MAMA
Ich halte gefaltet Deine Hände
und schau Dir ins Gesicht,
Dein Blick gleitet über die Wände
und kommt lächelnd zurück: so kenn ich Dich.
Du siehst mir in die Augen,
schaust mich eindringlich an.
So kenne ich Dich
schon mein Leben lang.
Du guckst immer noch
wie nur eine Mutter gucken kann.
So wissend um so viele meiner Fehler,
so verständnisvoll zu so manchen meiner Peinlichkeiten,
so skeptisch zu der neuen Frau bei mir,
so besorgt für die von mir verpatzten Möglichkeiten,
so vergnügt gedanklich ich als Kind
so voll Vertrauen in meine Fähigkeiten.
Du siehst mir in die Augen,
schaust mich eindringlich an.
So kenne ich Dich
schon mein Leben lang.
Du guckst immer noch
wie nur eine Mutter gucken kann.
Du machtest Deine Zeit so unbegrenzt mir zum Geschenk,
und verzichtetes auf Deine eigene Möglichkeit,
hast häufig mich moralisch unter Druck gesetzt,
warst vor Freunden oft die mütterliche Peinlichkeit.
Doch vor allem Deine Liebe ohne Vorbedingung
erlebte ich als Deine allergrößte Fähigkeit.
Du siehst mir in die Augen,
schaust mich eindringlich an.
So kenne ich Dich
schon mein Leben lang.
Du guckst immer noch
wie nur eine Mutter gucken kann.
Jeden Tag, den ich Dich besuchen komme,
mich eine tiefe Traurigkeit befällt,
weil Dir von unserer Vergangenheit doch jedes Mal
ein weiteres Stückchen fehlt
und Du auch jedes Mal ein Stückchen mehr
lebst in Deiner eigenen Welt.
Du siehst mir in die Augen,
schaust mich eindringlich an.
So kenne ich Dich
schon mein Leben lang.
Du guckst immer noch
wie nur eine Mutter gucken kann.
Gestern hielt ich wieder Deine Hände
und schaute Dir ins Gesicht,
Dein Blick glitt über die Wände
und kam lächelnd zurück:aber Ich kenne Sie nicht.
Texte: das Cover ist von Klimt und public domain
zum Text liegen alle Rechte bei mir
Tag der Veröffentlichung: 12.06.2011
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