Eigentlich will ich einfach nur meinen Spaß haben. Nach einem stressigen Arbeitstag, bequeme Klamotten anziehen und raus gehen. Ich zieh ein Top an, ohne wirklich drauf zu achten was drauf steht. Doch genau dieses Oberteil soll mir zum Verhängnis werden. Kaum das ich meine Straße verlasse und die Straßenbahn betreten habe richteten sich sämtliche Blick auf meine Brüste. Anzügliches Lächeln was ich am Anfang gekonnt ignoriere. Doch als die ersten dämlichen Anmachsprüche fallen, wage ich doch einen Blick auf mein Shirt. "Kiss Me", ja super, so was kann ja nur mir passieren. Zeit zum Umkehren habe ich keine mehr, da ich in einer halben Stunde mit meiner Freundin in der Stadt verabredet bin. Also gibt es nur eins: Augen zu und durch. Ich nehme meinen MP3-Player und lasse die Musik so laut laufen, dass ich die Stimmen nicht mehr hören kann. Die Blicke beachte ich einfach erst gar nicht. Dennoch glüht mein Gesicht, als ich endlich bei meiner wartenden Freundin auftauche. "Na du siehst ja goldig aus. Was ist denn in dich gefahren, das du so rot angelaufen bist?" Wortlos zeige ich auf mein Oberteil worauf hin sie in Gelächter ausbricht. "Ja das sieht dir ähnlich. Hauptsache etwas Bequemes anhaben. Was drauf abgebildet ist, darüber kann man sich später Gedanken machen." Grummelnd Stimme ich ihr zu. Entspricht es ja der Tatsache. Gemeinsam bummeln wir durch die Fußgängerzone, wobei meine Freundin sich das Lachen regelrecht verkneifen muss. "Lass uns irgendwohin gehen, wo man mich nicht erkennt." Flehe ich sie regelrecht an. Einverstanden mit der Idee zieht sie mich quer durch den Überfüllten Bahnhof ins Kino. Noch peinlicher kann es jetzt nun wirklich nicht mehr werden. Die Auswahl des Filmes überlasse ich ihr.
Vom Film bekomme ich nicht wirklich viel mir. Die ganze Zeit überlege ich, wie ich ungesehen nach Hause kommen soll. Plötzlich beugt sich meine Freundin zu mir rüber. Legt eine Hand auf meine Schulter und zieht mich zu sich. Ich lehne mich ihr entgegen, da ich denke, dass sie mir etwas sagen will. Doch im letzten Moment ändert sie die Richtung und drückt mir ungefragt einen Kuss auf den Mund. Sprachlos sehe ich sie an. Weiß nicht ob ich entsetzt oder fasziniert sein soll. Unsicher lecke ich mir über die Lippen. Ihr Blick verfolgt meine Zunge. Langsam nähert sie sich erneut. Wartet ab wie ich reagiere. Meine Augen heften sich auf ihren Mund. Bin vor Erwartung gespannt. Leicht berühren ihre Lippen de meinen. Zaghaft streicht die Zunge darüber. Als ich mich leicht zu ihr beuge intensiviert sie den Kuss. Fest presst sich ihr Mund auf meinen. Ihre Zunge schiebt sich zwischen meine Lippen. Erkunden jeden Millimeter meiner Höhle. Stöhnend unterbreche ich die Verbindung. Blicke ihr unsicher in die Augen. Doch sie streicht mir nur sanft über die Wange. Ergreift meine Hand und gemeinsam verlassen wir den Kinosaal noch vor Beendigung des Filmes.
Auf den Heimweg sagt keiner ein Wort. Da ihre Wohnung näher ist als meine, führt unser Weg direkt dorthin. Immer noch völlig perplex von ihrer aber auch meiner Reaktion lasse ich alles mit mir machen. Erst als wir auf der Couch sitzen und sie ihre Hand auf meinen Oberschenkel legt, erwache ich wieder zum Leben. Instinktiv schlage ich sie weg und springe auf. Nehme so viel Abstand wie nur möglich. "Was auch immer wir gerade getan haben, das war falsch. Ich. ... ich bin in keinster Weise lesbisch und fühle mich zu Frauen nicht hingezogen." "Doch die Reaktion auf meinen Kuss kannst du nicht leugnen. Du hast es genossen." "Du hast mich überrumpelt. Wie würdest du denn reagieren wenn dich plötzlich jemand küsst?" "Ich würde denjenigen keine zweite Chance geben. Was du jedoch getan hast. Du hast mich dich ein zweites Mal küssen lassen und du hast sehr wohl positiv darauf reagiert. Leugne es so viel du willst. Aber ändern kannst du nichts daran." Wütend verlasse ich die Wohnung und fahre in meine eigene. Was sie da behauptet entspricht in keinster Weise der Wahrheit. Natürlich habe ich sie nicht abgeblockt, schließlich stand ich unter Schock. Woher soll ich denn ahnen, dass ausgerechnet meine Freundin, die ich seit vier Jahren kenne, mir die Zunge in den Hals steckt? Von mir selbst entsetzt stelle ich mich unter die Dusche, um mich vom Ekel zu befreien.
Doch all das schrubben und einseifen funktioniert nicht. In meinen Träumen dreht sich alles um meine Freundin und ihren Kuss. Nur das es hier nicht bei einem bleibt. Systematisch erforscht ihre Zunge meinen Körper. Wandert vom Hals hinab zu der Mulde zwischen den Brüsten. Erst jetzt bemerke ich, dass ich nackt bin. Ich liege da wie ein Brett. Lasse alles mit mir geschehen. Beobachte sie dabei wie sie langsam immer tiefer geht. Am Venushügel angekommen setzt ihre Erkundung aus. Nur um an den Beinen neu anzufangen. Erst das linke, dann das Rechte. Langsam hinauf bis zu dem Punkt wo sich die Beine berühren. Unweigerlich bäume ich mich ihr entgegen. Mein Puls rast und Schweiß bedeckt meine Haut. Kerzengerade sitze ich im Bett. Noch immer geht mein Atem stoßweise und mein Herz schlägt doppelt so schnell. Ich fühle mich außer Puste, so als wäre das alles gerade wirklich passiert. Natürlich hatte ich schon erotische Träume, aber noch nie war meine Freundin diejenige die mich verführt hat. Als ich mich endlich beruhigt habe hole ich mir ein Glas Limo aus dem Kühlschrank und leere das Glas in einem Zug. An schlafen ist jetzt nicht mehr zu denken. Also schalte ich den Fernseher ein und mache es mir für den Rest der Nacht mit einem Buch gemütlich.
Da ich am nächsten Tag frei habe, verbringe ich den Vormittag immer noch damit, über den Traum nachzudenken. Doch auch Stunden später komme ich zu keiner Erklärung. Nur stellt sich jetzt die Frage, wie ich mit meiner Freundin umgehen soll. Einfach so tun als wäre nichts gewesen? Das Thema erneut ansprechen? Oder lieber wie ein Feigling ihr aus den Weg gehen? Ich entscheide mich für das Letztere. Ja ich bin feige, aber noch weniger kann ich jetzt schon mit dieser Situation umgehen und mich ihr stellen.
Drei Tage schaffe ich es, ihr aus dem Weg zu gehen. Am vierten steht sie plötzlich vor meiner Tür. "Tu nicht so als wäre ich Luft. Wir müssen reden!" Ich will die Tür wieder zuknallen, doch steht ihr Fuß im weg. So gnadenlos bin ich nicht, um ihr mutmaßlich weh zu tun. Seufzend lasse ich die Tür los und gehe ins Wohnzimmer. "Weißt du, dass Du ganz schön anstrengend sein kannst? Seit Tagen schwirrst du mir in Kopf herum, lässt mich nicht zu Atem kommen." Ja ich bin sauer und so denke ich nicht darüber nach was ich sage. Zu spät bemerke ich meinen Fehler. Doch da steht sie bereits hinter mir. Behutsam legt sie die Hände auf meine Schulter. Resigniert lasse ich den Kopf hängen. "Was macht dir solche Angst?" "Alles", ist die simple Antwort. Sanft haucht sie mir einen Kuss in den Nacken, lässt die Hände hinunter auf mein Dekolleté wandern. "Dann las mich dir zeigen, dass es keinen Grund gibt Angst zu haben." Haucht sie mir ins Ohr. Mit ihren Händen gleitet sie über meine Brüste, beginnt sie zu kneten. Drücke meinen Körper ihren Händen entgegen. Unweigerlich schließe ich die Augen und stöhne. "Genau so will ich dich sehen." Flüstert sie, ergreift meine Hand und zieht mich ins Schlafzimmer. Noch immer bin ich unsicher, doch lasse ich mich diesmal darauf ein. Schließe die Augen und beginne langsam zu genießen.
"Habe ich dir nicht versprochen, dass es dir gefallen wird." Liegen beide aneinander gekuschelt unter der Decke. Ihre Hand wandert federleicht über meinen Körper. "Was ist gerade mit mir passiert? Ich kann es noch immer nicht begreifen. Noch nie habe ich für eine Frau etwas empfunden." "Vielleicht für keine andere Frau und wahrscheinlich wirst du auch nie für eine andere das empfinden, wie du für mich empfindest. Tu mir einen gefallen und lauf nicht wieder vor mir weg." "Vielleicht nicht vor dir, aber sicher werde ich noch das ein oder andere Mal vor mir selbst weglaufen." "Das werde ich zu verhindern wissen, wenn du mich lässt!" Nach etlichen Sekunden des Zögerns nicke ich doch zustimmend. Meine Freundin stützt sich auf den Ellenbogen ab, streichelt mit der freien Hand über mein Gesicht und lächelt. Langsam beugt sie sich über mich, haucht mir einen Kuss auf die Stirn und lässt ihren Lippen sanft über mein Gesicht wandern bis sie am Mund ankommt. Bebend schließe ich die Augen und genieße ihre Berührungen.
Das sich mein Leben so radikal ändert, damit hätte ich nie gerechnet. Noch vor einem Monat war ich Single und vor allem hetero. Jetzt liegt meine beste Freundin neben mir im Bett, ihr Kopf auf meinen Arm gebettet. Dass ich mich gerade in sie verliebe das ist etwas, womit ich nie gerechnet habe. Doch so ist es einmal. Meine Freundin beweist mir, dass es egal ist wen man liebt. Das es nur darum geht glücklich zu sein. Egal ob man mit einem Mann oder einer Frau zusammen ist. Seelig schließe ich die Augen. Schmiege mein Gesicht in ihr Haar und atme den Duft tief ein. Der Geruch der Liebe und des Glücks.
Tag der Veröffentlichung: 03.05.2015
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