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• Kapitel 1 •

 

Wie so jeden Tag in letzter Zeit kam ich auch heute wieder spät aus der Uni. Die letzten Wochen waren unglaublich anstrengend und ich schob mich nur von Vorlesung über zu Besprechungen bis hin zum Lernen. Ich war froh wenn ich gegen 22 Uhr die Uni dann endlich mal verlassen konnte. Natürlich hätte ich wie viele andere nach den Pflichtkursen gehen können, aber so jemand bin ich nicht. Ich bin ehrgeizig. Ich möchte schon bald eine gute Ärztin sein, also ist Anstrengung und Ehrgeiz höchste Priorität.

 

Während ich nach Hause lief, dachte ich ganze Zeit nur darüber nach, was ich noch lernen müsste, wenn ich nach Hause komme. Ich war so in meinen Gedanken vertieft, dass ich nicht mitbekam wie sich zwei junge Männer auf der anderen Straßenseite stritten. Stritten war untertrieben. Es war dunkel und ich konnte nicht viel erkennen, doch was man sah war ein großes Küchenmesser in der Hand des einen Mannes welches im Laternenlicht funkelte.

Langsam zog ich mir meine Kopfhörer aus meinen Ohren um zu hören worum es sich im Streit der zwei Männer handelte. Es war nicht zu überhören worum es ging, denn die zwei Männer schrien sich gegenseitig in voller Lautstärke an. Keiner ließ den anderen ausreden. Offensichtlich handelte es sich um zwei Freunde. Zwei beste Freunde. Soweit ich es verstand ging es sich um Geld und um genau zu sein um eine Pokernacht der beiden Freunde.

 

Doch lange hielt deren „Unterhaltung“ nicht. Schon nach kurzer Zeit stach einer der Männer auf seinen wohl „besten Freund“ ein. Sein Freund viel direkt regungslos nach hinten. Entsetzt blieb mir der Atem stehen und schnell schlug ich mir meine Hände vor meinen Mund. Doch genauso entsetzt wie ich wohl in diesem Moment geguckt haben musste, schaute auch der junge Mann der nun allein dort stand. Aber er schaute nicht auf seinen am Boden liegenden und vielleicht sogar toten Freund. Nein. Er schaute wie gelehmt geradeaus auf die Ecke eines Parkhauses. Schon nach wenigen Sekunden stolperte er noch immer in Trance ein paar Schritte nach hinten, drehte sich dann um und lief schnell weg.

Ich kümmerte mich nicht um ihn. Was sei er denn auch schon für ein Mensch, der seinen besten Freund absticht. Der Grund hat mich nicht weiter interessiert. Dieser Mann war grausam. Doch ich interessierte mich für etwas anderes. Für den am Boden liegenden Mann. Ich lief ohne zu gucken ob ein Auto kommt zu ihm auf die andere Straßenseite und kniete mich zu ihm auf den Boden. Ich schaute ihn an, sprach ihn an und rüttelte an ihm. – Keine Reaktion. Vorsichtig nahm ich mir sein Handgelenk und versuchte seinen Puls zu messen. – vergeblich. Ich sackte ein stück zusammen. Tod. Erstochen. Und das von seinem besten Freund.

Da ich mich nun in die Situation des Täters versetzten konnte blickte ich ebenfalls wie er kurz zuvor zu der Ecke des Parkhauses. Wegen der Dunkelheit konnte ich nicht viel erkennen, doch dann fuhr ein Auto in das Parkhaus und die Scheinwerfer des Autos leuchteten auf die zuvor nur schwer sichtbare Figur. Dort stand ein junger Mann. Hatte er vielleicht auch etwas mit dem toten oder gar dem Mörder zu tun? Er schaute wie in Trance zu mir und dem toten. Aber nicht in ängstlicher Trance. In sicherer. Regungslos sah er in meine Richtung. Er war geheimnisvoll und interessant, doch ich bin eine angehende Ärztin. Nicht der Zuschauer, sondern das Opfer hat mich zu interessieren.

Somit begann ich direkt damit den toten wiederzubeleben. Während ich wie geübt auf den Brustkorb des vermeintlich toten drückte, spürte ich plötzlich eine große warme Hand auf meiner Schulter. Ich erschrak und drehte mich ohne mit der Wiederbelebung aufzuhören um. Da stand er vor mir. Der Mann von der Ecke. Während ich mich für einige Sekunden in seinen grünlichen Augen verlor, fing der erstochene Mann plötzlich an zu husten. Ich erschrak, doch lächelte vor Freude. Er lebte. Er würde in ein Krankenhaus kommen und alles überleben. – hoffentlich. Denn er hustete Blut. „Er hat innere Blutungen.“, flüsterte ich leise vor mich her während das Lächeln von meinen Lippen verschwand. Jetzt kniete sich auch der junge Mann zu mir. „Ich habe den Rettungswagen gerufen. Er müsste jeden Moment hier sein. Aber er wird es nicht schaffen.“, sagte er zu mir während er mir langsam seine große Hand auf die Rückenwirbel legte. Woher wollte er das wissen? War er etwa Arzt oder Hellseher? Bevor ich ihn das fragen konnte, war er allerdings schon längst verschwunden. Ich schaute mich mehrmals in der Gegend um um ihn noch einmal zu sehen. Doch ich sah ihn nicht.

• Kapitel 2 •

 

„Sie haben getan, was sie tun konnten. Er wurde definitiv ungünstig getroffen. Sie können nichts dafür.“, sprach ein Rettungssanitäter zu mir während ich vor mich hin träumte. Als ich wieder zu mir kam, sah ich noch wie der Mann die Tür des Rettungswagens schloss und sie langsam wegfuhren. Ich sah dem Wagen noch kurz nach und er fuhr wieder am Parkhaus vorbei. Dort. An der Ecke stand er wieder. Der geheimnisvolle junge Mann. Ich lief zur Bordsteinkante und wartete bis alle Autos an mir vorbei gezogen waren. Ich wollte zu ihm, mit ihm reden. Aber als ich auf der anderen Seite ankam war er plötzlich verschwunden.

 

Immer noch unter Schock machte ich mich auf den Weg nach Hause. Langsam schlenderte ich die leergeräumten Gassen entlang, stolperte das Treppenhaus hoch, öffnete meine Tür und ließ mich direkt in mein Bett fallen. Schnell schlief ich ein und schnell träumte ich. Immer wieder träumte ich von ihm. Dem Mann an der Parkhausecke. Oft wachte ich auf um meinen Traum zu beenden, legte mich dann wieder hin um mich dann einem neuen zu widmen. Es klappte nicht. So zog es sich über die ganze Nacht. Ich konnte von nichts anderem als von ihm träumen. Von ihm wie er im Regen an dieser Ecke steht, die Autos an ihm vorbeifahren und er sich nicht von der Stelle rührt. Und nicht nur im Schlaf war es so, auch als ich am nächsten Morgen aufstand dachte ich an ihn. Während ich mir Frühstück machte, dachte ich an ihn. Während ich mich vor meine Bücher setzte, dachte ich an ihn. Es machte mir Angst über nichts anderes als ihn nachzudenken doch zugleich beruhigte mich der Gedanke an ihn.

 

So in Gedanken vertieft wie ich war, würde es nichts nützen zur Uni zu gehen. Ja das hatte ich gedacht. Ja ich, die, die niemals die Uni sausenlassen würde. Die, die sich jeden Tag 24/7 irgendein Buch über Medizin reinzieht. Aber es würde keinen Sinn machen. Ich würde nur unnötig da sitzen und an ihn denken, nichts lernen und meine Zeit verschwenden. Ich muss noch so vieles hier im Haushalt tun und mir endlich mal wieder Zeit für mich nehmen. Ich ging zum Kühlschrank um mir einen Jogurt rauszuholen. – Er war leer. „Okay, als erstes steht also Einkaufen auf der To do-List.“, flüsterte ich leise vor mich hin. Also machte ich mich auf den Weg. Wie immer, in Gedanken bei ihm.

 

Vollbepackt und leicht genervt kam ich schließlich aus dem REWE. Malwieder schlenderte ich die Straßen nach Hause entlang. Dort! Da war er wieder. An der selben Stelle. An der Ecke des Parkhauses. Geschockt ließ ich meine Tüten fallen und in diesem Moment sah er mich an und lief in eine Gasse. Die Einkäufe interessierten mich nicht. Ich lief los. Ihm hinterher. Dem Mann hinterher, der meine letzten Stunden bestückte. Ich kannte mich hier wohl besser aus als er, denn ruckartig lief er in eine Gasse. Eine kleine kurze Gasse die nach nur wenigen Metern durch eine Mauer endet. Ich lief ihm hinterher in diese Gasse doch er war nicht zu sehen. Enttäuscht schaute ich auf die Mauer vor der ich nun stand.

 

„Warum bist du eigentlich so neugierig?“, fragte mich eine Stimme hinter mir leicht lachend. Ich kannte diese Stimme. Ich hatte sie schon mal gehört. Gestern. Gestern, bei dem Toten. Ich drehte mich um, und da stand er.

 

 

• Kapitel 3 •

Ich musterte ihn. Von unten nach oben. Er trug weiße Schuhe mit bunten Streifen, eine zerrissene und verwaschene Jeans, ein langes weißes T-Shirt, darüber eine weiße Jacke und auf dem Kopf hatte er eine weiße Kappe. Er erinnerte mich ein wenig an einen Engel.

 

Erst jetzt, in dem Moment in dem ich in seine Augen blickte viel mir auf, welch ein wohlgeformtes Gesicht er hatte. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf seinen wohlgeformten Lippen, als er bemerkte wie ich vor mich hin träumte. „Hallo? Lebst du noch oder bist du schon abgehoben?“, fragte er mich belustigt während er seinen Kopf leicht drehte. Komisch – genau das fragten mich meine Freunde auch ständig während Vorlesungen in der Uni. Oft vertiefe und konzentriere ich mich so sehr auf etwas, dass es für andere so aussieht, als würde ich träumen.

 

Ich schüttelte kurz meinen Kopf um wieder raus aus meiner Trance zu kommen. „Was? Eh, ja. Ich meine ja ich lebe noch.“, antwortete ich schnell. Er lächelte. „So verwirrt wie du auch scheinst, laufen kannst du ja gut.“, sagte er während ich mich langsam wieder fing. Erst wusste ich gar nicht was er damit meinte, doch dann ging ich schnell drauf ein. „Naja, ich muss ja schnell sein. Immer hin sieht man dich zwar öfters allerdings nicht für lange Zeit.“ Es schien mir so als fänd‘ er es lustig wenn ich redete, denn wieder mal zogen sich seine Mundwinkel nach oben und es bildete sich ein leichtes Lächeln in seinem Gesicht. „Ich merke schon – gesprächig bist du nicht aber kannst du mir eine Frage beantworten?“, fragte ich ihn bevor er ansetzten konnte. „Kommt drauf an wie sie lautet.“ Einige Sekunden standen wir einfach nur da und sahen uns in die Augen. Weshalb auch immer – er faszinierte mich immer noch. „Warum warst du gestern da als der Mann ermordet wurde? Und warum bist du so schnell wieder gegangen? Kanntest du ihn oder gar beide? Warum stehst du immer an der Parkhausecke? Warum läufst du immer weg wenn ich dir entgegenkomme?“, ich setzte kurz aus. „Warum bist du so geheimnisvoll?“, fuhr ich fort. Ohne auch nur ein Wort zu sagen kam er ein paar Schritte auf mich zu und nahm schließlich meine Hand. Mich durchfuhr ein komisches Gefühl. Angst und Wärme zugleich doch trotz der Wärme breitete sich eine Gänsehaut auf meinem gesamten Körper aus. Meine Hand ballte ich ruckartig zu einer Faust. Nicht um ihn zu verletzen – nein – aus Angst. Doch schnell öffnete er diese wieder. „Vertraust du mir?“, fragte er mich mit seiner zarten Stimme. Ich schaute ihm einige Sekunden in seine Augen die im Laternenlicht funkelten. Leicht nickte ich mit dem Kopf. „Ja.“ Man sah Erleichterung in seinen Augen. „Komm wann immer du willst zu mir. Aber in warmen Klamotten. Du weißt ja, wo du mich findest.“ Fragend zog ich meine Augenbrauen zusammen. „Wozu? Was hast du…“, weiter kam ich nicht, denn er löste seine Hand von meiner und lief fort.

• Kapitel 4 •

Mittlerweile waren zwei Tage vergangen nach dem Gespräch mit dem „fremden“ - wenn man ihn überhaupt noch so nennen konnte. In diesen zwei Tagen habe ich nicht einmal den Gedanken zu ihm und zu unserem Treffen verloren. Doch heute sollte der Tag sein, an dem ich nun auch wirklich zu ihm wollte. Ich war aufgeregt. Was hatte er wohl vor? Immer wieder erinnerte ich mich an den Satz „In warmen Klamotten.“ Wozu waren die denn gut? Wir hatten Frühling und in den letzten Tagen immer ziemlich hohe Temperaturen – Naja zumindest für den Frühling. Aber dieses unverständliche machte ihn umso interessanter.

 

Ich ging in mein Schlafzimmer und öffnete meinen Kleiderschrank. „Warme Klamotten.“, flüsterte ich leise vor mich hin. Wild griff ich in einen Stapel Pullover, holte meinen grauen LA Pulli raus und legte ihn auf das Bett hinter mir. Schnell holte ich noch ein paar dicke Socken und ein paar gefütterte Schuhe raus. Auch während ich mich umzog verließ mich der Gedanke nicht was er wohl vor hatte.

 

Ein letztes Mal schaute ich auf meine Uhr. 22:13. Ich schnappte mir meinen Schlüssel, mein Handy und noch eine Mütze, packte diese Sachen in meinen Rucksack und machte mich auf den Weg ab zur Parkhausecke wo er sich hoffentlich wie immer aufhielt.

 

Auf dem Weg machte ich mir Gedanken darüber, was ich ihn alles fragen wollte. Doch so ganz meine Ruhe hatte ich währenddessen nicht wirklich. Ständig hatte ich das Gefühl verfolgt zu werden und somit drehte ich mich alle paar Sekunden um. Nie war jemand zu sehen, außer – da. Gerade so konnte ich noch eine große Gestalt erkennen. Auch wenn sie mir nur kurz vor Augen huschte konnte ich sie dennoch gut identifizieren, denn diese Person kam mir bekannt vor. Es war der Mörder. Der Mörder von letztens, der, der seinen besten Freund erstochen hatte. Nachdem ich den Mann erkannt hatte lief ich. Ich lief so schnell ich nur konnte aus Angst er hätte mich doch am Tatort gesehen und wolle mir nun etwas antun. Schnell bog ich um die Ecke und rempelte während ich nach hinten sah einen Mann um.

 

„Oh, Sorry das…“, weiter kam ich nicht, denn dann sah ich wer es war. „Schon gut. Ich habe zwar gesagt zieh‘ dir warme Klamotten an, aber so kalt dass du Laufen musst damit dir warm bleibt ist es doch nun auch nicht.“, sprach der ‚Ecken-Junge‘ zu mir während sich wieder ein Lächeln auf seinem Gesicht bildete. „Da, da war der Mörder. Er ist mir hinterher gelaufen. Er hat mich verfolgt.“, sagte ich völlig außer Puste. Schnell verlor sich das Lächeln aus seinem Gesicht. Vorsichtig und dennoch ruckartig schob er mich auf Seite, lief zur Kreuzung und blickte in die Straße aus der ich zuvor herausgelaufen kam.

 

Was sollte das? Kannte er den Mörder nun wirklich? Naja, zum Glück würde sich das alles heute noch aufklären oder ehr gesagt er würde mir das erklären. Zumindest hoffte ich dies.

• Kapitel 5 •

 Seine inzwischen hochgezogenen Schultern fielen mit einem Ruck wieder zurück auf deren normale Position. Nachdem er sich umdrehte sah ich den Hass und gleichzeitig die Enttäuschung in seinen Augen. Mit einem schlaffen Gang kam er wieder auf mich zu. „Komm wir müssen gehen.“, sagte er ruhig während er meine Hand ergriff. Er versuchte zwar ruhig zu wirken, doch auf mich wirkte er ehr weniger ruhig sondern nervös und hektisch. Abrupt blieb ich stehen und unsere Hände lösten sich voneinander. „Du kennst ihn. Was hat er vor und was will er von mir?“, fragte ich ihn nachdem er sich ruckartig umgedreht hatte. „Komm jetzt! Na los!“ Das war das einzige was er mir als Antwort gab. „Wer bist du?“, fragte ich ihn nun mit zarter und doch ernster Stimme. „Ich werde nicht mit dir gehen, wenn ich nicht weiß, wer du bist oder was du mit dem Mord zu tun hast.“ Sein Blick wanderte auf den Boden. Er schien nicht zu wissen, was er darauf antworten sollte. Wollte er denn nichts von sich preisgeben?

Als er seinen Blick wieder zu mir richtete sah ich die Tränen in seinen Augen. Ich ging auf ihn zu und ohne auch nur eine Sekunde zu zögern nahm ich ihn in den Arm. „Komm, lass uns gehen. Wo möchtest du hin?“ Er weinte nicht aber dennoch sah ich in seinen Augen, dass er es am liebsten täte. „Zum Waldufer.“, sagte er mit erstaunlich fester Stimme.

 

Der Weg beinhaltete einige Minuten. Stille Minuten. Minuten in denen sich keiner wagte auch nur ein Wort zu sagen.

Angekommen an einem Waldstück gingen wir einen Trampelpfad entlang bis wir einen großen See erreichten. Es war nicht so wie in sämtlichen Liebesfilmen. – Nein. Zwar war es Vollmond, doch das Ufer an das wir uns setzten war unbelichtet.

„Ich habe schon verstanden, dass du mehr über mich wissen willst. Ich wollte dich eben nur in Sicherheit gebracht haben. Mit dem Kerl ist nicht zu spaßen.“, setzte er an. Mit ihm seihe nicht zu spaßen? Bevor ich meinen Gedankengang beenden konnte fuhr er fort. „Ja ich kenne ihn und den Toten auch. Wir waren einst Freunde. Ich habe mich von ihnen abgekapselt als ich meine Lehre anfing. Die beiden haben immer nur Scheiße gebaut. Da wollte ich nicht mehr dazugehören. Ich wollte ein vernünftiges Leben führen und nicht irgendwann im Knast landen. Immer wieder wurde ich mit ihnen in Verbindung gebracht. Nach einer Zeit bekam ich Post von der Polizei. – Die beiden hatten wieder irgendetwas angestellt und waren untergetaucht. Die Polizei wollte, dass ich mit ihnen zusammen in Kooperation arbeite. – Ich habe abgelehnt. Sie haben sie nie gefunden.“ Langsam zogen sich meine Augenbrauen zusammen doch er schaute mich regungslos an und fuhr fort. „Als ich ihn an der Straßenecke gesehen habe wollte ich anfangs gehen aber ich realisierte, dass er mich nicht bemerkte. Ich war neugierig weshalb die beiden sich stritten. Manuel war damals mein bester Freund und anfangs dachte ich er möchte diese Scene auch verlassen. Und jetzt ist er tot. Tjark hat ihn verändert.“, bevor er seinen Monolog vervollständigen konnte setzte ich an. „Und stell dir vor du wärst damals nicht gegangen. Dann wärst du heute vielleicht auch tot. Aber sag mal warum stehst du denn eigentlich immer an dieser Ecke?“ Ganze Zeit schaute er mir in die Augen, doch nach meiner Frage wendeten sich seine Augen schnell dem ruhigen Wasser zu in das er nun kleine Steine warf. „Das ist nicht wichtig.“ Ich beobachtete ihn eine Zeit lang während er nicht einmal einen Blick riskierte. Er schien nicht über die Gründe sprechen zu wollen, aber das akzeptierte ich. „Nun weißt du alles was du über mich wissen musst. Aber dennoch weiß ich noch nichts von dir.“ Ich atmete tief ein und setzte dann an um ihm etwas von meinem Leben zu erzählen. […]

 

Mit diesen Worten beendete ich meinen Monolog. Einen kurzen Moment saßen wir beide einfach nur da und warfen Steine in den See. Es tat gut mir den ganzen Stress mal von der Seele zu reden. Ihm schien es genauso zu ergehen.

Vorsichtig stand er auf und setzte an. „Mach dir nicht selbst so einen Stress. Nimm dir mehr Zeit für dich und genieße dein Leben.“, sagte er leicht lächelnd während ich zu ihm hoch schaute. Nach diesen Worten drehte er sich um und verschwand wieder im Wald.

„Wie heißt du eigentlich?“, schrie ich ihm noch hinterher während ich mich umdrehte. Ich sah ihn noch mit seinen hellen Klamotten die vom Mond angestrahlt wurden. Er hielt kurz an doch genauso schnell machte er sich auch wieder weiter auf seinen Weg.

• Kapitel 6 •

 Einige Minuten saß ich einfach nur am Ufer und beobachtete das Wasser. Es wirkte beruhigend nach diesem irgendwie anstrengenden Gespräch. Ich wusste nicht wieso, aber das Gespräch änderte die gedankliche Situation von mir zu dem Fremden nicht. Ich wusste nicht viel über ihn oder den Mörder der anscheinend Tjark hieß. Das einzige was ich wusste, war in welcher Beziehung sie zu einander standen. 

 

Hinter mir hörte ich, wie ein Ast abbrach und zu Boden viel. Ich drehte mich um und sah zwei Augen im Mondlicht funkeln. Es war nicht der Fremde. Es war jemand anderes. Der Jemand lief schnell weg, so, dass ich ihn auf die Schnelle nicht weiter identifizieren konnte.

Auch wenn ich nicht wusste weshalb, aber irgendwie blieb ich ruhig. Mich wunderte es zwar, dass mich dort im Wald jemand beobachtet hatte und das mitten in der Nacht. Aber dennoch spürte ich keine Angst in mir. Vielleicht war es nun auch wirklich Zeit nach Hause zu gehen. Ich kramte in meinem Rucksack und zückte mein Handy. 02:37. Es war spät geworden und morgen früh musste ich wieder zur Uni. Ich schaltete meine Handytaschenlampe an, suchte kurz den Trampelpfad durch den wir in den Wald gelangt waren und verließ durch diesen den Wald.

 

Angekommen an meiner Haustüre entschulterte ich meinen Rucksack und kramte darin nach meinem Schlüssel. An diesem musste ich dann schließlich auch noch gefühlte fünf Minuten nach dem richtigen Schlüssel suchen. Als ich diesen in das Schlüsselloch steckte, ihn umdrehte und die Tür einen Spalt öffnete, hörte ich plötzlich wie ein Handy auf der anderen Straßenseite klingelte. Ich drehte mich um und sah einen großen Mann der sich schnell hinter einem parkendem Auto versteckte. Heute würde mich wohl nichts mehr aus der Bahn werfen. Uninteressiert wendete ich mich wieder meiner Haustür zu an der nun ein Zettel klebte. Ich riss ihn ab und las:

Impressum

Texte: Vanessa Robens
Tag der Veröffentlichung: 20.05.2015

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