz loben sie das junge Ehepaar und meine gute Idee.

 

Als ich mich an Nico gebunden habe, habe ich einige Schlucke Blut zu mir genommen. Zu Beginn habe ich mir nichts dabei gedacht, aber jetzt nach fast einer Woche, hat sich einiges in mir verändert.

Ich habe das Gefühl, Nicos Emotionen zu fühlen. Ich spüre einen zweiten Herzschlag in mir und ein leises drittes.

Das lässt mich aufschrecken und ich mache mich auf die Suche durch das Haus um zu Nico zu kommen.

 

Ungeachtet ob ich stören könnte oder nicht, reiße ich die Tür zum Überwachungsraum auf. Mehrere Leute drehen sich zu mir um, aber ich habe nur Augen für Nico. Meinen Mann und mein Kind unter seinem Herzen, wich ich mit einem mal sicher weiß.

Entschlossen gehe ich auf ihn zu und lege lächelnd eine Hand auf seinen Bauch. Dann sehe ich zu ihm auf und nach anfänglicher Verunsicherung schlingt er lachend die Arme um mich und hebt mich hoch.

„Nico Vorsicht das Kleine!“ Damit erheben sich unendliche Stimmen um uns herum.

„Verdammt noch einmal Nico Akiru warum bist du so leichtsinnig? Mach das du zum Doc kommst und zwar pronto!“ Damit ergreift Bastian Nicos Arm und zieht ihn Richtung Tür. Ich ergreife ebenfalls Nicos andere Hand und folge den Brüdern, auch wenn ich fast rennen muss.

„Bastian warte!“ Nico bleibt stehen und sein Bruder tut es ihm murmelnd gleich. „Falls du es noch immer nicht begriffen hast, sind Tristan und ich verbunden. Ich habe mit Tristan über alles geredet und wir sind uns beide bewusst wie gefährlich es sein kann.“ Dabei zieht mich Nico an seine Seite und drückt mir einen Kuss aufs Haar. „Ich wünsche dir, dass du irgendwann auch deinen Gefährten findest.“ Bastian schnaubt nur ungläubig geht aber langsam neben uns her.“

 

Nachdem wir beim Doc gewesen sind, verordnet Bastian Nico eine Zwangspause.

„Ich werde vier Soldaten abstellen um euch zu beschützen.“ Nico widerspricht nicht, was den Ernst der Lage nur verdeutlicht. „In den nächsten fünf Monaten wirst auch du das Haus nicht alleine verlassen, Tristan. So leid wie es mir tut, aber von deiner Familie solltest du dich erst einmal fern halten um sie nicht ins Kreuzfeuer zu bringen.“ Seufzend lehne ich mich an Nico und nicke. Bastian lässt uns im Zimmer allein und geht seiner Arbeit nach.

„Akiru?“

„Mein zweiter Vorname. Bastian benutzt ihn immer nur, wenn er sauer ist.“

„Er ist ungewöhnlich. Was soll ich eigentlich meinen Eltern sagen wenn ich sie nicht besuchen komme? Sie werden denken, dass du mich von ihnen fern hältst.“

„Telefoniere mit ihnen und skype. Lass sie dich per Video sehen, dann merken sie, wie glücklich du bist.“

„Was ist wegen dem Baby?“

„Wir können schlecht sagen, dass wir die Väter sind. Was hältst du von der Idee, dass das Kleine von meiner verstorbenen Schwester ist?“ Entsetzt sehe ich Nico an. „Keine Angst, es gibt keine tote Schwester.“ Beruhigend küsst er mich, bis ich alle Sorgen und Fragen vergesse.

 

∞∞∞∞∞∞∞∞∞∞

 

Die Tage und Wochen ziehen sich. Einmal die Woche gehe ich mit Begleitung zur Uni, aber ansonsten halten wir uns nur im Haus auf. Das Grundstück rund um das Haus ist nicht gesichert, so dass selbst Benjo nur mit einem Wächter raus geht. Ich bin es nicht gewohnt, da ich normalerweise den ganzen Tag an der frischen Luft bin.  Demzufolge bin ich gereizt. Meine einzige Grenze ist, die schlechte Laune an Benjo oder Nico auszulassen. Für die beiden und das Junge, das in Nicos Bauch immer weiter anwächst, würde ich alles tun.

 

Gerade komme ich aus der Küche um etwas Eis für Nico zu holen, als ich ihn mit geschlossenen Augen vorfinde. In meinem Kopf macht es klick. Ich lasse die Schüssel fallen, drehe mich um und renne aus dem Zimmer. Blindlinks renne ich durch das Gebäude. Jedes Mal wenn jemand nach mir greifen will weiche ich aus oder schlage die Hände beiseite. Ich bekomme meine Umgebung nicht mehr mit. Eine Tür öffnet sich, Licht flutet den Raum. Die Person die sie geöffnet hat, kann sie nicht mehr rechtzeitig schließen. Ich entweiche dem Gebäude. Bleibe auf der Treppe stehen und versuche wieder zu Atem zu kommen. Wo ist nur mein Spray? Ich werde panisch, da meine Taschen leer sind. Immer wieder drehe ich mich im Kreis, drücke die Faust auf meinen Brustkorb.

„Zwerg“, als sich Arme um mich legen versteife ich mich. Doch instinktiv weiß ich wer es ist und lasse mich Sekunden später gegen Nico sinken. „Alles ist gut Liebling. Ich bin bei dir.“ Ich breche in Tränen aus und kann sie nicht zurückhalten.

Als sich Nico zum Haus umdreht versteife ich mich und kann keinen einzigen Schritt gehen. Sofort dreht er sich zurück und geht die wenigen Stufen mit mir herunter.

Zwei Schritte auf dem Bordstein und ein gellender Schrei ertönt. Gleichzeitig knicken mir die Beine weg und ich gehe zu Boden. Nico schaffte es nicht mich zu halten, da er sich schmerzverzerrt den Bauch hält.

Sofort stehen mehrere Männer mit gezogenen Waffen um uns. Befehle werden gebrüllt, Nico wird gestützt als er ins Haus gebracht wird. Haus! Alles schreit in mir zu meinem Mann und Kind zu gehen, aber die Panik dieses Gefängnis wieder zu betrete ist zu groß. Mein Blickfeld verkleinert sich. Ich bekomme keine Luft mehr und drücke mittlerweile mit beiden Fäusten auf den Brustkopf. Ungeachtet meiner schwachen Proteste werde ich hoch gehoben und ins Haus zurück getragen.

Erst als ich Nico und das Junge spüre, drei Herzschläge in meinem Körper, beruhigt sich meine Atmung. Geschwächt und ohne jeglichen Widerstand lasse ich mich auf eine weiche Unterlage legen. Sofort berühren mich Hände, große und kleine.

Kleine?

Langsam öffne ich die Augen und drehe den Kopf zu den Händen. Neben mir liegt Nico, blass aber lächelnd. Mein Blick wandert zu Nicos Armen in der ein kleines Bündel liegt.

„Darf ich dir unsere Tochter vorstellen?“

„Emalia“ flüstre ich und streiche der Kleinen über die Wange.

„Es ist ein wunderschöner Name. Kleine Emalia.“ Erschöpft schließe ich die Augen. Als ich sie das nächste Mal öffne schläft Nico, während unsere Tochter zwischen uns leise Töne von sich gibt.

Unsere Tochter! Noch immer kann ich es nicht glauben, aber es schlagen tatsächlich drei Herzen in mir. Oder besser gesagt ein Herz und der Widerhall zweier weiterer Herzen sind in mir zu spüren.

Nico regt sich gerade, als ich mich zu ihm drehe. Er ahmt meine Bewegung nach bis wir uns ansehen.

„Wie ist es passiert? Ich meine, es sind doch gerade einmal vier Monate.“

„Ich bin wach geworden als du so aufgebacht gewesen bist. Ich habe es die ganze Zeit schon gespürt. Du hast gelitten und ich wollte dir so gern helfen. Benjo ist mir nicht mehr von der Seite gewichen, weil du nie allein gewesen bist.“ Nico schaut traurig zu dem Kind und dann wieder zu mir. „Ich bin dir gefolgt, aber konnte dich nicht einholen. Erst vor der Tür. Dann hat sich die Kleine gemeldet. Sie musste geholt werden. Sie möchte uns bereits jetzt beschützen.“

„Sie ist wunderschön.“

„Genauso schön wie mein Mann!“ Nico beugt sich zu mir rüber und gibt mir einen liebevollen Kuss, den ich nur zu gerne erwidere.

 

Benjo berührt mich am Bein und als ich ihn ansehe legt er bittend den Kopf auf das Bett. „Na komm schon du treudoofer Hund, aber sei vorsichtig.“ Langsam kommt er vom Fußende hinauf, bis er zwischen mir und Nico und vor Emalia liegt. Freudig gluckst die Kleine und bringt uns alle zum Lachen.

9

 

  • Ein Stück Normalität ist wieder eingekehrt. In dieser einen Woche nach Emalias Geburt sind wir drei jeden Tag im Freien. Zwar gegen den Willen von Bastian, aber dafür mit unseren vier Wachmännern.

Heute besuchen wir meine Familie.

Es ist schon ein merkwürdiges Bild, wie sechs erwachsene Männer mit einem Baby und einem Hund unterwegs sind. Wobei wir zwei von den anderen vier umringt werden.

Als wir auf dem Hof ankommen, das Auto haben wir ein paar Meter entfernt abgestellt, kommen Mimi und ihr Mann gerade aus dem Stall.

„Zwerg? Was ist denn hier los?“ Sie kommt auf uns zu und umarmt mich vorsichtig. Dabei behält sie alle anderen im Auge.

„Ich möchte mit euch allen gleichzeitig reden, dass macht es einfacher.“ Während Nico mit Emalia, Benjo und mir das Haus betreten, positionieren die anderen vier sich außerhalb.

 

Es dauert eine Weile bis sich alle beruhigt haben. Aber schließlich sind sie glücklich. Die Story mit der toten Schwester, Emalias angeblicher Mutter, hat einige Tränen hervorgerufen. Naja und was die Männer betrifft? Wir haben und da für die Wahrheit entschieden. Sie sind Personenschützer.

Ich habe allen versprechen müssen, wieder regelmäßiger vorbei zu kommen. Den Wachschutz werden wir immer benötigen, zum einen weil Nico einer der Oberhäupter des Hauses ist, zum zweiten bin ich ein Mensch im Kreis von Dämonen und zum dritten haben wir Emalia und ganz ehrlich: Sie soll kein Einzelkind bleiben. Aber immer eins nach dem anderen.

 

Jetzt erst einmal heißt es:

Das Hier und Jetzt zu genießen!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.12.2018

Alle Rechte vorbehalten

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