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„Lauf Rajan. Lauf schneller!“ spurte ich meinen Begleiter an.
Bereits seit Tagen sind wir gemeinsam unterwegs. Haben etliche Meilen hinter uns gebracht und sind doch dem Ziel so fern.
Dabei weiß ich noch nicht einmal genau, wo der Weg uns hinführt.
Werde von einer inneren Unruhe getrieben.
„Rajan wir haben nicht mehr viel Zeit.“ Versuche mein Pferd schneller anzutreiben, doch auch ihm geht die Kraft aus. Immer wieder stolpert er über umherliegende Äste und im losen Geröll. Ich zwinge mich ruhig zu bleiben, möchte meinen Freund doch nicht verletzen.
An einem kleinen See machen wir Rast.
„Ruh dich aus. Über Nacht bleiben wir hier.“

Auch ich versuche etwas zu schlafen. Aber sobald ich die Augen schließe spuken diffuse Gestallten in meine Träume. Etwas ruft nach mir, doch ich kann nicht erkennen was oder wer es ist. Spüre nur, dass derjenige in Gefahr ist.
Schweißgebadet wache ich auf.
Es beginnt zu dämmern.
Nach einem schnellen Bad im See brechen wir wieder auf.
Wie ich mich noch auf den Beinen halten kann, weiß ich nicht. Denke auch nicht weiter darüber nach. Seit vier Tagen sind wir unterwegs und bis auf Wasser aus den Bächen und Seen nehme ich nichts zu mir.
Doch die Suche nach der Person treibt mich voran und gibt mir Kraft.

„Schneller“ treibe Rajan aufs Neue an. Gönne ihm keine Pause.
Ahne nicht was uns erwartet.

Drei Tage reisen wir durch die Wüste. Nur die Felsen spenden uns etwas Schatten, nehmen aber nicht die Hitze. Kein Wasser ist in Sicht.
Rajan kann mich nicht mehr tragen, also laufe ich zu Fuß weiter. Doch auch mir setzt die Hitze und die fehlende Flüssigkeit zu.
Am Tag verbrennt uns die Sonne und in der Nacht herrschen eisige Temperaturen.
„Bitte Rajan wir müssen weiter!“ flehe meinen Hengst an. Seine Beine wollen ihn nicht mehr tragen, immer wieder knicken sie weg. Möchte meinen Freund nicht allein lassen, aber hier bleiben können wir auch nicht. Immer öfter zerre ich ihn nach oben. Bringe Kräfte auf, die ich selbst nicht erahnt habe.
Am Morgen des vierten Tages liegen wir beide im Schatten großer Felsen. Eine Art Höhle. Bin wie gelähmt, habe sämtliche Kraftreserven aufgebraucht. Rajan liegt neben mir, stupst mich immer wieder mit seiner Samtschnauze an, doch ich reagiere nicht. Die Augen fallen mir zu und ich schlafe vor Erschöpfung ein.


Nur langsam entlässt mich der Traum. Wieder diese Stimme, die meinen Namen ruft. Diese unsagbare Angst und das Flehen um Rettung.
Kühle umhüllt mich. Liege auf etwas Weichem.
Schlagartig bin ich hellwach, sehe mich Hecktisch um.
Befinde mich in einem Raum, kein Fenster ist zu sehen und keine Tür. Nur ein Vorhang direkt gegenüber dem Bett, in dem ich liege.
Vorsichtig stehe ich auf, sehe an mir hinunter und runzel die Stirn. Trage ich Sachen, die nicht meine sind.
In diesem Moment bewegt sich das Gewebe und ein junger Mann blickt mich an.
„Du solltest dich noch etwas ausruhen.“ Melodisch und leise ist die Stimme. Hüllt mich in Geborgenheit. Wiederstrebend schüttel ich den Kopf.
„Rajan?“ der Name kommt nur als krächzen über meine Lippen.
„Dein Hengst? Er steht bei den anderen Pferden. Ihm geht es gut.“ Trotz seiner Worte will ich zu ihm, versuche einige Schritte zu gehen. Doch wollen die Beine das Körpergewicht noch nicht tragen.
Bevor ich zu Boden sacke, halten mich zwei kräftige Hände an der Hüfte aufrecht. „Ich sagte doch du sollst dich ausruhen.“ Ohne auf meinen schwachen Protest zu reagieren, dirigiert er mich ins Bett zurück.

Kaum das ich liege, will er sich abwenden. Doch ich halte ihn am Arm fest.
„Wo sind wir?“ muss mich räuspern. Rau ist die Kehle und schmerzt.
Braune Augen sehen mich erwartungsvoll an. Langsam setzt er sich zu mir aufs Bett, bedacht genügend Abstand zwischen uns zu halten.
„Ihr seid in meinem Dorf. Bei der Heimreise haben euch einige Jäger in der Wüste gefunden und hier her gebracht.“
„Wielange?“
„Du hier bist?“ stumm nicke ich. „Drei Tage ungefähr. Wir haben dir mit Infusionen Flüssigkeit zugeführt. Du warst vollkommen ausgetrocknet.“ Stöhnend schließe ich die Augen. „Was hast du in der Wüste verloren? Seit wann bist du unterwegs und wieso hast du kein Proviant bei dir gehabt?“ Mit unzähligen Fragen überfällt er mich, doch es fällt mir schwer zu antworten. Immer wieder setze ich zum Sprechen an, doch kein Ton kommt über meine Lippen. Seufzend steht er auf und verlässt den Raum, nur um kurz darauf mit einer Karaffe Wasser und einem Becher zurückzukommen.
Strecke die Hand bereits nach dem Gefäß aus, doch er entzieht ihn mir.
„Du würdest mehr verschütten als trinken, sieh doch nur, wie deine Hand zittert.“ Resigniert lasse ich mir den Becher an die Lippen setzen.
Wohltuend ist die kalte Flüssigkeit, leere den Behälter in einem Zug.
Nach einigem Räuspern versuche ich wieder zu sprechen.
„Wir sind nur auf der Durchreise. Eine Woche ungefähr. Drei Tage davon in der Wüste. Hatte Proviant dabei, aber nicht genügend.“ Noch immer kratzt es im Hals, aber nicht mehr so schlimm wie vorher.
„Und wo wolltet ihr hin?“ Das ist die Frage, auf der selbst ich keine Antwort weiß. Denn das Ziel kenne ich ja wirklich nicht. Weiß nur, dass die Zeit abläuft und wir weiter müssen.
„Das ist egal. Ich habe es eilig und muss auch bald wieder los. Es ist schon viel zu viel Zeit verloren gegangen.“ Erneut versuche ich aufzustehen, doch er drückt mich zurück.
„Vergiss es. Ich lasse dich erst hier raus, wenn du und dein Pferd wieder vollkommen in Ordnung seit.“ Damit steht er auf und verlässt den Raum.
Ich weiß, dass ich undankbar bin, aber es geht nicht anders. Vorsichtigen Schrittes näher ich mich dem Vorhang, schiebe ihn etwas zur Seite und erstarre. Hinter dem Stoff befindet sich kein Flur, wie ich gehofft habe, sondern ein großer Raum, in dem mehrere Männer sitzen. Es sieht aus wie ein Aufenthaltsraum. Na super, nach den Aussagen des Mannes, kann ich jetzt bestimmt nicht so einfach hinausspazieren. Missmutig gehe ich ins Bett zurück.
Wie es wohl Rajan geht? Und dieser Traum. Noch immer ruft einer nach mir, noch bin ich nicht zu spät.

Als der Fremde das nächste Mal ins Zimmer kommt, hat er ein Tablett mit Essen dabei. Köstlicher Essensgeruch steigt mir in die Nase. Prompt meldet sich auch mein verräterischer Magen. Verlegen senke ich den Blick, bemerke jedoch das Lächeln auf seinen Lippen noch.
„Wie heißt du?“ Fragt er und stellt das Essen vor mir aufs Bett.
„Fynn“, bringe ich leise hervor. Fasziniert starre ich die Köstlichkeiten an, traue mich jedoch nicht ran zu gehen.
„Lass es dir schmecken Fynn.“ Damit dreht er sich um und verlässt den Raum wieder. Super jetzt kennt er meinen Namen und den meines Freundes. Aber wo ich hier wirklich bin und wie er heißt, weiß ich immer noch nicht. Etwas beleidigt stocher ich im Essen rum, doch lange kann ich dem nicht widerstehen, verschlinge die Zubereitung gierig und in großen Bissen.
Gesättigt lehne ich mich zurück, lasse mich von der Müdigkeit einlullen.


„Fynn hilf mir!“ Alles um mich herum ist schwarz. Weiß, das ich träume und doch ist die Stimme so präsent.
„Fynn wo bist du nur?“ Angst liegt in der Stimme, ein Sehnen nach Rettung. Möchte ihr Antworten, doch kein Ton verlässt meine Lippen. Kann nichts weiter tun als hilflos zuzuhören.

Schweißgebadet erwache ich. Der Traum setzt mir immer mehr zu.
Nach drei Tagen liege ich immer noch in diesem Bett, in der Höhle. Weiß nicht wirklich, wo ich bin oder wie mein Retter heißt.
Auch zu Rajan darf ich noch nicht. Missmutig schlage ich gegen das Kopfteil.
Schon längst bin ich wieder im Vollbesitz meiner Kräfte und auch meinem Freund müsste es wieder gut gehen. Warum also dürfen wir nicht gehen?

Vielleicht ist es unhöflich, doch beim nächsten Besuch des Fremden, nehme ich mir vor ihn zu überwältigen.


Der Fremde lässt nicht lange auf sich warten. Wieder erscheint er mit einem Tablett in der Kammer.
„Wann darf ich Rajan sehen?“ frage ich bemüht höflich. Er gibt mir keine Antwort, sieht mich nur wehleidig an und seufzt.
„Warum tust du das?“ versuche erneut ein Gespräch mit ihm zu führen.
Nachdem er das Tablett abgestellt hat, dreht er sich um und will den Raum wieder verlassen. Keine zwei Schritte hat er getan, als das Essen zu Boden geht und ich einen Moment später hinter ihm stehe. Meine Hand an seiner Kehle. Ruhig steht er da, wehrt sich nicht.
„Bring mich jetzt sofort zu Rajan!“ knurre ich an seinem Ohr. Ein süffisantes Lächeln umspielt seine Lippen und doch geht er voraus.
„Warte!“ zische ich. Möchte nicht, dass die Männer auf mich aufmerksam werden. Bereitwillig reicht er mir die Hand, die ich zögernd ergreife.
„Danke“, hauche ich verlegen. Das Lächeln verlässt die Lippen des Mannes nicht.

Schweigend folge ich ihm durch den großen angrenzenden Raum, in dem mehr als ein duzend Männer sitzen. Blicke folgen mir, es wird geflüstert. Mit gesenktem Kopf lasse ich mich führen. Muss dem Fremden in diesem Moment vertrauen, was mir schwerfällt.

Doch er enttäuscht mich nicht. Nach zehn Minuten umherirren in unterirdischen Gängen, treffen wir auf eine große Koppel. Staunend bleibe ich stehen.
„Wie ist das möglich?“ Licht durchflutet die Fläche. Saftiges Gras und ein kleiner See leuchten im Sonnenlicht. Unweigerlich geht mein Blick zur Decke. Der Himmel ist zu sehen, keine Decke vorhanden.
Er bemerkt meinen Blick und schmunzelt.
„Hier unten gibt es keine Angreifer. Die Tiere, die hier leben, sind sicher.“ Ein Wiehern reißt meinen Blick vom Himmel. Rajan hat mich bemerkt und galoppiert auf mich zu. Freudig gehe ich auf ihn zu. Der Fremde steht in einiger Entfernung und beobachtet das Ganze.

„Rajan mein Guter. Du siehst prächtig aus.“ Prüfend gleitet meine Hand über das glänzende Fell. Er steht gut im Futter, hat das Defizit aus der Wüste wieder aufgefüllt.
„Wie du siehst, geht es deinem Freund gut. Wie ich es dir versprochen habe, kümmern wir uns um unsere Tiere.“ Leise dringt die Stimme des Fremden an mein Ohr. Erschrocken drehe ich mich um, den er steht direkt hinter mir.
Rajan beäugt ihn misstrauisch, doch weicht er nicht zurück, wie ich es von ihm kenne. Er lässt sich sogar streicheln, als der Mann ihm die Hand auf das Maul legt. Soll ich meinem Freund vertrauen? Dem Fremden auch mein Vertrauen schenken? Aber was hat das alles mit meinen Träumen auf sich?
„Wie heißt du eigentlich?“ frage ich leise. Traue meiner Stimme nicht.
„Salvo“, er schaut nicht auf, streichelt ruhig das Tier weiter.
„Wo sind wir hier wirklich? Ich meine … Alles ist unterirdisch. Und warum lässt du uns nicht weiter ziehen? Denkst du, ich bin eine Gefahr für dich und dein Volk?“ Rajans Nähe gibt mir Mut, endlich die Fragen zu stellen, die mir auf der Seele brennen.
„Komm“, Salvo packt nach meiner Hand und zieht mich unter einen Baum, der am Rand der Weide steht. Still sitzen wir nebeneinander, schauen nur den Pferden beim Grasen zu. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis er endlich zu erzählen beginnt.
„Wir befinden uns am Rand der Wüste. Es ist ein riesiges Gebirge. Schon seid Generationen lebt mein Volk so. Überall verteilt haben wir solche Gebiete wie diese hier.“ Mit der Hand deutet er über die riesige Grasfläche. „Nein ich glaube nicht das du eine Gefahr für uns bist. Eher für dich und dein Pferd. Es ist leichtsinnig allein durch die Gegend zu reiten. Das Land hinter der Wüste liegt im Krieg. Abscheuliche Kreaturen lauern da an jeder Ecke. Ich möchte dich zum Umkehren bringen, aber ich weiß, solange du an dieser Reise festhältst, wird es mir nicht gelingen.“ Wütend springe ich auf und schnaube.
„Da hast du allerdings recht. Egal was du versuchst, ich muss weiter.“
„Dann sage mir dein Ziel. Lass mich dich durch das Kriegsfeld begleiten.“
„Warum?“ Verdutzt über die Bitte blicke ich zu ihm hinunter. „Wieso willst du nicht, dass ich in Gefahr gerate? Du kennst mich nicht. Ich müsste dir doch eigentlich egal sein.“ Scheinbar gleichgültig zuckt er mit den Schultern. Doch seine Augen sagen etwas anderes. Wehmut liegt in diesem Blick.
„Ich habe schon jemanden in diesem Gebiet verloren und mir geschworen, niemanden mehr allein da durchzulassen. Ganz egal ob ich dich kenne oder nicht.“ Seufzend lasse ich mich wieder neben ihn nieder.
„Salvo ich verstehe dich nicht. Drei Tage hältst du mich hier fest. Warum bist du nicht von Anfang an ehrlich zu mir gewesen? Dieses ganze Theater heute, hätte nicht sein müssen.“ Amüsiert blitzen seine Augen auf.
„Ich wollte sehen, wie wichtig dir dein Pferd und diese Reise ist. War neugierig, was du versuchen würdest.“ Resigniert schüttel ich den Kopf.
„Du bist ein komischer Kauz. Also schön. Wenn ich mich dazu bereit erkläre, dass du mich begleiten kannst. Können wir dann weiter reiten?“ Prüfend sieht Salvo mich an. Ich erwider seinen Blick, halte ihm stand.
„Erzähl mir von deinem Ziel. Lass mich einen Einblick von deiner Reise gewinnen.“ Bittet er entschlossen.
„Ich kann dir nicht viel erzählen. Es ist … Du wirst mich auslachen!“ Breche ich meine Erzählung ab.
„Nein Fynn, das werde ich nicht.“ Noch einmal tief Luft holend spreche ich das Unvermeidliche aus.
„Es ist, wie ein innerer Drang der mich treibt. Keine Ahnung. Jede Nacht höre ich jemanden rufen. Er braucht meine Hilfe. In jedem Traum kommt er zu mir.“
„Wer ist er?“
„Ich weiß es nicht. Höre nur seine Stimme, die immer wieder meinen Namen ruft. Bittet mich ihm zu helfen.“
„Und du reitest einfach drauf los? Ohne zu wissen wohin oder wer es ist?“ Ungläubig schüttelt Salvo den Kopf, was mich meinen beschämt senken lässt.

Wieder herrscht einige Minuten schweigen.
„Also gut Fynn. Morgen früh brechen wir auf. Uns werden jedoch noch drei Männer begleiten. Ihnen werde ich nicht sagen, um was es geht. Aber wenn du etwas in deinen Träumen erfährst, musst du ehrlich zu mir sein.“ Erst will ich widersprechen, aber das lasse ich und nicke dankbar.

Die Reise




Seit zwei Tagen sind wir bereits unterwegs. Noch immer haben wir die Wüste nicht hinter uns gelassen.
„Fynn schau einmal.“ Ich folge Salvos ausgestreckter Hand. Mein Blick fällt auf ein gewaltiges Gebirge, aber das ist es nicht, was er mir zeigt.
„Was ist das?“ hauche ich ehrfürchtig und bin jetzt froh nicht allein geritten zu sein.
„Die sind noch relativ harmlos. Steinriesen leben hier überall verteilt.“ Ein Grollen dringt zu uns rüber und Geröll fällt zu Boden.
„Aber die Seedras sind das genaue Gegenteil.“ Salvo muss die Stimme heben, damit ich über den Lärm hinweg noch etwas hören kann.

Aus sicherer Entfernung beobachten wir, wie die Steinriesen von den Seedras angegriffen werden. Trotz ihrer Größe können sie den geflügelten Wesen, die Ähnlichkeit mit einem Drachen haben, nicht das Wasser reichen.
„Was spucken die?“ Grüne Flüssigkeit läuft aus den Mäulern Seedras.
„Man erzählt, dass es sich um Säure handeln soll. Keiner meiner Männer kam diesen Kreaturen jemals zu nahe, um es bestimmen zu können.“ Verständlich nicke ich. „Fynn bist du dir sicher das wir da durch müssen?“ Unruhig geht mein Blick zwischen den Kämpfenden und Salvo hin und her. Am liebsten würde ich abdrehen.
„Ich weiß es nicht. Lass uns hier ein Lager aufrichten. Nach etwas schlaf weiß ich hoffentlich mehr.“ Habe die Stimme gesenkt, sodass nur er mich hören kann und nicht die Männer hinter uns. Verstehend nickt er und sagt seinen Leuten bescheid.
Binnen einer Stunde haben wir ein Lager errichtet.
Wortlos lege ich mich hin und versuche zu schlafen. Obwohl ich nicht Müde bin, aber ich muss rausfinden, wo mein der Traum mich hinführt.
„Fynn du solltest auch etwas essen.“ Leise dringt Salvos Stimme an mein Ohr, doch ich reagiere nicht mehr. Hat der Traum mich bereits gepackt.


„Fynn wo bist du? Hilf mir bitte!“ Hätte ich nicht gewusst, dass ich schlafe, wäre ich suchend aufgewacht. Doch so bleibe ich ruhig liegen. Lasse den Traum auf mich wirken, ohne Angst.
„Fynn schnell, die Zeit läuft mir davon.“
„Wo bist du?“ Der Schweiß bricht mir aus. Es ist das erste Mal, dass ich in meinen Träumen sprechen kann. Hoffe das mir der Fremde antwortet.
„Ich weiß es nicht. Alles ist schwarz und so unerträglich laut. Kann mein eigenes Wort nicht hören.“
„Was ist dir passier?“ frage ich nach, da mir seine Antwort keinen richtigen Hinweis geben kann.
„Waren unterwegs - Nachtlager - alles Schwarz.“ Nur bruchstückhaft kommen seine Worte bei mir an.
„Wie heißt du?“ Lange warte ich auf die Antwort, doch sie bleibt aus. Immer und immer wieder rufe ich ihn, frage nach seinem Namen. Doch kein Geräusch ist zu vernehmen.

„Nein“, schreiend erwache ich und blicke mich um. Alles ist friedlich im Lager.
„Fynn alles in Ordnung?“ Eine beruhigende Hand legt sich auf meine Schulter. Erschrocken will ich aufspringen, doch Salvo drückt mich runter. Das erkenne ich, als ich der Hand folge. Erleichtert atme ich einige Male tief durch.
„Was ist geschehen?“ Salvo setzt sich neben mich und reicht mir eine Wasserflasche.
„Ich konnte reden. Das erste Mal seid drei Wochen konnte ich ihm Fragen stellen. Er sagte mir das er unterwegs war. Er machte ein Nachtlager und als er erwachte, war alles schwarz. Seid dem ist er da. Nur Schwärze und Lärm umhüllen ihn. Er weiß nicht, wo er sich befindet.“
„Bist du dir sicher das es ein Mann ist?“ An seinem Blick erkenne ich zweifel. Entschlossen nicke ich.
„Es ist ein Mann. Jung, von der Stimme her würde ich ihn auf Anfang zwanzig schätzen.“ Salvo runzelt die Stirn. „Sie hat Ähnlichkeit mit deiner Stimme.“ Setze ich schnell und leise nach. Traue mir selbst nicht recht über den Weg, dass ich das gerade ausgesprochen habe. Salvos Augen vergrößern sich. Skeptisch sieht er mich an. Doch ich schüttel nur den Kopf.
„Frag nicht weiter nach. Darauf kann ich dir keine Antwort geben.“
„Noch nicht“ stimmt er leise zu. „Hast du sonst noch etwas in dem Traum erfahren? Wohin unsere Reise weiter geht?“ Ruhig geht mein Blick über das Gelände.
„Wir müssen vorbei. Es ist nicht dieses Land. Hier ist es außer den Kämpfen friedlich und er sagte, es wäre immer Laut. Nein, wir müssen weiter suchen.“ Seufzend schließe ich wieder die Augen.
Beruhigend legt sich die Hand wieder auf meine Schulter.
„Es gibt einen Weg und wir werden diesen Fremden schon finden.“ Dankbar nicke ich Salvo zu.


Salvo hat recht gehabt.
Nach zwei Tagen sind wir aus dem kämpfenden Land. Weder die Riesen noch die Seedras haben von unserer Existenz etwas bemerkt.
Erschöpft lasse ich mich in dem grünen Gras nieder. Wir haben ein Gebiet erreicht in dem Frieden herrscht.
„Wir machen hier Rast für heute. Ruh dich aus.“ Salvo setzt sich neben mir. Berührt mich unabsichtlich am Arm dabei. „Schau dir das Gebiet hier an. Alles ist friedlich. Du kannst dich ungestört hinlegen und schlafen.“ Genau sehe ich mich um, Salvo hat recht. Kein Geräusch ist zu vernehmen, wir sind hier nicht richtig. Noch immer sind wir nicht am Ziel unserer Reise. Seufzend lasse ich mich nach hinten sinken und schließe die Augen.
Etwas streift über mein Gesicht. Es ist angenehm und ich genieße es einfach. Erahne, das es Salvo ist, doch es stört mich nicht.
Eher im Gegenteil.
Tief atme ich den Duft des Mannes ein. Spüre die weiche Haut seiner Hand an meine Wange. Ohne es richtig zu realisieren schmiege ich mich der Berührung entgegen. Ein leises Lachen lässt mich schließlich doch die Augen öffnen.
Die braunen Augen Salvos glitzern. Genau beobachtet er meine Reaktion, als ein Finger über meine Lippen streicht. Ein Stöhnen entringt sich meiner Kehle und ich öffne den Mund. Als er hineingleitet und die Zunge anstupst, gehe ich auf das Spiel ein. Lecke über seinen Finger, umschließe ihn mit den Lippen und sauge daran. Salvo lässt es nicht kalt, der Atem des Mannes geht schneller. Die Augen blitzen vor Verlangen. Langsam senkt er den Kopf, zieht den Finger aus meinem Mund. Doch noch ehe ich protestieren kann liegen seine Lippen auf Meinen. Es ist nur ein vorsichtiges Annähern. Ein probieren, kosten. Doch schnell bemerken wir beide, dass da mehr ist.
Abrupt löst sich Salvo von mir, als einer der Soldaten näher kommt.
„Salvo das Lager steht. Die anderen beiden sind auf der Jagd.“
„Danke Din. Wir kommen gleich rüber.“ Verlegen räuspert sich der Mann und geht zurück. Hat er wohl bemerkt, dass er uns gestört hat.
„Komm“, auffordernd hält Salvo mir die Hand hin und als ich sie ergreife, zieht er mich auf die Beine, direkt in seine Arme. Auffordernd leckt er mir über die Lippen, schiebt die Zunge in den entstandenen Spalt. Knurrend gebe ich mich dem Kuss hin. Doch viel zu schnell endet er und Salvo sieht mich verlangend an.
An der Hand festhaltend zieht er mich ins Lager, bugsiert mich direkt in eines der Zelte. „Leg dich hin, ich bring dir nachher etwas zu essen rein.“ Noch einmal legt er die Lippen auf meine, nur kurz, ein Versprechen für später.


„Fynn mein Freund, wo bleibst du nur?“Die Stimme reißt mich fast aus dem Schlaf. Hört sie sich doch so real an, dabei weiß ich, dass ich nur träume. Er ist wieder da, drängender den je.
„Sag mir deinen Namen?“ Bitte ich den Fremden, doch bekomme keine Antwort.
„Fynn beeile dich. Die Zeit drängt sie kommen näher.“ Verwunder höre ich auf.
„Wer kommt? Wo bist du? Ich kann dich nicht finden. Sag mir wo du zuletzt warst!“ Flehe ich ihn an. Unruhig huscht mein Blick durch die Gegend, kann aber außer undurchdringende Schwärze nichts erkennen.
„Schreckliche Kreaturen. Ein stätiges Dröhnen, wie bei einem Wasserfall. War im Wald in Richtung Küste. Bitte Fynn komm schnell. Lass mich nicht allein hier zurück.“
„Ich verspreche es. Wir werden dich finden.“ Damit war alles still und ich schlief wieder tiefer ein.

Sanft streicht etwas über meinen Arm und holt mich langsam in die Realität zurück. Verschlafen öffne ich die Augen und sehe in Salvos braune Pupillen.
„Du hast wieder von ihm geträumt, hab ich recht?“ fragt er leise, worauf ich nur nicke. Salvo hat sich neben mich gesetzt, eine Schüssel mit Essen auf dem Schoß. „Hast du neue Erkenntnisse bekommen?“ Anstatt mir das Gefäß zu reichen, hält er mir nur den gefüllten Löffel entgegen. Sein blitzen in den Augen entgeht mir nicht, als ich die Suppe entgegennehme.
„Er war auf den Weg zur Küste, aber noch in einem Wald. Irgendwelche Kreaturen sind ihm auf den Fersen. Er meint, es hört sich an wie ein riesiger Wasserfall.“ Nehme den nächsten Löffel von Salvo entgegen.
„Wir sind auf dem richtigen Weg. Das nächste Gebiet ist Waldland. Dahinter befindet sich die Küste. Unzählige Wasserfälle zieren das Waldgebiet.“ Einen Löffel nach dem anderen reicht er mir, bis die Schüssel leer ist.
„Wie lange werden wir noch unterwegs sein? Er hört sich verzweifelt an. Meint, dass die Kreaturen hinter ihm her sind.“ Beruhigend streicht er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Wir werden ihn finden. Und ich hoffe, dieser Fremde ist es wert gerettet zu werden.“ Seufzend schließe ich die Augen, gebe mich der Berührung hin.
Sanft fährt er mit dem Finger die Konturen meiner Gesichtszüge nach. Umrundet die Lippen und verschwindet. Protestierend öffne ich die Augen, nur um zu erkennen, dass er seinen Kopf senkt, um seinen Mund auf meinen zu pressen. Stöhnend gebe ich mich dem Kuss hin, schmecke seinen herben Geschmack, spüre die weichen vollen Lippen. Ohne nachzudenken, lege ich die Arme auf seinen Schultern, ziehe ihn dichter an mich ran. Behutsam legt er sich der Länge nach auf mich, seine wachsende Erektion drückt sich an meine Lende. Meine Hände gleiten ruhelos über seinen Rücken, bleiben auf seinem Po liegen und drücken ihn dichter an mich.
„Fynn“, raunt er mir ins Ohr, ergreift meine Hände und drückt sie neben meinem Kopf auf das Lager. „Langsam“, zur Bekräftigung des Wortes beißt er mir in den Hals, lässt die Zähne über die bereits verschwitzte Haut kratzen. Verlangend bäume ich mich ihm entgegen, versuche die Hände zu befreien, doch sein Griff bleibt eisern. Unruhig hebe ich mein Becken, zeige ihm, nach was es mir dürstet.
„Bitte“, flehe ich, winde mich vor Verlangen.
„Lass es uns langsam angehen Fynn. Das ist der falsche Ort und die falsche Zeit.“ Widerstrebend knurre ich, weiß aber das Salvo recht hat. Dennoch fällt es mir schwer mich von ihm zu lösen.
Sanfte Küsse verteilt er auf Hals und Gesicht. Bis er merkt, wie sich mein Atem etwas beruhigt. Durchdringend sieht er mir in die Augen, streicht mit einem Finger über meine Wange.
„Du bist wunderschön.“ Haucht er leise. Will etwas erwidern, doch legt Salvo einen Finger auf meine Lippen, verschließt damit den Mund. „Von erstem Moment. Als meine Jäger dich brachten, will ich dich küssen.“ Entschlossen schüttel ich den Kopf, kann seine Einstellung nicht verstehen.
„Warum? Ich meine, du kennst mich nicht. Woher willst du wissen, dass ich dich mag. Das mir gefällt, was du mit mir machst?“ Ein verschmitztes Lächeln bildet sich auf Salvos Gesicht.
„Ich kenne dich nicht, das stimmt. Aber ich habe ein Gefühl in deiner Nähe. Es ist einfach richtig. Ob du mich magst, das weiß ich wirklich nicht, aber das dir gefällt was ich mit dir anstelle, das spüre ich. Du zeigst es mir in deinen Berührungen.“ Unter halb geschlossenen Augen sehe ich ihn an. Merke, wie die Wangen sich färben. Sein Lachen lässt mich aufschauen. „Ich habe recht, gib es zu!“ Mit einem Finger unter dem Kinn hebt er meinen Kopf, leckt leicht über die Lippen.
„Ja“, hauche ich atemlos. Muss innerlich den Kopf schütteln über mein Verhalten. Noch nie hat mich jemand so berührt und mit mir geredet.

Abrupt lässt er von mir ab, als sich jemand dem Zelt nähert.
„Salvo wir brauchen sie hier draußen.“ Seufzend blickt Salvo mich an. Haucht mir einen leichten Kuss auf die Lippen, bevor er sich erhebt und aus dem Zelt geht.
„Was ist los Din …“ höre ich die Stimme immer leiser werdend. Gemeinsam entfernen sie sich. Lassen mich allein zurück.
Mit einem Kribbeln im Bauch falle ich in einen traumlosen Schlaf.

Vergangenheit




„Komm Fynn, es wird Zeit weiter zu reiten.“ Verschlafen öffne ich die Augen.
Din steht am Zelteingang.
„Wo ist Salvo?“ frage ich noch etwas verlegen. Seit Langem habe ich nicht mehr so tief und lange geschlafen. Din knurrt zur Antwort, dreht sich um und geht. Na das kann ja heiter werden.
Während ich alle Sachen zusammenpacke überlege ich, was es am Abend zu besprechen gab. So wie Din und die anderen Zwei mich die ganze Reise anstarren, habe ich das Gefühl, das es nichts Gutes sein kann. Seufzend verlasse ich das Zelt und begebe mich auf die Suche nach Salvo. Doch ich entdecke ihn erst, als wir weiter ziehen.
Wie selbstverständlich drängelt sich Rajan an die Wächter vorbei, bis an die Spitze neben Salvo.
„Ist alles in Ordnung?“ frage ich leise. Nur kurz wirft er mir einen Blick zu, sagt nichts und reitet stillschweigend weiter. „Salvo was ist geschehen?“ Bekomme keine Reaktion von ihm. Missmutig lasse ich Rajan zurückfallen. Trotte hinter den anderen hinterher. Dabei entgehen mir nicht die sarkastischen Blicke der Wächter. Fühle mich zurückversetzt in meine Jugend.


„Fynniboy“ schützend lege ich die Arme über meinen Kopf. Versuche mich noch weiter in die Ecke zu drücken, in der ich mich verstecke. Immer lauter werden die Stimmen, hoffe, dass sie mich nicht finden.
„Fynniboy wo bist du nur?“ zuckersüß dringt die Stimme an mein Ohr, höre aber den triefenden Sarkasmus heraus.
Jeden Tag aufs Neue muss ich mich verstecken. Habe Angst, gefunden zu werden. Doch werde ich immer gefunden. So wie auch dieses Mal.
Breitbeinig stehen vier Jungs vor mir. Es sind meine Klassenkameraden. Lachend packt einer nach meinem Arm, zieht mich aus der Ecke und drückt mich an die Wand. Versuche mich zu befreien, obwohl ich weiß, dass es keinen Sinn hat. Brutal packt er meine Hände, drückt sie über meinen Kopf zusammen.
Muss mir ein Stöhnen unterdrücken, als der Schmerz durch die Arme schießt.
„Du hast dazugelernt.“ Raunt mir Zweite ins Ohr. Hält mein Kinn eisern mit seiner großen Hand. Während der Erste noch immer meine Hände an die Wand drückt.
„Bitte warum tut ihr das?“ flehe ich leise. Durchdringendes Lachen bricht aus allen vier aus.
„Fynni du kannst fragen stellen. So ein süßer Kerl, wie du es bist, da können wir nicht widerstehen.“ Zuckersüß ist die Stimme des Dritten. Melodisch und eigentlich angenehm wäre da nicht der tropfende Sarkasmus.
„Maurice lass uns endlich zur Sache kommen.“ Fast zärtlich streichelt der Zweite mit dem Daumen über meine Lippen. Fest presse ich die Zähne zusammen, lass keine Reaktion erkennen.
„Stan du bist einfach zu ungeduldig. Aber gut lasst uns gehen.“ Damit zieht Maurice mich an seine Seite, den Arm fest um meine Schulter geschlungen.
Ich weiß was jetzt komm und muss ein Zittern unterdrücken.


Abrupt werde ich aus meinen Erinnerungen gerissen, als Rajan steigend zum Stehen kommt. Nur in letzter Sekunde schaffe ich es, mich am Sattel festzuhalten. Etwas orientierungslos blicke ich mich um.
Überall Bäume, wo man nur hinsieht.
„Wo sind wir hier?“ Bin zu Salvo vorgeritten, blicke in ein großes Tal hinunter.
„Das ist das Waldland. Da unter am See können wir rast machen und weiter überlegen.“ Vielsagend blickt er mich an, kann aber nicht mehr erkennen. Ein nervöses Ziehen in meinem Bauch lässt mich zusammenzucken.
Beim Weiterreiten streift Salvos Oberschenkel den meinen. Lasse mir aber nichts anmerken. Werde jedoch den Gedanken nicht los, dass die Wächter etwas mit seinem Verhalten zu tun haben.

Nach zwei Stunden haben wir das Seeufer erreicht.
Salvo lässt mich allein das Zelt aufbauen und auch beim Essen am Feuer beachtet er mich nicht.
Missmutig ziehe ich mich zur Nachtruhe zurück.
Doch kann ich nicht einschlafen.
Tausend Gedanken kreisen in mir und ehe ich mich versehe, bin ich wieder bei Maurice und seiner Gang.


Sie schleifen mich in einen Keller, in der nur eine schäbige Matratze liegt. Eine einzelne nackte Glühbirne beleuchtet den Raum.
Jemand greift nach meiner Hand, zieht mich aus Maurice Arm an sich. In dem dämmrigen Licht kann ich nicht erkennen, wer es ist. Wobei es mich auch nicht wirklich interessiert, da sie alle das Gleiche von mir wollen.
Angewidert schlucke ich die Galle hinunter, die sich im Mund sammelt.
Je mehr ich versuche mich zu wehren, umso härter würden sie mich anfassen.
Also lasse ich alles über mich ergehen, schließlich ist es nicht das erste Mal.


Eine leichte Berührung lässt mich aufschrecken. Noch bevor ein Laut des Erschreckens über meine Lippen kommen kann, legt sich ein Finger darauf.
„Sei still“, leise, aber bestimmt ist die Stimme. Brauche einen Moment um Salvo zu erkennen.
„Sag kein Ton. Din und die anderen sind noch wach.“
Gehorsam nicke ich, sehe ihn erwartungsvoll an, als er langsam den Finger von meinem Mund löst.
Ohne darüber nachzudenken, schnellt die Zunge heraus und leckt über seine Haut. Sofort hält er in der Bewegung inne. Tief blicken wir uns in die Augen, als ich genüsslich über den Finger lecke, ihn in meinen Mund sauge, umspiele und daran knabber.
Er muss sich ein Stöhnen verkneifen.
Wie von selbst greife ich mit der Hand in sein Haar, ziehe ihn zu mir hinunter und ersetze seinen Finger mit den Lippen.
„Fynn“, bringt er atemlos hervor.
Mit der zweiten Hand, die auf seinem Rücken liegt, drücke ich ihn runter. Wortlos kommt er der Aufforderung nach, legt sich der Länge nach auf mich.
Spüre seine Erektion an meiner Hüfte. Unruhig reibt er sich an mich. Doch zu schnell kommt Salvo zur Besinnung, löst sich von meinem Mund.
Vor Begierde verklärten Augen sieht er mich an.
„Wir dürfen das nicht Fynn. Din und die Männer …“ Er bricht ab. Mehr braucht er aber auch nicht sagen. Sanft legt sich meine Hand an seine Wange.
„Rede nicht weiter. Ich werde mich zusammenreißen. Das Verlangen nach dir verstecken.“
Dankbar nickt er mir zu. Haucht zärtlich einen Kuss auf meine Stirn, als er sich erhebt.
„Ruh dich aus. Morgen reiten wir weiter. Die Wasserfälle sind nicht mehr weit.“
Kein Wort will mir über die Lippen kommen, nicke stumm und sehe ihm hinterher, als Salvo das Zelt verlässt.
Er blickt sich nicht einmal mehr um.
Seufzend schließe ich die Augen, hat es doch keinen Sinn sauer auf seine Reaktion zu sein.


Liege noch immer im Keller, das Licht der einzelnen Glühbirne ist zu schwach, um wirklich etwas erkennen zu können.
Fühle mich gedemütigt, ausgelaugt, benutzt und allein. Der Körper zittert, Tränen laufen über die Wangen.
Mir fehlt die Kraft sie wegzuwischen, geschweige den mich aufzurichten.
Bleibe einfach nur liegen, zu einer Kugel zusammengekauert.
Das T-Shirt hängt in Fetzen am Körper, die Jeans habe ich anmeine Brust gedrückt. Spüre die Luft, die meinen nackten Körper streichelt, überdeutlich.
Wie lange ich allein bin weiß ich nicht. Die vier Jungs haben mich immer wieder benutzt, meinen Körper missbraucht.
Bei der Erinnerung steigt Galle in mir auf. Kann es nicht unterdrücken. Schwerfällig hebe ich den Kopf, um es etwas leichter zu haben. Dennoch schmerzt alles, als ich mich übergebe.
Noch eine ganze Weile liege ich keuchend da.
Möchte am liebsten Sterben.
Dennoch rappel ich mich auf, zieh die Jeans an und gehe ohne Schuhe und Oberteil in die kalte Nacht hinaus.
Schwankend irre ich umher.
Brauche eine gefühlte Ewigkeit, bis ich einen mir bekannten Ort erblicke.
Niemand begegnet mir auf der Straße, worüber ich froh bin.

Meine Eltern sind nicht da, erkenne ich, als mir niemand die Tür zu Hause öffnet.
Seufzend lasse ich mich zu Boden sinken, mit dem Rücken an das kalte Mauerwerk gelehnt.
Vor Erschöpfung fallen mir immer wieder die Augen zu.


Schweißgebadet wache ich auf.
Unkontrolliert ist mein Blick, bis eine Bewegung ihn fokussieren lässt.
Din steht am Zelteingang, betrachtet mich argwöhnisch.
Nachdem er sich noch einmal umgesehen hat, kommt er hinein, setzt sich neben mich.
Unter seinem Blick werde ich unruhig, zu sehr erinnert er mich an Maurice, der genauso geschaut hat bevor …
Eine Hand an meiner Wange lässt mich zusammenzucken.
„Du bist nichts weiter als ein Zeitvertreib.“ Eindringlich mustert er mich, jede kleine Regung. Doch ich sehe ihn nur starr an.
„Lass dich nicht auf sein Spiel ein Fynn. Du hast etwas Besseres verdient.
Nur langsam dringen die Worte an mein Ohr.
Noch ehe ich etwas erwidern kann, steht Din auf, streichelt mit seinem Daumen flüchtig über meine Lippe und verlässt das Zelt.
Ich bin irritiert von seinem Verhalten. Alles habe ich erwartet, aber das er mich vor Salvo warnt und dabei so zärtlich zu mir ist, das ist doch sehr überraschend.


Noch von der Vergangenheit und Din’s Fürsorge vernebelt, komme ich nur langsam zu mir. Schwankend schaffe ich es aufzustehen.
Vor dem Zelt herrscht reges Treiben. Alles wird zusammen geräumt und verstaut für die weitere Reise.
„Fynn“. Salvo kommt auf mich zu. Besorgnis und Begierde im Blick.
„Alles in Ordnung?“ Weiß nicht, wie ich auf seine Aussage reagieren soll, nicke nur stumm.
„Was wollte Din bei dir?“ Salvo hat die Stimme gesenkt. Bedrohlich nah ist er mir gekommen, knurrt in mein Ohr.
Kein Ton bekomme ich über die Lippen. Grob fasst Salvo meinen Arm, zieht mich hinter das Zelt aus dem Blickfeld der anderen.
„Rede Fynn!“ Salvo steht direkt vor mir, spüre den Atem im Gesicht. Die Hände halten meine Oberarme. Mit einem Baum im Rücken kommt er mir so dicht.
Sein Duft benebelt mir die Sinne.
„Spiel nicht mit mir.“ Bringe ich schließlich atemlos hervor.
Bei den Worten macht er einen Schritt rückwärts, lässt mich los und sieht mich mit großen Augen an.
„Ist es das, was Din dir sagte?“ Fragt er verstehend. Verlegen senke ich den Blick, was Antwort genug ist. Sanft legt er die Hand unter mein Kinn, hebt den Kopf sacht an.
„Fynn sieh mir in die Augen.“ Er wartet, bis ich der Aufforderung nach komme.
„Glaubst du wirklich, dass ich nur mit dir spiele? Din und ich, wir haben eine gemeinsame Vergangenheit. Er ist eifersüchtig Fynn. Bitte glaube mir, nie würde ich mit dir spielen. Du bist wie ein kostbarer Schatz.“
Quälend langsam beugt er sich zu mir, haucht einen Kuss auf meinen Mund, nur um ihn gleich darauf zu intensivieren. Fast stürmisch dringt er mit der Zunge in meine Höhle, erforscht jeden Millimeter, während er sich der Länge nach an mich presst.
„Wärst du nur ein Zeitvertreib, würde ich mich nicht so zur Kontrolle zwingen.“ Bringt er keuchend hervor.
„Vertraue mir Fynn, so wie ich dir vertraue.“
Noch einmal streichelt er meine Wange, sieht mir tief in die Augen, bevor er sich umdreht und zu den anderen zurück geht.
Ich brauche noch einige Minuten um mich zu sammeln und aus dem Versteck zu kommen.
Din’s Blick, den er mir zuwirft, ist vorwurfsvoll.

Alle sitzen bereits auf ihren Pferden, warten nur noch auf mich.
Als Letztes reihe ich mich ein.
Gehe Din und auch Salvo aus dem Weg.
Rajan läuft den anderen hinterher, sodass ich wieder meinen Erinnerungen nachhängen kann. Sie setzen genau da an, wo mein Traum zuvor geendet hat.


Durch einen harten Schlag gegen den Kopf erwache ich ruckartig.
Orientierungslos blicke ich mich um, bis ich meine Eltern erkenne.
„Was tust du hier draußen?“ herrscht Vater mich an.
„Es … es …“ Peng, wieder eine Ohrfeige.
„Und wie du rumläufst. Rein ins Haus mit dir.“ Grob packt er meinen Arm, zieht mich hoch und schubst mich vor sich her. Doch anstatt mich nach oben in mein Zimmer zu lassen, dirigiert er mich zum Keller.
„Da kannst du schlafen.“ Verschließt hinter mir die Tür und geht.

Alles ist schwarz. Wieder sitze ich im Dunkeln, allein.
Ziehe die Beine an die Brust.
Keine einzige Träne löst sich aus meinem Auge.
Kenne das Verhalten meines Vaters. Mutter sagt nie etwas dazu. Steht stumm daneben und sieht zu, wie er mich schlägt und anschreit.
Weiß ganz genau, dass ich auf unbestimmte Zeit hier bin.
Ohne Essen und Trinken.

Morgen ist mein sechszehnter Geburtstag. In dieser Nacht höre ich das erste Mal die Stimme.
Nur ein Flüstern. Bilde mir ein zu halluzinieren. Doch kaum schlafe ich wieder ein, ist sie da. Traurig ist der Klang, flehendlich. Kann ihr nicht antworten.


Als mein Vater die Tür öffnet, sind drei Tage vergangen.
Wortlos und mit gesenktem Kopf gehe ich an ihm vorbei in mein Zimmer.
Innerhalb weniger Minuten ist eine Tasche gepackt.
Nur das Nötigste, darunter einige Flaschen Wasser und hartes Brot, was ich immer mal gebunkert habe.
Warte bis meine Eltern schlafen und schleiche mich aus dem Haus.
Beachte die Blessuren und Schmerzen meines Körpers nicht.

Rajan steht wie immer hinter dem Haus auf der Koppel.
Er freut sich, mich zu sehen.
Das zeigt er damit, dass er auf mich zu kommt und den Kopf majestätisch gehoben hält.
Doch kein Laut gibt er von sich.
Mit gekonnten Griffen sattel ich ihn und schwinge mich auf seinen Rücken.
„Lauf Rajan. Nur nach vorne. Nie wieder werden wir hierher zurückkommen.“
Flüster ich ihm zu, drücke die Fersen an ihn und Rajan prescht los, immer geradeaus.


Ein lauter Knall lässt mich zusammenzucken.
Rajan steigt vor Schreck und bricht aus.
Versuche mich am Sattel zu halten, ihn zu beruhigen, doch ich habe zu spät reagiert.
Mit einem Aufschrei fliege ich aus dem Sattel, direkt über den Abhang.
Lande mit einem Platschen im tosenden Fluss und werde erbarmungslos mitgerissen.
Die Wellen spülen über mich hinweg.
Versuche vergeblich ans Ufer zu gelangen.
Etliche Kilometer müssen vorüber sein, arbeite mit den letzten Kraftreserven, die ich noch aufbringen kann.
Endlich wird das Wasser ruhiger und ich treibe an den Rand.
Schaffe jedoch nur, den Oberkörper ans Land zu ziehen, als mich endgültig die Schwärze der Ohnmacht einholt.


Als ich erwache, liege ich im Trockenen.
Meine Muskeln wollen nicht so, wie ich will und so bleibe ich stöhnend liegen, obwohl ich doch aufstehen möchte.
Vom Geräusch angelockt, stehen Salvo und Din im Zelteingang.
„Verdammt Fynn, was machst du nur?“ Mit wenigen Schritten hockt Salvo neben mir, streicht mir fürsorglich über den Arm.
Din, der immer noch im Eingang steht, entkommt ein bedrohliches Knurren. Dann setzt er sich in Bewegung und kniet auf der anderen Seite von mir, genau Salvo gegenüber.
Giftig blicken sie sich an, scheinen einen Kampf auszufechten, den niemand verlieren will, denn der Preis scheine ich zu sein.
„Bitte“, bringe ich schwach hervor, lege jedem die Hand auf den Arm.
Besorgt sehen sie mich an.
„Du solltest besser aufpassen Fynn. Dir hätte ernstlich etwas zustoßen können.“
„Rajan?“
„Ihm geht es gut. Er steht bei den anderen Pferden. Versuch zu schlafen. Ich bringe dir später etwas zu essen.“ Ohne weiter auf seinen Rivalen zu achten, beugt sich Salvo über mich, haucht mir einen leichten Kuss auf die Stirn.
Schweigend wartet Din, bis wir beide allein im Zelt sind.
„Du hast sehr viel Glück gehabt. Ich hatte schreckliche Angst um dich.“ Sanft streicht sein Finger über meine Wange, bis auch er aufsteht und das Zelt verlässt.
Vor Erschöpfung fallen mir sofort die Augen zu und ich schlafe, traumlos ein.

Verbunden



Von einem lauten Streit, direkt vorm Zelteingang erwache ich.
Schlaftrunken lausche ich dem Ganzen.
„Warum mischst du dich da ein? Was habe ich dir getan?“
„Du mir getan? Dass ich nicht lache. Weißt doch gar nicht, was es heißt zu lieben!“
„Du Arschloch!“ Es dauert eine Weile, bis ich die Stimmen erkenne, Salvo und Din.
Versuche mich schwerfällig zu erheben.
Noch immer wollen die Muskeln nicht recht, aber dennoch schaffe ich es schwankend.
Als ich am Zelteingang endlich ankomme, liegen die Streithähne auf dem Boden, wälzen sich umher und prügeln aufeinander ein.
„Lass die Finger von Fynn. Er hat etwas Besseres verdient!“ faucht Din.
„Und du bist besser? Din wach auf. Fynn gehört nicht in unser Land.“
„Ganz genau. Also halte dich an deine Worte. Lass den Jungen ziehen!“
Auf einmal herrscht Stille. Sie haben mich erblickt. Schweigend sehen sie mich an.
Kann noch gar nicht glauben, was sie gerade gesagt haben.
„Fynn“, setzt Din an. Rappelt sich auf und kommt vorsichtigen Schrittes auf mich zu.
„Bleib!“ Abwehrend hebe ich die Hände. Misstrauisch geht mein Blick von einem zum anderen.
Schließlich drehe ich mich um und gehe wortlos ins Zelt zurück.
Draußen gibt keiner mehr ein Ton von sich.


„Fynn“, gedämpft dringt Dins Stimme durch die Zeltwand.
„Fynn bitte ist Salvo bei dir?“ Besorgnis schwingt in dem Ton mit. Ruckartig setze ich mich auf.
„Din was ist passiert?“ Frage ich alarmiert zurück, vergesse jeglichen Ärger.
Als er meine Stimme hört, kommt Din, jeglicher Vorsicht über Bord werfend, hineingestürmt.
„Verdammt“, flucht er, als außer mir niemand im Zelt ist.
„Din bitte, was ist geschehen?“
„Salvo ist verschwunden. Nach dem Streit gestern wollte er allein sein. Ich habe bereits alles abgesucht, aber Salvo ist wie vom Erdboden verschluckt.“ Wehmut ist in Dins Augen zu erkennen.
Mit einem Satz richte ich mich auf. Ziehe ihn in eine Umarmung.
„Kennt er die Gegend?“ Frage ich, streichel beruhigend über Dins Rücken.
„Ja etwas. Aber hier gibt es nichts weiter als Wald und Wasser.“
Schwer muss ich schlucken, als mir die nächsten Worte in den Sinn kommen.
„Gibt es hier Wasserfälle und irgendwelches Leben?“ vorsichtig spreche ich die Frage aus.
Argwöhnisch schiebt er mich etwas von sich.
„Was weißt du?“ Wieder muss ich schlucken, doch es ist Zeit Din die Wahrheit zu sagen.
„Lass uns setzen!“ Bitte ich leise. Wortlos folgt er, setzt sich mir gegenüber und wartet.
„Kennst du das Gefühl, wenn du wie im Zwang etwas suchst?“ Blicke ihn durch die Haare an, die vor meinen Augen hängen.
Din sieht mich nur an und nickt leicht, was mich aufatmen lässt.
„Es war die Nacht zu meinem sechszehnten Geburtstag, als ich die Stimme das erste Mal hörte. Seitdem suche ich danach.“
Noch immer regt Din sich nicht. Tief seufzend hole ich Luft, bevor ich weiterspreche.
„Salvo ließ mich nur aus eurer Höhle, wenn ich ihm mein Ziel sagte und er bestand darauf, mich zu begleiten.“
„Die Stimme, was sagt sie?“
Beherrscht und ruhig ist Dins Stimme. Vorsichtig sehe ich ihn an, kann aber weder Unglauben noch Spott in den Augen erkennen.
„Von Anfang an ruft sie um Hilfe. Nennt mich beim Namen, als ob sie mich kennt. Seitdem ich mit euch reite, kann ich ihr antworten. Fragen stellen. Das Letzte was er sagt ist, dass er im Wald ist, als er entführt wird.“
„Du sprichst von ihm. Bist du dir sicher das es ein Mann ist?“ Fragt Din in meinen Erzählungen. Verwundert runzel ich die Stirn. Nicke aber ohne nachzudenken.
„Es ist eindeutig ein Mann. Ich kann es nicht erklären, aber ich weiß es einfach.“ Verstehend nickt er mir zu. Noch einmal tief Luft holend erzähle ich weiter.
„Da wo er sich jetzt befindet, ist es laut. Wie ein tosender Wasserfall.“ Schließe die Augen, um meine Angst um den Fremden zu unterdrücken.
„Fynn?“ Leise durchdringt Dins Stimme die Stille. Mitfühlend legt er eine Hand auf die Meine.
„Du kennst ihn.“ Schwer muss er Schlucken, als ein Knoten ihm das Sprechen erschwert. Ungläubig sehe ich ihn an.
„In unserem Volk gibt es eine Besonderheit zwischen Paaren.“ Beginnt er mit gesenkter Stimme.
„Wir spüren den anderen. Können gedanklich Kontakt mit ihm aufnehmen.“
Überrascht reiße ich die Augen auf.
Seufzend und mit traurigem Blick spricht er aus, was sich in meinem Kopf langsam zu verfestigen scheint.
„Salvo hat dich gerufen. Ihr beide gehört zusammen.“
„Aber …“ kann es nicht verstehen.
„Wie soll das gehen?“ Frage ich daher verwirrt.
„Es waren Hilferufe, obwohl Salvo bei uns war. Nein Din, du irrst dich.“
„Nein Fynn“, er schüttelt den Kopf.
„Du hast die Zukunft erlebt. Es war die einzige Möglichkeit dich zu erreichen. Salvo wird es in diesem Moment auch klar werden. Denke mal, du hast von diesen Träumen erzählt?“
„Das war eine Bedingung, ja.“ Verstehend nickt er.
„So ist Salvo, macht nichts, ohne Plan.“ Wehmut liegt in diesem Satz.
„Wie kann ich wissen wo er ist. Dass es wirklich Salvo ist?“
„Frage ihn. Spreche ihn mit Namen an.“
Langsam erhebt Din sich, klopft sich die Hose ab.
„Bleib im Lager. Ich werde mit einem die Gegend nach Wasserfällen absuchen. Der andere bleibt hier bei dir. Versuch zu schlafen. Vielleicht kannst du ihn so erreichen.“
Brauche einige Sekunden um alles zu realisieren, will etwas sagen. Doch da ist Din bereits aus dem -zelt verschwunden.
Seufzend lege ich mich auf die Matte zurück und schließe die Augen.
Brauche nicht lange, bis ich einschlafe.


„Fynn die Zeit drängt. Bitte hilf mir!“ Kaum das ich eingeschlafen bin, kommt die Stimme zu mir. Noch immer habe ich Dins Worte im Kopf. Es stimmt, die Stimme, doch die Dringlichkeit ist schärfer.
„Salvo“ ohne nachzudenken spreche ich den Namen aus.
„Fynn ich bin so froh.“ Merke sofort wie erleichtert er ist.
„Du musst mir helfen. Kennst du den Ort noch, den ich dir nannte?“
Wie ist das alles möglich?
Alles dreht sich, habe das Gefühl mein Kopf würde bersten.
„Ganz ruhig Fynn. Ich erkläre dir alles. Aber zuerst müsst ihr mich hier rausholen.“
„Salvo was hält dich gefangen?“ Habe alle Fragen und Gedanken zur Verbindung beiseitegeschoben.
„Frage Din nach Suka!“ Ist alles was er erwidert.


Kerzengerade sitze ich, lausche den Kreischen, welches mich geweckt und erzittern lässt.
Din stürmt ins Zelt.
„Fynn schnell wir müssen weg. Werden angegriffen!“
Ein Baum geht zu Boden und rotes Licht erleuchtet die Nacht.
„Feuer“, schreit in dem Moment einer der Wächter.
Din erfasst meine Hand und zerrt mich stolpernd hinter sich her.
Die Wächter haben unsere Pferde bei sich. Gehetzt schwingen wir uns auf die Rücken und preschen los.

„Fynn?“ Alarmiert sieht Din mich an.
„Alles okay. Wenn wir in Sicherheit sind.“
Stumm reiten wir weiter. Dicht über die Hälse der Tiere gekauert.
„Feuerdrachen“, ruft einer der Wächter hinter mir.
Hecktisch drehe ich den Kopf. Vier Drachen schweben über dem Lager. Da wir im Schutz des Qualmes geflohen sind, haben sie uns noch nicht entdeckt. Hoffe, dass es so bleibt, bis wir ein Versteck gefunden haben.


Fast drei Stunden sind wir geritten. Haben den Pferden keine Pause gegönnt.
Hinter einem Wasserfall haben wir unser neues Lager errichtet, mit dem bisschen was wir bei uns haben, was so gut wie gar nichts ist, und dem was wir finden können.
„Fynn“, ruft mich Din zu sich.
Missmutig drehe ich mich vom Wasserfall ab und gehe zu den drei Männern.
„Diese Feuerdrachen? Greifen die immer alles und jeden an?“ Frage ich, noch bevor Din etwas sagen kann.
„Nein sie müssen geschickt worden sein.“
„Geschickt? Du meinst, jemand will unseren Tod? Kann es der sein, der Salvo hat?“
„Was weißt du?“ Schwer muss ich schlucken, als mir Salvos letzte Worte einfallen.
„Salvo sagt, ich soll dich nach Suka fragen.“ Zischende Laute von allen drein.
„Suka ist ein Feuermagier. Es würde ihn ähnlich sehen, dass er die Drachen befehligt. Konntest du mit Salvo reden?“ Langsam nicke ich, hoffe das die zwei anderen es nicht bemerken.
„Mit ihm reden, nachdem er verschwunden ist? Aber wie …?“ Sie haben es gesehen, wollen aufbrausen als Din den Satz für mich beendet.
„Sie sind verbunden.“ Dabei klingt seine Stimme so wehmütig, dass ich den Kopf hebe und Din ansehe.
Mit großen Augen sehen sie mich an, dann breitet sich ein Lächeln in ihren Gesichtern aus.
„Din wo lebt Suka?“ Versuche vom Thema abzulenken, was ihn so traurig macht.
„Weiter in Landesinnere. Wenn du sagst, Salvo hört ein ständiges Rauschen, dann muss er in Sukas Burg sein. Die ist umschlossen von Wasserfällen und Strudeln.“
„Worauf warten wir dann noch?“ Damit springen die Wächter auf und suchen ihre Sachen zusammen.
„Macht mal halblang. Die Pferde brauchen eine Pause. Wenn ich mich recht entsinne, sind wir einen halben Tagesmarsch entfernt. Lasst uns hier übernachten. Morgen bei Sonnenaufgang brechen wir auf!“


„Verdammt ist das gruselig hier.“ Ein Angstschauder läuft mir über den Rücken.
Seit einer halben Stunde sind wir in Sukas Reich. Obwohl es immer noch das gleiche Land ist, ist hier alles anders.
Die Bäume sind kahl oder sogar fast vollständig verbrannt. Keine Farben sind zu erkennen bis da, wo Lavaflüsse rötlich schimmern.
„So stell ich es mir in der Hölle vor.“ Meine Stimme ist kaum mehr ein Flüstern. Nur langsam kommen wir auf dem unebenen Land voran.
„Die Pferde können nicht weiter. Es wird zu heiß für sie.“ Sagt ein Wächter mit starrem Blick auf die Ebene.
Doch ich höre nicht auf ihn, gebe Rajan die Zügel frei und lasse ihn laufen. Vertraue darauf, dass er einen Weg findet.

„Verdammter Bengel“, flucht Din hinter mir. Drehe mich im Sattel ihm zu.
„Komm schon Din. Lass dein Pferd die Führung. Sie werden einen Weg finden.“ Ohne darauf zu achten, ob sie mir folgen, drehe ich mich wieder zurück. Doch nach wenigen Metern halte ich es nicht aus, blicke mich um. Und siehe da, in einiger Entfernung sitzen die Drei mit losen Zügeln da. Slavos Pferd folgt ohne Führung, scheint zu ahnen, dass wir auf den Weg zu seinem Herrn sind.
„Fynn woher weißt du, dass es der richtige Weg ist?“ Habe gewartet bis Din und die Wächter aufgeschlossen sind.
„Ich weiß es nicht Din. Vertraue Rajan, dass er den Richtigen findet.“
„Du scheinst dem Tier viel zu vertrauen oder?“ Fragt Din argwöhnisch. Ein Schmunzeln huscht mir über die Lippen, als ich nicke.
„Na dann hoffe ich für dich, dass Salvo nicht eifersüchtig wird und Rajan zu Sauerbraten verarbeitet.“ Verdutzt sehe ich Din an, was alle drei Männer in Gelächter ausbrechen lässt.
„Salvo ist doch ein ganz anderes Kaliber als Rajan. Wieso sollte er …“ Verstehen schleicht sich in mein Gehirn und ich muss lächeln.
„Oh je, da muss ich wohl dafür sorgen, dass Salvo und Rajan sich anfreunden. Oder sollte ich Salvo behandeln wie Rajan?“ Laut lachend reiten wir weiter.
Bin froh die Stimmung etwas auflockern zu können, obwohl die Angst um Salvo tief in mir steckt.


„Sind das da vorne Sukas Drachen?“ Weit hinten am Horizont kann man bereits die Burg erkennen. Darum verteilt mehrere Kreaturen in der Luft.
„Zum Teil ja.“ Bestätigt Din.
„Aber er wird auch andere Tiere haben.“ Vervollständigt er, noch bevor ich nach dem aber fragen kann.
„Na super. Wie lange werden wir brauchen?“
„Ebenes Land. Zwei Stunden, wenn wir nicht vorher schon entdeckt werden. Es gibt keinerlei Schutz auf dem Weg.“
„Mh“, missmutig betrachte ich die Gegend. Wie es Salvo wohl gerade geht? Hoffentlich finden wir ihn rechtzeitig und können verschwinden bevor Suka alles bemerkt.
„Fynn er weiß schon längst das ihr kommt.“
Erschrocken blicke ich mich um. Nein ich schlafe nicht. Doch wie ist es möglich, dass ich Salvo hören kann.
„Du musst dich nur auf mich konzentrieren Fynn. Ihr seit bereits sehr nah.“
„Salvo wie geht es dir? Was meinst du damit, dass Suka es weiß“
Ich habe laut gesprochen den die drei Männer sehen mich skeptisch an.
„Du musst nur deutlich denken, was du ihm sagen willst. Nicht laut reden, das sieht sonst sehr lustig aus.“ Din sagt es so locker, das hätte man den Schmerz in seinen Augen nicht gesehen, man denken könnte es wäre ein Witz gewesen.
Verstehend nicke ich.
„Alles später Fynn. Pass auf, Suka erwartet euch. Ihr werdet keine Probleme haben in die Burg zu kommen, aber dann müsst ihr aufpassen und kämpfen.“
„Aber …“ setze ich zu sprechen an, doch dann fällt mir ein was Din gesagt hat und ich schließe den Mund.
„Woher weiß er das wir kommen?“
„Hat euch die ganze Zeit beobachtet. Die Drachen, die das Lager angriffen, sollten euch nicht schaden. Er verhöhnt uns die ganze Zeit. Erzählt, wie clever er doch ist. Aber Suka weiß nicht, dass wir miteinander reden.“ Erleichtert atme ich auf. Blicke in die Gesichter der drei Männer mir gegenüber.
„Bitte sage mir bescheid, wenn du etwas Neues von Suka erfährst. Ich melde mich, sobald wir an der Burg angekommen sind.“
„Fynn pass auf dich auf.“
Fast flehendlich ist Salvos letzter Satz und ein Kloß schnürt mir die Kehle zu.


Salvo sollte recht behalten.
Die Drachen fliegen enge Kreise über uns und riesige Schlangen folgen in sichtbarer Entfernung. Aber keines der Geschöpfe greift uns an.
„Fynn was hat Salvo gesagt?“ Din reißt mich aus meinen Gedanken. Stimmt ich will ihn berichten.
„Suka folgt uns. Oder keine Ahnung. Auf jeden Fall weiß er, dass wir kommen. Die Drachen sollten unser Lager zerstören, aber nicht uns. Er spielt und wir sind seine Figuren. Salvo muss in seiner Nähe sein. Suka rühmt sich ständig damit, wie er uns jagt und …“ In dem Moment schnellt ein Drache im Sturzflug auf uns zu, speit einen gewaltigen Feuerstrahl dicht über unsere Köpfe. Habe mühe Rajan ruhig zu halten. Meinen Begleitern ergeht es nicht anders.
„Fynn?!“
„Alles in Ordnung. Keiner ist verletzt.“ Beruhige ich Salvo. Sehe mich um und atme tief durch. Es ist wirklich niemand verletzt worden.
„Suka!“ Zischt Din und ich nicke ihm zu.
„Genau das meine ich. Aber eine Sache weiß er nicht.“
Tippe mir bedeutungsvoll an die Stirn. Wage es nicht, es laut auszusprechen.
Die Drei fallen in schallendes Gelächter.
„Was er kann, können wir auch.“ Pflichtet Din bei.
„Suka will euch einschüchtern. Er nimmt es in kauf, dass einer verletzt wird.“ Knurrt Salvo in meinem Kopf.
„Bleib ruhig. Verrate dich nicht.“ Versuche ihn zu besänftigen, was mir nur schwerlich gelingen mag.
„Weißt du Fynn. Es ist schon merkwürdig zu wissen das du mit jemandem redest der nicht da ist.“ Unterbricht Din meine Konzentration. Argwöhnisch sehe ich ihn an.
„Dachte es wäre bei euch normal. Bin ich nicht derjenige, der verwundert sein sollte?“
„Da hat der Bengel recht.“ Stimmt der Wächter neben mir zu.
„Erzähl mir von deinem Land!“ Verlangt Din, anstatt auf die Bemerkung einzugehen.
„Da gibt es nicht viel. Lebte im Gebiet des Wassers.“ Die Vergangenheitsform blieb den Männern nicht verborgen.
„Wassermagier also. Gehören deine Eltern dazu? Oder sogar du?“ Erwartungsvoll ruhen die Blicke auf mir.
„Es ist nur schwach bei meinen Eltern ausgeprägt. Nur winzige Tricks. Daher reden sie nicht darüber und ich?“ Missmutig schnaube ich. „Kein Fünkchen Magie. Bin ein ganz normaler Junge.“
„Na so normal auch wieder nicht.“ Feixt der Wächter neben mir. „Schließlich bist du mit Salvo verbunden und glaube mir, bei ihm ist nie etwas normal oder einfach.“


In den folgenden zwei Stunden geschieht nichts.
Schweigend, aber wachsam reiten wir durch das Ödland.
„Salvo wir stehen an den Burgmauern. Weißt du etwas von Suka?“
Warte nervös auf Antwort, die ausbleibt.
„Salvo“, schreie ich verzweifelt. Doch wieder reagiert er nicht.
Panisch suche ich Dins Blick. Ungewollt entkommt mir ein Schluchzen.
Lasse mich von Rajan gleiten, gehe direkt in die Knie. Immer wieder rufe ich nach Salvo, bekomme aber keine Antwort von ihm. Irgendetwas muss passiert sein.
Blind vor Angst und Wut will ich nach vorn stürmen, doch kräftige Hände halten mich an den Armen fest. Ziehen mich an eine muskulöse Brust.
„Was ist los Fynn? Willst du dich umbringen?“
Sinke gegen den Körper. Kann mich selbst nicht verstehen, als mir ungewollt die Tränen kommen.
„Salvo antwortet nicht.“ Bringe ich schließlich hervor.
Gedämpft höre ich die Männer fluchen.
Sie schmieden einen Plan, um in die Burg zu gelangen. Bekomme alles nicht wirklich mit. Versuche immer noch Salvo zu erreichen.
Doch bekomme ich keine Verbindung zu ihm. Als wäre er nicht mehr da.

Am Ziel


Wie betäubt folge ich den Männern in die Burg.
Duckt schleichen wir von Wand zu Wand, darauf bedacht nicht entdeckt zu werden.
Noch immer erhalte ich kein Lebenszeichen von Salvo.
„Fynn pass auf!“ Din zieht mich am Arm zurück. Genau in dem Moment, als ein Feuerball die Stelle trifft, wo ich eben noch stand.
Erschrocken blicke ich mich um, als ein höllisches Lachen an mein Ohr dringt. Auch die anderen hören es und wir drehen uns in die Richtung, aus der das Geräusch kommt.
Stehen einem älteren, kleinen Mann gegenüber.
Langsam kommt er auf uns zu.
„Ich freue mich euch endlich persönlich begrüßen zu dürfen. Und wie ich sehe, ist ein Reisender unter euch. Woher kommst du Junge?“ Schützend stellen sich die Wächter vor mir, während Din mich in den Arm nimmt.
„Aber aber, ich tue ihm schon nichts. Komm Fynn, tritt vor zu mir!“ Wie versteinert bleibe ich stehen. Reiße die Augen weit auf. Woher kennt er meinen Namen?
„Wo ist Salvo?“ Din lässt mich nicht los und auch die Wächter weichen nicht von ihren Positionen.
„Bleibt ruhig und tretet ein. Salvo wird auch da sein.“ Damit dreht er sich um und verschwindet im nächsten Zimmer.
Vorsichtigen Schrittes folgen wir ihm, wobei Din an meiner Seite und je ein Wächter vor und hinter mir bleiben.


Der angrenzende Raum ist erfüllt von Kerzenlicht. Eine lange Tafel mit unzähligen Stühlen, ansonsten ist alles leer.
Ein erstickter Laut entringt sich meiner Kehle, als ich am anderen Ende einen Mann sitzen sehe.
„Salvo“, hauche ich. Will auf ihn zustürmen, doch Din hält mich zurück.
„Nicht Fynn. Wir müssen es vorsichtig angehen. Vielleicht ist das alles nur eine Falle.“ Flüstert er zu mir. An den Mann gerichtet fragt er „Was ist mit unserem Kommandanten?“ Dieser zuckt jedoch nur mit den Schultern und setzt sich an das entgegengesetzte Ende von Salvo.
Din signalisiert den Männern uns zu folgen.
Langsam gehen wir auf Salvo zu. Er bewegt sich noch nicht, blickt nicht einmal auf.
Als wir dicht genug sind, erkenne ich auch den Grund.
Um Brust und Handgelenke liegen Seile … nein keine Seile, es sind Schlangen, die ihn an den Stuhl ketten.
„Oh Gott“, will die letzten Schritte schneller zurücklegen, doch eisern liegt Dins Hand auf meinem Arm. Gebannt sehe ich die Schlangen an, beachte sie genau.
„Salvo kannst du mich hören?“ flüster ich. Wage es nicht ihn gedanklich anzusprechen.
„Fynn?“ Kaum hörbar und stöhnend vor Schmerz, aber unverkennbar Salvos Stimme. Erleichtert atmen wir vier durch.
„Gott sei Dank du lebst. Was ist passiert?“ Kann mich kaum beherrschen still zu stehen. Will die Tiere aber auch nicht aufschrecken. Zwinge mich daher ruhig zu bleiben.
Salvo versucht zu antworten, doch gequält ist der Ton und kein Wort verständlich.
Aus einem Impuls heraus drehe ich mich zu Suka.
„Bitte entferne die Schlangen. Warum machst du das? Wir haben dir nichts getan.“ Wieder zuckt er nur mit den Schultern, gibt einen undefinierbaren Ton von sich. Sehe aus den Augenwinkeln, wie die Schlangen davon schleichen. Salvo sackt in sich zusammen, doch noch bevor ich ihn erreiche, hält Din ihn in Arm.
„Nein“ zischt Suka. Stürmt auf mich zu und zieht mich an sich. Fest drückt er meinen Körper an seinen. Obwohl es sehr überraschend ist, ist sein Griff sanft. Er lässt mich zwar nicht los, tut mir aber auch nicht weh.
„Suka lass ihn los!“ Knurrt Din. Die Wächter wollen auf uns zu kommen.
„Salvo er tut mir nichts.“ Spreche nicht laut, hoffe, dass Salvo reagiert. Und er tut es, schickt die Zwei aus dem Raum zu den Pferden.
Erst als sie das Zimmer verlassen haben, sieht Suka Din argwöhnisch an. Habe das Gefühl in einen Spiegel meiner Selbst zu sehen, als ich den aufgewühlten Blick erkenne.
„Suka lass mich los.“ Leise und beruhigend ist meine Stimme. Nur langsam löst er den Griff, doch anstatt von ihm wegzutreten, drehe ich mich zu ihm um. Zögerlich erwidert er meinen Blick.
Wortlos greife ich nach seiner Hand. Ziehe ihn ans andere Ende des Raumes.
„Fynn“, Din will hinter mir her, doch Salvo hält ihn zurück.
„Pass auf dich auf Kleiner. Egal was du machst, ich vertraue ihm nicht.“
„Aber du vertraust mir.“ Es ist keine Frage, dennoch antwortet Salvo ohne zu zögern.
„Ich vertraue dir mein Leben.“
„Und das werde ich hüten. Achte auf Din!“ An Suka gewannt spreche ich leise, obwohl wir weit genug von den anderen entfernt sind, um normal reden zu können.
„Suka ich weiß nicht wer oder was du bist, aber ich habe das Gefühl, das wir beide das gleiche durchmachen.“ Unruhig huscht sein Blick von mir zu den zwei Männern und wieder zurück.
„Denke an den Mann bei Salvo. Rufe ihn in Gedanken. Du weißt wie er heißt.“
„Das ist Humbug.“ Suka will aufbrausen, doch ich lege nur eine Hand auf seinen Arm.
„Mach es einfach und dann werden wir sehen ob es quatsch ist.“ Am Gesichtsausdruck des Mannes erkenne ich, dass er sich konzentriert.
Im nächsten Moment gellt ein Schrei vom anderen Ende.
„Salvo was ist passiert?“
„Din er … kommt beide zurück.“
Damit ergreife ich Sukas Hand und eile zu den Männern.
Salvo zieht mich in seine Arme. Lege den Kopf an seine Brust und inhaliere den Geruch.
„Was ist geschehen Din?“
Nur widerwillig löse ich mich aus der Umarmung, will aber beide Männer genau beobachten.
„Ich … er“ Dins Blick schnellt zu Suka. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht.
„Wie ist das möglich?“ Irritiert sieht Din mich an.
„Frag mich nicht. Du sagst, dass es bei euch normal ist. Sukas Verwirrung bestätigte mir meine eigenen Gefühle, als ich Salvo hörte.“ Langsam geht Dins Blick zu Suka. Starrt ihn regelrecht an. Erkenne den Unglauben, doch als Suka plötzlich die Augen weit aufreißt weiß ich, was vor sich geht.
Sanft ziehe ich Salvo mit mir, lassen die Beiden allein. Glaube keine Sekunde daran, dass Din in Gefahr ist.


Kaum dass wir durch die Tür sind, zieht mich Salvo in seine Arme. Gierig legen sich die Lippen auf meine. Klammer mich an ihn, stöhne in seinen Mund. So sehr habe ich ihn vermisst. Doch zu viele Fragen drängen sich mir auf. Entschlossen schiebe ich ihn auf Armeslänge von mir weg. Sehe tief in seine Augen.
„Wieso ich?“ Salvo lacht als Antwort, zuckt mit den Schultern und sagt
„Schicksal“. Als würde das eine Wort alles erklären.
„Was hat er dir getan? Du hast mir nicht mehr geantwortet. Ich …“
Meine Stimme bricht. Salvo zieht mich wieder an sich, streichelt beruhigend über meinen Rücken.
„Suka hat mir nichts getan. Naja fast nichts. Gab mir einen Trunk, der mich lähmte und als ich wieder zu mir kam, waren die Schlangen um mich. Sie sind harmlos. Zumindest meinte Suka das, aber was weiß ich von den Viechern?“ Zärtlich knabbert Salvo an meinen Hals.
„Und jetzt verrate mir, was du da drin gemacht hast.“
„Ich weiß auch nicht. Irgendetwas an Sukas Reaktion, als Din dich gestützt hat. Er hat mir nicht wehgetan. Sein Griff war fast sanft.“
„Meinst du wirklich, die beiden sind …“ Salvo wagt es nicht, es laut auszusprechen.
„Was weiß den ich?“ Fahre ihn ungeduldig an. Doch in der nächsten Sekunde tut es mir bereits leid. Lege behutsam eine Hand an seine Wange.
„Entschuldige“, flüster ich, küsse vorsichtig seine Lippen. Aus Angst vor einer Zurückweisung halte ich den Atem an.
Hände legen sich an meine Hüfte, denke das er mich von sich schiebt, doch genau das Gegenteil ist der Fall.
Bestimmt zieht er mich an sich. Birgt sein Gesicht in meiner Halsbeuge.
„Du hast ja recht.“ Zieht mit der Zunge eine feuchte Spur über meine Ader. Stromschläge durchziehen meinen Körper, lassen mich keuchen.
Lächelnd löst er sich von mir, legt eine Hand an meine Wange. Sieht mir tief in die Augen.
„Ich habe dich gar nicht verdient Fynn. Du bist etwas ganz Besonderes.“
Ungläubig schnaube ich.
„Wieso sagt ihr das alle? Ich bin ein sechzehnjähriger Bengel, der von zu Hause abgehauen ist. Das ist nichts Besonderes und doch redet ihr über mich als …“ Salvos Lippen verschlucken meinen Redeschwall.
„Du bist ein wunderbarer junger Mann, der sich auf eine Reise begeben hat. Ohne Ziel und nur mit deinem Pferd. Du hast dich mir und meinen Männern anvertraut. Hast die ganze Zeit auf dein Herz gehört. Und was darin gerade geschieht …“ Salvo deutet hinter uns in das Zimmer wo Suka und Din sich befinden. „… das verdanken wir dir und deinem Vertrauen.“
Will widersprechen, entscheidend den Kopf schütteln, doch sanft umfangen mich seine Hände. Halten vorsichtig mein Gesicht. Zärtlich streichen die Daumen über meine Lippen nur um durch seine eigenen ersetzt zu werden.
„Du bist etwas ganz Besonderes. Und ich liebe dich Fynn.“
Sehe die Wahrheit in seinen Augen, als die Worte meine Seele erreichen.
Geborgen sinke ich gegen Salvos Brust. Fühle mich endlich angekommen.

Epilog


„Wo ist Din?“
Nach einer gefühlten Ewigkeit stehen wir vor den Burgmauern. Salvo sieht mich vielsagend an und ein Lächeln huscht über mein Gesicht.
„Din bleibt hier bei Suka.“
„Aber …“ mit gezogenen Schwertern wollen die Wächter hineinstürmen, doch ein Wort von Salvo reicht aus.
„Nein!“ Wie erstarrt blicken sie uns an.
„Aufsteigen, unterwegs berichten wir euch.“ Nur widerwillig steigen sie auf die Pferde.
Ein Tier bleibt zurück. Wehmütig denke ich an Din, sein Lachen und die Fürsorge, mit der er mich behandlet hat.
„Fynn ihm wird es genauso gut gehen wie uns.“ Lächelnd sehe ich zu Salvo.
„Ich weiß, aber dennoch ist es schwer zu verstehen.“
Noch bevor einer der Männer hinter uns etwas sagen kann, erhebt Salvo die Stimme.
„Din wird mit Suka leben, die beiden verbindet das gleiche wie uns.“
„Suka ist harmlos, einsam und eifersüchtig. Din wird ihm gut tun.“ Ergänze ich.
Ungläubig starren die Männer uns an.
„Und wieso hat er dich entführt?“ Fragt einer an Salvo gewandt.
„Suka erging es wie Fynn. Nur hat dieser Gedankenfetzen mitbekommen. Und in diesem ging es um Fynn.“
„Wir wussten alle, dass Din sich etwas aus mir macht. Deshalb wusste Suka auch meinen Namen.“
„Irrtümlicherweise dachte Suka jedoch, ich sei derjenige.“
„Suka erklärte uns, dass die Fetzen undeutlich waren und seitdem Salvo bei ihm war, sich auch um ihn handelten. Da wusste er, dass ein anderer es sein musste. Und in dem Moment, als Din Salvo stützte, wusste Suka wer.“
„Die beiden haben die ganze Zeit geredet, zumindest nehme ich es an. Din hat freiwillig sich dafür entschieden hier zu bleiben.“
„Suka wird ihm gut tun. Du und Din ihr seit so unterschiedlich wie Feuer und Wasser.“
„Wenn Din das Wasser ist, bin ich wohl Feuer?“ Ein verschmitztes Lächeln bildet sich um Salvos Lippen. Bestätigend nicke ich.
„Suka und ich sind genauso. Wir sind eure Gegenpole.“
Augen verdrehend lachen die Wächter auf.
„Lasst uns nach Hause reiten ihr Turteltauben.“ Damit geben sie ihren Tieren ein Zeichen und galoppieren davon. Äußerlich schweigend folgen wir ihnen.
„Nach Hause. Das hört sich wundervoll an.“
„So wundervoll wie du es bist Fynn!“

Impressum

Texte: © M.Kaspereit
Bildmaterialien: Bilder & Grafik © M.Kaspereit
Tag der Veröffentlichung: 04.06.2012

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