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If the time heals the pain my heart




Eine Geschichte über ein Mädchen, welches schon länger die Hoffnung auf ein normales Leben verloren hat. Angst, Trauer und Einsamkeit bestimmt ihr Leben. Doch sie will nicht aufgeben, will wieder leben. Begleitet sie auf den Weg in einen neuen Abschnitt, geprägt von Höhen und Tiefen


Prolog




Ein Tag, der alles änderte.
Ein Tag, der dein Leben veränderte.
Ein Tag, der dich veränderte.



Ich hasste mein Leben, ich verabscheute es. Genau hier wo ich gelandet bin, wollte ich nie sein. Nie wollte ich das kleine, verletzliche, schwache Mädchen sein. Aber heute war es so weit, jetzt war der Tag gekommen, wo ich seit langem wieder Gefühle zeigte. Jahrelang versteckte ich meine Emotionen und Gefühle hinter einer Maske, undurchdringlich war sie, bis heute jedenfalls. Ein einziger Satz, eine einzige Geste brachten mich dazu Gefühle zu zeigen.
Tränen zierten mein Gesicht, leise Schluchzer verließen meine Lippen, frustriert schlug ich mit der Hand gegen die Mauer. Verdammt, solche Ausbrüche konnte ich mir nicht leisten. Schwach. Ich war schwach. Ich durfte kein kleines Häufchen Elend sein, ich durfte nicht, ich verbot es mir selbst. Nach Fassung ringend, wischte ich die Tränen aus meinem Gesicht, doch leider verschwanden mit ihnen nicht die verräterischen Gefühle. Ich fühlte mich einsam, allein und verletzt. Warum habe ich es zu gelassen, das es so weit kommt? Warum? Ich wusste, es würde mir schaden und trotzdem lies ich es zu. Ich erlaubte mir, in die Knie zu gehen, zu weinen und zu schluchzen. Es war ein Fehler, das wusste ich, doch trotzdem konnte ich die Tränen nicht aufhalten, sie zum Stillstand bringen und wieder aufzustehen.
Es war zu viel passiert.


Wenn der Schmerz, der wächst, dich übermannt.




Nur wer stark ist, gewinnt.
Wer Schwäche zeigt, verliert.
Nun, dann hätte ich verloren.



Tränen rannen wie Sturzbäche über mein Gesicht, gequälte Schluchzer kamen über meine Lippen und ließen meine Brust beben. Ich zog meine Knie zum Körper, umschlang diese mit meinen Armen und lehnte meinen Kopf dagegen. Ich zitterte. Kalter Schweiß begann sich in meinem Nacken zu sammeln, ein starker Druck breitete sich in meiner Brust aus und vergrößerte sich in wenigen Sekunden. Panisch versuchte ich ihn hinunter zu schlucken. Ich bekam keine Luft mehr. Blut rauschte in meinen Ohren. Langsam wurde ich hysterisch und fing an zu hyperventilieren. Immer noch versuchte ich verzweifelt Luft zu holen. Ich schloss meine Augen und zwang mich innerlich zum langsamen Ein- und Ausatmen zu bewegen. Ein. Aus. Ein. Aus. Doch es half nichts, es wurde eher schlimmer. Ich fing fürchterlich an zu husten, versuchte aufzustehen, doch meine Knie gaben nach und ich brach zusammen. Nach Luft ringend blieb ich im Sand liegen.

Vom Weiten hörte ich eine leise, näher kommende Stimme, die etwas rief, doch ich war zu schwach und desillusioniert um den Zusammenhang zu verstehen. Galt sie mir? Wollte mir jemand helfen? Ich wusste es nicht. Die Welt außerhalb war nur noch ein stumpfer Lärm, alles war wie in Watte gepackt.
'Ich ersticke. Ich ersticke. Ich ersticke.', rief ich lautlos.
Ich spürte wie eine Hand über meine Stirn fuhr und fühlte einen starken Druck an meiner Wange, doch ich war zu schwach um darauf zu reagieren. Plötzlich hörte ich eine leise, melodische Stimme an meinem Ohr: „Beruhige dich“, flüsterte sie eindringlich. „Ich k-kann nicht … k-k-keine Luft“, zwang ich mich zum Antworten. Es war nicht mehr als ein Hauch, doch gerade noch halbwegs verständlich. Um mich herum war alles Schwarz und eine bleierne Müdigkeit legte sich über mich. Ich wollte schlafen. Wollte, dass alles aufhört. „Komm schon. Versuch langsam ein- und auszuatmen“, zwang die Stimme mich. Ich konnte nicht darauf reagieren. Ich konnte nicht, es ging einfach nicht. Ich fühlte mich wie in einem Käfig gefangen Alles in mir verkrampfte sich und wehrte sich dagegen.
„Gib nicht auf.“ Ich merkte, wie mich jemand aufrichtete, eine Hand an meine Brust legte und mich zwischen den Schulterblättern massierte. Auf. Ab. Auf. Ab. „Denk an etwas Schönes, an etwas Beruhigendes“, flüsterte sie mir zu und lehnte mich auf etwas Warmes und Weiches, ohne mit dem Massieren aufzuhören. An etwas Schönes? Aber an was? „Denk an einen Strand, fühl, wie sich der Kiesel unter deinen Füßen knirscht und wie das Meer riecht“, bat sie mich eindringlich. „Du schaffst es. Konzentriere dich.“ Ich konzentrierte mich auf die ausgesprochenen Worte, wiederholte jedes Einzelne in meinen Gedanken. Tatsächlich funktionierte es. Ich ermahnte mich zum Atmen, ein, aus, ein, aus, roch das salzige Wasser, fühlte den Boden unter meinen Zehen, als wäre ich wirklich dort. Ich wurde ruhiger, holte automatisch Luft und sog den Sauerstoff in mich hinein. Meine Lunge schmerzte, mein ganzer Körper tat mir weh und ich bekam Kopfschmerzen. „So ist’s gut. Atme langsam und gleichmäßig weiter“, sprach die Stimme weiter zu mir. Nach einer Weile hatte ich mich fast vollends beruhigt. Ich war erschöpft, sämtliche Kraftreserven waren aufgebraucht. Schlafen, ich wollte schlafen. „Ich bring dich von hier weg“, murmelte sie, eher zu sich selbst als zu mir, hob mich hoch , als hätte ich das Gewicht einer Fliege und drückte meinen Kopf gegen etwas, was heiß war, ziemlich sogar, aber ich tat es damit ab, das ich vollkommen schlapp war und deswegen schlichtweg fieberte. Ich fühlte mich geschlaucht und ausgelaugt. Ich kam nicht mehr dazu weiter darüber nachzudenken, denn plötzlich überkam mich beleiernde Müdigkeit und schlief ein. Zum Schluss spürte ich noch, wie mir jemand durch die Haare fuhr und meine Wange streichelte.

Habe Geduld. Die Zeit wird alle Wunden heilen.




Wenn man dem Herzen Zeit gibt zu heilen, wird es irgendwann wieder ganz, aber man braucht jemanden, der darauf Acht gibt und es zusammen hält.
Wenn die Seele lädiert ist, braucht man jemanden, der sie zusammenstückelt und streichelt.
Wenn der Körper schwach ist, sucht man sich jemanden, an dem man sich anlehnen kann und der einen beschützt.




Als ich aufwachte, merkte ich, wie mein Kopf anfing zu pochen. Schmerzvoll verzog ich mein Gesicht und stöhnte leise auf. Plötzlich spürte ich etwas Kaltes und Nasses auf meiner Stirn, welches den Schmerz etwas linderte und erträglicher machte. Meine Muskeln entspannten sich wieder allmählich, dennoch fand ich nicht die Kraft meine Augen zu öffnen. Ich wolle einfach wieder schlafen. Mir war unendlich kalt. „Wie geht es ihr“, hörte ich eine weibliche Stimme flüstern. „Sie scheint Schmerzen zu haben und das Fieber ist wieder gestiegen“, antwortete eine männliche. „Das arme Mädchen. Was musste sie nur durchmachen? Sieh dir nur die Verletzungen an. Er hat sie vollkommen aufgelöst gefunden und konnte sie kaum beruhigen“, murmelte sie. „… welche sie sich selbst zugefügt hat“, murmelte jemand, dessen Stimme ich nicht zu ordnen konnte. Ich spürte, wie mir jemand behutsam über meine Wange strich, etwas Weiches, Kuschliges über meinen Körper legte und „Alles wird gut“, zuflüsterte, bevor ich wieder in das Reich der Träume triftete.

Langsam kam ich wieder zu Bewusstsein. Wo war ich? Was war passiert? Ich konnte mich an nichts erinnern. In meinem Gedächtnis herrschte ein klaffendes Loch. Auch dieses Mal versuchte ich meine Augen zu öffnen, doch wieder war ich zu schwach, sie fühlten sich wie Blei an, sowie mein restlicher Körper. Mein Kopf tat unsagbar weh, und ich unterdrückte nur mit Mühe ein Stöhnen und versuchte wieder einzuschlafen. Die Schmerzen wurden jedoch von Sekunde zu Sekunde unerträglicher. Plötzlich höre ich näher kommende, besorgt klingende Stimmen, jene ich schon einmal gehört habe. Ungewollt lauschte ich einem Gespräch. „Sie fiebert noch immer, ich mache mir langsam wirklich große Sorgen. Das Mädchen ist schon zwei Tage ohne Bewusstsein, wenn es so weiter geht, muss ich sie an eine Infusion anschließen, damit ihr Körper nicht austrocknet“, seufzte die männliche Stimme und nahm meine Hand in die seine, fühlte anscheinend meinen Puls und strich über meine Wange. Ungewollt schrie ich leise durch die Berührung auf, sie war nicht gut für meinen lädierten Kopf. Dieser fühlte sich an, als würden tausend Nadeln durch meine Haut stechen. Wieder spürte ich einen Druck auf meiner Wange, welcher jetzt jedoch sanft und federleicht war. „Kannst du mich hören, Mädchen? Hast du Schmerzen“, sprach sie mich an. „Ja“, wollte ich antworten, doch es kam nur ein seltsames Krächzten über meine Lippen. Sogar der klägliche Versuch zu sprechen, hat mir das letzte Stückchen Kraft geraubt. Mein Hals war trocken und kratzte ein wenig. „Ganz ruhig, Liebes, es wird alles gut, ruh dich noch etwas aus. Ich werde dir etwas zur Linderung geben“, versprach mir die Stimme. Sekunden später spürte ich einen kurzen Schmerz an meiner linken Armbeuge. „Das müsste ihr helfen.“ „Ihr Körper muss sich regenerieren, wer weiß, was sie alles durchmachen musste. Sie braucht Zeit, um alles zu verarbeiten. Lassen wir sie schlafen. Das Mädchen wird wieder aufwachen wenn sie bereit dazu ist und sich erholt hat, glaube mir Schatz“, versuchte eine Frauenstimme ihn zu beruhigen „Sie wirkt so zerbrechlich, dennoch stark. Ich würde gerne wissen, was ihr auf ihrer Seele lastet, was passierte bevor Jared sie gefunden hat.“ Wer war Jared? Gerettet? Was war passiert? Ich hatte keine Erinnerung. Verdammt. Ich musste es unbedingt herausfinden, war das letzte was ich dachte, als ich erneut in die Schwärze gezogen wurde und somit die Schmerzen schlussendlich verschwanden.

„Bitte lass dir helfen. Du machst dich kaputt. Ich verspreche dir eins: Du musst den Weg nicht alleine gehen.“




Kein Schmerz ist so groß, das er dich vergessen lässt was passiert ist.
Gedanken, Erlebnisse treten lediglich in den Hintergrund, werden irgendwann wieder in den Vordergrund treten, wenn du nicht darüber sprichst, sie verarbeitest und lernst damit um zu gehen.
Die Zeit kann man nicht zurückdrehen, leider.
Alles vergessen, die Vergangenheit hinter sich lassen und neu anfangen.
Das geht einfach nicht. Vergangenheit bleibt Vergangenheit.
Sie wird immer ein Teil deines Lebens bleiben, egal was passiert.
Manches möchte man missen, manches vergessen, manches jedoch nie vergessen.
Es gibt Dinge, die dich Tag und Nacht verfolgen. Sei es das Gute oder das Schlechte.
Du musst dich deiner Vergangenheit, deinen Ängsten und vor allem deinen Schmerz stellen.




Schweiß stand mir auf der Stirn als ich aufwachte. Es war Nacht, Mitternacht um genau zu sagen, verriet mir zumindest der Wecker auf dem Nachtisch zur meiner rechten Seite. Ich lag in einem Bett - es war weich und kuschelig – und schaute an die Decke. Wo war ich? An das was passiert war, könnte ich mich leider nur zu gut erinnern. Stumme Tränen rannen über mein Gesicht, als ich daran dachte. Ich war nach dem Grabbesuch auf halber Strecke nach Hause zusammengebrochen, wie immer. Obwohl man es nicht zu Hause nennen kann, denn ich war nun allein. Es wurde schon zur Routine. Ich kam mit den Gedanken, Geschehnissen und Gefühlen nicht mehr zurecht. Langsam fing ich an zu schluchzen, kugelte mich wie ein Igel ein und weinte. So wie immer. Dieser Ablauf war jede Nacht der Gleiche. Manchmal sogar tagsüber. Er war perfekt wie ein Uhrwerk. Nie konnte ich nachts durchschlafen, ohne dass mich Alpträume plagten. Jedes Mal waren sie die Gleichen, immer sah ich ihn sterben, wie ich ihn aus dem Wasser zog, spürte das Blut an meinen Händen, blickte in seine Augen wie er röchelnd Luft in meinem Armen holte und sie gequält schloss. Wie die Tränen über mein Gesicht rannen, als er mich mit schmerzverzehrten Gesicht angesehen hat, seinen letzten Atemzug tat und schlussendlich starb. Schmerzvoll schrie ich leise auf, verkrampfte mich, krallte meine Fingernägel ins Bettlaken. Es war ein schwacher Versuch die Schmerzen zu lindern. Sie waren so real, so präsent. Ich roch den rostigen Geruch des Bluts, spürte den Wind, der mir durch die Haare wehte und hörte Stimmen, die verzweifelt durcheinander riefen. Ich machte mir Vorwürfe, es nicht erkannt zu haben, dass er Probleme hatte. Vorwürfe, dass ich ihm nicht helfen konnte, weil ich von nichts wusste. Vorwürfe, dass ich ihn nicht abhalten konnte zu springen. Vorwürfe, dass ich ihm nicht abhalten konnte, freiwillig zu sterben. An die Worte, die er mit letzter Kraft noch sprach, werde ich mich immer erinnern können. Ich konnte die Zeit weder anhalten noch zurückdrehen. Sie schritt voran, egal was passierte. Nichts und niemand konnte sie aufhalten. Kontinuierlich schlug das Herz der Zeit weiter und blieb nie stehen. Die Tränen wollten einfach nicht aufhören zu rinnen, mein T-Shirt war durchnässt und noch immer verließen Schluchzer meine Lippen. Mir war kalt, unendlich kalt. Ich fühlte mich allein und einsam, wie immer. Niemand war da, der mich in den Arm nahm, mich festhielt und half. Ich war allein. ‚Allein. Allein. Allein‘, hallt es in meinem Kopf. Ich schloss meine Augen und hoffte, dass es bald vorbei war. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, die mich aufschrecken, mich aber nicht von meinem Alptraum aufwachen lies und die schrecklichen Bilder vertrieb. Ich erkannte Umrisse eines Mannes, doch um genaueres zu erkennen war es zu dunkel. Er sprach beruhigende Worte, dessen Sinn ich aber nicht verstand, da sie nicht von meiner Sprache stammten, zog mich auf seinen Schoß und umschlang mich mit seinen Armen. Unglaubliche Wärme und das Gefühl von Geborgenheit strahlte von ihm aus. Sofort verschwanden die schrecklichen Gefühle. Ich beruhigte mich langsam von Zeit zu Zeit, keine Schluchzer verließen mehr meine Lippen, es rannen nur mehr stumme Tränen. Immer wieder wiederholte er die Worte, wie eine magische Zauberformel. Die Bilder verschwanden allmählich, das schreckliche Gefühl der Einsamkeit und Traurigkeit trat in den Hintergrund und ich konnte wieder normal atmen. „Versprich mir eines, Mädchen, wenn du aufwachst, rede mit mir“, sprach der Mann leise, bevor ich wieder weg glitt und vor Erschöpfung einschlief.

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Texte: Alle Rechte liegen bei darkcircle.
Tag der Veröffentlichung: 05.05.2012

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