Cover

Stumme Hilfeschreie, die niemand hört




Diese Wunden scheinen einfach nicht zu heilen,
dieser Schmerz ist einfach zu echt.
Es gibt einfach zu viel, was die Zeit nicht heilen kann.
[My Immortal - Evanescence]



Täglich spürst du die Schmerzen in deinem Herzen, keinesfalls körperliche, sondern seelische, die weitaus schlimmer sind, unerträglicher. Jeden Tag bricht es ein Stückchen mehr, bis alles zerstört ist, dauert es nicht mehr lange. Du weinst hemmungslos, sitzt zusammengekrümmt in einer Ecke und wartest vergeblich, dass du befreit wirst, aus deinen Höllenqualen. Jede einzelne Träne gilt jemanden, der dir wehgetan hat, sei es durch seine Art, seine Gesten und seine Abneigung gegenüber dir. Du schluchzt, schreist und schlägst um dich. Das Einzige, was du dir wünschst, sind Liebe, Geborgenheit und Rückhalt. All das, was du schon lange nicht mehr erleben durftest. Hilfeschreie nimmt niemand wahr, Zeichen erkennt keiner, wahrscheinlich erst dann, wenn es schon zu spät ist. Du willst all dem entfliehen, nicht nur für kurze Zeit, am Liebsten für immer. An einem Ort, wo es ruhig und friedlich ist, wo du einfach du sein kannst. Dein Paradies, deine eigene Welt, welche Böses und Schlechtes von dir fern hält. Drogen und Alkohol helfen nicht lange genug, halten den unendlichen Schmerz und die Trauer nicht fern, ein paar Stunden vielleicht kannst du entfliehen, mehr auch nicht. Manchmal denkst du dir, wenn du Schmerzen spürst, dann kannst du dir sicher sein, das du noch lebst. Noch. Er wird zu deinem Freund, zu deinem treuen Begleiter. Das Blut, jenes deinem Arm hinunter fließt, macht dich glücklich. Hysterisch fängst dann du an zu lachen, lehnst deinen Kopf an die kühle Wand, in der rechten Hand die Klinge und siehst zu, wie das Blut, deinem Arm entlang fließt, dein T-Shirt befleckt und schlussendlich auf den Fliesenboden tropft. Mehrmals täglich wiederholst du diesen Vorgang, danach fühlst du dich befreit. Durch das Adrenalin, welches durch deine Adern pumpt, sogar ein wenig benebelt. Du fühlst dich high, als hättest du Drogen genommen, nur besser, viel besser. Hunderte bis tausende Narben zieren deine Arme und Beine. Du bist stolz darauf. Für dich sind sie wie Trophäen und Zeichen, das du noch lebendig bist. Jede Einzelne hat eine Geschichte. Niemand merkt, dass du ein Problem hast, mehrere Probleme hast. Niemand sieht wie gebrochen du bist. Du schickst stumme Hilfeschreie, jedoch prallen sie ab, stoßen auf taube Ohren. Leider. „Hilfe, Hilfe, Hilfe.“ Niemand hört dich, niemand sieht dich, niemand hilft dir. Verloren, allein und unverstanden fühlst du dich. Deine Gefühle hältst du hinter einer Maske versteckt, reckst das Kinn nach vorne, versteckst deinen geschundenen Körper unter überdimensionale Kleidung, dein schmerzverzehrtes, eingefallenes Gesicht hinter deiner Haarmähne, welche strähnig und fett wirken. Das Strahlen und Glitzern hat schon längst deine Augen verlassen, zurückgeblieben sind Schmerz und Traurigkeit. Früher warst du aufgeweckt und lebensfroh, doch auf einem Schlag, von einer Sekunde auf die anderen, wurde dein Leben zum Schlechten verändert. Ein Ereignis war ausschlaggebend, ein Tag. Nichts ist mehr so wie es einmal war. Du kannst nicht mehr, du willst nicht mehr, hast schon lange genug gekämpft, nun hast du keine Kraft mehr, bist müde. Heute hast du dich entschieden, es zu beenden. Nichts hält dich mehr, keine Freunde, keine Familie. Jetzt stehst du hier am Abgrund, mehrere Meter unter dir brechen schwarze, bedrohliche Wellen an den Klippen, Wasser zieht sich zurück um wieder mit voller Kraft dagegen zu preschen. Ein Sprung bedeutet den Tod, ein falscher Schritt und alles ist vorbei. Den Fall würdest du nicht überleben. Spitze Steine ragen aus dem Wasser, tödliche Strudel wüten. Perfekt für dich, schnell und schmerzlos. Eins, zwei, drei … vorbei.


Impressum

Texte: Alle Rechte liegen bei darkcircle.
Tag der Veröffentlichung: 05.05.2012

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /