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An meine Eltern und Geschwister kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich wurde recht früh von ihnen getrennt und weg gebracht.
Kurze Zeit verbrachte ich dann in Gesellschaft von Langohren in einem Geschäft. Mit ihnen verstand ich mich überhaupt nicht. Wenn ich mit ihnen reden wollte, gaben sie keine Antwort und hoppelten immer fort.
Einige Zeit später wurde ich dann von einem Verkäufer gefangen und in einen dunklen Karton gesteckt. Was passiert war, weiß ich nicht, da alles so schnell ging. Eigentlich lag ich dösend in einem der Häuschen.
Nach einiger Zeit unsicher in der Schachtel herumfallend wurde es ruhig und dann ganz plötzlich sehr hell.
Neugierig streckte ich mein Näschen heraus. Ich sah einen Käfig mit einem gelben Etwas darin. Freudig auf das Treffen neuer Freunde krabbelte ich eifrig aus dem Karton. Ich lief schnuppernd durch den ganzen Käfig, suchte sogar unter dem gelben Platikding. Traurig musste ich feststellen, dass ich hier nun ganz alleine war. Nicht einmal mehr die sprachfaulen Langohren waren noch da.
Ich verkroch mich unter dem gelben Ding, das wohl mein neues Häuschen sein sollte und spähte darunter hervor. Ich besah mir mein neues Zuhause. Wasserflasche, Fressnapf und Plastikhaus war alles, was ich hatte. Ab sofort war mein Name Harry, so sagte es der Mensch, der mich in die neue Umgebung gebracht hatte.
Mein Mensch, ein männlicher, hörte gerne oft und laut Musik, wenn er einmal zu Hause war. Da verkroch ich mich immer ganz hinten im Häuschen, doch die laute Musik dämpfte es nicht sehr.
Mit der Zeit schmeckte das Wasser nicht mehr, kein Wunder, es wurde ja auch nie gewechselt. Das Futter war auch nicht sehr lecker und immer das Gleiche. Irgendwie änderte sich am Napf auch nichts mehr. Nur was ich futterte wurde weniger.
Oft bekam mein Mensch Besuch. Das hieß dann wieder laute Musik, schreiende Menschen und Panik meinerseits. Also verkroch ich mich wieder unter dem gelben Dings. Mir fehlte etwas zum Knabbern. Das leckere Heu bekam ich auch sehr selten.
Eines Tages wurde ich samt meinem Käfig aus der Wohnung getragen. Verängstigt lugte ich unter dem Häuschen hervor. Es ging eine Treppe herunter und in einen dunklen Gang. Dort wurde ich abgestellt. Brrrrrrr, es war kalt und ich hoffte, dass meine Reise wieder hoch ins Warme gehen würde. Doch die Menschen gingen fort.
So saß ich nun da und bibberte vor mich hin. Vor mir sah ich noch eine weiße Tür, doch es passierte lange nichts. Irgendwann an dem Tag ging die Tür auf und eine Frau kam in den Gang. Hoffnungsvoll sah ich ihr nach, doch sie ging nur in eine andere Tür. Nach einiger Zeit ging das ganze in die andere Richtung wieder und sie war weg.
Lange saß ich so da. Ich weiß nicht wie lange, da ich kein Tageslicht sehen konnte. Wie zuvor, ohne frisches Wasser und Futter. Wie Grünfutter schmeckte ... da konnte ich mich schon nicht mehr daran erinnern.
Irgendwann ging diese weiße Tür wieder auf. Und eine andere Frau kam in den Gang. Ganz in schwarz war sie gekleidet und hatte etwas weißes in der Hand. Ich hatte schon zu nichts mehr lust und lag nur noch frierend unter dem Häuschen.
Die Frau blieb aber erstaunt stehen. Sie bückte sich und ich hörte, wie der Käfig geöffnet wurde. Neugierig hob ich mein Näschen hoch. Da kam die Hand der Frau und hob das gelbe Ding über mir in die Höhe. Doch erschrocken machte ich ein paar Tapsen zur Seite.
Fast lies die Frau das weiße Ding in ihrer Hand fallen. Sie stand auf, sah sich um und verschwand sofort wieder hinter der weißen Tür. Mutlos verkroch ich mich wieder unter dem gelben Häuschen.
Doch ich hörte erneut etwas. Kam die Frau etwa zurück? Ich schob meine Nase wieder unter dem Häuschen hervor um zu sehen, was passierte. Gleich darauf ruckelte es heftig an meinem Käfig.
Nun traute ich mich, ganz unter dem gelben Ding heraus zu spitzen. Und da wurde es auch schon hell und warm um mich herum. Die Frau zerrte den Käfig samt mir darin, in den hellen Raum hinter der weißen Tür. Und es war so herrlich warm um mich herum. So warm war mir seit Tagen nicht mehr gewesen.
Prompt wurde das Gitter wieder geöffnet und die Hand kam erneut herein. Diesmal nahm mich die Hand und hob mich aus dem Käfig. Ich landete in einem flauschigen Handtuch auf dem Schoß der Frau. Panik erfasste mich und ich wollte instinktiv weg rennen. Doch die sanften Hände und die beruhigende Stimme der Frau ließen mich inne halten. So blieb ich an Ort und Stelle und beäugte die neue Umgebung.
Die Frau strich mir unentwegt über den Rücken, die Seiten, das Köpfchen. Ich konnte gar nicht anders, wie mich entspannen und genießen. Als sie mit streicheln aufhörte sah ich nach, was sie nun tat.
Sie nahm einen runden Gegenstand aus ihrem Korb. Konnte das etwa ein Apfel sein? Da sie kein Messer in der Nähe hatte und mich nicht in den Käfig zurück setzen wollte, biss sie ein Stück Apfel heraus. Lecker, ich würde auch gerne davon futtern.
Aber Moment, sie aß das Stück Apfel ja gar nicht selbst. Sie ... sie ... tatsächlich, sie hielt mir das Stück unter die Nase. Doch, sollte ich davon kosten? Ich konnte mich nicht zurück halten. Hmmmmmmmm ...... wie lecker. Ich mampfte das ganze Stück.
Nach einiger Zeit setzte mich die Frau wieder zurück in meinen Käfig. Allerdings nahm sie mir das Plastikteil heraus und ersetzte es durch eine Karton-Schachtel. Endlich etwas, woran ich knabbern konnte. Danach wechselte sie noch das schale alte Wasser gegen frisches aus.
Später bekam ich nochmal etwas Apfel ab. Irgendwann kam die zweite Frau, die ich schon einmal gesehen hatte. Die beiden redeten einige Zeit miteinander.
Die schwarz gekleidete Frau ging dann irgendwann, was mich traurig machte. Aber immerhin war ich noch im warmen Raum. Als die zweite Frau ging, wurde es dunkel und ich schlief ein.
Am nächten Tag kam die schwarze Frau wieder zurück. Ich schnupperte, hatte sie etwas mitgebrach?
Meine Freude war groß. Ich roch frisches Holz! Und tatsächlich, sie wechselte das uralte und total verdreckte Streu gegen neues frisches ein. Wie schön das raschelte beim Durchlaufen. Ich konnte mich schon gar nicht mehr an den Geruch frischer Streu erinnern.
Und was kam jetzt? Frisches Trockenfutter und Heu! Hmmmmmmm, lecker! Nachdem ich ausgiebig gefutter, geknabbert und herumgeraschelt war, wurde ich wieder aus dem Käfig genommen und gestreichelt.
So ging das ein paar Tage. Frisches Wasser, Futter und viele Leckereien. Und da waren auch noch mehr Menschen, die mich streichelten und herzten. Was für eine schöne Zeit.
Doch eines Abends war es dann wieder so weit. Mein erster Mensch kam die Tür herein und wurde ungehalten der schwarzen Frau gegenüber. Ich verkroch mich wieder in meinem Häuschen und wollte das gar nicht hören. Die beiden stritten sich heftigst.
Doch die Frau musste mich gehen lassen. Trauig sah sie mir nach und ich ihr ebenso. So kam ich wieder in die laute Wohnung. Mir wurde die schöne Schachtel weg genommen und wieder durch das gelbe Ding ersetzt.
Es gab kein frisches Wasser mehr, kein neues Futter und schon gar keine Leckereien mehr. Streichelheinheiten? Absolut fehl am Platz. Ich wollte mich nur noch unter dem gelben Ding verkriechen.
Wie lange ich so lustlos in der Ecke lag, weiß ich nicht mehr. Ich wollte mich einfach an nichts mehr erinnern. Irgendwann kam der Mensch und hob mich samt Käfig hoch. Er trug mich wieder diese Treppe herunter. Ich dachte, ich komme wieder in diesen kalten dunklen Gang und versuchte mich ganz hinten im Käfig zu verstecken.
Doch Moment, was war das? Er trug mich in diesen hellen warmen Raum! Ich schob mein Näschen in die Höhe um zu sehen, was da vor sich ging. Er stellt mich mit meinem Käfig auf den Boden und ging! Sofort ging die Käfigtür auf und die sanfte Hand der Frau hob mich heraus.
Konnte das denn wahr sein? Ich wurde geherzt und mit Leckereien verwöhnt. Es waren noch mehr Menschen da und alle strichen mir über mein Fell. Alle freuten sich, doch nicht etwa, weil ich da war?
Einer von ihnen hatte Haare, die an mein Fell erinnerten. Und sofort meinte die Frau zu allen, dass mein neuer Name Floh wäre. Wie der Spitzname des Jungen mit den Haaren wie mein Fell. Somit hatte ich alles bisherige abgelegt. Ich hatte nicht nur meine Heimat gewechselt, sondern auch den Namen, der mich an alles erlebte erinnerte.
Als es Abend wurde, nahm mich die Frau aus dem Käfig und setzte mich in ein mit Tüchern ausgelegtes Körbchen. Nun bekam ich doch wieder Angst und verkroch mich soweit dies ging. Es wurde gewackelt, geschwankt und laut. Das dauerte eine ganze Weile.
Auf einmal wurde es wieder ruhiger und auch wieder wärmer und heller. Und ich roch etwas ..... war das etwa ... ?
Das Tuch, das auf mir lag wurde weg genommen und ich konnte aus dem Korb spähen. Was ich sah, lies mich in helle Freude ausbrechen. Ich sah in vier große Augenpaare, die mich neugierig betrachteten.
Ich wurde aus dem Korb genommen und in die Gemeinschaft von vier Damen übergeben, die mich eingehend beschnupperten. Als es dann Salat gab, saßen wir alle zusammen und futterten die Leckerei.
Wie es dann Zeit zum Schlafen wurde, durfte ich mit den anderen vier unter der rießen Schachtel schlafen und kuscheln.
Heute geht es mir sehr gut. Ich bin schon eineinhalb Jahre bei der Frau. Ich habe leider alte Freunde gehen sehen, aber auch neue Willkommen geheißen in der Zeit. Mittlerweile ist unsere Gruppe auf acht Meerschweinchen angewachsen.
Die Frau hat ein großes Herz und hat außer mir noch drei andere aufgenommen. Da ist Kaja, die vereinsamt und scheu war. Sie ist mittlerweile auch in der ersten Reihe, wenn es Mampf gibt.
Dann sind da noch Puckie und Gina, die ein Dasein versteckt in einem Zimmer fristeten. Gina ist unsere alte Dame, sie ist schon über sechs Jahre alt. Sie war auch schwer krank, weil sich die Besitzer nicht um sie kümmerten.
Unsere Frau ist aber sehr oft mit ihr zum Tierarzt gefahren. Das weiß ich, weil ich immer mitgefahren bin, damit Gina nicht so alleine ist und Panik bekommt. Mittlerweile ist sie aber auch auf dem Weg der Besserung.
So sind wir im Moment eine sehr glückliche Schweinebande in einem großen Gehege ... und ziemlich verfressen, was ich zugeben muss!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 07.06.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine süße Schweinebande!

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