Cover




Ich fühle mich schrecklich, einsam und unwohl.
Ich hasse mein Leben und meinen so unförmigen Körper. Ich kann meinen Bauch, meine Hüfte, meine Beine und meine Arme nicht anschauen.
Ich weiß, dass ich nicht schlank oder dünn bin. Ich bin dick und unförmig.
Jeder Gang auf die Waage wird zur Qual. Ich fürchte mich vor dem Einschlafen, vor dem aufstehen.
Ich nehme mir vor, nicht in den Spiegel zu sehen, nicht auf die Waage zu steigen und einfach meinen Tag alltagsgemäß zu leben, und doch weiß ich ganz genau, dass ich es nicht kann.
Jeden Tag zwinge ich mich selber vor den Spiegel zu gehen, auf die Waage zu steigen, um zu kontrollieren ob ich nicht dicker und schwerer geworden bin.
Und auch, wenn ich kein Gramm zugenommen habe, oder an Gewicht verloren habe, fühle ich mich nicht gut.
Nie ist ees genug. Ich sehe immernoch dieses kleine dicke Mädchen vor dem Spiegel stehen.
Ich finde mich abstßend.
Ekelhaft.
Unförmig.
Unattraktiv.
Hässlich.

Meine Finger sind wieder dicker, mein Gesicht sieht aus wie ein gematschter Ball,und meine Beine sehen den eines Elefanten ähnlich.
Mein Bauch ist aufgewölbt, es sieht so aus, als hätte Jemand Luft reingepumpt, um mir Angst einzujagen, wenn ich vor dem Spiegel trete.
Mein Busen ist außerdem viel zu groß, geschweigedenn von meinem Hintern.


Ich möchte nicht so sein, ich möchte normal sein, aber wer definiert mir dieses Wort ''normal''?
Nichts und Niemand sind normal.
Auch ich nicht. Und ich will es auch nie sein. Ich war nie normal. Ich war anders.
Und genau damit fing all das an.


Ich war dick mit meinen 80 Kilogramm Körpergewicht.
Ich habe so viele überflüssige Kilos mit mir rumgetragen.
Ich ahbe mich vor mir selber geekelt und habe noch dazu Beleidigungen von der allerfeinsten Sorte an den Kopf geschmissen bekommen.
Und in der vierten Klasse ging die Hölle los, die sich mein Leben nannte.
Dort habe ich das erste Mal dieses wunderschöne und abstßende Wort Walross gehört.
Udn das allerschlimmste war, dieses Wort war an mich gerichtet.
Ein Teufelswort, ein ekeliges aber auch zutreffendes Wort für meine Person.
Alles an mir war dick. Ich war nie dünn oder schlank wie alle anderen Kinder. Alle waren sie hübsch und vor allem zierlich und dünn.
Ich habe mich von der Masse abstoßend gefühlt.

Wie ein fünftes Rad am Wagen. wie ein Puzzleteil das überflüssig ist, weil es eine komplett andere Farbe trägt, als all die anderen kleinen Puzzleteilchen, zu denen es eigentlich gehören sollte.
Es gibt noch so viele zutreffende Beispiele die passen könnten, aber ich glaube mit all diesen Beispielen habe ich meine damalige Situation treffend beschrieben.

Ich war immer ein Mädchen gewesen was gerne etwas Süßes und Fettreiches gegessen hat. Ich habe es geliebt zu naschen.
Und damals, bin ich auch noch nicht auf die grandiose Idee gekommen, das Fettige und Süße essen wegzulassen, warum auch? Ich habe es doch gemocht!
Mama meinte immer, ich solle nur warten, bis das ''Babyspeck'' verschwindet.
Und davon war ich auch überzeugt.
Nun denke ich mir, dass es kein Babyspeck war, sondern einfach nur dickes, schwabbeliges Speck!
Aber abnehmen wollte ich ja sowieso nie, trotz der üblen Beleidigungen und Mobbingattacken.
Ich schaute darüber hinweg. Ich war stark, selbstbewusst, und der meinung, mein Babyspeck würde weggehen.


Falsch gedacht

Ich habe mich schlecht gefühlt, in meiner Klasse die mich so beleidigten.
Außer einer guten Freundin hatte ich meiner Meinung nach Niemanden. Sie hieß Anika und war für mich ein kleiner Sonnenschein. Sie war eine tolle Freundin und leider auch ein Sonnenschein für meine Klassenlehrerin.
Anika saß immer neben mir.
Wir saßen in der vierten Klasse in einem schönen Klassenzimmer.
Ich direkt an der Ecke auf einem großen Stuhl und einem großen Tisch, wo ich sehr stolz drauf war, denn nur die wenigsten hatten einen großen Tisch und einen großen Stuhl. Ich war die größte in der Klasse, und Anika die kleinste.
Wie hätten nicht unterschiedlicher sein können, trotzdem konnte uns niemand auseinader bringen.

Dachte ich

Meine Klassenlehrerin vertüdelte Anika wie so ein kleines Püppchen. Anika hatte blondes Haar, war klein und sehr zierlich. Das perfekte kleine Mädchen eben.
Und dann stand ich neben ihr, als beste Freundin.
Die größte und leider auch dickste in der Klasse.
Ein dickes Gesicht, extrem dicke Beine und blonde Lockige Haare, genau das Gegenteil. Wir sahen uns kein Stück ähnlich.
Das bemerkte auch unsere Lehrerin und behandelte mich wie ein Stück Dreck. Sogar in Klassenarbeiten bewertete sie mich schlechter als sie, obwohl wir die Gleichen Antworten gegeben hatten.
Ich fand das unfair.
Und war sehr froh, als ich endlich meine Realschulempfehlung in den Händen hielt und mein ‚‘Abschlusszeugnis‘ der vierten Klasse, womit ich die Schule verlassen habe.


Leider auch Anika, die nicht mehr in die Gleiche klasse ging wie ich, und auf das Gymnasium wechselte, wo sie nun Übrigends auch noch ist.

Und damit trennten sich unsere Wege.
Ich war aufgeregt auf eine neue Schule zu gehen.

Zu früh gefreut

Die Mobbingattacken gingen weiter, weiter und weiter.
Anfang der fünften Klasse.
Neue Mitschüler, neuer Klassenraum, neue Lehrer, und das Wichtigste, neue Mitschüler.
Ich fürchtete mich ein bisschen vor ihnen, weil ich nicht wusste, wie sie auf mich reagierten.
Ich dachte ich könnte einen Neuanfang starten, ein ganz neues Mädchen werden, und alle würden mich mögen.

Falsch gedacht

Mir fällt gerade auf wie oft ich was Falsches gedacht oder getan habe.
Jeder Mensch macht Fehler, oder?
Keiner ist perfekt, und das wusste ich ganz genau, doch wie ich es vermutet habe, mussten andere mir das auf die andere Art und Weise immer wieder an den Kopf werfen.
In dem sie mir hinter her rannten und mich FETTE KUH, WALROSS, FETTARSCH, und SCHWABBEL nannten.
Ich habe es gehasst, immer beleidigt zu werden, immer beschimpft und gemobbt zu werden. Und ich habe immer gehofft dass hoffentlich bald mein so genanntest Babyspeck verschwinden würde.
Naja, wie man es sich denken kann:

Falsch gedacht


Wie sollte es auch anders sein?
Das Gegenteil traf ein.
Ich wurde dicker und dicker. Kleidergröße 42/44 und mit einer Größe von 1,68 m 80 Kilo schwer.
Das war in meinem Alter echt eine Menge.
Ich aß aber trotzdem genau weiter, und hatte auch keine Lust mehr ab zu nehmen, es würde ja sowieso nichts bringen.
Ich würde immer so bleiben, immer gehänselt werden, immer gemobbt und runtergemacht werden.
Ich hatte auch ein paar Freunde, die zum Glück nicht nur auf Äußerlichkeiten achteteten, aber ich denke auch sie haben hinter meinem Rücken geredet über das dicke, schwabbelige Mädchen das sich Jacky nannte.
Ich wollte mich komischer Weise immer von den anderen unterscheiden, nicht durch meinen Körper, sondern von anderen Äußerlichkeiten wie Klamotten oder Schminke, und war …
Naja…
Erfolgreich damit?
Erfolgreich kann man das nicht nennen, aber es hat seinen Zweck erfüllt. Ich war anders als alle anderen.
Meine erste Phase sah besonders hässlich aus, wie ich nun denke.
Und da war ich nicht die Einzige die es so sah, viele anderen lachten darüber, und wie es kommen musste, sie mobbten mich mehr und immer mehr.

Eigentlich wollte ich dadurch ja das Gegenteil bezwecken

Aber wieso sollte man eine wie mich auch in Ruhe lassen, und mich machen lassen was ich für richtig gehalten habe?
Wie konnte ich nur so naiv sein?
Ich kann es euch sagen:
Ich wollte auch mal gemocht werden. Ich wollte mal Jemand besonderes sein. Ich wollte angeguckt werden, aber nicht wegen meinem Körperumfang, sondern weil ich hübsch bin und einen tollen
Charakter habe.
Aber das war nicht so.
Wieso auch?
Ich mit meinen schwarz-gefärbten Haaren, meiner Netzstrumpfhose, schwarzen Augen, Fingernägeln, und Lippen.
Meinen schwarzen Rock, Handstulpen, und schwarzen Chucks, und dem ekelig engen T-Shirt was allerdings auch schwarz war.
Ich fand diesen Gothic-Style toll.
Fanzinierend und eben..Anders!
Ich war anders, doch der Style hat nicht den Zweck erfüllt, den es bezwecken sollte.
Das ging bis zur 6ten Klasse so weiter.
Ich wurde nie in Ruhe gelassen, ich ‚‘durfte‘‘ nicht machen was ich wollte, ich konnte nicht machen was ich wollte, denn es wäre ja sowieso alles falsch gewesen.

Ich wusste nicht was ich tun sollte, wie ich mich wehren sollte, oder verteidigen musste.
Ich tat mir also selbst weh.
Erst war es harmlos und niemand fiel etwas auf.

Jedenfalls hatte ich dann endlich mal etwas, was meins war, ohne das ich ausgelacht wurde, oder gemobbt wurde. Es konnte eh niemand verhindern. Und… es tat mir gut.

Ich habe in dem Moment, wo ich mich geschnitten habe alles vergessen.
Ich habe mich gut gefühlt, solange wie der Schmerz anhielt.
Das gute war:
Das Gefühl hielt auch weiterhin an, denn immer wenn es mir schlecht ging, zog ich meine Armstulpen hoch, und kratze meine Arme auf, meine Narben, die noch nicht verheilt waren, und es blutete wieder.
Diese Schnitte waren aber harmlos, denn dies war mit stumpfen Gegenständen geschehen.
Mit stumpfen Glasscherben, die ich vorher noch an eine Mauer gerieben hatte, bevor ich sie benutzt habe, damit sie nicht all zu scharf waren.
Doch das hat mir irgendwann nicht mehr gereicht, ich nahm Rasierklingen und schnitt mich damit, was auch meiner Meinung nach einen besseren Erfolg brachte als diese stumpfe Glasscherben.
Ein beliebtes ‚‘Instrument‘‘ meiner Selbstverstümmelung war auch ein Nagelkneifer.
Ich legte ihn vorsichtig an, und zog mit die ganze Obere Haut aus meinem Arm raus, kratze noch daran, damit es richtig offen war, und schon strömte das Blut.

Tja, und dann kam das was wohl kommen musste: Mein schlechtes Gewissen.
Ich habe es dann nach ein paar Monaten meiner Mutter erzählt, ich hatte Angst vor ihrer Reaktion, ich dachte sie würde wütend auf mich sein, enttäuscht, und würde nicht mehr mit mir reden.
Doch sie reagierte geschockt, sie hat geweint, und es tat mir so leid, dass ich sie so verletzt habe.
Ich hatte Schuldgefühle.
Ich fühlte mich schrecklich.
Bis sie mich in den Arm genommen hat, und gesagt hat, sie sei nicht sauer auf mich oder enttäuscht, sondern nur traurig, dass ich mir sowas antun würde.
Sie löcherte mich mit Fragen. Sie wollte unbedingt wissen, wieso ich mir selbst so wehtue?
Ich habe ihr gesagt, dass mein Vater Schuld sei, dass ich das tue, weil ich ihn vermisse.
Sie hörte sich alles bis zum Schluss an, und wir gingen wenige Zeit später auch zu einer Psychologin, die mir bei meinen Problemen helfen sollte.
Jede Woche ging ich zu ihr, bis ich mich nicht mehr ritzte und es mir ‚‘gut‘‘ ging.
Mein Vater war nicht mein Einziges Problem und Grund für meine Verletzungen.
Die Mobbingattacken waren auch ein Grund, aber das erzählte ich Niemanden, aber nicht der Psychologin.


Klar, habe ich meinen Erzeuger vermisst. (Ich sage bewusst Erzeuger, weil er mir später immer fremder wurde, und ich erst später erfahren sollte, was er wirklich für ein Arschloch ist.)

Wer vermisst denn seinen Vater nicht, wenn dieser nur alle 3 Wochen seine eigene Tochter besucht?

Haha, ich hätte mich dort glücklich schätzen sollen, als es noch alle 3 Wochen war

Auch er beleidigte mich, und lachte mich aus.
Das erste Mal, dass er mich ausgelacht hat, war spät am Abend bei einem Telefonat, ich hatte geweint und ihm erzählt, dass ich ihn vermisse.
Ich sagte, dass ich ihn öfters sehen möchte, und dass er mir fehlt.
Und dann kam dieses Geräusch, was mich in meinem jetzigen Alter erst so erschüttert.
Er hat gelacht, seine dreckige Lache.
Ich hasse diese Lache, jedes Mal, wenn ich diese schreckliche Lache höre, verletzt sie mich.
Jedes Mal, fühle ich mich dumm und wertlos.

So wie an meinem 13 Geburtstag, wo ich bereits in die siebte Klasse ging.
Ich war aufgeregt und hatte mich extra Zurecht gemacht. Ich freute mich so auf die Schulklingel die zum Ende hin klingeln würde, dass ich mich gar nicht konzentrieren konnte.
Und dann endlich war es soweit: Schulende!
Ich rannte aus der Schule raus, und da wartete mein Papa auch schon. Ich war glücklich und froh, als ich ihn endlich in die Arme schließen konnte.
Wie immer fuhren wir in ein Einkaufszentrum, um das Fisch und Pommes zu essen.
Ich liebte es, in diesem Restaurant essen zu gehen. Es schmeckte fantastisch!
Doch der Tag sollte nicht so toll weitergehen.
Nach dem Essen, gönnten wir uns noch ein Eis, er nahm wie immer Stracciatella und Sahne Kirsch Eis, und ich Erdbeere, und Zitrone.
Wir saßen auf einer Bank direkt vor dem Ausgang.
Ich fühlte mich wohl, und genoss mein Eis.
Und dann kam der Satz, an den ich bis Heute immer wieder zurückdenke.
Er sah mich an und sagte mir: Jacky, wie siehst Du überhaupt aus? Kannst du Deine Haare nicht waschen? Du siehst so ungepflegt aus. Wasch dir bitte Deine Haare. Das ist nicht angenehm neben dir zu sitzen, ich muss mich ja für Dich schämen.

Jetzt fängt auch noch mein Vater an mir Beleidigungen an den Kopf zu werfen!
Ich glaub es nicht!

Wie konnte er sowas nur tun? Ich saß auf der Bank und konnte es nicht fassen. Ich traute mich kaum noch, mein Eis weiter zu essen. Ich schämte mich so für mein Aussehen.
Ich hatte Tränen in den Augen und wollte am liebsten sofort losheuen. Doch dann müsste er sich ja noch mehr für mich schämen, und das wollte ich auf keinen Fall.
Ich möchte nicht, das man sich für mich schämt, das man seine eigene Tochter nicht angucken kann, weil sie so ungepflegt und dick ist.
Ich war tot undglücklich. Und geschockt.
Andererseits war ich froh, das er nicht sagte das ich dick sei, doch wie es kommen musste, warf er mir genau das auch noch an den Kopf, und zu diesem Zeitpunkt, war der Tag entgültig für mich gelaufen.

Ich glaube, er fühlt sich dadurch stark, wenn er mich abstößt und mich beleidigt, es tut ihm gut, und erleichtert ihn!

Wir fuhren nach Hause. Ich wollte nicht mehr in seiner Nähe sein. Ich wollte weg von ihm. Ich wollte nicht, dass er mich noch mehr beleidigen kann. Ich konnte es nicht fassen, dass mein eigener Vater so gemein und rücksichtslos sein kann.
Mein Geburtstag war gelaufen.
Aber Zuhause ließ ich mir nichts anmerken, und lebte so weiter wie bisher. Kurz gesagt: Ich schlcukte mal wieder alles runter, was mir passiert ist.

Die nächsten Wochen vergingen nicht so wie bisher. Jeden Tag beobachtete ich Jemanden in der Schule.
Ich dachte mir : WOW!
Endlich mal Jemand, der mir gefällt.
Ich wollte ihn kennenlernen. Wollte seine Stimme hören, und nicht nur dann, wenn er mit anderen sprach, sondern ich wollte seine Stimme hören, wenn er mit mir spricht.

Ich schreib meinen ersten Tagebucheintrag:

9.07.2009:

Ich liebe Stephan über alles. Er ist der tollste Junge den ich je gesehen habe! Ich werde ihn immer lieben.
Bald treffen wir uns, weil ich es so möchte, ich hoffe er auch!
Ich liebe IHN!


Wenn ich das jetzt so sehe, könnte ich darüber lachen.
Ich könnte über mich selber lachen, denn wie kann ein Junge sich in ein Mädchen verlieben das dermaßen hässlich und FETT ist?
Wie konnte ich mir das nur einbilden?


Das war nach den ersten paar Tagen, wo ich mit ihm Kontakt aufgenommen habe.
Erst weigerte er sich strikt dagegen, aber damals wusste ich einfach nicht wieso, war ich wirklich so schlimm?

Ohja, das war ich.

Wir haben miteinander im Internet Kontakt aufgenommen, da ich endlich den Mut zusammen genommen habe, und ihm anzuschreiben.
Seine Antwort fiel kurz und gefühllos aus.
Was habe ich denn auch anderes erwartet? Ich meine, er kennt mich ja nicht einmal.
In der Schule lief ich nur an ihm vorbei und brachte kein Wort heraus.
Ich traute mich nicht. Ich hatte angst vor einer bitteren Enttäuschung. Ich wollte nicht den ersten Jungen aufgeben, für den ich Gefühle entwickelt habe.

Das Treffen zwischen uns beiden zögerte sich hinaus.

Ich wusste auch wieso. Vielleicht hatte er Angst, er würde anfangen zu lachen, wenn er mir gegenübersteht?


15.7.2009

Stephan ist im Urlaub.
Er ist so einzigartig ?!
Ich hoffe das er mich irgendwann mal liebt.
Für ihn.. Würde ich alles tun, sogar sterben.
Alles eben…
Ich veränder mich nun für ihn, vielleicht mag er mich dann ja. Ich glaube, dann findet er mich gut.
I love you, Stephan!


War er wirklich im Urlaub, oder wollte er nur unser Treffen herauszögern?
Ich weiß es nicht.

Und dann folgte meine zweite Horrorveränderung.
Ich wurde zum Möchtegern-Emo. Wie lächerlich ich aussah, mit meinen schwarz umrandeten augen und Röhrenjeans, die sich zwingend an meine fetten Beine anpasste.
In meinen Sachen konnte mal jedes Fettröllchen sehen.
Wie konnte ich bloß die Augen verschließen und denken ich sehe gut aus?
Mit meinem dicken Bauch, meinen dicken Beinen, und meinen dicken Arsch, der in diese engen Hosen nun wirklich nicht reinpasste.
Dann kommt der erste Tagebucheintrag, wo ich mich dazu entschließe abzunehmen.


28.8.2011:

Ich will abnehmen!
Ich habe kein Bock mehr auf den Kack‘!
Mal gucken was daraus wird, wenn ich ein paar Tipps aus dem Internet befolge.
Ich will doch nur perfekt sein.

Zu diesem Zeitpunkt wurde es noch nichts mit dem Abnehmen. Noch nicht…

Irgendwie hatte ich Damals noch nicht den Drang dazu mich wirklich so zu zwingen weniger zu essen.
Zwar war ich nicht begeistert von meinem Fett, aber es war noch nicht so gravierend,
dass ich versucht habe weniger zu essen. Naja, was heißt nicht versucht.
Klar habe ich es öfters mal versucht, aber geschafft habe ich es nicht.
Ich wollte nicht auf das Essen verzichten.
Ich habe mich nicht überwunden und habe weiter die Beleidigungen der anderen ertragen.

Also blieb alles so wie es vorher auch war:
Ich wurde beleidigt, kleidete mich unvorteilhaft, und ließ mir alles gefallen, was ich mir eigentlich nicht hätte gefallen lassen soll.
Ich dachte dass ich so selbstbewusst wäre?
Wo ist mein Selbstbewusstsein hin?
Hat es mir jemand weggenommen?

Vielleicht war ich es auch selbst, die es runtergeschluckt hat, weil ich mich nutzlos und ungeliebt fühlte?

Nein

Ich habe mich immer selbstbewusst und stark gefühlt, aber habe stattdessen immer nur alles runtergeschluckt.

19.10.2009:

Ich weiß, es ist komisch, aber ich liebe ihn wirklich sehr. Auf dem Rummel wollte er mich auch sehen, aber zum Glück habe ich ihn nicht gesehen, ich hätte viel zu viel Angst, etwas zu sagen, was total peinlich ist.
Irgendwie macht er mir Hoffnungen. Er soll es lassen, wo er doch in ein anderes Mädchen verliebt ist. Es bringt mich langsam um.
Mein kleiner süßer kuschelkater ist weg, und das schon seit 6 Tagen.
Wenn er nicht wieder kommt, sterbe ich …
Er ist doch so ein Schatz, und nun?
Ist er weg…
Zweiter Tag auf dem Gallimarkt mit meiner Mama.
Er kam, wie es kommen musste.
Sie machte mich darauf aufmerksam dass dort der Junge laufen würde, den ich doch so toll finde.
In diesem Moment sah ich ihn, und, und, und…
Sand vor ihm, nach dem ich wie eine Irre hinter ihm her gerannt bin.
Ich konnte eminen Augen nicht trauen, fing an zu zittern, und mir wurde schlecht, nur wegen ihm.
Das erste Mal, nahm er mich in den Arm und redete mit mir. NUR MIT MIR!
Seine Stimmt kam mir so fremd und doch vertraut vor. Himmlisch.
Ich bin wirklich, das erste Mal, richtig verliebt. Sowas habe ich noch nie Zuvor erlebt.

Wenn ich nun darüber nachdenke, lache ich und schüttel mit dem Kopf.
Ich war wirklich das erste Mal verliebt, aber er auch in mich? Ich glaubte so fest daran, doch nun lache ich mich selber aus, weil ich genau wusste, das sein Kumpel und er sich auf dem Rummel gekrümmt haben müssten vor lachen, als ich auf einmal vor ihnen stand und wie so eine Verrückte vor ihm stand und ihn ansah, als ob er ein Alien wäre.
Nun schäme ich mich, und wünschte mir, ich wäre ihm nie hinter her gerannt nur um mit ihm zu reden.

Seit über einer Woche konnte ich mich auf so gut wie nichts mehr konzentrieren, außer auf das Verschwinden meines Kater’s Elvis.
Elvis war meine erste Katze.
Ich habe mir als ich klein war immer eine Katze gewünscht, habe aber nie den Wunsch erfüllt bekommen.
Ich bettelte sehr lange, und sehr oft, aber es passierte nichts.
Und dann kam der entscheidene Tag wo meine Mutter mir davon erzählte, dass ein Kollege von ihr Babykatzen Zuhause hat, und sie verschenken möchte. Ich war so sauer das sie mir das erzählt hat.
Ich dachte sie will mich damit ärgern.
Doch dem war nicht so.
Es ist wahr gewesen: Sie wollte mir meinen lang ersehnten Wunsch erfüllen und mir einen Kater schenken.
Ich war überglücklich und konnte es kaum fassen.
Und nun ?
Nun erzähle ich von seinem Verschwinden.
Sein verschwinden, das 8 Tage lang anhielt, bis meine Mutter ihn fand.
In einem kelinem Kellerschacht unter Büschen die meine Mutter gerade zurechtschneiden wollte.
Aus voller Kehle rief sie mich nach draußen:
, Jaaaacky, Jacky, komm schnell raus, Elvis ist hier! ‘‘

Ich konnte es kaum fassen, nachdem ich meine Hoffnungen schon aufgeben hatte, ihn jemals wiederzusehen.

Ich wünschte, ich hätte ihn nicht wiedergesehen, nachdem ich ihn gesehen habe…

Da lag er, mein Kater. Mein kleiner schwarzer Kater mit seinem weißen Pfötchen.
Er lag in diesem Kellerschacht.
Ich hiefte ihn aus dem Schacht, und konnte es kaum fassen das er noch lebt.
Es war ein Wunder, wie wir einen Tag später von der Tierärztin erfahren haben.
Wahrscheinlich wurde er von einem Auto oder einem anderen Objekt angefahren.
‚‘Danach hat er sich zur Ruhe gelegt und wollte in aller ruhe sterben‘‘, sagte meine Mutter anschließend.
Er hatte seine kleinen Pfötchen gebrochen.
Und jedesmal wenn ich ihn streichelte oder ich auf dem Arm nahm, knackten seine Knochen.
Nächsten Morgen brachte mich meine Mutter mit meinem Kater im Kofferraum zur Schule. Ich küsste meinen Kater noch einmal, streichelte ihn, und nahm Abscheid.
Mit Tränen in den augen entfernte ich mich von meiner mutter, und fürimmer von meinem Kater Elvis.
Ich sah ihn nie wieder…

21.10.2009:


R.I.P

Elvis ist tot.
Heute ist der schlimmste Tag in meinem Leben.


Bis dahin…

Nie wieder konnte ich Elvis in meinen Armen halten.

Das Jahr näherte sich dem Ende.

23.11.2009:
Stephan will nichts mehr mit mir zutun haben.
Ich verstehe nichts mehr. Wieso ist so zu mir?
Ich habe so oft wegen ihm geheult, aber nun nimmt das alles sein Ende.
Ich will einfach keine Sekunde mehr an ihm vergeuden.


Einer von so vielen versuchen ihn zu vergessen..
Doch niemals kann man einen Menschen vergessen, den man liebt, oder geliebt hat.


…Plötzlich ist es wieder da,
dieses Gefühl, was Erinnerungen weckt,
Erinnerungen an Dich.


Ich kann sie einfach nicht unterdrücken,
diese große Sehnsucht nach dir!


Ich will nicht mehr ständig an dich denken,
aber tue es trotzdem…

Dann kam Weihnachten und silvester.
Silvester war schön, es waren Freunde eingeladen, die auch alle bei mir übernachteten.
Leider weiß ich nicht mehr all zu viel von dieser Nacht. Ich war betrunken und habe mich schon
Früh in mein Bett gelegt um zu schlafen. Als ich im Bett lag wurde mir schwindelig, und alles drehte sich.
Zum Glück bin ich sofort eingeschlafen.

Der erste Januar im Jahr 2010 fing gleich gut an.
Ich stand früh auf, und setzte mich gleich an meinem Laptop. Stephan war auch schon online, und das war ein Glückstreffer.
Gleich setzte ich mich ran und schrieb ihn Glückwünsche für das neue anstehende Jahr 2010.
Sofort blinkte eine neue Nachricht auf.
Er hat zurückgeschrieben.

Nach ein bis zwei Stunden schrieben, vereinbarten wir, dass wir uns im Kino treffen, um das neue Jahr gut zu starten.

Nach diesem Treffen habe ich Tagelang nichts gehört von ihm, was mich sehr enttäsucht hat.
Ich dachte ich hätte was falsch gemacht, oder das ich ihn zu wider bin.
Dem war zum Glück nicht so. Er war nur beschäftigt gewesen.

Wirklich?


Ich habe mich oft gefragt, ob er meine Veränderung mitbekommen hat, ob er mich nun besser findet als Damals.
Ein Piercing habe ich mir gestochen, da er auch 3 Stück in seiner Unterlippe hatte.
Dann habe ich mir noch eins gestochen, um ihm Ähnlich zu sehen.
Ein Ohrtunnel folgte.
Aber…
Ich glaube aufgefallen ist ihm direkt nie etwas.


Für mich ging das Jahr eigentlich gut weiter.

Wenn ich an heute denke, hätte ich mir gewünscht, nie diesen Fehler begannen zu haben

Ich wurde kurz vor Ostern sehr krank.
Es fing an mit einer leicht erhöhten Temperatur, Ohrenschmerzen, Schnupfen und Halsschmerzen.
Doch dabei blieb es nicht.
Mein Fieber stieg und ich bekam Magenkrämpfe, und andere Sachen die mich dabei abhielten, etwas essen zu können. Ich hatte absolut keinen Hunger.
Und als ich versucht habe, etwas Nahrung zu mir zu nehmen, wurde mir übel. Im schlimmsten Fall musste ich mich übergeben.
Dadurch nahm ich ab, ein paar Kilo nur.
Doch das reichte für den anfang, um mich selbst zu motivieren, noch mehr abzunehmen.
Ich stellte meine Nahrung sehr schnell ein, ich aß weniger als die Hälfte, die man zu sich nehmen müsste, wenn man sich gesund ernährt. Heißt weniger als 1000 Kalorien aß ich.

Ich achtete streng darauf, dass ich über keine bestimmten Grenzen ging.
Mir ging es gut. Naja, jedenfalls körperlich.
Doch andere sahen das offenbar anders, und merkten, dass meine Laune Tag für Tag schlechter wurde.

Woran lag das nur?

Nun weiß ich es, an meiner mangelhaften Ernährung

22.3.10

Was soll das alles?
Ich bin eiskalt geworden, oder sind die anderen eiskalt geworden?
Ich zerstöre mich selbst…
Ich verliere alles!

Nein, ich glaube ich habe mich selbst verloren.

Mein erstes Ziel in Sachen Gewicht war gesetzt:
70 Kilo bis zu meiner Konfirmation am 18.4.2010.
Ich aß sehr wenig.
Andere sagten nur, dass ich essen sollte. Aber sie sagten auch ich sehe toll aus, so schön schlank bin ich geworden.

Schlank? Haha.
Guckt euch die anderen an, die sind schlank! Dachte ich mir immer wieder.
Ich war immer unzufriedener mit meiner Figur.
Nicht nur meine Psyche, meine Freunde und meine Familie litt unter meinen Stimmungsschwankungen, sondern auch die Schule.
Doch ich hatte keinen klaren Gedanken mehr. Ich dachte nur an Kalorien, Essen, und an mein Gewicht.

16.5.2010:

Biologiearbeit war nicht gut.
Ich habe nur schlechte Noten.

Ich bin so FETT! Wenn ich nicht von meinen 68 Kilo runterkomme, werde ich verrückt!

Also.. nahm ich zunächst noch langsam ab.

Ja, zunächst noch…

Ich reduzierte zwar meine Nahrung, aber es war nicht arg zu wenig, sodass ich nichts mehr konnte.
Ich fühlte mich langsam besser, aber irgendwie auch immer unwohler.
Jedes Kilo was ich abnahm, musste noch ein Kilo folgen, und noch ein Kilo, und noch ein Kilo.
Es hörte nicht mehr auf, und sah mich als ein fettes Schwein. Als ein Walross, und eine Fette KUH!
Alles was mir damals an den Kopf geworfen worden ist, sagte ich nun zu mir selber, um mich selbst zu ernidrigen, sodass ich noch mehr abnehme.
Funktionierte offenbar.

8.8.2011:

Ich hab wieder 4 Kilo abgenommen und wige nun 64 Kilo und keine 68 Kilogramm mehr. Hoffentlich wird es noch weniger…


War ich da wirklich glücklich über 64 Kilo?
Jetzt kann ich darüber lachen, weil ich weiß, was noch kommen wird.

Und dann ging es weiter runter.
Ich hatte wirklich endlich die Kontrolle über mein Essverhalten, und über mein Gewicht. Manchmal hatte ich Stimmunsschanken und mein Gewicht ging wieder hoch, aber dafür wieder umso schneller runter, aber das war doch nicht so schlimm.

Dachte ich

Ich bekam ja immerhin viele Komplimente. Alle fanden es toll, außer ich, und meine Mutter.
Doch zwischen meiner Mutter und mir gab es einen Unterschied.
Ich fand mich zu fett & sie mich auf einmal zu dünn.

Gibt es das?
Ich war Normalgewicht und sie findet mich zu dünn.

Nun bin ich enttäsucht von mir selber, das ich sie damals nicht ernst genommen habe.

Zu meiner Überraschung meinte meine Mutter ich sollte zu unserem Hausarzt gehen, der uns helfen sollte.

Das Ergebnis:

13.9.2011:

Bei mir wurde eine Essstörung festgestellt.
Das verstehe ich nicht, ich bin doch fett!
Nun muss ich wieder in Therapie…

Hätte ich unserem Hausarzt mal meinen Glauben geschenkt, und hätte ich mal versucht, gegen die Essstörung anzukämpfen.
Das Gegenteil tat ich.

Wie man sich denken kann, habe ich den Rat befolgt und bin wieder hin zur Therapeutin und erzählte über mich. Erneut.
Es war die gleiche Dame, die mich früher behandelt hat, wegen dem Ritzen.
Doch mit ihr habe ich nicht alleine über mein Essverhalten geredet, sondern über Gott und die Welt.
Sie war mir eine Hilfe. Eine Hilfe gegen meine Einsamkeit.
Ich war einsam, allein gelassen worden, und nicht fähig, mich besser anzustellen.
Ich wollte es nicht wahr haben, dass ich anscheinend magersüchtig sein sollte.
Ich lachte darüber, und schämte mich, das man dieses Wort ‚‘Magersucht‘‘ auf mich bezogen hatte, da ich doch noch so dick war.

War ich das wirklich? Ich fühlte mich auf jeden Fall fett.
Ja, ich war es, oder doch nicht?
Bildete ich mir das alles nur ein?
Nein, es war meine Wahrnehmung meines eigenen Körpers, die nicht mehr funktionierte.
Ich sah dicke Menschen nicht als dick. Ich sah dünne Menschen nicht mehr als dünn an, sondern nahm sie mir bewusst als Vorbild.

17.09.2011:

Mama sagt, wenn ich noch weiter an Gewicht verliere, werde ich in eine Klinik gehen.
Wieso denn?
Das ist doch Schwachsinn!
Ich habe keine Probleme, ich bin gesund!
Die nehmen doch sowieso nur Leute auf wenn ein BMI unter 17 liegt, und meiner liegt bei 19,7!
Ich finde das echt Schwachsinn!

Nein, sie nehmen Leute auch über einem BMI von 17 auf. Denn es zählt nicht das Körpergewicht, sondern das Problem an sich. Aber soweit war ich damals nicht.

Es interessierte mich recht wenig was andere denken über mein Essverhalten und über mich.
Denn sie reden ja sowieso nur hinter meinem Rücken über mich.
Ich werde weiter abnehmen!
Ihr werdet sehen was ihr davon habt, wenn ich erst mal dünn bin, dann wollt ihr so sein wie ich und werdet mich um meine Figur beneiden.

Dachte ich

Doch wie ihr euch denken könnt, kam es anders.

25.9.2010:

Nun wiege ich 57 Kilo, und Mama macht das echt traurig.
Stephan und viele andere machten sich Sorgen, wegen meiner Essstörung, weil mittlerweile es JEDER weiß!

Doch machten sie sich wirklich Sorgen, oder taten sie nur so?

Nein, manche taten nur so. Sie logen wenn sie sagten, dass sie sich Sorgen um mich machen würden.
Sie logen wenn sie sagten, dass sie immer für mich da sein werden.
Sie logen mir direkt ins Gesicht.
Wie konnten sie nur?
Hat es ihnen Spaß gemacht?

Ohja!

Ohja…

29.9.2010:

Es gibt immer noch Menschen die gemein sind und sagen ich wäre fett! Und wieso?
Weil ich es bin!
Mama will mir mein Volleyballtraining verbieten, weil ich nicht genug esse.
Man, ich kann nicht mehr, holt mich hier raus!
Raus aus meinem Körper!
Bitte!


Ich wollte nicht mehr.
Ich wollte raus, raus aus dieser Welt. Raus aus mir selber. Ich will und kann nicht anders!

Nein, es war zu spät, um aufzuhören.


Ich war und bin gefangen in meinem eigenen Körper.
Ich kann nicht aus ihm raus, obwohl ich es gerne hätten tun wollen.
Alles wurde zum Zwang.
Jeden Morgen war es der gleiche Ablauf, -bis jetzt!
Erst geh ich auf die Toilette und noch das überflüssige Gewicht loszuwerden, was ich noch in mir habe, dann erfolgt ein Gang zur Waage.
Angst und Hass, und voller Erwarten stellte ich mich auf die Waage, machte manchmal sogar die Augen zu um nichts mehr zu sehen.
Ich war voller Angst.
Angst, ich würde nicht abgenommen haben, oder gar zugenommen.
Doch dem war in dieser Zeit nicht so.

10.11.2011:

Ich gehe nun wahrscheinlich wirklich in eine Klinik.
Ich wiege nun 50 Kilo. Aber ich finde das völlig okay.
Ich will aber andererseits einfach nur weg von allen.
Sie beachten mich nicht mehr… aber sie sehen doch wie es mir geht!
Und die Schule? Die schaff ich auch nicht.

Wie soll man sich auch konzentrieren können?

Ich wollte nicht mehr in die Schule. Wollte nicht mehr gesehen werden.
Ich hatte Angst, sie würden denken ich wäre fett.
Ich hatte Angst vor den Menschen die mich sehen, die mich hören.
Aber was sollte ich machen?
Hatte ich eine Chance?
Konnte ich irgendwie entkommen?
Entkommen vor all den Menschen?

Anscheinend schon.
Ich nahm weiter ab. Denn das Ende ist es noch lange nicht, als ich dann unter 50 Kilo angekommen war, konnte ich keinen Sport mehr machen, konnte mich nicht mehr so bewegen wie ich es sonst getan hatte. Ich konnte mich nicht konzentrieren, und entfernte mich von allen.
Ich wollte nicht reden, ich wollte nicht lachen, ich wollte nichts mehr.
Alles kostete Anstrengung, und diese Anstrengung konnte ich nicht ertragen.
Meine Psyche litt so enorm unter meinem Hunger. Unter meiner Magelernährung.
Also…
…blieb ich Zuhause.
Was auch das Beste war.
Ich hätte sonst noch mehr an Kraft verloren du wäre wahrscheinlich irgendwann umgekippt oder würde das Bewusstsein verlieren.
Mir wurde von Zeit zu Zeit immer schwindelig.
Aber zum Glück habe ich keinen Zusammenbruch meiner Selbst erlebt.

Dezember 2010, 47 Kilogramm.
Ernährungstherapeutin.

Da saß ich also nun da, vor einer Ernährungsberaterin, weil ich zu dünn bin. Weil ich Probleme mit dem essen habe.
Ich kannte mich selber nicht mehr und konnte nicht glauben, dass wirklich ich zu dünn bin, wo ich doch sonst immer zu dick war.
Von 80 Kilo auf 47 Kilo? Und das innerhalb ein paar Monate?

Wie konnte ich das schaffen? Wie habe ich das angestellt?

Falsche Frage. Richtig war: Wieso habe ich mir das angetan?

Doch auch das half leider nicht viel.
Jede Woche fuhren meine Mutter und ich dort hin aber wurde es besser? Nein.
Meine Anmeldung der Klinik war abgeschickt, und ich hatte das Vorstellungsgespräch bereits hinter mir und stand auf der Eil Liste.


Ich brauchte dringend Hilfe.
Ich konnte nicht mehr.
Ich wollte auch nicht mehr.
Es vergingen weitere 2 Monate.
Weihnachten und Silvester waren vorbei, und ich hatte Silvester und Weihnachten Zuhause gefeiert, und konnte mich kaum bewegen, weil ich so schwach war.
Ich habe mich geschämt.

Ich habe mich für mich selber so geschämt.
Ich habe mich dafür geschämt, dass ich meiner Mama all die Sorgen bereite. Ich wollte das doch gar nicht!
Es fing doch alles harmlos an, oder?

Nicht wirklich…

Ich wollte wirklich gesund werden.
Am 21 Februar 2011 wurde ich also in die Klinik eingeliefert, mit 40 Kilo.
15 Kilo Untergewicht.
Diagnose: Anorexia Nervose, Magersucht.

Es war schlimm sich von meiner Mama zu verabschieden, jede Woche verabschiedete ich mich nach ein paar Stunden wieder, nachdem ich sie erst vor wenigen Stunden begrüßt hatte.
Es tat mir so weh, ihr so weh zu tun. Und trotzdem war sie immer da. Für mich da.
Und dafür liebe ich sie.
Aber wo waren all meine ‚‘Freunde‘‘?
Sie waren nicht mehr da.

Sie ließen mich alle alleine.
Wieso? Ich weiß es leider nicht.
Immer war ich für allen und Jeden da. Ich half ihnen wenn es ihnen schlecht ging.
Ich habe angerufen, oder bin persönlich zu ihnen hingefahren, um vielleicht einfach nur da zu sitzen und sie in den Arm zu nehmen.
Nun..
.. Nun schreite ich förmlich nach Hilfe.
Doch niemand wollte mehr irgendetwas mit mir zu tun haben.
Irgendwann kamen keine Briefe mehr in die Klinik, wo ich doch immer geschrieben habe.

Ich fragte sie…
‚‘Warum meldest du dich nicht, Du weißt es geht mir nicht gut! ‘‘
Ich habe selber meine Probleme, sagten sie.

Nein, sie hatten nur ein Problem damit, für mich da zu sein, denn ich war ein Monster.
Ich wollte einfach nur dass sie einmal da waren, dass sie mich mochten und sich um mich kümmerten. Doch dem war nicht so. Nicht einmal meine Familie war da. Mein Vater interessierte sich kein Stück für mich und lachte mich weiterhin nur aus, wenn ich Probleme hatte/habe.
Er hat nie Verständnis für mich gehabt. Damals nicht & Heute auch nicht.
Ich will ihn am liebsten aus meinem Leben streichen. Ich will ich nie mehr hören oder sehen müssen.
Eigenhändig will ich ihn erwürgen, und genauso lachen, ihn auslachen.
So wie er es immer bei mir getan hat.

8 Wochen später kam ich aus der Klinik. 48,1 Kilo.
Immer noch 7 Kilo Untergewicht, aber bald nicht mehr. Innerhalb weniger Wochen nahm ich bis zu 60 Kilo zu.
Doch kam ich damit nicht so gut klar, wie ich dachte.
Ich fühlte mich immer schrecklicher. Ich wollte keine Hosen mehr anziehen, wollte nicht mehr vor die Haustür, oder mich bewegen. Ich ahbe mich so schrecklich gefühlt. Ich dachte, dass ich aus allen Näten platzen würde.
Ich nahm wieder ab.
20 Kilogramm um genau zu sein.
Und noch eine Krankheit mehr: die Bulimie.
Meiner Meinung nach, eine noch schlimmere Krankheit als die Magersucht.
Ich hang Stunden über dem Klo.
Aß und brach, aß und brach. Und alles wieder von Neuem.
Schnell erkannte ich, dass es so auf keinen Fall weiter gehen könnte.
Ich wollte endlich gesund sein, und diese Krankheit loswerden, ein für Alle mal.
Aber wie sollte ich das schaffen? Mit einem Fingerschnipsen?
Nein… und dann druckte ich erneut die Papiere für die Anmeldung aus.
Die Anmeldung für den zweiten Klinikaufenthalts.
Es folgte ein vorstellungsgespräch, Telefonate mit Krankenkasse und co.
Und bald stand wieder das bevor, wo ich mich sehr vor fürchtete:
KLINIK.

In der Zeit, vor der Klinik, versucht ich noch einmal so viel wie möglich abzunehmen, um ja nicht die ‚‘Dickste‘‘ dort zu sein.
Und schon nach 2 Wochen klingelte das Telfon, mit der Nachricht, dass ich schon in wenigen Tagen in die Klinik gehen könnte.
Meine Vorfreude hielt sich in Grenzen.
Die Zeit verging in Flug, und schon wieder saß ich dort, ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt.
Um mich rum: Essgestörte, Therapeutin, Ärzte, Betreuer, und viele andere, die Probleme mit dem Essen hatten.
Leider hielt sich die gewünschten Erfolge auch in Grenzen.
Nach langen Überlegungen verließ ich kurzfristig die Klinik nach sehr langen 10 Wochen.
Viel habe ich nicht gelernt. Zugenommen auch nicht un das spiel ging zuhause so weiter wie bisher.
Bloß, dass es sich einigermaßen in Granzen hielt.
Es folgte ein Besuch in einer Wohngemeinschaft für Jugendliche. In diesen 10 Tagen, wo ich diese absolut unangemessene Einrichtung besucht habe, wurde ich derart seelisch fertig gemacht, sodass mich meine Mutter , zum Glück, dort rausgholt hat.

Und dort habe ich auch mal wieder, nichts gelernt.
Monate vergingen.
Oft habe ich an die Klinik gedacht, habe mich gefragt, was all das überhaupt gebracht hat. War ich einfach nur zu dumm, um gesund zu werden, oder wollte ich es nicht? War die Krankheit immer noch SO stark?

-Wieder hänge ich nur über der Toilette, kotze mir die Seele aus dem Leib. aber wozu?
Wieso esse ich, wenn ich sowieso weiß, das es in der Kloschüssel landet.
Diese Geldverschwendung.
Diese Schweinerei, dieser Hass, diese Zweifel, diese Angst.
Ständige Angst. Die Angst die mich von innen auffrisst, sodass ja niemand sieht, das ich langsam in mich zusammenfalle.
Ich hasse es & gleichzeitig kann ich es nicht loswerden? Warum?
Weil meine Krankheit einen Zweck erfüllt.
Den ich nicht weiß, den ich nicht raus gefunden habe.
Stundenlanges Grübeln nach der Antwort. Aber was ist wenn ich die Antwort finde? Geht es mir dann besser oder schlechter? Will ich überhaupt eine Antwort haben?
Ich will kein Risiko eingehen. sonst bricht noch alles zusammen.

-Speicheldrüsenentzündung, Magenschleimhautentzündung, ein gereizter Magen, angegriffenen und kaputte Zähne, eventuell eine Niereninsuffizienz?
WAS KOMMT NOCH?

So langsam bekomme ich die verdiente Quittung.
Meine Organe werden angegriffen. Immer dachte ich, das mir sowas nie passieren würde. Ich doch nicht, bei anderen ist es ja viel viel schlimmer. Und dabei habe ich die Realität aus den Augen verloren.
Die schreckliche und beängstigende Realität.
Ich darf nicht mehr in dieser beschissenen Scheinwelt leben, wo ich mir alles schönrede und meine, alles wäre gut. Denn das ist es nicht & war es auch nie gewesen. Mein Leben verlief nie in geordneten Bahnen.
Und wenn ich so weitermache, wird mein Leben auch nie ein geordnetes Leben sein. Denn wenn ich so weiter mache wie bisher, bin ich bald nicht mehr.
Dann werde ích wegen Nierenversagen, Magenwand Durchbruch,oder Herzversagen sterben.


...


So weit habe ich es gebracht. Mich selbst kaputt zu machen. Erst hungere ich mich fast zu tode, sodass ich kaum noch laufen kann.
Dann verschlinge ich das Essen von mehreren 1000.enden Kalorien und erbreche alles wieder.
Was soll noch kommen?
Was schlimmeres gibt es bald nicht mehr.


Ich weiß das dass alles falsch ist. Ich weiß, das es so nicht weitergehen kann.
Man sieht jeden Tag zu, wie der eigene Körper schreit-schreit nach Nahrung, nach Vitaminen, nach Zuneigung und Wärme. Aber trotzdem hört man nicht hin, auch wenn Alarmzeichen von Stufe ROT signalisiert werden. Man hört nicht zu.
Und irgendwann wundert man sich, wieso der eigene Körper streikt, wieso er nicht mehr laufen will, wieso das Herz nicht mehr normal schlagen will. Dann ist man erschrocken, will etwas ändern.
Und schafft es trotzdem nicht. Jeden Tag auf's Neue quält man sichh, um doch noch einmal zu versagen.
Schreit nach Hilfe, zerbricht, stirbt innerlich. Aber für die Außenwelt ist man glücklich, zufrieden, intelligent und es scheint, als ob das Leben für einen toll wäre. Ein Zuckerschlecken, denn es fällt einem alles ja nur so zu.
Aber so ist es nicht.
Schaut genauer hin, hinter die Fassade.
Nehmt sie an die Hand und gebt ihnen das Gefühl, das man nicht alleine ist.
Seit da, aber gebt keinen klugen Ratschläge, denn selbst ein lieb gemeinter Rat kann viel böses auslösen.
Ihr müsst nicht reden, müsst nichts tun-nur da sein!


Danke Mama, danke für alles. Ich liebe Dich.
Und danke an all die Anderen die nie da gewesen sind. Danke, danke für NICHTS!


Ich denke, so endet meine Geschichte, jedenfalls auf dem Papier, aber in der Wirklichkeit geht sie weiter, noch sehr viel weiter.

Der Kampf ist noch lange nicht vorbei. Er geht weiter!

Danke für's lesen, Jacqueline Haats ♥


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.04.2012

Alle Rechte vorbehalten

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