Die Gang ist dein Leben. Du lebst für deine Leute und du stirbst für deine Leute.
Das erste was ich lernte. Mit 10 als ich eintrat.
Mit 12 bekam ich die erste Waffe in die Hand gedrückt. Du fühlst den kalten Stahl, drehst sie ein wenig in der Hand. Und unweigerlich überkommt dich ein Gefühl der Macht.
Eine Macht die es in dieser Form überhaupt nicht geben sollte.
Das zweite was du lernst sind die verschiedenen Grafitti die dreckige Wände und Häuser zieren. Du lernst die Farben und welcher Gang sie zugehören. Einige sind deine Freunde in deren nähe du dich sicher fühlen kannst, wenn du dich bei anderen Grafitti aufhälst wirst du sterben.
Du bist eine Minderheit. Eine der Dinge die ich ganz früh lernte und zu spüren bekam.
Um zu überleben brauchst du die Gang. Und Respekt.
Respekt ist jedoch eine Sache die du nicht Geschenkt bekommst, Respekt musst du dir verdienen.
Etwas was sie dir in der Schule nicht beibringen können. Sie wollen auch nicht. Sie sehen in dir nur einen verlausten Jungen der entweder Sterben wird oder im Gefängnis verotten. Sie haben nicht unrecht aber sie geben einem nicht einmal die Chance etwas daran zu ändern.
Du bekommst keine Hilfe von dem System. Du musst lernen selbst durchzukommen. Entweder du dealst oder du stiehlst.
Ich habe die zweite Variante für mich gewählt.
Zweimal saß ich in Jugendhaft. Die Schreie in den Nächten, wärend die Wärter ungehorsam "bestraften" werde ich nie vergessen. Jede Nacht habe ich sie im Traum gehört und jedes mal bin ich schweißgebadet aufgewacht.
Die Polizei lässt uns in Ruhe, wir haben keine Angst vor ihnen und das wissen sie. Sie sind es die Angst haben, angst um ihre Familie. Das unsere Familien entweder im Knast sitzen oder am Rande des Menschenunwürdigen leben interessiert sie nicht.
Auch lernst du niemals alleine an der Straße zu stehen. Sie erschießen dich am hellichten Tag. Rivalisierende Gangs kommen in ihren Wagen, die Fenster werden heruntergedreht und dann wird geschossen. Wie viele Freunde ich schon in diesem Krieg verloren habe? Ich weiß es nicht ich habe aufgehört zu zählen.
Du hast immer das Gefühl, die nächste Kugel ist deine.
Doch wir gehen genauso mit den anderen um. Ich weiß nicht wie viele male ich schon mit der Waffe auf andere Menschen zielte.
Ich versuche nicht darüber nachzudenken.
Wir befinden uns in einem Krieg der nicht von der Regierung oder im Ausland gekämpft wird. Wir sind die Soldaten und die Nachbargegenden unser Schlachtfeld.
Auf Schlag erfolgt ein Gegenschlag, Mord wird mit Mord versühnt.
Es ist ein selbstzerstörerischer Pfad das wissen wir selbst doch es ist unsere Natur.
Was hat uns dieses ganze Getue gebracht?
Was hat mir das ganze gebracht ausser eine Mutter die niemals stolz auf ihren Sohn war, die den Kontakt abgebrochen hat?
Die ersten verübten Morde, Hinrichtungen gar, mit 16?
Nie haben wir etwas geschenkt bekommen, nie haben wir anerkennung von anderen bekommen ausser von denen die Angst vor uns hatten, Angst vor mir. Wir mussten uns alles selbst besorgen uns alles beschaffen, legal oder nicht.
Es war ein verschwendetes Leben, ein kurzes das mich nicht einmal 18 werden ließ. Wo ist der Gott zu dem wir alle beteten? Nie hat er unsere Gebete erhört und dennoch.
Ich sehe die ganzen leuchtenden Lichter, sehe Mädchen aus der Gang die neben einem hocken und Weinen. Ich beginne selbst zu weinen denn ich erkenne das es auch ihnen nicht viel anders gehen wird wenn sie sich nicht ändern, wenn sie nicht von der Gnag wegkommen.
Ich sehe die Wunde in meinem Bauch ich weiß ich werde hier sterben, hier am Straßenrand gerichtet von ein Paar Jungs im Auto und ihrer Pistole. Ich weiß auch sie werden die nächsten Wochen nicht überleben aber ich kann nichts daran ändern. Das ist das Gesetz der Gang, das Gesetz der Straße.
Es gilt. Auge um Auge und Zahn um Zahn...
Ich bedaure alles was ich getan habe, was die andern noch tun werden. Ich schließe die Augen und gebe mich dem hin was mich nun erwartet.
Texte: Daniel Marquardt
Tag der Veröffentlichung: 05.06.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch allen die Gewalt nicht erkennen wollen da wo sie vorherrscht.
Ich hoffe ihr begreift irgendwann und öffnet die Augen