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01 - Jamil - Eine neue Truppe

- Jamils Sicht -

 

Ich habe gerade meine Ausbildung zum Soldaten abgeschlossen. Fast alle meiner Kollegen sind durchgefallen. Das heißt, alle, bis auf drei: Kevin, Lukas und ich.

Angespannt warten wir auf das Schreiben, in der wir einer Einheit zugeteilt werden. Keiner von uns kann es sich vorstellen, da die anderen Truppen vollständig sind.

„Hey Jamil Post!“ ruft mir Lukas zu. Jeder von uns bekommt einen Brief, was für uns heißt, wir werden getrennt. „Was steht bei dir?“ fragt er neugierig. Kevin öffnet als Erster.

„Trupp 13“, sagt er kurz und knapp. Kevin ist noch nie ein Mann vieler Worte gewesen. Auch ich öffne den Umschlag.

„Yapp“ war alles, was ich sage. Was bei mir soviel heißt wie „Das gleiche“ Lukas hält es nicht mehr aus, reißt die Post auf und beinahe auch die Nachricht mit.

„Juhu“, schreit er, wedelt den Zettel durch die Luft und springt wie ein Kleinkind umher.

Wir bleiben also zusammen. In zwei Wochen ist der Termin. Und das schönste ist, das wir nicht umziehen müssen, können in diesem Stützpunkt und unserer Baracke bleiben.

 

Schnell sind die zwei Wochen vergangen. Mit Seesack und in voller Montur stehe ich am Morgen vor dem Offiziersgebäude. Kevin und Lukas kommen zehn Minuten nach mir an. Sonst ist niemand zu sehen.

Thomas, unser Ausbilder kommt heraus und sieht uns lächelnd an.

„Kommt rein Jungs!“ Grüßt er und wir stiefeln hinter ihm ins Gebäude.

„Wartet im Unterrichtsraum. Die anderen kommen auch gleich.“ Wie erwartet bleiben wir nicht zu dritt. Die Frage ist nur, woher die anderen kommen.

 

Lange muss ich nicht auf meine Antworten warten. Knapp eine halbe Stunde später tauchen drei weitere Soldaten auf. Sie sagen kein Wort. Stehen in ihrer Ecke und unterhalten sich.

Thomas kommt kurz danach wieder in den Raum.

„Setzen“ kurz und knapp. Jeder befolgt, sind wir doch gut ausgebildet.

„Knappes ja, wenn ich euch aufrufe! Jamil!“

„Yapp“

„Kevin!“

„Ja“

„Lukas!“

„Sir“

„Sascha!“

„Ja“

„Michael!“

„Sir“

„Gregor!“

„Anwesend Sir!“ Alle Antworten ordnungsgemäß, bis auf diesen Gregor. Unauffällig mustere ich ihn. Groß, kräftig gebaut, markantes Gesicht und kurze Haare. Wobei jedes hier kurzes Haar hat. Anordnung von Oben.

 

„Willkommen Herrschaften im Trupp 13!“ Spricht Thomas weiter.

„Da wir nicht genug Küken durchgebracht haben, wurde diese Truppe zusammengewürfelt. Ich gebe ihnen den heutigen Tag Zeit zum Beschnuppern.

Morgen um Punkt Null-Sechshundert haben sich alle hier versammelt!“ Damit dreht er sich um und lässt uns allein zurück.

 

Unangenehme Stille breitet sich aus. Keiner rührt sich auch nur. Wir starren uns gegenseitig an.

 

„Wo kommt ihr her?“ Fragt Lukas nach einer Ewigkeit.

„Trupp 1 seit drei Jahren“, antwortet Sascha prompt.

„Gleicher Trupp, ein Jahr“ gibt Michael zur Antwort.

„Übersee, vier Jahre Armee“, ist Gregors ruhiger Bass zu vernehmen. Überrascht sehe ich ihn an.

 

„Übersee? Wie bist du hier hergekommen?“ Michael scheint genauso überrascht zu sein. Gregor zuckt nur mit den Schultern.

„Brauchte Tapetenwechsel.“ Egal was sie fragten, aus Gregor war nichts mehr heraus zu bekommen.

 

„Wie kommt man vom Trupp 1 zu Trupp 13? Was habt ihr angestellt?“ Fragt Lukas jetzt auch die anderen zwei. „Trupp 1 ist ausreichend bestückt und man wollte wohl etwas Neues aufbauen!“ Gibt Michael zur Antwort.

„Was Neues?“ Meine Überraschung scheint nicht mehr zu verklingen.

„Was seid ihr?“ Kommt die Gegenfrage von Sascha.

„Küken sind sie, hast doch Thomas gehört.“

„Was dagegen?“ Entgegnet Kevin. Ergeben hebt Michael die Hände.

„Ruhig Blut Kleiner!“ Autsch, das hätte er jetzt besser nicht gesagt. Kevin hasst nichts mehr, als Kleiner genannt zu werden. Mit seinem einen Meter dreiundachtzig ist er ja nun auch wirklich nicht klein. Er hat die Hände zu Fäusten geballt und ehe noch einer einschreiten kann, landet der erste Schlag in Michaels Gesicht.

„Scheiße“ flucht dieser und spukt Blut auf den Boden. Die zweite Faust kommt geflogen und noch bevor Michael reagiert, landet sie in seinem Magen. Keuchend geht er zu Boden.

„Du verdammtes Arschloch, was soll der Scheiß?“ Knurrt Michael und geht zum Gegenangriff über.

„Nenn mich nie wieder Kleiner und ja wir sind frisch mit der Ausbildung fertig. Na und Probleme?“ Michael will sich auf Kevin stürzen, doch Gregor ist schneller. Der kräftige Mann packt die Arme und zieht sie Michael auf den Rücken. Ich tue es ihm gleich und stelle mich Kevin in den Weg.

„Komm wieder runter Großer!“ Fordere ich ihn auf. Ich kann Kevin ja verstehen, nur weil wir noch Küken sind, heißt es ja nicht, dass wir nichts drauf haben.

Kevin schnauft einige Male, sieht mich an und legt entschuldigend eine Hand auf meine Schulter.

„Sorry“, sagt er schlicht, dreht sich um und verschwindet aus dem Gebäude. Michael bekommt sich nicht so schnell in den Griff. Er wehrt sich gegen Gregor, jedoch ohne Erfolg. Gregor ist ein Riese, ungefähr zwei Meter fünf. Ich muss den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen zu sehen. Ich zucke mit den Schultern und er lässt Michael los.

„Leg dich nicht mit Kevin an!“ Gebe ich ihm den Rat. Abfällig schnaubt er und verlässt den Raum. „Na super, das kann ja heiter werden.“ Missmutig setze ich mich auf einen Schreibtisch.

„Brauchst du mich noch?“ Fragt Lukas argwöhnisch. Ich schüttle den Kopf.

„Schau nur kurz bei Kevin vorbei!“ Er legt mir eine Hand auf die Schulter und geht, ohne ein Wort zu sagen. Sascha folgt ihm auf den Fuß.

Jetzt bin ich mit Gregor allein im Zimmer. Er steht am Fenster und sieht den anderen Jungs zu.

„Danke“, sage ich leise, ohne ihn anzusehen.

„Wofür“ fragt er, blickt mich nicht an. „Wir sind ab heute ein Team, da müssen wir zusammenhalten. Und ihr habt Recht. Was spielt es für eine Rolle ob ihr Küken seid oder wie Sascha und ich alte Hasen. Die da oben werden sich schon etwas dabei gedacht haben uns zusammenzustecken.“ Überrascht sehe ich ihn an. Damit habe ich nicht gerechnet. „Und außerdem“ ich höre das Lächeln in seiner Stimme. „Ist Kevin ja nun wirklich nicht klein.“ Jetzt sieht er mich an „Du bist der Kleinste im Trupp 13!“ Klare Aussage. Was soll ich mich darüber aufregen? Mit meinem einen Meter fünfundsechzig bin ich wirklich nicht sehr groß. Trotzdem habe ich es ins Team geschafft, mehr zählt für mich nicht. Ich erwidere sein Lächeln.

„Und du bist dafür umso größer!“ Die Äußerung lässt Gregor lächeln.

Wir reden noch eine ganze Weile über Belangloses, bis wir uns für die Nacht verabschieden. Auch wenn wir alle in einem Gebäude schlafen, sind wir doch noch allein. Keiner redet lange mit dem anderen. Eine eigenartige Stimmung liegt in der Baracke.

 

 

Punkt fünf Uhr finden wir uns alle im Klassenzimmer ein. Thomas wartet bereits und nickt zustimmend.

Er gibt uns Einzelheiten zum Aufgabenbereich vom Trupp 13. Es sind nicht viele. Die ersten Wochen stehen uns für Training zur Verfügung. Wir sollen als Team zusammenarbeiten. Skeptisch sehe ich von Kevin zu Michael, dabei streife ich Gregors Blick. Unmerklich schüttelt er den Kopf. Er sieht es genauso wie ich. Zwischen den beiden ist noch nichts geklärt, da wird es noch heiß hergehen. Ein kleines Lächeln huscht über meine Lippen.

 

Nach drei Stunden Besprechung geht es zum Trainingsplatz. Thomas hat zwar alle Daten über unsere Leistung, aber er möchte sich ein Gesamtbild machen.

 

Schnell bemerkt er den Disput zwischen Kevin und Michael.

„Jamil“, ruft er mich zu sich. Als ich bei ihm bin, spricht er ohne Umschweife weiter. „Was ist zwischen den beiden vorgefallen?“ Entschuldigend sehe ich ihn an.

„Sie kennen Kevin, Sir. Michael hat etwas Falsches gesagt.“ Thomas nickt und ruft alle zu sich. Teilt uns in Gruppen ein und zwingt dadurch die beiden zur Zusammenarbeit. Lukas, Gregor und ich bilden das zweite Team.

„Das geht nicht gut.“ Stelle ich leise fest, worauf hin Gregor nur nickt.

Das Training verläuft jedoch überraschend ruhig. Die Zwei können also ein Team sein, wenn sie es müssen. Denn kaum unter der Dusche versuchen sie wieder aufeinander los zu gehen. Ich schüttle den Kopf, drehe das kalte Wasser auf und beide starren mich an.

„Es reicht“ meine Stimme ist kräftig und duldet keine Widerworte. Auch wenn ich der Kleinste im Trupp bin, hören sie, wenn ich spreche. „Hört mit diesem Kindergarten auf! Wir sollen ein Team sein, nicht nur im Einsatz. Und so funktioniert das nicht.“ Wie zwei begossene Pudel sehen sie mich an.

„Sorry“ Kevin ist kleinlaut und reicht Michael versöhnlich die Hand. Erst blickt er mich hasserfüllt an, ergreift dann jedoch Kevins Hand und drückt zu. Kevin lässt sich nichts anmerken, doch seine Mundwinkel zucken. Zu fest ist der Griff. Mein Blick huscht zu Gregor, auch er hat es bemerkt. Ich bezweifle, dass Michael in unser Team passt, aber das behalte ich lieber für mich, zumindest vorerst.

 

 

Ein Monat hartes Training liegt mittlerweile hinter uns. Sascha und Lukas, sowie Gregor und ich sind ein eingespieltes Team. Blind können wir vier einander vertrauen. Auch mit Kevin und uns gibt es keine Probleme. Michael schafft es nicht sich einzuarbeiten. Überall eckt er an. Keinen direkten Befehl kann er befolgen. Schon einige Male habe ich mit Thomas darüber gesprochen. Er will sehen, was er machen kann. Scheinbar nichts.

Morgen ist unser erster Einsatz.

In einem Kriegsgebiet sollen drei Passanten rausgeholt werden. Über einen veralteten Telegrafen haben sie eine Nachricht geschickt.

Heute haben wir frei, sollen uns ausruhen, damit wir für morgen früh bereit sind. Punkt Null-zweihundert, geht unser Flug.

 

Gregor und ich reden diese Nacht lange. Wieder sitzen wir allein im Klassenzimmer.

Von Anfang an habe ich die Anziehung gespürt, die seine Blicke in mir ausgelöst haben. Heute gesteht er mir, dass es ihm nicht anders geht.

„Ich weiß nicht so recht“, beginnt er leise. Ich merke seine Unsicherheit. Er weiß nicht, wie er mich ansprechen soll.

„Sag es gerade heraus.“ Helfe ich ihm auf die Sprünge. Er sieht mich nicht an, steht am Fenster und schaut in die Nacht hinaus. Ein Leises schnauben kommt von ihm an mein Ohr.

„Du machst es mir nicht leicht!“ Seine Stimme ist fast tonlos.

„Ich sage nur, dass du dich nicht verstecken brauchst. Ich finde dich faszinierend und ja ich bin schwul. Na und, davon geht die Welt nicht unter!“ Meine Direktheit überrascht ihn und er dreht sich zu mir um. Ich sitze noch immer auf dem Schreibtisch, sehe ihn im hellen Mondlicht stehen. Das Licht bestrahlt ihn von hinten und sein Körper wirft einen feinen Schatten ab. Wie ein Todesengel sieht er aus, so wie er da steht. Und doch habe ich keine Angst vor ihm. Schrittweise kommt er auf mich zu. Baut sich vor mir auf. Um fast drei Köpfe überragt er mich und ich muss den Kopf in den Nacken legen, um in sein Gesicht sehen zu können.

Seine massige Hand legt sich in meinen Nacken, stützt meinen Kopf und hält mich gleichzeitig gefangen. Nervös lecke ich mir über die Lippen. Seine Augen verfolgen meine Zunge und er beugt sich zu mir runter, bis sich unsere Lippen berühren.

Endlich jubelt es in mir. Endlich haben wir beide den letzten Schritt getan. Jedoch wissen wir beide, dass es unser Geheimnis bleiben muss. Zumindest vorübergehend. Wir müssen abwarten, was die Zeit bringt, doch weiß ich, dass ich für diesen Riesen kämpfen werde.

 

Die Nacht verbringen wir gemeinsam. Bis wir zur Rollbahn müssen.

02 - Sascha - Erster Einsatz

- Saschas Sicht -

 

Zwei Uhr morgens. Wir sitzen alle im Flieger, der über die lange Startbahn rollt.

Jamil sieht verschlafen aus, als hätte er kein Auge zugetan. Ich lasse meinen Blick schweifen. Kevin ist angespannt, Gregor sieht genauso müde aus wie Jamil. Lukas ist entspannt und Michael nervös. Thomas gibt uns unterwegs die letzten Instruktionen.

Hinter vorgehaltener Hand muss ich gähnen. Verdammt, nun bin ich schon um sieben Uhr schlafen gegangen und trotzdem das. So langsam sollte ich es doch gewöhnt sein früh aufzustehen und wenig Schlaf zu bekommen.

Drei Jahre war ich im ersten Trupp nach zwei Jahren Marine. Aber mit meinen 34 Jahren bin ich wohl nicht mehr der Jüngste.

Mein Blick wandert wieder durchs Flugzeug. Vier Stunden Flug liegen vor uns. Gregor und Jamil haben sich zusammengesetzt. Unser Truppenleiter hat Michael in ein Gespräch verwickelt. Ich frage mich, was mit dem Kerl los ist. Als er vor einem Jahr im ersten Trupp eingetreten ist, war er locker. Hat Späße gemacht und jeder konnte mit ihm arbeiten. Hier scheint alles anders zu sein. Da die beiden nicht weit von mir entfernt sitzen, kann ich das eine oder andere Wort aufschnappen.

„Diesen einen Einsatz …“, sagt Thomas. Michael schüttelt den Kopf „Komm schon Junge ...“ Wild gestikuliert Michael in der Luft. Wieder sagt Thomas etwas, was ich nicht verstehe. Michael seufzt und nickt dann. Von den Lippen kann ich ein „Okay“ ablesen. Dankbar legt Thomas ihm eine Hand auf die Schulter. Als Nächstes setzt er sich zu Kevin, der direkt vor mir sitzt.

„Alles klar Junge?“ Fragt er. Kevin nickt. „Tu mir ein Gefallen, versuche nicht Michael zu reizen …“ Kevin will aufspringen, doch Thomas drückt ihn einfach an der Schulter nach unten. „Ich weiß, dass du es nicht mit Vorsatz machst. Wir brauchen Michaels Fähigkeiten hier. Du weißt genauso gut wie ich, dass jeder seine Stärken hat. Michael kommt aus einer anderen Truppe.“ Kevin seufzt, zuckt aber mit den Schultern. Er wird keinen Ärger machen, das habe ich in den letzten Monat erkannt. Kevin ist eigentlich ein Ruhepol, nur darf man ihm nicht ans Bein pissen.

Jamil ist genauso. Obwohl er mit seinem einen Meter fünfundsechzig der Kleinste ist, hat er eindeutig Führungsqualitäten. Am schlimmsten ist es, wenn der Kolos Gregor hinter dem Kleinen steht. Gregor ist ein sanfter Riese, sagt nur selten etwas, aber handelt genau zum richtigen Zeitpunkt. Jamil und Gregor bilden ein gutes Team, scheinen sich blind zu verstehen. Sogar als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, stimmt die Chemie zwischen den beiden. Ich beobachte sie genauer. Die heimlichen Blicke, die sie sich zuwerfen. Die Augen, die glitzern. Ja, es war eindeutig für mich zu erkennen, dass die beiden sich lieben. Ich wünsche ihnen Glück, werde es aber nie in aller Öffentlichkeit ansprechen.

Thomas erhebt sich vor mir, blickt mich kurz an und geht schließlich zu Gregor und Jamil. Sofort versteifen sie sich unmerklich, was mich schmunzeln lässt.

„Was ist los?“ Fragt mich Kevin irritiert.

„Bereite mich nur auf den Sprung vor.“ Kevins Augen werden größer. „Du hast den Fallschirmsprung vergessen?“ Kevin schüttelt den Kopf.

„Nicht vergessen, aber ich hasse es!“ Sagt er kleinlaut. Fragend sehe ich ihn an.

„Höhenangst?“ Er nickt. Mitfühlend lege ich ihm eine Hand auf die Schulter.

„Wir sind ein Team!“ Versuche ich ihn aufzubauen. Sein Blick huscht zu Michael, doch nickt Kevin zustimmend und setzt sich auf seinen Platz zurück.

Thomas macht seine Runde, geht zu jedem und redet mit ihm. Gerade für unsere drei Küken ist es am schwersten. Im Training wurde es oft geübt, aber in der Realität sieht es immer etwas anders aus.

Zum Schluss gesellt sich Thomas zu mir.

„Wie schaut es bei dir aus?“ Erkundigt er sich. Ich bin fast der älteste der Truppe. Nur Thomas ist noch einmal um sieben Jahre älter.

„Alles im grünen Bereich. Wie geht es den Küken?“ Thomas muss lachen.

„Nervös, aber hast du etwas anderes erwartet?“ Ich schüttle den Kopf. Wir zwei kennen uns bereits seid fünfzehn Jahren, haben die Ausbildung fast gleichzeitig gemacht.

„Kannst du dich etwas um Lukas kümmern? Ich werde ein Auge auf Kevin und Michael werfen.“ Ich bestätige seine Bitte.

„Gregor steht Jamil bei?“ Thomas nickt.

„Es ist nur ein Einsatz Stufe eins. Also sollte nichts daneben gehen. Die Zivilisten haben sich bis zum Stadtrand durchschlagen können. Nur noch ein Zaun trennt sie.“

„Also kurz gesagt: Rein, Zivilisten aufsuchen und wieder raus?“ Thomas nickt erneut.

Wie vereinbart kommen wir zur geschätzten Zeit am Absprungziel an. Jamil und Lukas treten ruhig an den Rand und springen. Gregor ist hinter ihnen. Dann springen Michael und Thomas. Auch wenn er eigentlich als Letzter hätte springen sollen, war es doch sicherer so wegen Michael. Ich weiß nicht, was zwischen ihnen abgelaufen ist, und es war mir zumindest in diesem Moment egal.

Kevin verharrt. Verdammte Scheiße der Kerl hat echt schiss zu springen.

„Ich kann das nicht!“ Sagt er leise und drückt sich an die gegenüberliegende Wand.

„Red keinen Scheiß!“ damit zieh ich ihn hoch und schleifte den Körper zur Luke.

„Bitte Sascha“, fleht er. Ich kann ihn nicht hier oben zurücklassen. Diese Blöße wird er nicht überstehen.

„Hör mir zu! Wir springen gemeinsam, jetzt! Und unten sieht niemand, dass etwas vorgefallen ist. Tu es dir nicht an. Verbau dir nicht deine Zukunft!“ Gebe ihm einen Klaps auf den Rücken. Stelle mich mit dem Rücken zur Luke und packe seine Oberarme. „Halte dich fest“, befehle ich ihm. Schritt für Schritt nähere ich mich rückwärts den Abgrund und als ich falle, ziehe ich ihn mit mir. Im freien Fall geht es nach unten. Dabei drücke ich ihn von mir weg und wir fliegen. Seine Augen sind angstgeweitet. Als ich ihm das Signal zum Ziehen des Fallschirms gebe, sucht er unruhig nach dem Band. Ruhig zeige ich ihm das Seil bei mir, und als er ihn zieht, seufzt er erleichtert. Unser Abstand wird größer, dennoch behalte ich Kevin im Blick.

Die Landung läuft wie am Schnürchen.

Am Boden warten bereits alle auf uns. Ich gebe mit knappen Handzeichen Thomas zu verstehen, was vorgefallen ist. Mit einem Nicken bedeutet er mir, dass er mich verstanden hat.

Kevin ist noch immer blass im Gesicht, aber er hält sich. Befreit sich vom Schirm und räumt alles zusammen.

Ich merke, wie erleichtert er ist, wieder festen Boden unter sich zu haben.

Der Ablauf läuft wie geplant. Keiner kommt uns in die Quere. Es sieht aus wie im Training.

Michael ist für den Zaun zuständig. Mit gekonnten Schnitten hat er ein Loch reingemacht, darauf bedacht den Stacheldraht noch weiter zu entfernen.

Das Gebäude, in denen die Zivilisten sich befinden, liegt nur wenige Hundert Meter entfernt. Alles ist wie ausgestorben.

Innerhalb einer Stunde haben wir die Menschen herausgeholt und sind bereits auf den Weg zum Sammelplatz, wo ein Hubschrauber auf uns wartet.

Alles in allem, war dieser Einsatz nicht mehr wie ein Training gewesen. Zumindest für mich. Für Kevin und die anderen zwei Küken ist es mehr. Das sieht man ihnen am Gesicht an.

 

Erschöpft kommen wir am Abend in der Heimat an. Keiner der drei Küken will reden, fast keiner. Ich kann beobachten wir Jamil sich zu Gregor gesellt.

Kevin und Lukas verschwinden sofort in den Unterkünften.

Michael geht mit Thomas ins Offiziersbüro, was mich Schlimmes ahnen lässt.

Ich warte bis Michael wieder hinaus kommt, fast eine Stunde später.

Dann gehe ich zu Thomas.

 

„Was ist oben vorgefallen?“ Fragt mich Thomas direkt.

„Angst“, ich muss schmunzeln.

„Gut gemeistert“ anerkennend lächelt er mir zu.

„Wie war es bei dir damals?“ Thomas stöhnt. Ich weiß, dass auch er Höhenangst hat.

„Frag mich nicht. Hätte ich dich damals gehabt, wäre es wahrscheinlich nicht so schlimm gewesen.“ Er holt zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank im Büro und reicht mir eine.

„Was ist mit Michael?“ Frage ich nebenbei, doch Thomas schüttelt den Kopf. Also werde ich es auch erst am nächsten Tag erfahren.

 

Wir reden über vergangene Zeiten und lassen lachend den Abend ausklingen.

 

Um Null-Elfhundert sitzen wir alle im Unterrichtsraum. Ich habe einen Kater, weiß gar nicht mehr wie viel ich noch getrunken habe.

Als Thomas hineinkommt, sieht er nicht viel besser aus als ich, was mich schmunzeln lässt. Auch er lächelt mich an, bis sein Blick zu Michael geht und er ihn zunickt.

Michael stellt sich an das Pult.

„Ich bin zurück in Trupp 1. Wünsche euch viel Erfolg!“ Ist alles was er sagt, sich umdreht und geht.

Ungläubig starren wir ihm nach.

„In einer Woche kommt der Neue!“ Kündigt Thomas an.

„Jungspund, gerade einmal 23 Jahre. Schließt bei uns seine Ausbildung ab. Er ist sehr vielversprechend. Also benehmt euch.“ Damit verlässt Thomas den Raum und wir bleiben allein zurück.

„23? Und ich dachte wir sind Küken.“ Witzelt Lukas, was mich lächeln lässt. Lukas ist unser Pausenclown. Er bringt immer alle zum Lachen.

„Wie alt bist du? 22?“ Wirft Gregor ein.

„Arschloch!“ Lukas wirft sich in die Brust. „Aber danke für das Kompliment. Ich bin stolze 27 Jahre.“ Er verneigt sich, wie ein Graf. Ich mache große Augen. Wie 27 sieht er wirklich nicht aus, Respekt.

Irgendwie ist das Thema Alter immer an uns vorbei gezogen. Wir arbeiten zusammen, sind ein gutes Team. Der Rest ist doch egal.

 

Nach dem Mittag gehen wir zum Training. Was ich jetzt noch nicht weiß, ist das die Küken sich für den Neuen etwas ausdenken wollen. Ich ahne es aber, da wir früher nicht anders waren, und wünsche dem Kleinen jetzt schon starke Nerven.

03 - Kevin - Die Mutprobe

- Kevins Sicht -

 

Eine Woche sollen wir also auf den Neuen warten.

Ich bin gespannt und vergesse fast das Training dabei.

Michael ist gegangen, Gott sei Dank, dafür soll ja der Kleine kommen.

Mit 23 ist er wirklich recht Jung. Ich bin gespannt, was das für ein Typ ist.

Georg und Jamil sind wie David und Goliath. Komplett unterschiedlich, aber süß. Ich weiß nicht, wer es schon alles bemerkt hat, aber ich sehe dass die beiden zusammen sind. Sie versuchen es im Dienst zu unterdrücken, aber ihre Blicke verraten sie. Was sich bei Sascha abspielt, kann ich nicht wirklich erkennen. Mit Thomas ist er befreundet, aber er kümmert sich auch gut um Lukas, mehr als nur ein Kamerad.

Lukas ist unser Pausenclown, immer hat er irgendwelchen Unsinn im Kopf.

So wie auch jetzt wieder.

 

Die Zeit des Wartens ist vorbei. Gespannt sitzen wir im Aufenthaltsraum der Unterkunft und warten auf den Jungen. Dieser lässt auch nicht mehr lange auf sich warten. Pünktlich auf die Minute tritt Thomas, mit einem schmächtigen Jüngling im Schlepptau, in die Baracke.

„Rühren Männer“ sagt er und wir setzen uns gemütlich auf Tisch und Stühle.

„Das ist also Jan, unser Ersatzmann! Ich wünsche euch einen ruhigen Nachmittag. Wir sehen uns morgen Punkt Null-siebenhundert auf dem Trainingsplatz.“ Damit verlässt Thomas das Gebäude und hilflos bleibt der Kleine stehen.

„Willkommen im Trupp 13, ich bin Jamil“ begrüßt ihn Jamil freundlich.

„Jan“, erwidert der Junge schüchtern. Er ist gerade einmal einen halben Kopf größer als Jamil.

„Thomas sagt du bist noch in der Ausbildung?“ Der Soldat nickt.

„Halbes Jahr noch.“ Inspizierend gehe ich um den Jungen herum. Schmal gebaut, kräftige Arme und muskulöse Beine.

„Was macht dich so besonders für diesen Trupp?“ Frage ich neugierig. Er versucht sich nach mir umzudrehen, doch ich unterbreche meinen Rundgang nicht.

„Ich bin Computerspezialist“ gibt er kleinlaut zu. Also ein Technikfreak, interessant.

„Komm ich zeige dir deine Koje!“ Mischt sich Lukas mit einem grinsen im Gesicht ein. Was hat dieser Kerl den jetzt schon wieder vor?

 

Wir hören was er vorhat, als Jan aufschreit. „Verdammtes Arschloch!“ Platzt es aus den Kleinen raus. Wow, solche Wörter hab ich nicht erwartet. Lachend kommt Lukas zu uns zurück.

Mit blitzenden Augen sieht Sascha ihn an „Was hast du getan?“ Lukas schüttelt nur den Kopf.

Ein nasser Erdklumpen kommt geflogen und trifft Lukas unvorbereitet in den Rücken.

„Bastard“ flucht Jan, dreht sich um und verschwindet wieder nach hinten. Mein Blick schweift von Lukas zu Jan und ohne nachzudenken gehe ich dem Kleinen hinterher. Und sehe die Bescherung: Auf dem gesamten Bett hat Lukas Erde verteilt, samt  Bewohnern.

„Ich helfe dir“ schlage ich vor und noch bevor Jan reagiert, hab ich das Bettzeug entfernt und knülle das Laken wie einen Sack zusammen, um den Dreck nicht zu verlieren.

„Lass ich mach das“ mischt sich Jan ein und will mir den Dreckbeutel abnehmen. Wir rangeln miteinander und der gesamte Inhalt verteilt sich auf den Boden. Zuerst sehen wir auf den Boden, dann uns gegenseitig an und wieder zum Dreck zurück. Ich kann nicht anders und beginne zu kichern, und schon bald fällt Jan mit ein. Lachend halten wir uns die Bäuche, als die Männer vom Krach angelockt, zu uns kommen. Nachdem sie das Chaos sehen, lachen auch sie mit. Für Lukas war das ein Schuss nach hinten, den Sascha drückt ihm Besen und Kehrschaufel in die Hand. Er grummelte zwar, aber machte den Dreck dann doch freiwillig weg.

 

Nachdem Gregor Jan frisches Bettzeug gegeben hat, bezieht er dieses und verstaut seine wenigen Habseligkeiten in den ihm zugewiesenen Spint.

 

Den Abend lassen wir ruhig ausklingen. Jeder erzählt über seine Spezialitäten.

So ist Lukas unser Sprengstoffexperte, Jamil Scharfschütze, Gregor Sprachwunder und Sascha ist unser Sanitäter. Ich bin nur ein Bote.

„Nur ein Bote?“ Jan klingt ungläubig. „Sorry Kevin, aber soviel ich weiß bist du demnach der schnellste Sprinter. Ein Späher, die Augen und Ohren des Trupps.“ Lachend heb ich die Hände. Der Kleine ist süß.

„Na ich bin mal gespannt, wie du im Sport drauf bist“ Witzel ich. Damit erheb ich mich und verschwinde im Duschraum. Nach und nach folgen die anderen.

 

 

„Komm schon Jan, raus aus den Federn!“ Wir alle sind bereits seid einer halben Stunde auf den Beinen, doch der Kleine hat sich noch nicht gerührt. In zwanzig Minuten müssen wir auf dem Platz sein und ohne ihn anzutreten, wirft kein gutes Bild auf die Gruppe. Kurz entschlossen gebe ich Gregor ein Zeichen, er braucht nicht lange um zu verstehen, hebt den kleinen Körper auf seine Arme und bringt ihn unter die kalte Dusche.

Ein greller Schrei ist zu vernehmen. Lachend kommt Gregor wieder und nimmt das Handtuch von Jamil entgegen, was er ihm hinhält.

Auch ich halte ein Handtuch bereit um es Jan zu reichen, doch er kommt nicht aus dem Raum. Gregor zuckte auf meinen Blick nur mit den Schultern.

Um nachzusehen, ob alles in Ordnung ist, gehe ich hinein und erstarre. Der Kleine steht unter der Dusche, das Wasser perlt nur so von seinem Körper ab. Das Blut weicht mir aus dem Kopf in andere Regionen. Verdammte scheiße. Schnell hänge ich das Handtuch über die Tür und verlasse fluchtartig das Gebäude. Was ist das den bitte?

„Alles in Ordnung?“ Sascha gesellt sich zu mir.

„Ja, ja“, stottere ich. Er lacht, hat er wohl meine Reaktion gesehen.

„Der Kleine gefällt dir!“ Das ist keine Frage und ich knurre ihn an.

„Beruhige dich. Aber warum ich dir gefolgt bin. Lukas hat schon wieder Scheiße im Kopf. Er hat für Jan etwas vorbereitet.“ Unwillkürlich erstarre ich bei seiner Aussage. Ich will ihn fragen was, aber Sascha schüttelt nur den Kopf.

 

 

Punkt Null-siebenhundert haben wir es dann noch geschafft. Thomas wartet bereits auf uns und sieht auf die Uhr. Anerkennend nickt er uns zu. Seine Mundwinkel zucken, als er Jans verknittertes Gesicht und die nassen Haare sieht. Aber er sagt nichts dazu.

 

„Gut meine Herrschaften. Wir beginnen mit dem Aufwärmen, Dehnen wie immer und dann zehn Kilometer durch den Wald ohne Gepäck. Abmarsch!“ Thomas pfeift und wir teilen uns auf, immer in Zweiergruppen.

 

Ich kann ganz gut mit Jan zusammen trainieren. Er weiß, was zu tun ist, und packt gut mit an. Nach zwanzig Minuten laufen wir den gewohnten Weg. Immer wieder liegen Hindernisse auf der Strecke, die wir überspringen. Jan schlägt sich gut, auch wenn er nicht gerade schnell ist. Um bei ihm zu bleiben, muss ich mein Tempo zügeln, was mir nicht schwerfällt. Zu angenehm ist seine Gegenwart für mich.

Nach einer Stunde waren wir wieder zurück. Thomas hat in der Zwischenzeit einen Parcours aufgebaut, der alles beinhaltet. Bein- und Armtraining, Schnelligkeit und Geschicklichkeit. Bis zum Mittag haben wir alle es zwei Mal durchlaufen.

 

 „Jan, du sollst zu Thomas auf den Platz!“ Wir sind beim Mittagessen, als mit einem breiten Grinsen in die Kantine kommt. Scheiße, es geht los. Ist alles, was ich in diesem Moment denke.

Gestaffelt gehen wir hinter Jan her. Sascha versucht aus Lukas etwas heraus zu bekommen, ohne Erfolg.

„Was hast du gemacht?“ Zische ich ihm ins Ohr, doch Lukas bricht in Lachen aus.

Als wir auf dem Platz ankommen, steht Jan bereits auf einer Plattform.

„Was für eine beschissene Übung soll das sein?“ Fragt er zähneknirschend.

„Du hast zwei Stunden zeit um dich zu befreien!“ Ist alles was Thomas erwidert. Wir kommen näher und ich sehe, dass Jans Hände auf dem Rücken zusammengebunden sind. „Dabei musst du stehen. Stell dir vor du bist an einem Mast gefesselt.“ Der Kleine knurrt, was ich ihm in diesem Moment nicht verübeln kann. Noch nie musste jemand sich als Geisel erniedrigen. Ich verstand auch nicht, warum Thomas diesen Scheiß von Lukas mitmacht.

„Warum“ frage ich Lukas und auch die anderen Blicke sind auf ihn gerichtet.

„Er muss doch für den Ernstfall trainieren!“ Ist alles, was er antwortet. Ich möchte ihm an die Gurgel gehen, das kann er dem Küken doch nicht antun. Selbst ist er gerade einmal frisch aus der Ausbildung und macht so einen Mist. Jamil stellt sich mir in den Weg.

„Nein Kevin. Lass uns gehen. Jan wird es schon schaffen.“ Er versucht mich zum Gehen zu bewegen, doch ich gehe in die andere Richtung, direkt auf die Plattform zu.

Ich höre mehrere Seufzer hinter mir und weiß, dass die anderen nicht einverstanden mit meiner Handlung sind. Doch das interessiert mich nicht.

 

„Verdammte Scheiße“ fluche ich, als ich sehe auf was Jan wirklich steht.

Über einen alten Brunnen, der normalerweise vollständig abgedeckt ist, liegt nur ein einzelnes Brett. Auf dem Jan steht. Das Brett scheint nicht sehr stabil zu sein. „Bleib ruhig stehen Junge!“ Versuche ich ihm Mut zumachen.

„Ja klar“, sagt er ironisch. „Nur wenn ich stehen bleibe, bekomme ich die Fesseln nicht los und lange wird mich dieses blöde Brett nicht halten.“

Ich spähe über den Rand. In zwei Meter tiefe fängt das Wasser in dem Brunnen an. Zwei Meter, die er hinabstürzen kann. Unglücklich erinnere ich mich an meinen Fallschirmsprung und ein zittern überläuft meinem Rücken.

 Ich gehe hinter ihm, um seine Hände sehen zu können. Es ist keine wirkliche Aufgabe zur Ausbildung also kann ich ihm helfen.

„Pass auf, ich sage dir, was du machen musst. Jede Bewegung muss ruhig ausgeführt werden. Halte deinen Körper unter Kontrolle!“ Jan nickt und schritt für Schritt erkläre ich ihm, was er zu tun hat.

Es dauert fast eine Stunde bis seine Hände frei sind. Ohne nachzudenken rennt er über das Brett und in dem Moment, als er festen Boden unter sich hat, bricht die Latte in zwei.

„Welches Arschloch ist auf diese blöde Idee gekommen?“ Schnauft er erleichtert.

„Keine Ahnung, aber komm. Ich geb dir einen aus.“ Nein Lukas werde ich trotz allem nicht in die Pfanne hauen. Wir sind ein Team, das zusammenhält.

 

In der Unterkunft sitzen die anderen und als ich mit Jan reinkomme, johlen sie.

„Tja Lukas, das Geld geht dann wohl in die Kasse.“ Sascha lacht und Lukas zieht einen Schmollmund.

Jamil sieht mich fragend an und ich signalisiere ihm, dass ich nur mit Worten geholfen habe. Verstehen nickt er mir zu.

 

„Du verdammtes Arschloch“ schreit Jan, als er erkennt wem er das zu verdanken hat. Impulsiv will er auf Lukas losgehen, doch ich lege einfach meine Arme um den schmächtigen Körper.

„Du hast es überstanden Jan!“ Versuche ich ihn zu beschwichtigen „Und ich denke das Lukas nicht noch so ein Spiel treiben wird!“ Dabei sehe ich Lukas fest in die Augen.

„Beruhige dich Junge. So eine Mutprobe bringt doch niemanden um.“ Antwortet er lachend und reicht Jan versöhnlich die Hand, der diese auch ergreift.

„Und trotzdem bist du ein Arsch.“

Schlagartig hat sich die Situation entspannt. Ab diesem Augenblick zählt Jan zum festen Mitglied vom Trupp 13.

04 - Jan - Brisant

- Jans Sicht -

 

Zwei Monate jeden Morgen das gleiche Spiel.

Ich habe so die Schnauze voll. Wenn Lukas weiter so macht, bekommt er noch, was er braucht.

Wieder hat dieses Arschloch mir Käfer ins Bett getan. Manchmal denke ich, ich bin in einem Kindergarten gelandet und nicht bei der Army.

Trupp 13!

Weiß eigentlich auch nur einer aus der Mannschaft was das bedeutet? Bei Gelegenheit muss ich unbedingt Thomas einmal darauf ansprechen. Aber nicht heute. In einer Stunde sollen wir drüben sein zur Einsatzbesprechung. Am liebsten würde ich Lukas … aber warum mache ich das nicht einfach?

Die Jungs sind gerade alle im Duschraum, also kann niemand mich beobachten, wie ich die Käfer einsammel und in Lukas Spint verteile.

Anschließend verschwinde ich ohne ein Wort zu sagen unter der Dusche, genau zu diesem Zeitraum, als die anderen herauskommen.

„Scheiße“ vernehme ich Lukas Stimme. Ich glaube er hat die Käfer gefunden. Die anderen Prusten los vor Lachen.

„Nein Lukas“, höre ich Gregor sagen. Dieser Typ von Bär ist Sanftmut in Person. Solange man ihn nicht provoziert. „Du hast deinen Spaß gehabt. Komm damit klar. Zwei Monate sind genug. Jan hat sich integriert, jetzt muss gut sein!“ Lukas Antwort kann ich nicht verstehen, da ich in diesem Moment den Kopf unter Wasser halte.

 

„Guten Morgen“ begrüßt mich Kevin mit einem breiten Grinsen im Gesicht, als ich den Waschraum verlasse. Von Lukas fehlt jeder Spur. „Er ist schon drüben!“ Kevin hat meinen Blick richtig gedeutet. Erleichtert hole ich Luft, zieh mich an und wir gesellen uns zu den anderen.

Lukas beachtet mich kein bisschen.

 

Auffordernd gehe ich auf ihn zu und strecke ihm die Hand entgegen.

„Frieden“, frage ich herausfordernd in die Runde. Wie soll Lukas reagieren? Wenn er ablehnt blamiert er sich selbst, da es alle mitbekommen. Ergreift er meine Hand, weiß er genau, dass jetzt Schluss ist. Ein tiefer Atemzug und er schlägt ein.

„Du bist gerissen Kleiner“, lobt er mich überraschenderweise. „Noch nie hat es mir jemand heimgezahlt.“ Ich nicke kurz, froh das es endlich vorbei ist.

 

„Guten Morgen Mädels“ begrüßt uns Thomas, als er den Raum betritt.

„Also passt auf …“ in allen Einzelheiten erklärt er uns den Auftrag und auch die jeweiligen Anforderungen.

„Wenn wir vor Ort sind, beziehen wir hier ... hier und … hier Stellung“ Er zeigt uns auf der Karte drei Gebäude um das Zielobjekt.

„Kevin, Jamil und ich sind die Vorhut. Lukas und Gregor ihr seid der zweite Trupp und Sascha und Jan die Nachhut.“ Er sieht uns alle der Reihe nach an.

„Wir haben jetzt vierzehnhundert“ er blickt auf seine Uhr „In zwei Stunden Treffpunkt Hangar. Und seien sie pünktlich Herrschaften!“ Damit dreht er sich auf den Absatz um und verschwindet.

 

Ich frage mich, was Thomas verheimlicht. Er erklärt nicht viel, aber die Aufteilung, die er gemacht hat? Nur um fünf Zivilisten rauszuholen? Irgendetwas stimmt da nicht, da bin ich mir sicher.

„Was war das den eben bitte?“ Fragt auch schon Sascha.

„Da stimmt etwas nicht!“ Gibt Gregor zu bedenken. Sascha und Gregor sind nach Thomas die Dienstältesten in unserem Trupp und wenn die beiden schon bedenken haben.

„Kommt schon“ versucht Lukas die Situation aufzulockern. „Es ist ein Einsatz wie der Erste!“

„Genau Lukas, der Erste! Seid dem haben wir keinen Einsatz mehr gehabt. Nur Training. Nimm nicht alles auf die leichte Schulter!“ Was bitte ist das? Kevin geht in die Luft?

„Wem haben wir es den zu verdanken, dass wir erst einen Einsatz haben?“ Lukas baut sich drohend vor Kevin auf. „Du bist doch hier derjenige, der sich quer gestellt hat wegen Michael. Und dann kommt der Grünschnabel. Es ist nicht mein Verschulden, das wir keine weiteren Einsätze gehabt haben.“ Ohne Vorwarnung knallt es. Aber nicht Kevin sonder Jamil war derjenige der Lukas eine reinhaut.

„Treib es nicht auf die Spitze. Michael hat für sich selbst entschieden, dass es das Beste ist hier auszusteigen. Und schiebe nicht die Schuld auf Jan. Wir sind nicht viel länger aus der Ausbildung.“ Gregor steht schützend hinter Jamil. Lukas traut sich nicht etwas zu sagen, wischt das Blut aus dem Mundwinkel und haut ab.

„Macht euch nichts draus“, versucht Sascha die Situation zu entschärfen. „Ihr habt beide keine Schuld. Ich werde mit Thomas nach dem Einsatz reden und sehen, ob er uns endlich mal Klarheiten über Trupp 13 verschaffen kann. Wir sollen ein Spezial-Trupp sein, davon merke ich nur nichts.“ Aufmunternd klopft er Kevin und mir auf die Schulter und geht Lukas hinterher. Oh man das kann ja heiter werden.

 

Der Flug ist ruhig verlaufen. Lukas geht uns aus dem Weg. Redet nicht viel. Die Stimmung allgemein ist sehr angespannt. Gegen Mitternacht erreichen wir unser Ziel und wie besprochen teilen wir uns auf. Jeder hat seine Ausrüstung dabei.

„Zwei Stunden Pause. Ich übernehme die Wache“, erklingt Thomas Stimme durch die Köpfhörer.

Erleichtert seufze ich und sinke gegen eine Wand zu Boden.

„Hier!“ Sascha reicht mir eine Wasserflasche und setzt sich mir gegenüber.

„Lukas ist ein guter Kerl.“ Beginnt er ohne Umschweife zu erzählen. „Er ist unser Pausenclown. Immer zu Scherzen aufgelegt. Ihm ist langweilig geworden, deshalb hat er angefangen dich zu ärgern. Dass er sich so Luft gemacht hat, mit dem was er Kevin und damit auch dir an den Kopf geknallt hat, war nicht richtig. Du kannst genauso wenig etwas dafür, dass wir erst einen Einsatz hatten, wie Kevin. Es werden noch bessere Zeiten kommen und irgendwann wird er froh sein, endlich Urlaub zu haben.“ Ich hoffe Sascha hat Recht.

Geschlaucht von der Fahrt schließe ich die Augen und döse ein.

 

 „Jan“ Thomas Stimme knackt in meinem Ohr.

„Sir“ ich reagiere noch aus dem Schlaf, so wie man es uns beigebracht hat. Immer einsatzbereit.

„Schallt den Laptop ein und überprüfe per Satellit die Verbindung!“

„Verstanden“ das Gerät habe ich bereits vor mir stehen und innerhalb kürzester Zeit war alles oben.

In der Nacht hat Thomas Gruppe diverse Kameras an den Fenstern des Zielgebäudes befestigt, über die ich jetzt alles erkennen kann.

„Sir im Eingangsbereich vier Personen, bewaffnet. Obere Etage zeigt kein Lebenszeichen. Im Kellergeschoss befinden sich die Geiseln und … scheiße Sir da ist eine Bombe.“ Alles verstummt.

Sascha hat sich hinter mir gestellt, sieht über mich auf den Monitor und legt beruhigend eine Hand auf meine Schulter.

„Die Bombe sollte kein Problem darstellen“ mischt sich Lukas kalte Stimme ein.

„Also gut. Wir drei gehen rein und schalten die Vier oben aus. Lukas ich geb Bescheid, wenn die Luft rein ist, schalt deine Kamera für Jan ein“ ein leises Knurren war zu vernehmen. „Gregor gibt dir Rückendeckung und kümmert sich um die Zivilisten. Wir halten oben alles sauber. Jan du überwachst die Umgebung und gib rechtzeitig bescheid. Sascha steht für alle Fälle zur Verfügung.“ Ein einheitliches „Jawohl“ und man hört, wie sich die ersten auf den Weg machen.

 

Soweit verlief alles reibungslos. Kevin, Jamil und Thomas sind leise und präzise vorgegangen. Lukas und Gregor sind bereits auf den Weg ins Kellergeschoss.

„Verdammt“, fluche ich leise. Sascha beobachtet alles hinter mir stehend. Ich wechsel immer wieder die Kameras.

„Kevin, zweite Etage. Drei bewaffnet“ und wieder schalte ich zurück, warte keine Antwort ab. Bete nur, dass sie rechtzeitig reagieren.

„Gregor Achtung. Hinter den Geiseln blaue Mütze, bewaffnet!“ Gregor sieht, zielt und die Person kippt um, noch bevor er die Waffe heben kann.

„Sehr gut“ lobt mich Sascha. Ich bin viel zu nervös um alles realisieren zu können. Lukas kniet vor der Bombe, noch eine Kameraeinstellung mehr. Meine Hände sind feucht und Schweiß läuft mir über den Rücken. „Atme tief durch Kleiner.“ Versucht mich Sascha zu beruhigen. Ich habe keine Zeit. Wieder in die zweite Etage, nichts.

„Thomas, vor dir rechte Tür. Anzahl nicht erkennbar.“ Blick in den Keller. Gregor redet mit den Zivilisten, hat den Toten etwas entfernt. Blick auf die Bombe. Alles im grünen Bereich. Lukas hat sie schnell und sicher entfernt.

„Die Luft ist rein!“ Gebe ich zu Gregor und Lukas durch. Sie befreien die Geiseln und gehen nach oben. Eine Person ist verletzt. Ich sehe kurz zu Sascha und nicke ihm zu. Er versteht und geht. „Lukas, Sascha kommt. Luft ist rein bringt sie raus.“ Kamerawechsel „Jamil. Kannst du unten helfen? Kevin und Thomas zweite Etage.“ Verdammt noch einmal wo kommen die alle her.

Ich fühle mich wie in einem Computerspiel.

Lukas und seine Gruppe verlassen das Gebäude, dadurch fallen sie aus meiner Beobachtung. Scheiße was soll ich machen? Ich sprinte zum Fenster, aber kann nichts erkennen. Sie sind hinter dem Gebäude. Also wieder an den Monitor. So haben wenigstens Kevin und Thomas Deckung.

Schüsse sind zu hören. Sie kommen nicht aus dem Gebäude. Vor dem Gebäude. Nein! In mir schreit alles.

„Jan, was ist passiert?“ Thomas ruhige Stimme. Habe ich gerade laut geschrien? „Ich weiß es nicht Sir! Kann nicht sehen wo die Gruppe ist!“ Meine Stimme ist leicht hysterisch, merke es selbst und versuche mit langen Atemzügen mich zu beruhigen. „Gut Junge. Wir kommen hier oben klar. Gib den anderen Feuerschutz. Wir sind gleich bei euch.

Mit der Beretta im Anschlag laufe ich aus dem Raum, die Treppe hinunter und aus dem Gebäude. Ich muss nicht weit rennen, um die Kameraden zu sehen. Sascha liegt auf dem Boden, Georg und Jamil sind nicht zu sehen. Wo ist Lukas?

Ohne zu überlegen gehe ich auf Sascha zu. Sehe mich immer wieder um, nichts zu sehen.

„Sascha“ sanft berühre ich ihn an der Schulter. Seine Augen sind geschlossen. „Jan pass auf. Einer der Attentäter ist als Geisel getarnt. Er hat Lukas. Wir haben ihn nicht gesehen. Gregor und Jamil haben die anderen drei Zivilisten. Sie sind soweit in Ordnung.“ Ich nicke ihm zu, als mir einfällt, dass er es nichts sieht.

„Wie geht es dir“, frage ich. Soviel Zeit nehme ich mir noch.

„Bauchwunde, Streifschuss.“ Sagt er ruhig. Ich bewundere Sascha. Obwohl er verletzt wurde, ist er die Ruhe in Person. Drückt sich nur etwas auf die Wunde und gut ist.

„Thomas und Kevin sind unterwegs.“ Damit gehe ich … wohin?

Verdammt das darf alles nicht sein. In welche Richtung sind sie gegangen. Hoffentlich komme ich nicht zu spät. Wieder ertönt ein Schuss. Ich laufe so schnell ich kann dem Krach entgegen und erstarre. Lukas, mit einer Waffe am Kopf. Rechts von mir steht Thomas. Sie sind schneller als ich hier gewesen.

Hinter dem Geiselnehmer schleicht sich Kevin ran. Der Typ hat nur Augen für Thomas, bekommt den Schuss gar nicht mit, den Kevin ihm direkt in den Kopf jagt.

Blut und Gehirnmasse spritzen, der Mann geht zu Boden und reißt Lukas mit sich mit. Sofort ist Thomas zur Stelle, schiebt den Körper weg und hilft Lukas auf die Beine zu kommen.

„Scheiße Kevin“ flucht Lukas „Das nächste Mal gib mir ein Zeichen das ich gleich bade. Abartig!“ Durch das fremde Blut sehen wir seine Wunde nicht, bemerken nur, wie er in sich zusammenklappt.

Wie versteinert stehe ich da und beobachte das Ganze wie aus weiter Ferne.

 

Kevin sieht hoch und bemerkt mich.

„Jan“ bellt er. Ich brauche noch einen Moment, bis ich erkenne, dass er mich meint, und laufe zu ihm rüber.

„Wo sind die anderen?“ Fragt Thomas.

„Gregor und Jamil sind mit drei Zivilisten in Sicherheit. Sascha ist …“ allein. Doch dieses Wort schlucke ich runter, drehe mich um und renne zu den verletzten Kameraden zurück. Gott sei Dank, er ist noch da und lebt. Thomas folgt mir mit Kevin an seiner Seite und Lukas tragend. Mit gezielten Handgriffen übernimmt er die Erstversorgung.

„Beide werden es überleben“ stellt er ruhig fest. „Jan rufe den Hawk!“ Ich eile. Renne ins Gebäude, zu meiner Ausrüstung und hol die Verstärkung.

 

 

Noch in der gleichen Nacht kommen wir vom Einsatz zurück.

 „Alles ist gut verlaufen. Sascha und Lukas geht es den Umständen entsprechend. Müssen noch einige Tage im Lazarett bleiben.“ Beginnt Thomas, kaum dass er die Unterkunft betritt.

 „Den Zivilisten geht es gut. Sehen nur mitgenommen aus und stehen unter Schock.“ Er sieht alle der Reihe nach an.

„Erholt euch morgen. Genießt den Tag. Ich gebe Euch drei Tage dienstfrei.“ Damit verschwindet er, genauso schnell wie er gekommen ist.

05 - Jan - Endlich Dienstfrei

- Jans Sicht -

 

Endlich nach zwei Monaten haben wir einen freien Tag.

Kevin kommt auf die glorreiche Idee Wandern zu gehen. Zu viert sollen wir den Tag verbringen. Kevin, Jamil, Gregor und ich. Wir gehören zu einer Einheit, die eigentlich aus sieben Personen besteht. Jedoch ist unser letzter Einsatz schief gelaufen und so kommt es, dass zwei unserer Männer im Krankenhaus gelandet sind. Gott sei Dank nicht schwer verletzt, aber für die nächsten Wochen außer Gefecht gesetzt. Und unser Truppenführer sitzt am Schreibtisch und muss Bericht erstatten.

Am frühen Morgen schmeißt Kevin uns aus den Betten.

„Jungs los raus. Ich dachte wir wollen den Tag genießen!“ knurrend drehe ich mich zur anderen Seite und vergrab mein Gesicht unter dem Kissen. Jamil und Gregor springen gut gelaunt auf und lachen über die Bemerkung.

„Einen Tag genießt man mit ausschlafen und nicht mit dem Hahn aufzustehen.“ Lachend schlägt Gregor Kevin mit dem Handtuch auf den Hintern und verschwindet im Duschraum.

„Komm Junge raus mit dir!“ Lachend zieht mir Kevin das Kissen vom Kopf. Auf was habe ich mich da nur eingelassen? Ich will den Tag lieber allein verbringen. Dieser letzte Einsatz ist einfach zu viel für meine Welt gewesen.

„Komm Jan. Du brauchst den Tag um deinen Kopf freizubekommen genauso wie wir.“ Mitfühlend legt er eine Hand auf meine Schulter. Vielleicht hat er ja Recht, aber ich kann nun einmal nicht so einfach abschalten. Zähneknirschend erhebe ich mich und verschwinde mit neuen Klamotten zu Gregor im Waschraum.

„Morgen Kleiner“ grüßt er mich leise.

„Mh“ ist alles, was ich raus bringe. Ich bin einfach nicht in Stimmung zum Reden. Alle und auch wieder keiner scheint das zu verstehen. Sie machen einen auf heile Welt und wollen, dass ich daran teilnehme.

 

Das Frühstück lassen wir gepflegt ausfallen. Hat jeder doch einen Rucksack mit Verpflegung dabei. Kevin hat den Tag komplett ausgeplant. Er weiß genau wo er hinwill und wann wir eine Pause machen können. Die Jungs unterhalten sich angeregt über die letzte Post ihrer Liebsten. Ich höre stillschweigend zu und denke mir meinen Teil. Post habe ich selbst nicht bekommen, also warum soll ich da mitreden?

Ohne Rast marschieren wir mehrere Stunden. Warum auch Pause machen? Durch unsere Arbeit sind wir es gewöhnt einen ganzen Tag zu laufen mit mehreren Kilo Ballast auf den Rücken. Im Vergleich dazu ist das heute ein Spaziergang.

Gegen Mittag haben wir das Ziel erreicht. Eine schöne Hochebene mit Bergsee. Wir kommen aus Westen. Im Osten und Norden ist die Fläche vom Gebirge abgegrenzt und im Süden geht es steil bergab. Rings um das Plateau ist alles grün und am Rande stehen Mischbäume.

Wäre meine Stimmung nicht so mies, hätte es mir hier gefallen, so friedlich, wie es ist.

Wir lassen uns am See nieder und noch ehe ich mich recht versehe, haben sich alle drei ausgezogen und springen kopfüber ins kühle Nass. Die Stimmung ist ausgelassen und sie tollen rum wie pubertierende Jungs.

„Komm endlich ins Wasser Jan!“ Fordert Kevin mich auf.

„Später“ ist alles, was ich dazu sage. Ich hänge meinen Gedanken nach.

Erinnerungen an den letzten Einsatz. An meinen verpatzten Auftrag, der mehrere Anwesende verletzt hat. Darunter Sascha und Lukas, unsere Kameraden. Die anderen drei Personen die verletzt wurden, sind Zivilisten. Leute, die wir retten sollten und nicht noch mehr in Gefahr bringen. Doch genau das habe ich getan. Fünf Menschen sind wegen meines verschulden unnötig in Gefahr geraten.

Blicklos sehe ich über das Wasser.

„Jan lass den Scheiß“ kaltes Wasser trifft mich im Gesicht und Gregors schneidende Stimme tut sein übriges. Irritiert sehe ich die Jungs an, die alle samt vor mir stehen. Nackt, wie Gott sie schuf.

„Lasst mich doch einfach in Ruhe“, platzt es aus mir raus. Woher ich die Kraft in meiner Stimme nehme, weiß ich nicht. Alles entlädt sich auf einmal. Die Erinnerung an die Schreie und das Blut. Meine Machtlosigkeit einzuschreiten, um das Unheil zu verhindern. Die verletzten Kameraden und das entsetzte Gesicht des Truppenführers. Mit Macht rollt die Wut aus mir heraus.

„Lasst mich doch einfach alle in Ruhe“ schreie ich noch einmal, springe auf und renne. Ich habe keine Ahnung wohin, will nur weg. Alleine sein.

Den Abhang sehe ich zu spät. Stürze hinüber und kann mich im letzten Moment noch an einer Wurzel festklammern. Ich bin zu perplex, um nach Hilfe zu rufen.

„Verdammte Scheiße Jan“, ruft ein entsetzter Jamil über mir, beugt sich hinab und versucht meine Hand zu packen. „Greif schon zu“ blafft er mich an. Gregor und Kevin sind nur Sekunden hinter ihm. Kevin erfasst die Situation sofort, bricht einen kräftigen Ast ab und legt sich neben Jamil auf den Boden.

„Pack den Ast du Idiot“ schreit er mir zu. Ich reagiere nur instinktiv, ergreife den Ast erst mit der einen, und als ich einen sicheren halt habe, auch mit der anderen Hand. Mit vereinten Kräften ziehen die beiden Männer mich nach oben. Sobald Kevin meine Hände erreicht, lässt er den Stock los und hält mich daran fest. In dem Moment, als er zieht, packt Jamil meinen Hosenbund und hievt mich die letzten Meter nach oben. So liegen wir nur wenige Augenblicke später am Klippenrand. Halb liege ich in Kevins Schoss und Jamil hält mich um die Taille fest. Kaum habe ich sicheren Halt will ich mich losreißen, doch Kevin hat einen festen Griff.

„Du tickst nicht mehr richtig.“ Sie drücken mich auf den Boden.

„Lasst mich los“ schreie ich und versuche um mich zu schlagen. Kevin erwischt meine Arme und klemmt sie ein. Gregor sehe ich zuerst nicht, bis mich kaltes Wasser trifft. Erschrocken reiße ich die Augen auf und erstarre. Gregor hat seine Trinkflasche über mich ausgeschüttelt, dabei bleibt Kevin nicht verschont.

„Können wir jetzt wieder zurückgehen?“ Fragt Gregor ruhig. Kevin wartet erst gar keine Reaktion von mir ab, zieht mich mit sich nach oben und läuft zurück zum See. Dabei schiebt er mich vor sich her. Jamil und Gregor folgen uns.

Am Wasser drückt Kevin mich zu Boden. Positioniert sich hinter mir und hält meine Arme hinter dem Rücken fest. Ohne Vorwarnung knallt mir Jamil eine. Ich spucke Blut, doch sehe ich niemanden an.

„Rede du Idiot. Zwei gute Leute liegen bereits im Krankenhaus, willst du dich umbringen?“ Na super, genau den Punkt getroffen, den ich nicht hören will.

„Ja, du hast Recht. Sie liegen im Krankenhaus. Wegen mir“, schreie ich sie an. „Ich bin daran schuld. Ich sollte nicht mehr im Team sein. Bin doch gar nicht richtig einsatzfähig!“ Klatsch … die nächste Ohrfeige hat mich erwischt. Diesmal ist es Gregor.

„Wir sind ein Team, Arschloch.“ Ich schüttele den Kopf.

„Ihr seid ein Team. Nicht ich. Ich bin nur der Ersatzmann!“ Unvorbereitet trifft mich eine Faust auf dem Hinterkopf.

„Arschloch. Nie warst du der Ersatzmann. Nicht für uns!“ Kevin lässt meine Arme los als er mich schlug und ich falle nach vorn. Stütze mich ab und spucke noch mehr Blut.

Wütend sehe ich einen nach dem anderen an. Rappel mich hoch und stürme davon. Ich bin noch nie der schnellste der Truppe gewesen und so ist es wohl auch nicht verwunderlich das mich Kevin einholt und wir der Länge nach im Wasser landen. Laut prustend tauchen wir auf, aber noch bevor ich es realisiere, habe ich Kevins Faust im Gesicht. Wasser und Blut spritzt, aber das stört mich nicht. So schnell, wie ich seine Faust spüre, trifft meine sein Gesicht. Wir prügeln uns, bis wir uns kaum mehr auf den Beinen halten können und immer öfter unter Wasser sinken. Jamil und Gregor packen unsere Körper und ziehen uns an Land zurück.

Nach Luft schnappend und hustend lasse ich mich auf den Boden sinken.

„Verdammtes Arschloch“ fluche ich zwischen zwei Hustenanfällen. Kevin liegt neben mir auf dem Rücken und beginnt zu lachen. Erst zögernd und verhalten, dann ausladend. Es ist so ansteckend, dass zuerst Gregor, dann Jamil mit einfallen. Ich versuche ernst zu bleiben, lange gelingt es mir jedoch nicht. Egal wie wütend ich bin, falle ich ins Lachen mit ein.

Es tut gut zu lachen. Als würde alles von mir herunter fallen. Keine Ahnung wielange wir kichern. Irgendwann kann ich nicht mehr. Setze mich auf und schnaufe.

„Danke“, sage ich leise.

„Weißt du Kleiner, du bist das Beste, was unsere Truppe je bekommen hat. Mag sein, dass du als Ersatzmann angetreten warst, aber du hättest bemerken müssen, dass du mehr bist. Von Anfang an.“

Kevin hat sich aufgesetzt und sieht mir in die Augen. Sein Blick ist warm und das grün seiner Augen leuchtet wie das Wasser. Seine Hand legt sich auf mein Knie. Unsere Blicke sind ineinander verkeilt. Keiner zwinkert und niemand sagt ein Wort. Wie Magnete beugen wir uns entgegen. Vorsichtig treffen sich unsere Lippen. Nur eine flüchtige Berührung. Doch diese sagte alles. Wir starren uns an. Verlegen beißt er sich auf die Unterlippe. Automatisch geht meine Hand nach oben und streiche mit dem Daumen darüber. So weich und voll. Wieder beuge ich mich zu ihm und ersetze den Daumen mit der Zunge.

Ich habe alles ausgeblendet. Die Umgebung, Jamil und auch Gregor. In diesem Moment zählt nur noch Kevin.

 

„Weißt du“, beginnt Gregor am Abend. Wir sitzen noch immer am See. Haben ein Lagerfeuer gemacht und genießen die Stille. Gregor und Jamil sitzen eng umschlungen uns gegenüber. Kevin sitzt mir so dicht, dass sich unsere Körper immer wieder irgendwo berühren.

„Weißt du, es hat ganz schön lange gedauert, bis Kevin sich getraut hat“ schmunzelt Gregor. „Und du hast es auch nicht wirklich verstanden.“ Dabei sieht er mich breit grinsend an. Ich verstehe ihn nicht wirklich. Jamil kommt mir zur Hilfe.

„Dein erster Tag bei uns. Deine sogenannte Mutprobe“, lacht er. Ich verdrehe die Augen. An diesen Tag habe ich nicht wirklich gute Erinnerungen. „Kevin war hin und weg von dir und hat uns die Ohren vorgeheult.“ Überrascht sehe ich Kevin an. Er zieht mich einfach in seine Arme und stützt den Kopf auf meine Schulter. „Du hast ihm sofort den Kopf verdreht“, lacht Jamil.

„Idioten“ doch Kevin klingt nicht wirklich verärgert. „Du sahst so unschuldig aus. Ich kann dir einfach nicht widerstehen.“

„Und doch hast du sechs Monate gebraucht“, fällt Gregor ihm ins Wort, was Kevin seufzen lässt.

„Woher soll ich wissen, was Jan denkt?“ Verlegen senke ich den Blick. Hätte Kevin mich wirklich beobachtet, hätte er gewusst, was ich gedacht habe. Vom ersten Tag an hat er mir die Augen verdreht. Ich fühle mich zu ihm hingezogen in jeder Minute. Das Training war die Hölle für mich. Unsere Gefühle haben uns beide blind gemacht für den anderen.

Ich lehne mich an seine Brust. Jetzt ist es endlich vorbei. Kein Versteckspiel mehr, keine Unsicherheit.

Ruhig lassen wir den Tag ausklingen. Und kommen erst spät in der Nacht im Lager wieder an.

Wir sind bereit für unseren nächsten Einsatz.

06 - Lukas - Krankenhausaufenthalt

- Lukas Sicht –

 

„Verdammtes Arschloch“, fluche ich aus vollem Hals. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir im Lazarett liegen. Was ist bei dem letzten Einsatz nur schiefgelaufen? Jan hat vom Monitor alles gut beobachten können bis … So ein Mist. Die haben keine Kameras vor dem Gebäude befestigt. Wie soll der Kleine uns warnen, wenn er nichts sehen kann. Das ich jetzt hier liege daran ist nur dieser Typ schuld, der sich als verletzte Geisel ausgegeben hat.

Wenn Kevin dieses Schwein nicht umgebracht hätte, dann würde ich das am liebsten tun. Krampfhaft richte ich mich auf. Es ist doch nur ein Durchschuss an der Schulter, für einen Soldaten wie mich eine Kleinigkeit. Sascha liegt neben mir, auch er wurde angeschossen von dem Idioten. Bauchschuss. Genauso viel Glück wie ich.

„Na auch endlich wach“, fragt er leise. Er kann sich nicht aufsetzen, ist gezwungen liegen zu bleiben. Müde sieht er aus. Ich wahrscheinlich nicht viel besser.

„Wielange bist du schon auf?“ Stelle ich die Gegenfrage. Er zuckt mit den Schultern.

„Frag mich, wann ich geschlafen hab. Nämlich gar nicht. Du kannst echt vom Glück reden, das du noch drüben weggetreten bist und nichts mitbekommen hast. Wie fühlt es sich eigentlich an, Gehirn im Gesicht zu haben?“ Angewidert verziehe ich das Gesicht. Daran möchte ich mich gar nicht erinnern. Thomas hätte mir ruhige ein Zeichen geben können, das jemand von hinten kommt.

„Naja lieber hätte ich alles mitbekommen. Jetzt habe ich nichts zu erzählen“ grummele ich, immer ein auf cool spielen.

Sascha lacht und verzieht vor Schmerzen das Gesicht.

„Idiot. Bring mich nicht zum Lachen! Was meinst du ob die Jungs heut vorbei kommen?“ Hoffentlich nicht. Einen Tag ruhe kann ich schon gebrauchen. Morgen ist mir egal. Aber ich sage:

„Hoffentlich. Bin Kevin noch was schuldig für die Extraportion!“ Wieder bringe ich Sascha zum Lachen. Es tut mir jedoch leid, dass er Schmerzen dabei hat.

 

Eine Schwester kommt und überprüft die Werte. Reicht jedem ein Becher Pillencocktail und verschwindet wieder.

Sie ist nicht der einzige Besuch an diesem Tag.

Thomas kommt nachmittags vorbei.

„Rühren Männer“, begrüßt er uns. Als wenn wir strammstehen können.

Er zieht sich einen Stuhl zwischen die Betten „Wie geht es euch?“ Echte Besorgnis schwingt in seiner Stimme mit.

„Wann können wir raus?“ Beide Antworten wir ausweichend, Hauptsache nichts preisgeben.

Thomas schüttelt lächelnd den Kopf.

„Nichts da Jungs. Wenn ihr hier raus kommt, habt ihr erst einmal Bürodienst. Wir werden neue Rekruten anwerben müssen.“ Sascha stöhnt.

„Thomas das ist nicht dein Ernst. Du weißt, dass wir draußen sein müssen.“ Mit hochgezogener Augenbraue sieht er seinen Freund an.

„Ihr könnt draußen sein. Außerhalb des Krankenhauses. Aber nicht vom Gelände. Entweder Bürodienst oder beurlaubt!“ Zischend lasse ich den Kopf in den Nacken fallen.

„Ich mach Bürodienst, freiwillig“ knurre ich mit geschlossenen Augen. Sascha muss Thomas tonlos seine Antwort gegeben haben, denn er wechselt das Thema.

„Die anderen vier werden euch morgen einen Besuch abstatten. Hab ihnen drei Tage Frei gegeben. Kevin hat irgendwas organisiert. Haben sehr früh das Gelände verlassen.“ Das ist ja mal eine interessante Neuigkeit.

 

„Sag mal Lukas …“ beginnt Sascha, als wir am Abend wieder alleine sind, doch bricht er ab und als ich ihn ansehe, schüttelt er den Kopf. „Nichts schon gut.“ Skeptisch beobachte ich ihn. Er liegt auf dem Rücken, einen Arm über die Augen.

„Brauchst du etwas?“ Frage ich besorgt, sehe seine Haut glänzen.

„Nein. Alles in Ordnung …“ setzt er an, doch da bin ich schon an seinem Bett. Habe irgendeinen Stofffetzen mitgenommen und wische den Schweiß von seiner Stirn.

 „Spinner hör auf!“ versucht er mich abzuwehren.

„Halt einfach still.“ Ich nehme seine Hand und lege sie ihm auf den Brustkorb.

Ich bemerke, dass er Fieber hat. „Warum sagst du nichts“, fluche ich und gehe raus um eine Schwester zu holen.

Darf mir natürlich erst einmal eine Standpauke anhören, weil ich unerlaubt aufgestanden bin. Ich verdreh die Augen, schließlich habe ich es an der Schulter und nirgendwo anders. Trotzdem gehe ich gehorsam ins Zimmer zurück, bleibe aber bei Sascha am Bett sitzen.

„Sie sollen ins Bett“ blafft mich eine Schwester an, als sie zu uns kommt. Mit einem Seufzen tu ich ihr den Gefallen. Jedoch nur, damit sie sich in Ruhe um Sascha kümmern kann.

Die Wunde hat sich etwas entzündet, daher auch das Fieber. Sie spritzt ihm was und versorgt die Verletzung.

„Ziehen sie einmal das Hemd aus“, wieder ein Befehl. Mit einem Schmunzeln antworte ich ihr.

„Jawohl Ma `m“ und streife es vorsichtig von meinen Schultern. Sie verbindet die Wunde neu. Ich weiß nicht, ob es sich bei mir entzündet hat. Auf meine Frage hin antwortet sie nicht. Spritzt mir jedoch auch etwas.

Danach geht sie wieder hinaus.

Kaum das die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen ist, setze ich mich auf und zu Sascha ans Bett. Kraftlos und fiebrig sieht er aus.

„Mach keinen Quatsch Großer“, flüstre ich leise. Keine Ahnung warum, aber meine Stimme bricht. Langsam heben sich seine Lider und die blauen Pupillen durchdringen mich.

„Spinn nicht rum Kleiner.“ Unwillkürlich muss ich die Augen verdrehen.

„Sind wir in deinen Augen alle klein?“ Ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen.

„Vielleicht. Aber wenn du mich als Großer bezeichnest.“ Gewonnen, dieser Punkt geht an ihn. „Aber um dich zu beruhigen. Es ist nicht schlimm. Eine leichte Entzündung bringt mich nicht um. So schnell wirst du mich wohl nicht los.“

„Jetzt bist du es der spinnt.“ Meine Stimme klingt gelöst, keiner würde die dunkle Resonanz hören. „Wer sagt, dass ich dich loswerden will? Auch wenn du manchmal ein Arsch bist. Wir zwei sind ein gutes Team. Ich habe keine Lust mich auf einen neuen Partner einlassen zu müssen.“ Beruhigend legt er eine Hand auf meinen Arm.

„Bleib mal ganz ruhig. Ich habe doch gar nicht gesagt, dass ich abtrete. Hey, was ist los mit dir?“ Sein Blick ist prüfend. „Was ist gestern wirklich geschehen?“

Ausweichend gehen meine Augen auf Wanderschaft.

„Nichts ist passiert. Bis auf das was du weißt. Wir müssen eh noch Bericht schreiben, wenn wir hier raus sind. Von daher brauch ich dir nichts erzählen.“ Bevor er etwas sagen kann, stehe ich auf und gehe in das kleine angrenzende Badezimmer. Ich brauche jetzt einige Minuten für mich. Es ist doch egal, was ist.

Als ich aus dem Bad zurückkehre, schläft Sascha. Ich lege mich auch hin, komme aber nicht zur Ruhe. Immer wieder falle ich in einen kurzen Schlaf, der mich jedes Mal aufschrecken lässt. Schweiß läuft mir über den Rücken.

 

Bei der Morgenvisite bin ich wach. Der Arzt mustert mich skeptisch. Die Wunde und meine Werte werden kontrolliert. Alles in Ordnung, trotzdem sehe ich schlecht aus. Das braucht mir niemand sagen, das weiß ich auch so.

Er fragt mich, ob etwas vorgefallen ist, was ich nur verneine. Denn es ist nichts passiert, nicht in der letzten Nacht. Kopfschüttelnd geht er zu Sascha. Er schläft noch und hat Gott sei Dank von der Unterhaltung nichts mitbekommen. Ich drehe mich weg. Will ihm nicht in die Augen sehen müssen.

Eine halbe Stunde ist der Arzt mit Sascha beschäftigt. Untersuchung, Besprechungen alles Mögliche. Ich höre nicht zu.

 

„Morgen Kleiner“ grüßt Sascha, als wir alleine sind. Seine Stimme ist schon wieder kräftiger. Ich rege mich nicht, tue so als wenn ich schlafen würde. Sascha seufzt. „Ich weiß das du nicht schläfst Lukas. Komm mal rüber. Sonst zwingst du mich aufzustehen.“ Ich hole tief Luft um mich zu sammeln und gehe zu ihm ans Bett. Vermeide es aber in seine Augen zu sehen. Unerwartet fest ergreift er mein Kinn und dreht das Gesicht zu sich. „Was ist los?“ ich versuch mich zusammenzureißen. Den Kopf abwenden ist nicht möglich.

„Nichts ist los. Hab die Nacht nicht gut geschlafen, das ist alles!“ ich bin wütend, auf mich selbst und darauf das Sascha mich durchschaut. Mit dem Daumen streicht er über meine Wange. Ungläubig weiten sich mir die Augen. Was soll der Scheiß ich bin nicht schwul. Etwas zu grob schlage ich seine Hand weg und gehe in mein Bett zurück. Im Rücken höre ich Saschas leises Schnaufen.

„Luk …“ setzt er an doch es klopft an der Tür und unsere vier Kameraden betreten das Zimmer.

„Hey, wie geht es euch?“ Die tiefe Stimme gehört zu Gregor. Ich liege abgewandt zu ihnen. Reagiere auch nicht. Will einfach nur meine Ruhe.

„Es muss, bald sind wir wieder raus.“

„Luk …“ beginnt Kevin doch Sascha fällt ihm ins Wort.

„Nicht Kevin. Er schläft. Hat die Nacht nicht so viel Schlaf bekommen, da es mir nicht so gut ging.“ Sofort entfernen sich die Schritte wieder.

„Was ist passiert?“ Alle sprechen durcheinander.

„Jungs!“ Saschas Stimme ist kräftig, ihm geht es wirklich besser. „Einer nach dem anderen. Die Wunde war leicht entzündet und ich bekam Fieber. Lukas hat die Schwester in der Nacht gerufen und stand mir zur Seite, wegen der Schmerzen.“ Warum lügt er für mich?

„Oh, dann sollten wir lieber wieder gehen. Bestell ihm schöne Grüße“ lässt sich Jamil‘s Stimme vernehmen.

„Mach ich. Und Jan? … Dich trifft keine Schuld. Kopf hoch!“ Verdammt der Kleine scheint also zu leiden. Ist ihm auch nicht zu verdenken, schließlich war es sein erster Einsatz und der ging nicht hundert Prozent sauber.

Kurz darauf höre ich wie alle vier das Zimmer verlassen.

 

„Lukas“ Ein Befehl von einem Dienstälteren.

Schwermütig erhebe ich mich und gehe an sein Bettende.

Ein Knurren entringt sich seiner Kehle „Setz dich zu mir!“ Ich möchte es nicht, aber kann ihn nicht ignorieren. Kaum sitze ich, liegt seine Hand um mein Handgelenk, nur locker aber ich weiß, sollte ich versuchen zu fliehen packt er zu. Resigniert seufze ich und sehe auf unsere Hände. Wage es nicht ihn anzusehen. „Du hast es mit Jan mitbekommen?“ Er wartet meine Reaktion nicht ab. „Wenn ich dich so beobachte, stehst du genauso unter Schock wie er. Lukas du musst reden!“ Ich reagiere immer noch nicht.

Leicht drückt er meine Hand. „Kleiner komm schon. Entweder du redest freiwillig mit mir oder ich muss einen Arzt einschalten!“ Was soll ich machen? Mit jemand Fremden reden oder mich dann doch lieber einen Kameraden anvertrauen? Unmerklich sacke ich zusammen. Er lockert wieder seinen Griff und streichelt zärtlich meine Haut. Heiße Schauer laufen mir über den Rücken. Wage ich es trotzdem nicht meine Hand zu entziehen.

„Komm Kleiner“, lockt er mich mit sanfter Stimme.

„Jedes Mal höre ich den Schuss und fühle die ekelhafte Masse im Gesicht und auf der Haut.“ Rau ist meine Stimme und unwillkürlich beginne ich zu zittern. Ich möchte mich ihm gegenüber nicht so entblößen und dennoch rede ich weiter. „Sobald ich die Augen schließe, sehe ich das Blut. Rieche den Atem des Mannes. Fühle, wie der Körper mich erdrückt.“ Erschrocken sehe ich Sascha an, als er mir über die Wangen streichelt. Erst da bemerke ich die Feuchtigkeit.

„Komm her“, er zieht mich einfach an seine Seite und so schwach wie ich mich fühle wehre ich mich nicht dagegen. Mein Kopf kommt auf seiner Brust zu liegen. Zärtlich fahren die Finger durch mein Haar, beruhigen mich zunehmend.

„Versuch etwas zu schlafen und denke immer daran, dass ich bei dir bin!“ Seine leise Stimme lullt mich ein. Und bald falle ich in einen unruhigen Schlaf.

 

Es dauert nicht lange, bis ich schweißgebadet und zitternd erwache. Ich bin nicht alleine. Leises atmen dringt an mein Ohr und etwas Sanftes streicht über meinen Arm. „Alles ist gut“, flüstert Sascha mir zu. „Ich bin hier. Mach die Augen wieder zu. Spüre das du nicht allein bist!“ Ich gehorche, schmiege mich dicht an ihn und lege einen Arm über seine Brust. Sascha seufzt erleichtert und beginnt leise zu singen. Ich verstehe nicht, was er von sich gibt, aber das brauche ich auch nicht. Seine Berührung, Stimme und Wärme reichen aus, um mich zu beruhigen. Diesmal falle ich in einen traumlosen Schlaf.

 

Zwei Tage müssen wir noch im Krankenhaus verweilen. Sascha hat Wortgehalten. Niemanden sagt er auch nur ein Wort. Ohne seine Nähe kann ich nicht Schlafen, fühle mich machtlos ihm gegenüber. Sascha scheint es nicht zu stören, im Gegenteil. Er scheint die Situation regelrecht zu genießen.

 

Thomas holt uns ab.

Er bemerkt nicht, wie es in mir aussieht, versuche ich einen auf Clown zu mimen.

„Und was ist unser nächster Auftrag“ witzele ich. Kann Sascha dabei nicht ansehen. Weiß ich doch, wie seine Blicke mich durchdringen.

„Ich würde sagen, morgen auf Übersee?“ Thomas geht auf meine lockere Art ein. „Nein im Ernst. Ihr beide macht halblang. Bleibt auf den Stützpunkt.“ Ich grummel, was Thomas und auch Sascha lachen lässt.

„Wo sind die anderen?“ Fragt Sascha ausweichend. Ich bin ihm dankbar, dass er den Mund hält.

„Beim Training. Ich habe sie Laufen lassen. Sollten noch zwei Stunden unterwegs sein. Genug Zeit, dass ihr ankommen könnt.“ Ein verräterisches Schmunzeln liegt auf Thomas Lippen.

 

In der Unterkunft ist alles still. Unsicher blicke ich mich um. Es hat sich nichts verändert und doch ist alles anders. Sacht legt sich Saschas Hand auf meine Schulter.

„Wir bekommen das schon hin. Mach dir darüber jetzt keine Sorgen.“ Geistesabwesend sinke ich an seine Brust. Kräftige Arme umfangen meinen Oberkörper und halten mich geborgen. Ich schließe die Augen.

„Ich weiß nicht, wie es weiter gehen soll“, gestehe ich leise. Weiche Lippen streifen meinen Nacken.

„Versuche nicht zu fliehen. Lass es uns gemeinsam in Angriff nehmen.“ Wie soll ich das deuten?

„Ich bin nicht schwul Sascha!“ Ein Finger legt sich mir auf die Lippen.

„Finde es heraus. Genieße, was wir teilen. Und wenn nicht, habe ich Pech!“ Ich höre das Lächeln in seiner Stimme.

„Okay“ warum sage ich das? Ich handel aus einem Impuls heraus, nicke unmerklich.

„Danke“, flüstert mir Sascha ins Ohr und besiegelt es mit einem federleichten Biss im Ohrläppchen.

07 - Thomas - Verstärkung

 - Thomas Sicht –

 

„Ich Idiot, an alle Kameras habe ich gedacht, außer die für außerhalb.“

Wir haben gerade Sascha und Lukas im Lazarett abgeliefert. Gott sei Dank sind beide nicht schwer verletzt. Den anderen vier Jungs habe ich drei Tage freigegeben. Gerade Jan und Kevin haben ganz schön zu knacken. Das sehe ich in ihren Augen. Wie sich Lukas fühlt, werde ich morgen erfahren, wenn ich zu ihnen fahre. Ich hoffe nur, dass sie es alleine in den Griff bekommen. Möchte sie nur ungern einem Psychologen zuweisen.

 

Jetzt sitze ich über die Papiere. Soviel muss ich schreiben. Die Jungs müssen auch noch jeder seinen Bericht abgeben. Aber nicht heute. Sie sollen erst einmal zur Ruhe kommen.

Mit einer Flasche Bier sitze ich am Tisch. Den Bericht vom Einsatz habe ich bereits fertig. Jetzt geht es um die Beurteilung der Männer und dann muss ich noch Ersatz finden. Unsere Truppe ist einfach zu klein. Wir brauchen dringend Zuwachs.

Missmutig blättere ich durch die Unterlagen. Vier Personen fallen mir sofort ins Auge. Eine alte Truppe, die aufgelöst werden soll. Beiläufig sehe ich auf die Uhr, Null-sechshundert, greife zum Telefon und rufe im siebenhundert Kilometer entfernten Stützpunkt an.

 

Das Gespräch ist kurz und zufriedenstellend. In drei Tagen werden die Vier ihren Dienst hier antreten. Ich bin ja mal gespannt, wie das wird.

Um Null-neunhundert entschließe ich, mich für einige Stunden aufs Ohr zu hauen und dann ins Lazarett zu fahren.

 

Gegen siebzehnhundert klopfe ich ans Zimmer.

„Rühren Männer“ begrüße ich sie. Beide sehen ganz schön fertig aus.

Ich ziehe mir einen Stuhl zwischen die Betten „Wie geht es euch?“ Ich kann die Besorgnis in meiner Stimme nicht ganz unterdrücken.

„Wann können wir raus?“ Stellt Sascha die Gegenfrage.

Lächelnd schüttele ich den Kopf.

 „Nichts da Jungs. Wenn ihr hier raus kommt, habt ihr erst einmal Bürodienst. Wir werden neue Rekruten anwerben müssen.“ Sascha stöhnt.

„Thomas das ist nicht dein Ernst. Du weißt, dass wir draußen sein müssen.“ Mit hochgezogener Augenbraue sehe ich meinen langjährigen Freund an.

„Ihr könnt draußen sein. Außerhalb des Krankenhauses. Aber nicht vom Gelände. Entweder Bürodienst oder beurlaubt!“ Zischend lässt Lukas den Kopf in den Nacken fallen.

„Ich mach Bürodienst, freiwillig“, knurrt er mit geschlossenen Augen.

Sascha und ich beherrschen die Gebärdensprache und so erzählt er mir, dass er sich um Lukas kümmert. Zufrieden nicke ich ihm zu.

 „Die anderen vier werden euch morgen einen Besuch abstatten. Hab ihnen drei Tage freigegeben. Kevin hat irgendwas organisiert. Haben sehr früh das Gelände verlassen.“

Lukas blickt nicht mehr auf, ich mache mir sorgen um ihn. Er sieht genauso fertig aus wie die anderen zwei. Jamil scheint der Einzige von den Küken zu sein, der keine Probleme hat.

Als ich gehe klopfe ich Sascha aufmunternd auf die Schulter.

Vom Arzt erfahre ich, dass die beiden in drei Tagen raus können.

 

Zurück im Stützpunkt ist von den anderen noch nichts zu sehen. Ich hoffe, dass es alle etwas ablenkt. Gehe in mein Büro um Papierkram zu erledigen.

 

Die nächsten zwei Tage lasse ich die Jungs noch in Ruhe. Sie haben frei und den haben sie sich verdient.

 

„Guten Morgen Männer“ begrüße ich sie an ihrem ersten Diensttag. Ich blicke mich in der Unterkunft um. Die Vier scheinen entspannt zu sein, auch wenn bei Kevin und Jan dunkle Schatten unter den Augen zu sehen sind.

„Heute nur eine kleine Trainingseinheit zwanzig Kilometer Marsch mit Gepäck.“ Ungläubige Blicke und ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.

„Lukas und Sascha kommen gegen Mittag zurück und ich habe einige Veränderungen zu verkünden.“

„Die beiden bleiben doch bei uns?“ Fragt Jan unsicher. Ich merke, wie er Halt bei Kevin sucht, der ihm einen Arm um die Taille legt. Meine Augen huschen zu Jamil und Gregor. Auch sie stehen sehr dicht beieinander und ihre Berührung ist nicht nur flüchtig.

So sieht es hier also aus.

„Nein Junge. Sie bleiben. Ich werde alles tun, damit sie unseren Trupp nicht verlassen.“

 

Nachdem die Männer losmarschiert sind, begebe ich mich ins Büro zurück. Eine Nachricht auf meinen Anrufbeantworter lässt mich inne Halten.

„Kommandeur wir wollten uns zum Dienst melden. Zwar ein Tag früher als erwartet aber bitten trotzdem darum antreten zu dürfen!“ Anerkennend hebe ich eine Augenbraue. Die Nachricht kam vor zehn Minuten. Also greife ich zum Hörer und rufe die hinterlassene Nummer an. Wir verabreden uns für den Abend, wenn alle meine Jungs wieder in der Unterkunft sind. Nach dem Anruf erledige ich noch einiges an Papierkram und fahre gegen Mittag schließlich zum Lazarett.

 

Sascha sieht entspannt aus. Wir begrüßen uns wie Freunde und nicht wie Kameraden. Vorsichtig nehme ich ihn in den Arm. Lange ist dieses Gefühl her und ich schließe nur für wenige Sekunden die Augen. Zu kurz ist die Berührung. Aufmunternd lege ich Lukas die Hand auf die Schulter, bei ihm sehe ich Verzweiflung im Blick.

„Und was ist unser nächster Auftrag“, witzelt er. Lukas versucht seine Angst zu vertuschen in dem er den Clown rauslässt. Jeglichen Blicken weicht er aus.

„Ich würde sagen, morgen auf Übersee?“ Gehe auf seine lockere Art ein. „Nein im Ernst. Ihr beide macht halblang. Bleibt auf den Stützpunkt.“ Lukas grummelt, was mich und auch Sascha lachen lässt. Trotz allem entgeht mir seine Erleichterung nicht.

„Wo sind die anderen?“ Fragt Sascha ausweichend.

„Beim Training. Ich habe sie Laufen lassen. Sollten noch zwei Stunden unterwegs sein. Genug Zeit, dass ihr ankommen könnt.“ Ein verräterisches Schmunzeln liegt auf meinen Lippen.

Noch will ich niemanden von den vier Neuankömmlingen heute Abend erzählen.

 

Auf dem Stützpunkt lasse ich die Zwei zurück. Erkenne ich doch, dass Lukas Zeit braucht. Und begebe mich in meine eigene Unterkunft, um zu duschen.

Die Trainingseinheit lasse ich allein ankommen.

 

Erst zum Abend komme ich wieder hinaus und gehe auf direktem Weg ins Hauptgebäude. Vier stahlharte Männer warten geduldig mit Seesack. Als sie mich erblicken, stehen sie stramm.

„Rühren Männer!“ Begrüße ich sie.

„Sir“, nickt mir der Japaner zu.

„Kommen sie. Wir machen die Begrüßung im Allgemeinen. Die Jungs wissen nichts von Verstärkung.“ Wieder nickt der Japaner und alle folgen mir in den Gruppenraum, wo die anderen sechs bereits warten.

„Rühren Männer“, ich sehe alle nacheinander an und die verschiedensten Gefühle sind zu erkennen. Am Verunsichersten sind Lukas und Jan. Ich kann es den zwei Küken nicht verdenken.

„Da momentan Sascha und Lukas ausfallen, habe ich um Unterstützung gebeten und sie in Form dieser vier Männer bekommen. Sie werden niemanden ersetzen. Sondern sind zur Bereicherung des Teams dabei.“ Ich sehe die Männer an.

Der Japaner macht den Anfang. „Dennis, Waffenexperte“

„Joel, Sanitäter“, sagt sein Nachbar.

„Daniel, Pilot“, meldet sich der Afrikaner.

„Christian, Spion“

„Alle vier kommen aus einer Einheit siebenhundert Kilometer entfernt. Ihr Trupp wurde aufgelöst und bei uns sollen sie ihre neue Heimat finden.“ Mein Blick geht über alle zehn Männer.

„Macht es ihnen nicht zu schwer. Lukas ich möchte, dass du mit Jamil zusammen Dennis alles zeigt. Sascha du setzt dich mit Joel zusammen. Gregor und Kevin ihr zwei kümmert euch um Christian. Und Jan du und Daniel schaut euch die Technik an.“ Ich muss sie alle zusammen einbinden, damit ja keiner auf die Idee kommt, ersetzt zu werden. Ich hoffe nur das geht gut.

 

„Wegtreten Männer. Für die nächsten zwei Tage heißt es einarbeiten und erklären. Wenn ihr Fragen habt, wisst ihr, wo man mich findet.“ Damit drehe ich mich um und verlasse die Gruppe. Wenn die Zehn zusammenarbeiten, kann es keinen besseren Trupp mehr geben.

„Thomas“ unverkennbar Sascha, der hinter mir herkommt. Ich gehe jedoch weiter bis ins Büro. Weiß ich doch, dass er eh etwas Wichtiges besprechen möchte. Kaum im Büro geht es auch schon los.

„Eine Frage. Seid wann und warum?“ Ich schmunzele, da es doch eigentlich sogar zwei Fragen sind.

„Setz dich. Die Anfrage von dem Stützpunkt habe ich schon lange auf dem Tisch gehabt. Das die Vier jetzt auftauchen ist eher Fügung. Das Gelände hat dichtgemacht und sie gehören als Team zusammen.“

„Und du meinst es funktioniert mit uns?“ Prüfend sehe ich Sascha an.

„Wie lange kennen wir uns? Du weißt genau das ich gerade dich nie ersetzen kann.“ Leicht heben sich seine Mundwinkel.

„Schleimer. Aber ja du hast Recht, das weiß ich. Also klär mich auf. Warum Trupp 13. Warum wir?“ Ich seufze, muss ich das unbedingt jetzt erklären? Ich muss.

„Pass auf. Einige Leute haben Probleme mit unserer Neigung. Bei den einen oder anderen hat man es in der Ausbildung erkannt. Meistens hat sie jemand anderes verraten. Bei Jamil stand es fest. Er hat nie einen Hel daraus gemacht. Und da Kevin und Lukas mehr als Kameraden sind, hat man es versucht. Unser ganzer Trupp ist ein Versuch.“ Sascha zieht eine Augenbraue hoch.

„Du meinst die Regierung will testen, wie sich schwule Soldaten im Einsatz machen?“ ich seufze und nicke.

„Genau das.“

„Was ist mit Jan und Gregor? Und den vier neuen?“

„Jan wurde von einem Kameraden verpfiffen. Es ist nur ein Verdacht bei ihm, keinerlei Beweise. Gregor hat sich freiwillig gemeldet, da er raus wollte. Und die vier neuen?“ Ich lächle. „Es sind zwei Pärchen. Vorbehaltloses Vertrauen im alten Trupp. Der Stützpunkt wird geschlossen. Man konnte die Einheiten nicht komplett übernehmen und sie mussten aufgeteilt werden.“

„Die Vier wissen, was unsere Einheit ist?“

„Ja und sie haben sich freiwillig gemeldet. Wie gesagt es sind zwei Pärchen. Ich habe versucht euch so einzuteilen das ihr sie kennenlernt.“ Ich sehe Sascha prüfend an.

„Jetzt aber was anderes. Was ist mit Lukas?“

„Du hast es bemerkt?“ Ich knurre.

„Ich bin nicht blind. Er und Jan. Schau sie dir an.“ Jetzt war Sascha derjenige der seufzt.

„Albträume und Angstzustände.“

„Wie verarbeitet er das?“

„Mit mir. Er sagt er ist nicht schwul. Keine Ahnung. Aber er sucht regelrecht meine Nähe zur Nachtruhe.“

„Meinst du ihr kommt damit klar? Ich habe keine Ahnung wie die Aufteilungen in der Unterkunft mittlerweile aussehen.“

„Da wir jetzt Zuwachs haben, wird es schon machbar sein. Ich werde gleich mit Joel reden.“

„Dann wünsche ich dir viel Erfolg mein Freund und halte mich auf den Laufenden.“ Kameradschaftlich nehmen wir uns kurz in den Arm.

„Das werde ich.“ Damit löst sich Sascha von mir und geht zur Tür. „Ach Thomas. Sorge auch einmal für dein Privatleben.“ Damit verschwindet er und lässt mich knurrend zurück.

„So ein Arschloch. Aber Recht hat er ja leider. Wir sind ein elf Mann Trupp, davon mindestens vier Paare, wenn nicht sogar alle! Als Einziger allein.“

Missmutig verschließe ich das Büro und gehe in meine Unterkunft.

Wenn Sascha wüsste, dass er einmal das Ziel meiner Begierde war. Ob wir dann immer noch befreundet sind?

Mit diesen Gedanken lösche ich das Licht und lege mich schlafen.

08 - Lukas - Gefühlschaos

 - Lukas Sicht –

 

Endlich wieder auf dem Stützpunkt.

Von den anderen fehlt noch jede Spur. Thomas lässt uns allein zurück und erleichtert atme ich auf.

„Alles Okay?“ Warm legt sich Saschas Hand auf meinen unteren Rücken. Sein Blick durchdringt mich, als ich ihn erwidere. Er hat sich so gedreht, dass er mir gegenübersteht, lässt die Hand aber liegen. Wie ein verschrecktes Kaninchen steh ich da. Sehe ihn nur an und kann mich nicht bewegen. Wärme durchflutet meinen Körper, von der Stelle aus wo die Hand sich befindet. Er drückt mich an seinen Körper. Die Hitze brennt wie flüssige Lava in meinen Adern. Seine andere Hand umgreift meinen Nacken und drückt den Kopf an seine Brust. Was richtet er mit mir an? Nur langsam löst sich meine Starre. Ich schiebe ihn von mir, der Puls rast und das Blut kocht. Der Atem verlässt nur stoßweise meine Lungen.

Sascha bleibt ruhig stehen, beobachtet mich. Die Augen glitzern und ein wissendes Lächeln liegt auf seinen Lippen.

„Ja nein“, schaffe ich nach einer gefühlten Ewigkeit zu sagen. Mir dreht sich alles und ich muss mich hinsetzen. Sascha ergreift meinen Arm, stützt mich, damit ich nicht umkippe, und lässt mich auf ein Bett sinken.

Ungefragt drückt er meine Schenkel auseinander, hockt sich dazwischen und schaut mir prüfend ins Gesicht. Locker liegen seine Hände auf meinen Beinen, streicheln unablässig die Oberschenkel.

„Was beunruhigt dich?“ Leise dringt seine Stimme an mein Ohr. Er hat sich vorgebeugt. Die Lippen berühren meine Haut. Heiße Schauer laufen mir über den Rücken. Schweißperlen bilden sich auf der Stirn.

„Berühr mich nicht. Bitte“, flehe ich. Meine Stimme ist kaum mehr ein Flüstern. Sie zittert genauso wie mein ganzer Körper. Alles straft meine Worte Lügen.

Sascha kann ich nichts vormachen. Süffisant lächelt er mich an. Eine Hand lässt er auf dem Bein liegen, die andere schiebt er unter mein Shirt auf den Bauch. Gänsehaut bildet sich da, wo er mich berührt. Zentimeterweise baut er sich vor mir auf. Sein Gesicht kommt den meinem immer näher. Ich versuche den Abstand zu vergrößern, lehne mich nach hinten, bis ich auf dem Bett liege. Sascha baut sich über mir auf. Hält mich auf dem Bett niedergedrückt.

„Wovor hast du Angst?“ Eine Hand legt sich auf meine Wange. Sanft streicht er mit dem Daumen über meine Lippen. Ungewollt öffnen sie sich. Er nutzt die Chance, gleitet mit den Daumen in die Spalte. Ein Stöhnen entringt sich meiner Kehle und die Augen fallen mir zu.

 

Im nächsten Moment reiße ich sie wieder auf, als sich seine sanften Lippen auf meinen Mund drücken. Ich will ihn wegstoßen, doch anstatt es zu tun, legen sich meine Arme um seinen Nacken. Ohne es zu wollen vertiefe ich den Kuss, locke ihn mit meiner Zunge. Sascha geht auf das Spiel ein, fordert mich und gibt mir, nach was ich verlange. Der Kuss dauert nur wenige Sekunden, aber mir kommt es vor wie eine Ewigkeit.

 

Atemlos sehe ich ihn an. Zärtlich ist sein Blick und beruhigend streichelt er mir über das Haar. Ich weiß nicht was ich sagen soll, starre ihn nur fassungslos an. Kann mein eigens Verhalten nicht begreifen. Stotternd versuche ich Worte zu finden, möchte eine Erklärung für das alles. Sascha gibt mir nur die einzig wahre Antwort.

„Höre auf dein Herz. Nicht auf deinen Verstand.“ Sascha muss gemerkt haben, dass ich Zeit brauche, steht auf und verschwindet in den Toiletten. Noch immer zittre ich. Meine Lippen brennen und zaghaft streiche ich mit einem Finger darüber. Kann ihn noch immer schmecken, spüre seinen Mund auf meinen und seine Zunge, die über meine Zähne gleitet. In keiner Weise war das abstoßend für mich.

„Aber ich bin nicht schwul“, sage ich leise.

Sascha kommt von den Toiletten und ich verschwinde dahin, ohne ein Ton von mir zu geben. Lasse mir Zeit und als ich erst zehn Minuten später zurückkomme, sind die anderen vier Jungs da.

Die Stimmung ist locker, das Training scheint ihnen gut bekommen zu haben. Wie gerne würde ich jetzt auf dem Trainingsplatz sein. Für einen kurzen Moment überlege ich, ob ich einfach rausgehen soll, aber mit nur einem Arm kann ich nicht viel Anfangen.

„Schön dass du wieder da bist.“ Freundschaftlich legt mir Jamil eine Hand auf die unverletzte Schulter.

„Schöner wäre es, wenn ich keinen Innendienst schieben müsste.“ Knurre ich, was alle zum Lachen bringt. Ich bemerke Saschas Blick auf mich ruhen, reagiere aber nicht darauf.

Was mir sofort auffällt, ist das Verhältnis zwischen Jamil und Gregor. Sie gehen relativ offen mit ihrer Beziehung um und keinem scheint es zu stören. Jan scheint es nicht viel besser zu gehen als mir. Niedergeschlagen sieht er aus und wirft mir und Sascha immer wieder entschuldigende Blicke zu. Kevin redet leise mit ihm. Gregor unterhält sich mit Sascha und Jamil versucht mich in ein Gespräch einzuwickeln.

„Ab wann darfst du wieder ins Training?“ Abwesend zucke ich mit den Schultern, da ich selbst die Antwort nicht kenne.

„Der Arzt muss sein Okay geben.“ Jamil setzt zur nächsten Frage an, aber ich blocke ab. „Sei mir nicht böse, aber ich mach mich etwas lang. Heut Abend ist ja noch eine Besprechung.“ Eine Antwort warte ich nicht ab, drehe mich um und geh in den Schlafbereich. Sascha bleibt bei den anderen.

„Scheiße“, seufze ich und lege mich hin. Will nicht schlafen, da ich weiß was sonst passiert. Und doch schlafe ich ein.

 

Ich erwache durch eine leichte Berührung an der Wange.

„Komm Kleiner aufwachen. Die anderen sind schon rüber gegangen.“ Saschas Finger streicht über meine Lippen und noch bevor ich die Augen öffne, liegt sein Mund auf meinem. Jetzt bin ich richtig wach. Greife nach ihm, lege eine Hand in seinen Nacken und ziehe ihn zu mir runter. Doch er unterbricht den Kuss. Sein Atem streichelt mein Gesicht. „Steh auf Lukas!“ Ein sanfter Befehl, dem ich nur missmutig befolge. Egal wie sehr ich mich gegen die Gefühle wehre, die Sascha in mir auslöst, so genieße ich doch die Berührung und seine Nähe.

Ich knurre, als Sascha sich von mir entfernt und beinahe strecke ich eine Hand nach ihm aus. Kann mich aber in letzter Sekunde noch bremsen. Doch Sascha muss es bemerkt haben, den ein leises Lachen ist aus seiner Richtung zu hören.

„Ich renne dir nicht weg Lukas. Aber die anderen warten bereits, wir sind schon spät dran.“ Schnell verschwinde ich in der Toilette und mache mich anschließend frisch.

Keine fünf Minuten später gehen wir Seite an Seite, ohne uns zu berühren, zum Versammlungsraum.

Ein eigenartiges Bild zeigt sich mir, als wir den Raum betreten. Gregor steht hinter Jamil, hat seine Arme um ihn gelegt und der Kleinere scheint es zu genießen. Es ist ja auch kein Wunder, Kevin Jamil und ich sind schon seit der Schulzeit befreundet und nie hat Jamil ein Geheimnis daraus gemacht, dass er schwul ist. Und so wie es scheint, ist Gregor hin und weg von ihm. Ich freue mich für die beiden.

Kevin steht den beiden gegenüber, Jan direkt neben sich. Der Junge scheint noch immer an den letzten Einsatz zu denken. Kevin sieht zu ihm rüber, sagt leise etwas doch Jan schüttelt nur den Kopf und macht einen Schritt rückwärts.

„Was ist so interessant an dem Bild?“ Saschas Stimme erschreckt mich und ich sehe ihn mit aufgerissenen Augen an. Ist es so deutlich zu bemerken, was ich denke? „Denk nicht an die anderen dabei Lukas. Was die anderen denken, ist egal. Aber wie du erkennst, wird dir hier niemand einen Vorwurf machen oder dich diskriminieren, wenn du zu deinen Gefühlen stehst.“ Es verunsichert mich, wie er das sagt, so als wüsste er mehr über die Gruppe.

 

Die Tür geht auf und alle springen wir auf zum Appell.

„Rühren Männer!“ Thomas betritt den Raum. Im Schlepptau vier Schränke. Unruhig geht mein Blick zu den Männern, soll das unser Ersatz sein?

„Da momentan Sascha und Lukas ausfallen, habe ich um Unterstützung gebeten und sie in Form dieser vier Männer bekommen. Sie werden niemanden ersetzen. Sondern sind zur Bereicherung des Teams dabei.“ Zur Bereicherung? Das heißt, niemand wird ersetzt. Nicht nur ich bin erleichtert, das höre ich an erleichtertem Aufatmen der Jungs.

Der Japaner stellt sich als Erstes vor. „Dennis, Waffenexperte“

„Joel, Sanitäter“, sagt sein Nachbar.

„Daniel, Pilot“, meldet sich der Afrikaner.

„Christian, Spion“

„Alle vier kommen aus einer Einheit siebenhundert Kilometer entfernt. Ihr Trupp wurde aufgelöst und bei uns sollen sie ihre neue Heimat finden.“ Erklärt uns Thomas und sieht in die Runde.

„Macht es ihnen nicht zu schwer. Lukas ich möchte dass du mit Jamil zusammen Dennis alles zeigt. Sascha du setzt dich mit Joel zusammen. Gregor und Kevin ihr zwei kümmert euch um Christian. Und Jan du und Daniel schaut euch die Technik an.“ Gruppenarbeit, naja vielleicht lenkt es mich wenigstens etwas ab.

 

„Wegtreten Männer. Für die nächsten zwei Tage heißt es einarbeiten und erklären. Wenn ihr Fragen habt, wisst ihr, wo man mich findet.“ Damit dreht Thomas sich um und verlässt den Raum. Sascha folgt ihm wortlos und ich denke mir, dass er ihm berichtet. Ein leises Seufzen kann ich mir einfach nicht verkneifen.

 

Joel kommt auf mich zu. „Was ist geschehen?“ Falsche Frage. Ich zucke zusammen. Jan steht nur wenige Schritte entfernt und hat die Worte verstanden. Auch er wird unruhig. Gregor kommt zu mir rüber und legt eine Hand auf meine Schulter. Dankbar sehe ich zu ihm auf.

„Unser letzter Einsatz ist leider nicht ganz sauber verlaufen. Terroristen haben sich als Geiseln getarnt. Sascha und Lukas wurden dabei verletzt.“ Aus dem Augenwinkel sehe ich Jan zittern. Kevin zieht ihn in eine Umarmung, was sich der Kleine gefallen lässt.

Ich gerate aus dem Gleichgewicht. Jamil und Gregor, jetzt auch Kevin und Jan … und die anderen?

Sehe mich in der neuen Gruppe um. Sie scheinen auch sehr vertraut miteinander zu sein, mehr als nur Kameraden. Der Afrikaner und Christian berühren sich immer wieder. Und der Japaner schaut sich ständig nach Joel um.

Mir wird schwindlig und ich lehne mich gegen Gregor.

„Lukas alles in Ordnung?“ Besorgnis liegt in seiner Stimme. Durch den Ausruf haben wir die Aufmerksamkeit aller auf uns gerichtet. Ich kann die Blicke nicht ertragen, reiße mich los und stürme aus dem Gebäude.

 

Ich weiß nicht, wo ich hinrenne. Es ist mir auch egal. Dass Gesehne treibt mir die Gänsehaut auf den Körper.

Hinter einem Dickicht lass ich mich zu Boden sinken.

„Wenn ich doch nur wüsste, was mit mir los ist?“ Ich fühle mich wie ein Weichei, laufe vor den anderen Weg, verstecke mich und heule.

Keine Ahnung, wie lange ich hier sitze, verliere jegliches Zeitgefühl. Halte die Augen einfach nur geschlossen und versuche einen klaren Kopf zu bekommen.

Unerwartet, da ich nichts gehört habe, legen sich zwei Arme um meinen zitternden Leib und ziehen mich an einen heißen Körper. Die Augen brauche ich nicht öffnen, so oft hielt dieser Mann mich schon geborgen.

„Komm Kleiner, lass uns rein gehen und reden.“ Reingehen, das hört sich gut an. Wären da nicht acht Personen, die mich anstarren würden.

„Keiner wird dich anstarren oder Urteilen“, als könnte Sascha Gedanken lesen. Ich sehe ihn an, er lächelt und trocknet meine Wangen.

„Die Jungs haben etwas in der Baracke umgeräumt, wir werden unsere Ruhe haben.“ Irritiert sehe ich ihn an, doch er erklärt sich nicht näher. Zieht mich nach oben und mit sich mit.

 

An der Tür bleibe ich verwundert stehen. Der Raum wurde sauber in fünf Separees unterteilt.

„Was geht hier ab?“ Die Jungs sitzen in der Mitte an den Tischen und lächeln wissend. Sascha schiebt mich einfach an ihnen vorbei, sagt nichts und auch die anderen sind still. Nur ihre Blicke folgen uns.

Im letzten Schlafbereich drückt er mich auf die Betten nieder, die zusammenstehen. Sprachlos beobachte ich, wie er seine Hose abstreift und sich über mich aufbaut.

Wie ein Raubtier beobachtet er jede Regung von mir, als er immer näher kommt. Die Hände legen sich neben meinen Kopf, der Atem streift meine Kehle. Mir entringt sich ein Keuchen, als seine Lippen endlich meinen Mund in besitz nehmen. Meine Hände legen sich auf seine Schultern und ziehen ihn zu mir runter.

Lächelnd schaut er mich an, als wir schwer atmend Luft holen und uns in die Augen sehen.

„Erklär es mir?“ verlange ich.

 

Und er erklärt es mir, aber erst Stunden später.

Ich liege in seinem Arm, beide haben wir nur noch unsere Boxershorts an.

Zärtlich durchwühlt er meine Haare.

„Jamil und Gregor, Kevin und Jan. Die vier neuen. Und auch wir beide …“, er drückt mir einen Kuss auf die Stirn, bevor er weiter erzählt. „Unser Trupp wurde so zusammengesetzt. Die Regierung denkt wir sind für einen normalen Trupp ein zu großer Störfaktor, weil viele mit Schwule ein Problem haben. Und hier gibt es nichts anderes.“

„Aber woher wissen die, wer es ist?“ Ich kann mich an das Wort nicht gewöhnen.

„Jamil steht offen dazu. Die vier neuen, Thomas und ich genauso. Gregor hatte sich freiwillig gemeldet. Naja bei Kevin und dir war es eher ein Versuch, weil ihr mit Jamil so gut befreundet seid. Und Jan, der wurde verraten.“

„Das war also der Grund, warum er bereits vor Ablauf seiner Ausbildung zu uns kam!“

„Genau. In seiner Ausbildungsstätte wurde er nicht mehr geduldet.“ Gedankenverloren beginnt Sascha meinen Nacken zu massieren und zu streicheln. „Und du solltest jetzt auch schlafen. Höre auf dir Gedanken zu machen über Sachen, die du nicht ändern kannst.“ Gespielt beleidigt haue ich ihm auf die Brust. Er hält meine Hand fest und drückt sie an seine Lippen.

Seufzend schließe ich meine Augen.

„Pass auf mich auf“, bitte ich flüsternd.

„Immer Lukas. Ich werde immer auf dich aufpassen!“ Mit diesem Versprechen schlafe ich in Saschas Armen ein.

09 - Sascha - Verschwunden

 - Saschas Sicht –

 

Endlich hat er es auch akzeptiert.

Genießerisch schmiege ich mich an den Körper, atme tief seinen Duft ein und schließe die Augen.

Ich bin froh, dass die vier neuen Pärchen sind und uns sofort bei der Umstellung der Kaserne behilflich waren.

So war es für mich eine Leichtigkeit, Lukas in unser kleines Reich zu bugsieren.

 

Jetzt liegt er in meinem Arm. Wie auch die letzten Tage im Krankenhaus. Nur so scheint er den Einsatz verarbeiten zu können. Aber mich stört das nicht. Genieße seine Nähe, drücke ihn noch ein wenig enger an mich und Küsse seine Stirn, bevor auch ich einschlafe.

 

Eine leichte Berührung lässt mich erwachen. Sanft streichen Finger über meine Brust und umspielen neugierig die Nippel. Leise stöhne ich auf, zwinge mich aber dazu stillliegen zu bleiben. Möchte ich Lukas doch nicht verschrecken.

„Woher wusstest du das mit mir? Flüstert er, will er doch nicht die Aufmerksamkeit der anderen auf uns lenken. Langsam lasse ich eine Hand über seinen Rücken wandern, bis sie im Nacken zu liegen kommt.

„Ich wusste es nicht. Habe es nur gehofft. Jamil und Kevin haben mich ermuntert, intensiv mit dir zu arbeiten. Aber das brauchte ich nicht, hast du im Krankenhaus doch den ersten Schritt getan.“ Er versucht sich aufzurichten, doch drücke ich ihn im Nacken auf meine Brust.

„Aber wie, … ich meine …“ Lukas stottert unbeholfen, was mich lächeln lässt.

„Du suchtest meine Nähe. Konntest nicht alleine sein. Unbewusst hast du mir gezeigt, dass du mir vertraust. Ich fange dich auf, helfe dir durch die Albträume. Und das werde ich immer tun.“ …

Je wurden wir unterbrochen, aus dem vorderen Bereich kamen eindeutige Geräusche und Gelächter.

Neugierig erhebt sich Lukas und sieht auf die Uhr.

„Scheiße“, flucht er und springt aus dem Bett. „Vor einer halben Stunde war Dienstantritt. Warum hat uns niemand geweckt und wo ist Thomas? Sonst steht er doch so auf Pünktlichkeit.“ Da hat der Kleine Recht. Ohne die Geräusche weiter zu beachten, verschwinden wir im Duschraum. Es fällt mir schwer, die Hände von diesem perfekten Körper zu lassen. Tief in Gedanken versunken verfolge ich jeden Muskelstrang.

„Sascha“, haucht er mir leise ins Ohr, berührt dabei die weiche Haut. Seine Härte drückt sich an meine. Wie von selbst finden sich unsere Lippen. Schlinge die Arme um seinen Körper und ziehe ihn an mich.

 

Ein Räuspern lässt uns zusammenfahren.

Joel steht in der Tür, bekleidet mit einem Badehandtuch und grinst.

„Jungs ich will euch ja nicht stören, aber so langsam wollen auch die anderen Duschen.“

Lukas will sich von mir lösen, doch ich halte ihn an der Hüfte fest.

„Wage es ja nicht dich jetzt aus dem Staub zu machen.“ Drohe ich ihm und beiße leicht in sein Ohrläppchen. Zu Joel sage ich lachend: „Was hält euch auf? Doch nicht etwas die Geräusche aus dem Schlaftrakt?“ Kopfschüttelnd und lachend betritt er eine der Duschen. Kurz darauf erscheinen auch die anderen. Jamil und Kevin lächeln Lukas an, was diesen errötend den Kopf sinken lässt. Beruhigend lege ich eine Hand in seinen Nacken und wir verlassen die Nasszelle.

„Es gibt nichts, was dir peinlich sein muss. Wir sind hier alle gleich.“ Gebe ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor ich mich abwende zum Anziehen.

Keine fünf Minuten später gehen wir als Erste aus dem Gebäude.

 

Innerhalb der nächsten fünfzehn Minuten hat sich die komplette Mannschaft eingefunden. Da jeder seine Aufgaben kennt, teilen wir uns auf.

In Gruppen gehen sie zu ihren Bereichen. Waffen, Fahrzeuge, Computer.

Mit Joel mache ich mich auf den Weg zu Thomas. Es sieht ihn nicht typisch, uns verschlafen zu lassen.

„Thomas“, vorsichtig klopfe ich an die Bürotür. Keine Reaktion. Ich rüttle an dem Knauf, der Raum ist offen, aber keine Spur von Thomas.

„Verdammter Kerl.“ Leise fluchend gehen wir zu seiner Unterkunft.

„Du kennst Thomas privat oder?“ Mich wundert die Frage nicht, habe ich doch bemerkt, wie rasch Joel etwas auffasst.

„Fünfzehn Jahre“, antworte ich knapp.

 

Schweigend gehen wir weiter. Eine innerliche Unruhe beschleicht mich, meine Schritte werden schneller. Je näher wir Thomas Unterkunft kommen, desto unruhiger werde ich. Kann das Gefühl jedoch nicht genauer beschreiben.

Kräftig klopfe ich an die Tür, rufe seinen Namen. Doch keine Reaktion.

Ohne zu überlegen trete ich die Tür ein.

Das Haus ist leer. Auch im Bad ist er nicht.

„Sascha“, Joel winkt mich zu sich. Thomas Uniform hängt noch im Schrank. Ich überlege nicht lange.

„Entweder Trainingsplatz oder Wald.“ Denn mir fällt ein, dass mein Freund ein Sportfanatiker ist.

„Lass uns die anderen zusammen trommeln. Kleine Teams. Wir werden ihn finden.“ Joel legt mir eine Hand auf die Schulter. Mir dreht sich alles. Normalerweise gehört Thomas zu den Menschen, die alles doppelt und dreifach absichern.

 

Keine zehn Minuten später sitzen alle wieder im Gruppenraum.

„Thomas ist verschwunden. Entweder im Wald oder auf dem Platz.

Jan versuche sein Handy zu orten. Ich habe bereits angerufen. Es ist an, aber keiner nimmt ab.“ Sofort fliegen die Finger des Kleinen über die Tastatur.

„Da haben wir wohl ein Problem.“ Eröffnet er seufzend. „Das Teil ist hier im Gebäude. Ich würde sagen sein Büro.“

Wortlos steht Christian auf und begleitet von Kevin durchsucht er das Zimmer.

„Lautlos“ ist alles, was er sagt, als sie mit dem Gerät zurückkommen.

„Ich würde sagen wir teilen uns auf. Daniel, Jamil ihr fliegt alles ab. Jan und Christian bleiben am Computer. Kevin, Dennis und ich durchsuchen den Wald, nördlich beginnend. Lukas, Joel und Gregor ihr beginnt auf dem Trainingsplatz und kommt uns dann im Wald entgegen.“

„Jawohl“, kam es gemeinschaftlich, wie aus einem Mund.

Damit teilen wir uns auf und marschieren los.

 

Immer wieder frage ich über Funk bei den anderen drei Gruppen nach.

Nichts, kein Lebenszeichen. Vier Stunden sind wir nun schon unterwegs und noch immer keine Spur von Thomas.

 

In regelmäßigen Abständen melden sich die anderen Trupps für weitere Absprachen.

Erst gegen achtzehn Uhr, es dämmerte bereits, meldet sich Jamil.

„Sascha, Wärmequelle ungefähr zehn Kilometer nordöstlich von dir. Es ist unsere Lichtung. Gregor und Kevin wissen, wo sie ist.“

„Gregor macht euch auf den Weg. Wir treffen uns da.“

„Jawohl“ Die Leitung verstummt. Endlich haben wir ein Ziel.

 

Nach knapp einer Stunde kommen wir zeitgleich mit dem anderen Trupp oben an.

Am See brennt ein kleines Feuer. Wir schleichen, wollen wir doch nicht zu schnell enttarnt werden. Doch die Sorge ist umsonst.

 

„Daniel landen“, befehle ich knapp und stürze zu dem reglosen Körper.

Thomas sieht aus, als wäre er von einer Klippe gestürzt. Blut verklebt seine Haare. Kleidung ist zerrissen und mit Dreck und Blut verschmiert.

Joel kniet sich auf die andere Seite des Freundes und als hätten wir das schon tausendmal getan, untersuchen und versorgen wir den Bewusstlosen.

 

Dennis und Gregor holen eine Trage aus dem Helikopter. Während ich mit zum Krankenhaus fliege, überlasse ich die Jungs Gregors Obhut. Er wird sie schon heil zurückbringen.

 

Thomas kommt nicht zu Bewusstsein. Am liebsten hätte ich ihn geschlagen.

„Du Arschloch, was hast du dir nur dabei gedacht?“ Eine Antwort werde ich nicht bekommen, aber es tut gut ihn anzuschreien. Seine Werte sind alle stabil.

 

 

Es ist nicht weit bis zum Krankenhaus. Jamil hat bereits Meldung gemacht und so werden wir mit einer Barre in Empfang genommen.

Untersuchungsraum, Röntgen, Behandlungsraum, Zimmer.

Fast eine Stunde wird er von einem Ort zum anderen geschoben, bis er endlich im Zimmer allein gelassen wurde.

 

„Können sie mir etwas sagen Doktor?“

„Er hat sehr viel Glück gehabt. Nur eine Gehirnerschütterung und etliche Prellungen und Abschürfungen. Wissen sie, was passiert ist?“ Missmutig schüttle ich den Kopf.

„Wir haben ihn den ganzen Tag gesucht. Darf ich bei ihm bleiben?“

„Natürlich“ damit dreht der Arzt sich um und geht.

Jamil und Daniel schicke ich auf den Stützpunkt zurück.

„Ich werde mich melden, sobald es etwas gibt. Ach und Jamil …“ Wir lassen Daniel vorgehen, möchte ich doch nicht das er erfährt was ich dem Kleinen sagen will. „Pass mir auf Lukas auf. Er kann nicht richtig schlafen seid dem Einsatz. Ich vertraue dir, da ihr Freunde seid.“ Lächelnd legt Jamil mir die Hand auf den Oberarm.

„Mach dir nicht zu viele Sorgen. Wir werden auf ihn aufpassen. Und du kümmer dich gut um unseren Captain.“ Damit dreht er sich um und verschwindet.

Ich seufze, nicht zu viele Sorgen machen ist leichter gesagt als getan. Auch ich verlasse den Flur, gehe zu Thomas und setze mich an sein Bett.

 

Ich muss eingeschlafen sein, denn eine Hand auf der Schulter lässt mich aufschrecken.

„Guten Morgen, ich müsste einmal an die Geräte“, begrüßt mich ein Pfleger lächelnd. Ich blicke mich zu Thomas um, er schläft noch.

Hecktisch stehe ich auf, schmeiße dabei fast den Stuhl um.

„Langsam“, der Mann packt meinen Oberarm, bevor ich stürze.

„Entschuldigung“, verwirrt schüttle ich den Kopf. Sehe ihn bei seiner Arbeit genauer an.

Würde ihn in meinem Alter schätzen, verdammt kräftig, obwohl man keine übermäßigen Muskeln erkennen kann. Er scheint an die zwei Meter groß zu sein, blondes schulterlanges Haar. Ein Traum von Mann. Doch ich denke dabei nicht an mich.

„Wie heißt du?“ Frage ich ihn direkt.

„Leon“, belustigt ist sein Blick, als er ihn mir über die Schulter zuwirft. Dreht sich aber sofort wieder zu Thomas, kontrolliert seine Werte. Wie beiläufig streicht Leons Finger über den Hals meines Freundes. Interessant denke ich mir und gehe leise aus dem Zimmer.

Hoffentlich weiß Thomas, was er machen muss.

Da ich Leon etwas Zeit gönnen möchte, bestelle ich mir in der Cafeteria einen Kaffee zum wach werden. Rufe kurz bei den Jungs an, um zu hören wie es allen geht.

Jamil erklärt mir, dass Lukas nicht geschlafen hat. Die ganze Nacht brannte ein kleines Licht. Ich seufze, genau das habe ich befürchtet. Bedanke mich bei ihm und gehe zu Thomas zurück.

 

 

Leon ist verschwunden, aber Thomas ist wach.

„Guten Morgen alter Mann.“ Knurre ich ihn an.

„Wie ist die Zusammenarbeit gelaufen?“ Fragt er mich und verdutzt setze ich mich.

„Bitte Thomas sag mir nicht, dass du das alles geplant hast?“ Er will den Kopf schütteln, stöhnt aber auf.

„Nein“, bringt er krächzend hervor. „Der blöde Unfall war nicht geplant. Aber die Suchaktion schon. Ich wollte sehen, wie ihr miteinander arbeitet, ohne meine Hilfe. Ihr sollt alleine klarkommen und wie mir scheint, hat das gut geklappt.“

Ich knurre, kann meine Wut kaum noch zügeln.

„Du verdammter Idiot. Wäre es so falsch gewesen, eine Info zurückzulassen? Und was zum Teufel ist passiert?“ Er versuchst mir beruhigend die Hand auf den Arm zu legen, doch so außer mir wie ich bin, ziehe ich ihn weg.

„Es tut mir leid Sascha. Ich weiß nicht, was mich geritten hat. Die Tour war nicht geplant gewesen. Ich musste einfach raus, brauchte mal etwas Zeit. Naja und dann war da dieser blöde Abhang. Mir ist nichts weiter passiert. Darf morgen auch schon wieder raus.“ Schnaubend stehe ich auf.

„Gut, das es dir besser geht. Ich geh zu den Jungs. Heut hast du Zeit für dich, viel Vergnügen.“

Damit drehe ich mich um und verschwinde. Aus den Augenwinkeln erkenne ich Leon, der mir hinterhersieht. Es ist mir egal, möchte in dem Moment nur bei Lukas sein.

 

Mit dem Taxi fahre ich zum Stützpunkt. Ungeduldig wippe ich mit dem Fuß, kann es kaum noch erwarten.

Endlich bin ich da. Bezahle und renne los. Der Gruppenraum ist leer. Wo kann Lukas nur sein? Richtig, bei den Waffen. Schon von weitem höre ich Jamil, biege um die Ecke und erblicke ihn. Ohne darauf zu achten, stürme ich auf den Kleinen zu und reiße ihn in meine Arme. Zuerst versteift er sich, doch dann schlingt er die Arme um meine Taille und lehnt sich an meine Brust.

„Es tut mir leid Lukas, ich hätte zurückkommen sollen. Thomas braucht meine Hilfe nicht.“ Fragend sieht er mich an und dann küsst er mich vor den Augen der anderen. Verzweifelnd klammert Lukas sich an meine Arme.

 

 

„Erklär mir, was das mit Thomas auf sich hat“, unterbricht Jamil uns nur ungern, das sehe ich an seiner Mimik.

„Ruf alle zusammen. Dann brauch ich es nur einmal erzählen.“ Seufze ich und gehe mit Lukas im Arm zum Gruppenraum.

Nur ein paar Minuten später sind alle versammelt.

„Alles in Ordnung?“ Fragt mich Gregor nachdenklich.

„Es geht schon.“ Jeden Einzelnen sehe ich an, bevor ich erzähle.

„Thomas ist wach. Ihm geht’s soweit gut und wird morgen entlassen. Diese bescheuerte Suchaktion war gewollt von ihm. Thomas war der Meinung bereits nach acht Stunden Nachtruhe, sollen wir unsere Teamfähigkeit beweisen. Dass er den Unfall hatte, war nicht beabsichtigt.“ Jetzt huscht mir doch ein Lächeln über das Gesicht. „Aber es kommt alles, wie es kommen muss.“ Sie sehen mich fragend an. „Krankenpfleger Leon“, ist alles, was ich dazu sage. „Und ich finde, wir haben uns heute einen freien Tag verdient.“ Damit ziehe ich Lukas an meine Brust und hauche ihm leise ins Ohr. „Es wird Zeit das du etwas Schlaf nachholst mein kleines Nachtgespenst.“ Wir drehen uns um und verschwinden. Lassen acht fragende Gesichter zurück.

10 - Thomas - Distanz

 - Thomas Sicht –

 

Mein Schädel dröhnt, als ich endlich zu mir komme. Was war den noch einmal passiert? Ach ja richtig. Ich brauchte unbedingt einen freien Kopf. Dass jetzt auch noch Sascha gebunden ist, war einfach zu viel für mich. Fünfzehn Jahre Freundschaft und nie hat er etwas bemerkt. Ich seufze und öffne langsam die Augen. Wo bin ich nur?

Langsam blicke ich mich in dem Zimmer um, habe ich nicht gerade noch Sascha gehört? Jemand tritt neben mir ans Bett.

„Guten Morgen Kommandeur, wie geht es ihnen?“

„Ich …“ kein Wort bekomme ich raus, starre in ein Engelsgesicht. Der Mann lächelt mich an, reicht mir ein Glas und setzt es mir an den Mund. Mit der anderen Hand stützt er meinen Kopf. Eine Gänsehaut breitet sich über meine Haut aus und hitze macht sich in mir breit.

Nach ein paar Schlucken stellt er das Wasser wieder weg, legt meinen Kopf zurück ins Kissen. Aber seine Hand bleibt noch in meinem Nacken. Sanft streicht er mit dem Daumen über meinen Hals. Ich kann den Blick nicht von seinen blauen Augen wenden.

„Wir sehen uns später. Morgen können sie wahrscheinlich schon wieder nach Hause.“ Flüstert er leise und verschwindet.

Was bitte war das? Dachte ich bis eben noch, Sascha wäre mein Leben, so werde ich gerade etwas Besserem belehrt.

Seufzend schließe ich die Augen.

 

 

Die Tür wird leise geöffnet. Ich habe die Hoffnung den Pfleger wieder zu sehen, aber es ist Sascha, der hineinkommt.

„Guten Morgen alter Mann.“ Knurrt er mich an.

„Wie ist die Zusammenarbeit gelaufen“, frage ich ihm. Mit entgleisten Gesichtszügen lässt er sich auf dem Stuhl sinken.

„Bitte Thomas sag mir nicht, dass du das alles geplant hast?“ Ich schüttle den Kopf, doch das hätte ich besser nicht machen sollen. Mir dreht sich alles.

„Nein“, meine Stimme kratzt. „Der blöde Unfall war nicht geplant. Aber die Suchaktion schon. Ich wollte sehen, wie ihr miteinander arbeitet, ohne meine Hilfe. Ihr sollt alleine klarkommen und wie mir scheint, hat das gut geklappt.“

Sascha knurrt, sein Gesicht läuft rot an.

„Du verdammter Idiot. Wäre es so falsch gewesen, eine Info zurückzulassen? Und was zum Teufel ist passiert?“ Beruhigend möchte ich Sascha die Hand auf dem Arm legen, doch er zieht ihn weg. Verschränkt die Arme vor der Brust und funkelt mich zornig an.

„Es tut mir leid Sascha. Ich weiß nicht, was mich geritten hat. Die Tour war nicht geplant gewesen. Ich musste einfach raus, brauchte mal etwas Zeit. Naja und dann war da dieser blöde Abhang. Mir ist nichts weiter passiert. Darf morgen auch schon wieder raus.“ Versuche ich ihn zu beruhigen.

„Gut, das es dir besser geht. Ich geh zu den Jungs. Heut hast du Zeit für dich, viel Vergnügen.“ Schnaubend steht er auf, dreht sich um und verschwindet.

„Na echt super“ ich seufze, bemerke nicht, wie die Tür wieder aufgeht.

 

„Alles in Ordnung? Ihr Soldat scheint sehr wütend zu sein.“ Wenn er wüsste.

„Leider, aber er hat ja auch recht.“ Ich bin immer noch total in Gedanken versunken, sehe auf und in das wunderschöne Gesicht meines Pflegers.

Ungefragt setzt er sich zu mir auf die Bettkante.

„Was ist passiert“, fragt er leise, ihm scheint es wirklich zu interessieren.

„Ich hätte wenigstens einem eine Nachricht zukommen lassen sollen. Es war eine Kurzschlussreaktion, bin einfach losgelaufen. So früh hätte ich sie nicht alleine lassen sollen, gestern kamen neue Soldaten. …“ ich rede mir alles von der Seele. Er sitzt nur da und hört zu. Ich habe meine Augen geschlossen, doch ich reiße sie erschrocken auf, als ich leichten Druck auf meinem Bauch spüre.

„Wie heißen sie Captain?“ Leise ist seine Stimme, die Hand lässt er liegen, da ich keine Anstalten mache mich zu wehren.

„Thomas und sie?“ Sogar in meinen Ohren ist die Stimme rau. Nervös lecke ich mir über die Lippen. Er verfolgt jede meiner Bewegung.

„Leon“, flüstert er, beugt sich über mir und haucht mir einen Kuss auf den Mund.

Blitze ziehen durch meinen Körper, kann es gar nicht richtig beschreiben.

Meine Hand legt sich in seinen Nacken, ziehe ihn zu mir.

Seine Hand umfasst mein Gesicht, streichelt mit dem Daumen hinter meinem Ohr. Ich stöhne in seinen Mund. Heftig geht unser Atem, als die Lippen sich lösen. Wir sehen uns fest in die Augen.

„Muss wieder raus, bin noch im Dienst.“ Ich sehe, dass es ihm nicht gefällt, möchte er am liebsten bleiben. Nur wiederstrebend nehme ich die Hand aus seinem Nacken. „Komm später wieder“, flüstre ich. Er nickt, leckt noch einmal kurz über meine Lippen und verschwindet.

 

Was war das den bitte gewesen?

Ich weiß gar nichts über ihn und trotzdem scheint es mir, als kenne ich ihn bereits Jahre. Nachdenklich schließe ich die Augen und schlafe ein.

 

 

„Abendessen“, donnert eine tiefe Stimme in meinem Ohr, reißt mich aus dem Schlaf. Erschrocken richte ich mich auf.

„Ich wollte dich nicht wecken, aber essen ist wichtig!“ Lächelt Leon mich entschuldigend an. Diesem Blitzen in den Augen kann man einfach nicht böse sein.

„Wann hast du Feierabend?“ Presche ich hervor, möchte ich doch gerne mehr Zeit mit ihm verbringen.

„In zwei Stunden. Solange musst du dich noch gedulden Kommandeur.“ Ich bin nicht schüchtern, aber dieser engelsgleiche Riese lässt mich erröten. „Bis später“, er haucht mir einen Kuss auf die Stirn und geht wieder an die Arbeit.

 

Gedankenverloren stocher ich in dem Essen rum. Bekomme gar nicht mit, was mir da vorgesetzt wurde. Das Tablett ist noch immer halb voll, als eine Schwester es abholt.

„Den Magen voll Schmetterlinge“, lachend nimmt sie es weg, essen kann ich eh nichts.

„Wie …“ möchte ich fragen, doch da ist sie bereits verschwunden.

 

Nur wenige Minuten später klopft es leise an die Tür.

„Was habe ich gehört, du hast nichts gegessen?“ Ich grummel, bin ich doch kein Kleinkind mehr. Lachend setzt sich Leon auf die Bettkante.

„Erzähl mir von dir Thomas?“ bittet er leise.

Ich erzähle ihm alles, was ich für wichtig empfinde. Aber das ist nicht viel.

Erzähle ihm von Sascha, dem Soldaten den er kennengelernt hat. Er wird skeptisch, doch ich lege ihm beruhigend eine Hand auf den Arm und schüttle den Kopf.

„Sascha ist vergeben. Das ist denke ich ja das Problem gewesen. Alle meine Jungs sind verliebt. Es ist frustrierend.“ Beruhigend hebt er mit der Hand meinen gesenkten Kopf an, streicht mit dem Finger über die Lippen.

„Dann war es vielleicht Fügung, das du hier gelandet bist.“ Lächelt er mich an.

„Ich bin ein Löwe. Und wer in meine Klauen gerät, dem halte ich bei mir.“ Damit spreizt er die Hand auf meinem Bauch, als würde er sich festkrallen. Lachend greife ich danach.

„Lass uns nichts überstürzen Löwe. Ich bin Soldat, überlege dir gut, worauf du dich da einlässt.“ Missmutig schüttelt er den Kopf.

„Du bist kein Soldat, sondern ein sturer Esel.“ Bevor ich noch etwas sagen kann, drückt er seinen Mund auf Meinen. Grob, drängend, aber auch gefühlvoll. Ich gehe auf ihn ein. Unsere Zungen fechten einen wilden Kampf.

Schwer atmend sehen wir uns an.

„Ein Löwe kämpft, kleiner Soldat. Wir werden sehen, wer gewinnt.“ Wieder küsst er mich, jetzt jedoch zärtlich und leidenschaftlich sanft.

Es ist ein Abschiedskuss, den Leon steht auf und geht. Ohne noch ein Wort zu sagen oder sich umzudrehen.

 

 

Ich brauche lange zum Einschlafen. Ständig spuckt Leon mir durch den Kopf. Seine Augen, Hände und Lippen. Aber auch seine Worte lassen mich nicht kalt.

„Ich werde kämpfen!“ Oh Mann, auf was habe ich mich da nur eingelassen. Innerlich schüttle ich den Kopf.

Leon hat mir den Kopf verdreht, vom ersten Augenblick an. Aber ist das wirklich eine gute Basis für eine Beziehung?

Er nennt mich Esel, dabei bin ich doch nur ein Realist. Bei jedem Einsatz riskiere ich mein Leben … nein Leon soll sich sicher sein, ob er damit leben kann.

Soll mir beweisen, dass ich es ihm Wert bin zu kämpfen.

 

Mit diesem Entschluss und Leons Engelsgesicht vor Augen, schlafe ich ein.

 

 

Nach der Visite bin ich entlassen. Leon habe ich nicht zu Gesicht bekommen. Sollte es gestern das letzte Mal gewesen sein, dass ich ihn sehe?

Ich verbiete mir, weiter darüber nachzudenken. Leon soll seine Entscheidung für sich alleine treffen. Was ich empfinde, ist nebensächlich.

 

Mit dem Taxi fahre ich zum Stützpunkt.

Versuche mich auf die kommende Entschuldigung bei den Jungs zu konzentrieren, aber versage. Innerlich gebe ich mir eine Ohrfeige nach der anderen.

 

Unterwegs in mein Büro erblicke ich Jamil und rufe ihn zu mir.

„Bitte trommel die anderen zusammen! In einer halben Stunde Besprechungsraum.“ Jamil nickt und geht wortlos davon.

Oh je, da muss ich wohl ganz schön was grade bügeln.

Ein Seufzen entkommt meiner Kehle, als ich das Gebäude betrete.

 

Die halbe Stunde versuche ich mich zu konzentrieren, um den Jungs alles plausibel erklären zu können, aber mal wieder ohne Erfolg. Verdammt bin ich jämmerlich.

Noch einmal tief durchatmend betrete ich den Raum. Augenblicklich verstummten alle.

Ich blicke in jedes einzelne Gesicht. Sehe alle Gefühle vertreten.

 

„Entschuldigt Männer. Es war unbedacht von mir. Sascha hat mir bereits ordentlich den Kopf gewaschen und ich hoffe, dass ihr mir verzeiht.“ Keiner regt sich.

„Wie geht es Leon“, fragt Sascha mich in die Stille. Erschrocken sehe ich ihn an.

„Leon? Wie … Du …?“ Überrumpelt bekomme ich keinen vernünftigen Satz zustande, was alle auflachen lässt.

Im Sekundenbruchteil ist die Stimmung gelöst. Alle reden durcheinander, wollen mehr von Leon erfahren. Waschen mir im gleichen Atemzug aber auch gehörig den Kopf.

 

„Ich verspreche, dass ich so einen Müll nie wieder mache. Und was Leon angeht … dazu kann ich nichts sagen. Ich bin Soldat, es würde nichts bringen.“ Um weiteren Fragen zu umgehen, verlasse ich fluchtartig den Raum. Direkt in meine Unterkunft, wo ich mir eine heiße Dusche genehmige.

 

Die Jungs werden keine Ruhe geben, das weiß ich. Aber wenigstens heute will ich nicht mehr darüber reden, geschweige denn Nachdenken.

 

Mit Leons Gesicht vor Augen, schlafe ich ein.

11 - Dennis - Ein Team

 - Dennis Sicht –

 

„Was für ein verrückter Haufen.“ Neugierig beobachten wir unser Team.

„Ich hoffe nur, wir kommen gut zurecht.“

„Warum Joel, schau sie dir doch an.“ Fragend sieht er mich an.

„Habt ihr schon die Unterkünfte gesehen“, mischt sich Daniel ein. „Ich sage euch Leute, wir müssen unbedingt umstellen.“

„Mh“, mache ich nur, genieße lieber Joels Arme um meine Mitte und den warmen Körper im Rücken. Einen leichten Kuss haucht er mir in den Nacken. Daniel und Christian stehen neben uns, die Körper genauso umschlungen wie wir.

„Denkst du, wir bekommen Probleme?“ Fragt Daniel misstrauisch. Ich zieh eine Augenbraue hoch.

„Schau dir die Jungs an und beantworte dir die Frage selbst.“ Alle sehen zu der Gruppe rüber und Christian lacht.

„Die Vier haben definitiv nichts dagegen.“

„Richtig bin nur gespannt, wie die anderen zwei sind.“

„Gedulde dich Joel. In einer Stunde wissen wir mehr.“

„Ich dachte die sind schon auf dem Stützpunkt.“

„Daniel nicht zu viel denken.“ Scherze ich. Genieße ich es doch immer wieder meine Jungs aufzuziehen. Als Dank bekomme ich einen Schlag auf den Bizeps. Verdammt unterschätze ich noch heute die Kraft der Großen.

„Dennis sei vorsichtig, ich brauche dich noch im Ganzen.“ Joel reibt über die stelle, die Daniel getroffen hat und funkelt ihn böse an.

„Großer benimm dich.“ Lachend lege ich ihm eine Hand auf die Wange.

„Ich bin selbst Schuld und kann mich auch wehren.“ Knurrend drückt er mir einen Kuss auf den Mund. „Du kennst mich Saiai no.“ Joel grummelt, gibt aber seine Abwehrhaltung auf.

Am eigenen Leib hat er lernen müssen, was ich an Kampfsport beherrsche. Denn so kamen wir zusammen. Seufzend lehne ich mich an seine Brust.

 

 

„Kommt ihr mit?“ Christian löst sich aus Daniels Umarmung.

„Wo willst du hin?“ Stöhnend verdreht Daniel die Augen.

„Schaut mal auf die Uhr.“ Haben wir tatsächlich die Zeit vergessen.

Voller Erwartung gehen wir gemeinsam zum Büro.

 

Unser Captain schaut nicht schlecht, als er kurz nach uns am Büro auftaucht. Was mich innerlich lächeln lässt. Sehen die Drei doch aus wie die reinsten Schränke. Groß, muskelbepackt und breite Schultern. Meine Statur ist nur wesentlich schmächtiger und kleiner.

„Rühren Männer“, begrüßt er uns.

„Sir“, nicke ich ihm zu.

„Kommen sie. Wir machen die Begrüßung im Allgemeinen. Die Jungs wissen nichts von Verstärkung.“ Erklärt er uns und wir folgen in den Gruppenraum, wo die anderen sechs bereits warten.

„Rühren Männer!“ Ich nutze die Chance und schau mir die Truppe genauer an. Die verschiedensten Gefühle erblicke ich. Von Gelassenheit bis nervös. Der mit dem Arm in der Schlinge, scheint sogar Angst zu haben.

„Da momentan Sascha und Lukas ausfallen, habe ich um Unterstützung gebeten und sie in Form dieser vier Männer bekommen. Sie werden niemanden ersetzen. Sondern sind zur Bereicherung des Teams dabei.“ Prüfend ist der Blick des Kommandeurs.

Ich stelle mich zuerst vor. „Dennis, Waffenexperte“

„Joel, Sanitäter“, sagt mein Partner.

„Daniel, Pilot“, meldet sich unser Afrikaner.

„Christian, Spion“

„Alle vier kommen aus einer Einheit siebenhundert Kilometer entfernt. Ihr Trupp wurde aufgelöst und bei uns sollen sie ihre neue Heimat finden.“ Wieder sieht er in die Runde.

„Macht es ihnen nicht schwer. Lukas ich möchte, dass du mit Jamil zusammen Dennis alles zeigt. Sascha du setzt dich mit Joel zusammen. Gregor und Kevin ihr zwei kümmert euch um Christian. Und Jan du und Daniel schaut euch die Technik an.“ Ein geschickter Schachzug, den er macht. Spannt uns in Gruppen ein, sodass jeder etwas zu tun bekommt. An seinem Blick sehe ich die Erwartung, die er darin steckt.

 

„Wegtreten Männer. Für die nächsten zwei Tage heißt es einarbeiten und erklären. Wenn ihr Fragen habt, wisst ihr, wo man mich findet.“ Damit dreht sich der Captain um und verlässt die Gruppe. Hinter ihm verlässt noch jemand den Raum und ich höre, wie dieser den Kommandeur mit Vornamen ruft.

Joel ist neugierig, wie immer. Geht auf Lukas zu und erkundigt sich nach seinem Befinden. Doch irgendwie scheint es alle in Aufruhr zu versetzen. Ein Riese von Mann gesellt sich zu ihnen, was Lukas beruhigt. Der Große erzählt in knappen Zügen vom letzten Einsatz. Die gesamte Gruppe scheint darunter noch zu leiden.

„Lukas alles in Ordnung?“ Bei der Frage des Freundes, blicken sich alle um. Ich weiß nicht was passiert ist, aber Lukas verlässt fluchtartig das Gebäude.

Ich geselle mich zu Joel, lege eine Hand auf seine Schulter.

„Was ist passiert“, frage ich besorgt, doch Joel schüttelt nur den Kopf.

„Ich heiß Gregor.“ Stellt sich der Hüne vor, bevor er weiter erzählt. Dabei liegt ein Lächeln auf seinen Lippen. „Ich würde sagen, der Kleine kommt mit seinen Gefühlen noch nicht ganz klar.“ Ein Zwerg gesellt sich zu Gregor, welcher sofort den Arm um ihn legt. „Das ist Jamil. Und dahinten die beiden sind Jan und Kevin.“ Stellt er die anderen vor.

Daniels Augen blitzen belustigt. „Das heißt, eigentlich steht unserer Idee nichts im Wege oder?“ Ich schüttle den Kopf und bevor jemand fragen kann, quasselt Daniel drauf los.

Wie ich schon geahnt habe, sind die vier von der Idee begeistert.

 

 

„Erzählt mal was von euch“, fordert Kevin uns auf. Wir sind in der Kaserne. Von Sascha ist noch nichts zu sehen und wo der kleine Lukas ist, weiß auch niemand. Keiner ist deswegen aber sonderlich beunruhigt.

„Sascha wird wissen was er machen muss.“ War alles, was Jamil zu Lukas verschwinden sagte.

„Was möchtest du hören?“ Frage ich Kevin und stelle mit Joel Spinte als Paravent auf.

„Wie seid ihr zusammengekommen? Du bist Japaner und Daniel Afrikaner.“ Lachend lasse ich mich auf ein Bett fallen.

„Oh man Kleiner.“ Beleidigt zieht Kevin eine Augenbraue hoch, ist er doch größer als ich. „Sorry, ich meine …“ vor Lachen kann ich kaum sprechen. Daniel schüttelt den Kopf.

„Genau so haben wir ihn kennengelernt. Wir sind alle ein Jahrgang, haben auch die Ausbildung gemeinsam abgeschlossen, bevor wir uns spezialisiert haben. Dennis ist unser Pausenclown. Hat immer einen Scherz auf Lager und versteht es einen zu ärgern.“

„Hey“ protestiere ich und will gespielt beleidigt auf Daniel zugehen, doch Joel hält mich am Arm fest und zieht mich an seinen Körper.

„Jetzt bist du mal ruhig Kleiner.“ Grummelnd sinke ich an seine Brust. Doch er weiß, wie er mich besänftigt und so wandern die weichen Lippen über meinen Nacken, was mir wohlige Schauer über den Rücken jagt.

 

Bis weit in die Nacht erzählen wir über uns, unsere bisherige Arbeit und unsere Freundschaft. Im Gegenzug erzählen die vier von sich. Auch über Sascha und Lukas berichten sie, ermöglichen uns einen guten Blick in ihr Leben.

Als wir schlafen gehen, sind die Zwei noch nicht da.

„Meinst du, da ist alles in Ordnung?“ ich liege in Joels Arme, mache mir doch Sorgen um den Kleinen.

„Liebster bitte, dein Herz ist zu zart um soviel auf dich zulasten. Wenn die Jungs sagen da ist alles in Ordnung dann vertraue ihnen. Sascha ist ein erfahrener Sanitäter und wenn etwas sein sollte, weiß er, was zu tun ist. Und ich weiß, dass du jetzt schlafen musst.“ Sanft küsst er mich, erstickt damit meinen Protest. Seufzend gebe ich nach, kuschel mich an ihn und schlafe ein.

 

 

Ich erwache von leisem Stöhnen. Beunruhigt wecke ich Joel.

„Saiai no wach auf.“ Er grummelt, ist aber sofort wach.

Ein Lächeln umspielt seine Lippen, als er die Geräusche wahrnimmt.

„Keine Angst Kleiner, das ist nur das, was ich auch am liebsten jetzt machen würde.“ Damit gleiten seine Hände über meinen Körper, umspielen die bereits harten Nippel und seine Zunge erobert meinen Mund. Mir entkommt ein Wimmern, als seine Hände weiter wandern. Doch bereits bei der nächsten Berührung bäumt sich mein Körper ihm entgegen.

Mit der Zunge hinterlässt er eine feuchte Spur auf den Weg von meiner Kehle bis hinunter zu meinem Bauchnabel. Meine Lenden zucken, als die Beule in meinen Shorts größer wird. Sacht legt sich seine Hand darauf, verstärkt ab und an den Druck, um kurz darauf wieder von mir ab zu lassen.

„Bitte“, flehe ich ihn an. Er versteht es, macht sich aber wie immer einen Spaß daraus, mich zu quälen. Die Geräusche aus dem Nachbarraum stacheln uns gleichzeitig an.

Da Joel unachtsam ist, ziehe ich ihn zu mir rauf. Drehe uns so, dass er unter mir liegt, und lächel ihn an. Fest presse ich meine Lenden an seine. Gegenseitig steigern wir unsere Leidenschaft. Ich greife zwischen uns, umschließe durch die Shorts sein Glied und massiere ihn. Er macht es mir gleich. Gemeinsam pumpen wir uns in höhere Sphären.

„Kleiner Nimmersatt.“ Lächelt er mich an, streicht mir eine verschwitze Strähne aus der Stirn und steht auf.

Nur mit Badehandtuch bekleidet gehen wir zu den Duschräumen. Jemand ist drin und Joel blickt um die Ecke. Mit einem Finger auf den Lippen sieht er mich an und grinst. Dreht sich wieder um und räuspert sich.

„Jungs ich will euch ja nicht stören, aber so langsam wollen auch die anderen Duschen.“ Was darin vor sich geht, weiß ich nicht.

„Was hält euch auf? Doch nicht etwas die Geräusche aus dem Schlaftrakt“, sagt Sascha. Kopfschüttelnd und lachend betritt er eine der Duschen. Ich folge ihm auf den Fuß. Wenn Sascha wüsste, wer die Geräusche unter anderen versucht hat.

 

 

Eine Viertelstunde später haben wir uns alle im Gruppenraum versammelt. Wir kennen unsere Aufgaben und so machen wir uns in Grüppchen auf den Weg.

Jetzt sind keine Pärchen mehr zusammen. Clever gemacht von Thomas.

Wir sehen uns gerade die einzelnen Waffen an, als wir angepiepst wurden.

„Was ist los“, frage ich irritiert.

„Ich weiß es nicht.“ Gibt Lukas zu. „Wir sollen in den Gruppenraum. Dann werden wir es erfahren.“ Damit rennen wir los.

 

Keine zehn Minuten später sitzen alle wieder im Gruppenraum.

„Thomas ist verschwunden. Entweder im Wald oder auf dem Platz.

Jan versuche sein Handy zu orten. Ich habe bereits angerufen. Es ist an, aber keiner nimmt ab.“ Eröffnet uns Sascha und sofort fliegen die Finger des Kleinen über die Tastatur.

„Da haben wir wohl ein Problem“, sagt er seufzend. „Das Teil ist hier im Gebäude. Ich würde sagen sein Büro.“

Wortlos steht Christian auf und begleitet von Kevin durchsuchen sie das Zimmer.

„Lautlos“ ist alles, was er sagt, als sie mit dem Gerät zurückkommen.

„Ich würde sagen wir teilen uns auf. Daniel, Jamil ihr fliegt alles ab. Jan und Christian bleiben am Computer. Kevin, Dennis und ich durchsuchen den Wald, nördlich beginnend. Lukas, Joel und Gregor ihr beginnt auf dem Trainingsplatz und kommt uns dann im Wald entgegen.“

„Jawohl“, kam es gemeinschaftlich, wie aus einem Mund.

Keiner fragt, warum Sascha das Kommando übernimmt. Wir reagieren als Einheit. Teilen uns auf und marschieren los.

 

Stumm durchsuchen wir alles. Sascha hat in unserer Gruppe die Führung übernommen. Mir soll es recht sein, kenne ich mich in der Gegend doch noch nicht wirklich aus.

In regelmäßigen Abständen fragt er nach dem Stand der Dinge. Es ist zum verrückt werden.

 

Erst gegen achtzehn Uhr, es dämmerte bereits, meldet sich Jamil.

„Sascha, Wärmequelle ungefähr zehn Kilometer nordöstlich von dir. Es ist unsere Lichtung. Gregor und Kevin wissen, wo sie ist.“

„Gregor macht euch auf den Weg. Wir treffen uns da.“

„Jawohl“ damit verstummt die Leitung. Endlich haben wir ein Ziel.

 

Nach knapp einer Stunde kommen wir zeitgleich mit dem anderen Trupp oben an.

Am See brennt ein kleines Feuer. Wir schleichen, wollen doch nicht zu schnell enttarnt werden. Doch die Sorge ist umsonst.

 

„Daniel landen“, befiehlt Sascha knapp und stürzt zu dem reglosen Körper.

Ich warte am Helicopter, hole mit Gregor sofort die Trage raus und bringen sie zu den anderen. Joel und Sascha versorgen Thomas, man kann nicht sagen, inwieweit er ernstlich verletzt ist.

Sascha fliegt mit Jamil und Daniel ins Krankenhaus.

Lukas und Kevin haben in der Zwischenzeit das Feuer gelöscht.

 

„Kommt Jungs“, fordert Gregor uns auf, nachdem der Heli weg ist.

Im ruhigen Tempo marschieren wir zurück.

Keiner sagt ein Wort, hängen wir alle unsere Gedanken hinterher.

 

Im Lager treffen wir uns mit Christian und Jan. Erzählen ihnen kurz was wir vorgefunden haben und ziehen uns in unsere Bereiche zurück.

 

 

Am nächsten Tag gegen zehn Uhr ist Sascha immer noch nicht zurück. Ohne Aufforderung machen wir uns alle auf den Weg in die jeweiligen Bereiche. Mit Lukas und Jamil stehe ich am Schießstand. Erprobe die unterschiedlichsten Geschütze und veranstalten einen kleinen internen Wettkampf. Lachend geben sich die zwei jüngeren geschlagen.

 

Keine Ahnung, wie lange wir schon üben, als Sascha auf uns zugerannt kommt.

Er reißt Lukas regelrecht an seinen Körper, erdrückt ihn fast an seiner Brust. Lukas versteift sich und ich überlege schon einzugreifen, doch dann schlingt er die Arme um den großen Körper.

„Es tut mir leid Lukas, ich hätte zurückkommen sollen. Thomas braucht meine Hilfe nicht.“ Ich sehe den fragenden Blick von Lukas und als Nächstes küsst er Sascha. Ich glaube in diesem Moment hat er es endlich verstanden und akzeptiert, was mit ihm ist.

 

„Erklär mir, was das mit Thomas auf sich hat?“ Unterbricht Jamil die beiden nur ungern, das sehe ich an seiner Mimik.

„Ruf alle zusammen. Dann brauch ich es nur einmal erzählen.“ Seufzt Sascha und geht mit Lukas im Arm zum Gruppenraum.

Nur ein paar Minuten später sind alle versammelt.

 

„Alles in Ordnung“, fragt Gregor nachdenklich.

„Es geht schon.“ Jeden Einzelnen sieht Sascha an, bevor er erzählt.

„Thomas ist wach. Ihm geht’s soweit gut und wird morgen entlassen. Diese bescheuerte Suchaktion war gewollt von ihm. Thomas war der Meinung bereits nach acht Stunden Nachtruhe, sollen wir unsere Teamfähigkeit beweisen. Dass er den Unfall hatte, war nicht beabsichtigt.“ Jetzt huscht Sascha doch ein Lächeln über das Gesicht. „Aber es kommt alles, wie es kommen muss. … Krankenpfleger Leon“, ist alles, was er auf unsere fragenden Blicke sagt. „Und ich finde, wir haben uns heute einen freien Tag verdient.“ Damit zieht er Lukas an seine Brust. Sie drehen sich um und verschwinden. Lassen acht fragende Gesichter zurück.

 

Wir bekommen keine Antwort und weiter darüber nachzudenken würde nur Kopfschmerzen bedeuten. Also ziehen wir uns zurück.

Joel und ich beschließen die Gegend zu erkunden. Wollen unter uns bleiben, reden.

 

 

„Was hältst du von dem Haufen“, fragt er mich. Wir sitzen auf dem Trainingsplatz, lassen die Beine baumeln und genießen die Zweisamkeit.

„Chaotisch, aber wir passen hier rein. Es war die richtige Entscheidung von dir.“

„Von mir“, skeptisch ist sein Blick, was mich lächeln lässt.

„Du weißt genau, dass du unser Gruppenführer bist. Das warst du schon immer. Und wenn du mit den Jungs und der Leitung klar kommst, dann werden auch wir damit umgehen können.“ Er knurrt, kann es jedoch nicht leugnen.

In unserer alten Einheit war Joel nach dem Kommandeur der Ranghöchste.

 Und was er sagte, wurde gemacht. Davon abgesehen das uns vier mehr verbindet. Wir sind Freunde außerhalb der Einheit. Eine Familie, wenn man es so bezeichnen möchte.

Bestimmt zieht er mich in seine Arme. „Weißt du Kleiner, manchmal bist du unverbesserlich.“ Sagt er und drückt mir einen Kuss auf die Schläfe.

„Ich bin nun mal da, um dich auf den Boden zu holen, Saiai no.“ Unsere Lippen berühren sich in einem leidenschaftlichen Kuss.

 

Die Nacht verläuft ruhig und wir beginnen den Tag, wie er geendet hat. Sitzen am Trainingsplatz und genießen die Ruhe.

 

„Jungs, der Kommandeur möchte uns im Gruppenraum sehen.“ Jamil unterbricht unsere Zweisamkeit. Tief durchatmend gehen wir hinüber.

 

Ungeduldig warten wir, keiner hat eine Ahnung, um was es gehen wird.

Thomas betritt den Raum, er sieht niedergeschlagen aus. Blickt jeden einzeln an und seufzt.

 

„Entschuldigt Männer. Es war unbedacht von mir. Sascha hat mir bereits ordentlich den Kopf gewaschen und ich hoffe, dass ihr mir verzeiht.“ Keiner regt sich.

„Wie geht es Leon“, fragt Sascha ihm in die Stille. Erschrocken sieht Thomas ihn an.

„Leon? Wie … Du …?“ Überrumpelt bekommt er keinen vernünftigen Satz zustande, was alle auflachen lässt.

Im Sekundenbruchteil ist die Stimmung gelöst. Alle reden durcheinander, wollen mehr von Leon erfahren. Waschen Thomas im gleichen Atemzug aber auch gehörig den Kopf. Stillschweigend sehe ich mir das Schauspiel an.

Ja es war die richtige Entscheidung hier herzukommen. In einen besseren Trupp hätten wir nicht geraten können.

 

„Ich verspreche, dass ich so einen Müll nie wieder mache. Und was Leon angeht … dazu kann ich nichts sagen. Ich bin Soldat, es würde nichts bringen.“ Fluchtartig verlässt Thomas damit den Raum.

 

„Dieser Hornochse“ Sascha tobt vor Wut. Lukas versucht ihn zu beruhigen, was nur mäßig gelingt.

„Sorry Leute, aber ich glaube ich brauche das Team, um Thomas endlich auf den richtigen Weg zu führen. Seid ihr dabei?“

„Erzähl uns von Thomas … und ja wir sind ein Team!“ Joel reicht Sascha die Hand. Damit ist der Pakt besiegelt. Aus zwei ehemaligen Teams ist ein Trupp geworden. Eine Mannschaft, die zusammenhält.

 

Da Thomas nichts weiter gesagt hat, gehen wir in unsere Baracke.

Denn jetzt heißt es Pläne schmieden.

12 - Sascha - Die Planung

-Saschas Sicht-

 

„Jetzt erzähl schon!“ Bereits seid geschlagenen zehn Minuten tiger ich durch die Baracke. „Sascha“, Lukas greift nach meinem Arm und zieht mich zu sich. Tief vergrabe ich mein Gesicht in seinen Haaren und atme den herben Geruch von ihm ein. Er erdet mich und beruhigt meine Nerven. „Schaffst du es“, flüstert er in mein Ohr. Stumm nicke ich und ziehe ihn fester an meinen Körper. Schließlich schaffe ich es, mich hinzusetzen. Lukas steht hinter mir, legt beruhigend seine Hände auf meine Schultern, als ich zu erzählen beginne.

 

„Ich war gerade neunzehn geworden. Hatte mich für den Bund eintragen lassen, als mir Thomas über den Weg lief. Das Bild müsst ihr euch vorstellen. Zigarette im Mund und eine Papiertüte in der Hand. Natürlich war in der Tüte eine Flasche Wodka. Keine Ahnung warum, aber ich hielt ihn auf. So überrumpelt wie er war sackte er in sich zusammen. Ich fragte ihn, wo er wohnt, doch bekam ich keine Antwort. Also brachte ich Thomas zu mir.

Er war total weggetreten.

Das erste, was er am nächsten Morgen sagte, war ‘Scheiße‘.“

Unter Lukas Händen entspanne ich mich zunehmender.

„Thomas brauchte eine ganze Weile, bis er endlich mit der Sprache rausrückte. Normalerweise trinkt er keinen Alkohol und auch Zigaretten sind ihm zuwider. Er hatte erfahren, dass er Vater geworden war.“ Zischend wird Luft eingesogen und ich sehe auf. Einen nach dem anderen blicke ich an und nicke bedächtig.

„Er hatte den Tag genossen. Gerade die Offiziersschule bestanden und dann bekam er eine MMS.“

„Ist er …“

„Hat er …“

„Wie ist das …“ alle reden durcheinander. Die Aufregung war verständlich.

„Er sagte mir, dass das nicht möglich wäre. Noch nie hatte er eine Beziehung mit einer Frau gehabt. Ich brauchte lange, um ihn zu beruhigen. Half ihm alles für einen Vaterschaftstest klar zu machen. Und auf seine Bitte ihn zu begleiten, tat ich auch dies, als er das erste Mal seinen Sohn besuchte.“

„Ist er wirklich sein Kind?“ Die ganzen Fragen kann ich nicht mehr zuordnen. Langsam nicke ich.

„Ist es, er wird demnächst sechzehn. Die Mutter hat das alleinige Sorgerecht. Sie will keinen Unterhalt, doch ich weiß, dass Thomas ein Sparbuch eröffnet hat und jeden Monat etwas einzahlt.“

„Weiß er, wie es dem Jungen geht?“ Traurig schüttle ich den Kopf.

„Er ist aber der Grund, warum Thomas Leon auf Distanz hält. Er hat Angst.“ Die Augen der Jungs werden größer.

„Unser Kommandeur und Angst? Sascha das ist ein Scherz.“

„Nein“, belegt ist meine Stimme, kann den Kloß selbst nicht ganz zurückhalten. Beruhigend massieren Lukas Hände meine Schultern, ziehen mich an seine warme Brust.

„Was verbergt ihr zwei wirklich“, flüstert mir der Kleine fragend ins Ohr. „Wart ihr je mehr als Freunde?“ Die Frage war nicht anklagend, nur neugierig. Ein leichtes Schmunzeln bildet sich um meinen Mund. Greife nach Lukas Händen und verschränke sie mit meinen.

„Nicht richtig nein. Aber ich weiß, was er für mich empfindet. Thomas hat mich vom ersten Augenblick an geliebt. Doch ich glaube, er liebt mich weil ich ihm geholfen habe. Ich bin immer für ihn da und das wird sich nie ändern. Jedoch liebe ich ihn als Bruder und es wird Zeit, dass er sein Glück findet.“

„Und du meinst Leon ist der Richtige?“ Unwillkürlich muss ich an den gestrigen Morgen im Krankenhaus denken und nicke.

„Das ist er. Ihr hättet Leon sehen müssen. Einige Jahre älter als ich und etwas Ähnlichkeit mit mir. Sanftmut in Person. Aber ein Löwe, das sieht man in seinen glänzenden Augen.“ Ein Lächeln bildet sich in jedem Gesicht.

„Dann sage uns mal, was du geplant hast!“ Lukas Hände streicheln meine Brust und genießerisch schließe ich die Augen. Lehne mich zurück.

„Es gibt zwei Sachen, die für Thomas wichtig sind. Zum einen ist es sein Sohn und zum anderen sein Beruf. Wenn Leon beides akzeptiert und Thomas Herz erobern kann, dann hat er gewonnen.“

„Das sollten wir doch in den Griff bekommen. Gib uns alles, was wir an Daten brauchen.“

Und die gebe ich ihnen.

 

 

Erschöpft ziehe ich am Abend Lukas in meine Arme. Streichel den muskulösen Körper und Küsse ihn immer wieder.

„Meinst du, es ist richtig, was ich mache? Mit dem Verkuppeln?“ Bin nervös, beginne zu zweifeln. Lukas richtet sich auf. Sanft liegt eine Hand an meiner Wange. Tief blicken seine Augen in meine.

„Du machst das Richtige. Er ist dein Freund. Und du hast ein großes Herz.“ Schelmisch ist sein Blick, als er verspielt an meiner Lippe knabbert. Jegliche scheu hat er verloren, zeigt mir offen was ihm gefällt und was er braucht. Auch gibt er mir den Glauben daran, das Richtige zu tun, zurück.

Verschwitzt, aber glücklich schlafe ich mit ihm in den Armen und leisem Stöhnen aus den anderen Bereichen, stunden später ein.

 

 

Gegenüber Thomas lassen wir nichts durchsickern.

Über den Computer sucht mir Jan die Anschriften von dem jungen Samuel und Leon heraus. Unsere Woche besteht nur aus Training, sodass wir die Nachmittage oder Abende Zeit haben zu planen.

Während die Jungs alles für Thomas ausstehenden Geburtstag planen, fahre ich mit Lukas zu Leon.

Vom Krankenhaus weiß ich, das er frei hat, also stehen wir keine zwei Stunden später bei dem Pfleger vor der Tür.

„Was … ist etwas mit Thomas?“ Ein Lächeln huscht über mein Gesicht, als er sofort an unseren Kommandeur denkt.

„Dürfen wir rein kommen?“ Frage ich jedoch, ohne zu antworten. Noch immer irritiert tritt Leon zur Seite.

„Was ist los?“ Wir setzen uns auf die Couch und ich platze geradewegs mit allem raus.

„Was empfindest du für Thomas?“ Verlegen sieht er zu Boden, was mich schmunzeln lässt.

„Ich würde ihn schon gerne besser kennenlernen, aber er gibt mir keine Chance.“

„Was wäre, wenn ich dir eine Geschichte über Thomas erzähle. Dir den Grund für sein Verhalten nenne.“ Ich sehe, wie Leon überlegt, seine Miene aber entschlossen blickt und er nickt.

Ich gebe ihm die Kurzfassung und sage ihm das Unvermeidliche.

„Thomas hat einen fast sechzehnjährigen Sohn.“ Prüfend sehe ich Leon an, doch er zuckt nicht zusammen. Das gibt mir Hoffnung.

„Wir sind lange befreundet und Thomas hat viel durchgemacht. Keine langen Beziehungen wegen Beruf und Kind.“ Interessiert ist sein Blick, keine Spur von Widerwillen oder ekel. Ein kleines Lächeln bildet sich um Leons Lippen.

„Sag mir bitte, dass es noch mehr gibt? Ich kann nicht glauben, dass das der einzige Grund für seine Abfuhr ist.“ Entspannt lässt er sich in die Lehne fallen.

„Heißt das …?“ Beginnt Lukas vorsichtig. Unerwartet bricht aus Leon ein Lachanfall. Es dauert einige Minuten, bis er sich wieder soweit beruhigt hat, um wieder reden zu können.

„Es tut mir leid. Ich hätte nie gedacht, dass Thomas ein Mensch ist, der aufgibt. Habe ihm gesagt das ich kämpfen werde um ihn, und daran hat sich nichts geändert.“ Zufrieden nicke ich.

„Danke Leon, genau das wollte ich von dir wissen.“ Damit stehe ich auf, ziehe Lukas mit mir.

„Wir sind dabei eine Geburtstagsparty für Thomas zu organisieren. Ich hoffe du machst mit?“

„Sag mir wann und wo und wie ich helfen kann.“ Freundschaftlich verabschieden wir uns und Lukas und ich fahren zu unserem nächsten Treffen.

 

 

Nach drei Stunden Fahrzeit sind wir am Ziel. Eine ruhige Gegend, sauberes kleines Haus.

„Meinst du Sie, lässt uns rein?“ Ich seufze, lege Lukas den Arm um die Schulter und gehe mit ihm zur Tür.

„Gleich wissen wir es.“ Vorsichtig klopfe ich an.

 

Eine junge Frau, Mitte dreißig öffnet uns.

„Sie? Ich kenne sie!“ Platzt sie bei meinem Anblick raus.

„Sascha“, stelle ich mich vor. „Ich bin mit Thomas sehr gut befreundet. Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir mit Ihnen und Samuel reden?“ argwöhnisch ist ihr Blick, aber sie gewährt uns Einlass.

„Wie geht es dem Jungen“, frage ich als Erstes, versuche die Spannung zu lockern.

„Er ist in einem schwierigen Alter.“ Seufzt die Mutter. „Ständig fragt er nach seinem Vater.“

„Er weiß nichts von Thomas?“ Langsam schüttelt sie den Kopf.

„Ich dachte es wäre besser für uns alle.“

„Das ist Blödsinn.“ Braust Lukas unverhofft auf. „Das ist das Schlimmste, was Sie machen können. Jedes Kind hat das Recht zu wissen, wer seine Eltern sind.“

„Wie sollte ich ihm sagen, dass sein Vater schwul ist? Dass es nur ein kurzes Intermezzo zwischen uns war?“ Auch ihre Stimme ich lauter geworden. Beruhigend versuche ich Lukas an mich zu ziehen, was er nur widerwillig zulässt. Das ist etwas, was ich auf später verschieben werde.

„Lassen Sie Samuel selbst entscheiden.“ Seufzend gibt sie ihre Abwehrhaltung auf und nickt.

„Was soll ich selbst entscheiden?“ Fragt aus dem Hintergrund eine junge, helle Männerstimme. Ich muss schmunzeln, der Kleine schleicht wie ein Soldat. „Mum, was wollen die Männer?“ Ganz Herr des Hauses stellt er sich hinter seine Mutter, legt ihr beschützerisch eine Hand auf die Schulter.

„Mit dir reden Junge. Es geht um deinen Vater.“ Damit steht sie auf, drückt ihm einen Kuss auf die Stirn und verschwindet.

„Setz dich Samuel“, fordere ich ihn leise auf.

„Was wissen Sie über meinen Vater?“ Seine Stimme ist angespannt, weiß nicht was er erwarten soll.

„Ich weiß alles. Seit fast sechszehn Jahren sind wir eng befreundet. Und seit geraumer Zeit ist er mein Kommandeur.“

„Ihr … er ist Soldat?“ Die Augen des Kleinen leuchten. Langsam nicke ich.

„Er wollte dich immer kennenlernen, aber deine Mutter wollte es nicht. Da er …“ ich ringe um die richtige Formulierung doch Samuel kommt mir zuvor.

„Er ist wie sie. Ich meine, er ist schwul oder? Das ist der Grund, warum Mum ihm verbietet mich zu sehen. Sie denkt es ist eine Krankheit.“ Er schnaubt empört. Mit großen Augen sehe ich ihn an.

„Möchtest du ihn kennenlernen?“ Thomas Augen blicken mich aus dem jungen Gesicht entgegen. So viel Wärme und Liebe strahlen sie aus.

„Am Liebsten sofort.“

„Und du hast keine Probleme?“

„Soll das ein Scherz sein? Er ist mein Vater, es ist mir egal. Immer wollte ich ihn sehen, ihm soviel fragen.“ Lächelnd strecke ich die Hand über den Tisch aus, lege sie sacht auf die seine.

„Bald kannst du ihm alles fragen. In zwei Tagen holen wir dich ab.“ Strahlend sehen mich die Augen des Jungen an. Vor Glück fällt er uns zur Verabschiedung um den Hals.

 

„Dem Kleinen hast du aber ganz schön den Kopf verdreht.“ Lacht Lukas, als er mich vor dem Auto in die Arme schließt.

 

 

Es ist bereits zwanzig Uhr durch, als wir endlich zurückkommen. „Wie schaut es bei euch beiden aus?“ Die Jungs warten gespannt auf Einzelheiten.

„Habt ihr was zu essen für uns“, fragt Lukas, anstatt von dem Treffen zu erzählen. Lachend stellen Dennis und Christian je ein Tablett mit etwas Nahrhaften auf den Tisch.

Erst nach einigen Bissen erzählen wir was wir erlebt haben. Dass wir beeindruckt von den Reaktionen sind und uns freuen Leon und Samuel wieder zu sehen.

„Und wie ist es hier gelaufen?“ Frage ich in die Runde.

„Alles erledigt. Buffet und Getränke bestellt. Mit dem Chef von ganz oben haben wir auch geredet. Den Tag wird der Trupp 13 vom Dienst freigestellt.“

Glücklich lehne ich mich in den Stuhl zurück.

 

„Ich würde sagen, die Party kann diesen Freitag starten.“

13 -Thomas - Überraschungsparty

- Thomas Sicht -

 

Freitagmorgen, dreizehnter Juli. Seufzend lege ich mir die Hand auf die Augen. Warum wurden wir heute vom Training nur freigestellt? Unter Garantie steckt Sascha dahinter.

Meine Hand gleitet wie jeden Morgen unter das Kopfkissen und zieht ein kleines Foto hervor.

„Guten Morgen Kleiner. In zwei Wochen hast auch du Geburtstag. Wie es dir wohl geht?“ Tränen treten mir in die Augen, kann sie nicht zurückhalten. Samuel, mein Sohn wird sechszehn. Und alles was ich von ihm habe, ist dieses kleine Foto. Bei meinem ersten und einzigen Besuch hat Sascha das gemacht. Da war der Kleine gerade einmal zwei Wochen alt. Heftig wische ich mir die Augen trocken und stehe entschlossen auf. Wenn die Jungs nicht trainieren wollen bitte, aber ich werde mich jetzt richtig fertigmachen. Anders würde ich den heutigen Tag und die kommenden zwei Wochen nicht überstehen. Diese Zeit war jedes Jahr die schlimmste für mich.

Schwungvoll stehe ich auf, ziehe mir die Trainingshose und ein Shirt an und renne los.

Von den Jungs ist wiedererwarten nichts zu sehen.

 

 

Fünf Stunden bin ich unterwegs. Ausdauer und Krafttraining haben meinen Körper ermattet. Doch mein Geist ist noch immer unruhig.

Seufzend stelle ich mich unter die heiße Dusche. Schweiß, Tränen und Wasser vermischen sich. Ich hasse diese Tage.

Die ganze Zeit über spukt Leon in meinem Kopf herum. Klar sieht er Sascha ähnlich und doch ist er ganz anders. Wenn ich in Leons Augen sehe, das ist wie ein Bann. Dann kann ich an nichts anderes mehr denken. Wünsche mir nur in seinen Armen zu liegen.

Und doch weiß ich, dass das nie geschehen wird.

Leon ist eine andere Liga. Nie würde er es verstehen, nichts. Weder meinen Beruf noch Samuel.

Entschlossen drehe ich das Wasser auf kalt.

Spüle damit das Verlangen und die Sehnsucht an die beiden Männer weg.

Zumindest aus der jetzigen Situation. In Gedanken sind sie ständig bei mir.

 

 

Eine Stunde später, im Büro, versuche ich mich mit Papierkram abzulenken.

Der nächste Einsatz muss organisiert und geplant werden.

Es ist bereits sechszehn Uhr durch, als es an der Tür klopft und Sascha seinen Kopf rein steckt. Ein breites Grinsen liegt in dem Gesicht meines Freundes und am liebsten hätte ich etwas geschmissen. Halte auch bereits etwas in der Hand, als ein anderer Kopf um die Ecke lugt.

Jung und meinem so ähnlich. Mir entgleisen alle Gesichtszüge. Halt suchend stütze ich mich am Schreibtisch ab.

„Das ist unmöglich. Das kann nicht sein. Er … Es ist ein Traum.“ Schwankend gehe ich einige Schritte auf die beiden zu. Der Kleine tritt mir entgegen. Nur zögerlich, aber ohne scheu. Meine ausgestreckte Hand berührt ihn leicht an der Wange, die Schulter. Ich ziehe ihn in meine Arme und sacke auf den Boden zusammen.

„Samuel bist du es wirklich?“ Tränen laufen mir über das Gesicht. Ich halte den Jungen an den Schultern etwas von mir weg. Sehe in meine Augen, beobachte, wie meine Lippen sich zu einem Lächeln verziehen. Und er nickt.

„Ja Dad, ich bin es. Sascha und Lukas haben mich abgeholt. Sie haben mir soviel von dir erzählt. Sie …“ er schluckt schwer. Auch ihm laufen die Tränen. Ich kann es immer noch nicht glauben. Nach fast sechzehn Jahren halte ich meinen Sohn das erste Mal in den Armen. Sehe ihn das zweite Mal ins Gesicht. Fest drücke ich ihn an meine Brust. Umschlinge den jungen Körper und verberge meine Tränen in seinem Haar. Ungefragt und ohne jegliche Ablehnung erwidert er die Umarmung.

 

Mein Blick huscht zur Tür, als ich ein leises Kratzen vernehme. Sascha nickt mir lächelnd zu und schließt die Tür von außen.

So ist das also, deshalb Dienstfrei. Es ist sein Geschenk für mich. Automatisch drücke ich Samuel fester an mich, doch er protestiert nicht. Krallt seine Hände in mein Shirt, als hätte er Angst mich zu verlieren.

 

Keine Ahnung, wie lange wir so sitzen. Sekunden oder Minuten, die Zeit scheint still zu stehen.

Nur langsam lockert sich mein Griff. Ich streichle ihn tröstend durch das Haar und über den Rücken. Samuel schluchzt heftig, kann sich kaum beruhigen.

„So lange …“ bricht er schließlich unter Tränen hervor. „So lange habe ich darauf gewartet. Mum hat mir nie etwas über dich erzählt. Wenn meine Freunde da sind, ist sie abweisend und kalt. Ich habe eine Weile gebraucht um zu erkennen warum. Sie sind wie du …“ er stockt, sucht nach den richtigen Worten. „Ich meine, sie lieben sich …“ lächelnd drücke ich ihm einen Kuss auf den Schopf.

„Ja ich bin schwul. Das mit deiner Mutter …“ heftig schüttelt er den Kopf.

„Es ist mir egal. Ich will dich kennenlernen. Will einen Vater haben. Doch sie will es nicht. Wird jedes Mal wütend, wenn ich sie frage.“

„Ich durfte dich nicht sehen. Sie hat es mir nur einmal gestattet, als ich es wirklich wissen wollte. Ich brauchte den Beweis schwarz auf weiß. Sascha hat heimlich ein Foto gemacht. Das ist alles, was ich hatte. Doch wenn ich dich jetzt sehe … ich sehe mich in jungen Jahren. Du bist mir wie aus dem Gesicht geschnitten.“ Lächelnd rückt er etwas von mir ab. Zeichnet mit dem Finger über meine Konturen. Wie ein Blinder, doch Samuel ist nicht blind. Seine Augen strahlen vor Freude und glänzen vor nicht geweinten Tränen.

„Komm“, ich ziehe ihn nach oben, als ich aufstehe. Mein Arm liegt um seiner Schulter, als wir das Büro verlassen und in mein Haus gehen wollen.

„Wie kommt es das du heute hier bist?“ Noch immer bin ich überwältigt.

„Ich sage doch, dein Freund.“ Samuel schmunzelt, als er an die Reaktion seiner Mutter hinterher denkt. „Vor zwei Tagen standen sie bei Mum vor der Tür. Sie erkannte Sascha wieder. Und die beiden verbargen nicht das sie zusammengehören. Du hättest Mum‘s Miene sehen sollen, als Sascha darauf bestand mit mir allein reden zu wollen.“ Er lacht unglücklich. Misstrauisch bleibe ich stehen, sehe ihm ins Gesicht.

„Hat sie dir großen Ärger gemacht?“

„Nein“, verlegen senkt er den Kopf. „Sie hat nur über euch alle geflucht. Hat euch schlechtgemacht und behauptet ihr würdet mich damit auch noch vergiften.“ Gleichgültig zuckt er mit den Achseln, doch ich sehe es in seinen Augen schimmern. Vorsichtig hebe ich sein Kinn an, er wehrt sich nicht dagegen. Sieht mir stolz in die Augen, was mich lächeln lässt.

„Du bist sehr stark Samuel.“

„Das muss ich sein.“ Erwidert er mit fester Stimme.

„Erzähle mir von deinem Leben?“ Entschlossen schüttelt der Kleine den Kopf.

„Nein Dad, heute ist dein Geburtstag. Wir haben später noch jede Menge Zeit. So schnell wirst du mich nicht mehr los.“ Lachend umschlingt er meinen Nacken, drückt sich fest an mich. Ich erwidere die Umarmung nur zu gern. Verstecke meine Nase tief in seinem Haar.

 

Bekomme nicht mit, wie sich uns jemand nähert. Erst die Stimme reißt mich aus allen Wolken.

„Wenn ich nicht wüsste, dass der Kleine dein Sohn ist, wäre ich eifersüchtig Kommandeur.“ Erschrocken drehe ich mich um und sehe Leon direkt in die strahlenden Augen.

„Aber … was … Sascha“, stottre ich rum, bringe keinen vernünftigen Satz heraus. Der Mann kommt langsam auf uns zu. Wuschelt lächelnd durch Samuels Haar.

„Du siehst deinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten aus.“ Samuel strahlt ihn an. Die beiden scheinen sich zu kennen, zumindest akzeptieren sie sich gegenseitig. Sollte ich wirklich hoffen dürfen? Innerlich schüttle ich den Kopf.

„Samuel darf ich dir Leon vorstellen? Er ist Pfleger im Armeelazarett.“ Ich kann den freudigen Ton in der Stimme nicht verbergen.

„Und du bist Thomas Sohn, unverkennbar. Wie alt bist du? Achtzehn?“ Glockenhell ist Samuels Lachen.

„Nein ich werde in zwei Wochen sechszehn. Dad, ich lass euch zwei allein. Und versau es nicht. Sascha meint, Leon würde dir gut tun.“ Mit einem Kuss, den er mir auf die Wange drückt, lässt er mich irritiert zurück.

 

Was hat Sascha da nur angezettelt? Kaum das Samuel weg ist, zieht Leon mich wortlos in seine Arme, drückt mein Gesicht an seine Brust und flüstert mir leise ins Ohr.

„Wenn du denkst, dass Samuel oder dein Status für mich ein Problem sind, dann hast du dich geirrt. Beides lässt mich höchstens mehr für dich empfinden.“ Abwehrend will ich den Kopf schütteln, aber er hält ihn fest. „Wehre dich nicht weiter und beginne endlich zu genießen, was dir geschenkt wird.“ Noch bevor ich etwas sagen kann, hebt er mein Gesicht zu sich und zärtlich streicht seine Zunge zwischen meine Lippen. Erstickt jeden Protest im Keim, lassen mich atemlos zurück.

„Gib mir eine Chance es dir zu beweisen“, fest sieht er mir in die Augen.

 

Leon weiß, dass ich einen Sohn habe und dennoch ist er hier. Sollte ich wirklich wagen zu hoffen? Ein Kloß erschwert mir das Schlucken, die Augen brennen.

Sanft legt sich eine Hand an meine Wange, während die andere sich in den Nacken begibt.

„Lass uns gemeinsam für das Glück kämpfen.“ Liebevoll wischt er die Träne weg, die sich aus meinem Auge gestohlen hat. Ich weiß nicht was ich erwidern oder wie ich reagieren soll. Schwach nicke ich. Um seine Lippen spielt ein Lächeln, lässt kleine Falten an den Augen erkennen.

Leon zieht mich an seine Brust, schmiegt seine Nase in mein Haar.

Ohne nachzudenken gehen wir in mein Haus.

 

 

Kaum fällt die Tür ins Schloss, reiße ich Leon das Shirt über den Kopf. Küssend ziehe ich eine Spur nach unten. Reize dabei seine Nippel und lasse Leon heftig keuchen.

Vollkommend entkleidet landen wir im Bett.

Erkunden jeder den Körper des anderen.

Ich weiß nicht wie mir geschieht, als Leon beginnt mich zu dehnen.

Doch ich fühle kein Unbehagen. Gebe mich ihm ganz hin ohne scheu oder ekel.

Es ist nur ein kurzes, aber intensives Aufeinandertreffen.

So geladen, voller Verlangen, brauchen wir nicht lange, bis wir beide die gesehnte Erlösung erlangen.

Ermattet liege ich in seinen Armen. Glücklich streichle ich die verschwitzte Brust.

„Ja“, hauche ich und umspiele mit der Zunge einen seiner Nippel.

„Ja?“

„Ja, ich möchte es mit dir versuchen. Wenn du wirklich mit Samuel leben kannst. Fast sechzehn Jahre durfte ich ihn nicht sehen, wusste nichts über ihn. Bis heute.“ Zärtlich streicht Leons Hand über meinen Rücken. Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

„Sei nicht so ängstlich Kommandeur. Sascha kam zu mir und erzählte mir von deinem Sohn. Und mal ganz ehrlich. Meinst du wirklich ich wäre hier, wenn ich damit ein Problem habe?“ Langsam schüttle ich den Kopf, nein so ist Leon nicht.

„Danke“, er haucht mir einen weiteren Kuss aufs Haar und zieht mich mit sich aus dem Bett. „Komm duschen. Deine Jungs warten.“ Stöhnend lehne ich mich gegen ihn, was Leon lachen lässt.

 

Widerwillig lasse ich mich von ihm mitziehen. Unter der Dusche verwöhnt er mich, lässt mich erzittern und in schweiß ausbrechen. Seine Hände sind überall zugleich. Aufstöhnend beuge ich mich ihm entgegen. Halte mich krampfhaft in seinem Haar fest. Die kalten Fliesen vermögen nicht mich abzukühlen.

 

 

„Da seid ihr ja endlich.“ Unschuldig stehe ich in Leons Armen, was die anderen lächeln lässt.

„Wir hatten noch einiges zu besprechen.“ Leons Augen strahlen, als er das sagt, zieht mich enger an sich und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

Die Jungs klatschen Beifall, umringen uns und gratulieren mir.

Samuel zwingt sich zwischen die muskelbepackte Mauer.

„Dad“, ruft er mich freudig und wirft sich in meine Arme. Eng umschlinge ich den kleinen Körper.

Leon legt mir mitfühlend die Hände auf die Schultern.

Als ich den Kopf hebe, verschleiert sich mein Blick.

Sascha steht direkt vor mir.

„Danke“, hauche ich, bevor mir die ersten Tränen über die Wange fließen. Sanft legt Sascha mir die Hand an die Wange.

„Nein Thomas. Freunde tun so etwas für einander.“

Leon küsst mich in den Nacken und Samuel schmiegt sich an meine Seite.

 

Meine Männer, stolz blicke ich alle an.

Meinen langjährigen Freund Sascha.

Die jungen Küken Lukas, Kevin, Jamil und auch Jan unser Jüngster.

Gregor aus Übersee und nicht zuletzt unser vier Mann Trupp Dennis, Joel, Daniel und Christian.

Und auch ich habe endlich mein Glück gefunden mit meinem Sohn Samuel und Leon.

Glücklich sinke ich gegen Leons Brust und ohne zu zögern umschlingen mich seine Arme.

 

 

Die Feier geht über das gesamte Wochenende.

Zur Nacht ziehe ich mich anständig mit Leon zurück.

Samuel wurde bei meinem Trupp mit offenen Armen aufgenommen.

Ein besseres Team kann ich mir nicht vorstellen.

Ob privat oder im Dienst, uns verbindet mehr als nur die Arbeit.

Wir entwickeln uns zu einem Trupp aus Freundschaft und Loyalität.

Impressum

Texte: Czarny Wilczyca
Bildmaterialien: LynMara
Tag der Veröffentlichung: 11.03.2014

Alle Rechte vorbehalten

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