Mein Name ist Willow und ich bin 16 Jahre alt. Schon mein ganzes Leben lang lebe ich in einem Labor und werde sozusagen für Experimente missbraucht. Ich kenne meine Eltern nicht und ob ich Geschwister habe, weiß ich auch nicht. Ich habe auch keine Ahnung wie es draußen aussieht oder wie frische Luft ist. Nein ich bin in diesem großen Gebäude aufgewachsen. Hier bin ich in eine Kindergruppe gewesen, man hat mir lesen und schreiben beigebracht und ich habe auch gute Noten. Ich lebe in einem weißen sterilen Zimmer mit einem Metallbett, einem Schreibtisch samt Stuhl und einem Schrank. Wenn ich duschen will muss ich in eine Gemeinschaftsdusche und diese ist am Ende des Ganges.
Meine Kleidung besteht aus einer weißen Hose, einem weißen Hemd und weißen Schuhen. Es gibt im Duschraum in einer Reihe an der Wand angebracht Spiegel und wenn ich dort hineinschaue, dann sehe ich kurze braune Haare welche sanft auf meine Schultern fallen und grüne Augen mit goldenen Sprenkeln. Es gibt noch vier andere Jugendliche in meinem Alter und auch sie sind hier für Experimente. Man hat uns gesagt wir seien Gestaltwandler und die Wissenschaftler wollen herausfinden wie das bei uns funktioniert. Sie entnehmen uns in regelmäßigen Abständen DNA oder Knochenmarksflüssigkeit. Oder Gehirnflüssigkeit um zu sehen ob sich etwas verändert hat. Dabei rasieren sie einem den Kopf kahl und es dauert, bis die Haare wieder nachgewachsen sind.
Bald ist es wieder soweit. Bald darf ich mich wieder dieser schmerzhaften Prozeduren hingeben und warten, bis meine Haare wieder gewachsen sind. Wie jeden Morgen stehe ich vor dem Spiegel und putze mir die Zähne als es an der Tür klopft und Mr Morris reinschaut. Er ist ein untersetzter kleiner Mann mit kaum Haaren auf dem Kopf, einer Hornbrille und er muss sich andauernd das Gesicht abwischen. Doch er ist sehr nett und kümmert sich um uns alle. „Willow? In 10 Minuten im Labor 3. Du weist ja wo“, sagt er mit seiner piepsigen Stimme und geht wieder. Ich spüle meinen Mund aus und atme tief durch. Irgendwann will ich das nicht mehr machen und abhauen. Doch dazu brauche ich einen Plan. Langsam trockne ich meine Hände ab, werfe einen letzten Blick auf meine wundervollen Haare und verlasse den Duschraum. Mein Weg führt den langen weißen Gang entlang und eine Treppe nach unten wo die Laborräume sind. Kein Bild an der Wand oder eine andere Farbe. Nichts was die deprimierende Laune wett macht.
Während ich die Treppe runtergehe zähle ich die Stufen. 12. Es sind genau 12 Stufen die ich in gewissen Abständen immer wieder nach unten gehe oder nach oben geführt werde. Nach diesen ganzen Experimenten bin ich immer so schlapp und leicht desorientiert. Jetzt stehe ich vor der großen Schwingtür von Labor 3 und atme tief durch. Ich öffne sie, betrete das Labor und schaue mich kurz um. Reagenzgläser, ein Tisch mit Computer, viele Flüssigkeiten und ein kalter Metalltisch in der Mitte. Viele Geräte stehen da, sie werden ein Loch in meinen Schädel bohren und etwas Flüssigkeit ablassen. Ich werde nichts spüren aber alles hören. Ein Stuhl steht bereit, ich werde mich dort drauf setzen und man rasiert mir die Haare vom Kopf. Mit vier Jahren habe ich geschrien und geweint, nach meiner Mutter gerufen die mich retten sollte.
Sie haben mich ruhig gestellt und als ich wieder aufwachte, hatte ich keine Haare mehr gehabt. Wie gewohnt setze ich mich auf diesen Stuhl und warte auf das Scheren meiner Haare. Eine Uhr hängt über der Labortür und das Ticken lässt meine Nerven regelrecht vibrieren. Es ist wie das Warten auf die Todesspritze oder dem elektrischen Stuhl. 10 Minuten vorbei. Noch niemand zu sehen oder zu hören. Also warte ich noch immer. Nach weiteren 10 Minuten kommt noch immer keiner und ich stehe langsam auf. Plötzlich gibt es irgendwo im Gebäude einen Knall und Geschrei. Ich weiche automatisch zurück und drücke mich an die Wand. Draußen ertönen Schritte und die Tür kracht auf. Ein in schwarz gekleideter Mann mit einer dunklen Sonnenbrille und einem Gewehr in den Armen steht dort und starrt mich an. „Leute hier ist eine Überlebende aber sie steht unter Schock!“
Seine Stimme ist tief und er kommt langsam näher. „Keine Angst Mädchen. Wir sind hier um euch zu retten. Vertraue mir und du wirst an einen Ort gebracht wo man dir so etwas nie wieder antun wird. Versprochen.“ Er hält mir seine Hand hin und ich bin im Zwiespalt. Er meint es wirklich ernst. Freiheit. Frische Luft und viele neue Eindrücke. Also mache ich das Richtige und trete auf ihn zu. Ergreife seine Hand und er führt mich aus dem Labor weiter den Gang entlang nach unten zum Ausgang. Sonst ist dieser immer durch einen Sicherheitscode gesichert, doch nun stehen die Türen weit offen und wir kommen nach draußen. Es ist wie ein Schock nur nicht so schlimm. Diese frische Luft ist so rein und so anders als drinnen in diesem weißen Gebäude. Der Himmel blau und klar und die Sonne scheint, wobei sie Wärme abgibt. Das Gras ist so grün und frisch und die Bäume strahlen regelrecht.
Der Mann führt mich zu einem schwarzen Auto und lächelt mich beruhigend an. „Du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Wir bringen dich in Sicherheit wo du auch hingehörst“, sagt er, ich nicke und steige ein. Es ist eine Limousine welche ich auf Bildern gesehen habe, ich schnalle mich an und der Mann steigt ebenfalls mit ein. Dann nimmt er die Sonnenbrille ab und ich sehe in braune Augen. Die Limousine fährt los und er schnallt sich auch an. „Mein Name ist Professor Patel und ich arbeite im Shadows Internat was nur für Gestaltwandler ist. Wir suchen schon jahrelang nach Gestaltwandlern die in diversen Laboren sitzen und leiden müssen wie du. Natürlich gehen auf dieses Internat auch Gestaltwandler die nicht für Experimente herhalten müssen“, erklärt er mir und entsichert sein Gewehr. Dann packt er es in einen schwarzen dafür vorgesehenen Koffer und verstaut diesen unter dem Sitz. „Wie ist dein Name?“
Ich wende mich vom Koffer ab und schaue ihn an. „Willow. Mein Name ist Willow. Mehr weiß ich nicht“, antworte ich ihm und er nickt langsam verstehend. „Das ist kein Problem. Wir haben Akten über dich gefunden und sie mitgenommen. Im Internat wird dir die Direktorin Professor Galen alles in Ruhe erklären und deine Akte einsehen. Du wirst ein eigenes schönes Zimmer haben was Farbe an den Wänden hat, Technik wie einen Laptop und du wirst alles bekommen was du brauchst. Den Gestaltwandlern, welche aus den Laboren kommen, werden auch Handys gestellt. Sie bekommen diese sozusagen geschenkt. Du wirst zwar die Schuluniform tragen aber sobald wir herausgefunden haben, wer deine Eltern sind, werden diese informiert und du wirst Geld bekommen um am Wochenende in die Stadt zu fahren und zu shoppen.“ „Ich war noch nie shoppen gewesen“, platzt es aus mir heraus und meine Augen leuchten. So viele neue Eindrücke und so viel was ich erfahre. Mir schwirrt der Kopf und ich muss das Alles erst einmal verarbeiten.
Nach einer Weile fahren wir durch ein schmiedeeisernes Tor und halten vor einem riesigen Gebäude. Die Tür auf meiner Seite wird geöffnet und ich steige aus. Das Gebäude gleicht mehr einem Schloss, hat wirklich ein paar Türme und eine riesige Steintreppe führt zu einer großen Eingangstür aus Holz. Eine große Wiese wo gerade Jungs mit einem Ball Fußball spielen liegt genau neben diesem Schloss und ein Wald grenzt ebenfalls an dieser Wiese. Mein Blick gleitet an der Fassade des Internats entlang und bleibt dann an einem Pfad hängen der zwischen den Bäumen entlang führt. „Der Pfad führt zu einem Pavillon wo man eine gute Aussicht hat“, meint Professor Patel und lächelt mir zu. Ich nicke verstehend, er geht voraus die Treppe hinauf zur Eingangstür und ich folge ihm langsam. Mit ein bischen Kraft öffnet er die Tür, betritt das Internat und kurz darauf bin ich in einer großen Eingangshalle. Eine Treppe führt nach oben und ich schaue mich interessiert um.
Ein roter Teppich dämpft die Schritte, ein Gang führt an der rechten Seite von der Treppe vorbei und von dort kommt eine noch recht junge Frau entgegen. Sie ist groß, hat einen dunkelroten Rock an, eine weiße Bluse und ganz normale schwarze Schuhe. Ihre Augen sind blaugrau und ihre langen schwarzen Haare hat sie hochgesteckt. Sie kommt direkt auf uns zu und bleibt lächelnd vor uns stehen. „Willkommen auf dem Shadowsinternat, Willow. Ich bin Professor Brenda Galen und freue mich, dass du hier bei uns bist. Wir haben lange nach dir gesucht und endlich gefunden. Hier musst du nie wieder Tests und Experimente über dich ergehen lassen, denn hier lernst du fürs Leben und wie du deine Fähigkeiten benutzen kannst. Sicherlich ist bei dir noch keine Verwandlung vorgekommen, doch das macht nichts, denn es gibt hier Gestaltwandler die sich noch nicht verwandelt haben.
Ich werde dich jetzt zu deinem Zimmer bringen und du kannst dich erst einmal daran gewöhnen“, begrüßt sie mich mit einer netten Stimme und ich nicke langsam. Diese ganzen Informationen muss ich erst einmal alle verarbeiten und habe sicherlich dafür noch genug Zeit. Auf dem Weg die Treppe rauf erklärt mir Professor Galen alles in Ruhe und ich höre gebannt zu. „Also jeden Morgen um Punkt 8 Uhr gibt es Frühstück und um 9 Uhr fängt der Unterricht an. Von um 12 bis um 13 Uhr gibt es Mittagessen, ab um 7 Uhr Abends das Abendessen und um 22 Uhr ist Nachtruhe. Du wirst Mathe, Biologie, Englisch, Kampftraining und noch einige andere Stunden haben. Deine Hausaufgaben kannst du entweder in deinem Zimmer machen oder in der Bibliothek. Es gibt hier einen Speisesaal, einen Aufenthaltsraum und die Unterrichtsräume, sowie Mädchen- und Jungentrakte.
Auch einen Lehrertrakt, eine Krankenstation und eine Gartenanlage wo Obst und Gemüse angebaut wird. In deinem Zimmer findest du die Regeln des Internats und die Konsequenzen für den Verstoß. Du hast ein eigenes Badezimmer, Schuluniformen und viel Platz für deine Sachen, welche du zukünftig haben wirst. Falls du Probleme hast oder andere Sorgen dann kannst du dich an die Vertrauensschülerin wenden, an einen der Lehrer oder direkt an mich.“ Wir sind nun vor einer hölzernen Tür stehen geblieben und darauf war die Nummer 224. „Das hier ist dein Zimmer und da Wochenende ist, kannst du dich erst einmal eingewöhnen.“
Professor Galen öffnet die Tür, ich trete ein und schaue mich interessiert um. Das Zimmer ist größer als das was ich im Labor hatte, es hat ein großes Fenster mit weißen Gardinen und es ist in einem schönen Grün gestrichen. Ein großes Bett steht neben einem Schreibtisch, es hat ein beiges Bettbezug und es ist frisch aufgeschüttelt. Ein Schrank existiert ebenfalls, ich lächle und drehe mich zur Direktorin um. „Danke, dass sie mich da raus geholt haben. Ich konnte da nicht mehr leben“, bedanke ich mich, sie nickt lächelnd und lässt mich alleine. Mein neues Leben beginnt von nun an im Shadowsinternat.
Im Schrank habe ich die Schuluniformen gefunden und nach 15 Minuten stehe ich frisch angezogen im Zimmer. Es gibt einen knielangen Rock in dunkelgrün, der Blazer ebenfalls und die Bluse samt Socken und Kniestrümpfen sind weiß. Schwarze polierte Schuhe stehen ebenfalls im Schrank und ich habe ein Paar angezogen. Auf dem Blazer und auf dem linken Ärmel der Bluse ist das Wappen des Internats. Sobald ich vorzeigbar bin starte ich einen Versuch und verlasse mein Zimmer. Langsam gehe ich den Gang entlang, schaue mir alles ganz genau an und gehe dann die Treppe hinunter. Plötzlich höre ich Schritte, bleibe stehen und von oben kommt ein Mädchen die Treppe runter. Sie hat blondes langes Haar, blaue Augen und als sie mich erblickt, bleibt sie stehen.
„Hallo! Du musst neu sein und sicherlich aus so einem Labor. Ich bin Rachel. Hast du Hunger? Ich kann dir den Speisesaal zeigen, da ich gerade auf dem Weg dorthin bin“, fängt sie an und sie ist mir sofort sympathisch. Rachel ist um etwas größer als ich, schlank und die Uniform passt ihr perfekt. „Ich bin Willow und ich habe wirklich etwas Hunger“, erwidere ich, Rachel lächelt mich freundlich an und nickt. „Na dann komm mal mit. Du brauchst keine Angst zu haben, denn hier sind alle Gestaltwandler. Weist du schon in was du dich verwandeln kannst? Ich bin eine Löwin und irgendwie passt das nicht wirklich zu mir. Aber ich komme damit klar. Viele sind auch hier, die wissen noch nicht, welches Tier sie sind und verwandeln sich erst im Laufe des Jahres.“ Rachel redet ununterbrochen, wir betreten einen riesigen Saal und ich bleibe stehen.
Lange Tische stehen im Saal verteilt, viele sind besetzt und als ich reinkam, haben mich alle angesehen. Auch jetzt starren sie mich an als wäre ich von einem anderen Planeten und ich atme tief durch. Dann schaue ich nach Rachel, diese ist schon auf dem Weg zu einem der Tische und winkt mich zu sich. Langsam folge ich ihr, bleibe dann stehen und schaue mir die Anderen an. Zwei Jungs und ein Mädchen. „Lucy? Thomas? Gideon? Das hier ist Willow. Sie ist neu hier und weiß noch nicht welches Tier sie ist. Willow? Das sind meine Freunde Lucy, Thomas und Gideon.“ Ich nicke verstehend, setze mich neben Rachel und nehme mir etwas vom Essen, da ich Hunger verspüre. Es gibt frische Nahrung, kein Dosenessen und auch keines was vorher tiefgefroren war. Spaghetti mit Tomatensoße. Auch Käse kann ich darüber geben und dann fange ich an zu essen. Es ist als wenn der Himmel sich aufgetan hätte, denn es schmeckte einfach köstlich.
„Also Willow, du bist aus so einem Labor oder?“, fängt Thomas an und bekommt einen Knuff von Lucy. „Lass das Tommy! Sie will sicherlich nicht darüber reden oder daran erinnert werden“, schimpft sie und Thomas fühlt sich unwohl. „Es tut mir leid Willow. Ich wollte dich nicht daran erinnern.“ Ich schaue zu den Beiden rüber und lächle leicht. „Es ist schon okay. Naja so schlimm war es nicht gewesen. Bis auf diese Experimente. Diese waren schrecklich und nein ich weiß noch nicht, welches Tier ich bin oder wer meine Eltern sind. Ob sie noch leben oder tot sind“, mische ich mich nun ein und habe meinen Teller geleert. „Das wird herausgefunden, wenn du nicht weist wer deine Eltern sind und das tut auch gar nicht weh. Deine ganzen Daten stehen in deiner Akte und die Direktorin Brenda findet es auch heraus“, meint Lucy und lächelt mir aufmunternd an. Ich nicke und habe gemerkt, dass Gideon noch gar nichts gesagt hat und ich werfe kurz einen Blick zu ihm.
Seine silbergrauen Augen sehen mich die ganze Zeit über an und ich habe so ein komisches Gefühl bei ihm. Doch es ist kein warnendes Gefühl sondern ganz anders. So warm und liebevoll. Als wenn etwas zwischen uns wäre. „Ähm...wisst ihr, was aus den Anderen geworden ist, die auch im Labor gewesen sind?“, frage ich und wende den Blick von Gideon, der sich eine Haarsträhne aus de, Gesicht gestrichen hat. „Wir sind nicht das einzige Internat, denn es gibt noch einige Andere auf der Welt. Vermutlich sind sie dort aufgeteilt wurden. Das ist normal, wenn diese Labore gestürmt werden“, erklärt Thomas mir und ich nicke langsam. Im Speisesaal ist Stimmengewirr, doch eher ziemlich leise und ich merke, dass sie lauschen. Offenbar wollen sie alles über mich wissen. Gideon schaut sich im Saal um und sofort wenden sich alle ihrem Gesprächsthema zu.
Seine kurzen schwarzen Haare sitzen perfekt und ich kann sehen, dass er Muskeln hat. „Du bist übrigens mit in meiner Klasse, Willow“, holt Lucy mich aus meinen Gedanken und ich wende mich von der Einrichtung ab. Sie ist auch wirklich hübsch, hat feuerrotes Haar und dunkle Augen. Bei ihr sitzt die Uniform ebenfalls und ich schaue an mir runter. Auch ich gehe nicht in einem sogenannten Schlapperlock und bin zufrieden. „Dann bin ich nicht so alleine unter fremden Schülern“, erwidere ich und Lucy nickt heftig. „Ganz genau und jeder der dich schief anschaut oder blöde Sprüche loslässt, bekommt von mir eins auf die Nase.“ Ich kichere und es fühlt sich gut an. Die Sicherheit ist zu spüren, ich kann mich entspannen und hier wird mir niemand etwas antun. „Also schön Willow! Es wird Zeit für deine offizielle Führung durch das Internat“, fängt Rachel an und Lucy und Thomas müssen kichern. Ich runzle die Stirn, sehe alle drei an und Gideon schweigt noch immer. „Ich muss noch den Aufsatz für Professor Granger abgeben.
Ihr wisst ja wie sie ist und was passiert, wenn ich es nicht abgebe“, bemerkt Gideon und ich bin überrascht. Seine Stimme ist so tief und so beruhigend, dass ich das Gefühl habe, bei ihm vollkommen sicher zu sein. „Dann gehe mal Gid. Sonst bekommt sie wieder einen geschichtlichen Anfall und hält dir einen Vortrag über pünktliche Abgaben der Hausaufgaben und das doch nie etwas aus dir wird“, grinst Thomas, Gideon zeigt ihm den Mittelfinger und verschwindet. Mein Blick folgt ihm und die Anderen am Tisch stehen auf. „Na komm Willow. Auf geht es zur Führung durch das Internat. Dem Gruselschloss von England“, witzelt Lucy und wir verlassen den Speisesaal. Diese Führung beginnt mit dem Eingangsbereich und Rachel sieht uns an wie Touristen.
„Willkommen meine lieben Leutchen! Ich führe euch heute durch dieses imposante Internat dem Gruselschloss von England. Der Legende nach zur Folge sollte ihr mal ein königliches Paar gelebt haben, welches ein Kind hatten, was Gestaltwandler gewesen ist. Ein Wolf, doch früher kannten die Leute Gestaltwandler noch nicht und haben gedacht, es sei ein Werwolf. Tragische Geschichte, denn das Kind wurde gejagt und getötet. Mit Silberkugeln. Die Eltern trauerten und verließen nie wieder das Schloss. Man sagt heute noch, dass dieses Kind um Mitternacht durch die Gänge streift und Wolfsgeheul ausstößt“, fängt Rachel an und ich runzle die Stirn. Denke nach ob es auch stimmt oder nicht. „Ist es wahr? Also das dieses Kind hier herum streift?“, frage ich und Rachel hebt die Schultern. „Die älteren Schüler erzählen es den Jüngeren um ihnen Angst einzujagen aber bis jetzt habe ich noch kein Wolfsgeheul gehört.“
Die Führung geht weiter, Rachel zeigt mir die Bibliothek, welche riesig ist wie der Speisesaal und vollgestopft mit Büchern. „Dieser Ort gefällt mir. Im Labor gab es nur wenige Bücher und dann auch nur für derer Unterricht.“ „Hier gibt es auch Bücher die du so lesen kannst und nicht für den Unterricht sind“, bemerkt Lucy und ich bin fasziniert. Rachel führt uns weiter zu einem Trainingsraum, zu den Klassenräumen und dann nach draußen an die frische Luft. Noch immer spielen Jungs auf der Wiese Fußball und ich sehe ihnen fasziniert zu. „Jace ist wieder Stürmer. Einfach ein Schnuckelchen“, sagt Rachel und sieht einem großen muskulösen Jungen zu wie er ein Tor schießt. Doch unser Weg führt am Internat vorbei, den Pfad entlang durch den Wald und bei einem goldenen Pavillon bleiben wir stehen. Weiße Blumen ranken sich um das Holz, es sieht total romantisch aus und ich bin fasziniert davon. Wieder einmal.
„Hier verirren sich Liebespaare um eine romantische Zeit zu verbringen. Küssen und fummeln.“ Ich kichere und Thomas nimmt die Hand von Lucy. Offenbar sind die Beiden ein Paar. Rachel führt uns weiter zur Gartenanlage, dort sind Beete in Gewächshäusern angelegt und vereinzelte Schüler pflanzen neue Sachen an. Oder sie ernten. „Wenn du mal Ruhe und Entspannung brauchst, dann kannst du hier freiwillig arbeiten. Oder du hast es als Strafe bekommen, dann ist es zwingend.“ „Hier gefällt es mir. Es ist so schön ruhig.“ Meine neuen Freunde nicken zustimmend, wir verlassen die Gewächshäuser und gehen langsam zurück. „So jetzt hast du alles gesehen Willow und wir hoffen, dass es dir hier auch gefällt.“ Vor den Stufen zum Eingang des Internats bleiben wir stehen und die Drei schauen mich an. „Das wird es bestimmt. Danke für diese nette Führung“, erwidere ich, die Tür vom Eingang geht auf und ein Mädchen kommt raus.
Sie hat kastanienbraunes langes Haar, dunkelbraune Augen und sie sieht aus, wie ein Covergirl irgendeiner Zeitschrift. Obwohl wir alle schwarze Schuhe zur Schuluniform tragen, hat sie Highheels an und damit stolziert sie an uns vorbei zur großen Wiese. „Wer war das?“, frage ich und sehe dem Mädchen hinterher. „Das war Melissa Fellow gewesen. Ihre Eltern sind hohe angesehene Tiere sozusagen und sehr reich. Da ihre Eltern sehr viel Einfluss haben und jedes Jahr eine beachtliche Spende dem Internat geben, glaubt sie, dass sie sich alles erlauben kann. Sie ist auch schon eine ganze Weile hinter Gideon her, aber auch nur um ihn auf ihrer Liste abzustreichen“, erklärt Lucy mir und ich wende mich ihr zu. „sie will auch etwas von Jace, aber er weist sie immer wieder ab.“
„Und sie darf wohl durch den Einfluss ihrer Eltern herum laufen wie so eine Nutte oder?“ Ein Glucksen dringt an meine Ohren und meine neuen Freunde heben die Schultern. „Offenbar ja. Bei Melissa drückt die Direktorin ein Auge zu und Melissa genießt es in vollen Zügen.“ „Eingebildete Matschbirne“, sage ich und die Drei lachen. „Stimmt. Am Besten gehst du ihr aus dem Weg. Sie und ihre drei Freundinnen machen nur Ärger und meinen sie sind etwas Besseres.“ Ich hebe nur die Schultern, wir wenden uns von der Wiese ab und gehen wieder nach drinnen. „Ach stimmt ja! Der Aufenthaltsraum fehlt ja auch noch.“ Rachel klatscht sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und führt uns dorthin.
Der Aufenthaltsraum ist groß, hat Sofas und Sessels und auch kleine Tische. Vereinzelte Schüler sitzen verteilt im Raum und beschäftigen sich. „Hier kannst du dem Schulstress entkommen und dich entspannen. Eine Entspannungsoase“, erklärt Thomas, lässt sich auf ein Sofa fallen und wir setzen uns zu ihm. Ich habe es mir in einem Sessel bequem gemacht und strecke die Beine aus. „Hier gefällt es mir und hier will ich auch bleiben“, bemerke ich, nehme mir eine Zeitschrift und fange an diese zu lesen. Noch nicht wissend, wer meine Eltern wirklich sind.
Am nächsten Morgen wache ich frisch und munter auf und schaue auf den Wecker. Es ist genau halb 10, ich strecke mich und merke, dass es kein Traum gewesen ist. Nein es ist alles real und ich bin wirklich in einem Internat für Gestaltwandler. Mein Herz schlägt vor Freude schneller und ich stehe auf. Es ist Sonntagmorgen, die Sonne scheint draußen und ich verschwinde in diesem tollen Badezimmer. Eine große Dusche, eine Badewanne, eine Toilette und ein großes Waschbecken samt großen Wandspiegel. Ich erledige zuerst einmal mein Geschäft, wasche meine Hände und gehe danach duschen. In einem Handtuch gewickelt stehe ich vor dem Schrank und hole neue Klamotten raus.
Abermals die Schuluniform. Normale Alltagskleidung kann ich mir noch nicht leisten und somit bin ich auf diese Klamotten angewiesen. Was jedoch nicht schlimm ist, da jeder zweite Schüler diese auch am Wochenende trägt. Sobald ich angezogen bin verschwinde ich aus meinem Zimmer und mache mich auf den Weg nach unten zum Speisesaal. Am Wochenende ist das Frühstück bis um 10 Uhr und ich kann noch den Kaffee genießen, der absolut lecker ist. Im Speisesaal sitzt Rachel am Tisch und winkt mich zu sich heran. Ich lasse mich neben ihr auf einen Stuhl sinken und sie schenkt mir Kaffee ein. „Und? Weist du schon wer deine Eltern sind?“, fragt sie mich und ich schüttle mit dem Kopf. „Nein bis jetzt noch nicht, aber ich bin auch erst halb 10 aufgestanden.“
„Ach das wird schon noch. Du musst nur Geduld haben und abwarten, wann Brenda dich zu sich holt um es dir zu sagen.“ Ich nicke langsam und fange an zu frühstücken. Indem Moment tritt jemand neben mich und ich schaue auf. Melissa. „Du bist also die Neue aus dem Labor 53“, fängt sie an und ich hebe nur die Schultern. „Ja bin ich. Wieso?“ Melissa setzt sich uns gegenüber und mustert mich eingehend. „Also damit du es nicht falsch verstehst Willow und weil du auch neu bist, gibt es ein paar Regeln.“ Rachel schnaubt verächtlich und bekommt einen vernichtenden Blick von Melissa. „Ich bin sozusagen etwas Besonderes und sicherlich haben dir die Nerds schon gesagt, dass meine Eltern viel Einfluss haben. Du solltest dich lieber daran gewöhnen, dass ich alles bekomme was ich will Willow und dazu gehört auch Gideon. Also lass bloß die Finger von ihm oder du wirst es sehr bereuen.“ Ich hebe eine Augenbraue und sehe Melissa an.
„Seit wann bestimmst du, mit wem Gideon geht und mit wem nicht? Willst du ihn auf deiner Liste abstreichen um dich dann dem nächsten zuzuwenden? Ich habe keine Angst vor deinen Eltern, denn ich kenne sie überhaupt nicht und was maßt du dir eigentlich an, mir zu sagen was ich darf? Du bist weder ein Lehrer, die Vertrauensschülerin oder die Direktorin. Also bewege grazile deinen Arsch von diesem Tisch und lass mich in Ruhe. Mit dir will ich nichts zu tun haben“, erwidere ich, sehe Melissa vernichtend an und sie verschwindet aus dem Speisesaal. „Wow der hast du es aber gegeben Willow. Ich bin begeistert. Aber von solch einer Macht habe ich schon gehört. Zwei Gestaltwandler welche unter uns hohe Tiere sind. Ein Königspaar. Beatrix und William Bingley.
Vielleicht bist du ja derer verschollene Tochter. Diese wurde damals kurz nach der Geburt verschwunden und beide trauern noch heute um sie. Leider weiß ich nicht, wie der Name der Tochter ist.“ Ich höre ihr schweigend zu und denke nach. Nein ich bin unmöglich die Tochter von diesen Beiden. Ich bin ein kleines Licht in dieser neuen Welt. Nachdem Frühstück gehen Rachel und ich nach draußen und genießen die warmen Sonnenstrahlen auf einer Decke welche wir auf einem Fleckchen Wiese ausgebreitet haben. Während Rachel sich hingelegt hat schaue ich mich um und fühle mich sicher. „Wie war es so in diesem Labor?“, fragt Rachel mich plötzlich und ich wende mich ihr zu. „Naja. Der Tagesablauf war immer gleichbleibend. Bis auf das Wochenende.
Da konnte man sich mit sich selber beschäftigen. Was langweilig und öde ist. Wenn diese Experimente anstanden wurde einem die Haare vom Kopf rasiert und dann lag man stundenlang auf diesen kalten Metalltisch wo diese Wissenschaftler einem die Flüssigkeiten entnahmen um diese zu untersuchen. Gestern wäre ich wieder dran gewesen aber ich wurde gerettet und ich kann es noch immer nicht glauben. Es ist wie ein schöner Traum und wenn ich aufwache, bin ich in meinem Zimmer und starre wie in Lethargie an die Wand. Bekomme vom Rest des Tages absolut nichts mehr mit“, antworte ich ihr, Rachel hat sich aufgesetzt und sieht mich an. „So etwas sollte verboten werden, denn die Menschen haben keine Ahnung. Wir sind doch keine Freaks sondern ganz normal wie sie. Leider haben sie Angst vor uns und wollen herausfinden, wie das bei uns abläuft, wenn wir uns verwandeln“, erwidert sie und ich nicke langsam.
„Stimmt. Deswegen haben sie uns in diese Labore gesteckt und Experimente an uns gemacht.“ „Schrecklich so etwas.“ Wir beide schweigen und schauen uns um. Entdecken dabei Gideon und diesen Typen der Jace heißt. Beide kommen aus dem Wald, albern herum und boxen sich spielerisch. So gelassen sind die Beiden und ich muss leicht lächeln. Plötzlich taucht Melissa auf, hängt sich bei Gideon an den Arm und klimpert mit den langen falschen Wimpern. Sie lacht falsch auf und führt Gideon schnurstracks ins Internat. Ich sehe den Beiden nach und verdrehe die Augen. „Es würde mich nicht wundern, wenn sie sich in eine Schlange verwandeln würde“, bemerke ich und Rachel lacht. „Zum Glück nicht. Melissa verwandelt sich in einen Falken und das ist nicht gerade majestätisch. Ihre Eltern verwandeln sich in Berglöwen und die sind mächtig. Beatrix und William sind Schneeleoparden“, erklärt Rachel mir und ich nicke langsam.
„Und Gideon?“, frage ich sie neugierig und wir sehen Jace hinterher der ebenfalls im Innern verschwindet und dabei einen lächelnden Blick auf Rachel wirft. „Du magst Gideon wirklich sehr oder? Er hat auf jeden Fall beide Augen immer auf dich und heimlich schaut er dir zu.“ Sofort werde ich rot und friemel an einer Ecke meines Rocks. „Gideon ist auch ein Schneeleopard und das sind auch noch einige andere Schüler. Diese Schüler sind sozusagen Eliteschüler. Eigentlich auch Melissa aber wie gesagt ist sie ein Falke.“ „Was machen denn diese Eliteschüler? Sind sie etwas besonderes?“ „Sie haben mehr Training, lernen mit Waffen umzugehen und so ein Zeugs. Aber keine Gewehre sondern eher mit Pfeil und Bogen und Dolch und Messer.“ „Wow! Eliteschüler und lernen mit so etwas umzugehen. Warum eigentlich?“
„Ich habe keine Ahnung. Vielleicht um irgendwann einmal gegen jemanden zu kämpfen. Angeblich sollen die Menschen eine Armee aufstellen um uns Gestaltwandler zu töten, weil sie Angst vor uns haben.“ „Total bescheuerter Gedanke. Wir tun ihnen doch gar nichts.“ Wieder schweigen wir und genießen die Sonne. Plötzlich gibt es einen Knall, wir schauen zum Eingang und Gideon läuft die Treppe runter. „Hör auf mir nachzulaufen Melissa! Ich will nichts mit dir zu tun haben verstanden?“ „Aber Gideon! Es ist uns vorbestimmt zusammen zu kommen und zu heiraten!“ Melissa stöckelt ihm nach und kommt perfekt die Treppe hinunter. Gideon wirbelt herum und funkelt sie zornig an. „Es ist mir verdammt noch mal egal, ob wir dazu bestimmt sind oder nicht! Dich heirate ich auf keinen Fall, denn du willst nur den ganzen Ruhm haben, den meine Eltern besitzen.
Und auch nur, weil sie eng mit dem Königspaar befreundet sind! Es ist die Entscheidung deiner Eltern und nicht denen meiner!“ Gideon dreht sich abrupt um und verwandelt sich in einen Schneeleoparden um dann im Wald zu verschwinden. Melissa schaut ihm nach, hat die Augen verengt und geht grazile zurück ins Internat. „Wow Drama pur. Besser als jede Soap im Fernsehen“, meint Rachel und ich stimme ihr zu. Abermals geht die Eingangstür auf und Lucy und Thomas kommen zu uns nach draußen. „Na hat Dramaqueen eine Abfuhr von Gideon bekommen? Geschieht ihr recht. Dumme Ziege“, fängt Lucy an, sie setzen sich zu uns auf die Decke und haben frische Limonade dabei. „Sie hat sich an ihn gehängt wie so eine Klette aber war echt cool. Sie sollte in so einer Fernsehsoap mitspielen.
Dramaqueen bekommt nicht das was sie will“, erwidere ich und alle müssen lachen. Dann erzählt Rachel ihnen was ich im Speisesaal zu Melissa gesagt habe und abermals müssen die Beiden lachen. Den Tag verbringen wir zu viert, essen, lachen und haben viel Spaß. Zum Abendessen sitzen wir an unserem Stammtisch und Gideon setzt sich dazu, mir gegenüber. „Also Willow! Morgen beginnt ein neues Leben und der Unterricht. Wir haben zuerst eine Doppelstunde Geschichte“, sagt Lucy, ich grinse und kichere leise. „Ehrlich gesagt freue ich mich schon sehr darauf. Es ist ganz anders und alles ist neu.“ Gemeinsam essen wir in ruhe zu ende, stehen dann auf und gehen noch in den Aufenthaltsraum.
Dort spielen Lucy und Rachel MauMau, Gideon und Thomas unterhalten sich über ihren Stundenplan und ich lese eine neue Zeitschrift über Stars und Sternchen. Den Abend lassen wir in Ruhe ausklingen und verabschieden uns von einander um in unsere Zimmer zu gehen. Die Jungs gehen eine Etage höher, ich schaue ihnen nach und kann sehen, dass Rachel und Lucy gemeinsam ein Zimmer teilen. Sobald ich bei mir im Zimmer bin sehe ich einen Briefumschlag auf meinem Schreibtisch und runzle die Stirn. Langsam öffne ich diesen und las ihn mir durch.
„Liebe Willow!
Ich habe dir etwas Geld gegeben, damit du am nächsten Wochenende mit in die Stadt fahren kannst und zu shoppen. Noch immer suchen wir nach deinen Eltern und geben die Hoffnung nicht auf. Also habe bitte etwas Geduld.
Direktorin Brenda Galen!“
Ich finde Geld im Briefumschlag, nehme es raus und einen Geldbeutel der ebenfalls auf dem Schreibtisch liegt. Dort stecke ich das Geld rein, ziehe mich dann für die Nacht um und sobald ich in den Kissen liege, bin ich auch schon eingeschlafen.
Montagmorgen. Mein allererster sozusagen neuer Schultag. Mein Wecker zeigt jedoch erst halb 8 an und ich stehe dennoch auf. Langsam gehe ich in mein Badezimmer, dusche ausgiebig und nachdem ich mich abgetrocknet habe ziehe ich meine Schuluniform an. Eine Schultasche hängt im Schrank, ich nehme sie raus und stecke etwas zum schreiben hinein. Sobald ich das erledigt habe finde ich noch eine Schachtel und als ich diese geöffnet habe, kommt ein brandneues Handy zum Vorschein. Ich schalte es ein, sehe das es schon eingerichtet ist und stecke es in die Schultasche. Langsam gehe ich aus meinem Zimmer den Gang entlang und die Treppe nach unten um in den Speisesaal zu kommen.
Dort sitzen schon einige darunter auch Melissa und ihr eiskalter Blick auf mich, lässt mich unberührt. Ich setze mich an unseren Tisch, schenke mir Kaffee in die Tasse und gebe noch etwas Milch dazu bevor ich einen Schluck trinke. Dann nehme ich mir ein Brötchen, schneide es auf und schmiere Schokolade drauf bevor ich abbeiße. Schon nach 10 Minuten erscheinen Thomas und Gideon und setzen sich zu mir an den Tisch. „Guten Morgen Willow! Gut geschlafen und bereit für den Unterricht?“, fragt Thomas mich und ich nicke freudig. „Ich kann es kaum abwarten und freue mich schon sehr darauf.“ „Du wirst dich sicherlich schnell daran gewöhnen und schon bald stöhnst du unter der Last der vielen Bücher und dem Druck der Hausaufgaben“, bemerkt Gideon und ich sehe ihn an.
Seit ich Vorgestern hier angekommen bin hat er gar nicht mit mir geredet und jetzt auf einmal. Hoffentlich nicht um Melissa eins reinzuwürgen, denn ich will nicht zwischen ihnen stehen. Dennoch freue ich mich innerlich, dass er mit mir redet. „Bestimmt. Das hatte ich im Labor nicht gehabt“, erwidere ich und endlich trudeln auch Rachel und Lucy ein. Sie setzen sich zu uns an den Tisch und trinken zuerst einen Schluck ihres Kaffees. „Heute geht es wieder rund im Unterricht. Viele Hausaufgaben und zu wenig Zeit um diese alle zu bewältigen“, seufzt Rachel und ich schaue zu ihr rüber. „Was hast du denn als erstes?“ „Mathe. Ich hasse Mathe! Diese vielen Zahlen und so. Aber zum Glück ist Jace mit in meiner Klasse und ich versuche schon seit einiger Zeit an ihn ran zukommen. Hoffentlich bittet er mich seine Begleitung zu werden beim Weihnachtsball.
Der ist zwar erst in drei Monaten aber sicher ist sicher“, antwortet Rachel mir und frühstückt in aller Ruhe. „Ich habe schon eine Begleitung. Meine Lucy“, wirft Thomas ein und tauscht mit ihr einen liebevollen Blick. „Ihr habt so ein Glück zusammen zu sein. Ich will auch endlich einen haben. Aber nicht nur irgendeinen sondern Jace“, murrt Rachel und ist eifersüchtig. Ich sehe dem Treiben an unserem Tisch zu und lächle. „Willow würdest du mit mir zum Weihnachtsball gehen?“ Ich schaue auf und treffe den Blick von Gideon. „Ähm...gerne“, antworte ich und bin rot geworden. Gideon lächelt ein total süßes badboy Lächeln, steht auf und nickt uns allen zu bevor er den Speisesaal verlässt. Ich sehe ihm nach und mein Herz schlägt schneller.
„Aha. Er hat dich auserwählt und will mit dir zum Weihnachtsball gehen. Lasse ihn nur nicht mehr vom Haken, Willow. Er steht auf dich“, bemerkt Rachel und grinst breit. Ich wende mich ihr zu und auch Lucy und Thomas grinsen was das Zeug hält. Auf einmal steht Melissa an unserem Tisch und sieht mich böse an. „Du! Nur weil du aus so einem bekackten Labor kommst glaubst du wohl, du kannst dir jetzt Gideon schnappen? Vergiss es verstanden? Er gehört mir!“ „Geh und spiele mit deinen Puppen Melissa. Oder wie nennst du das was in deinem Zimmer ist?“, meint Thomas, alle bis auf mich lachen und Melissa stolziert davon. Dabei knickt sie um und nun muss ich ebenfalls lachen. „Die wird noch Ärger machen. Das schwöre ich euch“, sagt Lucy und wir stimmen ihr zu. Gemeinsam gehen wir zu den Klassenräumen und bleiben vor dem von Geschichte stehen.
„Also ihr beiden. Viel Spaß beim lernen und schön zuhören. Professor Granger ist da sehr streng, wenn man ihrem Unterricht nicht folgt“, grinst Thomas, gibt Lucy einen Kuss und ich betrete mit ihr das Klassenzimmer. Sofort schauen mich alle an, Lucy verdreht die Augen und führt mich zu einem Tisch am Fenster. „Du kannst bei mir mit sitzen. Ich sitze alleine.“ „Danke Lucy.“ ich setze mich direkt ans Fenster, packe meine Schreibsachen aus und warte mit auf die Lehrerin. Die Klasse füllt sich, viele fremde Gesichter erkenne ich, man starrt mich an und ich fühle mich unwohl in meiner Haut. Als es zur Stunde klingelt kommt die Lehrerin und ich mustere sie genau. Sie ist nicht gerade groß, jedoch schlank und sie trägt einen knielangen Rock samt Bluse in den Farben des Internats.
Ihre braunen Haare hat sie straff zu einem Knoten zusammengebunden und ihre Lesebrille nach oben geschoben. Ihr Blick gleitet durch die Reihen und bleibt an mir haften. „Du musst Willow sein. Willkommen in meinem Geschichtsunterricht. Ich bin Professor Granger und falls du Fragen oder Probleme hast, dann melde dich einfach“, fängt sie an, alle schauen zu mir und ich nicke. Dann bekomme ich von ihr ein Geschichtsbuch und wir beginnen den Unterricht mit dem 2. Weltkrieg. Das Thema ist sehr interessant, ich höre gebannt zu und komme auch gut mit. Als Hausaufgabe bekommen wir den Ablauf des 2. Weltkriegs und sollen einen Aufsatz mindestens 2 Seiten lang schreiben. Nach Geschichte haben wir Mathe eine Doppelstunde und diese wird von einem männlichen Lehrer geleitet.
Professor Melanzky. Er ist groß, schlank und hat auch ein paar Muskeln. Sicherlich war er auch ein Eliteschüler gewesen. Sein freundliches Auftreten gibt mir ein sicheres Gefühl und auch er heißt mich auf dem Internat willkommen. Dann bekomme ich ein Mathebuch und darf mich mit Formeln herum plagen. Was mich natürlich nicht stört, denn ich hatte im Labor immer nur gute Noten bekommen. Ich begreife ziemlich schnell. Lucy jedoch hat einige Probleme und leise flüsternd helfe ich ihr bei den Aufgaben. Dafür muss sie für die Hausaufgaben einige Formeln ausrechnen. Leise vor sich hin fluchend gehen wir zum Mittagessen und treffen Rachel, Thomas und Gideon an.
„Na zu viele Matheaufgaben?“, fragt Gideon und grinst breit. Dabei zeigt er eine Reihe perfekter weißer Zähne und mein Herz schlägt schneller. Ist das Liebe? „Ich darf Formeln berechnen in Mathe. Professor Melanzky hat sie mir aufgegeben, da ich nicht so gut in Mathe bin. Aber Willow ist ein Genie. Sie hat mir sogar geholfen“, antwortet Lucy und bei diesem Lob werde ich leicht rot. „Im Labor hatte ich schon immer gute Noten gehabt und ich begreife es auch ziemlich schnell“, erkläre ich kurz, wir setzen uns und nehmen uns etwas vom Mittagessen. „Wow das ist echt cool“, meint Rachel und ich lächle. „Ist Melissa bei euch in der Klasse?“, frage ich Thomas und dieser nickt. „Ja aber sie sitzt nicht neben Gideon. Ich sitze neben ihn, nachdem sie versucht hat, sich einen Platz zu ergattern.“
Ich nicke und die Mädels grinsen breit. Doch sie schweigen und lassen den Dingen ihren Lauf. Wirklich gute Freunde. Während des Mittagessens schlägt Gideon eine Zeitung auf und verschwindet dahinter. Ich werfe kurz einen Blick darauf und sehe ein großes Titelbild von zwei Personen. Ein Mann und eine Frau, welche mit einem erhobenen Blick in die Kamera schauen. Der Mann ist offenbar groß, gut gebaut und hat schwarze schulterlange Haare. Ein markantes Gesicht und weiche Gesichtszüge. Er trägt einen maßgeschneiderten Anzug und lächelt nicht. Die Frau hingegen geht ihm nur bis zur Schulter, hat braunes langes Haar und grüne Augen. Weiche Gesichtszüge und ein liebevolles Lächeln auf den Lippen. Ein beiges langes Kleid verdeckt ihren gut gebauten Körper.
Die Überschrift:
„Königspaar Bingley gibt die Hoffnung nicht auf!“
„Ähm...darf ich den Teil mit dem Königspaar lesen Gideon?“, frage ich ihn und er reicht ihn mir. Ich bedanke mich, entfalte den Teil und fange an zu lesen.
Beatrix und William suchen noch immer nach 16 Jahren ihre verschollene Tochter und geben die Hoffnung nicht auf. Wie bekannt soll sie einmal die Nachfolgerin des Thrones werde, was natürlich einigen nicht passt. Der Anwärter Sir Henry ist davon nicht begeistert und Gerüchten zufolge ist er am Verschwinden der besagten Tochter Schuld. Nach einer Frage was Sir Henry dazu hält das Mädchen zu suchen, sagte er nur dazu, dass es sinnlos ist, da sie spurlos verschwunden ist. Doch Beatrix und William wollen nichts davon hören und Sir Henry wurde schon aus der Familie ausgeschlossen, da er Gelder veruntreut hat und die Königin verführen wollte. Wir bleiben natürlich dran wie die Suche voran geht und berichten weiterhin ausführlich. Nach neuesten Angaben wird das Königspaar beim Weihnachtsball im Shadow Internat dabei sein.“
Als ich zu Ende gelesen habe, gebe ich Gideon den Teil zurück und leere meinen Teller. Sie suchen also ihre verschwundene Tochter und haben sie bisher noch nicht gefunden. Vielleicht sollte ich ihnen helfen um aus ihnen wieder eine Familie zu machen. Ich werde ihnen meine Hilfe beim Weihnachtsball anbieten und darum bitten. Schließlich wäre das doch mal eine schöne Aufgabe für mich. Nachdem wir mit dem Essen fertig sind trennen wir uns wieder und gehen in den Unterricht.
Die Woche verläuft eigentlich ganz normal. Ich komme gut zurecht und die Hausaufgaben habe ich alle schnell erledigt. Mein erstes Training habe ich Freitagnachmittag und Eliteschüler und wir so gesehen normalen Schüler trainieren zusammen. Professor Patel ist unser Trainer und wird uns alles beibringen was wir unbedingt wissen müssen. Ich komme mit Lucy und Rachel in die Umkleidekabine und ziehe meine Trainingshose mit dem Wappen des Internats an, dazu ein graues Shirt und graue Schuhe. Melissa wie immer perfekt gestylt sieht sogar in so einem Schlapperlock gut aus und lacht mit ihren Freundinnen Katie und Josie über irgendetwas, wobei sie mich anschauen. Das lässt bei mir das Blut hochkochen und brodeln.
Etwas ungewohntes was in der Mitte der Woche zum ersten Mal aufgetaucht ist. Vorher hatte ich dieses Gefühl noch nie gehabt. Rachel legt mir eine Hand auf die Schulter, sieht mich an und lächelt beruhigend. „Ignoriere sie einfach. Das ist am Besten“, meint sie, ich nicke und mit einem letzten Blick auf Melissa und Anhang gehe ich mit meinen Freundinnen in die Trainingshalle. Diese ist genauso groß wie der Speisesaal, Matten liegen auf dem Boden und ich schaue mich interessiert um. Die Eliteschüler sind schon alle da, warten und ich atme tief durch. „Kommt ruhig näher ihr Lieben. Nur keine falsche Scheu“, hallt die Stimme von Professor Patel durch die Halle und wir treten näher zu ihm heran. „Ich bringe euch heute die Selbstverteidigung bei und wie ihr sie richtig anwendet.
Benutzt sie bitte nur im äußersten Notfall und nicht hier im Internat. Wer sie mit Absicht benutzt wird bestraft und darf am Wochenende nicht in die Stadt fahren. Ihr seid also alle gewarnt.“ Professor Patel schaut uns alle an, erklärt weiter und ich höre gebannt zu. Immer wieder kichern und giggeln Melissa und ihre Freundinnen und hinter Professor Patel's Rücken zeigen sie auch auf mich. Gekonnt ignoriere ich das ganze und konzentriere mich auf Professor Patel, der uns die richtigen Techniken zeigt. Dann stellt er uns paarweise zusammen und ausgerechnet Melissa bekomme ich. „Also schön. Ihr werdet die Angriffe abwehren und euch verteidigen so wie ich es euch gezeigt habe. Keine ernsthaften schweren Verletzungen bitte und auch nicht beschimpfen.“ Melissa sieht mit an und grinst breit. „Wusstest du schon, dass Gideon ziemlich gut im Bett ist?“
„Na klar. Erst letzte Nacht herausgefunden“, erwidere ich zischend und verteidige mich, als sie mich angreift. „Gideon und ich sind füreinander bestimmt und mit so einer Laborratte will er nichts zu tun haben. Das hat er mir gestern Abend gesagt und gemeint, er geht nur mit dir zum Weihnachtsball weil er Mitleid mit dir hat.“ „Ich glaube du verwechselst mich mit dir Melissa. Er hat eher mit dir Mitleid, weil du Anerkennung nur durch Sex bekommst“, erwidere ich und Melissa knurrt auf. Auf einmal brennt bei ihr eine Sicherung durch und sie verwandelt sich in einen Falken. „Melissa nein! Verwandle dich sofort zurück! Das ist verboten und das weist du auch“, schimpft Professor Patel, Melissa hört aber nicht auf ihn und attackiert mich. Ich halte schützend die Arme vor mein Gesicht und sie trifft immer meine Arme, welche anfangen zu bluten.
Dadurch werde ich wütend, knurre und spüre es in meinen Adern. Das Blut rauscht mir in den Ohren, mein Herz rast und dann fauche ich, bis ich plötzlich als Schneeleopard vor ihr stehe. Ich lasse ein Brüllen los, habe die Fellhaare aufgestellt und bin in Angriffsposition. Professor Patel stellt sich zwischen uns sieht Melissa wütend an. „Verwandle dich sofort zurück Melissa und du auch Willow! Sofort!“ Ich beruhige mich langsam wieder, spüre wie ich ruhiger werde und stehe kurz darauf wieder als Mensch da. Auch Melissa verwandelt sich zurück, funkelt mich wütend an und ist rot geworden. „Gideon? Bring Willow bitte in die Krankenstation, damit man sich um ihre Wunden kümmern kann. Thomas du bringst Melissa zur Direktorin“, befiehlt Professor Patel, die beiden Jungs nicken und Gideon bringt mich aus der Halle. Auf dem Weg zur Krankenstation zieht er mich auf einmal in einen Gang und sieht mich an.
„Du bist ein Schneeleopard. Weist du was das bedeutet?“ Ich mustere ihn und schüttle mit dem Kopf. „Du bist eine Eliteschülerin Willow und stammst von einer angesehenen Familie ab.“ Meine Augen sind größer geworden und ich bin überrascht. Gideon nimmt meine Hand und führt mich weiter den Gang entlang und dann die Treppe rauf nach rechts zur Krankenstation. „Und was heißt das jetzt?“, frage ich ihn, wir betreten die Krankenstation und ich kann 8 Betten dort zählen, die alle fein säuberlich da stehen. „Das bedeutet, dass deine Familie hoch angesehen und etwas Besonderes sind Willow. Auch wenn du es noch nicht weist und Brenda ebenfalls nicht. Nur solche Familien verwandeln sich in Schneeleoparden und nein nicht die Löwen sind die Könige.“ Ich nicke verstehend, eine Ärztin kommt aus dem Hinterzimmer und drückt mich auf die Behandlungsliege. Mit einem rollenden Hocker kommt sie zu mir, setzt sich und zieht sich Latexhandschuhe an. „Wer hat dich denn so schlimm verletzt?“
„Melissa hat sich während des Trainings verwandelt“, antwortet Gideon für mich, die Ärztin schüttelt nur mit dem Kopf und reinigt die Schnitte. „Also genäht muss es nicht werden. Ich werde sie dennoch abdecken und verbinden, damit sich nichts entzündet.“ Ich sehe ihr zu, sie verbindet meine Unterarme und dann bin ich entlassen. Sobald ich mit Gideon aus der Krankenstation raus bin atme ich tief durch und wir gehen langsam den Gang entlang. „Fährst du morgen auch in die Stadt?“ Ich schaue zu Gideon und nicke. „Das freut mich. Ich denke wir passen alle in das Auto von mir.“ „Du kannst schon Auto fahren?“ Neugierig schaue ich ihn an und wiedermal merke ich, wie mein Herz schneller schlägt. „Ja ich darf schon Auto fahren Willow und ich fahre einen Mercedes Benz Klasse C. Einen silbergrauen Mercedes“, antwortet er mir und ich bin erstaunt.
„Wow. Der ist ganz schön teuer.“ „Ein Geschenk meines Vaters zum Geburtstag vor zwei Monaten und noch ganz neu.“ Wir kommen zur Treppe die nach oben führt und sehen uns an. Dabei stehe ich auf der zweiten Stufe und kann ihm in die Augen schauen. Gideon mustert mich und streicht mir sanft eine Haarsträhne hinter mein Ohr. „Dann sehen wir uns später beim Abendessen und lasse dich nicht von Melissa provozieren. Sich zu verwandeln ist hier drinnen verboten. Außer in der anderen Trainingshalle. Dort lernt man wie man es kontrolliert, wenn man wütend ist.“ „Versprochen. Ich gehe Melissa aus dem Weg und lasse mich nicht mehr provozieren.“ Gideon nickt, lächelt und geht Richtung Speisesaal. Ich sehe ihm nach, steige die Treppe hinauf und bin kurz darauf in meinem Zimmer verschwunden. Weiter komme ich ins Badezimmer, gehe duschen und ziehe mir danach frische Sachen an.
Meine Verbände habe ich abgedeckt damit diese nicht nass werden und sobald ich angezogen bin, mache ich mich auf den Weg nach unten da ich Hunger habe. Im Speisesaal starren mich alle schon anwesenden Schüler an und ich gehe schnell zum Tisch um mich dort nieder zu lassen. Kurz darauf sind auch meine neuen Freunde da und setzen sich grinsend dazu. „Wow du bist ein Schneeleopard und gehörst nun zu den Eliteschülern Willow. Das ist echt mega cool“, fängt Rachel an, nimmt sich etwas vom Essen und verschlingt es regelrecht. „Und was bedeutet das jetzt?“ „Nichts weiter. Du bist jetzt bei den Eliteschülern und kannst noch immer dein Zimmer behalten. Die neuen Regeln bekommst du von der Direktorin.“ „Ah okay. Langsam verstehe ich alles was hier abgeht.“
„Deine erste Woche und du hast es kapiert. Wow ich habe drei Monate gebraucht“, beschwert sich Rachel und ich muss kichern. „Ja aber auch nur weil du den Jungs hinterher geschaut hast und dann nicht mehr wusstest, wo du als nächstes hingehen musst“, erwidert Thomas und wir müssen lachen. „Also Willow, kommst du morgen mit in die Stadt? Wir wollen wieder einmal shoppen gehen“, wechselt Lucy das Thema und ich nicke als Antwort, da ich gerade etwas im Mund habe. „Super! Du brauchst dringend ein Kleid für den Weihnachtsball und du musst atemberaubend aussehen. Das ist absolutes muss“, wirft Rachel ein und ist total begeistert. „Und du brauchst auch neue Klamotten. Du kannst am Wochenende nicht immer in der Schuluniform herum laufen“, fügt sie noch hinzu, Lucy stimmt ihr vollkommen zu und wir beenden das Abendessen.
Danach verziehen wir uns in den Gemeinschaftsraum und setzen uns auf eine Sitzgruppe wo Rachel und Lucy wieder einmal MauMau spielen. Thomas und Gideon unterhalten sich über Fußball und ich schaue mich um. Melissa ist nicht da, ihre Freundinnen ebenfalls nicht und ich frage mich, was mit ihr passiert ist. „Melissa wurde von Brenda bestraft. Sie darf morgen nicht in die Stadt und hat sozusagen eine Woche lang Hausarrest. Melissa darf die Toiletten schrubben“, erklärt Gideon, ich sehe zu ihm und ehrlich gesagt muss ich lachen. Die Anderen stimmen mit ein und wir genießen den Abend, da wir Wochenende haben und erst später die Hausaufgaben erledigen wollen.
Samstag gleich nach dem Frühstück verlassen wir das Internat und gehen zu einem Mercedes Benz Klasse C. Dieser glänzt in der Sonne und voller Euphorie öffnet Gideon dieses Schmuckstück. Thomas und er steigen vorne ein und Rachel, Lucy und ich hinten. Wir schnallen uns an und kurz darauf hat Gideon das Auto vom Gelände gefahren. „Hat Brenda dir schon die neuen Regeln gegeben?“, fragt mich Rachel und ich schüttle mit dem Kopf. „Nein noch nicht aber wird sie sicherlich noch machen“, antworte ich und genieße es frei zu sein. Ich habe richtige Freunde, brauche nie wieder für Experimente herhalten und kann tun und lassen was ich will. Gut bis auf die Regeln achten, damit ich diese nicht verletze. „Habt ihr schon gehört? Beatrix und William Bingley werden beim Weihnachtsball dabei sein“, fängt Lucy ein Thema an und Rachel schnappt hörbar nach Luft.
„Was echt? Oh mein Gott! Wir müssen perfekt aussehen und brauchen unbedingt ein Kleid“, quietscht sie und ist total hippelig. „Das habe ich letztens erst in einer Zeitung gelesen. Gideon hat mir den Teil gegeben“, bemerke ich und Rachel sieht mich entsetzt an. „Wieso hast du nichts gesagt Willow? Oh man das ist nicht fair! Wir hätten uns schon längst Gedanken über das Kleid gemacht!“ Rachel schimpft und wettert leise bis wir in der Stadt sind und Gideon sein Auto in der Nähe einer Einkaufsmeile parkt. Rachel springt aus dem Auto, hopst auf der Stelle und drängt uns schneller zu sein, damit wir nach dem richtigen Kleid suchen können. Gideon und Thomas verdrehen die Augen und wir folgen Rachel in ein Einkaufszentrum, wo einem die Preise um die Ohren fliegen.
Ich werfe einen Blick auf ein Preisschild in einem der Schaufenster und es hat mich fast umgehauen. Doch ich bin froh, dass Brenda mir viel Geld gegeben hat. „Niemals auf die Preise schauen Willow. Das schreckt nur vom kaufen ab“, flüstert Lucy mir ins Ohr und wir laufen Rachel hinterher, die von Geschäft zu Geschäft eilt und vor sich hinmurmelt. Plötzlich bleibt sie stehen, ich laufe in sie hinein und wir wären fast zu Boden gestürzt, wenn Gideon mich nicht festgehalten hätte. „Danke“, bedanke ich mich, er nickt und Rachel streicht ihre Klamotten glatt. „Schaut mal was ich gefunden habe“, sagt sie voller Elan und verschwindet in diesem Geschäft auf der linken Seite von uns. Ich mustere dieses, sehe ihr nach und erblicke das perfekte Kleid für mich. Es ist trägerlos, geht bis zum Boden und die Farbe ist weinrot. Bis zur Taille ist es eng und dann fällt es sanft nach unten.
Diamanten glitzern im Scheinwerferlicht des Schaufensters und ich kann den Blick nicht mehr von dem Kleid abwenden. Lucy sieht das ich ihnen nicht folge und entdeckt ebenfalls das Kleid. „Wow! Dieses Kleid schreit dich förmlich an Willow. Du solltest es kaufen, denn dieses passt zu dir“, meint sie, ich nicke wie in Trance und verschwinde im Laden. Der netten Verkäuferin erkläre ich mein Anliegen, sie lächelt und holt das Kleid aus dem Schaufenster. Dann trägt sie es mir bis zur Umkleidekabine, ich verschwinde dorthin und entkleide mich. Vorsichtig nehme ich das Kleid entgegen, ziehe es an und die Verkäuferin schließt es am Rücken. Ich lächle die ganze Zeit, trete dann vor einen großen Standspiegel und begutachte mich eingehend.
„Oh Gott Willow! Bist du das wirklich? In diesem Kleid siehst du so atemberaubend aus und du würdest selbst dem Königspaar die Show stehlen. Ein Diadem würde perfekt dazu passen, weinrote Highheels und ein paar Diamanten“, haucht Rachel und umrundet mich langsam um mich eingehend zu mustern. Abrupt bleibt sie stehen und klatscht in die Hände. „Meine Freundin kauft es“, sagt sie befehlend, die Verkäuferin nickt und ich gehe es wieder ausziehen. Bedächtig nimmt die Verkäuferin mit das Kleid ab und geht es ordentlich verpacken, während ich mich wieder anziehe, bevor ich zu meinen Freunden trete. Bevor ich das Kleid bezahlen kann, hat es Rachel schon getan und zwinkert mir zu. „Jetzt stehe ich in deiner Schuld Rachel“, meine ich und sie schüttelt heftig den Kopf.
„Nein stehst du nicht. Ich habe meinen Eltern von dir erzählt und Dad hat gemeint, ich solle die Kreditkarte für dich zum glühen bringen. Also mache ich das auch.“ Ich habe große Augen bekommen, nehme das Kleid in einem Kleidersack entgegen und wir verlassen das Geschäft. Ich will gerade etwas sagen als ich sehe, dass Rachel und Lucy auch Kleider gekauft haben und die Frage hat sich erledigt. Als ob Rachel die Leiterin unserer Gruppe ist führt sie uns zu einem Schuhgeschäft und wir betreten dieses. Ich schaue mich interessiert um, sehe hunderte von Schuhen und bin wirklich erstaunt. Wenn man in einem Labor aufwächst und nichts anderes zu sehen bekommt, dann ist alles Andere natürlich neu für jemanden wie mich.
Weinrote Highheels habe ich sofort gefunden, schaue gar nicht erst auf den Preis und nehme diese. Rachel braucht jedoch viel länger und wir sitzen wartend in den dafür vorgesehenen Sesseln, welche aus schwarzem Leder bestehen. Thomas und Gideon haben sich vor dem Schuhgeschäft verabschiedet und sind Smokings kaufen gegangen. Nach gefühlten 4 Stunden erscheint Rachel endlich wieder bei uns, schnappt sich meine Highheels und geht diese mit bezahlen. Kurz darauf ist sie wieder bei uns und schleift uns in ein Geschäft, welches Schmuck verkauft. Akribisch mustert sie mich eingehend und schaut dann genau nach dem richtigen Schmuck. Schnell wird sie fündig und hat Diamantenohrringe, eine Diamantenhalskette, ein Diamantenarmkettchen und ein Diamantendiadem gefunden.
Die Preise sind bahnbrechend und ich will gar nicht wissen, wie viel sie heute für alles bezahlt hat. Endlich haben wir es vor einem Café geschafft und setzen uns. Seufzend strecke ich die Beine aus, nehme die Karte und studiere sie genau. „Oh man ich muss noch den Aufsatz in Geschichte schreiben“, fängt Lucy an und legt die Karte weg. „Ich habe den Aufsatz auch noch nicht geschrieben“, gebe ich zu und Lucy bekommt leuchtende Augen. „Wir könnten uns doch gemeinsam dann nach dem Abendessen in die Bibliothek setzen und ihn schreiben.“ „Klar gerne doch.“ Wir bestellen uns heiße Schokolade, dazu jeder einen Schokoladenmuffin und als wir unsere Bestellungen haben, erscheinen Thomas und Gideon mit Tüten. „Also Frauen und einkaufen geht gar nicht.
Ihr habt ja mehr als wir besorgt“, bemerkt Thomas und lässt seinen Blick über unsere Einkäufe gleiten. „Wir müssen perfekt aussehen zum Weihnachtsball. Auch wenn er erst in ein paar Monaten ist“, erwidert Rachel und zerpflückt ihren Muffin. Dann isst sie die kleinen Häppchen und lässt es sich gut gehen. „Ob Melissa schon die Nase voll hat vom Toilettenschruppen?“, frage ich und wir brechen in schallendes Gelächter aus. „Das würde mich nicht wundern. Sie hat sich verbotenerweise verwandelt und muss nun die Konsequenzen tragen. So ist das nun mal auf dem Shadow Internat. Da können auch Mummy und Daddy ihr nicht beistehen“, meint Rachel und Lucy nickt bekräftigend dazu. Ich kichere nur und habe meinen Muffin gegessen. In aller Ruhe trinke ich noch meine heiße Schokolade aus und schaue mich interessiert um.
Menschen gehen alleine oder in Grüppchen durch das Center, bleiben vor den Geschäften stehen und schauen sich dort die Ware an, welche drapiert wurden um gesehen zu werden. Auf einmal gibt es einen Menschenauflauf etwas weiter hinten im Center und Rachel hebt neugierig den Blick. Blitzlichtgewitter und Stimmengewirr dringen an unsere Ohren und auch ich recke meinen Hals um besser sehen zu können. Was natürlich schwer ist, da die Hauptattraktion von einer Menschentraube verdeckt wird. „Lasst uns mal hingehen und nachschauen was dort los ist.“ Rachel ist schon aufgestanden, hat unsere Bestellungen bezahlt und schreitet mit ihren Einkäufen zur Menschenmenge. Langsam folgen wir ihr und recken immer wieder unsere Hälse. Endlich wird der Blick auf das freigegeben, was vorher noch verdeckt wurde. Das Königspaar Bingley.
Anmutig und majestätisch stehen sie da, lächeln in die Kameras und beantworten in höflicher Form die Fragen der Reporter. Ich finde das sie ein schönes Paar sind und beneide sie beide. Nur finde ich es schade, dass sie ihre Tochter suchen und noch nicht gefunden haben. „Sieh sie dir nur an Willow. Beide sind so wunderschön. Schade das ich nicht die verschwundene Tochter bin. Ich wäre gerne bei ihnen“, seufzt Rachel leise und ich nicke langsam. Jetzt wo ich sie näher betrachten kann, ist es wie ein Schlag ins Gesicht. Sie haben eine verdammte Ähnlichkeit mit mir. Wobei Beatrix mir sehr ähnlich ist. Oder ich ihr. Verwaschene Bilder tauchen vor meinem inneren Auge auf und bevor ich sie richtig zu greifen bekomme, sind sie auch schon wieder weg. Das Paar dreht sich von den fragenden Reportern weg, Beatrix wirft einen kurzen Blick auf mich und ihr Lächeln verblasst.
Doch bevor sie zu mir kommen kann wird sie schon von einigen Bodyguards weggeführt und ich habe ein seltsames Gefühl. Langsam flaut das Gefühl der Vertrautheit ab und die Menge teilt sich auf. Ich schaue noch immer in die Richtung in der sie verschwunden sind und bin in Gedanken versunken. „Habt ihr das auch mitbekommen?“, fragt Lucy in die Runde und holt mich somit aus meinen Gedanken raus. Ich wende mich meinen Freunden zu und sie starren mich an. „Ja. Beatrix hat einen kurzen Moment etwas erkannt und das war eindeutig Willow gewesen“, antwortet Rachel und ich fühle mich auf einmal sehr unwohl. „Du hast Recht und jetzt wo ich Willow so genau betrachte, ist die Ähnlichkeit deutlich zu erkennen“, wirft Thomas ein und ich umfasse meine Einkäufe fester.
„Aber ich habe keine Eltern“, kommt es leise von mir und mein Herz rast. Ob vor Aufregung oder Angst kann ich nicht sagen. „Lasst uns zurück fahren und vielleicht finden wir ja Brenda“, sagt Gideon und hilft mir somit um eine Erklärung herum. Meine Freunde nicken langsam, schauen mich noch immer neugierig an und folgen dann Gideon. Ich schließe mich ihnen an, wir packen unsere Einkäufe in den Kofferraum und kurz darauf sitzen wir im Auto, auf den Weg zurück zum Internat. Schweigen hat sich ausgebreitet und jeder von uns hängt seinen eigenen Gedanken nach, bis wir auf dem Gelände ankommen.
Sobald ich in meinem Zimmer bin räume ich meine Einkäufe in den Schrank ein. Meine Gedanken kreisen um das Paar im Einkaufszentrum und ich bin leicht überfordert. Wir haben auch weiterhin geschwiegen als wir ins Internat reingegangen sind und nun bin ich mit meinen Gedanken alleine. Kann es wirklich sein, dass ich die verschwundene Tochter bin? Aber ich erinnere mich nicht daran. War ich zu klein gewesen, als ich verschwunden war? Und wer hat mich ihnen weggenommen? Nein! Ich bin nicht ihre verschwundene Tochter, denn ich brauche keine Aufmerksamkeit von den Anderen oder wildfremden Menschen. Seufzend schließe ich den Schrank, lasse mich auf das Bett fallen und starre an die Decke. Jedoch nicht lange, denn es klopft sachte an der Tür und Brenda steckt den Kopf herein.
„Darf ich reinkommen Willow?“ Ich hebe nur die Schultern, sie betritt mein Zimmer und schließt hinter sich die Tür. Dann nimmt sie sich den Stuhl vom Schreibtisch und sobald sie ihn neben mein Bett gestellt hat, setzt sie sich dort drauf. „Rachel, Lucy und Thomas haben mir erzählt, was im Einkaufszentrum vorgefallen ist“, fängt sie an und ich starre noch immer an die Decke. „Kannst du dich an irgendetwas erinnern? An etwas vor sehr langer Zeit?“ Ich drehe den Kopf zu ihr und sehe sie an. „Im Einkaufszentrum kam ganz kurz eine Erinnerung hoch, doch diese ist sofort wieder verschwunden, als ich sie festhalten wollte.“ „Manche Erinnerungen wollen einfach nicht so, wie man es gerne hätte. Aber dein Gehirn hat etwas hervorgerufen beim Anblick von Königin Beatrix“, meint Brenda und ich seufze. „Ich weiß nicht, ob es meine richtige echte Mutter ist“, murmle ich, drehe mich auf die Seite und ziehe die Beine an den Körper.
„Wir geben die Hoffnung nicht auf Willow. Anscheinend hat jemand alles von dir gelöscht. Bis auf deinen Namen. Der ist dir geblieben.“ „In Ordnung. Ich werde geduldig warten“, erwidere ich, Brenda lächelt und lässt mich alleine. Ich drehe mich wieder auf den Rücken, starre an die Decke und setze mich dann auf. Hier im Zimmer zu sitzen ist langweilig und deswegen verlasse ich es kurz darauf. Mein Weg führt mich nach draußen an die frische Luft, ich gehe den Pfad entlang und komme zu diesem wunderschönen Pavillon. Dort lasse ich mich nieder, sehe wie die Sonne am Horizont versinkt und merke, dass es deutlich kühler geworden ist. Daher fröstle ich ein bischen und bekomme eine Gänsehaut. „Hast du deine Jacke vergessen?“ Ich drehe mich zum Eingang des Pavillon und dort steht Gideon angelehnt am Balken mit verschränkten Armen.
„Hallo Gideon und ja ich habe sie vergessen. Ich war in Gedanken versunken gewesen“, erwidere ich und lächle schwach. Gideon tritt vor mich, legt mir seine Jacke um und ich sehe bei ihm viele Muskeln. Sein Shirt strafft sich über seinen Oberkörper. „Wird dir denn nicht kalt?“ „Nein ich bin die Kälte gewohnt. Da wo ich herkomme ist fast das ganze Jahr lang nur Schnee und Eis.“ „Oh okay.“ ich ziehe seine Jacke enger um mich und atme seinen Duft tief ein. Ein Kribbeln zieht sich durch meinen Bauch und mein Herz schlägt schneller. „Soll ich dir verraten, was viel schöner ist als so ein Sonnenuntergang?“ Ich hebe den Blick und treffe den von Gideon. Seine grauen Augen glitzern und mein Herz hat kurz ausgesetzt, bevor es jetzt noch viel schneller schlägt.
„Du bist viel schöner als dieser Sonnenuntergang Willow und ich habe eigentlich gedacht, ich kann mich dir entziehen. Doch dem ist leider nicht so. Ich habe gedacht, du wirst einen anderen Jungen kennenlernen, aber das hast du nicht und ich kann nicht länger warten. Wie gerne würde ich dich jetzt küssen?“ Sanft streicht Gideon mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr und Hitze steigt mir ins Gesicht. Bevor ich es aufhalten kann, ist es mir schon über die Lippen gekommen. „Dann tue es einfach. Küss mich Gideon“, hauche ich ihm zu und meine gesamte Haut kribbelt vor Aufregung. Langsam und vorsichtig nähert er sich meinen Lippen, berührt diese dann mit seinen und küsst mich. Es ist wie eine Explosion der Gefühle, er schmeckt wie eine frische Sommerbrise im Sonnenuntergang und macht mich ganz trunken. Gideon legt sanft eine Hand in meinen Nacken und zieht mich näher an sich heran, streicht mit der Zunge über meine Lippen.
Diese öffne ich automatisch und schon erkundet er alles, während ich meine Arme um seinen Hals schlinge. Alles um uns ist vergessen, der kalte Wind im Sonnenuntergang, das wir hier sitzen und vielleicht uns jemand entdecken könne. Indem Moment ist es vollkommen egal, denn es zählen nur noch er und ich. Nach einer Weile lösen wir uns von einander und müssen wieder zu Atem kommen. „Wow! In meiner Vorstellung war es bei weitem nicht so gut gewesen“, bemerkt Gideon nach kurzer Zeit und ich bin rot geworden. „Ähm...okay. Also küsse ich viel besser als in deiner Vorstellung?“ Gideon lächelt und streift mit seinen Lippen an meiner Wange entlang. „Sicherlich dein allererster Kuss und der war einfach nur perfekt gewesen“, antwortet er mir flüsternd und ich bekomme eine Gänsehaut. Dann sieht Gideon mich an und lächelt.
„Meinst du alles auch vollkommen ernst Gideon? Du weist, dass ich mein Leben lang in einem Labor gelebt habe und ich habe keine Ahnung was Liebe ist.“ Gideon streicht mit dem Daumen über meine Lippen und lächelt. „Hast du das Gefühl von weichen Knien in meiner Gegenwart? Schlägt dein Herz schneller sobald du mich siehst? Hast du das Gefühl als würden tausende von Schmetterlingen in deinem Bauch herumflattern? Bekommst du schwitzige Hände in meiner Nähe?“ Ich runzle die Stirn und nicke langsam. „Das ist Liebe Willow. Ich liebe dich auch. Genau genommen von Anfang an.“ Noch immer funkeln seine Augen und ich erröte abermals. „Ich liebe dich auch Gideon aber ich habe gedacht, du interessierst dich nicht für mich. Du bist so unnahbar und so still. Ein ruhiger Typ eben.“ Gideon lächelt und muss dann herzhaft lachen.
„Ja ich bin wirklich so Willow. Ich bin nicht so ein Typ der sich jedes Weib ins Bett holt um mir dann die Nächste zu schnappen. Du bist die Einzige und wirst es immer bleiben. Egal was die Anderen sagen. Ich möchte mit dir zusammen sein und nicht mit Melissa oder Katie oder sonst wer.“ „Wow Gideon. Du schleimst entweder oder kannst wirklich das Herz von einem Mädchen erobern. Mein Herz, denn das hast du schon längst bekommen“, meine ich, die Sonne ist untergegangen und um uns herum ist alles dunkel. „Wir sollten lieber wieder zurück gehen. Sonst sucht man uns noch.“ Gemeinsam stehen wir auf, er hilft mir richtig in seine Jacke und zieht den Reißverschluss zu. Dann nimmt er meine Hand und wir gehen langsam den Weg zurück. Um uns herum ist es sehr still, ab und zu knackt ein Zweig und ich zucke immer wieder erschrocken zusammen. „Keine Angst Willow. Bei mir wird dir nichts passieren“, beruhigt Gideon mich und drückt sanft meine Hand. Ich nicke nur und wir gehen weiter. Das Knacken ertönt auf einmal genau in meiner Nähe und ich schreie erschrocken auf. Ein tiefes Knurren dringt an meine Ohren, Gideon beschleunigt seine Schritte und zieht mich hinter sich her.
„Nicht umdrehen Willow. Einfach weiter laufen.“ Ich stolpere, versuche nicht zu stürzen und mit Gideon Schritt zu halten. Das Knurren kommt immer näher, Wolfsgeheul ist nun ganz nah und ich sehe wie etwas großes und dunkles aus dem Gebüsch springt. Direkt auf mich zu. Gideon zerrt mich hinter sich, stellt sich beschützend vor mich und verwandelt sich in einen Schneeleoparden. Dann fangen beide an zu kämpfen, ich weiche zurück und drücke mich gegen einen Baum. Sehe von meinem Standort aus dem Kampf zu und kann das Jaulen und Fauchen ganz genau hören. Offenbar ist das kein Schüler, denn es ist verboten hier auf dem Gelände zu kämpfen. Ich weiche schnell aus als der Wolf in meine Richtung fliegt und gegen den Baum kracht. Daran rutscht er runter, der Schneeleopard knurrt mich an und deutet mir, dass ich schnell zurückgehen soll.
Total im Zwiespalt stehe ich noch da, sehe wie der Wolf sich aufrichtet und renne los. Das Laufen macht mir nichts mehr aus, schon bald bin ich beim Internat und an der Eingangstür warte ich angstvoll auf Gideon. Hoffentlich passiert ihm nichts und er wird nicht verletzt. Die Kampfgeräusche dringen dumpf an meine Ohren und ich warte voller Ungeduld auf meinen Retter. Irgendwann ist es still, ich höre das Blut in meinen Ohren rauschen und halte den Atem an. Als meine Nerven fast blank liegen erscheint endlich Gideon und ich mustere ihn sehr besorgt. Doch offenbar fehlt ihm absolut nichts und ich atme erleichtert tief durch. „Geht es dir gut? Wer war das?“, frage ich ihn und warte auf eine Antwort. „Ich habe keine Ahnung wer das war, aber offenbar wollte er dich haben oder töten.
Ich weiß nur noch nicht wieso“, antwortet er, nimmt meine Hand und haucht auf dem Handrücken einen Kuss drauf. „Lass uns endlich reingehen. Ich muss noch zu Brenda und es ihr erzählen. Du kannst derweil in zu Abend essen.“ Ich nicke kurz, wir betreten den Eingangsbereich und während Gideon zur Direktorin verschwindet, gehe ich in den Speisesaal um das zu tun, was er gesagt hat. Zu Abend essen, wobei ich mich frage wer das war und was er von mir wollte.
Schließlich habe ich niemanden etwas getan und Melissa kann es unmöglich gewesen sein, da sie ein Falke ist sobald sie sich verwandelt hat. War es doch ein Schüler oder eine Schülerin?Eine der Freundinnen von Melissa? Nein eigentlich nicht, denn bis auf Melissa sind die Beiden ebenfalls Schneeleoparden und somit Eliteschüler. Also doch jemand fremdes der sich auf das Gelände geschlichen hat um mir zu schaden. Und ich frage mich wieso man mir etwas antun will, denn schließlich habe ich niemandem etwas getan oder verletzt.
Mittlerweile wird es deutlich kühler um das Internat herum und alle gehen in Schals, Stiefeln und dicken Mänteln nach draußen. Ich habe mich sehr gut eingelebt und genieße das leben im Shadow Internat. Offiziell sind Gideon und ich ein Paar und lieben uns über alles. Was natürlich gewisse Leute nicht gerne sehen. Melissa zum Beispiel. Immer wenn sie mich ansieht sprühen ihre Augen Feuer und sie würde mich am Liebsten erwürgen. Doch da immer wieder einer meiner Freunde bei mir sind, wenn Gideon nicht gerade da ist, dann kann sie es schlecht machen. Seitdem Vorfall im Wald mit dem Wolf ist nichts weiter passiert und ich habe Ruhe. Dennoch wurde alles ganz genau kontrolliert wie er auf das Gelände kam und wer es auch war. Sicherheitsleute sind angeheuert wurden und machen in regelmäßigen Abständen Kontrollgänge.
Es wird auch härter trainiert, wir lernen Angriffe und Abwehr und wie man mit einer Waffe umgeht. Doch nicht nur Dolch, Schwert und Messer sondern auch mit einer Pistole und einem Gewehr. Was jedoch nur Eliteschüler lernen dürfen. Am Anfang ist es mir echt schwer gefallen, doch mit der Zeit und mehr Übung habe ich es geschafft und kann mich nun jederzeit verteidigen. Endlich haben wir wieder Wochenende und das erste Mal in diesem Jahr fängt es an zu schneien. Mitten im Oktober. Die Schüler freuen sich, reden über eine mögliche Schneeballschlacht und freuen sich auf die freie Zeit am Wochenende. „Endlich! Wie habe ich das Wochenende herbeigesehnt. Nicht mehr lange und wir haben Weihnachtsferien.
Dann kann ich endlich mal bis in die Puppen schlafen“, seufzt Rachel und wir geben ihr recht. Schließlich werden wir mit Hausaufgaben nur so überhäuft und kommen kaum noch dazu, richtig Luft zu holen. Wir bringen unsere Schultaschen erst einmal in unsere Zimmer und gehen danach nach unten in den Aufenthaltsraum. Dort setzen wir uns in unsere Sofaecke und Rachel legt die Beine hoch. Ich schnappe mir wie immer die Zeitung, schlage diese auf und fange an zu lesen.
„Ermittler des Königspaares sind auf einer heißen Spur!
Die Ermittler von König William und Königin Beatrix sind einer heißen Spur hinterher. Demnach sind sie sich ganz sicher, dass die verschwundene Tochter der Beiden sich derzeit in London aufhält. Wo genau ist noch nicht bekannt und es wird weiter ermittelt. Die Spur führt durch London und sie kommen dem Shadow Internat immer näher. Sobald sich etwas ergibt, wird das Königspaar sofort Bescheid wissen.“
Ich runzle die Stirn und atme tief durch. „Hier steht, dass die Ermittler einer heißen Spur folgen. Diese verschwundene Tochter soll in London sein“, fange ich an, lege die Zeitung beiseite und lehne mich auf dem Sofa zurück. „Bist du dir sicher, dass du nicht doch diese verschwundene Tochter bist? Stell dir das mal vor. Du wärst eine Prinzessin Willow.“ Ich schaue zu Lucy, diese hat einen verträumten Blick und auch Rachel sinniert in ihren eigenen Gedanken. „Könntet ihr bitte dieses Thema lassen? Ich habe doch schon genug mit der Schule und dem Training zu tun, da muss ich mir nicht auch noch Gedanken machen, ob ich diese Tochter bin oder nicht“, mische ich mich ein und verenge leicht die Augen.
Die beiden Mädels hören mir jedoch nicht zu und schwärmen noch immer dafür, selber einmal Prinzessin zu sein. Gideon sitzt neben mir, hat meine Hand in seine genommen und streicht mit dem Daumen sanft über meinen Handrücken. „Lass sie einfach in ihrer Fantasiewelt. Du musst dich mit diesem Thema überhaupt nicht befassen“, beruhigt er mich und haucht mir einen Kuss auf die Lippen. Ich lächle leicht, lehne mich an ihn und entspanne mich. Dabei fällt mein Blick auf Melissa und sehe wie sie die Augen verengt. Doch ich ignoriere es und genieße das Zusammensein mit meinem Gideon.
Nach einer Weile als die Beiden noch immer in ihrer eigenen Welt leben, stehe ich auf und gehe nach oben um meine Hausaufgaben zu holen. Als ich an der Abstellkammer vorbeikomme werde ich von hinten gepackt und kurz darauf hat man mich dort eingesperrt. „Hey! Was soll denn das? Lasst mich sofort hier raus!“ Ich hämmere mit den Fäusten gegen die Tür und höre nur ein böses Lachen. Seufzend lasse ich mich auf dem Boden nieder und ziehe die Beine an den Körper. Wie lange es wohl dauern wird, bis man mich findet? Plötzlich kommt mir ein Gedanke, ich schlage mir mit der flachen Hand gegen die Stirn und hole mein Handy aus der Schultasche. „Gideon? Ich wurde in die Abstellkammer in der Nähe der Mädchenzimmer eingesperrt und komme nicht mehr raus. Bitte hilf mir. Kuss Willow!“ Ich schicke die Nachricht ab, stecke das Handy wieder weg und warte nun auf meine Rettung, die sicherlich gleich da sein wird.
Schon nach wenigen Minuten klickt das Schloss, die Tür geht auf und ich blinzle in das Licht. Gideon steht in der Tür, ich erhebe mich und er nimmt mich in die Arme. „Das war Melissa gewesen. Ich habe ihre Stimme erkannt“, sage ich in sein Shirt hinein und schaue dann zu ihm auf. „Das weiß ich. Kurz nachdem du raus bist aus dem Aufenthaltsraum kam sie zu uns und hat sich auf meinen Schoß gesetzt. Sie hat gemeint du hättest mit mir Schluss gemacht und dich nicht getraut es mir zu sagen. Du würdest mir und ihr nicht im Wege stehen, da es eigentlich vorherbestimmt ist, dass Melissa und ich ein Paar sind und nicht du und ich.“ „So ein Miststück!“ Gideon nickt, nimmt seine Hand und wir gehen zurück, wobei ich meine Schultasche dabei habe. „Verhalte dich so normal wie möglich und lasse dir nichts anmerken. Das ist die beste Strategie um sie zu ignorieren.“
„In Ordnung.“ Kurz darauf sitzen wir wieder bei unseren Freunden und ich lehne mich lächelnd an Gideon. Dieser hat einen Arm um mich gelegt und haucht mir einen Kuss auf das Haar. Meine Haare sind in der Zeit seit ich im Internat bin noch weiter gewachsen und ich kann sie nun zusammenbinden, was mir viel besser gefällt als nur so kurzes Haar. Mein Blick gleitet durch den Aufenthaltsraum, ich treffe den von Melissa und lächle sie zuckersüß an, während sie vor Wut und Eifersucht raucht. „Also gut Mädels und Jungs! Wir müssen die Hausaufgaben erledigen bevor wir zu Abend essen“, sagt plötzlich Rachel und wir stimmen ihr seufzend zu. Gemeinsam stehen wir auf, nehmen unsere Sachen und machen uns auf den Weg in die Bibliothek.
Dort finden wir einen freien Tisch, beschlagnahmen ihn sofort und packen unsere Schulsachen aus. Ich habe mein Englischbuch geöffnet, mein Heft ebenfalls und lese mir die Aufgabe durch, um zu verstehen was die von einem wollen. Kurz darauf schreibe ich los und bin so in Gedanken, dass ich nicht mitbekomme, wie meine Freunde mir dabei zusehen. Erst als ich aufschaue habe ich es bemerkt und eine Augenbraue gehoben. „Was ist?“ „Wie kann man nur so schnell und voller Elan sein? Das ist total gruselig“, meint Lucy, ich lächle und lehne mich auf meinem Stuhl zurück. „Es macht mir Spaß Hausaufgaben zu erledigen und dem Unterricht zu folgen. Im Labor saßen wir alle in einem kahlen kalten Raum und ein Wissenschaftler hat alles herunter geleiert. Das war total langweilig und öde. Seine Stimme klang dabei wie das Quietschen einer Tür.“
Rachel und Lucy verziehen sofort das Gesicht und Thomas stöhnt gequält auf. „Kein Wunder, dass du hier dem Unterricht besser folgst und die Hausaufgaben mit viel Freude erledigst. Hier wechseln sich die Lehrer ab und bringen den Stoff im Unterricht viel besser rüber. Außerdem hat hier keiner so eine quietschende Stimme wie dieser eine Wissenschaftler“, meint Thomas, ich nicke und widme mich meinen Hausaufgaben. „Also mir würde es da nicht anders ergehen. So ein Erlebnis muss niemand haben. Dass ist das Allerletzte und immer mehr werden aus den Laboren befreit. Die Meisten apathisch und in einem Schockzustand“, meint Rachel und seufzt. Ich sehe wieder auf und nicke langsam.
„Ich war auch in eine Art Schockzustand gewesen als Professor Patel mich da raus geholt hat. Als ich das erste Mal die Sonne gesehen und die frische Luft eingeatmet habe, war das für mich wie so ein Flash gewesen. Wie berauscht“, erkläre ich, habe Englisch fertig und widme mich dem Biologieaufsatz. Meine Freunde nicken verstehend, widmen sich endlich ihren Hausaufgaben und Stille breitet sich über uns aus. Die Bibliothek ist nicht ganz voll, vereinzelte Schüler sitzen an den Tischen und entweder schreiben sie oder lesen sich etwas in einem Buch durch. Für einen Moment halte ich inne und sehe mich um. Dieser Ort ist etwas Besonderes, denn die vielen Bücher und diese Stille haben etwas mystisches an sich.
Ich fühle mich von Anfang an hier drinnen wohl und wenn es gehen würde, dann würde ich hier sofort einziehen. Meine Hausaufgaben beende ich nach einer ganzen Stunde, packe meine Schulsachen in die Tasche und warte geduldig auf meine Freunde. Um mir die Wartezeit etwas zu vertreiben stehe ich auf und schlendere durch die Regalreihen. Dabei lese ich die Buchrücken, komme immer weiter und bleibe dann stehen. Ein altes Buch sticht mir praktisch ins Auge, ich nehme es aus dem Regal und streiche über den Einband der schon ziemlich alt und zerschlissen ist. Auf dem Einband ist ein Wappen zu sehen, zwei Schneeleoparden die sich anschauen und ich klappe das Buch auf.
„Wissenswertes und Stammbaum der Familie Bingley!“ Ich schaue auf den Titel, mein Herz schlägt schneller und ich schlucke kurz. Mit zitternden Fingern streiche ich über diese Seite, atme tief durch und bin im Zwiespalt ob ich es wirklich wissen will. Die Neugier siegt natürlich am Ende, ich leihe es mir aus und die Bibliothekarin Emma lächelt mir aufmunternd zu. „Ein sehr interessantes Buch, Willow. Ich bin mir sicher du wirst es nicht bereuen.“ „Danke Emma.“ Ich gehe wieder zum Tisch, stecke das Buch in die Schultasche und sobald meine Freunde fertig sind, gehen wir unsere Sachen wegbringen um endlich etwas zu essen.
Beim Abendessen denke ich die ganze Zeit an dieses Buch und bekomme kaum mit, was ich da überhaupt esse. Auf der einen Seite bin ich neugierig und auf der Anderen eher skeptisch und misstrauisch. Was werde ich herausfinden? Das ich die verschwundene Tochter bin? Das die Beiden in Wahrheit meine Eltern sind? Die Wahrheit will ich gar nicht so genau wissen und lasse lieber die Finger vom Buch. Sobald ich alleine in meinem Zimmer bin, nehme ich doch das Buch in die Hand und setze mich auf das Bett. Eine ganze Zeit lang starre ich auf den Einband und atme tief durch. Soll ich es wirklich wagen? Ach was solls! Ich gebe mir einen Ruck, klappe das Buch auf und fange an zu lesen. Auf der ersten Seite ist der Stammbaum, welcher bis zu Beatrix und William geht und das Bild von der verschwundenen Tochter fehlt.
Stammbaum der königlichen Familie Bingley
Amtszeit
Constantin Bingley (1612-1724)
Marcia Finnley (1616-1725) 1641-1701
Jonathan Bingley (1679-1798)
Judy Haege (1684-1798) 1701-1761
Marybeth Bingley (1729-1854)
Ludwig Iding (1724-1850) 1761-1833
Leandra Bingley (1801-1936)
Dean Jones (1795-1932) 1833-1914
Joseph Bingley (1893-2010)
Sophia Kimber (1894-2010) 1914-1955
William Bingley (1934-
Beatrix Wilker (1937- 1955-
Ich mustere die gut erhaltenen Fotos von den Vorfahren und finde immer wieder eine Ähnlichkeit zu mir. Kann das wirklich sein? Langsam gewöhne ich mich an diesen Gedanken und finde es gar nicht mehr so abwegig, dass ich doch diese verschwundene Tochter bin. Doch zum Weihnachtsball werde ich es herausfinden, denn da ist das Königspaar zu Besuch da und dann wird die Wahrheit ans Licht kommen. Seufzend schließe ich das Buch, lege es auf den Schreibtisch zurück und lasse mich in die Kissen fallen.
Was wohl passieren wird, wenn es wirklich wahr ist? Jeder würde mir sozusagen in den Arsch kriechen und mir jeden Wunsch erfüllen. Man würde zu freundlich zu mir sein und aufpassen um mich nicht zu verärgern. Ich würde alles angebliche Freunde haben, nur damit diese im Glanz der Königsfamilie stehen. Anerkennung bekommen und hinter meinem Rücken schlecht über mich reden. Nein das würde ich niemals zulassen und besser vergessen. Ich bin niemals diese verschwundene Tochter! Ich verlasse das Bett, gehe ins Badezimmer und dusche ausgiebig. Das warme Wasser klärt meine langsam verknotenden Gedanken und als ich in Shirt und Shorts wieder in mein Zimmer komme liegt Gideon in meinem Bett. „Was machst du denn hier?“, frage ich ihn und bürste mein langes Haar.
„Ich habe geklopft aber du hast nicht aufgemacht. Da musste ich nachschauen ob es dir auch gut geht und habe gehört, dass du duschst. Also habe ich hier gewartet“, antwortet er, ich habe eine Augenbraue hochgehoben und Gideon grinst mich an. „Und du wolltest auch nicht zufälligerweise heimlich einen Blick auf mich werfen, wie ich nackt unter der Dusche stehe?“ Gideon verzieht gespielt grimmig das Gesicht und ich muss lachen. „Niemals! Meine Mama hat einen anständigen jungen Mann erzogen. Ich habe noch nie bei einer jungen Dame spioniert, wie sie nackt unter der Dusche aussieht. Nur bei meiner Mama aber da war ich erst vier Jahre alt.“ Noch immer kichere ich, binde meine Haare zusammen und setze mich neben ihn auf mein Bett. Gideon packt mich, zieht mich neben sich in seine Arme und ich bette meinen Kopf auf seinen Brustkorb.
„Ist das eigentlich erlaubt, dass du bei mir bist?“ „Es ist erlaubt solange wir nicht anfangen schmutzig zu werden.“ Als ich ihn misstrauisch anschaue muss Gideon fast lachen. „Na du weist schon. Die Biene und die Blume.“ „Okay kannst aufhören! Ich weiß wie das funktioniert, obwohl ich noch nie hatte.“ „Soll ich ehrlich sein? Ich hatte schon gehabt. Zwei mal um genau zu sein. Doch das soll nicht zwischen uns stehen. Ich liebe dich Willow. Mehr als alles andere was es auf der Welt gibt.“ Ich lächle, gebe ihm einen Kuss und bette meinen Kopf wieder auf seinen Brustkorb. „Das steht nicht zwischen uns Gideon Schatz. Ich liebe dich dennoch über alles. Ich habe dir nur gesagt, dass ich noch nie hatte und die im Labor hatten auch nie die Absicht gehabt. Sie hatten Angst wir würden noch mehr Gestaltwandler zeugen und auf die Welt bringen.“
Ich seufze bei der Erinnerung an dieses Verbot und erschauere. Gideon spürt mein Unwohlsein und drückt mich enger an sich. „Nicht mehr daran denken Willow. Es ist vorbei und vergessen. Damit kannst du abschließen“, beruhigt er mich und wir liegen noch eine Weile einfach so da. Genau um halb 11 Uhr nachts verabschiedet Gideon sich von mir mit einem innigen Kuss und geht zu seinem Zimmer. Ich sehe ihn in der Dunkelheit am Ende des Ganges verschwinden und schließe meine Tür wieder. Dann lege ich mich ins Bett und decke mich zu. Noch einige Zeit lang liege ich wach da und schlafe im Schein der Nachttischlampe ein.
„Du schaffst das Schatz! Unsere Tochter ist fast da!“ Ich sehe eine Frau in einem Krankenbett liegen die gerade ein Kind auf die Welt bringt. Sie muss so um die 20 Jahre alt sein und hat starke Wehen. Diese Frau ist Beatrix so wie ich es erkennen kann und sie sieht genauso aus wie ich. Nur um 4 Jahre älter und kurz davor, ihrer Tochter ein Leben zu schenken. Dann ist es soweit, das Baby ist auf der Welt und schreit. William und Beatrix freuen sich und bekommen die Kleine sofort. „Sie ist endlich da. Unsere kleine Willow Jean Bingley.“
Vor Schreck wache ich auf und sitze heftig atmend im Bett. Das war nur ein Traum und nicht real. Dennoch kommt es mir so bekannt vor und das Kind in meinem Traum heißt mit Vornamen genauso wie ich. Ach was! Mein Unterbewusstsein drängt mich dazu, daran zu glauben aber dem ist nicht so. Es hat mir nur einen Streich gespielt. Ich verlasse das Bett, dann mein Zimmer und tapse barfüßig nach unten in die Küche. Dort komme ich an einen riesigen Kühlschrank, öffne diesen und nehme mir etwas zu trinken raus. Den Saft gebe ich in ein Glas, stelle die Flasche wieder in den Kühlschrank und trinke in ruhe meinen Saft. Sobald das Glas leer ist spüle ich es aus, stelle es in den Geschirrspüler und schleiche mich sozusagen wieder nach oben in mein Zimmer.
Plötzlich höre ich Schritte, rutsche in einen dunklen Gang und drücke mich an die Wand, wobei ich die Luft anhalte. Dann sehe ich wie Melissa an meinem Versteck vorbei schleicht und die Treppe hinunter geht. Wo will sie um diese Uhrzeit hingehen? Sollte ich zurück ins Zimmer oder ihr folgen? Ich entscheide mich für das Zweite, schaue den Gang zurück wo sie hergekommen ist und dann hole ich sie schnell ein. Melissa verschwindet nach draußen, ich schleiche ihr nach und verstecke mich dann hinter einem Baum, von wo aus ich sie sehen und hören kann. Melissa geht zum Tor, bleibt dort stehen und offenbar wartet sie dort auf jemanden. Dieser lässt nicht lange auf sich warten, hat jedoch eine Kapuze auf und ich kann dessen Gesicht nicht erkennen.
„Wie sieht es aus? Schaffst du es Willow vom Internat zu bringen?“ Eine dunkle tiefe Stimme und offenbar männlich. „Ich weiß nicht was ich machen soll? Ich habe schon einmal eine Strafe bekommen. Ein zweites Mal will ich es nicht. Dann fliege ich am Ende noch von der Schule.“ „Ich will, dass Willow noch vor dem Weihnachtsball vom Internat fliegt. Sonst ist alles umsonst und ich werde niemals den Thron bekommen.“ Melissa nickt soweit ich das erkennen kann und fühlt sich unwohl. Offenbar soll sie versuchen mich vom Internat zu bringen, am besten noch, dass ich fliege. Die Stimme kommt mir bekannt vor, als ob ich sie schon einmal gehört hätte. Er will den Thron bekommen? Jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Sir Henry verlangt von Melissa, dass sie mich aus dem Internat raus bringen soll. Doch wieso macht sie das?
„Du weist was passiert, wenn du es nicht machst Melissa!“ Ich sehe das angstvolle Gesicht von ihr und ihre Augen sind geweitet. „Ich werde es machen Daddy. Dann kannst du Stolz auf mich sein.“ Mir klappt der Mund auf, ich bin total überrascht und sehe wie er ihre Wange durch die Gitterstäbe streichelt. „Sehr schön Prinzessin. Sobald ich den Thron habe erntest du Ruhm und Anerkennung und bekommst Gideon. Ansonsten sollte alles schief laufen, dann wirst du mit deinem Leben bezahlen.“
Sir Henry verschwindet wieder, ich sehe Melissa noch einmal an und schleiche mich dann ins Internat zurück. Schnell bin ich in meinem Zimmer verschwunden und kann hören wie sie zurück kommt. Vor meiner Tür bleibt sie kurz stehen, ich atme ruhig als wenn ich schlafen würde und kurz darauf kann ich eine Tür zu gehen hören. Erleichtert atme ich aus, lege mich wieder ins Bett und mache das Licht der Nachttischlampe aus. Die Decke ziehe ich mir bis zum Kinn hoch, rolle mich schützend zusammen und falle in einen festen Schlaf, ohne wirre Träume zu haben.
Ich habe es geheim gehalten und niemandem etwas gesagt. Noch nicht einmal Brenda weiß davon und das bleibt erst einmal so. Die Zeit bis zum Weihnachtsball vergeht wie im Flug und dieser besondere Tag ist nun endlich da. Lucy und ich sind in meinem Zimmer und nach wenigen Minuten ist Rachel auch endlich anwesend. Sie hat alles dabei was man zum vorbereiten braucht und stellt es ab. „Also erst einmal die tolle Neuigkeit. Jace geht mit mir zum Weihnachtsball und ich hoffe es wird doch noch etwas festes“, meint sie, freut sich richtig und wir mit ihr. „Es wird bestimmt etwas festes Rachel. Wir drücken dir die Daumen“, sagt Lucy und ich nicke bekräftigend. Die nächsten drei Stunden verbringen wir damit unsere Frisuren zu machen, uns zu schminken und am Ende das Kleid anzuziehen.
„Oh Willow! Du wirst jedem heute Abend die Show stehlen. Auch dem Königspaar“, bemerkt Rachel und Lucy stimmt ihr vollkommen zu. Ich stehe vor dem großen Spiegel, mustere mich von allen Seiten und sehe beide dann an. „Was ist, wenn es stimmt? Was wenn ich diese verschwundene Tochter wirklich bin? Wie soll ich darauf reagieren? Damenhaft in Ohnmacht fallen oder ganz undamenhaft das Weite suchen?“ Rachel und Lucy werfen sich einen Blick zu und wenden sich wieder an mich. „Wir werden dir beistehen und sollte es wirklich so sein, dann wirst du immer noch unsere Willow bleiben. Außer wir sollen dich eure Hoheit nennen oder eure Majestät.“
Ich hebe eine Augenbraue und schüttle mit dem Kopf. Lege mir den Diamantenschmuck an und das Diadem setzt mir Rachel noch auf. Dann bin ich wirklich fertig und meine beiden Freundinnen strahlen regelrecht. „Wow Willow! Ganz die verschwundene Tochter und Prinzessin.“ Ich verschränke die Arme, beide müssen kichern und endlich schaffen wir es aus dem Zimmer. Mein Schritt ist noch etwas steif da ich noch nie in Highheels gelaufen bin und dementsprechend sieht es sicherlich auch so aus. Als wir oben am Treppenabsatz stehen sehen uns alle an und ich finde Gideon sofort in der Menge. Er hat einen schwarzen Smoking an, sieht einfach nur perfekt aus und ich schmelze innerlich fast dahin.
Langsam komme ich die Treppe hinunter, Gideon hält mir seinen Arm hin und ich hake mich bei ihm unter. „Du siehst wunderschön aus Schatz“, flüstert er mir zu und ich werde rot. „Du aber auch.“ Gideon zeigt sein perfektes Lächeln und er führt mich in den Speisesaal, der heute Abend zu einem Ballsaal fungiert. In der Mitte ist eine Tanzfläche, einige stehen am Rande und die Meisten sitzen an den runden Tischen, die ebenfalls da sind. Gideon führt mich zu einem der Tische, zieht ganz Gentleman den Stuhl zurück und ich kann mich setzen. Rachel und Lucy bekommen die gleiche Behandlung und ich lächle. Ein Kellner kommt vorbei und hat Sektgläser auf einem Tablett. Gideon nimmt zwei Gläser runter, reicht mir eines und zum ersten Mal in meinem Leben trinke ich Sekt.
Als ich einen Schluck zu mir genommen habe prickelt es auf der Zunge und es geht weiter bis hinunter in den Magen. Leicht berauscht stelle ich das Glas ab und wir bekommen das Essen. Flambierter Plumpudding mit Truthahn und dunkler Soße. Es schmeckt einfach köstlich, ich esse alles auf und Rachel und Jace ziehen an einem Knallbonbon, welches Tradition ist. Ich schaue mich neugierig um, finde selbst Melissa drei Tische von uns entfernt und sie hat ebenfalls einen Partner. Doch Melissa ist mit den Gedanken ganz woanders und irgendwie tut sie mir schon leid. Schließlich steht sie wegen ihrem Vater unter Druck und hat Angst zu sterben. Das wiederum will ich nicht, denn das ist einfach nicht richtig. Sollte ich es Brenda erzählen? Würde sie mir glauben? Ich schaue mich um, suche sie und schweige. „Wen suchst du?“
Gideon holt mich wieder zu sich in die Gegenwart und ich sehe sie an. „Brenda. Ich will ihr etwas Wichtiges sagen.“ „Sie ist in ihrem Büro und unterhält sich mit dem Königspaar“, wirft Jace ein, ich sehe zu ihm rüber und nicke. „Warte lieber bis später oder morgen nach dem Frühstück. Dann hat sie Zeit und die Ruhe dafür“, schlägt Thomas mir vor und ich habe zu ende gegessen. Kellner kommen vorbei, nehmen das leere Geschirr wieder mit und ich nippe an meinem Sekt. „Sie sind da! Oh wie schön Königin Beatrix ausschaut“, haucht Rachel ehrfurchtsvoll und ich folge ihrem Blick zum Eingang des Speisesaals und kann die Beiden auch sehen. William in einem schicken schwarzen Anzug mit Krawatte und sie in einem langen roten Kleid was mit Diamanten besetzt ist.
Auf ihrem Kopf ein Diadem, welches im Licht des Kronleuchters funkelt und galant folgen sie Brenda. Sogenannte vier Bodyguards sind gleich hinter den Beiden und lassen niemanden aus den Augen. Passen gut auf, damit keiner den Beiden etwas antut. Melissa hat sich derweil ganz klein gemacht und versucht nicht aufzufallen. Brenda stellt sich in die Mitte der Tanzfläche und das beige lange Abendkleid umschmeichelt ihren gut gebauten Körper. „Darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten? Unsere besonderen Gäste sind jetzt eingetroffen. Beatrix und William Bingley“, sagt sie mit erhobener Stimme und alle applaudieren. Ich lasse es mir nicht nehmen, klatsche ebenfalls und lächle leicht.
Beatrix lässt ihren Blick über die Menge gleiten, bleibt bei mir stehen und ich sehe ein Glitzern in ihren Augen. Mein Herz schlägt schneller, ich verschlinge die Finger ineinander und sehe auf sie hinunter. „Sie sieht dich an Willow. Beatrix sieht dich ganz genau an“, flüstert Lucy mir zu und ich nicke unauffällig. „Das weiß ich und irgendwie fühle ich mich gerade etwas unwohl. Vor allem da sie ein Glitzern in den Augen hat.“ Ich schaue wieder auf, Beatrix flüstert etwas ihrem Mann zu und dieser nickt, bevor er mich ebenfalls erblickt. Seine Augen funkeln, ich bekomme schwitzige Hände und weiß einfach nicht wie ich reagieren soll. Es stimmt also. Ich bin es wirklich.
Ich spüre es, aber ich weiß nicht was ich machen soll. Also bleibe ich einfach auf meinem Platz sitzen und sehe, dass die Beiden sich an einem Tisch uns gegenüber auf der anderen Seite der Tanzfläche hinsetzen. So haben sie einen guten Blick auf mich und können mich beobachten. Dabei fühle ich mich aber nicht besser und mein Herz schlägt noch immer schneller. Gideon merkt mein Unwohlsein, nimmt meine Hand und führt mich nach draußen an die frische Luft. „Sie sind es oder? Deine Eltern.“ Gideon klingt nicht beleidigt oder eifersüchtig, sondern eher neugierig und beschützend. Er liebt mich wirklich und würde alles für mich tun. „Ich bin mir noch immer nicht sicher aber beide haben mich angesehen, als würden sie mich wieder erkennen“, erkläre ich und Gideon nickt verstehend.
„Bleiben wir doch erst einmal hier draußen und genießen die frische Luft, bevor wir wieder in die Höhle des Löwen gehen.“ Ich kichere, hake mich bei ihm unter und wir machen einen kleinen Spaziergang. „Beatrix Bingley hat ein Muttermal auf der rechten Schulter. Einen Halbmond und Berichten zufolge hat die Tochter das ebenfalls an der gleichen Stelle.“ Ich runzle die Stirn und hebe die Schultern. „Darf ich mal bei dir nachschauen?“ Gideon ist nun vorsichtig und wartet geduldig auf eine positive Antwort von mir. „Ja bitte schaue nach ob ich auch so etwas habe. Wenn nicht, dann bin ich nicht diese verschwundene Tochter und kann in aller Ruhe weiterleben. Gideon tritt hinter mich, dreht mich ins Licht der Laterne und schaut genau nach.
„Mhm...du hast auch so ein Mal auf deiner rechten Schulter“, sagt er nach einer Weile und stellt sich wieder vor mich hin. „Also gibt es kein zurück mehr. Ich bin es und kann es auch nicht abstreiten.“ Gideon seufzt, ich mache es ihm nach und hake mich dann bei ihm abermals unter. Wir spazieren noch eine Weile weiter, kommen dann wieder nach drinnen und Rachel wuselt zu uns herüber. „Brenda sucht dich schon die ganze Zeit Willow. Sie will dich den Beiden vorstellen“, sagt sie, ich werfe einen Blick zu Gideon und er nickt mir aufmunternd zu. „Ich werde dir zur Seite stehen“, sagt er und ich atme tief durch. Dann führt uns Rachel zum Büro von Brenda, klopft an und wir betreten es.
Brenda steht hinter ihrem Schreibtisch, lächelt uns zu und das Königspaar hat sich auf das Sofa gesetzt, wo die Besucher immer platz nehmen. Gideon macht die Tür hinter uns zu und bleibt neben mir stehen. „Du kennst das Königspaar Willow?“, fragt Brenda mich und ich nicke. „Sie haben gesagt, sie haben dich im Einkaufszentrum gesehen.“ Abermals nicke ich. „Willow? Du bist ihre verschwundene Tochter und du heißt Willow Jean Bingley.“ Was soll ich dazu sagen? Ich bin total durcheinander und Gideon drückt mich auf einen Stuhl. Brenda reicht mir eine Tasse Tee und ich nippe daran. „Es muss schwer für dich sein, so etwas zu erfahren aber wir sind es wirklich Willow“, fängt Beatrix an und ihre Stimme kenne ich. Ich erinnere mich daran wie sie mir abends immer vorgesungen hat und das war wunderschön gewesen.
„Du hast mir abends immer ein Schlaflied gesungen“, sage ich endlich und Beatrix nickt. „Das stimmt. Nur so hast du dann friedlich geschlafen. Du warst erst ein paar Tage alt als du nicht mehr in deinem Bettchen gelegen hast und wir sofort eine Suche gestartet haben. Niemand hatte etwas mitbekommen oder gesehen, aber wir haben nie aufgegeben und unsere Suche hat sich gelohnt“, meint nun William und ich atme zitternd tief durch.
„Also habe ich doch Eltern und man hat mich einfach entführt und in ein Labor gesteckt, wo man Experimente an mir gemacht hat.“ Meine Stimme ist erstickter, Tränen brennen in meinen Augen und kullern los, wobei diese sicherlich mein Make up versauen. Doch das ist mir egal. Gideon nimmt mir die Tasse aus den Händen, beide kommen auf mich zu und ich werde in ihre Arme gezogen. Endlich habe ich meine Eltern wieder und mein Leben ist perfekt. Wenn es wirklich nur so wäre, denn jetzt beginnt eine stressige Zeit für mich.
Nach dieser Wahrheit sind Gideon und ich alleine wieder zurück zum Fest und er führt mich auf die Tanzfläche. Jetzt soll es noch keiner wissen, dass ich diese verschwundene Tochter bin und ich erst einmal Ruhe habe. Gideon ist ein perfekter Tänzer, er kann mich gut führen und ich trete ihm kein einziges Mal auf die Füße. „Ich tanze das erste Mal in meinem Leben und kann das ziemlich gut“, schmunzle ich, Gideon grinst und gibt mir einen Kuss. Plötzlich ist um uns herum ein Aufruhr und wir halten inne. Überall ist Getuschel zu hören, wir schauen uns um und sie zeigen auf mich. Und schon beginnt ein Tumult und alle starren mich an. Offenbar hat jemand gelauscht und es nun allen erzählt.
Gideon hält mich fest und hat einen Arm um mich geschlungen. Das Gemurmel und Getuschel hebt an, ich fühle mich wie in einem Zoo und Brenda erscheint sofort. „Ich bitte um Ruhe und zwar sofort! Wer hat gelauscht und plaudert nun aus dem Nähkästchen?“ Ihre Augen suchen die Menge ab aber niemand gibt es zu. Rachel, Lucy, Thomas und Jace stellen sich zu Gideon und mir und sehen ebenfalls in die Menge. „Haltet euch zurück und lasst Willow in Ruhe. Höre ich auch nur das kleinste Fünkchen, dass hier irgendjemand Willow schaden will, der wird vom Internat fliegen“, fügt Brenda noch hinzu und ist sehr ernst. Meine Freunde führen mich in einer Traube aus dem Speisesaal und bei der Treppe halten wir an. „Wir stehen noch immer hinter dir Willow und bleiben an deiner Seite“, meint Lucy und die Anderen stimmen ihr zu.
„Danke. Ich habe schon geahnt, dass es so werden wird. Alle starren mich nun mehr an und werden mir sicherlich noch in den Arsch kriechen.“ Ein Schnauben dringt zu uns rüber und wir sehen Melissa aus dem Dunkeln treten. „Das glaubst du doch wohl selber nicht Bingley“, meint sie und ich hebe eine Augenbraue. „Na Melissa, mal wieder etwas von Daddy gehört?“, frage ich sie und Melissa wird erst blass und dann rot. Jetzt weiß sie, dass ich es vor ein paar Monaten mitbekommen habe. Ohne ein Wort geht sie weiter und verschwindet nach oben im Mädchentrakt. „Was meinst du damit Willow?“ Ich drehe mich zu meinen Freunden um und atme tief durch. Ein schneller Blick ob man uns belauschen könne, ziehe ich sie in einen dunklen Gang und erzähle ihnen im Flüsterton, was ich vor zwei Monaten erfahren habe. Schweigend hören sie mir zu und sobald ich fertig bin, denken sie nach.
„Dann müssen wir jetzt mehr auf dich aufpassen und das nicht so auffällig. Und morgen sollte es Brenda auch erfahren“, sagt Thomas und alle stimmen ihm zu. Also gehen wir die Treppe hinauf, verabschieden uns voneinander und ich verschwinde in meinem Zimmer. Dort ziehe ich die Highheels aus, schlüpfe aus dem Kleid und hänge es in den Schrank. Dann lege ich den Schmuck ab, nehme das Diadem von meinem Kopf und verstaue alles in einem Safe, der in meinem Schrank steht. Müde entferne ich noch das Make up, lasse mich ins Bett fallen und kaum habe ich mich zugedeckt, bin ich auch schon eingeschlafen. In den nächsten Tagen reden alle über mich, schweigen wenn ich an ihnen vorbei gehe und ich bin froh, als die meisten Schüler über Weihnachten nach Hause fahren.
Ich bleibe im Internat genauso wie Lucy und Thomas und verabschiede mich von Gideon draußen auf dem Parkplatz. „Ich werde jeden Tag an dich denken“, flüstere ich, Gideon nickt und wir küssen uns innig. Dann steigt er in eine schwarze Limousine, winkt mir zu und fährt davon. Ich sehe ihm lange nach bis die Limousine verschwunden ist und gehe wieder nach drinnen. Auch Melissa und ihre Freundinnen sind nicht da und ich werde einige Zeit lang aufatmen können. Niemand starrt mich an, zeigt mit dem Finger auf mich oder tuschelt hinter meinem Rücken. Nur wenige Schüler sind noch da und im Aufenthaltsraum kann ich mich auf das Sofa fallen lassen. „Endlich Ruhe und Erholung. Wurde aber auch Zeit“, meint Lucy, lässt sich neben mir nieder und legt die Beine auf den kleinen Tisch.
„Wie recht du hast Lucy. Einfach herrlich. Niemand der mich anstarrt, mit dem Finger auf mich zeigt oder sonst etwas hinter meinem Rücken macht. Vor allem sind jetzt alle total freundlich zu mir und tragen meine Schulsachen“, erwidere ich und Lucy muss lachen. „Lass dir das nur nicht zu Kopf steigen Willow. Ich werde dir nicht in den Arsch kriechen und alles machen was du willst. Das kannst du schließlich schon selber.“ „Das will ich auch nicht, aber die sind alle so, seitdem sie wissen, dass ich Willow Jean Bingley bin.“ Thomas erscheint mit einem Tablett voller Plätzchen und stellt es auf den kleinen Tisch, bevor er sich vor mir verbeugt. „Hier eure Hoheit. Die versprochenen Plätzchen“, grinst er, bekommt von Lucy einen kräftigen Knuff und ich muss kichern.
„Hör auf damit! Das ist nicht witzig und auch nichts zum lachen. Ich will nicht anders behandelt werden als vor diesem Geständnis.“ Thomas und Lucy müssen lachen und wir essen in Ruhe die Plätzchen. Genießen den Nachmittag. Am Abend sind nur wenige Plätze im Speisesaal besetzt und die Ruhe ist greifbar zu spüren. „So könnte es immer sein. Ruhe und Erholung“, meine ich und meine beiden Freunde stimmen mir zu. „Was machst du eigentlich in den Sommerferien?“ Ich trinke einen Schluck von meinem Saft und sehe beide lächelnd an. „Ich werde mein Zuhause kennenlernen und vielleicht kann und darf ich Gideon mitbringen“, antworte ich und Lucy lächelt. „Ganz bestimmt Willow. Soweit ich weiß sind deine Eltern wirklich sehr nett, spenden jedes Jahr an Kinderheime und sind auf jeder Spendengala zugegen.
Die Besten, die wir Gestaltwandler je bekommen haben.“ „Wow das klingt wirklich gut und ich bin gespannt, wie und wo sie wohnen“, meine ich, schaue mich um und ein jüngerer Schüler kommt zu uns. Ich hebe eine Augenbraue, er stellt ein Tablett mit Tassen voller heißer Schokolade hin und verneigt sich kurz vor mir, bevor er schnell das Weite sucht. „Ich will es gar nicht erst verstehen“, murmle ich und nehme mir eine Tasse heißer Schokolade. „Ich auch nicht aber es schmeckt wirklich gut“, erwidert Lucy und wir genießen diese Aufmerksamkeit. Nachdem wir fertig sind mit essen gehen wir wieder in den Aufenthaltsraum und setzen uns auf unseren Stammplatz.
Thomas hat sein Handy hervorgeholt, schreibt Nachrichten und ich habe meinen Laptop auf meine Beine gestellt. Eine Mail ist eingegangen, ich öffne diese und sie ist von meiner Mutter.
„Meine kleine Prinzessin!
Wir haben dein Konto wieder eröffnet und du hast genug Geld um shoppen zu gehen. Deine Kreditkarte wird an Brenda geschickt und sie reicht diese an dir weiter. Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
In Liebe deine Eltern William und Beatrix!“
Ich lächle über diese Mail, schreibe zurück und es gefällt mir, endlich Eltern zu haben. Vor allem da ich 16 Jahre lang im Glauben war, keine zu besitzen und zu glauben, dass sie beide tot sind. Schon bald gähne ich nur noch, klappe meinen Laptop zu und erhebe mich. „Ich werde jetzt ins Bett gehen und schlafen. Gute Nacht ihr beiden und wir sehen uns morgen beim Frühstück.“ „Gute Nacht Willow. Prinzessin Willow Jean Bingley und ruht im Bett“, grinst Thomas, bekommt von Lucy einen Knuff und ich strecke ihm die Zunge raus. Dann verlasse ich den Aufenthaltsraum, gehe langsam die Treppe hinauf und verschwinde in meinem Zimmer. Dort lege ich meinen Laptop auf den Schreibtisch, verschwinde im Badezimmer und entkleide mich.
Danach gehe ich unter die Dusche, wasche mich ausgiebig und trockne mich in aller Ruhe ab. In einem Shirt und in Shorts lege ich mich ins Bett, decke mich zu und schaue abermals an die Zimmerdecke. Das Licht habe ich aus geschalten, lächle vor mich hin und bin glücklicher als je in meinem gesamten bisherigen Leben. Gut einen glücklichen Moment habe ich gehabt und zwar als ich aus dem Labor befreit wurde. Das hat mir ein neues befreites Leben gegeben und mit diesem Glücksgefühl schlafe ich ein. Nur dauert mein Schlaf nicht lange, denn ein Geräusch reißt mich aus einem Traum und ich öffne die Augen. Irgendjemand ist in meinem Zimmer, ich will schreien doch derjenige packt mich und hält mir den Mund zu.
„Wenn du schreist dann schneide ich dir die Kehle durch“, droht mir eine dunkle männliche Stimme und ich schweige. Meine Atmung geht schneller, mein Herz rast und das Blut rauscht mir in den Ohren. Grob werde ich auf den Bauch gedreht, meine Arme hinten auf dem Rücken zusammengebunden und dann bekomme ich ein Tuch um die Augen gebunden, damit ich nicht sehe wo es hingeht. Zuguterletzt bekomme ich einen Knebel in den Mund, werde einfach über die Schulter geworfen und man trägt mich als Fracht nach draußen. Kälte fährt mir über meine nackte Haut, ich fange an zu frieren und bekomme eine regelrechte Gänsehaut. Kurz darauf werde ich auf einen Rücksitz verfrachtet, eine Tür knallt zu und kurz darauf fährt mein Entführer einfach los. Entführt mich aus dem Internat und ich rätsle wer es nur sein kann.
Wie lange die Fahrt dauert weiß ich nicht und ich frage mich, ob man meine Entführung irgendwann bemerkt. Schließlich werde ich nicht aufstehen und frühstücken gehen. Irgendwann hält das Auto, ich kann eine Tankstelle erkennen und mein Entführer steigt aus. Während er das Auto volltankt bewege ich hinter meinem Rücken die Hände und reibe das Seil an etwas Spitzem hinter mir. Irgendwann ist das Seil dünner und mein Entführer geht bezahlen. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit, er würde gleich wiederkommen und dann verpasse ich die Chance zu fliehen. Endlich habe ich das Seil durch, reiße mir den Knebel aus dem Mund und öffne hinter mir die Tür. Vorsichtig lasse ich mich zu Boden gleiten, schließe die Tür wieder und krieche am Boden entlang hinter eine Tanksäule.
Dann richte ich mich etwas auf, mein Entführer holt sich noch etwas zu essen und das ist nun meine Chance. So schnell ich kann renne ich in den anliegenden Wald und schaue auch nicht nach hinten. „Hey! Du blödes Miststück! Bleibe sofort stehen! Hast du mich verstanden?“ Ich werde schneller, höre ihn hinter mir und beschleunige auch sofort. Plötzlich verliere ich im wahrsten Sinne des Wortes den Boden unter den Füßen und stürze einen Abhang hinunter. Nehme jeden Stein, jeden Busch und jeden Felsen mit. Irgendwann stoppt mein freier Sturz nach unten und mir scheint als sei alle Luft aus mir herausgepresst wie die Zahnpasta aus einer Tube. Ist er mir gefolgt? Offenbar nicht, denn ich höre nicht, dass er hinter mir her ist. Offensichtlich denkt er ich habe den Sturz nicht überlebt und das ist auch gut so.
Mein Kopf dröhnt als wenn ich zu viel getrunken und am nächsten Morgen einen Kater dafür bekommen hätte. Ich fühle mich als wenn ich unter einer Dampfwalze gekommen wäre und versuche mich aufzurichten. Ein heftiger Schmerz schießt durch meinen gesamten Körper, Schwindel erfasst mich und ich sinke stöhnend wieder zu Boden. Aber ich muss aufstehen, denn es hat angefangen zu schneien und es ist eiskalt in der Nacht. Also starte ich einen neuen Versuch und habe es endlich geschafft. Das Laufen schmerzt, das Atmen fällt mir schwer und mein rechter Arm hängt in einem komischen Winkel von meinem Körper runter. Mein Kopf ist kurz vor dem explodieren und ich fühle mich wirklich schrecklich. Ich schaue mich um, bin in einem Wald und seufze.
Niemand ist zu sehen oder zu hören. Nur das Knacken von einem Zweig oder Ast dringt mir an die Ohren und irgendwann habe ich mich daran gewöhnt. Schon nach einer gewissen Strecke bin ich mit meinen letzten Kraftreserven am Ende und würde mich am liebsten irgendwo hinlegen und schlafen. Doch ich habe gelernt wach zu bleiben und nicht zu ruhen. Irgendwann komme ich an einen reißenden Fluss, er ist dunkel und bedrohlich und ich kann weit und breit keine Brücke sehen. Also muss ich da durch und das ausgerechnet mit nackten Beinen. Ich beiße die Zähne zusammen, steige mit dem linken Fuß zuerst in das eiskalte Wasser und hole zischend Luft was meinen Lungen nicht gut tut. Schnell habe ich den zweiten Fuß drinnen, sofort werden beide Füße taub und kribbeln vor Kälte.
Eisige Wellen schlagen mir gegen die Beine und werden ebenfalls taub. Nur langsam komme ich voran, sehe die andere Seite noch nicht und muss vorsichtig sein, sonst rutsche ich aus und falle hinein. Auf der Hälfte der Strecke rutsche ich auf einem glitschigen Stein aus, stürze mit einem Schrei in die eiskalten Fluten und tauche kurzzeitig unter. Sofort bin ich durch gefroren, strample mit den Armen und Beinen und versuche wieder an die Wasseroberfläche zu gelangen. Das stellt sich jedoch schwieriger heraus als es scheint und irgendwann habe ich keine Kraft mehr, lasse mich einfach treiben. Was bringt es mir denn zu kämpfen und weiter zu leben? Einfach gar nichts wofür es sich zu leben lohnt.
Doch! Gideon zum Beispiel und meine Freunde und meine Eltern, die ich doch erst vor kurzem kennengelernt habe. Vor allem will ich Sir Henry nicht die Genugtuung geben den Thron doch noch zu bekommen. Ungeahnte Kräfte durchfluten mich, ich verwandle mich in einen Schneeleoparden und durchbreche die Wasseroberfläche. Dann schwimme ich ans Ufer, steige raus und schüttle mich. Jetzt geht es mir schon etwas besser, ich lausche und dann renne ich auch schon los. Obwohl ich verletzt bin komme ich gut voran und bin bald an einer Straße angelangt. Dort verwandle ich mich wieder, setze mich kurz auf einen Baumstumpf und ruhe mich aus. Meine Kräfte habe ich nun vollkommen verbraucht und ich schaffe es nicht mehr. Ich bin durch gefroren, habe starke Schmerzen und will nur noch in mein warmes kuscheliges Bett.
Langsam erhebe ich mich, schwanke kurz und mache mich auf den Weg die Straße entlang. Immer mehr komme ich ins stolpern, atme noch schwerer und habe das Gefühl, gleich zu ersticken. Dann höre ich ein Auto, es kommt immer näher und blendet mich. Im ersten Moment denke ich, dass es dieser Entführer ist und will schon weglaufen, als es anhält und ein Mann aussteigt. „Prinzessin Willow?“ Ich blinzle gegen das Scheinwerferlicht des Autos, sehe einen großen breitschultrigen Mann und erkenne ihn als einen der Bodyguards meiner Eltern. Nur der Name fällt mir nicht ein. „Verzeihen Sie Prinzessin. Mein Name ist Angus und ich soll auf Sie aufpassen. Aber was machen Sie denn so weit vom Internat entfernt?“ Sieht er das denn nicht? Ich kann ihn langsam erkennen, er mich ebenfalls und sofort wird er ernst. „Was ist passiert?“
„Ich wurde mitten in der Nacht entführt, konnte jedoch entkommen und bin irgendwo nach unten gestürzt. Dabei habe ich alles mitgenommen. Steine, Büsche und Felsen. Und ich bin in einen Fluss gestiegen um auf die andere Seite zu kommen“, erkläre ich ihm mit immer leiser werdenden Stimme und kippe nach vorne. Schnell ist Angus bei mir, fängt mich auf und nimmt mich auf seine Arme. „Können Sie sich daran erinnern wer Sie entführt hat? Haben Sie Ihren Entführer erkannt?“ Seine Fragen dringen wie durch Watte an meine Ohren und langsam weiter in mein Gehirn. „Nein ich kann mich nicht an ihn erinnern. Ich wurde von ihm aus den Schlaf gerissen und er hat mir gedroht. Wenn ich schreie, dann schneidet er mir die Kehle durch. Bei einer Tankstelle konnte ich mich befreien und bin geflohen.
Aber jetzt habe ich keine Kraft mehr und will nur noch schlafen.“ Angus hat mich zu seinem Auto getragen, dort wickelt er mich in eine Decke ein und setzt mich auf den Rücksitz wo er mich anschnallt. Dann macht er die Tür zu, steigt vorne ein und dreht die Heizung richtig auf. Der Sitz unter mir heizt sich auf, ich spüre die Wärme auf mich übergehen und wie die Schmerzen immer stärker werden. Auch kommt die Müdigkeit hoch und ich schließe die Augen. „Nicht einschlafen! Wenn Sie einschlafen Prinzessin, dann könnte Ihr Herz aufhören zu schlagen und das ist nicht gut. Ich will nicht, dass Sie mir im Auto sterben. Erzählen Sie mir von Ihrem bisherigen Leben.“ Ich öffne die Augen, sehe zu ihm nach vorne und bewege mich kein Stück.
Schließlich ist jede Bewegung schmerzhaft und das Atmen fällt mir noch immer schwer. Und dann fange ich an alles zu erzählen woran ich mich noch erinnern kann. Die ganze Zeit über schaue ich aus dem Fenster und zwinge mich dazu, nicht einzuschlafen. Angus hört ganz genau zu, stellt mir immer wieder Fragen und hält mich dadurch wach. Was natürlich auch ganz gut funktioniert und wir schon bald auf dem Parkplatz des Internats halten. Angus steigt aus, öffnet meine Tür und schnallt mich ab. Dann nimmt er mich auf seine Arme und ich stöhne vor Schmerzen auf. Schnell rennt er mit mir nach drinnen, die Treppen rauf und zur Krankenstation. Schwaches Licht brennt von der Decke, es wird aber sofort heller und ich kneife die Augen zusammen.
Die Ärztin taucht in ihrem weißen Kittel auf, sieht mich und atmet hörbar aus. „Verdammt was ist passiert? Ich brauche hier mal Hilfe“, ruft sie und sofort sind ein paar Krankenschwestern da. Angus legt mich auf eine Liege, nimmt die Decke weg und geht. Man zieht mir das Shirt aus, ich lasse einen Schrei des Schmerzes los und wimmere auch leise auf. Sie schieben mich in einen Raum, hier wird geröntgt und kurz darauf darf ich mich nicht bewegen. Mein ganzer Körper wird geröntgt, ich bin kurz darauf wieder im Behandlungsraum und die Ärztin schaut sich die Aufnahmen an. „Schulter ausgekugelt, zwei Rippen gebrochen, Gehirnerschütterung und verstauchter Knöchel“, kann ich hören und mir wird ganz unwohl. Zuerst kümmern sie sich um meinen Knöchel, dieser wird mit einem straffen Verband gestützt und auch mein Brustkorb bekommt einen.
Dann bekomme ich Angst, denn eine Schwester packt mich an den Schultern, die Ärztin packt meinen rechten Arm und mit einem kräftigen Ruck hat sie meine Schulter wieder eingerenkt. Mein Schrei ist sicherlich im ganzen Internat zu hören, mein Arm wird in eine Schlinge gelegt und ich bin wie benebelt. Der Schmerz durchfährt mich noch immer, die Ärztin legt einen Zugang für eine Infusion und dass ist das Letzte was ich noch mitbekomme, bevor ich in die tiefe und schwarze Dunkelheit versinke.
Als ich irgendwann wieder zu mir komme sitzt jemand neben meinem Bett und ich kann Gideon erkennen. Er hat jedoch seinen Kopf auf meine Decke gebettet und schläft. Ich lächle leicht, hebe meinen Arm und streiche ihm durch das Haar. Dadurch wird er wach, blinzelt und sieht mich an. Dann lächelt er und richtet sich auf. „Hey.“ „Hey. Wie lange war ich weg?“ „Weihnachten ist leider schon vorbei. Es hat dich richtig lahm gelegt. Fast eine Woche lang. Die haben schon darüber diskutiert dich ins Krankenhaus zu stecken und deine Eltern wollen dich sofort zu sich holen, damit du in Sicherheit bist“, erklärt er mir, beugt sich über mich und haucht mir einen Kuss auf das Haar.
„Ich will hier aber nicht weg. Ich will im Internat bleiben“, protestiere ich und Gideon lächelt mich beruhigend an. „Ganz ruhig Liebes. Du bleibst auch hier, denn Brenda hat mit deinen Eltern geredet und du hast einen Bodyguard der die ganze Zeit lang vor der Krankenstation Wache gehalten hat. Angus soweit ich weiß. Wenn du an ihm vorbei willst, dann musst du dich ausweisen können.“ Ich kichere und muss dann lachen was mir Schmerzen bereitet. „Au das Lachen tut weh Schatz. Bitte nichts lustiges mehr“, bringe ich hervor und reibe mir die schmerzende Stelle. „Es tut mir leid Willow. Also auf jeden Fall bleibst du im Internat und bald geht der Unterricht wieder los. Du darfst aber erst wieder hier raus, wenn dein Knöchel ganz ist. Sie haben dich am Anfang in viele Decken gehüllt, da du total unterkühlt gewesen bist.“ „Ich bin in einem Fluss gewesen und das bei Minusgraden.
Doch woher weist du das Alles? Du warst doch bei deinen Eltern?“ Ich setze mich etwas auf, habe kurz nur schwarz vor den Augen gehabt und diese kurze Anstrengung hat mir den kalten Schweiß auf die Stirn getrieben. Gideon hat sofort ein Tuch zur Hand und tupft mir den Schweiß von der Stirn. „Sei langsam. Dein Kreislauf muss erst wieder in Schwung kommen.“ „Das war schon langsam gewesen. Ich lag einfach zu lange da und ich muss mich bewegen, damit es bergauf geht.“ Gideon nickt, es klopft leise und Rachel steckt den Kopf rein. „Hey du bist endlich wach. Das wurde aber auch Zeit Prinzessin. Du kannst nicht tagelang nur schlafen und wir machen uns hier Sorgen“, sagt sie, schließt hinter sich die Tür und setzt sich zu mir ans Bett. „Es tut mir leid Rachel. Ich wollte auch nicht solange schlafen aber mein Körper war da anderer Meinung.“
Rachel nickt verstehend und lächelt. „Lucy wird sich freuen, dass du endlich wach bist und sie kommt mit etwas Nahrung hierher. Schließlich brauchst du auch etwas zu essen. Nur ist das was du bekommst leichte Kost wie Suppe.“ Ich verziehe das Gesicht und seufze. „Ich mag keine Suppe. Suppe macht nicht satt“, grummle ich, Lucy erscheint wie gerufen und hat ein Tablett mit. „Lieferung ist da! Es gibt Hühnersuppe mit ganz weichem Brot, zum Nachtisch Vanillepudding und Tee“, sagt sie, stellt es ab und reicht mir den Teller mit der Suppe. Ich rümpfe die Nase darüber, meine Freunde grinsen und ich fange an zu essen. Es fühlt sich an als würde meine Speiseröhre verbrennen und ich muss husten. „Zu heiß?“ „Nein aber es brennt wie Feuer.“ „Das ist normal und wird schon wieder.“
Ich nicke, esse ganz langsam weiter und habe nach einer halben Ewigkeit den Teller geleert. Danach teste ich es mit dem Pudding aus und der kühlt meine Speiseröhre, was mir wirklich gut tut. Am Ende trinke ich noch den Tee und stelle alles weg. „Was mache ich denn, wenn ich mal auf die Toilette muss?“ Wie aufs Stichwort erscheint eine der Krankenschwestern, tritt lächelnd an mein Bett und sieht mich an. „Dann werde ich dir dorthin helfen Willow.“ Ich habe eine Augenbraue angehoben und mustere sie skeptisch. Die Krankenschwester schlägt die Bettdecke zur Seite, ich trage ausgerechnet so ein niedliches Krankenhaushemd und Gideon dreht sich weg, damit es mir nicht peinlich ist.
Vorsichtig stehe ich auf, die Krankenschwester fasst mir unter den Arm und ich humple stark zum angrenzenden Badezimmer. Zum Glück lässt sie mich alleine, ich kann mein Geschäft erledigen und danach wasche ich mir meine Hände. Sobald ich sie abgetrocknet habe ist die Krankenschwester wieder bei mir und hilft mir zurück zum Bett wo sie mich dann auch zudeckt. Sie lässt mich alleine und ich streiche die Bettdecke glatt. „Am liebsten würde ich schon jetzt aufstehen und gehen aber ich darf noch nicht“, murmle ich und meine Freunde trösten mich. „Weist du was? Du hast Weihnachten verpasst und noch nicht deine Geschenke ausgepackt“, lenkt Rachel mich ab, erhebt sich und geht zu einem Tisch der mit bunten Geschenken bestückt ist. Sie bringt mit Lucy alle zu mir rüber und ich lächle.
Das erste Päckchen ist lila verpackt und ich öffne es. Zum Vorschein kommt ein Buch und es hat einen roten Einband. „Es ist ein Tagebuch. Da kannst du alle deine Gedanken und Geheimnisse reinschreiben. Es gibt sogar einen Stift dazu“, erklärt mir Rachel, ich bedanke mich und lege es zur Seite. Das nächste Geschenk ist himmelblau eingepackt und das Papier kommt ab. Ein kleines Päckchen kommt zum Vorschein und Lucy lächelt. „Ein Ipod. Du kannst dort deine Lieblingsmusik drauf laden und sie jeden Tag anhören. Solange du willst.“ „Vielen Dank.“ Ich lege das Gerät auf mein Tagebuch und widme mich einem rot eingepackten Geschenk. Von Gideon. Dieses öffne ich, lächle und gebe Gideon einen Kuss. Es ist eine Diamantenbrosche, sie funkelt und es ist wirklich ein sehr schönes Geschenk. „Es ist wunderschön. Danke Gideon.“
Vorsichtig bette ich die Brosche wieder auf das Samtkissen im Kästchen und lege es auf mein Tagebuch. Das letzte Geschenk ist in Gold gepackt, es kommt von meinen Eltern und ich öffne es. Zum Vorschein kommt ein weiteres Buch und es ist die Familiengeschichte der Bingley. „Oh das muss ein Vermögen gekostet haben“, bemerke ich, lege das Buch vorsichtig zur Seite und lege mich hin. „Jetzt sollten wir dich alleine lassen, damit du noch etwas ruhen kannst.“ „Ach nein! Geht noch nicht und lasst mich nicht alleine“, flehe ich und sehe meine Freunde an. „Wir kommen Morgen dich wieder besuchen. Versprochen und in drei Tagen beginnt das neue Jahr. Es gibt eine Silvesterparty.“
Rachel fängt an zu schwärmen und ich schmolle. „Na vielen Dank auch! Ich kann nicht kommen, denn ich darf das Bett nicht verlassen. Außer wenn ich mal auf die Toilette muss.“ „Wisst ihr was? Wieso feiern wir denn nicht einfach hier bei Willow? Thomas und Jace kommen auch mit hierher und dann bist du nicht so alleine.“ Ich sehen Lucy freudig an und nicke zustimmend. „Das ist eine gute Idee Lucy. Vielen Dank.“ „Aber jetzt lassen wir dich alleine. Gideon bleibt noch ein bischen, bis du eingeschlafen bist.“ Rachel und Lucy erheben sich, stellen ihre Besucherstühle zur Seite und verlassen die Krankenstation. Ich sehe wie die Tür geschlossen wird und wende mich Gideon zu. „Ich freue mich zu Silvester nicht alleine zu sein und das ich bald wieder hier raus komme.“ „Ja ich freue mich auch. Das ganze Internat spricht von deiner Entführung und die Gerüchteküche brodelt was das Zeug hält“, meint Gideon und ich verdrehe die Augen.
„Na toll! Kaum Prinzessin und schon spinnen sich alle etwas zusammen. Und was sagen die so?“ Gideon lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und grinst breit. „Die Storys hier im Internat werden immer interessanter. Zum Beispiel hat eine 13-jährige behauptet, dass Schlafgas ausgestoßen wurde, damit niemand deine Schreie um Hilfe hören konnte.“ Ich hebe eine Augenbraue und schmunzle. „Naja so war das gar nicht gewesen. Ich habe gerade geschlafen als ich aus meinem Traum gerissen wurde und eine tiefe dunkle Stimme mir gedroht hatte. Sollte ich um Hilfe schreien, dann wird er mir die Kehle aufschneiden. Also habe ich geschwiegen und ich habe auch nicht daran gedacht mich zu verwandeln.
Er hat mich gefesselt und geknebelt, aus dem Internat geschleppt und in ein Auto auf die Rückbank verfrachtet. Bei einer Tankstelle konnte ich mich befreien und bin in den anliegenden Wald gerannt. Leider stürzte ich einen Abhang hinunter und ich musste durch einen Fluss der wirklich eiskalt gewesen ist“, erzähle ich Gideon und er nickt immer mal wieder. „Niemandem ist dieses Auto aufgefallen und auch der Tankwart hat nichts mitbekommen. Auch nicht, wie du geflohen bist. Er meinte, der Mann sei ganz normal gewesen und hat auch in aller Ruhe sein Sandwich gegessen. Beschreiben konnte der Tankwart ihn jedoch ziemlich gut und die Security samt Polizei vermuten einen Mitarbeiter von Sir Henry. Und ja die Polizei hat alles Gestaltwandler in ihren Reihen. Das wissen die normalen Menschen jedoch nicht und sollten sie auch niemals erfahren.“
Ich nicke dieses mal und verstehe alles was er mir erzählt hat. „Ich bin auf jeden Fall froh, alles überlebt zu haben, denn dieser Sturz war schon extrem gewesen.“ „Da hast du allerdings recht Willow. Deinen Arm mit deiner wieder eingerenkten Schulter darfst du nämlich 6 Wochen lang in dieser Schlinge tragen.“ „Und wie schreibe ich im Unterricht mit? Ich bin Rechtshänder.“ „Da lassen sich die Lehrer schon etwas einfallen. Kann sein, dass jemand aus deiner Klasse mitschreiben wird und dessen Unterlagen kopiert werden für dich. Schließlich gibt es am Ende diesen Schuljahres Prüfungen um zu sehen, wie viel wir im Kopf behalten haben.“ „Ach darauf freue ich mich schon jetzt und das ist noch nicht einmal sarkastisch gemeint. Solche Herausforderungen machen mir Spaß.“
„Du bist wirklich eine ungewöhnliche junge Frau, Willow Bingley. Aber das gefällt mir und jetzt solltest du schlafen und dich ausruhen.“ Gideon nimmt vom Nachtschrank einen kleinen Becher, reicht den mir mit einem Glas Wasser und ich sehe mindestens vier Tabletten. Ich verziehe das Gesicht, nehme diese ein und trinke das ganze Glas leer, damit die Tabletten besser rutschen. Gideon nimmt mir die Sachen wieder ab, stellt diese weg und deckt mich richtig zu. Dann gibt er mir einen innigen kurzen Kuss auf die Lippen, mein Herz schlägt dadurch schneller und ich schlafe mit einem Lächeln ein.
Am letzten Tag des Jahres ist Silvester und an diesem Tage wache ich erst gegen Mittag auf. Vorsichtig strecke ich mich, sofort ist eine Krankenschwester anwesend und hilft mir wie die letzten Tage auf die Toilette. Mein Kreislauf kommt langsam wieder in Schwung, ich fühle mich auch schon besser und esse auch mit viel Freude die tägliche Suppe. Schon kurz nachdem Mittagessen erscheinen meine Freunde, schmücken die Krankenstation und haben Sekt mitgebracht. Ich sitze entspannt in meinem Bett, schaue ihnen zu und lächle. „Ich freue mich hier nicht alleine zu sein und das ihr bei mir seid“, fange ich an und es klopft an der Tür. Angus mein Bodyguard steckt seinen Kopf rein und nickt mir zu. „Prinzessin Willow? Eure Eltern sind hier um mit Ihnen Silvester zu feiern?“
Ich setze mich aufrechter hin, bin erstaunt und meine Eltern betreten in Alltagskleidung die Krankenstation. Selbst in solchen normalen Klamotten strahlen sie Macht und Eleganz aus. „Hallo Mäuschen. Wir haben uns gedacht, wir feiern mit dir Silvester“, sagt meine Mum, mein Dad stellt eine Flasche Champagner hin und sie helfen meinen Freunden beim schmücken. Ich bin ehrlich gesagt richtig überrascht und ich habe ein wohliges Gefühl in meiner Magengegend. Meine Freunde und meine Eltern zusammen bei mir auf der Krankenstation und wie sie lachen und Scherze machen. Irgendwann erscheint auch Gideon und trägt mit Angus große Tabletts rein, welche kleine Häppchen aufweisen. Sie stellen die Tabletts auf zwei Tische welche zusammengeschoben wurden und eine weiße Tischdecke aufweisen. Getränke, Luftschlangen und Tischknaller sind ebenfalls aufgetrieben wurden und als sie alle fertig sind, sieht die Krankenstation festlich aus.
Rachel und Lucy haben mein Krankenbett ebenfalls geschmückt und ich grinse breit. „So und jetzt können wir die Zeit gemeinsam verbringen“, bemerkt mein Vater und meine Mutter setzt sich auf meine Bettkante. Sie nimmt meine Hand, lächelt und ich spüre Geborgenheit und ebenfalls Sicherheit. Es ist für mich noch immer ein besonderes Gefühl, denn schließlich habe ich meine Eltern erst seit ein paar Tagen. „Wo lebt ihr eigentlich?“, frage ich beide und sehe sie neugierig an. „Hast du das Buch angefangen zu lesen?“ Ich sehe zum Buch und schüttle mit dem Kopf. „Ich habe die meiste Zeit nur geschlafen, gegessen, war auf der Toilette, Katzenwäsche und Tabletten geschluckt. Da hatte ich noch keine Zeit gehabt um das Buch zu lesen.“ „Verständlich Prinzessin. Wir leben in einem Schloss. Nicht so ein Schloss wie im Märchen, sondern ein großes Haus was als Schloss gilt.
Es hat viele Zimmer, Suiten, Gästezimmer, Badezimmer, Tanzsaal, Kronsaal, Essensaal, Fitnessraum, Pools, Saunas, Pferdeställe, eine Bibliothek, ein großer Garten, viele Beete und eine riesige Garage. Drei Limousinen, einen Mercedes Benz Klasse C, einen kleinen Ford und ein Auto für dich. Einen Audi R8 in schwarz. Den bekommst du aber in zwei Wochen zum Geburtstag von uns.“ „Ich kann aber kein Auto fahren“, erwidere ich und bin noch immer darüber erstaunt, was meine Eltern alles besitzen. „Du bekommst einen Fahrlehrer und kannst bei ihm Privatunterricht nehmen“, erklärt mir mein Vater und ich lächle. „Können Rachel und Lucy auch mitmachen?“
„Aber natürlich. Doch erst, wenn du wieder vollkommen hergestellt bist. Vorher nicht. Du brauchst beide Hände für das Lenkrad.“ „Aber die Theorie kann ich doch schon machen.“ Ich sehe meine Eltern an und mache zum ersten mal große unschuldige Kulleraugen. Meine Eltern werfen sich einen verschmitzten Blick zu und meine Freunde kichern. „Das hat sie definitiv von dir Schatz“, bemerkt mein Vater, meine Mutter streckt ihm die Zunge raus und ich muss kichern. „Einverstanden. Du kannst die Theorie machen. Aber noch nicht die Praxis. Erst wenn es dir wirklich gut geht und du keine Schmerzen mehr hast.“ „Versprochen Mum.“ Gideon verteilt die Häppchen, wir bedanken uns und ich esse seit Tagen mal wieder etwas festes. Das tut selbst meinem Magen gut, er hat endlich wieder Arbeit und ich fühle mich nach ein paar Häppchen satt und zufrieden.
Auch bekomme ich keinen Tee zu trinken sondern Saft und es schmeckt einfach viel besser. Wir hören Musik, Thomas und Jace tanzen mit ihren Mädels und ich schaue ihnen etwas frustriert zu. Plötzlich ist Gideon bei mir, hebt mich aus dem Bett und kurz darauf stehe ich auf seinen Füßen. Gekonnt hält er mich fest, lächelt und tanzt mit mir, wobei ich mich nicht bewegen brauche. „Siehst du? Auch du kannst tanzen und nicht nur die Anderen“, sagt er, ich lächle und er tanzt mit mir durch die Krankenstation. Alle schauen uns zu, meine Eltern sind sehr stolz auf uns und ich habe das Gefühl, dass sie wollen, dass ich Gideon irgendwann einmal heiraten soll. Doch bis dahin ist noch viel Zeit und mit Kindern ebenfalls. Als das Lied zu Ende ist, applaudieren meine Freunde und Eltern und ich muss kichern. Gideon setzt mich wieder in mein Bett, deckt mich zu und bleibt an meiner Seite.
Nie in meinem ganzen Leben hätte ich jemals gedacht so glücklich zu sein. Freunde, Eltern und einen Freund, der auch noch der Begehrteste auf dem gesamten Internat ist. Deswegen ist Melissa auch so böse zu mir. Sie wollte Gideon immer haben und ausgerechnet ich schnappe ihn ihr vor ihrer Nase weg. Nun geht es auf den Abend zu, wir zünden Tischknaller an und ziehen an Knallbonbons was uns viel Spaß bereitet. „In vier Stunden ist Mitternacht“, trällert Rachel und hat schon einen Schwips. Jace grinst breit und hält seine Freundin sanft fest, damit sie sich nicht selber verletzt als sie sich schwungvoll dreht. Lucy ist da nüchterner und auch ich nippe am Sekt der alkoholfrei ist. Ausnahmsweise darf ich später dann ein Glas Champagner trinken und habe dafür keine Tabletten am Tag bekommen. Doch sollte ich starke Schmerzen haben, dann muss Bescheid gegeben werden und ich bekomme etwas dagegen. Doch bis jetzt geht es mir gut und ich bin zufrieden.
Jede Stunde schaut Rachel auf die Uhr, sagt wie spät es ist und wir verdrehen schon nach nur zwei Stunden genervt die Augen. Das scheint sie gar nicht mitzubekommen, denn sie ist angetrunken und singt schräg ein paar Lieder, welche vom CD-Player kommen. Irgendwann wird sie jedoch lauter und Jace küsst sie innig, damit wir für einen kurzen Moment Ruhe haben. Nach diesem Kuss kichert Rachel und hat nicht nur vom Alkohol rosige Wangen bekommen. Wir schmunzeln, Gideon und ich ziehen abermals an einem Knallbonbon und mein Vater zündet einen Tischknaller an. Als es fünf Minuten vor Mitternacht ist, zieht Gideon mir eine Jacke über, schließt sie und nimmt mich auf die Arme.
Meine Mum hat mir noch dicke Socken angezogen und Thomas hat das Fenster geöffnet, damit wir das Feuerwerk sehen können. Vorher zählen wir noch von 10 auf 0, stoßen an und trinken jeder einen Schluck vom Champagner. Die Gläser stellen wir zur Seite, ich schlinge meine Arme um den Hals von Gideon und wir schauen alle nach draußen. Dort wird gerade ein Feuerwerk entzündet und die wenigen Schüler die da sind, freuen sich und jubeln. Auch wir jubeln, es kommt ein „Oh“ und ein „Ah“ von unten und der Himmel erstrahlt in den buntesten Farben. Rachel beugt sich sehr weit nach draußen, Jace packt sie um die Hüfte und hält sie fest. „Es ist wunderschön“, bemerke ich leise und Gideon stimmt mir zu. Plötzlich zischt etwas direkt auf uns zu, wir ducken uns und eine Rakete hat sich ins Zimmer verirrt. Zwei weitere folgen und alles wird in Brand gesteckt.
Besondere Raketen. Draußen vor der Tür knallt es wie aus einer Pistole, wir sehen dorthin und als Thomas die Tür öffnet, muss er zurückweichen. Eine Feuerwelle dringt auf die Krankenstation, sofort wird alles mit schwarzen Rauch gefüllt und wir müssen husten. Besonders meine Lungen werden extrem angegriffen, ich huste wie verrückt und das schmerzt natürlich in meinem Brustkorb, da meine Rippen noch nicht ausgeheilt sind. Ich kann nur schwach Stimmengewirr vernehmen, blinzle gegen den Rauch und tränen laufen mir dabei über die Wangen. „Wir müssen sie alle hier raus holen!“ „Das wird schwierig! Irgendjemand hat einen Anschlag auf die Königsfamilie verübt!“ „Wo bleibt denn nur die Feuerwehr?“ Gideon hat mich an sich gedrückt, hält mich auf den Boden und Schmerz schießt durch meine Schulter, da ich genau darauf liege.
Alles ist voller Rauch, ich kann meine Eltern nicht mehr ausfindig machen und meine restlichen Freunde auch nicht mehr. „Gideon“, krächze ich und versuche ihn zu erkennen. „Shht schone dich Willow. Ganz ruhig bleiben. Ich kann die Feuerwehr schon hören“, flüstert er mir ins Ohr, ich nicke und habe keine Ahnung ob er das überhaupt sieht oder mitbekommen hat. Ich schließe die Augen, diese brennen noch immer wie verrückt und ich frage mich, ob ich durch diesen Rauch auch erblinden kann. Das wäre natürlich nicht gerade fantastisch. Ich höre eilige Schritte, werde an den Schultern hochgezogen und lasse einen Schmerzensschrei los.
„Pass doch auf! Sie hatte eine ausgerenkte Schulter“, höre ich Angus schimpfen und werde auf Arme genommen. „Gideon“, bringe ich hervor, bekomme einen Hustenanfall und werde dann bewusstlos. Die schwarze Stille ist zum Greifen nahe und ich fühle mich besser und freier. Bis etwas durch mich hindurch zuckt und meinen Körper sozusagen nach oben wuchtet. Was soll denn das? Kann ich denn nicht in Ruhe schlafen? Abermals zuckt etwas durch mich hindurch und ich reiße die Augen auf. Schnappe hörbar nach Luft und huste wieder wie verrückt. „Wir haben sie wieder!“ Ich bekomme eine Sauerstoffmaske umgelegt, etwas pikst mich ins linke Handgelenk, ich stöhne hustend auf und die Schwärze zieht mich zurück wo ich hergekommen bin.
Als ich irgendwann wieder zu mir komme liege ich in einem weißen Bett und das in einem weißen Zimmer. Noch immer trage ich eine Sauerstoffmaske und muss mich orientieren wo ich gerade bin. Offenbar nicht auf der Krankenstation sondern in einem Krankenhaus. Alles ist so weiß und steril und im ersten Moment kommt mir der Gedanke wieder im Labor zu sein. Panik steigt in mir auf, ich atme heftig und mein Herz rast vor Angst. Etwas piept lautstark, die Tür geht auf und fremde Menschen kommen ins Zimmer. „Shht ganz ruhig Miss Bingley. Alles in Ordnung.“ Nichts ist in Ordnung! Ich will nicht schon wieder für Experimente herhalten müssen. Ich schlage um mich, schreie wie am Spieß und fremde Männer müssen mich festhalten, damit man mir irgendetwas spritzen kann. „Was machen Sie denn da? Lassen Sie meine Freundin sofort los!“
Gideon? Ist er etwa auch in einem Labor gefangen? Noch immer hält man mich fest, Gideon schiebt die Leute zur Seite und nimmt meine Hand in seine. „Ganz ruhig Willow. Du bist in Sicherheit. Man hat uns in ein Krankenhaus gebracht. Rachel hat wie du eine starke Rauchvergiftung, Thomas, Jace, Lucy, deine Eltern und ich haben nur eine ganze leichte. Niemand wird dir hier irgendetwas antun“, beruhigt er mich, ich atme mehrmals tief durch und nicke dann verstehend. Die Krankenschwestern und Pfleger verlassen das Zimmer wieder und wir sind alleine. „Ich will hier raus“, flüstere ich, setze mich auf und werde von Gideon wieder zurück in die Kissen gedrückt. „Immer langsam Liebling. Die Notärzte mussten dich wiederholen da du für wenigen Minuten tot warst. Wir hatten alle Angst um dich gehabt“, erklärt er mir und ich seufze.
„Ich will dennoch hier raus Gideon. Das Alles hier erinnert mich an das Labor“, füge ich noch hinzu und erschauere. „Du kommst hier schon raus Willow. Deine Eltern werden dich erst einmal mit zu sich nach Hause holen und zwei Ärzte und zwei Schwestern bereitstellen. Keine Angst ich werde bei dir bleiben und sobald die Krankenstation im Internat wieder hergestellt wurde, können wir wieder zurück.“ Ich atme tief durch und seufze. „Und wie lange bleibe ich hier nun liegen?“ Gideon lächelt und haucht mir einen Kuss auf die Nase. „Deine Eltern sind schon dabei Schatz. Noch eine halbe Stunde und dann fliegen wir mit einem Hubschrauber.“ Ich verdrehe die Augen und schweige nach dieser Nachricht.
Diese eine halbe Stunde kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit und ich kann es kaum noch aushalten. Endlich erscheinen ein Arzt und eine Krankenschwester und diese kontrollieren noch einmal meine Werte. Dann werde ich auf eine Trage gepackt, Gideon ist neben mir und hält die Infusion gut fest. Ich werde aus dem Zimmer geschoben, in einen Fahrstuhl hinein und wir fahren nach oben. Auf dem Dach steht ein Hubschrauber bereit, besser gesagt ein Helikopter und man verfrachtet mich in dieses Ding. Gideon steigt ebenfalls mit ein, schnallt sich an und sobald die Türen zu sind, geht es auch schon los. Helme haben wir auch aufgesetzt bekommen, ich bin auf der Trage festgeschnallt und komme auch nicht los. Der Flug dauert seine Zeit, immer wieder döse ich ein und schrecke wieder auf.
Als es draußen schon dunkel geworden ist setzen wir endlich zum Landeanflug an und die Rotorenblätter hörten auf sich zu drehen. Die Türen werden geöffnet, Gideon steigt zuerst aus und dann werde ich raus geholt. Frische Luft ist um mich herum, ich nehme die Sauerstoffmaske runter und atme tief ein, was mich husten lässt. „Lass sie noch drauf Willow.“ Ich verdrehe die Augen, setze sie wieder auf und werde ein paar Stufen nach oben ins Schloss getragen. Während ich so da liege kann ich mich umschauen, sehe viele Gemälde und offenbar sind das Alles meine Vorfahren. Eine weitere Tür wird geöffnet, ich werde in ein total weiches Bett gelegt und zugedeckt. Die Infusion hängt Gideon an so einen komischen Ständer und ich muss mir von meiner Lage aus erst einmal das Zimmer genauer unter die Lupe nehmen. Es ist riesig. Nein das ist falsch.
Es ist gigantisch und ich wundere mich, wieso man so ein Zimmer braucht? Eine Doppeltür ist auf der anderen Seite vom riesigen Himmelbett, ich runzle die Stirn und frage mich, was dort ist. Da ich gerade alleine bin stehe ich also auf und die Zimmertür wird geöffnet. „Prinzessin Willow! Sie dürfen das Bett noch nicht verlassen.!“ Eine Krankenschwester kommt aufgeregt auf mich zu und versucht mich zurück zu drücken. Da platzt mir nun der Kragen, ich verwandle mich und renne aus dem Zimmer. Ich fühle mich einfach zu erdrückt und muss hier raus. Ein Knurren dringt an meine Ohren, ich schaue nach hinten und ein Tiger folgt mir. Also beschleunige ich, sprinte nach draußen und über die große Wiese.
Den Tiger habe ich weit hinter mich gelassen, verwandle mich zurück und gehe langsam weiter. Ein weiterer Schneeleopard erscheint, dieser verwandelt sich ebenfalls und Gideon ist bei mir. „Ein Ausbruch?“ „Ja ein Ausbruch. Ich habe es satt immer im Bett zu liegen und nichts tun zu dürfen. Das nervt mich ganz schön und außerdem ist es im Bett langweilig.“ „Ich kann dich da ganz gut verstehen. Im letzten Schuljahr hatte ich dasselbe Problem gehabt. Schrecklicher Autounfall. Ein Geisterfahrer auf der Autobahn. Ich lag wochenlang im Bett und habe fast die Nerven verloren.“ Ich nicke und wir gehen weiter spazieren. „Wer war der Tiger?“ „Die Krankenschwester aber du bist ihr zu schnell gewesen und sie hat mir per Gedankenübertragung Bescheid gegeben.“
Ich bleibe stehen und sehe ihn überrascht an. „Gedankenübertragung können wir auch?“ „Ja können wir. Du hast es nur noch nicht ausgetestet. Lass uns wieder zurückgehen und ich werde dir jeden Wunsch erfüllen.“ Ich sehe Gideon an und seufze tief. Noch tiefer als sonst. „Ich mag nicht mehr im Bett liegen und es geht mir auch schon wieder viel besser.“ Ich verziehe das Gesicht, Gideon grinst breit und nimmt meine Hand. Wir drehen um und gehen langsam wieder zurück. Sobald wir im Schloss sind kommen meine Eltern uns entgegen und sind erleichtert mich zu sehen. „Geht es dir gut Willow? Wir haben uns Sorgen gemacht, als du so plötzlich raus gerannt bist“, fängt meine Mum an und ich nicke kurz.
„Ja alles in bester Ordnung Mum. Ich habe es nur satt noch so lange im Bett zu liegen.“ „Das verstehen wir und wenn du dich heute noch einmal hinlegst und dich ausruhst, dann darfst du morgen das Bett verlassen. Versprochen.“ Ich mustere meine Eltern, wende mich Gideon zu und er lächelt mich an. „Also schön. Ich bin einverstanden, wenn auch widerwillig“, gebe ich doch noch nach und Gideon führt mich in mein Zimmer wo ich untergebracht wurde. Gideon hilft mir ins Bett, deckt mich zu und gibt mir einen Kuss auf die Lippen. Ich setze mich jedoch auf, sehe eine Fernbedienung und nehme sie zur Hand. Dann drücke ich auf den roten Knopf, die Wand mir gegenüber gleitet zur Seite und ein riesiger Fernseher kommt zum Vorschein. „Wow! Der ist aber groß“, bemerke ich, Gideon setzt sich auf die andere Seite des Bettes und grinst über beide Ohren.
„Deine Eltern haben mir vorhin davon erzählt und haben sich gedacht, es würde dir gefallen. So ist es nicht ganz langweilig, während du im Bett liegst.“ „Und was schauen wir uns jetzt an?“ „Ich weiß nicht. Was möchtest du denn gucken?“ „Ich habe keine Ahnung. Im Labor hatten die zwar auch Fernseher aber wir haben nie etwas sehen dürfen. Daher weiß ich es nicht.“ Ich schalte durch die vielen hunderten von Kanälen und suche mir aus, was mich interessiert. Bei einer Crimeserie bleibe ich hängen, diese heißt Navy CIS und ich schaue mir diese eine Folge an. Zwischendurch erscheint eine der beiden Krankenschwestern, schaut sich die Werte an und kontrolliert meine Atmung. Sobald sie aus dem Zimmer ist kommt ein Bediensteter rein und hat etwas zu essen dabei. Er stellt es auf dem Tisch ab, verneigt sich kurz vor mir und verschwindet schnell aus dem Zimmer.
Ich sehe ihm nach und runzle die Stirn. „Der ist jetzt so schnell verschwunden, als würde ich die Pest haben“, meine ich, Gideon lacht herzhaft und ich bekomme eine Gänsehaut. Einen wohligen Schauer. „Du bist eine Prinzessin und somit eine Respektsperson. Du wirst irgendwann einmal den Thron übernehmen“, erklärt Gideon mir, er hat das Tablett vom Tisch genommen und stellt es auf dem Bett ab. Dann sitzt er wieder bei mir und wir beide fangen an zu essen. „Ja und deswegen versucht Sir Henry mich umzubringen, damit er den Thron bekommen kann“, mampfe ich, schlucke den Bissen runter und trinke etwas Saft hinterher. Kaum habe ich aufgegessen als auch schon die Krankenschwester herein kommt und die Tabletten mir überreicht.
Ich murre vor mich hin, nehme diese ein und kuschle mich dann an Gideon, um mit ihm weiter Fernsehen zu schauen. Eine weitere Folge läuft gerade, ich finde sie ganz klasse und sobald diese zu Ende ist, schiebt Gideon eine DVD rein. „Was schauen wir jetzt?“ „Lass dich überraschen. Der Film ist sozusagen berühmt.“ Gideon nimmt mich in seine Arme, hat die Decke um mich herum gesteckt und wir schauen Titanic. Ein unsinkbares Schiff, welches doch im Atlantischen Ozean versinkt und das auch noch auf dem Weg nach Amerika. Der Film an sich ist wirklich total schön, ich verbrauche sogar am Ende mehr Taschentücher als jemals in meinem gesamten jetzigen Leben und nach der langen Spiellaufzeit bin ich dann auch endlich eingeschlafen. Ausruhen und für den nächsten Tag Kräfte sammeln.
Endlich darf ich das Bett verlassen und herum laufen. Als allererstes schaue ich durch diese Doppeltüren und muss das Licht einschalten. Und mich plötzlich am Türrahmen festhalten. Vor mir erstreckt sich ein riesiger Kleiderschrank, hunderte von Klamotten hängen sauber aneinander gereiht da und Schuhe in allen Farben und Formen stehen nebeneinander in den Regalen. Ich bin total perplex, starre den vollen Kleiderschrank an und Gideon tritt neben mich. „Wow! Die reichen doch niemals für das ganze Jahr sondern gleich für mehrere hintereinander“, bemerkt er, ich nicke langsam und wir verlassen meinen Kleiderschrank. Mein Weg führt mich zum Badezimmer, ich betrete es und das Licht geht von selber an. Auch dieses ist riesig, hat eine große Eckbadewanne, ein großes Waschbecken, eine große Dusche und einen ebenfalls großen Spiegel.
Die Fliesen sind aus Porzellan, der Duschkopf ist oben in der Decke angebracht und es sieht aus, als würde es regnen. „Ich will gar nicht wissen wie viel meine Eltern an Geld besitzen“, meine ich, verlasse das Badezimmer und anschließend mein Zimmer. Hand in Hand schlendern wir den langen Gang entlang und schauen uns die Bilder an der Wand an. „Kommt mir fast so vor wie in Harry Potter. Hast du die Bücher auch gelesen?“ Ich sehe Gideon an und schüttle mit dem Kopf. „Sind sie gut?“ „Auf jeden Fall. Sicherlich gibt es hier in der Bibliothek auch die Bücher. Wäre schlimm wenn dem nicht so ist.“ Ich schmunzle, wir gehen weiter und kommen zu einer großen Flügeltür am Ende des Ganges. Wir sehen uns an, nicken uns zu und öffnen sie gleichzeitig. Inmitten eines riesigen Saales bleiben wir stehen und drehen uns um die eigene Achse.
Der Thronsaal. Uns gegenüber auf einem kleinen Podest stehen drei Throne mit einem roten gepolsterten Sitz und einer goldenen Umrandung. Sozusagen ist der gesamte Thron aus Gold und der Rest rot. Langsam gehe ich darauf zu, mein Kopf dreht sich von rechts nach links und ich kann nichts dazu sagen. „Das ist mal der Hammer. Viel wurde von diesem Ort hier erzählt, aber das Alles real zu erleben ist der Wahnsinn“, meint Gideon und ich drehe mich lächelnd zu ihm um. Dann gehe ich weiter, betrete das Podest und es fühlt sich nach Macht an. Gänsehaut rieselt mir über den Rücken und ich erschauere. Als wäre der Thron für mich bestimmt. So fühlt es sich an. Ich sehe zu Gideon und er steht vor einem riesigen Gemälde. Ich trete neben ihn, schaue mir es ebenfalls an und erkenne mich selber.
Meine Eltern schick gekleidet, meine Mum mit mir auf dem Arm und sie lächeln vor Glück und Freude. „Wie alt sie wohl waren, als ich auf die Welt kam? „Dein Vater 25 und ich 21 Jahre alt“, ertönt es von der Tür her und meine Mum kommt lächelnd auf uns zu. „Gab es das Internat schon zu eurer Zeit?“ „Ja. Dein Vater war 17 als ich mit 13 auf das Internat kam und als er im letzten Schuljahr gewesen ist, haben wir uns ineinander verliebt. Liebe auf dem ersten Blick und wir haben geahnt, dass wir füreinander bestimmt sind. Wie Gefährten.“ Ich werfe Gideon einen Blick zu und wir sehen uns lange an.
„Diesen Blick kenne ich nur zu gut. Den haben wir uns damals auch zugeworfen und wussten, dass wir für immer zusammenleben würden“, reißt mein Vater uns voneinander los und wir wenden uns ihm zu. „Ihr meint, Gideon und ich seien sozusagen Gefährten?“ „Ganz genau Prinzessin. Irgendwann werdet ihr heiraten und Kinder bekommen. König und Königin sein.“ Bei dem Wort Kinder werde ich leicht rot und lächle verlegen. „Wir sind noch zu jung für Kinder und außerdem hatten wir noch nicht einmal miteinander geschlafen. Gideon und ich wollen es langsam angehen.“ „Verstehen wir. Lasst euch ruhig so viel Zeit wie ihr braucht. Ihr müsst nicht von jetzt auf gleich Kinder zeugen. Macht eure Schule fertig, studiert und sucht euch Arbeit. Baut euch eure Zukunft erst einmal auf und dann, wenn die Zeit für euch reif ist, könnt ihr immer noch eine Familie gründen.“ Gideon nimmt meine Hand und drückt diese sanft.
Wieder werfen wir uns einen Blick zu und dann küssen wir uns sanft. Ein Kribbeln breitet sich in meinem gesamten Körper aus und ich fühle mich berauscht. Dieses Gefühl habe ich vorher bei ihm noch nie gehabt. Ob wir beide soweit sind um miteinander zu schlafen? Es gibt eigentlich nie den richtigen Zeitpunkt, denn wenn es soweit ist, dann passiert es auch. Sanft lösen wir von uns und sehen uns wieder an. „Wir sollten uns das Schloss weiter anschauen“, flüstert Gideon und streicht mir eine Haarsträhne hinter das Ohr. Langsam nicke ich, beruhige mein Herz das schnell geschlagen hat und wir verlassen den Thronsaal. Doch wir schaffen es nicht das Schloss weiter anzuschauen, denn wir verschwinden in meinem Zimmer und küssen uns abermals. Können nicht mehr voneinander loslassen.
Gideons Hände fahren unter mein Shirt und streichen über meinen Rücken was mir wohlige Schauer einbringt. Er ist vorsichtig und sanft und dann hat er mir mein Shirt ausgezogen. Kurz haben wir uns trennen müssen aber jetzt sind unsere Lippen wieder aufeinander und küssen uns weiter. Kurz darauf ist auch Gideons Shirt verschwunden und zum ersten mal kann ich seinen nackten Oberkörper betrachten der so muskulös ist. Sanft fahren meine Finger darüber hinweg und Gideon bekommt eine Gänsehaut. Er nimmt mich auf die arme, stellt mich vor dem Bett ab und öffnet meinen BH, den er dann zu Boden fallen lässt. Er betrachtet mich von oben bis unten, schubst mich sanft in die Kissen und ist dann über mir. Küsst mich, wandert mit den Lippen zu meinem Ohr und haucht sanft hinein.
Ich bekomme ebenfalls eine Gänsehaut, meine Brustwarzen stellen sich auf und Gideon küsst sich an meinem Hals entlang nach unten. Dann nimmt er die linke Brustwarze in den Mund, saugt und knabbert daran und diese Empfindungen wandern nach unten in meinen Schoß. Seine Hände fahren an meinem Körper entlang, er wechselt zur rechten Brustwarze und vollzieht dasselbe, was er mit der Linken gemacht hat. Nebenbei öffnet er meine Jeans, zieht sie mir aus und ich nestle an seinem Gürtel, bis ich diesen auf bekommen habe. Gideon zieht sich die Jeans selber aus, hat noch Shorts an und unsere Atmungen gehen gleichzeitig schnell. Abermals küssen wir uns, er zieht mir mein Höschen aus und nackt liege ich unter ihm. Entblößt seinen Blicken ausgesetzt.
Meine Brust hebt und senkt sich, Gideon öffnet den Nachtschrank und holt ein Kondom raus. Dann zieht er sich die Shorts aus, lässt sie zu Boden gleiten und öffnet die Verpackung. Holt das Kondom raus und rollt es sich gekonnt über den erigierten Penis. Dann öffnet er meine Schenkel, legt sich dazwischen und ich verkrampfe mich kurz. „Entspanne dich Willow. Ich werde ganz vorsichtig sein“, haucht Gideon mir ins Ohr, leckt meine Ohrmuschel entlang und ich gebe mich ihm vollkommen hin. Dann spüre ich die Penisspitze an meiner Öffnung und er dringt vorsichtig ein. Wartet bis ich mich an ihn gewöhnt habe und er weiter vordringen kann.
Mein Jungfernhäutchen ist noch intakt, Gideon zieht sich kurz zurück und sieht mich an. Ohne ein Wort stößt er zu, erstickt meinen kurzen Schrei mit einem Kuss und er füllt mich aus. Für einen Moment verharren wir in dieser Position, sind miteinander verbunden und genießen es Haut an Haut. Nach einer Weile schauen wir uns an, atmen gleichzeitig schneller und dann fängt er an sich in mir zu bewegen. Dringt immer wieder in mich ein und gibt mir ein Gefühl der Geborgenheit. Wir bringen uns gegenseitig zum Höhepunkt, küssen und streicheln uns am gesamten Körper und dann katapultieren wir uns in den siebten Himmel.
Gideon liegt mit seinem gesamten Gewicht auf mir drauf, ich höre seine heftige Atmung an meinem linken Ohr. Ich habe ihn umklammert, genieße seine Haut auf meiner und der Geruch von Lust liegt im Raum. Irgendwann entzieht er sich mir, rollt das Kondom wieder ab und knotet es zusammen, bevor er es wegwirft. Sogleich ist er wieder bei mir im Bett, zieht mich an sich und deckt mich voller Liebe mit zu. Ich schmiege mich an seinen nackten Körper und bette meinen Kopf auf seiner Brust.
„Habe ich dir wehgetan?“, fragt er mich, ich hebe den Kopf und küsse ihn sanft. „Nein du hast mir ganz und gar nicht wehgetan. Es war wundervoll gewesen und besser als ich es mir vorgestellt habe“, antworte ich ihm, bette meinen Kopf wieder auf seine Brust und er streicht sanft mit den Fingern an meinem nackten Arm auf und ab. „Dann bin ich erleichtert und beruhigt. Ich will dir niemals wehtun oder dich verletzen Willow und deine Eltern haben doch recht. Wir sind füreinander bestimmt. So wie Gefährten.“ Ich nicke langsam und schließe die Augen. „Ja sie haben recht. Wir beide sind füreinander bestimmt Gideon und irgendwann in ferner Zukunft werden wir regieren“, murmle ich, lege einen Arm um seinen Oberkörper und schlummere ein.
Seit ein paar Tagen wohnen wir schon im Schloss und bekommen regelmäßig Nachrichten von Rachel wie es so im Internat läuft. Die Krankenstation ist schon fast fertig und dann können wir auch wieder zurück. Bis dahin bleiben wir noch im Schloss und genießen unseren Urlaub. Im Schloss ist jedoch nicht viel los, denn es kommen nur hochangesehene Personen zu Besuch. Aber auch nur um mit meinen Eltern zu reden. Die meiste Zeit sind Gideon und ich alleine. Mein Arm ist noch immer in einer Schlinge und muss ruhen. Ansonsten kann ich wieder ganz normal laufen und meine Lungen haben sich auch fast gänzlich erholt. Ab und zu muss ich schon noch husten aber so extrem ist es nicht mehr. Ich werde also bald wieder vollkommen hergestellt sein.
Der Sex zwischen Gideon und mir hat uns noch enger zusammen gebracht und wir lieben uns mehr denn je. Während meine Eltern nur noch beschäftigt sind haben wir das Schloss erkundet und viele Dinge gesehen. Beim Abendessen sind sie jedoch anwesend und sehen leicht erschöpft aus. „Ein anstrengender Tag heute und morgen muss der Thron- und Ballsaal noch vorbereitet werden“, meint mein Vater und schneidet sein Fleisch. „Steht denn etwas Besonderes an?“, frage ich und sehe meine Eltern neugierig an. Beide werfen sich einen Blick zu und wenden sich dann an mich. „Ja es steht etwas Besonderes an. Morgenabend wirst du offiziell als Prinzessin Willow Jean Bingley vorgestellt und bekommst ein Diadem ausschließlich für Prinzessinnen. Die Presse wird da sein und Reporter samt Fotografen.
Es wird gegessen und getanzt“, antwortet meine Mum und ich werfe Gideon einen Blick zu. „Keine Angst Willow. Ich werde bei dir sein und keine Sekunde von deiner Seite weichen.“ „Danke Gideon. Das weiß ich sehr zu schätzen. Es ist ungewohnt und neu für mich, denn ich kenne es ja nicht“, erwidere ich, esse meinen Teller leer und sofort ist ein Bediensteter da um meinen Teller abzuräumen. Dann stellt er mir eine Schale Pudding hin und verschwindet wieder. Es ist Schokoladenpudding, ich fange an den zu essen und schweige, während sich meine Eltern noch weiter unterhalten. „Wann können wir ins Internat zurück?“ Meine Eltern schauen mich an und lächeln. „In drei Tagen dürft ihr wieder zurück. Dann ist die Krankenstation auch wieder fertig.“ Ich esse den Pudding auf, erhebe mich dann und Gideon tut es mir gleich.
„Falls ihr uns sucht Willow, wir sind im Wohnzimmer und legen die Beine hoch.“ „In Ordnung Mum.“ Gideon und ich verlassen das Esszimmer und gehen nach draußen. „Ich muss dich das jetzt einfach fragen Willow. Woher wusstest du eigentlich was ein Handy und Laptop sind? Vor allem eine Limousine?“ Wir gehen einen Gartenweg entlang und die Sonne versinkt am Horizont. „Naja diese Wissenschaftler haben Zeitungen gelesen und wir sogenannten Versuchskaninchen haben uns nachts aus den Zimmern geschlichen um diese Zeitungen zu stehlen und sie zu lesen. Wir sind mal nachts in das Büro des Chefs eingebrochen und haben uns seinen Computer genauer angeschaut“, antworte ich ihm, Gideon muss lachen und gibt mir einen Kuss. „Hast du Brenda schon von diesem Treffen erzählt?
Also das zwischen Melissa und ihrem Vater?“ Ich schüttle mit dem Kopf und sehe der Sonne zu. „Nein das habe ich total vergessen aber werde ich sofort machen, sobald wir wieder im Internat sind.“ „Ich werde dabei sein und vielleicht finden wir ja gemeinsam eine Lösung. Melissa wird von ihrem eigenen Vater unter Druck gesetzt und deswegen macht sie diese vielen Fehler. Sie hat Angst zu sterben und uns würde es sicherlich nicht anders ergehen. Ich glaube wir sollten ihr helfen.“ „Und wenn sie sich nicht helfen lassen will? Weil sie so arrogant und hochnäsig ist?“ Gideon sieht wie der Himmel sich mit Sternen bespickt und wendet sich dann mir zu. „Wenn sie nicht sterben will, dann muss sie sich mit uns einlassen. Ansonsten kann sie sich sozusagen ihr eigenes Grab schaufeln.“ „Sie ist gezwungen unsere Hilfe anzunehmen.“
„Ganz genau.“ Wir spazieren noch eine Weile den Pfad entlang und gehen dann wieder nach drinnen. In meinem Zimmer wo Gideon ebenfalls mit lebt, lasse ich mich ins Bett fallen und schalte den Fernseher ein. Gideon legt sich zu mir, zieht mich in seine Arme und wir schauen gemeinsam einen Film an. Einen Trickfilm den er gut findet. Susi und Strolch. Zwei Hunde aus unterschiedlichen Klassen die sich ineinander verlieben und am Ende Kinder bekommen. Ich finde den Film von Anfang an wirklich total schön und auch romantisch. Lange bleiben wir jedoch nicht auf, denn wir werden beide müde und schlafen auch ein. Am nächsten Tag gegen Abend stehe ich vor dem großen Spiegel und mustere mich von oben bis unten. Das Kleid geht bis zum Boden, ist in einem zartrosa gehalten und umschmeichelt meine weiblichen Rundungen.
Dazu passende rosane Highheels und der Schmuck aus Diamanten. Ein Diadem ziert meine Hochsteckfrisur und ich bin einfach nur perfekt. Meinen Arm habe ich nicht in der Schlinge, es ist nur eine Ausnahme und ich soll vorsichtig sein. Es klopft an meiner Tür, ich bitte denjenigen herein und Gideon erscheint in einem schwarzen Smoking. „Du siehst wirklich bezaubernd aus Willow.“ Ich drehe mich zu ihm um und lächle leicht verlegen. „Du siehst aber auch gut aus.“ „Vielen Dank aber der Abend gehört nur dir allein. Wollen wir dann mal?“ Ich werfe einen letzten Blick auf mein Spiegelbild, streiche das Kleid glatt und atme tief durch. „Ja wir können.“ Ich hake mich bei Gideon unter, wir verlassen das Zimmer und machen uns auf den Weg zum Thronsaal. Mein Herz schlägt schneller, ich bin total aufgeregt und hoffe, dass ich nicht in Ohnmacht falle.
Auf dem Weg zu unserem Ziel kommen wir an einem Mann vorbei und unsere Blicke treffen sich kurz. Er ist so um die 40 Jahre alt, hat graues kurzes Haar, fast schwarze Augen und er trägt einen eleganten Anzug. An seinem Ringfinger steckt ein dicker Klunker und als das Licht darauf fällt, kann ich einen Löwen erkennen. Irgendwie kommt mir der Mann bekannt vor aber ich kann ihn nirgendwo einordnen. Gideon folgt meinem Blick und verengt die Augen bevor wir weiter gehen. „Was hast du? Kennst du den Mann?“, frage ich ihn flüsternd und er nickt kurz. „Ja ich kenne ihn nur zu gut. Das ist Sir Henry Dallman. Der Thronanwärter und Entführer von dir. Vor dem musst du dich in Acht nehmen, denn noch immer will er dich aus dem Weg räumen. Doch heute Abend sind viele Securitys da und auch Angus dein persönlicher Bodyguard ist anwesend. Du bist also gut beschützt.“
Ich nicke verstehend und als ich nach draußen sehen kann, stehen dort viele Securitys und rühren sich nicht von der Stelle. Das gibt mir ein sicheres Gefühl und ich kann beruhigt sein. Schließlich kommen wir zur großen Flügeltür des Thronsaals, diese ist geschlossen und wir bleiben davor stehen. „Ich glaube diesem Trubel kann ich mich nicht aussetzen. Ich bin noch nicht soweit als Prinzessin vor der Öffentlichkeit zu stehen.“ Gideon dreht mich zu sich, hat mein Gesicht in seine Hände genommen und sieht mich liebevoll ernst an. „Du schaffst das und ich unterstütze dich voll und ganz. Jeder weiß, dass wir beide zusammen sind und das soll auch jeder auf der ganzen weiten Welt sehen. Also gehen wir da jetzt rein, haben stolz den Kopf erhoben und lächeln wie es sich gehört.
Zeigen wir denen, dass du es würdig bist, eine Prinzessin zu sein und später den Thron einnehmen kannst sobald du das richtige Alter erreicht hast“, meint Gideon, küsst mich sanft um meinen Lipgloss nicht zu verschmieren und ich schmunzle. Bin entspannt und nicke bekräftigend. „Du hast recht Gideon. Ich schaffe das. Wir schaffen das und zeigen denen da drinnen jetzt, was wir drauf haben. Nicht umsonst hat man mir gezeigt, wie ich zu gehen, zu stehen und zu sitzen habe. Es waren harte Unterrichtsstunden aber die sollen sich gelohnt haben“, erwidere ich, wir drehen uns zur Flügeltür um und diese öffnen sich von innen.
„Meine Damen und Herren! Dürfen wir Ihnen eine wichtige Person vorstellen? Prinzessin Willow Jean Bingley. Thronerbin der Königsfamilie Bingley!“ Alle drehen sich zu uns um, ich atme tief durch und wir betreten den Saal mit hoch erhobenen Kopf. Ich lächle die ganze Zeit, aller Blicke sind auf mich gerichtet und mein Herz schlägt ebenfalls schneller. Vor meinen Eltern bleiben wir stehen, drehen uns zur Menge und alle applaudieren, während Fotos geschossen werden.
Meine Eltern führen die vielen Gäste in den großen Speisesaal und lassen sich am langen Tafeltisch nieder. Ich setze mich neben meine Mutter und Gideon gleich neben mir. Bedienstete kommen rein, stellen die Vorspeise vor uns hin und sobald sie wieder verschwunden sind, fangen wir alle an zu essen. Es ist eine grüne Cremesuppe, ich mustere diese und frage mich was das ist. „Brokkolicremesuppe“, flüstert Gideon mir ins Ohr, ich nicke und fange an zu essen. Es schmeckt wirklich sehr gut und ich leere den Teller. Sobald alle dasselbe getan haben wird neu aufgetischt und dieses mal ist es Wild. Dazu gibt es Rotwein und zum ersten Mal in meinem Leben trinke ich diesen Rotwein.
Dieser schmeckt auch richtig gut und ich nippe kurz ein weiteres mal daran, bevor ich mich meinem Essen zuwende. Gespräche flammen im Saal auf, ab und zu schaut man mich an und lächeln mir zu. Als auch der Hauptgang zur Neige geht, kommt das Dessert und es ist Kirscheis mit einer Schokoladensoße. Ich nehme einen Löffel davon, lasse das Eis auf der Zunge schmelzen und genieße es. Als ich damit fast fertig bin spüre ich einen Blick auf mir und als ich den Kopf hebe, sehe ich in die Augen von Sir Henry. Er starrt mich regelrecht an und ich fühle mich dadurch unwohl. Ich wende den Blick von ihm ab und wende mich der Menge zu. Diese ist so ausgelassen und niemand hat es mitbekommen. Nur Gideon. Dieser knurrt ganz leise und wirft Sir Henry einen bösen Blick zu.
Niemand bemerkt es, selbst meine Eltern nicht und Sir Henry wendet sich schnell seinem Nachbarn zu, der rechts von ihm sitzt. Nach dem Dessert erhebt sich mein Vater und sofort ist alles still. „Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie jetzt in den Ballsaal bitten, denn da wird der erste Tanz von meiner reizenden Frau und mir eröffnet!“ Applaus brandet auf, alle erheben sich und meine Eltern verlassen vor Gideon und mir den Speisesaal. Wir kommen in den Ballsaal, meine Eltern gehen zur Mitte und ein Orchester fängt an Walzer zu spielen. Gekonnt führt Dad meine Mum, die Menge sieht dem Paar zu und sind davon fasziniert. Auch ich kann die Augen von ihnen nicht abwenden und bin erstaunt, wie anmutig und galant beide sich auf der Tanzfläche geben.
Gideon nimmt meine Hand, sieht mich lächelnd an und führt mich auf die Tanzfläche. Dann stellen wir uns richtig hin, er lächelt und schon tanzen wir ebenfalls so galant und anmutig wie meine Eltern. Es ist wie in einem Traum, ich kann es einfach nicht fassen und es fühlt sich so schön an. Aller Augen sind auf uns gerichtet, wir sehen jedoch nur uns und merken auch nicht, dass meine Eltern von der Tanzfläche gegangen sind. Gideon und ich sind nun der Mittelpunkt der Party und es stört uns keineswegs. Auch nicht, dass Fotos gemacht werden, damit aller Welt es weiß. Als das Lied endet applaudieren abermals alle und ich lächle in die Menge. Langsam gehen wir von der Tanzfläche, Gideon führt mich zu einem der vielen Tische und nimmt zwei Gläser Champagner mit.
Wir setzen uns, trinken unseren Alkohol und sehen nun mehreren Paaren beim tanzen zu. Bis ich jemanden in der Menge ausmache und dieser auf unseren Tisch zusteuert. Sir Henry. Vor mir bleibt er stehen, verneigt sich und haucht mir einen Kuss auf meinen Handrücken. „Es freut mich Sie in unseren Reihen zu begrüßen, Prinzessin Willow“, sagt er, hält meine Hand noch immer fest und Gideon knurrt bedrohlich. „Ein tragisches Unglück damals Prinzessin. Sie entführt mitten in der Nacht und Ihre Eltern waren am Boden zerstört. Haben Sie jahrelang gesucht und nun sind Sie wieder da“, fügt Sir Henry noch hinzu und lächelt, was jedoch nicht seine Augen erreicht die eiskalt sind. Gideon räuspert sich, Sir Henry lässt endlich meine Hand los und widmet sich Gideon zu.
„Gideon Cambell! Na das du wieder eine an Land ziehst ist ja nichts neues. Wie lange wird das gehen? Noch ein paar Wochen oder sogar Monate? Oder bist du mit Willow zusammen, weil sie die Prinzessin ist? Das wäre doch ein guter Sprung nach oben in der Gesellschaft nicht wahr? Nach allem was dein Vater angestellt hat.“ Gideon springt auf und baut sich vor Sir Henry auf. „Lass meinen Vater aus dem Spiel du Bastard! Wir wissen genau, dass du Willow damals entführt hast, damit du den Thron bekommst. Aber Willow ist wieder da und du willst sie aus dem Weg räumen. Das wissen wir ebenfalls“, zischt Gideon und Sir Henry grinst böse. „Kannst du das auch beweisen? Oder lügst du genau wie dein Vater bevor er sich umgebracht hat?“ Gideon zieht auf und will Sir Henry die Faust ins Gesicht schlagen, doch Angus hält ihn blitzschnell fest und sieht zu Sir Henry.
„Sie sollten besser gehen, bevor Sie noch mehr Ärger machen. Sicherlich wollen Sie kein Aufsehen erregen.“ Ich blinzle, schaue mich um und merke, dass wir bereits Aufsehen erregen, wie Angus es gesagt hat. Sir Henry lächelt, verneigt sich ein letztes Mal vor mir und verschwindet. Ich blicke ihm nach, wende mich Gideon zu und Angus lässt ihn los. „Lass dich nicht provozieren Gideon. Das ist er nicht wert und was dein Vater damals gemacht hat, hat absolut nichts mit dir zu tun“, sagt Angus zu meinem Freund, dieser wendet sich ab und verlässt den Saal. Ich erhebe mich und will ihm nach, als Angus mich festhält. „Lasst ihm ein bischen Zeit für sich Prinzessin. Er muss sich erst einmal wieder sammeln, bevor er zurück kommen kann.“
Ich nicke langsam, setze mich und warte geduldig auf Gideon. Was hat das zu bedeuten und was hat Gideons Vater getan, dass er sich umbrachte? Während die Zeit vergeht warte ich noch immer geduldig und irgendwann kommt Gideon wieder. Er sieht angespannt aus und tief in Gedanken versunken, dass er mich gar nicht wirklich wahr nimmt als er sich an unseren Tisch setzt. Ich gebe ihm die Zeit, schaue den tanzenden Paaren zu und wie meine Eltern sich mit einigen unterhalten und dabei immer wieder lachen. „Wollen wir einen Spaziergang machen?“ Ich wende mich Gideon zu, er schaut mich liebevoll an und ich nicke lächelnd. Gleichzeitig erheben wir uns, ich hake mich bei ihm unter und wir verlassen die ausgelassene Menge. Gideon hilft mir in einen Mantel, knöpft ihn zu und kurz darauf sind wir draußen an der frischen Luft.
„Du hast sicherlich jetzt viele Fragen zwecks meines Vaters“, fängt er an, wir kommen an der Security vorbei und gehen den Pfad entlang. „Schon aber wenn du nicht möchtest, dann brauchst du es mir nicht zu erzählen.“ Gideon schweigt einen Moment und nickt dann. „Doch ich möchte dir von ihm erzählen.“ „In Ordnung und ich glaube Sir Henry kein Wort. Also das du nur mit mir zusammen bist, weil du scharf auf den Thron bist.“ Gideon schnaubt kurz verächtlich und atmet tief durch. „Das stimmt auch nicht, denn bevor wir herausgefunden haben, dass du diese verschwundene Tochter bist, waren wir schon ein Paar. Und ich liebe dich und nicht diese Krone oder den Thron.“
„Das weiß ich Schatz.“ Wir kommen zu einem beleuchteten Pavillon und setzen uns. Von unserem Platz aus haben wir einen guten Blick auf das Schloss und schweigen einen Moment. „Mein Vater hatte viele Firmen gehabt und arbeitete auch dementsprechend sehr viel. Dadurch war er übermüdet gewesen und eines abends ist es dann passiert. Er kam von der Arbeit, hat einen Moment lang nicht aufgepasst und schon krachte er gegen ein entgegenkommendes Auto. Die Insassen starben noch am Unfallort und mein Vater wurde verurteilt. Es waren eine junge Mutter und ihr noch nicht einmal einjähriges Kind. Die Schlagzeilen waren überall gewesen und auch im Fernsehen hat man es gebracht. Mein Vater verkroch sich, hatte Schuldgefühle und kam nicht mehr raus. Ein halbes Jahr später als meine Mutter in sein Arbeitszimmer kam, fand sie ihn tot in seinem Bürostuhl sitzen.
Er hat eine Überdosis Tabletten eingenommen und Alkohol, fast drei Flaschen. Ich war erst drei gewesen als er sich umgebracht hat und meine Mutter zog mich alleine groß. Wir waren jedoch immer wieder in den Schlagzeilen gewesen und das Gesprächsthema Nummer eins gewesen. Die Menschen tuschelten hinter unseren Rücken und manche waren so schlimm, dass sie uns sogar beschimpften. Irgendwann zog meine Mum mit mir fort um Ruhe zu haben und mich weiter zu einem anständigen Mann zu erziehen. Deine Eltern haben uns geholfen und uns unterstützt. Sie räumten die falschen Anschuldigungen aus dem Weg und wir hatten ihren Schutz bekommen. Niemand beschimpft uns noch oder tut uns etwas nachsagen, was wir nicht getan haben. Das hat Sir Henry angedeutet. Das ich wie mein Vater wäre und so etwas auch machen würde.
Aber ich passe immer auf und ich spende mit meiner Mutter für wohltätige Zwecke. Und jetzt kennst du unser Geheimnis.“ Nach diesem Geständnis schweigen wir und ich sehe in den Nachthimmel, bevor ich etwas sage. „Gideon Cambell, ich liebe dich noch immer über alles und würde dich niemals verlassen. Du bist ein herzensguter Mensch, siehst verdammt gut aus und du beschützt mich. Ich will dich irgendwann heiraten und mit dir eine Familie gründen. Mit dir gemeinsam den Thron besteigen“, sage ich nach einer Weile, Gideon nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich lang und innig, bevor wir zum Fest zurück gehen.
Endlich sind wir wieder im Internat und ich bin das Gesprächsthema Nummer eins. Offenbar haben alle die Nachrichten gesehen und die Zeitungen gelesen, denn sonst würden sie nicht so über das Fest vor drei Tagen reden. Seitdem ich das von Gideons Vater weiß, habe ich meine Meinung nicht zu ihm geändert. Noch immer liebe ich ihn und irgendwann wollen wir auch heiraten. Doch zuerst sollten wir uns um das Thema Sir Henry und Melissa kümmern. Also sind wir gleich an unserem Anreisetag zum Büro von Brenda und klopfen an. „Herein!“ Gideon und ich betreten das Büro, Professor Patel steht an der Wand gelehnt und lächelt mir freundlich zu. „Willow, Gideon! Schön, dass ihr wieder hier seid. Wie geht es euch?“
Brenda macht den Wasserkocher sofort an, stellt drei Tassen bereit und macht uns Tee. „Ganz gut. Alles wieder in Ordnung bis eben auf meine Schulter. Die muss noch ruhen“, antworte ich, wir setzen uns und bekommen dann unseren Tee. „Ihr habt ja nichts dagegen, wenn Professor Patel bleibt und sich still verhält. Außer es ist etwas ganz privates. Dann verlässt er natürlich das Büro.“ „Nein ist schon okay. Er darf gerne bleiben.“ Professor Patel nickt, bleibt noch immer stehen und schweigt. „Also was habt ihr auf dem Herzen?“ Brenda hat sich uns gegenüber in den Sessel gesetzt und trinkt einen Schluck von ihrem Tee. „Ich weiß ich hätte schon eher zu dir kommen sollen aber in letzter Zeit ist soviel passiert und ich habe es total vergessen“, fange ich an, Gideon drückt sanft meine Hand und lächelt.
„Verständlich. Bitte erzähl weiter.“ „Naja vor ein paar Monaten bin ich mitten in der Nacht wach geworden weil ich Durst bekommen hatte und bin in die Küche um mir etwas zu trinken zu holen. Auf dem Weg zurück ins Zimmer habe ich Melissa nach draußen eilen gesehen und bin ihr heimlich hinterher, um zu erfahren, was sie nachts draußen zu suchen hat. Hinter einem Baum habe ich mich versteckt und konnte erkennen, dass sie am Tor auf jemanden gewartet hatte. Nach nur wenigen Minuten erschien dort dann auch jemand und hat ihr gedroht. Es war Sir Henry und er meinte, wenn Melissa es nicht schafft, mich vom Internat schmeißen zu lassen, dann wird sie dafür mit dem Leben bezahlen. Ich bin danach sofort wieder zurück in mein Zimmer und bis jetzt habe ich es für mich behalten. Wie gesagt ist viel in letzter Zeit geschehen und ich habe vergessen es dir zu erzählen.
Melissa und ich sind nicht gerade die besten Freunde aber ich finde, sie sollte dafür nicht sterben. Nicht weil ihr Vater so scharf ist auf den Thron und ihn nicht bekommt, da ich wieder aufgetaucht bin.“ Ich trinke einen Schluck von meinem Tee, halte die Tasse in meinen Händen und warte darauf, dass Brenda und auch Professor Patel etwas dazu sagen. Hoffentlich glauben sie mir das, was ich ihnen erzählt habe. „Jeremy? Gehe bitte und hole Melissa dazu“, meint Brenda nach einer Weile, ich atme erleichtert tief durch und Professor Patel verlässt das Büro. „Du glaubst mir also?“ „Natürlich Willow. Wieso solltest du so etwas erfinden? Sir Henry ist ein machtgieriger alter Mann und will schon seit vielen Jahren den Thron haben.
William und Beatrix haben damals die schreckliche Nachricht bekommen, dass sie keine Kinder bekommen könnten und haben deshalb auch aufgehört zu verhüten. Darin sah Sir Henry dann die Chance sich für den Thron zu bewerben, doch dann haben deine Eltern erfahren, dass deine Mum schwanger ist und sie haben es sofort bekannt gegeben, dass du den Thron bekommen sollst. Das hat Sir Henry nicht gefallen und ist sauer gewesen. Hat sich lange Zeit nicht blicken lassen und wir sind uns auch ganz sicher, dass er dich damals entführt hat. Er will den Thron nicht wirklich für sich, sondern für seine Tochter Melissa. Sie soll ihn besteigen und ihr Vater wird im Hintergrund die Fäden ziehen. Seine Tochter manipulieren, was er schon seit Jahren so schön getan hat“, antwortet Brenda uns, Professor Patel kommt wieder und hat Melissa im Schlepptau.
Als sie uns erblickt ist sie sichtlich verwirrt und man sieht ihr an, dass sie überlegt ob sie etwas angestellt hat. „Keine Angst Melissa. Du hast nichts getan“, beruhigt Brenda sie, Melissa nickt langsam und bleibt dennoch stehen. „Willow hat mir gerade erzählt, dass du vor ein paar Monaten ein Treffen mit deinem Vater hattest und er dir gedroht hat dich umzubringen, wenn du Willow nicht vom Internat bekommst“, sagt Brenda frei heraus und Melissa ist rot geworden. Entweder vor Verlegenheit oder vor Wut. Sicher bin ich mir gerade nicht. „Ist das wahr?“ Melissa schweigt, wirft mir einen Blick zu und nickt kaum merklich. „Ich will das eigentlich nicht aber mein Vater will mich töten und ich habe Angst“, platzt es aus ihr heraus und schaut betreten zu Boden. „Dein Vater wird dich nicht bekommen Melissa. Wir werden dich beschützen. Niemand darf ohne Erlaubnis oder Genehmigung hier ins Internat. Auch nicht dein Vater. Du bist hier also vollkommen sicher.“
„Und in den Sommerferien? Da muss ich doch wieder nach Hause.“ So habe ich Melissa bisher noch nicht erlebt. So voller Angst und Panik. „Da lassen wir uns noch etwas einfallen Melissa. Außerdem dauert es noch bis zu den Sommerferien und bis dahin bist du hier vollkommen sicher. Wir haben hier Kameras die Alles überblicken und nichts auslassen. Natürlich nur auf dem Außengelände. Hier drinnen haben wir Privatsphäre und das soll auch so bleiben.“ Melissa nickt und ist sichtlich erleichtert. „Danke Brenda.“ Melissa wendet sich zur Tür und will gehen, doch Brenda hält sie auf. „Moment Melissa! Sollte dein Vater zu dir Kontakt aufnehmen und dir weiterhin drohen, dann komm sofort zu mir“, fügt Brenda noch hinzu, Melissa nickt und wirft mir einen Blick zu, bevor sie das Büro verlässt. Ich atme tief durch und lehne mich erleichtert zurück.
„Es gibt also einen Feind und das ist Sir Henry. Wir müssen jetzt gut auf dich aufpassen Willow. Nicht das er dich wieder entführen kann“, meint Professor Patel und Gideon setzt sich aufrecht hin. „Ich werde auf Willow gut aufpassen“, sagt er und ist ernst geworden. „Das habe ich auch nicht bezweifelt Gideon.“ „So wenn ihr nichts mehr auf dem Herzen habt, dann könnt ihr ja zu euren Freunden gehen und euch auf den morgigen Unterricht vorbereiten.“ Gideon und ich stehen zeitgleich auf und verlassen das Büro. Wir kommen nicht weit als Melissa sich uns in den Weg stellt und anschaut. „Ich wollte dir nur danken Willow.“ Ich runzle die Stirn und sehe sie fragend an. „Wofür?“
„Naja wenn du mir vor ein paar Monaten nicht gefolgt wärst, dann würde es niemand wissen. Also das mit meinem Vater. Aber wir werden niemals Freunde werden oder beste Freunde. Egal ob du Prinzessin bist oder nicht.“ Ich hebe eine Augenbraue und nicke kurz. „Das habe ich auch nicht von dir erwartet.“ Melissa sieht uns noch einmal an und geht dann den Gang entlang. Wir schauen ihr nach, heben nur die Schultern und machen uns auf die Suche nach unseren Freunden. Wie nicht anders zu erwarten finden wir unsere Freunde im Aufenthaltsraum und sobald sie uns erblicken, springen Rachel und Lucy freudig auf. „Willow! Du bist wieder da!“ Ich werde von den Beiden stürmisch umarmt und auch Gideon wird in derer Arme gezogen. „Erzählt uns alles! Wie war dieses Fest gewesen? Wen habt ihr alles kennengelernt?“
Wir werden mit Fragen regelrecht bombardiert und kommen nicht dazu zu antworten. „Jetzt lasst die Beiden sich doch erst einmal setzen und dann können sie alles haarklein erzählen“, mischt sich Thomas ein und Jace stimmt ihm zu. Offenbar sind Rachel und er weiterhin ein Paar. Gideon und ich setzen uns auf das Sofa, ich schlage die Beine übereinander und ignoriere das Getuschel, seitdem ich den Aufenthaltsraum betreten habe. Rachel und Lucy haben sich ebenfalls wieder hingesetzt und sehen uns gebannt an. Also erzählen wir ihnen wie es so im Schloss gewesen ist, was wir alles erlebt haben und wie das Fest war. Gebannt hören alle vier zu und hängen förmlich an unseren Lippen. Als ich an der Stelle komme wo Sir Henry Gideon gedroht hat, bekommen sie große Augen und sind entsetzt.
„Was sollte das denn? Der spinnt doch total“, bemerkt Rachel und ist sofort sauer geworden. Jace streicht ihr beruhigend über die Arme und sie entspannt sich sofort. Dann erzählen wir ihnen das was vorhin im Büro abgelaufen ist und das Melissa sich danach bei mir bedankt hat. Wir jedoch keine Freunde oder beste Freunde werden. „Wow sie hat ja doch einen weichen Kern und ist nicht wirklich so arrogant und eingebildet“, meint Lucy und ich hebe nur die Schultern. „Das ist mir eigentlich so ziemlich egal. Ich will sie auch nicht unbedingt als Freundin haben. Oder sogar beste Freundin. Mir gefällt ihre Art und Weise einfach nicht, wie sie sich gibt und herumstolziert als sei sie die Königin der Welt oder so“, meine ich, meine Freunde kichern und wir wechseln das Thema was hier alles so passiert ist.
Die Krankenstation wurde saniert und neu aufgebaut, die Regeln sind verschärft wurden und es dürfen keine Raketen oder Feuerwerksknaller angezündet werden. Außerdem gibt es mehr Security und auch Angus ist im Internat eingezogen um auf mich aufzupassen. Mir ist das bis jetzt eigentlich egal und stört mich auch nicht, da ich mich lieber auf die Schule konzentrieren will, anstatt mir Sorgen zu machen.
Der Winter neigt sich langsam seinem Ende zu und der Frühling hat begonnen. Das Training ist nun härter geworden, das Internat wird bewacht und Sicherheitskameras hängen draußen an den Wänden. Ein neues besonderes Ereignis hat mich eingeholt und das ist mein Geburtstag. Da ich nie gewusst habe wann ich habe, sind meine Eltern mir behilflich gewesen und haben es mir gesagt. Also ist mein Geburtstag in drei Tagen am 20.03 und jeder ist in heller Aufruhr. Was ich natürlich nicht verstehen kann, denn es ist nur mein Geburtstag und keine Hochzeit. Doch das sehen alle ganz anders und der Speisesaal wird geschmückt. Den Grund erfahre ich einen Tag vor meinem Geburtstag. „Na deine Eltern kommen vorbei und deswegen wird hier so ein Theater gemacht“, meint Rachel, als ich sie gefragt habe und lächelt. „Es ist gar nicht einfach eine Prinzessin zu sein. Schrecklich so etwas“, erwidere ich und esse einen Schokoladenkeks.
„Ich würde alles dafür geben eine Prinzessin zu sein. Das ist doch sicherlich aufregend und spannend“, wirft Lucy seufzend ein und Rachel stimmt ihr zu. Ich sehe beide an und grinse breit. „Ich tausche gerne mit euch eine Zeit lang den Status. Diener die dir jeden Wunsch von den Lippen ablesen, die dir hinterher rennen und auch sauber machen. Dann diese Regeln, welche du niemals vergessen darfst und der Gang. Wie man geht, steht und sitzt. Das Alles habe ich in der Zeit gelernt, in der ich im Schloss gewesen bin“, seufze ich und trinke meine heiße Schokolade. Rachel und Lucy setzen sich aufrechter hin und sehen zu mir rüber. „Das ist ja noch schlimmer als bei uns zu Hause“, meint Rachel, ich lehne mich im Sessel zurück und schlage die Beine übereinander. „Sicherlich, denn es ist alles streng geregelt. Selbst bei den Klamotten wird vorher von einem komischen Typen entschieden, was ich anziehen kann und was unangebracht ist.
Hier darf ich wenigstens selber entscheiden und bin damit auch ganz zufrieden. Vor allem da ich die Schuluniformen anfange wirklich zu lieben. Da ich in drei Tagen Geburtstag habe wird wieder jemand entscheiden, was ich anziehen soll und dann ist da gleich ein ganzes Team, welches mir die Frisur richtet und das Make up aufträgt.“ „Okay das ist natürlich total übertrieben. Als ob du das nicht alleine könntest. Fehlt nur noch, dass du einen Diener hast der dir den Po abwischt.“ Ich verziehe das Gesicht und schüttle heftig den Kopf. „Oh zum Glück nicht. Das wäre mehr als peinlich und ich werde doch 17 und nicht 4 Jahre alt“, knurre ich und meine Freunde lachen. Gideon ist den ganzen Tag lang in der Stadt und erscheint erst zum Abendessen wieder.
Ich sehe ihn fragend an aber er lächelt nur geheimnisvoll und verrät mir auch nichts. Wahrscheinlich ein Geburtstagsgeschenk für mich besorgt. Eigentlich bin ich auch aufgeregt, denn noch nie in meinem Leben habe ich Geburtstag gefeiert oder Geschenke an diesem Tage bekommen. Dementsprechend schlafe ich einen Tag vor diesem besonderen Ereignis mit einem Kribbeln im Bauch ein. Als ich an meinem Geburtstag früh aufwache steht ein Strauß Blumen auf meinem Schreibtisch und ich lächle. Es sind alles weiße und rote Rosen, ich verlasse mein Bett und finde eine Karte in Gold.
„Liebe Willow!Ich wünsche dir alles alles Gute zum Geburtstag, ganz viele Geschenke und lasse dich heute mal so richtig schön feiern.
In ewiger liebe dein GideonP.S. Schau mal auf den Parkplatz vor der Schule
Ich runzle die Stirn, ziehe mir den Morgenmantel an welchen ich von meinen Eltern geschenkt bekommen habe und verlasse das Zimmer. Jeder den ich treffe gratuliert mir zum Geburtstag und ich komme kaum dazu, das Internat zu verlassen. Schließlich schaffe ich es doch, komme nach draußen und in der strahlenden Sonne glänzt ein silber schwarzer Audi R8 mit einer großen roten Schleife auf der Motorhaube. Ich bin total überrascht, Schüler versammeln sich und tuscheln aufgeregt miteinander über dieses Geschenk. Kurz darauf erscheint Gideon an meiner Seite und küsst mich leidenschaftlich. „Gefällt er dir?“ „Wo hast du den her und wieso?“, frage ich ihn, streiche über das Auto und kann es noch immer nicht fassen. „Naja deine Eltern haben ihn sozusagen gekauft und ich darf ihn dir als Geschenk überreichen. Offenbar ist die Überraschung gelungen.“
Ich nicke langsam, bin noch immer überrascht und kann es kaum glauben. Dann drehe ich mich zu Gideon um und küsse ihn unter das Johlen der Zuschauer. Gideon hat mich fest an sich gezogen und lächelt beim küssen. Nach einer halben Ewigkeit lösen wir uns von einander und meine Wangen sind gerötet. „Danke für das tolle Geschenk. Es ist wundervoll und sobald ich die Prüfungen der Fahrschule bestanden habe, werden wir beide eine Spritztour machen“, flüstere ich, Gideon lächelt und führt mich wieder nach drinnen. In meinem Zimmer nimmt er auf meinem Bett platz, ich verschwinde im Badezimmer und dusche erst einmal ausgiebig. Meine Haare föhne ich danach, binde sie zu einem Pferdeschwanz zusammen und ziehe mir ganz normale Kleidung an.
Bis zum Mittagessen, denn da wird dann wieder ein ganzes Team bei mir sein und mich für meine Geburtstagsparty herrichten. Doch zuerst will ich frühstücken, hake mich bei Gideon unter und wir gehen gemeinsam nach unten. Im Speisesaal ist alles schon vorbereitet, wir nehmen uns etwas zum essen und setzen uns an unseren Stammtisch. Rachel, Lucy, Thomas und Jace sind schon anwesend und gratulieren mir herzlichst zum Geburtstag. Ich bedanke mich und trinke meinen Kaffee. „Deine Eltern sind schon auf den Weg hierher und angeblich mit einer ganzen Wagenladung voller Geschenke“, meint Jace und ich schmunzle. „Ich brauche doch gar nicht so viele Geschenke, denn meine Freunde und meine Eltern reichen mir vollkommen aus“, erwidere ich und esse mein Rührei mit Speck.
„Ich habe für dich noch eine Überraschung. Die bekommst du jedoch erst später. Viel später“, fängt Gideon an und hat natürlich meine Neugier geweckt. „Heißt das etwa, dass ich nun warten muss?“ Gideon grinst und isst in Ruhe weiter. Nachdem Frühstück gehen wir alle nach draußen und genießen die Frühlingssonne. „Es ist aber nicht Pflicht, dass alle Schüler mir Geschenke machen oder? Das wäre dann doch sehr peinlich.“ „Nein es ist keine Pflicht Willow. Sie sind jedoch bei deiner Feier dabei“, antwortet Lucy und ich verstehe. „Zum Glück. Ich würde keines ihrer Geschenke annehmen aus Scham oder so.“ „Aber wir haben Geschenke für dich besorgt, weil du unsere Freundin bist Willow und das gehört sich so unter Freunden“, wirft Rachel ein und ich kichere. Gerade als wir es uns auf der Wiese gemütlich gemacht haben erscheint ein schwarzes Auto, eine Limousine und sechs Personen steigen aus.
Sie holen ihre Sachen aus dem Kofferraum und tragen es nach drinnen. „Oh nein! Das Team ist da um mich für das Fest vorzubereiten. Das kann etwas werden“, murmle ich, wir erheben uns von der Decke und gehen wieder rein. Kaum sind wir bei der Treppe als Paolo erscheint und mich anstrahlt. „Prinzessin! Da seid Ihr ja! Kommen Sie, wir müssen Sie für das Geburtstagsfest vorbereiten.“ Er scheucht meine Freunde zur Seite, verneigt sich vor mir und schiebt mich dann in Richtung meines Zimmers. Als wir es betreten ist es kaum wieder zu erkennen und ich bin perplex. Mein Zimmer sieht aus wie in so einem Mode- und Schminkstudio, fünf Personen wuseln herum und das Kleid ist auch schon aufgehangen. Bereit zum anziehen. Es ist in einem mitternachtsblau mit Diamanten besetzt und es hat dünne Träger. Paolo drückt mich auf den Stuhl, stellt sich hinter mich und fängt an meine Haare herzurichten.
Er kämmt und glättet sie, steckt sie strähnchenweise hoch und befestigt sie mit unzähligen Haarnadeln. Die Strähnen sind mit Perlen durchzogen und das Diadem wird alles noch abrunden. In der Zwischenzeit wurde ich geschminkt, die Highheels angezogen und dann hilft man mir in das Kleid. Es umschmeichelt meinen Körper, Paolo setzt mir noch das Diadem auf und als ich mich im Spiegel erblicke, sehe ich eine perfekt gestylte Prinzessin. Nach genau 4 Stunden bin ich endlich fertig und kann zu meiner Geburtstagsparty. Gideon wartet vor meiner Zimmertür, er trägt dieses mal einen Anzug passend zu meinem Kleid und strahlt als er mich sieht. „Wow! Diese Frisur würde gut zu unserer späteren Hochzeit passen“, bemerkt er, Paolo hat es gehört und strahlt.
„Vielen Dank! Ich denke das lässt sich machen, wenn sie in ein paar Jahren heiraten werden“, bedankt er sich, ich hake mich wieder bei Gideon ein und er führt mich nach unten. Das Treppengeländer ist mit einer Blumengirlande verziert, wir wenden uns dem Speisesaal zu und ich lächle wie es sich für eine Prinzessin gehört. Wir betreten den Speisesaal und dieser ist total verändert. Alles ist in Gold und Silber geschmückt, der Kronleuchter glänzt nur so und auf einem langen Tafeltisch stehen haufenweise Geschenke. Dem Geschenktisch gegenüber steht noch ein langer Tafeltisch und dort werden wir speisen. Gideon und ich sehen uns an, nicken und stürzen uns elegant ins Getümmel.
Das Fest ist sehr distinguiert was soviel heißt wie nobel und alle führen sich so auf. Mir wird zwar gratuliert, Bilder werden geschossen und viele Hände geschüttelt. Gideon und ich sitzen am langen Tafeltisch, haben den Blick über die ganze Menge und viele hohe Gäste sitzen darunter. Es gibt ein Drei-Gänge-Menü, wir schlagen uns sozusagen durch und ich unterhalte mich nur mit Gideon. „Wann bekomme ich denn dein Geschenk?“, frage ich ihn, Gideon lächelt geheimnisvoll und ich werde ungeduldig. „Später meine Liebe. Meine ewige Liebe“, antwortet er verschwörerisch und ich seufze. Esse in Ruhe weiter und muss mich gedulden, denn Gideon schneidet das Thema nicht mehr an. Nachdem wir also gut gespeist haben darf ich meine Geschenke öffnen und es kommen viele teure Sachen hervor.
Diamantschmuck, Schuhe, Kleider aus purer Seide, Bücher, ein Sommersitz in Frankreich, ein Privatjet, eine Insel und noch viel mehr. Ich setze mein Lächeln auf, tue so als ob ich mich freuen würde und jeder ist zufrieden. Innerlich bin ich schon enttäuscht, denn was will ich denn mit den ganzen Sachen? Gut die Bücher sind tolle Geschenke, denn es sind Themen dabei die ich gerne lese. Doch dass ist das Einzige, was mir wirklich gefällt. Dann tritt Gideon zu mich heran, lächelt und geht vor mir auf die Knie. Plötzlich ist es sehr still im Saal, die Stimmung hat sich sofort verändert und aller Augen sind auf uns beide gerichtet. „Mein Geschenk Willow. Seit dem ersten Aufeinandertreffen zwischen uns beiden hat es sofort gefunkt und wir haben uns ineinander verliebt. Jeder Tag ist für mich wie der Himmel auf Erden, weil ich dich habe und über alles liebe.
Daher frage ich dich hier vor allen Menschen. Willow Jean Bingley, willst du später meine Frau werden?“ Eine absolute Stille hat sich über uns gesenkt, jeder scheint den Atem anzuhalten und begierig darauf zu warten, was ich antworte. Selbst die Fotografen haben ihre Kameras in Hab- Acht- Stellung und sehen uns an. Ich sehe in Gideons wundervolle Augen und er hat die Schatulle schon geöffnet. Auf goldenem Samt liegt ein kleiner Diamantring und ich lächle. „Ja das will ich Gideon Cambell. In ein paar Jahren dich heiraten“, antworte ich schließlich leise, Gideon steckt mir den Ring an den Finger und während wir uns voller Leidenschaft küssen, gibt es ein regelrechtes Blitzlichtgewitter. Alle applaudieren, Gideon trägt auch einen Ring und jeder im Saal gratuliert uns voller Freude. Dann stürmen schon die Fragen auf uns ein wann denn die Hochzeit sei und ob wir das so schnell machen, weil ich ein Kind erwarte.
Meine Eltern schalten sich sofort dazwischen und Gideon führt mich nach draußen. Wir flüchten sozusagen zum Pavillon und am Wegesrand sind Lichter im Boden eingebracht die uns leuchten. Im Pavillon setzen wir uns hin und Gideon streicht mir eine Strähne hinter das Ohr. „Jetzt haben wir Ruhe vor der wolfshungrigen Meute“, bemerkt er und ich gluckse. „Das stimmt. Wie die Aasgeier. Hier haben wir ruhe und hier werden wir auch gut geschützt. Überall sind Wachen die auf uns aufpassen.“ „Sie passen auf dich auf meine Verlobte. Du bist in Gefahr und du bist die Thronanwärterin. Die Nachfolgerin und das passt dem Henry gar nicht. Deswegen musst du beschützt werden.“
Ich verdrehe die Augen und lehne mich zurück. „Manchmal ist das richtig ungewöhnlich. Okay nicht nur manchmal sondern noch immer. Ich war letztes Jahr noch in diesem Labor und jetzt bin ich eine Prinzessin. Daran muss ich mich gewöhnen. Eindeutig.“ „Stimmt. Jemand der nicht von klein auf all diese Dinge gelernt hat, muss sich damit vertraut machen. Alles lernen. Doch du machst dich richtig gut und deine Eltern sind ebenfalls sehr stolz auf dich. Du bist eine tolle Prinzessin. Hältst dich an die Regeln und bist sehr formell. Eine Bilderbuchprinzessin.“ Ich sehe Gideon an, er mich und wir müssen beide lachen. „Ja eine richtige Bilderbuchprinzessin. Ich darf in der Öffentlichkeit nicht normal sein, sondern ich muss ordentlich und galant rüber kommen. Nur keine Fehltritte“, seufze ich, Gideon nickt und lächelt mich an.
„Du bist jetzt 17 Jahre alt und verlobt. Eine Prinzessin und du hast so viel auf den Schultern zu tragen. Doch in den Frühlingsferien können wir doch nach Frankreich in dein Sommerhaus fliegen. Weg von der Presse, den Fotografen und nur wir beide ganz alleine. Wie wäre das? Hast du Lust darauf?“ Ich setze mich aufrecht hin und wende mich Gideon ganz zu. „Das ist doch mal eine sehr gute Idee Schatz. In den Frühlingsferien machen wir nach Frankreich in mein Sommerhaus. Wirklich sehr sehr gute Idee“, erwidere ich, Gideon grinst verschmitzt und ich küsse ihn. Automatisch zieht Gideon mich enger an sich und erwidert diesen Kuss. Plötzlich dringt ein kleines Fiepsen an meine Ohren, ich löse mich von ihm und schaue mich um. Lausche angestrengt und da ist es wieder. Ein Fiepsen, ich erhebe mich und folge diesem Geräusch. Gideon ist schnell an meiner Seite und wir beide kommen der Sache immer näher.
Bei einem Baum liegt unten in einem Loch zusammengerollt ein kleiner weißer Hund und er zittert. „Oh schau doch nur! Der arme kleine Kerl. Sicherlich hat er Hunger und er friert“, sage ich, nehme den kleinen Hund hoch und kraule ihn. Seine kleine kalte Nase beschnuppert mich, schmiegt sich dann an mich und zittert noch immer vor Kälte. „Darf man Hunde eigentlich im Internat halten?“, frage ich Gideon und sehe ihn an. „Willow wir sind alle Gestaltwandler und somit Tiere. Ja man darf dort Tiere halten. Offenbar hast du da einen kleinen Labradorwelpen gefunden. Der ist gerade so von der Mutter weg“, antwortet Gideon, zieht seine Anzugjacke aus und reicht sie mir. Ich wickle den Welpen darin ein und wir gehen wieder zurück. Treffen sogleich Brenda und als sie den Welpen erblickt, strahlt sie regelrecht.
„Der ist aber süß Willow. Gideon du weist wo die Sachen für einen Hund sind. Bringe sie doch bitte ins Zimmer von Willow“, meint sie nur, krault den Welpen kurz und zeigt mir eine andere versteckte Tür zur Küche wo ich ungesehen reingehen kann. Schließlich muss die Presse nicht gleich sehen, was ich da auf dem Arm halte. Also schleiche ich mich in die Küche, finde in einem langen Schrank natürlich Hundefutter und wundere mich schon ein bischen. Wieso haben wir hier im Internat Hundezubehör und auch das entsprechende Futter? Das sollte ich wohl später nachfragen. Zuerst hole ich aus dem Schrank das Welpenfutter, gebe es in eine kleine Schüssel und stelle sie auf den Boden. Setze den Welpen davor und dieser frisst sofort.
Begierig nimmt er alles auf, ich stelle ihm noch Wasser hin und er schlabbert es weg wie nichts. Lächelnd schaue ich ihm zu und warte geduldig ab. Draußen im Saal sind noch immer alle anwesend und ich kann sie gedämpft vernehmen. Als der Welpe fertig ist räume ich die Sachen weg, nehme ihn wieder hoch und bringe ihn in mein Zimmer. Dort setze ich ihn auf dem Boden ab, Gideon richtet gerade das Körbchen und der Kleine schnuppert neugierig durch das Zimmer. „Hast du schon einen Namen für den Kleinen?“, fragt mich Gideon und ich setze mich auf den Stuhl beim Schreibtisch. „Offenbar ein Männchen so wie er aussieht. Ich nenne ihn einfach mal Rusty“, antworte ich ihm, Gideon nickt verstehend und wir schauen gemeinsam dem Kleinen zu. Rusty kriecht unter das Bett, kommt auf der anderen Seite wieder hervor und schon ist er unter dem Schrank.
Wir müssen darüber kichern, irgendwann ist Rusty wieder bei uns und macht es sich in seinem Körbchen gemütlich. „Ich denke wir können ihn problemlos alleine lassen. Er wird hier geduldig auf dich warten und er kann sogar auf dich aufpassen“, meint Gideon, ich erhebe mich von meinem Stuhl und nicke zustimmend. „Du hast recht. Rusty wird hier auf mich warten und brav sein.“ Ich hake mich bei Gideon unter, wir verlassen das Zimmer und gesellen uns unten wieder zu den Anderen. Bis auf Brenda weiß niemand über den kleinen Welpen Bescheid und das wird auch noch ein bischen so bleiben. Doch sicherlich morgen werden alle ihn sehen und das stört mich nicht. Schließlich gehört Rusty nun zu mir. Mein kleiner Beschützer den ich sofort in mein Herz geschlossen habe und er auf ewig bei mir bleiben wird.
Als wir am nächsten Morgen zum Frühstück im Speisesaal erscheinen, sind Gideon und ich das Gesprächsthema Nummer eins. Schließlich haben alle mitbekommen, wie er mir einen Antrag gemacht hat und das breitet sich aus wie ein Lauffeuer. Nicht nur das Internat weiß davon. Nein das gesamte Land und sicherlich auch bald die gesamte Welt. Ich bin jedoch sehr glücklich und kann mich auch nicht beklagen. Schnell ist die Verlobung in den Hintergrund gestellt, als die Schüler und Lehrer meinen Hund sehen. Sie haben aufgehört zu essen und sehen Rusty hinterher wie er mir folgt. Doch niemanden stört es, denn offenbar haben wirklich einige Schüler einen Hund.
Gideon und ich holen uns unser Frühstück, setzen uns dann an unseren Stammtisch und jemand neues hat sich dazu gesellt. Melissa. Ich mustere sie eingehend und trinke dann einen Schluck von meinem Kaffee. Auch Gideon ist misstrauisch und hat eine Augenbraue angehoben. Rachel und Lucy sehen uns an, dass wir uns fragen wieso Melissa bei uns sitzt und lächeln gleichzeitig. „Bevor ihr euch aufregt weil Melissa hier bei uns sitzt, dass ist jetzt normal. Sozusagen. Melissa will nicht mehr das machen, was ihr Daddy von ihr verlangt und stellt sich auf unsere Seite“, erklärt Rachel uns und Melissa lächelt schwach. „Ich bin ebenfalls in Lebensgefahr und will etwas gegen meinen Vater unternehmen. Er darf den Thron nicht bekommen“, sagt sie, ich nicke langsam verstehend und frühstücke in Ruhe.
„Ich kann verstehen, dass ihr mir nicht vertraut und das habe ich mir auch selber zuzuschreiben. Aber ich hoffe, dass ihr irgendwann keinen Misstrauen mehr zu mir habt. Ich will euch wegen meinem Vater helfen, denn er ist wahnsinnig geworden. Oder so“, fügt sie noch hinzu und ich sehe Melissa an. „Ja er ist total durchgeknallt und versucht mich aus dem Weg zu räumen“, erwidere ich und Melissa nickt ernst. „Mein Vater will einen Anschlag auf deine Eltern verüben Willow. Was es genau ist, weiß ich noch nicht aber ich versuche es heraus zu finden“, erklärt Melissa uns und ich lehne mich zurück. „Hast du es Brenda schon erzählt?“, frage ich sie und Melissa schüttelt mit dem Kopf. „Du musst es ihr sagen Melissa. Sie sollte es wissen“, wirft Gideon ein und hat aufgegessen. Melissa nickt langsam und atmet tief durch. „Das wollte ich gleich nach dem Frühstück machen“, gibt sie zu und sieht mich dabei an. „Mit dir Willow. Es sind schließlich deine Eltern.“
„Okay. Dann lass mich wenigstens noch zu Ende frühstücken und danach gehen wir zu Brenda.“ Melissa nickt verstehend, wir schweigen und ich kann weiter essen. Rusty hat seinen Napf neben meinem Stuhl und schmatzt genüsslich. Viele Schüler kichern und finden es total niedlich. „Dein Hund ist so süß Willow. Ich habe auch einen. Sie heißt Luna und ist auch noch ein Welpe. Vielleicht können beide Welpen ja später zusammen spielen“, meint Rachel und ich lächle. „Eine gute Idee. Dann ist Rusty nicht so alleine.“ Sobald wir alle mit dem Frühstück fertig sind bringen wir unsere Tabletts weg und ich mache mich mit Melissa auf den Weg zu Brenda. Die Schulleiterin ist in ihrem Büro und sieht uns erstaunt an, als wir dieses betreten.
„Was kann ich für euch beide tun?“, fragt sie uns und deutet auf die zwei Besucherstühle vor ihrem Schreibtisch. Wir setzen uns und ich werfe Melissa einen Blick zu. „Mein Vater will einen Anschlag auf das Königspaar verüben. Er will sie umbringen und Willow ebenfalls. Somit kann er den Thron besteigen, aber er will den Anschlag wie einen Unfall aussehen lassen“, antwortet Melissa und sieht Brenda ernst an. Diese runzelt die Stirn und nickt dann langsam. „Danke für die Warnung Melissa. Ich werde mich umgehend darum kümmern, dass das Königspaar in Sicherheit ist. Ihr braucht euch darüber keine Gedanken machen, denn es wird ihnen nichts passieren“, sagt sie schließlich und sieht mich dabei an. „Danke Brenda. Ich will meine Eltern in Sicherheit wissen. Jetzt wo ich doch welche habe“, bedanke ich mich und lächle leicht.
„Natürlich Willow. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Deine Eltern werden gut beschützt“, fügt sie noch hinzu, wir erheben uns und verlassen das Büro. Auf dem Gang ist niemand zu sehen, alles ist ruhig und Melissa atmet tief durch. „Danke das du Bescheid gesagt hast Melissa.“ Wir sehen uns an und Melissa mustert mich. „Ich war immer so gemein zu dir gewesen und habe dir das Leben hier nicht leicht gemacht. Das will ich jetzt irgendwie wieder gut machen. Auch wenn ich dabei vielleicht mein Leben verliere, weil ich gegen meinen Vater kämpfe. Ihm Steine in den Weg lege“, meint sie und ich werfe einen Blick aus dem Fenster. „Du musst nicht sterben. Sie können auf dich aufpassen, damit dein Vater nicht an dich heran kommt.“ „Vielleicht aber ich soll zu einer Veranstaltung gehen und ich bin gezwungen. Obwohl ich das nicht will. Ich habe Angst davor.“
Dieses mal mustere ich Melissa und kann erkennen, dass sie richtig blass ist. Unter ihren Augen sind dunkle Ringe und sie ist sogar ungeschminkt. Ihre Haare sind lose zusammengebunden und sie hat wahllos Kleider ausgesucht. Keine Schuluniform sondern ein Schlabberlook. „Du siehst schrecklich aus“, bemerke ich, wir gehen den Gang entlang und Melissa muss grinsen. „Ja ich weiß. Ich würde wahrscheinlich keinen Schönheitswettbewerb gewinnen. Es macht mir alles zu schaffen Willow. Ich kann nachts nicht richtig schlafen und habe Angst, dass einer von Vaters Handlanger in mein Zimmer kommt und mich holt oder sogar umbringt. Ja das Internat ist gut bewacht und niemand kommt ungesehen rein oder raus. Dennoch habe ich Angst. Mein Vater findet sicherlich einen Weg um ungesehen hier zu erscheinen.“ Wow sie schüttet mir ihr Herz aus. Das ist ja mal etwas neues. Wir bleiben an der Treppe stehen und ich wende mich ihr zu.
„Falls er das wirklich vor hat, dann wird er uns kennenlernen. Vielleicht sollten wir Mr Patel Bescheid geben, dass du Angst hast und befürchtest, dass dein Vater oder einer seiner Handlanger hier eindringen könnte.“ „Meinst du das ist eine gute Idee?“ „Naja besser als im Schlaf umgebracht zu werden. Lass uns ihn suchen gehen.“ Ich nahm sie an die Hand und wir gehen los. Suchen Mr Patel unseren Trainer und finden ihn in der Trainingshalle, wo er auf einen Boxsack einschlägt. Er hat nur eine Jeans an, seine Füße sind nackt, genauso wie sein Oberkörper. Schweißperlen laufen ihm den nackten Rücken hinunter und verschwinden im Bund der Jeans. „Mr Patel? Könnten wir Sie kurz stören?“, frage ich ihn laut, er hält inne und dreht sich zu uns um. „Miss Bingley, Miss Dallman. Was verschafft mir die Ehre?“, fragt er, nimmt ein Handtuch und wischt sich den Schweiß von der Stirn, was verdammt gut aussieht und ich mir Gideon in dieser Situation vorstelle. Dabei kribbelt es in meinem Bauch und ich lächle sinnlich.
Doch ich muss im Hier und Jetzt bleiben da es sehr wichtig ist. „Melissa möchte sich mit Ihnen unterhalten“, antworte ich, Mr Patel legt sich das Handtuch um die Schultern und sieht uns lächelnd an. „Naja ich kann nachts nicht mehr richtig schlafen weil ich Angst habe, dass mein Vater oder einer seiner Handlanger es schafft, ins Internat zu gelangen um mich umzubringen. Ich weiß, dass alles kontrolliert wird aber was ist, wenn es einen Spion gibt und dieser dann jemand Fremdes rein lässt? Mein Vater ist unberechenbar und ich soll in zwei Wochen mit ihm zu einer Veranstaltung und da ich doch gegen ihn kämpfe, würde er mich sicher umbringen. Aber ich will noch nicht sterben.“ Melissa ist immer lauter geworden, zittert nun und hat große Angst. Ich nehme sie in meine Arme und sie schluchzt leise an meiner Schulter.
„Miss Dallman Sie brauchen keine Angst zu haben. Gehen Sie mit ihrem Vater zu dieser Veranstaltung, denn ich werde Ihnen einige von meinen Leuten zur Verfügung stellen. Diese werden auf der Veranstaltung sein und auf Sie aufpassen. Versprochen. Niemand wird es wissen. Nur wir. Meine Leute mischen sich unter die Security deines Vaters und werden Sie keine Sekunde aus den Augen lassen. Wenn Sie nachts durchschlafen wollen, dann verschließen sie abends ihr Fenster und ich kann jemanden vor Ihre Tür postieren lassen“, erklärt Mr Patel und Melissa richtet sich auf. Ich reiche ihr ein Taschentuch, sie nimmt es dankend an und wischt sich die Tränen weg. Putzt sich die Nase und atmet tief durch. „Danke Mr Patel. Dann kann ich beruhigt sein und vielleicht endlich wieder nachts durchschlafen.“ Mr Patel nickt und lächelt dann. „Wir sind für Ihre Sicherheit zuständig Miss Dallman und das wird auch weiterhin so bleiben.“
„Gut dann wollen wir Sie nicht weiter stören Mr Patel. Viel Spaß noch beim weiter trainieren“, werfe ich ein, wir wenden uns von ihm ab und verlassen die Trainingshalle. In der Eingangshalle bleiben wir stehen und werfen einen Blick nach draußen. Die Sonne scheint und ich höre Welpen freudig bellen. „Vielen Dank Willow. Ich weiß nicht wie ich das wieder gutmachen kann, was du heute für mich getan hast. Ohne dich hätte ich mich das nie getraut zu sagen“, bedankt sich Melissa bei mir und umarmt mich. „Keine Ursache. Wir können zwar keine besten Freunde werden aber Freunde sicherlich. Ich gehe jetzt nach draußen und genieße die Sonne.“ „Und ich werde versuchen etwas zu schlafen.“ Wir verabschieden uns voneinander und während Melissa die Treppe nach oben geht, führt mein Weg nach draußen. Dabei denke ich an diesen Anschlag und hoffe, dass niemand verletzt wird oder sogar stirbt.
Der Frühling hat den Winter vertrieben und ich habe praktischen Fahrunterricht. Die Theorie ist bestanden und nicht nur Fahrunterricht hat mich vollkommen eingenommen sondern auch das private Training mit Mr Patel. Immer mehr kommen Geschehnisse vor und auch gescheiterte Anschläge auf meine Eltern. Die Frühlingsferien können wir auch nicht genießen, denn Sir Henry hat sich gemeldet. Er will einen Kampf um den Thron und die Herrschaft auf Leben und Tod und ich soll dabei sein. Zusehen wie andere ihre Leben für mich opfern und ich am Ende freiwillig den Thron ihm überlasse. Nur nicht mit mir. Oh nein! Ich trainiere jeden Tag bis spät in die Nacht hinein, habe nebenbei noch Unterricht und alle bereiten sich auf diesen Kampf vor.
Der besagte Tag rückt immer näher, Melissa trainiert ebenfalls sehr verbissen und wird sich gegen ihren Vater stellen. Auf dieser Veranstaltung vor zwei Wochen ist absolut nichts passiert und Sir Henry hat sich normal benommen. Einen Tag vor dem Kampf sitzen wir alle zusammen im Gemeinschaftsraum und es wird leise geredet. Anspannung liegt in der Luft und auch Rusty mein Welpe spürt, dass etwas passieren wird. „Morgen ist es soweit. Morgen wird Sir Henry sich wünschen nie geboren wurden zu sein“, fängt Lucy an und trinkt einen Schluck von ihrer Limonade. „Er wird nicht so leicht aufgeben aber wir werden ihn in die Knie zwingen und dann gibt es Ruhe“, erwidere ich und alle stimmen mir zu.
„Willow? Deine Eltern sind angekommen. Sie werden mit uns kämpfen und haben viele Wächter mitgebracht“, meint Melissa, ich nicke ernst und erhebe mich. Gehe in die Eingangshalle und sehe meine Eltern in normalen Klamotten. Viele Wächter sind bei ihnen und diese unterhalten sich mit Angus. Er weist sie offenbar noch einmal ein. „Wir dachten wir helfen euch im Kampf gegen Sir Henry und auch wenn wir nicht wollen, dass du dabei bist Willow, werden wir dir helfen. Schließlich haben wir nicht vor, dich abermals zu verlieren und das für immer. Also werden wir euch helfen“, sagt mein Vater und ich verstehe ihn. „Ja wir kämpfen Seite an Seite. Ich habe jeden Tag hart trainiert und bin bereit meinen Posten zu verteidigen. Meinen Thron“, erwidere ich und Gideon tritt an meine Seite. „Wir werden es alle schaffen. Nur Mut.“ Ich lächle und gebe ihm einen Kuss.
„Wir haben dir noch etwas mitgebracht Willow.“ Ich sehe zu meinem Vater und ein Wärter kommt zu ihm. Hat etwas in den Händen, es ist ein großer Koffer und Dad öffnet diesen. Zum Vorschein kommt ein silberner Köcher mit dem Familienwappen und silberne Pfeile. „Wir wollen dir diese Waffe schenken, denn sie hat schon immer dir gehört. Als wir erfahren haben das wir ein Mädchen bekommen haben wir diese extra für dich anfertigen lassen. Von Brenda wissen wir, dass du perfekt mit dieser Waffe umgehen kannst und diese ist genau auf dich abgestimmt“, erklärt er mir, ich strahle richtig und nehme sie entgegen. Bewundere und bestaune diese Waffe und es fühlt sich an, als würde sie mich als ihren Besitzer erkennen. „Vielen dank Dad und auch dir Mum. Jetzt fühle ich mich sicher und weiß, dass wir es schaffen werden“, bedanke ich mich und umarme beide.
Sie freuen sich, werden von Brenda zu ihren Gemächern geführt und ich halte meine Waffe gut fest. „Du solltest sie in dein Zimmer bringen und sicher verwahren. Morgen brauchst du sie und es wäre nicht angebracht, wenn sie verschwindet“, sagt Angus, ich nicke und bringe die Waffe in mein Zimmer. Verstaue sie in meinem Schrank und ja der ist wirklich sicher. Da ich die Prinzessin bin wurde er verbessert und ich komme nur noch dort ran, wenn ich den Code eingebe. Alles zur Sicherheit. Sobald ich die Waffe darin verstaut habe, gehe ich wieder zu meinen Freunden und wir machen uns gemeinsam auf den Weg in den Speisesaal. Dort setzen wir uns an unseren Stammtisch und ich mustere dabei Melissa genau. Sie ist härter geworden und hat Muskeln an den richtigen Stellen bekommen.
Ich habe sie beobachtet und sie hat genauso hart wie ich trainiert. Nur noch härter und sie lässt sich nicht von ihrem Vater nieder machen. Auch habe ich erfahren, dass ihre Mutter abgehauen ist als sie gerade mal 3 Jahre alt war. Das hat ihren Vater in ein Tief gestürzt und noch schrecklicher und unberechenbarer gemacht. So war er vorher schon gewesen, hat mich schließlich auch entführt und das hat seine Frau nicht mehr mitgemacht. Gerade als wir essen betritt jemand den Speisesaal und Melissa erhebt sich. „Mum? Was machst du denn hier?“, fragt sie die Frau und tritt auf sie zu. „Ich habe mich dazu entschlossen mit gegen deinen Vater anzutreten. Nie und nimmer soll er den Thron bekommen, denn er hat schreckliches vor“, antwortet sie und Melissa führt ihre Mutter an unseren Tisch.
Sieht mich dann ernst an. „Prinzessin, ich werde an Eurer Seite kämpfen und ihn vernichten. Er darf niemals den Thron bekommen“, sagt sie ernst und verneigt sich vor mir. „Vielen Dank für Eure Treue und ich freue mich, dass Sie an meiner Seite kämpfen werden.“ Mrs Dallman verneigt sich abermals und setzt sich dann an den Tisch der Lehrer. Melissa sieht zu ihr und grinst. Hat dabei funkelnde dunkle Augen bekommen. „Oh das wird Dad nicht richtig gefallen. Oder auch gar nicht. Er hat sie schließlich jahrelang nicht mehr gesehen und morgen wird sie vor ihm stehen. Ihn bekämpfen.“ Melissa freut sich richtig und wir können sie verstehen. Jetzt erst ist ihr richtig klar geworden, dass sie erwachsen wird und nicht mehr nach den strengen Regeln ihres Vaters tanzt.
Sobald wir zu Ende gegessen haben verziehen Gideon und ich uns in mein Zimmer und kurz darauf liegen wir aneinander gekuschelt im Bett. Schweigen erst einmal. „Wir schaffen das. Ich spüre es“, fängt Gideon an und ich stimme ihm zu. „Du wirst bei deinen Eltern mit stehen und wir verteilen uns auf der großen Wiese. So hat er nicht nur ein Ziel sondern gleich mehrere.“ Ich hebe den Kopf und sehe ihn an. „Danach werde ich mit dir nach Frankreich fliegen. Das weiß ich jetzt schon. Alles schon geplant und niemand wird uns daran hindern“, sage ich und habe mich aufgesetzt. Rusty ist in seinem Körbchen und er wird hier auf mich warten. Ihn nehme ich nicht mit zum Kampf. „Eine gute Idee meine Liebe. Wir verschwinden einfach nach Frankreich und machen Dauerurlaub.“
Ich kichere, gebe ihm einen Kuss und kuschel mich wieder an ihn. „Aber erst den morgigen Kampf. Der ist sehr wichtig.“ Wir beide sind uns einig, dass es wirklich sehr wichtig ist und Sir Henry niemals aufgeben wird. Daher müssen wir alles geben und ihn vernichten.“ Ernst sehe ich Gideon an und nicke langsam. „Und wehe du verreckst morgen auf dem Schlachtfeld, dann Gnade dir Gott“, warne ich ihn und er muss lachen. Umschlingt mich mit seinen Armen und wir drehen uns abrupt, so dass er über mir liegt. Haucht mir Küsse auf mein Gesicht. „Ich liebe dich und nehme es sehr ernst. Ich werde nicht sterben und du ebenfalls nicht. Wir beide werden weiter leben und Kinder bekommen, die in einer besseren Welt aufwachsen werden. Irgendwann natürlich, denn wir sind zu jung und ich möchte jetzt noch kein Vater werden. Jetzt sollten wir langsam zur Ruhe kommen, denn wir brauchen die Kraft und die Konzentration.“
Ich nicke, er legt sich neben mich und zieht die Decke über uns. Ich kuschel mich wieder an ihn, bette meinen Kopf auf seinen Brustkorb und schließe die Augen. „Genau lass uns schlafen und morgen frisch und munter aufstehen. Ein gutes Frühstück zu uns nehmen und dann vorbereiten zum Kampf.“ Gideon brummt nur noch, ich hauche ihm einen Kuss auf die Lippen und dann bin ich ebenfalls eingeschlafen.
Der Tag des Kampfes.
Heute ist es soweit. Heute entscheidet sich alles in einem Kampf den niemand von uns wollte, aber nun da durch müssen. Große Anspannung liegt im gesamten Internat in der Luft und alle sind todernst. Jüngere Schüler werden im Internat bleiben und von zwei Lehrern betreut. Das Frühstück geht still von der Bühne, niemand sagt ein Wort und alle sind angespannt. Gegen Nachmittag machen wir uns auf zu den Trainingshallen und ziehen unsere schwarzen Kampfsachen an. Ich habe meine Waffe mitgenommen und nun sitzen wir alle versammelt vor Mr Patel. „Also gut. In wenigen Minuten fahren wir los und zum angegebenen Ort wo der Kampf stattfinden soll. Ihr wisst, dass es voller Ernst ist und kein Spaß. Ihr habt monatelang, sogar jahrelang trainiert und dies wird nun angewendet. Habt keine Rücksicht auf euren Gegner, denn dies hat er auch nicht für euch. Wenn ihr in Todesgefahr schwebt, dann tötet lieber bevor ihr das Zeitliche segnet.
Es wird schwer werden aber ich bin sehr zuversichtlich, dass ihr es alle schafft. Also lasst uns gehen und viel Glück euch allen.“ Wir erheben uns von den Tribünen, gehen nach draußen und werden aufgeteilt auf die vielen schwarzen Autos. Ich steige bei meinen Eltern ein, Angus sitzt vorne am Steuer und Gideon und meine Freunde sitzen mit in diesem Auto. Wir schnallen uns an, Angus fährt los und Schweigen breitet sich sofort aus. Wir sind alle angespannt, eine große Last liegt auf uns allen und wir wissen nicht, wie es ausgehen wird. Der Himmel ist wolkenverhangen und es wird immer dunkler. So als wenn der Himmel weiß, dass bald etwas passieren wird. Die Autofahrt dauert genau zwei Stunden, wir halten dann an einem Waldesrand und steigen aus. Sind bewaffnet bis auf die Knochen indem Sinne und gemeinsam gehen wir durch den Wald.
Bleiben vor dem anderen Ende stehen und Mr Patel teilt uns auf. Ich bin weiterhin bei meinen Eltern, wir gehen gerade aus weiter und stellen uns ihm. Außer meine Pfeile und dem Bogen besitze ich noch zwei Dolche und diese habe ich mir an die Waden gebunden. Für den schlimmsten Fall der Fälle. Zu dritt bleiben wir dann mitten auf dem Kampffeld stehen und lauschen. Warten ab und meine Nerven sind verhärtet. Als es gerade anfängt mit regnen erscheint Sir Henry und hat ebenfalls schwarze Kleidung an. Seine Augen suchen das gesamte Gelände ab, aber unsere Mitstreiter sind so gut versteckt, dass er sie nicht entdecken kann. „Schön das ihr drei gekommen seid. Wir müssen nicht gegeneinander kämpfen. Wir können das auch so regeln. Ihr gebt mir den Thron und ihr könnt für immer in Frieden leben. Auch weiterhin im Schloss und meine Berater sein.
Willow gibt Gideon an Melissa und alle sind glücklich“, fängt er an und wir werfen uns einen Blick zu. „Und du hast den Thron für dich alleine? Das ich nicht lache“, ertönt es hinter uns und Melissas Mutter tritt neben uns. „Angelika, du bist also hier und hilfst mir meine geliebte Sonne. Wir beide werden gemeinsam herrschen und unsere eigenen Regeln aufstellen. Die Menschen versklaven, die Gestaltwandler als reine Gestalten aufnehmen und regieren. Keine Mischlinge“, sagt Henry und ist sichtlich überrascht. Ich runzle die Stirn und mir kommt etwas in den Sinn. So etwas habe ich in meinen Lieblingsbüchern auch gelesen und es ging am Ende für den Bösen nicht gut aus. Hier wird es hoffentlich genauso sein. Ohne Mord und Totschlag bei gewissen Menschen die ich liebe.
„Jetzt hast du komplett den Verstand verloren Henry. Wie kann man nur so tief sinken und alles daran setzen um den Thron zu bekommen? Deswegen habe ich dich verlassen und leider Melissa bei dir gelassen. Du hast sie zu einem Monster erzogen aber sie hat rechtzeitig erkannt, was für ein kompletter Geisteskranker du doch bist.“ Mrs Dallman ist ernst und sieht ihren ehemals geliebten Ehemann an. Einst haben sie sich sicherlich über alles geliebt aber nun ist es vorbei. „Nun gut. Ihr wollt es nicht friedlich abgehen lassen und daher muss ich mir den Thron mit Gewalt nehmen.“ Henry nickt, es zischt und Pfeile fliegen durch die Luft. Das Startzeichen für den Kampf. Sofort sind unsere Helfer alle da, so viele hat Henry ebenfalls und sie kämpfen gegeneinander. Ich stehe noch ziemlich auf verlorenen Posten, sehe nur zu und habe dann etwas zu tun als Henry sich auf mich stürzt.
Sofort ziehe ich die Dolche, wehre seine Angriffe ab und wir kämpfen gnadenlos. Klar bekomme ich viele Schnittwunden ab, aber das ist nicht tragisch und ich kann in der kämpfenden Menge verschwinden. Jedoch werde ich von hinten zu Boden gestoßen und Gewicht sitzt auf mir drauf. Ein Messer an meiner Kehle. „Gib mir den Thron oder du bist tot“, zischt Henry mir ins Ohr und ich spüre etwas Warmes in meinem Ausschnitt verschwinden. Konzentriere mich und schaffe es, ihn von mir zu werfen. Springe auf, wirble herum und sehe ihn am Boden. Will auf ihn losgehen aber werde von einem seiner Kämpfer aufgehalten und wir duellieren uns sozusagen. Bis ich einen Pfeil in den Bogen lege und schieße.
Der Pfeil trifft genau meinen Gegner, dieser geht zu Boden und ich eile weiter um Henry zu finden. Und ihn finde ich auch. Er rast auf meinen Vater zu, verwandelt sich und springt als Schneeleopard meinen Vater an. Ich habe mich ebenfalls verwandelt, husche an den Kämpfenden vorbei und als Henry meinen Vater beißen will, springe ich ihn an. Wir rollen gemeinsam weg, richten uns auf und stehen uns gegenüber. Fauchen uns an und dann springen wir gleichzeitig los. Mitten in der Luft treffen wir aufeinander, kratzen und beißen uns und haben uns verkeilt. Es ist ein blutiger Kampf, um uns herum vergessen wir alles und nur wir beide sind wichtig. Ich kann ihn kurz lahm legen, wirble herum und renne von ihm weg.
Brauche eine kurze pause. Diese habe ich nicht lange, denn er ist mir gefolgt und wir kämpfen abermals miteinander. Bis sich von irgendwo ein Schuss ertönt und dann halte ich inne. Werde stinksauer und brülle. Zerfetze ihn regelrecht, wir kämpfen schlimmer und dann wird er von mir weggezogen. Ich sehe Angus und Mr Patel nach, atme heftig und verwandle mich zurück. Sitze da und sehe mich um. Viele Kämpfer von Henry sind schwer verletzt, haben Fersengeld gegeben oder sind tot. Schmerzen habe ich selber, wurde angeschossen und erhebe mich. Schwanke stark und Gideon steht neben mir. Hält mich fest. „Du warst klasse gewesen Liebste. Lass uns zurück fahren. Die Kugel muss entfernt werden.“ „Ja muss sie.“ Gideon hebt mich auf die Arme, bringt mich zum Auto und wir steigen ein. Er schnallt mich an, gibt mir einen Kuss und kurz darauf fahren wir alle zurück.
„Ist jemand von uns tot?“, frage ich und sie verneinen. „Mr Patel ist ebenfalls verletzt. Die Schulter ausgekugelt. Ansonsten nur leichte Verletzungen und so. Nichts tragisches“, antwortet Rachel und sieht richtig abgekämpft aus. Ein paar Kratzer hat sie ebenfalls aber ansonsten ist sie noch gut in Schuss. Wie alle meine Freunde. Das lässt mich lächeln und dann bin ich auch schon zusammengebrochen...
Irgendwann komme ich wieder zu mir und liege wieder einmal im Krankenzimmer. Ist ja nichts neues. Als ich meine Augen öffne sehe ich Mr Patel im anderen Bett liegen und er lächelt mich an. „Endlich bist du aufgewacht Dornröschen. Hast ja lange genug geschlafen“, grinst er und ich setze mich vorsichtig auf. „Wie lange war ich weggetreten?“
„Fast eine Woche lang. Du hast es dir auch redlich verdient. So wie du gekämpft hast.“ „Was ist mit Sir Henry?“ „Nun ja. Er wurde weg geschleift und umgebracht.“ „Zum Glück. Ich bin froh endlich Ruhe zu haben.“ „Und wir erst. Jetzt können wir in Frieden leben. Unter den Menschen“, wirft Lucy ein und ich sehe meine Freunde. Alle sehen schon viel besser aus und ich freue mich. „Ist irgendetwas passiert als ich bewusstlos war?“ „Die Verletzten wurden versorgt, Mr Patel und du besonders und ansonsten haben wir alle geruht. Einfach nur erholt von dem Kampf“, antwortet Rachel und ich nicke verstehend.
Bin nun froh Ruhe und Frieden zu haben. Ich kann mich nun selber ausruhen und das mache ich auch. Rutsche wieder in die Kissen hinein und ziehe die Decke hoch. „Ich werde noch ein bischen schlafen, damit ich hier schneller raus kann.“ „Eine gute Idee. Wir werden derweil in der Sonne liegen und uns braten lassen.“ Ich muss kichern, nicke und dann schlafe ich ein um mich auszuruhen.
Das Schuljahr neigt sich dem Ende zu und alle sind erleichtert. Freuen sich auf die Sommerferien und das sie sechs Wochen lang Ruhe haben. Wie wir. Ich bin in meinem Zimmer, packe meine Koffer und Angus bringt sie zum Auto. Rusty ist außer sich vor Freude, ich habe alles eingesammelt an Kleinigkeiten und diese in meiner Tasche verstaut. „Lass uns gehen Rusty. Es wird Zeit“, meine ich, Rusty bellt vor Freude und wir verlassen das Zimmer. Ich schließe die Tür, gehe den Gang entlang und die Treppe nach unten. Dort warten meine Freunde, Melissa ebenfalls und sie lächeln mir entgegen. „Das Schuljahr ist vorbei. Was macht ihr in den Sommerferien?“, fragt uns Rachel und wir gehen langsam nach draußen. Brenda verabschiedet uns, wünscht uns schöne Sommerferien und lächelt. „Gideon und ich fliegen nach Frankreich. Das habe ich ihm vor dem Kampf versprochen.“
„Klingt gut. Jace kommt zu mir und meinen Eltern und wir fliegen nach New York. Shopping pur. Ich freue mich schon darauf und bringe euch allen etwas mit.“ Wir müssen lachen und kommen zu den Autos. „Thomas und ich sind auf einer Insel und machen dort Urlaub“, wirft Lucy ein und gibt ihrem Liebsten einen Kuss. „Aber wir bleiben in Kontakt oder?“ „Natürlich. Was dachtet ihr denn?“ Wir umarmen uns zum Abschied und steigen in die Autos. Fahren in die Sommerferien. Natürlich haben Gideon und ich mit 21 Jahren geheiratet und wurden gekrönt. Leben im Schloss, regieren das Land und irgendwann haben wir auch Kinder. Mindestens zwei. Einen Jungen und ein Mädchen. Gefahren haben wir nicht mehr gehabt, sofern man die Schule nicht als Gefahr sieht, wobei ich mir nicht sicher bin. Doch unser Leben ist in meinen Augen einfach nur perfekt und wunderschön gewesen.
Was wohl aus meinen Freunden geworden ist? Kann ich leicht beantworten. Jace trainiert die Schüler im Internat und Rachel unterrichtet Mathe. Thomas ist im Staatswesen indem er unser Berater ist und Lucy? Lucy ist meine Modeberaterin und sie liebt diesen Job. Wird auch gut bezahlt. Natürlich haben sie auch geheiratet und sind für einander bestimmt. Wie Gideon und ich. Unser Schloss ist immer mit Kinderlachen erfüllt, denn die Kinder unserer Freunde spielen mit unseren. Sozusagen haben wir ein tolles Leben und bis jetzt hat keiner mehr versucht mich zu töten oder meinen Mann.
Texte: Der Inhalt in diesem Buch gehört mir ganz alleine
Tag der Veröffentlichung: 07.02.2015
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dieses Buch widme ich allen meinen begeisterten Lesern und Leserinnen die meine Bücher lieben