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1

  • Ich fühle mich gerädert. Seit mehreren Nächten fehlt mir der Schlaf und wenn ich schlafe, träume ich ständig das Gleiche.

Ich bin auf der Arbeit, beziehungsweise mit einer Gruppe Menschen in einem Krankenhaus. Immer wieder laufe ich an einem Kollegen vorbei, was mich denken lässt, dass es mit der Arbeit zusammen hängt.

Ich renne von einer Untersuchung zur anderen ohne zu wissen warum.

Der Kollege sagt etwas zu mir und ich flüchte aus dem Gebäude.

 

Fast im Stundentakt erwache ich und schlafe unruhig wieder ein. Sofort fängt der Traum von vorne an.

Als ich es dann endlich aus dem Krankenhaus hinaus schaffe, laufe ich direkt in die Arme einer Frau, die mich auffängt und ans weiterrennen hindert.

Ich will nur weg, habe Angst vor jemanden oder etwas, ich weiß nicht was.

Beruhigend streicht sie mir immer wieder über den Rücken und ich beginne mich zu beruhigen und sinke gegen sie.

Ich fühle mich beschützt und habe keine Angst entdeckt zu werden.

Irgendwann umgreift die Frau meine Taille und führt mich zu einem Auto. Sie lässt mich zuerst einsteigen und rutscht dann zu mir auf die Rückbank und schließt die Tür.

„Fahren sie Thomas.“ Damit setzt sich das Fahrzeug in Bewegung.

„Cécile was auch immer passiert ist, hier bist du sicher.“

Ich weiß nicht woher sie meinen Namen kennt, aber ich weiß, dass ich ihr glauben kann.

Ich löse meinen Sicherheitsgurt und lege den Kopf auf ihren Schoß. Sanft streicht ihre Hand über meinen Rücken und krault zwischendrin immer wieder meinen Kopf. Bis ich richtig zur Ruhe komme und einschlafe.

 

Wieder unterbricht mich mein eigenartiger Schlafrhythmus und ich blicke in die Dunkelheit meines Schlafzimmers. Irgendwie hoffe ich, dass ich beim nächsten einschlafen nicht wieder von vorn anfange.

Ich habe Glück.

„Wir sind da Cécile, komm aufwachen, sonst lasse ich dich von Thomas tragen.“ Die Vorstellung mich von einem fremden Mann tragen zu lassen bereitet mir eine Gänsehaut und ein unangenehmes Zittern durchläuft mich.

Schließlich richte ich mich auf und reibe mir verschlafen die Augen.

„Wo sind wir?“ Mir kommt nichts bekannt vor, als ich mich umblicke.

„Du hast fast zwei Stunden geschlafen. Wir sind weit vom Krankenhaus und der Stadt entfernt.“

„Oh“, ist alles was ich darauf erwidern kann. Als ich der Frau aus dem Auto folge entweicht mir ein zweites „Oh“, als Reaktion auf die wunderschöne Umgebung und das große Haus.

Die Frau zieht mich mit sich ins Haus. Sie zeigt es mir nicht, dirigiert mich durch bis ins Wohnzimmer und drückt mich auf das Sofa.

„Warte hier, ich hole uns etwas zu trinken.“ Als sie aus dem Zimmer geht stehe ich auf und schaue mich etwas um. Auf einem Sideboard stehen diverse Fotos, von der Frau und…mir?

„Was ist hier los? Die Fotos, die Frau … ich kann mich an nichts erinnern. Was geschieht hier?“

Verwirrt blicke ich mich um. Nichts kommt mir bekannt vor. Wie erstarrt stehe ich vor den Fotos, die vor einem Spiegel stehen. Ich bemerke nicht wie die Frau zu mir zurück kommt und erschrecke mich, als sie eine Hand auf meine Schulter legt.

Ich blicke hinauf in den Spiegel und ihr dadurch geradewegs ins Gesicht.

„Ich … du … wie gehört das zusammen?“

„Du kannst dich wirklich an nichts erinnern.“ Ihre Stimme ist geladen mit unterdrückten Gefühlen. „Cécile wir waren einmal ein Paar. Bis zu deinem Unfall. Dann bist du von einem Tag auf den anderen verschwunden. Das ist vier Jahre her und seitdem habe ich nach dir gesucht.“ Ungläubig schüttle ich den Kopf. Mein Blick geht immer wieder von unserem Spiegelbild zu den Fotos und wieder zurück.

„Ich weiß noch nicht einmal wie du heißt. Ich weiß aber, dass ich dir vertrauen kann. Bitte erzähl mir alles.“ Meine Stimme ist nur ein flüstern, da ich mir selbst gerade nicht vertraue.

„Ich heiße Tamara. Vor zehn Jahren haben wir uns kennen gelernt. Du hast dich von deinem Mann getrennt und hast nichts gehabt, außer einer kleinen Reisetasche. Es hat in Strömen geregnet als ich dich gefunden habe. Bei mir zu Hause, hier, bist du untergekommen. Doch nach einigen Monaten bist du weg. Du brauchst Zeit, hast du gesagt.“

Tamara hat mich zur Couch geführt und sitzt mir gegenüber auf dem Couchtisch. Nur unsere Knie berühren sich vorsichtig. „Ein ganzes Jahr hast du mich zappeln lassen. Du glaubst gar nicht wie glücklich ich gewesen bin, als du dann vor meiner Tür gestanden hast.“

Vorsichtig legt sie eine Hand auf mein Knie und ich blicke sie unsicher an.

„Der Unfall kam vor vier Jahren. Du bist von einem Termin auf den Weg nach Hause gewesen. Ein LKW hat die Vorfahrt nicht beachtet und dich in der Fahrerseite gerammt. Vier Wochen hast du im Koma gelegen und dann, eines Tages ist dein Zimmer leer gewesen.“

„Seit zwei Jahren lebe ich hier. An die Zeit davor kann ich mich nicht erinnern. Noch nicht einmal das ich in einem Krankenhaus gewesen bin.“ Irritiert sehe ich Tamara an. Ich kann nicht wirklich verstehen was sie mir gerade erzählt.

„Cécile ich lüge dich nicht an. Ich vermisse dich jeden Tag und habe nie eine Antwort auf das bekommen was geschehen ist.“ Tamara setzt sich dicht neben mich auf die Couch, legt mir die Hände an die Wangen und wartet, bis ich sie ansehe.

Langsam beugt sie sich zu mir rüber, gibt mir Zeit zu reagieren. Schließlich berühren ihre Lippen die meinen.

In dem Moment ist es, als wenn tausend Raketen in meinem Bauch starten. Alles kribbelt und ich sinke gegen sie, ergreife Tamaras Oberarme und dränge mich so dicht gegen sie, wie ich kann.

Tamara kommt mir entgegen, legt ihre Hände in meinen Nacken und hält mich so gefangen.

Schließlich löse ich mich heftig atmend und sehe Tamara an.

„Du spürst es genauso wie ich.“ Spricht Tamara das offensichtliche aus. Mir bleibt nichts anderes übrig als zu nicken. Ich bin von meinen Gefühlen noch immer verwirrt und meine Lippen prickeln.

Verlegen berühre ich meine Lippen mit dem Zeigefinger.
„Ich möchte noch viel mehr machen, aber wir haben Zeit Cécile.“

 

Ich werde regelrecht aus dem Traum gerissen. Sitze heftig atmend im Bett und blicke mich irritiert um. Ich bin noch immer allein und leise seufzend stehe ich auf um mir etwas zu trinken zu holen.

Ich trinke direkt aus der Flasche, vor mir der geöffnete Kühlschrank, als sich Arme um mich legen.

„Was hast du diesmal geträumt Cécile?“

„Von uns, irgendwie. Der Anfang ist eigenartig gewesen. Ich laufe durch ein Krankenhaus, wie auf der Flucht und dann hast du mich mit zu dir genommen.“

„Zu uns Cécile. Das hier ist genauso dein Zuhause wie meins. Hast du denn etwas Neues in Erfahrung bringen können?“

„Leider nein. Tamara ich weiß einfach nicht an wen oder was ich mich wenden soll. Wer kann die Wahrheit über mich wissen?“

„Lass uns zu Bett gehen und morgen überlegen wir gemeinsam.“

2

 

  • „Cécile was um alles in der Welt machst du da?“ Ich bin in meine Arbeit vertieft und da ich Musik höre, höre ich nicht wie sich jemand nähert. Als dann plötzlich die Stimme meiner Kollegin hinter mir ertönt erschrecke ich mich so, dass ich beinahe den Halt verliere und von der Leiter falle.

Beinahe, würde ich mich nicht am Fenster festhalten, welches ich gerade putze.

„Erschreck mich doch nicht so Constance. Ich hätte fallen können.“

„Das ist mir bewusst. Aber warum putzt du die Fenster, wenn wir doch eine Firma beauftragen können?“

„Ich weiß, aber warum dafür extra Geld ausgeben, wenn ich es auch zwischendurch machen kann.“

„Cécile ich versteh dich manchmal nicht.“ Constance schüttelt den Kopf. „Aber warum ich hier bin, David schickt mich. Du hast dieses Jahr noch zu viele Urlaubstage die noch verplant werden müssen.“ Seufzend steige ich von der Leiter.

„Ich weiß, aber ich weiß einfach nichts damit anzufangen.“

„Und was ist mit Tamara?“

„Keine Ahnung. Es ist irgendwie komisch im Moment. Nach zwei Jahren kommt sie in mein Leben und erzählt mir, dass wir eine gemeinsame Vergangenheit haben, an die ich mich nicht erinnern kann. Was ist vor vier Jahren passiert, dass mein Leben so verändert hat?“ Ohne ein weiteres Wort stecke ich die Kopfhörer wieder in meine Ohren und steige auf die Leiter, um das Fenster weiter zu putzen. Wie lange Constance mich noch beobachtet weiß ich nicht und es ist mir auch egal. Das kurze Gespräch hat mich aufgewühlt und mit der Arbeit und der Musik versuche ich abzuschalten und mich zu beruhigen.

Bis zur Mittagspause kann ich David aus dem Weg gehen und auf einer kompletten Etage die Fenster putzen. Doch gerade als ich mir in der Küche mein Essen warm mache steht er in der Tür.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken du gehst mir aus dem Weg. Nur wir haben bereits September und du hast noch einundzwanzig Urlaubstage für dieses Jahr. Ich möchte, dass du dir bis Ende der Woche Gedanken machst und mir am Freitag deinen Urlaub einreichst. Denk daran, bis Ende Januar muss er verplant sein, sonst verfällt er.“

„Einverstanden.“ Damit nehme ich mein Essen aus der Mikrowelle und setze mich an den kleinen Tisch. David verlässt wortlos die Küche und seufzend schalte ich meine Musik wieder ein.

Für den Rest meiner Schicht putze ich auf der zweiten Etage noch die Fenster und mache dann Feierabend.

Es ist angenehm warm und ich beschließe die fünf Kilometer nach Hause zu laufen. Was ich zu Constance heute gesagt habe ist die Wahrheit. Seit drei Monaten wohne ich wieder bei Tamara. Es erscheint mir irgendwie richtig zu ihr zu ziehen. Doch davon ab ist mir alles fremd. Von Zeit zu Zeit ziehe ich mich in eines der Gästezimmer zurück, wenn mir alles zu viel wird, auch über Nacht.

Gemeinsam versuchen wir zu rekonstruieren was damals geschehen ist, was nicht so einfach scheint.

Die Zeit vor dem Unfall erzählt mir alles Tamara. Von unserem Kennenlernen über glückliche und schwierige Zeiten. Und was ich die letzten zwei Jahre gemacht habe erzähle ich ihr. Doch dazwischen fehlen zwei ganze Jahre, die wie ein schwarzes Loch vor mir klaffen.

Ein Auto hält neben mir und ich erschrecke mich, als plötzlich die Tür aufgeht.

„Hallo Cécile, schön dich wieder zu sehen. Wie wäre es, wenn wir ein Stück gemeinsam gehen?“

Die Stimme ist mir fremd und bekannt zugleich, was mich verunsichert einen Schritt zurück treten lässt.

Von der Lache des Mannes bekomme ich eine Gänsehaut und bevor ich reagieren kann, ergreift er meinen Arm, so dass ich nicht mehr entweichen kann.

„Nicht so schnell Fräulein. Wir haben noch einiges zu klären.“ Der Griff ist schmerzhaft und ich verziehe das Gesicht. Gerade als der Mann mich zum Auto zerren will, hält ein zweiter Wagen und Thomas, Tamaras Fahrer, springt aus dem Wagen.

„Cécile ich suche sie schon. Miss Thyson erwartet sie bereits.“ Bei dem Anblick von Thomas und Tamaras Nachnamen wird mir leicht ums Herz und ich reiße mich aus dem Griff. Was mir aber auch nur gelingt, weil der fremde Mann von Thomas überrascht worden ist. Noch bevor er wieder zugreifen kann mache ich zwei weitere Schritte in Richtung Thomas und er kommt mir entgegen.

Zeitgleich mit dem Mann erreicht er mich und seine Hand ist schneller. Thomas zieht mich hinter sich und baut sich vor dem anderen drohend auf.

„Du kannst dich nicht ewig verstecken Cécile. Ich werde dich finden und dann gehörst du wieder mir. So wie es sein soll.“ Damit steigt er in sein Auto und fährt weg. Erleichtert seufze ich.

„Danke Thomas.“ Ohne Aufforderung gehe ich zum Auto und sinke auf die Rückbank.

„Darf ich fragen wer dieser Mann gewesen ist?“ Fragt Thomas vorsichtig, als er sich hinters Steuer setzt.

Ich schaue ihn über den Rückspiegel an.

„Ich weiß es nicht. Aber vielleicht hängt er mit meiner Vergangenheit zusammen. Er weiß wie ich heiße und das was er gesagt hat.“ Ein Frösteln überläuft mich und ich beginne unwillkürlich zu zittern.

„Ich bringe sie nach Hause. Aber ich denke, dass es für sie sicherer ist in der nächsten Zeit nicht allein unterwegs zu sein.“ Ich nicke, als sich unsere Blicke im Spiegel begegnen und schließe erschöpft die Augen.

Von der Fahrt bekomme ich nicht viel mit. Es sind nur wenige Kilometer, aber ob wir direkt zum Haus fahren oder einen Umweg machen weiß ich nicht.

Umso mehr erschrecke ich mich, als die hintere Tür aufgerissen wird und ich etwas unsanft aus dem Auto gezogen werde.

„Mein Gott Cécile, wer war dieser Typ und was wollte der von dir? Bist du in Ordnung oder hat er dich verletzt? Wie gut das ich Thomas geschickt habe dich abzuholen.“ Mit großen Augen sehe ich Tamara an, die mich an den Oberarmen festhält und leicht schüttelt. Dann wandert mein Blick zu Thomas, der mich Entschuldigend ansieht. Natürlich hat er Tamara vom Auto aus angerufen und ihr alles erzählt.

„Cécile nun antworte mir doch.“ Ach ja richtig Tamara hat mich ja mit Fragen bombardiert.

„Mir geht es gut und ich bin nicht verletzt. Wer der Typ gewesen ist weiß ich nicht, aber er kennt mich.“ So gut es in ihrem Griff geht zucke ich mit den Schultern.

Sobald Tamara den Griff lockert mache ich mich los und gehe an ihr vorbei ins Haus. Ich spüre förmlich die Blicke der beiden im Rücken, doch hält mich keiner auf oder sagt etwas.

 

Auf direktem Weg gehe ich unter die Dusche, wo ich auch zwanzig Minuten später noch stehe, oder besser gesagt sitze. Irgendwann bin ich einfach an den Fliesen nach unten gerutscht. Das heiße Wasser prasselt auf meinen Körper, die Arme fest um mich geschlungen. Erst als das Wasser kalt wird erhebe ich mich und trete aus der Duschkabine.

Nur mit Handtuch bekleidet gehe ich ins Schlafzimmer. Ich erschrecke, als Tamara am Fenster steht. In der ganzen Zeit hat sie mein Zimmer noch kein einziges Mal betreten.

„Was willst du hier?“ Unweigerlich greife ich fester nach dem Badetuch und funkle Tamara wütend an.

„Wir müssen reden!“ Tamara kommt einige Schritte auf mich  zu, doch ich gehe gleichzeitig zurück um den Abstand nicht zu verringern. Kopfschüttelnd bleibt sie stehen.

„Okay mach dich fertig und dann komm raus. Solltest du in zehn Minuten nicht da sein, bin ich wieder hier.“ Damit dreht sie sich zur Tür und verlässt das Zimmer. Schnaufend gehe ich zur Tür und schließe ab. Ich habe nicht vor mit ihr zu reden, erst Recht nicht, wenn sie sich wie ein Höhlenmensch benimmt.

Ich ziehe mir etwas Gemütliches an, stecke die Kopfhörer meines MP3 Players in die Ohren und lege mich hin.

Es dauert nicht lange bis ich einschlafe.

3

 

  • Als ich erwache ist das erst was ich erblicke ein Lichtstreifen von der offenen Zimmertür. Noch bevor ich mich aufsetze ertönt Tamaras wütende Stimme.

„Eigentlich müsste ich dich für dein Verhalten übers Knie legen. Du…“

„Dann mach es doch, ist ja nicht so, als wenn ich es nicht kennen würde.“ Fauche ich dazwischen.

Im nächsten Moment liegt meine Hand auf meinen Mund und ich reiße erschreckt die Augen auf.

„Was sagst du?“ Tamaras Stimme ist ein knurren gleich. Kurz darauf sitzt sie bei mir auf der Bettkante und nimmt vorsichtig meine Hand vom Mund. „Wer hat dir was angetan Cécile?“ Sie bemüht sich ruhig zu sprechen und streicht mit dem Daumen über meinen Handrücken.

„Keine Ahnung woher die Worte gerade gekommen sind.“ Versuche ich ihr auszuweichen.

„Cécile“ knurrt Tamara mich an. „Was verheimlichst du mir? Wie soll ich dich beschützen, wenn du nicht ehrlich zu mir bist?“

„Ich kann dir nichts sagen, was ich nicht weiß. Was zum Teufel weiß ich denn? Nur wenn du mich so anschnauzt, wie soll ich deiner Meinung nach reagieren? Angekrochen kommen auf Hände und Füßen und um Verzeihung bitten für…“ ich werfe die Hände in die Luft „… keine Ahnung, dafür das ich schlafen will und meine Ruhe haben will.“ Knurrend  baut sich Tamara über mich auf, drückt mich dabei mit ihren Körper in die Kissen zurück. Soweit, bis sich unsere Lippen fast berühren. Ich denke, dass sie mich Küssen will, doch im nächsten Moment schnappt sie nach mir und beißt mir in die Unterlippe.

Schockiert vom plötzlichen Schmerz, aber auch der Lust die mich durchströmt, schnappe ich nach Luft, was Tamara zum Anlass nimmt ihre Zunge in meinen Mund zu schieben und mich ungestüm zu küssen.

Mein erster Impuls mich zu wehren, wird zunichte gemacht, da Tamara meine Hände nach unten drückt und meinen Mund weiter erobert.

Schnell verwandelt sich meine Gegenwehr in Begierde und ich erwidere genauso verlangend den Kuss und bewege mich unruhig unter ihr.

Heftig atmend und mit einem selbstzufriedenen Grinsen erhebt sich Tamara, bleibt aber auf der Bettkante sitzen.

Schmollend und frustriert verschränke ich die Arme vor der Brust und schaue zum Fenster.

Die Gardinen sind zugezogen, was mich fragen lässt wie spät es gerade ist.

Tamara folgt meinen Blick und scheint meine Verwunderung zu bemerken.

„Wir haben jetzt zwanzig Uhr. Du hast also knapp vier Stunden geschlafen. Als du vorhin nicht raus gekommen bist bin ich ins Zimmer gekommen. Nur wollte ich dich schlafen lassen, deshalb hab ich die Fenster verdunkelt.“

Verunsichert sehe ich sie an. „Egal wie wütend ich bin Cécile, niemals würde ich dir Schaden wollen. Du bist verunsichert wegen dem Mann und hast die Ruhe gebraucht.“ Sanft legt sie mir eine Hand an die Wange. Verraucht ist der ganze Ärger von eben.

„Komm du musst eine Kleinigkeit essen und dann reden wir in Ruhe.“

Diesmal lässt Tamara mich nicht aus den Augen. Sie wartet bis ich aufgestanden bin, ergreift meine Hand und geht mit mir in die Küche.

Trudi, die ältere Haushälterin, steht am Herd und als sie uns sieht lächelt sie.

„Sehr gut Miss Thyson, das Essen ist gerade fertig, setzen sie sich.“ Ohne die zwei Frauen weiter zu beachten setze ich mich auf einen der Küchenstühle. Tamara direkt neben mich, so dass sich unsere Oberschenkel berühren.

Das Essen genießen wir schweigend, auch wenn Trudi gegangen ist, sobald sie die Teller vor uns abgestellt hat.

 

„Cécile ich weiß das du nicht gerne über das Geschehene redest, aber ich muss wissen was du über diesen Mann von heute weißt und auch deinen Ausbruch von vorhin.“

Ich will den Kopf abwenden und am liebsten aufstehen, aber Tamara legt ihre Hand auf meinen Oberschenkel und hält mich damit gefangen.

„Kein Weglaufen Cécile.“ Wieder bekommt ihre Stimme das gefährliche Knurren und ich bleibe steif sitzen. Tamara steht vom Tisch auf und zieht mich hinter sich her zur Sofalandschaft, wo sie mich hinunterdrückt und zu sich dreht. Eine Weile bleibt es still, bis ich schließlich seufze. Den Blick auf meine Hände im Schoß gerichtet erzähle ich:

„Ich kann dir nichts sagen. Die Stimme des Mannes kam mir bekannt vor, aber ob ich ihn erkennen würde weiß ich nicht. Ich habe ihn nicht angesehen.“

„Was wollte er von dir?“

„Mit mir reden, denke ich. Er wollte mich zum Auto bringen als Thomas gekommen ist. Bevor er weggefahren ist meinte er, dass er mich finden würde und ich dann ihm gehöre. Ehrlich ich weiß nicht was er will.“

„Und dein Ausbruch vorhin? Die Worte kommen nicht von irgendwo. Kann es sein das du geschlagen worden bist? Oder schlimmeres?“ Wieder das Vibrieren in der Stimme.

„Ich weiß es nicht!“ Schreie ich Tamara an und springe von der Couch auf. Doch noch bevor ich mich entfernen kann greift Tamara nach meinem Arm und zieht mich zurück, direkt auf ihren Schoß. Was mir ein entsetztes Keuchen entweichen lässt.

„Kein wegrennen!“ Knurrt sie und zieht mich an sich.

Ich versuche gar nicht erst mich von ihr zu befreien, denn Tamara ist um einiges Stärker. Auch wenn man es ihr vielleicht nicht ansieht, hat sie Muskeln und kann sehr gut zupacken. Sie ist damals Türsteherin gewesen und trainiert noch heute mindestens zwei Mal täglich im Fitnessraum hier im Haus.

Frustriert seufzend sinke ich gegen sie, verschränke dabei jedoch meine Arme vor der Brust.

Tamara lockert ihren Griff, lässt aber die Hände an meiner Hüfte liegen.

„Sag mir an was du dich erinnerst? Dein Ausbruch vorhin lässt mich vermuten das du zumindest geschlagen worden bist.“ Tamaras Stimme ist wieder sanft und beruhigend zeichnen ihre Hände kleine Kreise. Ich schließe die Augen und versuche mich an irgendetwas zu erinnern. Gerüche, Gefühle, Worte, irgendwas. Eine ganze Weile sitzen wir so schweigend da.

„Ich muss bei ihm gewesen sein. Zumindest denke ich das, wenn ich an seine Worte denke. Er ist grob und sein Aftershave stinkt süßlich. Es ist unangenehm in seiner Nähe zu sein. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass ich von ihm, oder durch ihn verletzt worden bin. Ich denke, dass mein Ausbruch von tief Innen gekommen ist.“

„Es ist alles Gut Cécile.“

Tamara schließt die Arme um mich und zieht mich dichter an sich. Ich habe nicht bemerkt wie ich zu zittern angefangen habe.

Ich bewege mich so lange auf Tamaras Schoß, bis ich seitlich sitze und schmiege meinen Kopf an ihre Schulter.

„Er wird dir nichts tun. Wir fahren morgen für eine Weile weg. Mit deiner Arbeit habe ich bereits alles geklärt.“

„Du hast was?“ In einem Moment beruhigt und tröstet mich Tamara und im nächsten bringt sie mich so zur Weißglut, dass ich am liebsten aufspringen möchte. Aber natürlich hat sie mich fest im Griff und mir bleibt nichts anderes übrig als sie anzuknurren.

„Cécile beruhige dich. Dein Chef hat heute angerufen, weil er mit dir wegen deinem Urlaub noch einmal reden wollte. Aber da du geschlafen hast, hat er mir alles erklärt und ich habe einfach die Chance ergriffen. Wir werden morgen nach Irland fliegen, wo ich ein Haus habe und da die nächsten drei Wochen verbringen. Dir bleibt immer noch genug Urlaub übrig.“

„Tamara nein. Es ist mir verdammt noch mal egal ob mein Urlaub verfällt oder nicht. Ich habe noch immer nur einen befristeten Arbeitsvertrag, da kann ich mir so etwas einfach nicht leisten.“

„Du kannst und du wirst. Ich dulde keine Wiederworte in dieser Sache.“ Knurrt Tamara und beißt mir zur Strafe ins Ohr.

„Verdammt“ fluche ich und hole mit der Hand aus um sie zu schlagen, aber ihre Hand ist schneller und sie hält mich zurück.

„Wiedersetze dich mir nie Cécile!“ Ihre Stimme ist leise und drohend.

„I-Ich wollte nicht. Es ist ein Reflex.“ Stottre ich eine Entschuldigung bemühend.

Noch einmal beißt Tamara mir ins Ohr, geht danach aber direkt mit der Zunge darüber um die Schmerzen zu mildern, was mir ein unerwartetes keuchen entringen lässt.

Tamara lässt meine Hand los, schiebt mich von sich runter und steht auf.

Verdutzt blicke ich ihr nach, als sie zum Büro geht, ohne ein Wort zu sagen.

Wütend auf mich, meine Gefühle und auf Tamara nehme ich ein Kissen vom Sofa und schmeiße es hinter ihr her. Natürlich treffe ich sie nicht und sie scheint meinen Ausbruch auch nicht bemerkt zu haben.

Vor mich hin murmelnd greife ich nach der Fernbedienung und zappe solange durch die Sender, bis ich einen Film gefunden habe, der mir zusagt.

 

„Aufwachen Dornröschen, wir müssen los.“ Weckt mich Tamara leise, streicht mir dabei über den Arm und drückt mir einen sanften Kuss auf die Stirn.

Verschlafen und noch mit geschlossenen Augen versuche ich nach ihr zu greifen, doch Tamara entzieht sich mir lachend. „Später Cécile, wenn wir in Irland sind haben wir alle Zeit der Welt.“

Ach ja richtig, mein unfreiwilliger Urlaub. Leise vor mich her murmelnd stehe ich vom Sofa auf, auf dem ich beim Film eingeschlafen bin. Tamara versucht mich zu berühren, aber ich entziehe mich ihr und verschwinde im Badezimmer.

Ich habe noch nicht einmal einen Koffer gepackt, aber wahrscheinlich hat Tamara sich bereits um alles gekümmert und in diesem Haus hängt eine komplette Garderobe für mich bereit.

Ich bin nicht bereit Tamara zu verzeihen, noch nicht. Und so lasse ich alles schweigend über mich ergehen, als sie mir Befehle gibt.

Ich bin zwar ruhig und zurückhaltend und genieße es, wenn jemand eine gewisse Dominanz über mich hat, aber ich bin weder dumm noch devot. Ich habe aber auch keine Lust zu streiten, da ich weiß, dass Tamara dann nur noch wütender wird und sowieso ihren Willen  durchsetzt. Egal um was es dabei geht.

„Cécile ich mache das zu deinem Besten. Glaube mir in Irland bist du sicher und wir können in Ruhe überlegen wie es weiter geht.“ Ich bin noch nicht bereit Tamara zu verzeihen, auch wenn ich die Beweggründe sehr gut nachvollziehen kann. Seufzend nicke ich ihr zu und gehe zum Auto. Dicht gefolgt von Tamara.

4

 

  • Wir sind jetzt bereits eine Woche in Irland. Wie ich gedacht habe, hat Tamara einen vollen Kleiderschrank für mich da. Sie erklärt mir, dass es aus der Zeit vor meinem Unfall ist und wir oft die Sommer hier verbracht haben.

Zwischenzeitlich kommt der eine oder andere Erinnerungsfetzen, aber nichts ist wirklich greifbar. Genau aus diesem Grund habe ich Tamara noch nichts davon erzählt.

Heute ist Tamara irgendwo unterwegs. Sie sagt, dass sie etwas Geschäftliches zu tun hat. Soviel also zum Thema Urlaub.

Unruhig streife ich über das Grundstück. Ich kann es mir nicht erklären, aber ich habe das Gefühl beobachtet zu werden. Immer wieder blicke ich mich um, doch nichts ist zu erkennen. Schließlich halte ich es nicht mehr aus und gehe schnellen Schrittes ins Gebäude zurück. Das Haus ist menschenleer. Selbst die Haushälterin ist heute nicht da, da sie einen freien Tag hat. Überlegend was ich machen kann, streife ich von Zimmer zu Zimmer.

Vor der offenen Waschküche bleibe ich stehen. Ein großer Wäscheberg häuft sich auf dem Boden.

Kurz entschlossen greife ich danach, sortiere die Wäsche und stelle die erste Maschine an. Zum Glück hat dieses Haus drei Waschmaschinen, so dass ich in null Komma nix die gesamte Wäsche verstaut und zum Waschen gebracht habe.

Gerade will ich mich umdrehen und den Raum verlassen, als vor meiner Nase die Tür zufällt.

Ich greife nach der Klinke um sie wieder zu öffnen, doch im nächsten Moment habe ich die Klinke in der Hand.

„Hallo Tamara bist du da?“ Meine Stimme zittert, als sich Panik in mir ausbreitet. „Tamara? Thomas? Ist irgendwer im Haus?“ Doch alles bleibt still.

 

Mittlerweile sind fast zwanzig Minuten vergangen. Mein Handy liegt im Schlafzimmer, so dass ich niemanden anrufen kann. Ich habe mich in eine Ecke gekauert, von der aus ich die Tür im Blick habe. Der Raum hat zwar auch Fenster, aber die sind zu schmal und zu weit oben um da hinaus zu kommen.

Ein beißender Geruch steigt mir in die Nase und erschreckt blicke ich mich um. Sobald ich es lokalisieren kann springe ich auf und renne zu den Waschmaschinen. Die mittig stehende qualmt und ich versuche den Stecker zu ziehen.

Gerade als ich denke den Stecker zu erreichen züngeln die ersten Flammen nach oben.

Vor Angst aufschreiend springe ich zurück. Ich brauche einige Sekunden, bis ich zur Tür renne und panisch dagegen Schlage.

Die Fenster sind geöffnet, so dass Rauch hinausgelangt. Aber leider nicht genug. Der Qualm wird immer dichter und erschwert mir mehr und mehr die Atmung.

In weiter Ferne höre ich Sirenen, doch mittlerweile fehlt mir die Kraft, um auf mich aufmerksam zu machen. Die Atmung fällt mir immer schwerer. Mir fallen die Augen zu und ich will sie gar nicht mehr öffnen.

Wie aus weiter Ferne höre ich, wie jemand gegen die Tür schlägt und sie kurz darauf aufgerissen wird. Genau diesen Moment sucht sich mein Körper aus um runter zu fahren und ich sinke in eine Ohnmacht.

 

Mein Hals schmerzt, das Schlucken fällt mir schwer. Meine Augen brennen, selbst hinter geschlossenen Lidern. Von irgendwo piept es, was mir in den Ohren weh tut. Jemand stöhnt und ich realisiere das es von mir kommt, als eine Hand meine ergreift und Tamara spricht.

„Cécile alles ist gut. Öffne deine Augen für mich.“ Ich öffne sie etwas, doch im nächsten Moment schließe ich sie wieder.

„Zu hell“, stöhne ich, das Sprechen fällt mir schwer.

„Du kannst die Augen wieder aufmachen.“ Vorsichtig öffne ich sie wieder. Tatsächlich, das Licht ist gedämpft, so dass es nicht mehr so stark brennt.

Bevor ich etwas sagen kann, hält mir Tamara einen Löffel an die Lippen. Sanft drückt sie dagegen und zwingt mich den Mund zu öffnen. Als ich es schließlich tue gleitet etwas Kaltes vom Löffel auf meine Zunge. Im ersten Moment bin ich geschockt von der Kälte, doch als das Eis schmilzt und kühle Flüssigkeit meine Kehle hinunterläuft kann ich mir ein angenehmes Stöhnen nicht verkneifen.

Nach zwei weiteren Löffeln stellt Tamara den Becher zur Seite und greift sanft meine Hand.

„Cécile kannst du mir sagen was passiert ist? Wieso bist du in der Waschküche gewesen? Wie ist das Feuer entstanden? Verdammt Cécile weißt du überhaupt was ich für Ängste ausstehe, seit du wieder in meinem Leben bist?“

Tamara ist zum Ende immer lauter und wütender geworden und zerdrückt mir beinahe die Hand.

„Entschuldige, dass du mich gefunden hast.“ Ich versuche ihr meine Hand zu entziehen, doch ihr Griff wird nur noch fester. „Lass mich los“ fauche ich Tamara an. Meine Wut lässt meine Stimme kräftig werden.

Tamara richtet sich auf und beugt sich mit funkelnden Augen über mich. Meine Hand hat sie zwar losgelassen, dafür hat sie ihre Hände links und rechts neben meinem Kopf aufgestützt und hält mich so gefangen.

Bevor ich auch nur ein weiteres Wort sagen kann, verschließt sie meinen Mund in einen fast schon brutalen Kuss. Zuerst will ich mich ihr entziehen, sie an den Schultern von mir stoßen, doch schnell ebbt die Wut ab und die Leidenschaft gewinnt. Wie schafft sie es nur immer wieder? Ich kralle mich in ihre Bluse und ziehe sie dichter zu mir. Meine Zunge umspielt ihre und fordert sie heraus. Stöhnend hebe ich mich ihren Lippen entgegen.

Viel zu schnell löst Tamara sich von mir.

„Sage so etwas nie wieder!“ Knurrt sie mich an. „Ich habe Angst dich zu verlieren Cécile. Ich bereue es auf keinen Fall dich getroffen zu haben.“ Ein sanfter, zärtlicher Kuss auf meine Lippe, ein sanftes Streicheln der Hand über meine Wange, als sich Tamara wieder zurück auf den Stuhl setzt. „Erzähl mir alles Cécile“, fordert Tamara mich jetzt leise mit beruhigender Stimme auf.

Ich sehe  mich nach anderen Zuhörern um, doch ich bin in Tamaras Zimmer, nicht in einem Krankenhaus wie ich vermutet habe. Das Piepen ist wahrscheinlich ein Handy gewesen, denn ich kann nichts anderes erkennen.

Kurz schließe ich die Augen und hole mir Kraft aus Tamaras Berührungen.

„Ich bin durch das Haus gelaufen. Immer wieder habe ich in den letzten Tagen Flashbacks, aber es ist nichts Greifbares. In der Waschküche habe ich die viele Wäsche gesehen, also habe ich alle Maschinen beladen…“

„Warte mal“, unterbricht mich Tamara. „wieso die viele Wäsche? Ich meine ich glaube dir. Mich wundert es nur, weil Trudi gestern noch die Wäsche gewaschen hat damit keine Wäsche liegt in ihrem Frei.“ Misstrauisch sehe ich sie an.

„Aber die Wäsche? Tamara ich verstehe das nicht. Ich bin über das Gelände gelaufen und bin der Meinung, dass ich beobachtet worden bin. Deswegen bin ich ins Haus gegangen und dann die Wäsche. Als die Maschinen angestellt sind, konnte ich nicht mehr aus dem Raum. Die Tür ist versperrt gewesen und Qualm hat den Raum gefüllt. Ich habe nichts gehört oder gesehen.“ Von dem vielen Reden ist mein Hals rau und ich beginne zu husten. Als ich aufgehört habe hilft mir Tamara in eine sitzende Position und hält mir ein Glas Wasser an die Lippen was ich freiwillig schlucke.

„Die Kabel sind angeschnitten worden und haben ein Kurzschluss ausgelöst. Was wiederum ein Feuer ausgelöst hat.“

Tamara zieht ihr Handy aus der Tasche und drückt einige Tasten bevor sie es wieder weglegt.

„Schlaf noch etwas Cécile. Ich muss dringend mit Thomas reden.“

„Aber…“

„Shhh Cécile alles ist gut. Ich werde immer auf dich aufpassen.“ Beruhigend streicht sie mir über die Wange. Als sie aufsteht hilft sie mir in eine liegende Position und drückt mir einen sanften Kuss auf die Stirn bevor sie das Zimmer verlässt. Es dauert eine Weile, aber schließlich schlafe ich ein.

 

Panisch renne ich über den Rasen. Spüre wie mich jemand verfolgt und nehme alle Kraft zusammen um schneller zu laufen. Doch was auch immer mir folgt ist schneller. Ein Haus taucht vor mir auf, doch in dem Moment als ich die Klinke erreiche trifft mich etwas im Nacken und ich gehe mit einem stöhnen in die Knie. Innerhalb von Sekunden versinkt alles um mich herum in Dunkelheit. Ich erwache, doch weigere ich mich die Augen zu öffnen. Ich lausche und als ich nichts höre, versuche ich vorsichtig mich zu bewegen, was mir jedoch nicht mehr wie wenige Zentimeter gelingt. Meine Arme hängen über meinem Kopf, ich sitze an eine Wand gelehnt und meine Füße sind zusammen gekettet. Ich fröstle und erkenne mit Erschrecken, dass ich nackt bin. Zumindest nach dem kalten Wind zu urteilen, der ohne Widerstand über mich hinweg weht. Langsam öffne ich die Augen, aber noch immer ist alles in absoluter Dunkelheit.

Ein rascheln lässt mich aufschrecken und ruckartig drehe ich den Kopf in die Richtung aus der das Geräusch kommt.

„Ich wusste dass du wach bist. Hoffentlich genießt du den Aufenthalt hier, auch wenn er nicht von langer Dauer sein wird.“

„Wer? Wieso?“  Meine Aussprache ist noch lallend und mein Kopf sackt immer wieder nach vorn.

„Du gehörst mir du Schlampe. Deine ach so tolle Freundin kann dich nicht retten. Ich werde dir zeigen was es heißt wegzurennen.“ Ein harter Schlag lässt mich aufstöhnen und die Knie an meinen Bauch ziehen. Der unbekannte Mann lacht nur und kurz darauf wird alles still.

Wie lange ich in dieser Stille und Dunkelheit sitze weiß ich nicht. Es können Minuten sein, Tage oder nur Stunden. Bis endlich die Tür wieder auf geht. Angestrengt konzentriere ich mich auf jedes Geräusch. Schnelle Atmung von ein, zwei Personen. Zögernde Schritte.

Im nächsten Moment werde ich berührt, nur leicht. Doch als ich versuche mich der Berührung zu entziehen werde ich grob am Arm gepackt und zurückgezogen. Ich schreie, was mir eine Ohrfeige einhandelt. Ich schmecke Blut, schlucke es aber runter ohne etwas zu sagen. Ich blende alles aus. Die Berührungen, die Gefühle. Ich denke an Tamara und lasse alles über mich ergehen. Leise rollen die Tränen meine Wangen hinunter.

 

„Liebling wach auf. Du träumst nur.“ Schreiend wache ich auf und rücke ans Kopfende mit angezogenen Knien. „Shhh Liebling alles ist gut. Du hast nur schlecht geträumt.“ Mit großen Augen blicke ich mich um. Ich brauche einige Momente bis ich Tamaras Schlafzimmer erkenne.

„Tam“

„Ja ich bin bei dir.“ Lächelnd legt sie eine Hand an meine Wange. Ich schließe die Augen und lehne mich in die Berührung. Die Hand verschwindet, doch noch bevor ich reagieren kann setzt sich Tamara neben mich aufs Bett und zieht mich so an sich, dass mein Kopf an ihrer Schulter ruht.

Beruhigend streicht sie mir über den Arm und haucht mir Küsse auf das Haar. Sanft hebt sie meinen Kopf, mit einem Finger unter meinem Kinn, an. Eine gefühlte Ewigkeit sieht sie mir nur in die Augen. Langsam beugt sie sich zu mir hinunter, gibt mir Zeit zu reagieren. Als sich unsere Lippen berühren ist es nur ein kurzes ran tasten.

Schnell wird der Kuss intensiver. Tamara rollt sich über mich, vergräbt mich in den Kissen und unter ihrem warmen Körper.

Atemlos lösen wir uns irgendwann voneinander und sehen uns tief in die Augen.

Als ich beginne ihre Bluse aufzuknöpfen bricht der Damm.

Innerhalb von wenigen Minuten tragen wir nichts mehr. Kein störender Stoff zwischen uns, der uns behindert. Tamara verwöhnt mich mit Händen, Lippen und Zunge. Lässt mich winden und stöhnen.

 

Verschwitzt, außer Atem und befriedigt zieht mich Tamara in ihre Arme. Deckt uns beide zu und friedlich schlafe ich mit dem Rücken eng an sie gekuschelt und ihren Arm um meine Taille ein.

5

  • Das wieder zu geben, was mich im Schlaf so gequält hat fällt mir nicht leicht auch wenn ich weiß, dass es uns einige Antworten bringt auf das was mir in den fehlenden Jahren wiederfahren ist.

„Es ist nur ein Traum gewesen, aber irgendwie… ich weiß auch nicht. Das Feuer, der Mann in Deutschland. Tamara ich…“ Hilflos blicke ich mich im Wohnzimmer um. Thomas sitzt uns gegenüber und macht sich Notizen. In dem Moment sieht er nicht aus wie ein Chauffeur oder Bodyguard, sondern wie ein Anwalt. Doch mittlerweile weiß ich, dass viel mehr in ihm steckt.

„Ich habe mir das Nummernschild von letztens gemerkt. Ich werde das und eine Beschreibung von dem Mann zur Überprüfung weiter geben. Außerdem habe ich bereits einige Anweisungen erteilt, so dass sie Cécile, nicht mehr alleine unterwegs sind. Was auch immer man von ihnen will, wir werden es rausfinden.“

„Danke Thomas. Ich werde sie auch nicht mehr aus den Augen lassen.“ Besitzergreifend zieht Tamara mich an sich und lässt den Arm um meine Taille liegen.

Auch wenn mir das Besitzgehabe auf den Nerv geht, bin ich froh hier zu sein. Zu wissen, dass ich rund um die Uhr bewacht werde ist anregend und abstoßend zugleich.

 

Die nächsten Tage verlaufen ruhig. Wir verlassen kaum das Gelände. Auch wenn sich Tamara alle Mühe gibt um mich abzulenken, wird meine Laune immer schlechter.

„Cécile morgen fliegen wir nach Hause. Ich muss zurück ins Büro.“ Erleichtert hole ich tief Luft. Endlich nach Hause.

„Aber mein Urlaub? Ich habe noch eine ganze Woche, was soll ich machen?“

„Ich bin nicht die ganze Zeit im Büro. Außerdem ist Trudi im Haushalt. Du bist dann also nicht allein. Ich denke, dass es dir in Deutschland besser gefällt, dann können wir auch mehr unternehmen.“

Seufzend nicke ich. Wenn sich Tamara etwas in den Kopf gesetzt hat, kann man sie davon nicht mehr abbringen.

„Vielleicht kann Chris für ein paar Tage vorbei kommen?“ Frage ich hoffnungsvoll.

„Mh, dein Bruder hat seine Ausbildung gerade abgeschlossen oder? Ich glaube das ist keine schlechte Idee. Wenn ihr zwei aus dem Haus geht, fällt er nicht sofort auf. Sein Kampfsport kann dich schützen.“ Natürlich, Tamara denkt nur pragmatisch. Doch ich freue mich, meinen kleinen Bruder zu sehen und gebe ihr daher keine Widerworte.

„Möchtest du am letzten Abend noch etwas Bestimmtes machen?“ Verlegen kaue ich auf meine Unterlippe und nicke. Ich brauche noch einige Sekunden bis ich den Mut aufbringe.

„Ich möchte gern zur Küste. In all der Zeit wo wir hier sind, sind wir nicht einmal am Meer gewesen.“ Tamaras Gesichtsausdruck verfinstert sich und fast denke ich, dass sie es wütend verbietet. Doch alles was sie macht, ist ihr Handy rauszuholen und etwas darauf zu tippen. Kurz darauf ertönt ein piepen und sie schaut wieder aufs Handy.

„Okay, Thomas ist in zehn Minuten abfahrbereit. Also zieh dir etwas Warmes an.“ Damit erhebt sich Tamara und verlässt das Zimmer. Sie scheint nicht glücklich zu sein, trotzdem erfüllt sie mir den Wunsch. Verlegen wische ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Trotz all der Gefahr, die mir im Moment droht, erfüllt mir Tamara diesen einen Wunsch.

Nach einer Stunde Autofahrt, in der ich mich an Tamara angelehnt habe, hält Thomas das Fahrzeug an. Kurz darauf öffnet er die Tür und lässt uns aussteigen.

„Es ist alles sicher Miss Thyson. Uns ist niemand gefolgt und das Haus wird überwacht.“

„Danke Thomas.“ Damit nimmt Tamara meine Hand und wir gehen den Damm hinunter und sparzieren am Strand den Sonnenuntergang entlang.

„Ich danke dir.“ Breche ich nach einigen Minuten das Schweigen. „Ich weiß, dass ich es dir nicht immer einfach mache. Ich möchte selbst so gern wissen was in diesen zwei Jahren passiert ist. Warum kann ich mich an nichts erinnern?“ Ich reiße mich von Tamaras Hand, greife nach einigen Steinen und schmeiße einen nach dem anderen ins Meer.

„Ich möchte für dich da sein Cécile, wenn du mich lässt. Dass dieser Mann hinter dir her ist und der Anschlag machen die Dringlichkeit der Aufklärung nur stärker. Wären diese Sachen nicht, wäre es egal, aber so.“ Tamara hat sich hinter mir gestellt, hält mich mit einem Arm an sich gedrückt. Möchte sie sich selbst beruhigen oder mich? Ich weiß  es nicht. Doch aus demselben Grund lehne ich mich gegen sie und wir beobachten, wie die Sonne im Meer versinkt.

„Es ist so schön hier.“

„Das hier ist immer dein Lieblingsort gewesen. Immer wenn wir im Urlaub waren, wolltest du zum Sonnenuntergang hier her.“
„Kann ich gar nicht verstehen!“ Sage ich lachend, woraufhin mich Tamara am Hals küsst und beginnt durchzukitzeln bis ich mich vor Lachen winde.

Es ist schön, so ausgelassen zu sein und wir rennen wie Kinder über den Strand. Als die Sonne untergegangen ist ergreift Tamara noch immer lachend meine Hand und wir gehen zurück zu Thomas und dem Auto.

6

 

  • Zurück in Deutschland schicke ich Chris direkt eine Nachricht. Bis ich eine Antwort bekomme dauert es einige Stunden. Leider hat er nur an diesem Wochenende Zeit, da er nach seiner Ausbildung direkt einen Job bekommen hat.

Heute ist Mittwoch, also muss ich mich nur zwei Tage gedulden, bis ich ihn endlich sehen kann. Auch zu meiner Familie fehlt die Erinnerung, nur kann ich es da gut überspielen, da ich sowieso nur sehr wenig Kontakt zu ihnen habe.

 

Tamara ist nach der Rückkehr direkt ins Büro gefahren. Weil Thomas sie begleitet, habe ich einen neuen Bodyguard, Sascha, bekommen, der sofort bei mir ist, wenn ich das Haus verlasse. Nur habe ich gar keine Lust dazu. Noch immer stürzen kurze Flashbacks auf mich ein, die ich lieber für mich behalten möchte, zumindest vorerst.

 

Komplett in meinen Gedanken versunken benötige ich eine Weile, um zu bemerken dass mein Handy klingelt. Als ich drauf sehe erscheint Chris Name.

„Hey Brüderchen hast du Langeweile?“ Grüße ich freudig als ich abhebe. Die Stille die mir entgegenschlägt lässt mich frösteln. „Chris? Sag doch etwas. Was ist los bei dir? Chris“ Mein Puls beginnt zu rasen und mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Im nächsten Moment habe ich das Gefühl, dass alles zum Stillstand kommt, als ein dunkles Lachen durch die Leitung dringt.

„Hallo Cécile. Wie nett von dir, dass du rangegangen bist. Dein Bruder hat gewettet, dass du es nicht tust. Tja, da muss er wohl für bezahlen.“ In dem Moment ertönt ein gellender Schrei.

„Was…nein…lassen sie meinen Bruder in Ruhe! Was wollen sie von mir?“

„Ich will dich Cécile. Du hast eine Stunde Zeit. Die Adresse schicke ich dir in einer Nachricht. Komm erst gar nicht auf die Idee jemanden zu benachrichtigen.“ Damit wird aufgelegt.

Kurz darauf geht eine Nachricht ein. Schockiert schnappe ich nach Luft. Ein Foto von einem abgetrennten Finger ist zu sehen, darunter eine Adresse am anderen Ende der Stadt.

Eine Stunde! Hecktisch blicke ich mich um. Irgendwie muss ich den Bodyguard ablenken.

Da kommt mir nur eine Idee.

Die Panik in meinem Blick und in der Stimme brauche ich nicht spielen, als ich hinaus renne und berichte, dass ich etwas auf dem Dachboden höre. Sascha bedeutet mir in der Küche zu warten, während er die Treppen hochgeht um nachzusehen.

In Gedanken zähle ich bis zehn, dann laufe ich so schnell und leise es geht über das Grundstück und aus dem Tor auf die Straße.

Nach einem kurzen Blick zurück, der mir zeigt das mich niemand bemerkt hat, renne ich los.

 

Auf einigen Umwegen schaffe ich es, nach fünfzig Minuten an dem verabredeten Ort zu sein.

Es ist eine kleine Seitenstraße. Müll türmt sich links und rechts an den Mauern, so dass gerade einmal ein PKW Platz hat um durchzufahren. Das Haus, vor dem ich stehe, ist herunter gekommen. Die unteren Fenster sind mit Brettern verschlossen. In den oberen Etagen kann man kaum noch hindurch sehen, so dreckig ist das Glas.

Die Tür hängt halb aus den Angeln. Unschlüssig blicke ich mich um und bevor ich eine Entscheidung treffen kann wird die Tür aufgezogen und der Mann, der mich in sein Auto ziehen wollte, steht mit einem Schlägertypen vor mir.

„Cécile schön dich zu sehen. Komm doch herein dann können wir uns unterhalten.“

Der andere Typ kommt auf mich zu, doch ich gehe gleichzeitig rückwärts.

„Erst will ich, dass sie meinen Bruder gehen lassen.“ Fordere ich, doch bekomme ich nur ein Lachen als Antwort. Noch bevor ich richtig reagieren kann,  hat der andere Mann mich am Arm gepackt und zieht mich hinter sich her ins Haus. Jeglicher Versuch mich zu befreien ist zwecklos.

Unsanft lande ich auf einem alten Sofa. Als ich mich aufrapple und umsehe, erblicke ich Chris in einer Ecke auf einem Stuhl sitzend. Ich möchte aufspringen und sehen wie es ihm geht, jedoch werde ich sofort wieder zurück geschupst. Chris Kopf hängt nach unten. Ich weiß, dass er mich nicht sieht, hoffe aber, dass er mich wenigstens hören kann.

„Chris ich hole dich hier raus keine Angst.“ Aber Chris zeigt keinerlei Reaktion.

„Wir lassen ihn vielleicht gehen, wenn du lieb bist und tust was wir sagen.“

Während sich der Schlägertyp zurückzieht, steht der Sprecher vor mir. Er ist nicht so breit gebaut wie der Schläger, aber auch nicht gerade schmal. An Schultern und Armen kann man die Kraft erkennen, die er hat. Eigentlich bräuchte er gar keinen Handlanger, aber sicher benutzt er ihn, um sich nicht schmutzig zu machen. Seine Kleidung stinkt geradezu nach Geld. Die Haare sind auf 5 mm getrimmt, das Gesicht kantig und der Blick aus den braunen Augen kalt und einschüchternd.

„Bevor ich mit dir Anfange Cécile, möchte ich dir etwas auf die Sprünge helfen. Du scheinst noch immer nicht zu wissen wer ich bin, also…“ Er setzt sich mir gegenüber in einen Sessel. Der Schläger reicht ihm ein Glas mit brauner Flüssigkeit und stellt sich lauernd hinter mir. Sollte ich auch nur falsch zucken würde er sofort zugreifen.

„Tja wo soll ich anfangen?“ Überlegt er laut. „Vielleicht von der Zeit, als wir dich aus dem Krankenhaus holten.“ Kurz hält er inne und nickt. „Von der Zeit davor. Als du Detektiv spielen musstest. Rumgeschnüffelt hast du, so dass mir gar keine andere Wahl blieb, als den LKW zu benutzen. Sterben solltest du, aber du musstest ja überleben. Doch niemand hat darauf geachtet was wirklich passiert.“ Er hat das Glas geleert und steht jetzt selbst auf um es aufzufüllen.

„Es ist kein Unfall gewesen?“ Frage ich ungläubig.

„Oh nein“, er lacht. „Der Fahrer ist bezahlt worden. Ich habe dich im Krankenhaus beobachten lassen und als du aufgewacht bist, habe ich dich zu mir bringen lassen.“ Jetzt steht er direkt vor mir, ergreift mein Kinn und zwingt mich ihn anzusehen.

„Du bist so dankbar gewesen, dass du mir alles geglaubt hast.“ Er verändert seine Stimme etwas, wird sanft und melodisch als er weiterspricht. „Hallo Cécile ich bin es, dein Freund Louis. Komm wir bringen dich nach Hause wo ich mich um dich kümmern kann.“ Brutal drückt er seine Lippen auf meine. Wegen seinem Griff an meinem Kinn kann ich mich nicht entziehen. Als er jedoch die Zunge zwischen meine Lippen drängt, beiße ich zu bis ich Blut schmecke.

„Du Schlampe“, schreit er auf und verpasst mir eine Ohrfeige. Da er mich losgelassen hat, falle ich auf das Sofa, wo ich liegen bleibe.

Unzählige Bilder stürmen auf mich ein. Der Ansturm ist so heftig, dass mir schwindlig wird. Doch ich versuche es zu unterdrücken. Ich möchte nicht, dass Louis irgendetwas erfährt.

Mit der Faust in meinem Haar werde ich wieder nach oben gezogen.

„Noch etwas, was auf deiner Rechnung steht.“ Mit der anderen Hand reißt mir Louis die Bluse auf die ich trage. Bevor ich auch nur ansatzweise verarbeiten kann was gerade passiert, wird mir die Bluse ausgezogen und meine Hände werden mir auf dem Rücken zusammen gebunden. Der Versuch mich zu befreien lenkt mich ab, so dass ich schockiert still halte, als sich etwas Kaltes an meine Kehle legt.

„Wehre dich nur weiter Cécile, aber mach mich nicht dafür verantwortlich, wenn du dich verletzt.“ Der Druck an der Kehle nimmt zu.

Ein kurzes Stechen, dann wandert die Klinge abwärts, zwischen meinen Brüsten hindurch, wobei der BH ohne Schwierigkeiten durchtrennt wird und an meinen Armen baumelt. Doch Louis lässt das Messer immer weiter abwärts wandern. Krampfhaft versuche ich still zu halten, obwohl ich mich lieber wehren möchte. Ich bleibe leise, auch wenn mir nach schreien ist. Ich bin nicht religiös, aber ich bete still darum, dass Tamara rechtzeitig erscheint und uns hier raus holt. Im Moment mache ich mir größere Sorgen um Chris, als um mich selbst.

Während das Messer an meinem Bauch still verharrt, hat Louis ein zweites gezogen, womit er von unten anfängt meine Hosenbeine aufzuschneiden. Dabei rutscht er immer wieder ab und ich zucke vor Schmerz zusammen.

Als schließlich beide Beine offen sind und die Hose nur noch an der Hüfte und im Schritt zusammen gehalten wird, trete ich zu. So schnell und fest ich kann beginne ich zu strampeln. Das mich eines der Messer dabei weiter verletzt realisiere ich kaum.

Das Ächzen und Fluchen aus Louis Mund sind Genugtuung genug. Louis geht vor mir in die Knie und ich trete noch einmal mit voller Kraft in sein Gesicht. In dem Moment als ich treffe, sticht Louis mit dem zweiten Messer wild zu und der Schlägertyp zieht mich mit brutaler Kraft an den Haaren zurück. Diesen Schrei kann ich nicht mehr zurück halten.

In meinen Ohren rauscht es, das Herz schlägt viel zu hart in meiner Brust. Blut läuft überall auf meinem Körper. Mein Kopf ist nach hinten überdehnt, da ich noch immer nach oben gezogen werde. Die Hände kribbeln hinter meinem Rücken.

Es herrscht eine absolute Reizüberflutung in meinem Gehirn. Die Augen tränen und die Sicht wird langsam immer kleiner. Ich heiße die Ohnmacht willkommen, da ich jegliche Kontrolle verliere.

7

 

  • „Hey Junge wie geht es dir?“

„Thomas schön Sie zu sehen. Mir geht es soweit wieder gut. Warum wacht Cécile nicht auf?“

Leise höre ich die Stimmen. Sie kommen wie durch einen dicken Nebel zu mir rüber. Erst nach und nach schaffe ich es die Worte zu verarbeiten.

„Chris?“ Mir schmerzt der Hals, als ich das eine Wort ausspreche. Doch dieses Wort reicht aus. Sofort legt sich eine Hand in meine und ich greife zu.

„Oh Gott Schwesterchen ich bin so froh. Warum hast du dich nur in so eine Gefahr gebracht?“ Es dauert noch eine Weile, bis ich es schaffe die Augen endlich zu öffnen.

„Wie geht es dir?“ Bringe ich leise und langsam hervor. Chris beugt sich zu mir und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

„Das ist so typisch. Du liegst hier seit drei Tagen und fragst mich, wie es mir geht.“ Tadelnd schüttelt er den Kopf.

„Ich gehe Tamara Bescheid sagen.“ Erst jetzt bemerke ich Thomas, der an der gegenüberliegenden Wand steht. Schuldbewusst sehe ich ihn an und nicke dankbar. Kurz nickt er mir zu und verlässt das Zimmer.

„Wie haben sie dich bekommen?“ Ich kann die Frage nicht länger zurück halten. Anstatt zu Antworten reicht mir Chris ein Glas, woraus ich gierig trinke. Beim wegstellen fällt mein Blick auf die rechte Hand, wo der Mittelfinger fehlt. Automatisch greife ich danach.

„Es ist halb so schlimm.“ Weicht er mir aus und legt die Hand auf seinen Schoß bevor ich sie erreiche.

Noch bevor ich auch nur irgendetwas sagen kann wird die Tür geöffnet und Tamara kommt reingestürmt.

Die normalerweise souveräne Person sieht total zerzaust und derangiert aus. Sie setzt sich zu mir auf die Bettkante und küsst mich ab. Langsam hebe ich die Arme und lege sie um sie.

„Tu das nie wieder Cécile. Sascha hat deine Notiz gefunden und uns verständigt. Drei Stunden, wir haben drei verdammte Stunden benötigt um eingreifen zu können. Du kannst dir nicht vorstellen was für Ängste ich ausgestanden habe.“ Sanft liegen Tamaras Hände an meinem Gesicht. Ihr laufen die Tränen, doch das scheint sie nicht weiter zu interessieren. Das auch ich weine realisiere ich erst, als ich die Tränen auf den Lippen schmecke.

„Versprochen“, flüstre ich und schließe die Augen. Ich bin so müde, das es mir schwer fällt die Augen offen zu halten. Ich spüre, wie Tamara mich in die Kissen zurücklegt. Als sie aufstehen will, greife ich blind nach ihrer Hand und halte sie fest. Ich höre noch ihr leises Lachen bevor ich endgültig wieder einschlafe.

 

Geschlagene zwei Tage muss ich noch im Krankenhaus verbringen, bevor Tamara mich nach Hause holen darf. In der ganzen Zeit bin ich nie alleine gewesen. Entweder ist Thomas bei mir oder Sascha. Auch Tamara und Chris sind so oft da wie es geht. Chris macht ein absolutes Geheimnis daraus wie es ihm geht und was er jetzt machen will. Genauso schweigt er über unsere Familie. Jedes Mal wenn ich ihn frage, bekomme ich nur zur Antwort, dass sich alles regeln wird.

 

Als mich Tamara endlich abholt bin ich deprimiert und nachdenklich. Ich bekomme kaum mit was sie mir erzählt und folge ihr langsam. Die kleineren Schnitte sind gut am verheilen. Nur die große Wunde am linken Beinansatz musste genäht werden und wird mir noch einige Zeit Probleme bereiten. Das Messer steckte so tief, dass Sehnen und Muskel durchtrennt worden sind.

Im Auto zieht Tamara mich an ihre Seite, während Thomas durch die Stadt fährt.

„Du solltest dir nicht so viele Gedanken machen Cécile. Es ist alles vorbei. Louis und sein Handlanger sind im Gefängnis und so schnell werden sie nicht mehr raus kommen, dafür sorgen meine Anwälte.“ Als ich die Worte verarbeitet habe schüttle ich den Kopf.

„Darum geht es nicht. Ich mache mir Sorgen um Chris und…“ Verlegen kaue ich auf meiner Unterlippe, bis Tamara mit dem Finger darüber streicht. „Ich kann mich erinnern.“ Gebe ich schließlich zu und vergrabe mein Gesicht in ihrer Armbeuge.

„Wir reden in Ruhe wenn wir zu Hause sind.“ Ist alles was sie daraufhin sagt und drückt ihre Lippen auf mein Haar.

Den Rest der Fahrt schweige ich und hänge meinen Erinnerungen hinterher. Tamara führt einige kurze Telefongespräche und spricht sich mit Thomas ab. Ihr Arm liegt schützend um meine Schulter. Sie drückt mich leicht an sich und malt immer wieder mit ihren Fingern kleine Muster auf meinem Arm.

 

Kaum dass das Auto vor dem Haus hält geht die Haustür auf und Chris stürmt zum Auto um mich zu empfangen.

„Was machst du denn hier?“ Frage ich Überrascht als er mich in eine Umarmung zieht, kaum dass ich ausgestiegen bin.

„Später Cécile, du solltest dich hinlegen.“ Kommentiert Tamara. Sofort legt Chris eine Hand um meine Hüfte und stützt mich auf den Weg.

Neben dem normalen Sofa wurde eine Chaiselongue aufgestellt, auf der ich mich legen kann. Fragend wandert mein Blick zu Tamara, als Chris auch noch eine leichte Decke über mich ausbreitet.

„Ich dachte mir, dass du zwischendurch lieber hier sein möchtest, als den ganzen Tag im Bett zu liegen.“ Tamara setzt sich zu mir auf die Longue, während Chris sich auf das Sofa setzt. Thomas bleibt an der Tür stehen.

„Ähm, wo ist Sascha?“ Frage ich etwas verlegen. Als mich Tamara mit hochgezogener Augenbraue ansieht gestehe ich leise. „Ich möchte mich bei ihm entschuldigen. Es ist nicht richtig gewesen ihm so eine Falle zu stellen und mich raus zu schleichen. Aber ich hatte doch keine Wahl. Er hat Chris verletzt und ich musste einfach reagieren.“

„Ich weiß es zu schätzen Cécile und sie haben mich im Grunde ja nur abgelenkt. Davon ab das auch ich da einen Fehler begangen habe. Aber immerhin haben sie in ihrem Zimmer eine Nachricht hinterlassen.“ Sascha hat sich neben Thomas gestellt, ohne dass ich es mitbekommen habe. Dankbar lächle ich ihn an. Danach wandert mein Blick zu Chris und automatisch suche ich nach seiner verletzten Hand.

„Nein Cécile, das ist nicht deine schuld gewesen. Also mach dir darüber keine Gedanken. Außerdem habe ich eine Möglichkeit dennoch arbeiten zu können, ohne dass man mir Fragen stellen wird.“

„Wie? Ich meine am Computer und alles, da…“ Mir fehlt das richtige Wort ohne beleidigend zu werden.

„In einer anderen Anstellung gibt es auch da keine Probleme. Außerdem hat es den Vorteil, dass wir uns jetzt täglich sehen werden.“ Lacht Chris und blickt kurz zu Thomas und dann zu Tamara. Als beide ihm zunicken erzählt er weiter.

„Thomas bildet mich als dein persönlicher Bodyguard aus. Außerdem werde ich mich in Tamaras Firma exklusiv um sämtliche technische Angelegenheiten kümmern. Solange wie ich möchte kann ich im Anbau wohnen. Also, so schnell wirst du mich nicht mehr los Schwesterchen.“

Ich bin fassungslos, aber auch glücklich. Bis mir unsere Eltern einfallen. Chris scheint meinen Gedankengang zu erahnen.

„Mach dir um Eltern keine Gedanken. Ihnen geht es gut. Sie wissen nur, dass ich für einen anderen Arbeitgeber umgezogen bin. Du weißt, dass sie denken, dass du damals umgekommen bist. So traurig es auch ist, aber es ist sicherer für alle so. Das weißt du genau.“ Traurig seufze ich und nicke.

„Ja das ist es wohl. Nach der ganzen Sache mit Louis. Ich möchte nicht wissen wie viele Feinde ich mir noch gemacht habe.“

„Als Detektiv? Verdammt viele Süße.“ Entsetzt starre ich Chris an. „Was? Denkst du ich hätte nicht gewusst wie du dein Geld verdienst? Vergiss nicht, dass ich auch sehr gut hacken kann. Warum hast du nie etwas gesagt? Ich bin so froh gewesen, als mich Tamara damals kontaktiert hat um mir zu sagen, dass du wieder da bist. Als du dich jedoch an nichts erinnern konntest, habe ich es zu deinem Schutz nicht gesagt.“

Als ich jetzt Tamara ansehe zuckt sie mit den Schultern.

„Aus demselben Grund habe auch ich nichts gesagt. Du hast nie über deine Ermittlungen und Aufträge gesprochen. Ich weiß auch nicht wo du deine Unterlagen aufbewahrst.“

„Ich hätte euch vertrauen sollen.“ Beschämt lehne ich mich in die Kissen und schließe die Augen.

„Das hätte uns sicher vier Jahre Ungewissheit erspart.“ Auch wenn Tamaras Stimme sanft ist, ist die Anklage hinter den Worten deutlich zu hören. Ich drehe das Gesicht zur Lehne, damit sie die Tränen nicht sieht.

„Cécile“

„Nicht Tamara, lass sie.“ Unterbricht Chris sie. Sanft streicht Tamara über mein Gesicht. Dann spüre ich, wie sie aufsteht. Kurz darauf ist der Raum still und ich bin allein.

 

Doch schlafe ich nicht. Ich lasse die letzten Jahre, durch meine neu gewonnenen Erinnerungen, Revue passieren.

Vor dem Unfall ist das Verhältnis zu meinen Eltern bereits sehr brüchig gewesen. Sie haben nicht verstehen können, wie ich einen männlichen Polizisten für eine Frau verlassen konnte. Das ich dann auch noch Privatermittlerin für die Polizei geworden bin ist zu viel gewesen.

Dann kam der Unfall. Oder eher doch versuchter Mord. Seit dem denken meine Eltern, dass ich Tod bin und wir haben es auch später nie richtig gestellt.

Ich habe an einer Drogenermittlung gearbeitet. Innerhalb kürzester Zeit sind mehrere junge Menschen verschwunden und nach kurzer Zeit tot aufgefunden worden. Todesursache: Überdosis.

Ich hatte keinen Namen, nur Orte.

Bis der LKW kam.

Danach fehlen mir immer noch zwei Jahre. Aber da ich als Drogenabhängige und Prostituierte in ein Resozialisierungsprogramm aufgenommen worden bin, lässt sich erklären was passiert ist. Bei der Erinnerung wird mir schlecht und ich beginne zu würgen.

Ich schaffe es gerade einmal mich auf die andere Seite zu drehen, als ich auf dem Fußboden erbreche. Den einzigen Gedanken den ich gerade habe ist: Gott sei Dank sind hier Fliesen und nur ein kleiner Läufer.

Angelockt von dem Geräusch stürmen mehrere Personen in den Raum.

„Thomas holen sie einen Eimer zum Aufwischen. Tamara bringen sie eine Schüssel und einen Lappen. Chris ein Glas Wasser.“ Im nächsten Moment setzt sich jemand neben mich und streicht mir die Haare aus dem Gesicht.

„Alles halb so schlimm Liebes.“ Es ist Trudi. Prüfend streicht sie mir über die Stirn und bleibt mit der Hand an meinem Hals. „Was für Erinnerungen musst du gerade erleiden?“ Fragt sie besorgt. Verlangt aber keine Antwort, da in dem Moment Tamara und Chris wieder reinkommen.

Mit dem Lappen wischt sie mir über das Gesicht und entfernt alle Spuren. Dann reicht sie mir das Glas Wasser. Den ersten Schluck spucke ich in die Schüssel aus, da ich damit den Mund ausspüle. Erst dann trinke ich einige kleine Schlucke. Als Thomas mit dem Wischzeug kommt, nimmt Trudi es ihm ab und putzt alles auf. Dann drückt sie Thomas alles wieder in die Hand. Nimmt selbst die Schüssel und den Lappen und beide verlassen den Raum.

Während sich Tamara zu mir setzt, nimmt Chris auf dem Boden Platz.

„Geht es wieder?“ Fragt Tamara schließlich und streichelt mir die Wange. Unbewusst schmiege ich mich in die Berührung.

„Möchtest du darüber reden?“ Fragt Chris leise. Müde schließe ich die Augen und schüttle den Kopf. Zu groß sind das Entsetzen und die Scham. Was würden sie von mir denken, wenn sie wissen was passiert ist?

Nur mit äußerster Konzentration schaffe ich es mich nicht noch einmal zu übergeben. Ich drehe mich auf die Seite und versuche, so gut es mit der Verletzung geht, mich zu einer Kugel zusammen zu rollen.

„Ich geh rüber, aber wenn etwas ist sag Bescheid.“ Chris gibt mir einen Kuss auf die Stirn und verlässt das Zimmer.

„Egal was du erfahren hast, es gibt nichts was mich an dir zweifeln lässt. Ich liebe dich Cécile. Wir werden es gemeinsam schaffen. Nur du musst mir auch vertrauen. Es gibt nichts was mich dich mit anderen Augen sehen lässt.“ Damit gibt auch Tamara mir einen Kuss auf die Stirn und verlässt das Zimmer. Am liebsten würde ich sie zurück rufen. Ihr sagen das ich sie auch Liebe und flehen, dass sie bei mir bleibt. Jedoch bleibe ich stumm und schließe die Augen.

Epilog

Eine geschlagene Woche benötige ich um alle Erinnerungen zu verarbeiten und den Mut aufzubringen mit Chris und Tamara über alles zu reden.

 

Meine Angst, dass sie mich verurteilen und mit anderen Augen sehen würden, ist komplett unbegründet.  Natürlich sind sie geschockt über das gehörte, aber keiner von beiden gibt mir auch nur annähernd die Schuld.

 

Wir reden lange darüber und jedes Mal wenn auch nur die kleinste Angst in mir aufkommt, machen sie es durch Worte oder Gesten zunichte.

 

Zwei Monate später

Meinen Job bei David habe ich mittlerweile gekündigt. Zum einen benötigt die Verletzung länger zum Heilen als vermutet. Zum anderen sind die Erinnerungen und die Ängste zu groß um auch nur irgendwo alleine hinzugehen.

 

Manchmal wünsche ich mir, dass ich die Erinnerungen nicht zurückbekommen hätte. Sicher wäre es immer ein Rätsel gewesen, aber immerhin hätte ich glücklich sein können.

 

Aber bin ich jetzt weniger glücklich? Ich habe Tamara und Chris. Ohne der ganzen Sache mit Louis würden wir uns nur ab und an sehen. So aber arbeitet mein Bruder für Tamara.

Irgendwie bin ich schon glücklich. Die Flashbacks werden weniger und seitdem ich mit einer Psychologin spreche wird es besser damit umzugehen. Alle die in unserem Haushalt wohnen und arbeiten kennen die Wahrheit und keiner Verurteilt oder Bemitleidet mich. Denn mit Mitleid könnte ich noch weniger umgehen, da ich mir selbst die Schuld gebe. Ich hätte besser aufpassen und mich absichern müssen. Ich hätte den Menschen in meiner Umgebung von Anfang an mehr vertrauen müssen. Zumindest weiß ich es jetzt.

Aber damals?

 

„Erde an Cécile! Mensch Schwesterchen lass doch endlich mal das Trübsal blasen!“ Erschrocken drehe ich mich vom Fenster weg.

„Wer sagt, dass ich Trübsal blase? Es ist so schön draußen wenn die untergehende Sonne sich im Wasser spiegelt.“

„Oh man“ Chris schüttelt den Kopf. „Die Sonne ist vor fast einer Stunde bereits untergegangen.“ Schnell dreh ich mich zurück zum Fenster. Tatsächlich, es ist alles dunkel. Selbst Mond und Sterne lassen sich nicht blicken.

„Komm in die Küche. Ich habe eine Kleinigkeit warm gemacht. Außerdem müsste Tamara jeden Moment kommen. Ich glaube nicht, dass sie sich freuen wird, wenn du nichts gegessen hast.“ Stöhnend folge ich ihm in die Küche.

„Wer ist hier eigentlich älter?“ Frage ich seufzend.

„Du“ Chris lacht. „Aber erstens werde ich zum Bodyguard ausgebildet, der auf dich aufpasst. Und zweitens verlässt sich Tamara auf mich, dass ich dafür Sorge, dass es dir gut geht.“

„Oh man“ Ich setze mich an den Tisch wo bereits ein kleiner Teller steht. Skeptisch sehe ich meinen Bruder an.

„Was?“ Fragt er schmunzelnd. „Du isst. Wieviel steht nirgends geschrieben.“ Dankbar greife ich nach der Gabel. Tamara sucht sich genau den Moment aus, um ins Haus zu kommen. Ihr Blick gleitet vom Teller zu Chris und dann zu mir. Kopfschüttelnd beugt sie sich zu mir und küsst mich. Als sie sich aufrichtet zwinkert sie Chris zu und setzt sich zu uns. Chris stellt auch ihr einen Teller hin bevor er sich verabschiedet und das Haus verlässt.

„Wie war dein Tag?“ Frage ich neugierig.

„Viel zu lang.“ Antwortet sie zwischen zwei Bissen. „Aber Morgen ist Wochenende und ich habe vor ganz viel Zeit mit dir zu verbringen.“

„Das hört sich gut an. Was schwebt dir vor?“ Schweigend leert Tamara ihren Teller. Dann zeigt sie auf meinen, noch immer vollen Teller.

„Erst aufessen Fräulein.“ Gespielt genervt mache ich die Gabel voll und stecke sie mir in den Mund. Daraufhin nimmt mir Tamara die Gabel weg und beginnt ihrerseits mich zu füttern. Was ich insgeheim genieße.

„Ich möchte mit dir in ein Wellnesshotel.“ Erzählt sie beiläufig. Ich komme nicht dazu zu antworten, da ich bereits den nächsten Bissen im Mund habe. „Und nach dem Wochenende bereden wir, wie es weiter geht.“ Mir bleibt der Bissen im Hals stecken. Nachdem ich ihn hustend hinuntergewürgt habe sehe ich Tamara entsetzt an. Kopfschüttelnd beugt sie sich zu mir und gibt mir einen zärtlichen Kuss.

„Dummerchen“, tadelt sie mich lächelnd. „Ich rede davon wie du die Zeit verbringen willst. Also welche Arbeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du zum Hausmütterchen mutierst.“

„Ach so“ ich erröte wegen meiner Gedanken.

„So langsam solltest du wissen, dass du mich nicht loswirst.“ Tamara legt die Gabel beiseite und zieht mich zu sich auf den Schoß. „Ich liebe dich. Das wird sich nie ändern!“ Der nächste Kuss ist heiß und verlangend. Stöhnend und außer Atem sehe ich sie an. Ich lege eine Hand an ihre Wange, während die andere in ihren Nacken ruht.

„Ich weiß nicht wie ich dich verdient habe. Aber ich weiß, dass ich dich über alles Liebe.“ Der nächste Kuss ist langsam und verspielt. Jedoch nicht weniger heiß als der Erste. „Bring mich ins Bett und lass uns die Zukunft planen.“ Flüstre ich und schmiege mich an sie als Tamara aufsteht und mich auf dem Arm in unser Schlafzimmer trägt.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.12.2018

Alle Rechte vorbehalten

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