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Mäusegesicht





Auf meiner Terrasse liegt eine Maus,
die sieht aber gar nicht schön mehr aus.
Eigentlich ist es eine ganze Maus nicht,
vielmehr nur noch ein Mäusegesicht.

Zwei leblose Knopfaugen schauen mich an.
Fast ist mir, als ob ich Angst in ihnen erkennen kann.
Ein Stück Mäuseleber liegt gleich daneben,
Unsre Katze ist halt ein guter Jäger eben.

Den Rest hat wohl unsere Molli verschlungen,
den Kopf hat sie auf die Terrasse gebrungen.
Ganz stolz legt sie ihre Trophäen mir vor die Tür,
eine große Freude macht sie nicht damit mir.




Ich sag ihr jedes Mal, lass deine Reste im Garten,
du musst mir nicht mit deiner Beute aufwarten.
Ich bin nicht scharf auf deren Köpfe und Gedärme,
sie kann nicht verstehen, dass ich nicht dafür schwärme.



Ein großes Lob würde sie wohl von mir erwarten,
ich jedoch schicke sie stattdessen in den Garten.
Und entsorge, was sie vor die Tür gelegt,
Mit Schaufel und Besen wird es weggefegt.
Weil meine Molli mich so arg gern mag,
Bringt sie mir Geschenke, fast jeden Tag.




Am Speicherboden




Jetzt schnell, die Speichertür ist auf!
Der Mensch ist weg – jetzt nix wie rauf.
Da oben stehn so viel Sachen rum
Ich verstecke mich, sie suchen sich dumm.

Ich streife um Schachteln und um Kisten
Mein Frauchen ruft mich: Molli, wo bist denn!?
Ich rühr mich nicht, halt mich ganz still,
weil ich noch hier oben bleiben will.

Vielleicht hat sich ja ein Mäuschen versteckt?
Das werd ich finden, wird aufgeschreckt.
Hab erst heut Nacht eine Ratte verspeist,
den Kopf vor Frauchens Haustür gelegt
– dass du’s weißt.



Aber erstmal such ich mir ein schönes Versteck
Und schlafe dort eine Runde weg.
Die Speichertür bleibt offen stehn,
bis sie mich wieder unten sehn.
Wenn nicht, fang ich heftig an zu miauen,
dann werden sie schon hier nach mir schauen.


Ich sorg für Ordnung in meinem Revier,
leider verschließen sie so oft die Speichertür.
Wo ich mich doch so wohl fühl hier oben
Kann prima hier schlafen aber auch toben.

Doch so ganz allein wird’s langsam fad
Hier spielt niemand mit mir – das ist schad.
Ich geh wieder runter, und im Nu
Ist die Speichertür wieder zu.




Wenn ich mal ein Mensch bin …





Schon wieder sitzen sie am Tisch
Ich komme schon – doch du machst “wisch“
„Hier hast du einfach nichts zu suchen“
Doch hätt ich auch gern was vom Kuchen,
von Brotzeit, Suppe, Schweinebraten,
doch das würdest du nicht raten.


„Verschwinde“, hör ich dich nur sagen,
ich soll zu meinem Napf hintraben.
Dabei lieb ich’s, mit euch am Tisch zu sitzen.
Doch trau ich mich nicht, was zu stibitzen.





Wenn du dann am Sofa liegst,
komm ich zu dir, und dann kriegst
du von mir den Bauch massiert,
mit meinen Krallen, dass man’s schön spürt.
Du sagst: „Du liebes Miezelein,
zieh doch wenigstens deine Krallen ein.“

Und du streichelst mich, ich schnurre
Während ich an deinem Pulli zurre.
Schon seit 16 Jahren bin ich bei dir,
und letztens sagtest du zu mir:

„Wenn du mal stirbst
wirst du im nächsten Leben
Vielleicht ein Mensch,
du kannst so viel Liebe geben.“

Und wenn ich ein Mensch bin,
ich kanns schon bildlich sehn.
Ess ich auch vom Tisch …
das wird tierisch schön

.


Impressum

Texte: DagiDelMar
Bildmaterialien: LoboDelMar
Tag der Veröffentlichung: 08.02.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
unserer Katze Molli

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