Cover


Kapitel 1



Einsam.
So einsam.
Ganz alleine.
Für immer!




Seid ich die furchbare Nachricht bekommen hatte, gingen mir diese Worte durch den Kopf und mein Körper funktionierte wie eine Maschine.

Langsam schritt ich diesen Gang entlang.
Die Wände, der Boden, sogar die Decke waren weiß gestrichen und die Lampen hingen nackt von davon herab.
Ich war gezwungen diese Person zu identifizieren.
Langsam durchschritt ich die Tür und fand mich in einem Raum mit langen Tischen wieder. An der Wand war ein Schrank mit ganz vielen viereckigen Türen.
Auf dem Tisch vor mir lag jemand mit einem weißen Leinentuch bedeckt.
Dieser Ort war auch als Leichenschauhaus bekannt.
Der Kopf der Person wurde auf gedeckt.
Einen Moment blieb ich wieder Atemlos.
Ja, das war sie:
Sarah McKine, meine beste Freundin.
Mit eisernen Schritten verließ ich das Leichenschauhaus wieder. Im Warteraum standen meine Eltern und meine kleine Schwester.
Ich ging an ihnen vorbei.
Mein Vater rief mir hinterher, aber ich ignorierte ihn. Ich wollte hier weg und begab mich einfach zum Ausgang dieses verdammten Krankenhauses.

Direkt vor der Tür stieß ich mit einem Mann zusammen.
Ich hatte die ganze Zeit starr auf den Boden geschaut und ihn nicht bemerkt. Jetzt sah ich nach oben und der Anblick nahm mir wiederrum den Atem.
Das war schon das dritte Mal heute.
Eisfarbene Augen sahen mich verwundert an.
Diese Ausstrahlung und diese Mitternacht blauen, schulterlange und glatten Haare. Es zog meinen Blick magisch an. Dann lächelte er und ich konnte gar nicht mehr weg schauen, war wie gebannt. Er führte mich nach draußen und setzte mich behutsam auf eine Bank.
„Ich weiß ja nicht, warum du so traurig schaust, aber du solltest damit aufhören. Ich kann mir vorstellen, dass du mit einem Lächeln noch hübscher aus schaust.“
Diese Stimme, so wunderschön. Sie war rauchig. Einfach wunderbar.
Ich konnte nicht antworten, hätte auch gar nicht gewusst was ich sagen soll. Wenn ich doch nur aus anderen Gründen hier wäre.
Mir stiegen die Tränen in die Augen, aber ich verbot mir zu weinen.
Ich wollte es nicht. Sarah hätte nicht gewollt, dass ich so um sie traure.
Er legte mir eine Hand auf die Schulter und meine Eltern kamen auf uns zu. Sie bedankten sich bei ihm und nahmen mich mit. Langsam und irgendwie automatisch, stieg ich ins Auto.
Ich wollte noch nicht weg.
Ich kannte ja nicht einmal seinen Namen.
Hätte dieser wunderschöne Mann denn nicht früher in mein Leben treten können.

Wir hatten eine halbe Stunde Fahrt, bis wir zu Hause an kamen. Meine Schwester redete ununterbrochen und ich musste mich zusammenreisen, dass ich sie nicht anschnauzte. Sie konnte noch nicht verstehen warum es mir so schlecht ging, sie war doch erst vier.
Ich hasste den Weg aus der Stadt in die Siedlung seid heute Morgen. Jedes Mal fuhren wir an dem Haus von Sarah vorbei.
Wieder traten mir die Tränen in die Augen. Ich schluckte schwer und konnte sie unterdrücken.
Ich werde nicht weinen.

Die Beerdigung würde erst stattfinden, wenn sie frei gegeben war. Es bestand der Verdacht, dass Sarah getötet wurde. Sollte das der Fall sein, werde ich erst ruhen, wenn ich ihren Mörder hinter Gittern gebracht habe. Ich verkrampfte mich und hatte die Hände zu Fäusten geballt. Was hatte man ihr nur angetan.
Meine kleine Schwester sah mich erschrocken an und erst da bemerkte ich, dass sich mein Gesichtsausdruck auch verfinstert hatte. Ich versuchte meine Muskeln zu lockern und lächelte sie schwach an.
„Wir sind zu Hause Elenia. Kommst du mit in den Garten und spielst mit mir?“ Ich schüttelte kaum merklich den Kopf.
„Nein, meine kleine Maus. Ich brauche etwas Zeit alleine. Der Krankenhausbesuch war sehr anstrengend.“ Ich achtete darauf, dass meine Stimme nicht zu kalt klang.

Wir stiegen aus und Cathlin nahm meine Hand. Ihre kleinen Hände, sie spendeten mir Trost, ohne dass sie es wusste.
„Du bist doch aber nicht krank. Mama sagt, dass du ganz doll traurig bist, weil Sarah weg gegangen ist und nicht mehr zurück kommt.“ Es tat weh ihr kindliche Stimme so etwas sagen zu hören. Ich ging in die Hocke um auf ihrer Höhe zu sein.
„Ja, das bin ich.“
„Mama sagt auch, dass wir dich jetzt ganz besonders lieb haben sollen. Aber ich versteh das nicht, ich hab dich doch schon ganz doll lieb.“ Ich blinzelte einen Moment um die kommenden Tränen zurück zu drängen und nahm Cathlin in den Arm.
„Das weiß ich doch, meine kleine und das langt mir auch vollkommen.“
Ich nahm sie hoch, knuddelte sie und ging hinein.
Mama nahm sie mir ab, lächelte mir leicht zu und ich konnte auf mein Zimmer gehen.

Endlich alleine.
Seid ich heute Morgen die Nachricht bekommen hatte, waren nur Leute um mich herum. Endlich konnte ich mich gehen lassen.
Ich legte mich auf mein Sofa und machte die Musik an, drehte sie lauter und nahm die Sektflasche zur Hand. Ich wollte sie heute eigentlich mit Sarah trinken um unser bestandenes Abitur zu feiern.
Nun trank ich ihn jedoch alleine.

Zwei Stunden später war die Flasche leer und ich betrunken. Ich hatte nichts gegessen und Alkohol auf nüchternen Magen hatte nun einmal diesen Effekt.
Sarah hatte mir immer vorgeworfen, dass ich zu wenig auf mich achtete und stets zu wenig aß. Wie recht sie doch damit hatte und ich das alles gerade vermisste. Ihre ständigen Nörgeleien. Der Alkohol und die Erinnerungen machten mich traurig und die bisher ungeweinten Tränen bahnten sich ihren Weg. Ich wollte stark sein, aber alleine in meinem Zimmer, brachte ich es einfach nicht zustande.

In zwei Monaten sollte mein Medizinstudium in dem Krankenhaus beginnen, in dem Sarah gerade lag. Es würde schwer werden in das Leichenschauhaus zu gehen. Ich hoffte, dass es lange dauern würde, bis sie mich wieder dorthin schicken werden. Nun musste ich auch noch an den Mann denken, mit dem ich da zusammen gestoßen bin. Diese Stimme und diese Haare, was er wohl im Krankenhaus zu suchen hatte?
Meine Gedanken wanderten wieder zurück, alles war so schmerzhaft. Warum musste mein Leben ausgerechnet jetzt in die Brüche gehen. Wie sollte ich ohne Sarah auskommen, sie war doch meine zweite Hälfte. Sie war ein Teil meines Seins.
Ein Teil meiner kostbaren Seele.
Während mir die Gedanken durch den Kopf gingen hatte ich die ganze Zeit geweint und meine Augen schmerzten.
Ich streckte mich auf meinem Sofa aus und nickte vor Erschöpfung ein. Der Tag hatte mich einiges an Kraft gekostet.

Ich träumte von der Zeit mit Sarah:



Wir lernten uns im Kindergarten kennen, denn wir waren in der gleichen Gruppe. Sarah war immer zu mir gekommen und wollte mit mir spielen, irgendwann stimmte ich ihr zu. Das war die Zeit in der wir anfingen alles zusammen zu machen. In der Schule gingen wir dann auch in die gleiche Klasse und nichts mehr konnte uns trennen. Alles standen wir zusammen durch. Hausaufgaben, Lernen, Sport, Musik und sogar Liebeskummer. So arbeiteten wir uns zusammen in die 12. Klasse hoch.

Heute wollten wir uns treffen. Endlich hatten wir unser Abitur geschafft und jeder hatte mit einem Schnitt von 1,5 abgeschnitten.

Es klingelte an der Haustür und ich rannte mit der Flasche Sekt in der Hand die Treppen herunter. Mit einem fetten Lächeln im Gesicht öffnete ich die Haustür. Da stand sie, mit ihrem langen dunkel roten Haar, dass sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Ihre hellgrünen Augen sahen mich aufrichtig an.
Ich wollte Sarah umarmen, aber als ich auf sie zu ging, wurde sie durchsichtig und trieb ganz langsam von mir weg. Immer weniger war von ihrem Körper zu sehen. Ich bekam Panik.
„SARAH!!!“, schrie ich so laut ich konnte.
„Was machst du denn? Bleibe bei mir, du kannst mich doch nicht alleine lassen! SARAH!“
Meine schreie brachten nichts, sie trieb einfach davon, bis man sie nicht mehr sehen konnte…



Ich schreckte hoch und mein Gesicht war von Tränen überströmt.
So gute Erinnerungen die zu einem Alptraum wurden, dass konnte nicht wahr sein.
Ich musste geschrien haben, den Cathlin stand in meiner Tür. Sie war wohl im Spielzimmer gewesen, das direkt neben meinem Zimmer lag. Langsam setzte ich mich mit steifen Gliedern auf. Der Schock des Traumes saß noch tief.
„Warum hast du nach Sarah geschrien?“ Cathlin stand mit ihrem Pony von Barbie in der Hand vor mir und sah verwirrt aus. Sie war inzwischen herein gekommen.
„Ich habe schlecht geträumt und in dem Traum wurde mir Sarah weg genommen.“ Sie nickte und setzte sich neben mich. Wie sie das schon verstehen konnte, war mir unbegreiflich. Nun allerdings, sah sie traurig aus.
„Was ist los Cathlin?“
„Wirst du nach mir auch rufen, wenn ich weg bin und nicht mehr wieder komm?“ Eine einsame Träne bahnte sich den Weg aus ihrem Auge über die Wange. Ich wischte sie mit meinem Daumen weg, dann zog ich sie auf meinen Schoß. Sie war doch noch so klein und sollte sich mit dem Tod und solchen Gedanken nicht befassen.
„Maus, du wirst mir nie genommen. Weißt du, Mama hat dir doch erklärt, dass Sarah für immer gegangen ist. Sie kann nie wieder kommen, denn sie ist jetzt beim lieben Gott und passt auf uns auf. Ich werde dich beschützen, so dass du noch lange bei uns bleiben kannst.“
„Ist Sarah jetzt ein Engel?“ Cathlin brachte mich wieder zum weinen. Sie konnte ja noch nicht verstehen was es bedeutet, wenn ein Mensch nicht mehr wieder kommt. Sarah ein Engel? Ja, das konnte ich mir vor stellen. Ich nickte, nahm sie in den Arm und weinte. Vor ihr brauchte ich mich nicht zu verstellen.
Wie es ihre Art war, wenn jemand traurig war, kuschelte sich Cathlin an meine Brust. Es tat so gut, sie bei mir zu haben.




Ich hatte mal wieder einen schlechten Tag. Schon zu Beginn ging einfach alles daneben. Gestern saß ich bis spät in die Nacht an meiner Doktorarbeit. Ich war gerade am Ende meines neunten Semesters und musste langsam vorankommen, denn ich wollte später einmal in die Gerichtsmedizin. Als Schwerpunktthema hatte ich mir die Anatomie heraus gesucht.
Letzte Nacht bemerkte ich wieder einmal, wie viel Stoff das Thema beinhaltete und hatte bis zwei Uhr in der Nacht gearbeitet, was wohl auch der Grund dafür war, weshalb ich verschlief.

Ich hatte es eilig ins Krankenhaus zu kommen, dennoch stand ich unter die Dusche und putzte mir danach die Zähne. Keine 15 Minuten später saß ich in meinem Opel Corsa und war auf dem Weg.
Das Auto hatten mir meine Eltern zu meinem 22. Geburtstag geschenkt.
Ein Glück war ich seither ziemlich unabhängig.

Trotz des Zeitmangels fuhr ich nach Verkehrsregeln und erst als ich auf dem Parkplatz des Krankenhauses war und mein Auto geparkt hatte, rannte ich das kleine Stück bis zum Haupteingang.
Kurz vor der Tür drosselte ich mein Tempo um nicht in Patienten hinein zu rennen.

Ich dachte noch einmal über meine Doktorarbeit nach und wie ich es schaffen würde, dass ich etwas mehr Zeit dafür hatte.
Dann lief ich durch die Tür und sah auf die Seite. So bemerkte ich nicht wie das Mädchen gerade raus rennen wollte und stieß mit ihr zusammen. Sofort war ich aufmerksam und wollte mich entschuldigen. Als ich sie aber ansah, verschlug es mir die Sprache. Ihre Augen, die von einem seltenen und dunklen Grau geziert waren, fesselten mich. In ihnen spiegelte sich eine große Trauer wieder.
Ich konnte es nicht ertragen und umfasste sanft ihre Schultern. Sehr behutsam führte ich sie nach draußen und forderte sie mit einem leichten Druck auf, sich auf die Bank zu setzen. Ich versuchte heraus zu finden, was sie denn so traurig machte. „Ich weiß ja nicht, warum du so traurig schaust, aber du solltest damit aufhören. Ich kann mir vorstellen, dass du mit einem Lächeln noch hübscher aus schaust.“ Ok, es war nicht die beste Art, aber ihre Augen hellten sich ein ganz klein wenig auf. Antworten konnte sie mir leider nicht mehr, denn ihre Eltern kamen auf mich zu und so konnte ich ihr nur hinter her schauen, als sie ging.

Etwas bedrückt ging ich zu meinem Betreuer, der mich sofort ins Leichenschauhaus schickte. Ich sollte Sarah McKine zur Obduktion vorbereiten und die Geräte auf einem Tisch bereit legen.
Zügig begab ich mich nach unten und schritt diesen Weißen Korridor entlang. Die Lampen hatten keine Schirme und so kam eine unheimliche Atmosphäre auf. Ich dachte an all die Menschen, die diesen Weg gingen um einen Toten zu identifizieren.
>Was die wohl denken, wenn sie hier entlang laufen? Ich glaube, ich könnte das nicht durchstehen, sollte ich mal so einen Schritt tun müssen. <, dachte ich.
Es war wirklich ein seltsames Gefühl, wenn man wusste, dass die Menschen in diesem Raum, am Ende des Korridors tot waren. Ich öffnete die Tür, ging hinein und suchte die die Klappe des Kühlfaches, auf der Sarah McKine stand, dann holte ich sie heraus. Hier wurden die Leichen wie eingefroren, damit keine Verwesung eintritt.
Ich schob den Tisch, auf dem sie lag, in einen Nebenraum und richtete verschiedene Instrumente hin. Eine Art Säge war auch dabei, sie würde gebraucht werden um der Toten den Brustkorb auf zu sägen. Wenn ich so daran dachte, schüttelte es mich. Bald würde ich auch dabei sein, wenn sie jemanden obduzieren.
>Ich will es lernen, also muss ich mich zusammen reisen.<, sagte ich mir immer wieder in Gedanken.
Als die Geräte hingerichtet waren, sah ich mir die Leiche an. Ich zog das Tuch von ihrem Körper und erschrak. Ihr Hals war voller Striemen und der Körper sah geschunden aus. Sie musste vor ihrem Tod sehr gelitten haben. Ich legte das Tuch wieder über sie und schloss kurz die Augen. Danach gab ich meinem Betreuer Bescheid und musste nach der Obduktion wieder alles sauber machen.

Nach meinen anstrengenden Tag im Krankenhaus musste ich dann auch noch zur Uni fahren. Ich war vollkommen erledigt, setzte mich aber brav in den Hörsaal. Meinem Professor konnte ich jedoch nicht zuhören, denn meine Konzentration reichte nicht aus.

Während der Arbeit wurde ich ja noch abgelenkt, aber jetzt ging das nicht mehr. Ich musste an das Mädchen von heute Morgen denken.
Diese wunderschönen Augen.
Ich hatte nichts anderes von ihr gesehen, aber diese Augen geisterten jetzt in meinen Gedanken umher.
> Werde ich dich denn jemals wieder sehen? Was hat deine Augen so sehr getrübt?




Kapitel 2



Die Seele nun in zwei geteilt
Denn der eine Teil wurde zu Grabe getragen
Seither unvollständig
Für immer!




Ich lief die Straße entlang und war sehr fröhlich, denn ich war auf dem Weg zu Sarah. Endlich war sie wieder zu Hause.
Sarah war mit ihren Eltern in Italien im Urlaub gewesen. Drei Wochen hab ich ohne sie aushalten müssen. Wie ich sie vermisst hatte.
Ich rannte auf die Veranda, blieb knapp vor der Tür stehen und klingelte. Doch es öffnete nicht Sarah die Tür, sondern ihre Mutter. Im ersten Moment machte ich mir keine Gedanken darüber, dann sah ich sie mir genauer an.
Ihre grünen Augen waren gerötet und es lagen tiefe Schatten darunter. Sie blickte mich traurig an und wollte etwas sagen, doch ich schüttelte nur den Kopf, ich wollte es nicht hören.
Ich wusste, was sie sagen würde und konnte es nicht glauben.
„Nein, sie lebt. Nein, das kann nicht sein. NEINNN!!!“



So wachte ich schweißgebadet in meinem Bett auf. Die schwarze Satin-Bettwäsche klebte an mir fest, denn ich hatte nur in einer Hot-Pen und einem Top geschlafen.
Draußen herrschte eine unerträgliche Hitze, die Schlafen so schon schwer genug machte.
Die Träume allerdings machten mich richtig fertig. Jedes Mal war es der gleiche Traum. Solch schöne Erinnerungen die zu einem Alptraum werden.
Eigentlich war er eine Erinnerung vom Sommer vor zwei Jahren. Ich hatte geklingelt, Sarah war heraus gekommen und wir hatten uns stürmisch umarmt und erst einmal nicht mehr los gelassen.
Leider konnten wir das nicht mehr. Vier Wochen war es jetzt her, dass sie gestorben war.

Langsam stand ich auf und stapfte aus meinem Zimmer in das nebenan liegende Badezimmer.
Ich musste dringend duschen.
Während ich mir die Haare wusch und den Schweiß von meinem Körper spülte, dachte ich nach.

Vor zwei Tagen wurden die Berichte von Sarahs Obduktion heraus gegeben. Ihre Mutter war dann gleich zu mir gekommen und hatte mir weinend und wütend erzählt was heraus kam. Sarah wurde mehrmals Vergewaltigt und zum Schluss mit Seilen erdrosselt. Es wurde die Spur eines Vergewaltigers gefunden, der demnach auch ihr Mörder sein musste.
In mir begann es zu brodeln, am liebsten hätte ich auf irgendetwas eingeprügelt, doch erst einmal wollte ich ihre Mutter beruhigen. Ich nahm sie in den Arm und schon wurde sie Weinkrämpfe geschüttelt.

Eigentlich war Sarahs Mutter eine hübsche Frau mit ihren schulterlangen braunen Haaren und ihren grünen Augen. Durch die Trauer jedoch sah sie um Jahre gealtert und sehr krank aus. Als sie sich etwas beruhigt hatte, brachte ich sie nach Hause und übergab sie in die Obhut ihres Mannes. Er sah ebenfalls nicht gesund aus, konnte sich aber recht gut beherrschen. Er bedankte sich bei mir und führte seine Frau ins Haus. Ich zog für ihn die Haustür zu.
Fünfzehn Jahre kannte ich die Familie schon und hatte sie noch nie in solch einem Zustand gesehen, aber ich konnte Sarahs Eltern verstehen, denn welche Eltern würden es auch verkraften, wenn ihr Kind auf solch eine Weiße und viel zu früh von ihnen genommen wird.

Ich band mir ein Handtuch um meine Haare und eins um meinen Körper, dann stand ich vor den Spiegel.
Ich war froh darüber, dass man mir meinen Schlafmangel nicht so sehr ansah, denn unter meinen Augen spiegelten sich kaum dunkle Schatten wieder. Wenn man jedoch in sie hinein sah, konnte man nicht mehr das abgestumpfte Grau der Trauer sehen, sondern pure Wut.
Wut auf den Mann, der sie wie Dreck behandelt hatte. Meine Arme Sarah, sie musste alles alleine durchstehen. Sie hatte es nicht verdient, niemand verdient so etwas. Doch Sarah war immer ein braves Mädchen gewesen, hatte kaum etwas angestellt und doch wurde sie Opfer eines Psychopathen.

Ich schüttelte den Kopf, denn ich wollte mich jetzt nicht darauf konzentrieren, sonst würde ich wieder zu weinen anfangen oder durch meine Wut etwas zerstören.
Jeden Abend, wenn ich mit dieser Leere in meinem Inneren, in mein Bett kletterte, weinte ich mit einem Bild von Sarah in der Hand. Weinte um den Verlust meiner besten Freundin und weinte wegen der Wut die in mir steckte. Etwas musste ich doch tun können.
Ich legte meinen Kopf in den Nacken um die blaue Decke des Bades zu betrachten. Die Farbe beruhigte mich immer und deswegen hatte ich mir auch gewünscht, dass mein Vater das vorherige Weiß übermalt. Mir zu liebe hatte er es getan.
Durch die Bewegung mit dem Kopf rutschte mir das Handtuch herunter um zum Vorschein kamen lange, schwarze Haare. Dazwischen waren immer mal wieder blaue Strähnen. Irgendwann hatte ich sie mir einmal färben lassen, jedoch wuchsen sie nicht mehr heraus. Es war so, als hätten meine Haare die Farbe angenommen und nun schien es, als wären die Strähnen schon immer da gewesen.
Langsam bürstete ich meine Haare, sie waren gewachsen. Mittlerweile langten sie mir beinahe bis zu meinem Poansatz, wo sie doch vorher noch auf der Höhe meiner Schulterblätter waren. Bald müsste ich wieder zum Friseur um mir meine Spitzen scheiden zu lassen.

In den nächsten zwei Wochen wäre die beste Zeit, denn dann würde ich an Sarahs Beerdigung wieder schön aussehen. Alleine für sie.
Mit schwarzen Klamotten hatte ich zum Glück keine Probleme. In meinem Kleiderschrank gab es außer schwarz, dunklen blau und ganz dunklen grau keine anderen Farben.

Ich putzte mir die Zähne, zupfte meine Augenbrauen und verbrachte somit mehr als eine Stunde im Bad. Es lenkte mich von meinen Gedanken ab, da ich mir einredete mich voll darauf konzentrieren zu müssen, dass ich nicht ausversehen ein falsches Härchen zupfte.
Immer noch mit meinem großen Handtuch bekleidet, begab ich mich wieder in mein Zimmer. Ich zog meine Rollladen hoch und machte meine Musik an. Dann sah ich mich in meinem Zimmer um.
Es sah aus als hätte eine Bombe eingeschlagen. Überall lagen Klamotten, Schuhe, leere Flaschen und alte Schulsachen herum. Mein Bett musste ich nach dieser Nacht auch frisch beziehen.
Irgendwie hatte ich in den letzten vier Wochen nicht so richtig auf meine Ordnung geachtet.
Doch es hatte etwas Gutes.
Ich konnte mich wieder ein paar Stunden ablenken.

Ich zog mir eine Jogginghose und ein T-Shirt an und begab mich erst einmal nach unten in die Küche. Mein Zimmer lag direkt unter dem Dacht. Das bedeutete ich hatte ein ganzes Stockwerk für mich, bis auf ein Zimmer, welches meine kleine Schwester als Spielzimmer verwendete. Doch das störte mich nicht, ich hatte ein großes Zimmer, einen begehbaren Kleiderschrank und mein eigenes Bad, was wollte ich mehr. Aber sicher, da gab es etwas.
Sarah.
Doch sie würde ich nie mehr bei mir haben.

Wieder mehr traurig als wütend kam ich in der Küche an. Meine Mutter war schon wach und richtete den Frühstückstisch. Es waren Sommerferien und so konnte die Familie jeden Morgen zusammen frühstücken. Normaler weiße fehlte ich immer, da ich Langschläferin war, aber seit Sarahs Tod, hielt ich nicht mehr viel von schlafen.
Ich konnte es auch kaum, wegen der Alpträume.
Ich setzte mich an den Tisch und goss mir erst einmal Kaffee in meine Tasse, etwas Zucker und Milch und schon konnte mich nichts mehr so schnell nerven.
Als hätte sie es gewusst kam Cathlin auch schon in die Küche gerannt und sang gut gelaunt. Mein Vater, kam etwas langsamer angelaufen. Ich erkannte diesen Schritt wieder, so war ich heute Morgen auch ins Bad gelaufen.
Er lächelte mir leicht zu, ich hingegen nickte nur.
Alle setzten sich an den Tisch und begannen zu essen. Ich hatte wie immer keinen Hunger und trank lediglich meinen Kaffee.

„Elenia, du solltest mehr zu dir nehmen. Ich kann ja deine Appetitlosigkeit verstehen, aber es bringt nichts, wenn du deinen Körper kaputt machst. Du weißt, dass sie es nicht gewollt hätte.“, die Stimme meiner Mutter klang besorgt. Lange hatte sie geschwiegen und mich einfach in Ruhe gelassen. Doch ihre Sorge lies es wohl nicht weiter zu.
Ich verstand sie ja.
„Wenn ich mein Zimmer aufgeräumt habe, Mama. Danach werde ich etwas essen, dass du dir keine Sorgen mehr machen musst, ok?“ Cathlin, meine kleine Schwester sah mich interessiert an. Meine Mutter allerdings nickte zu meinem Vorschlag und lies mich in Ruhe. Sie unterhielt sich mit meinem Vater.
Ich wartete etwas ungeduldig darauf, dass ich endlich wieder hoch gehen konnte. Nach einer dreiviertel Stunde waren dann endlich alle fertig mit Frühstücken und ich ziemlich genervt. Ich half noch, die Spülmaschine ein zu räumen und verzog mich dann nach oben.

In meinem Zimmer angekommen, drehte ich erst einmal die Musik lauter und machte mich dann an meiner Kleidung zu schaffen. Ich sortierte sie nach sauberer und dreckiger Wäsche, räumte die saubere, sowie meine Schuhe in meinen Kleiderschrank und die dreckige stellte ich erst mal vor mein Zimmer. Dann bezog ich mein Bett frisch, wischte staub, goss meine Pflanzen und saugte. Als ich fertig war, waren zwei Stunden vergangen.
Ich hatte mir wirklich Zeit gelassen.
Die dreckige Wäsche brachte ich meiner Mutter und wie versprochen machte ich mir eine Kleinigkeit zu Essen.
Als ich letztendlich wieder auf meinem Sofa lag und mich so umsah, vielen mir die Farben in meinem Zimmer das erste Mal richtig auf. Sarah hatte mein Zimmer geliebt. Sie war sehr gerne hier und hatte meistens auch gleich übernachtet. Mein Bett war ja groß genug für zwei.

Die Decke war in einem leichten blauen Ton gestrichen, während eine Wand vollkommen schwarz war. Darauf war mit silberner Farbe ein Wolfskopf abgebildet.
Ich liebte diese Tiere.
Den Kopf hatte ich selbst gemalt, nach dem ich mehrmals davon geträumt hatte. Es war an sich eine Silhouette aber die Augen stachen trotzdem in einem hellen violett hervor.
Zwei Wände waren in hellem grau gestrichen und der Rest zierte sich in einem dunklen blau.
Meine Möbel bestanden größtenteils aus Buche und waren daher sehr hell. Das Bett hatte ein Metallgestell, welches in schwarz gehalten wurde, sowie auch meine Bettwäsche.
Der Boden bestand aus Kork.

Alles in allem, war ich zufrieden mit meinem Zimmer. Doch ich hatte plötzlich eine Idee, was ich auf eine meiner schmucklosen grauen Wände malen konnte. Ich stand auf und suchte meine Schubladen durch.
Ich fand was ich suchte.
Ein Bild von Sarah und mir, welches im letzten Sommer aufgenommen wurde. Ein Glück das ich so gut Zeichnen konnte. Sie hatte mich dafür immer Bewundert.
Jetzt konnte ich endlich etwas Gutes damit machen.

Es dauerte die zwei Wochen bis zu Sarahs Beerdigung, bis ich das Bild fertig hatte. Zwischendrin musste ich ja auch mal etwas essen und beim Friseur war ich auch. Gestern hatte ich den letzten Strich gemalt und stand jetzt mit Tränen in den Augen davor. Langsam drehte ich mich um und ging auf meinen Kleiderschrank zu. Als ich drin stand, fiel es mir schwer etwas zu finden, was dem Anlass würdig war.
Genau heute würde die Beerdigung sein.
Die letzte Möglichkeit für immer Abschied zu nehmen.

Ich suchte einen Rock und fand ihn schließlich. Er war bodenlang und schwarz. Nach unten ging er leicht auseinander. Dann zog ich ein Hemd an, knöpfte es zu und zog eine Unterbrust Corsage darauf.
Dann stellte ich mich erst einmal vor den Spiegel und begann mich zu schminken. Etwas Eyeliner und schwarzer Liedschatten, schon musste ich mir nur noch die Schuhe anziehen. Es waren Demonia mit Schnallen.
Ich erinnerte mich daran, wie es Sarah immer freute, wenn ich so zu ihr kam. Sie meinte dann jedes Mal, dass ich so das widerspiegle, was ich wirklich war.
„Du bist der einzige Gothic, der es in mein Herz schafft! Da du die einzige bist, die mir so nah steht. Oh man, das sieht einfach klasse aus!“, dass waren jedes Mal ihre Worte wenn sie die Tür öffnete. Ich verstand nie was sie mir eigentlich damit sagen wollte, die Leute aus meiner Szene waren alle super drauf. Doch jetzt wusste ich es.
Wir waren Seelenverwand.
Ich fühlte mich beraubt, seit sie nicht mehr da war.
Ich ging nach unten und wartete auf meine Eltern. Da heute das Wetter ziemlich mies war und das Hemd kurzärmelig, schnappte ich mir meinen Mantel. Es war zwar immer noch warm draußen, aber so fühlte ich mich wohler. Ich stand schon einmal unter das Vordach und nahm meinen Regenschirm, der ebenfalls, wie meine Kleidung, schwarz war.
Als meine Eltern dann endlich kamen, lief ich zum Auto. Meine kleine Schwester war seit gestern bei unseren Großeltern. Sie sollte noch von dem traurigen Anblick einer Beerdigung beschützt werden, da sie es auch noch nicht richtig verstehen könnte.
Wir kamen an dem zwei Kilometer entfernten Friedhof an und stiegen aus. Sofort öffnete ich meinen Regenschirm, denn es hatte angefangen zu regnen.
Der Himmel weinte, da er uns seinen besten Engel genommen hatte und ihn nun für immer zurücknehmen musste.
Ich lief mit meinen Eltern zu einem kleinen Gebäude. Es sah aus wie eine Kirche in Kleinformat. Seit Wochen konnte ich bei diesem Anblick mein erstes leichtes und echt gemeintes zeigen.
Wir gingen rein und als Sarahs Mutter mich sah, winkte sie mich gleich zu sich. Sie hatte mir einen Platz in der ersten Reihe frei gehalten. Ein Platz, der eigentlich direkten Familienangehörigen zustand.
Ich lief langsam nach vorne und bemerkte, dass meine Eltern mir folgten. Sie setzten sich in die Reihe hinter mich.
Als ich nach vorne sah, wusste ich nicht wie ich mich verhalten sollte.

Da stand ein Sarg, er bestand aus Palisanderholz. Es sah sehr edel aus und hatte den gleichen Farbton wie Kastanien.
Der Deckel war geöffnet.
Ich sah die Frau neben mir an und sie nickte. Sarahs Eltern hatten gewollt, dass man sie ein letztes Mal sehen konnte.
Ich stand auf und schritt langsam auf den Sarg zu, ein flaues Gefühl setzte sich in meinem Magen fest.
Mein Blick war auf den Boden gerichtet, als ich die kleine Empore hinauf stieg und vor dem Sarg zum stehen kam.
Für eine Frau war ich mit meinen 1,75m nicht gerade klein, doch mit meinen Plateauschuhen maß ich fast zehn Zentimeter mehr.
Da der Sarg auf Knie höhe Stand, sah ich schon einen Teil des inneren, obwohl ich noch zu Boden blickte.
Ich atmete tief ein und sah in den Sarg.
Das innere war mit weißer Seide ausgelegt und inmitten dieses Glanzes lag meine zweite Hälfte.
Der zweite Teil meiner Seele.
Einfach meine beste Freundin und die beste, die ich jemals hatte. Ich betrachtete sie genauer. Ihr Gesicht war geschminkt worden und es erschien einem als würde sie schlafen.
Um ihren Hals lag ein Tuch, das die Schliere des Seils verdecken sollte, mit dem sie anscheinend erwürgt wurde.
Sarahs Hände ruhten gefaltet auf ihrem Bauch.
Sie sah so friedlich aus.

„Meine herzallerliebste. Du wirst mir fehlen, auf immer und ewig, bis ich dir ins Grab folge.
Ab da werde ich dich wieder sehen und für immer mit dir vereint sein.
Bis es jedoch so weit ist, werde ich einfach für dich mit leben. Richtig leben werde ich jedoch erst können, wenn ich deinen Mörder unschädlich gemacht habe. Ich schwöre dir, meine Seele, du wirst nicht vergessen werden und er wird mehr leiden, wie du es musstest.
Bitte verzeihe mir, dass ich diesen Weg einschlagen werde. Doch wenn ich es nicht tue, erkenne ich keinen richtigen Sinn für mein Leben.

Du hast, seit ich dich kenne, mein Leben bereichert und die Leere in mir ausgefüllt. Jetzt ist bist du weg und in mir wieder alles Leer. Ich will es nicht, aber es ist so schwer ohne dich.
Ich habe dir auch ein Geschenk gemacht, dieses Bild, von dem letzten Sommer, wo wir beide in der Eisdiele saßen, habe ich auf eine meiner Wände gemalt.
Ich bin mir sicher, wenn du es jetzt sehen könntest, würdest du nicht wissen wohin mit deiner Freude.
Ich liebe dich, du bist wie eine Zwillingsschwester für mich gewesen, der zweite Teil zu meinem selbst. Meist sogar die vernünftigere. Für immer werde ich dein Bild in meinem Kopf behalten und am Tage wie bei der Nacht an dich denken. Ruhe in Frieden!“
Die meisten Sätze murmelte ich vor mich hin, da sie nur für Sarah bestimmt waren. Langsam und ganz vorsichtig fuhr ich ihr ein letztes Mal mit meinen Fingern über die Wange. Dann drehte ich mich ruckartig um und ging zu meinem Platz. Keinen Moment länger konnte ich diesen Anblick ertragen.

Ich setzte mich und bemerkte sogleich die Hand auf meiner Schulter. Es war die Hand meines Vaters. Er drückte leicht zu und ich sah ihn über meine Schulter hinweg an. Irgendwie war ich dankbar dafür, dass sie auch hier waren.
Ich drehte mich wieder nach vorne und da kam auch schon der Pfarrer herein. Er begann sofort mit seiner Ansprache und las aus der Bibel vor.
>Dieses ganze Gerede hätte er sich auch sparen können.




Kapitel 3



Einsamkeit,
lehrt ER mich.
Neue, ungewöhnliche Freunde schenkt SIE mir.
Sie sollen mir helfen.
Freunde, kann ich sie so nennen?




Ich rannte ohne Ziel.
Kurz vor der Einmündung zum Wald blieb ich stehen. Welch ein Glück ich hatte, dass die Absätze meiner Dämonia so breit waren und ich keine Probleme hatte mit ihnen zu rennen. Plateaus waren nicht gerade ungefährlich, wenn ich es nicht so sehr gewohnt wäre mit ihnen zu laufen, hätte ich mir jetzt wohl etliche Knochen gebrochen.
Langsam schritt ich den Weg in den Wald entlang. Ich hatte mich dazu entschieden, dorthin zu laufen, wo meine Füße mich hin trugen.
Der Waldboden war durch den Regen aufgeweicht und meine Schuhe sanken bei jedem Schritt leicht ein. Meine Haare klebten an meinem Gesicht und die Klamotten waren durchweicht.
Als ich weggerannt war, hatte ich meinen Regenschirm fallen gelassen. Warum, dass wusste ich selbst nicht so genau.
Ich blieb noch einmal stehen und sah mich um. Alles war grün. Hier standen Laub- und Nadelbäume, denn wir hatten einen wunderschönen Mischwald.
In unserer Gegend gab es nur solche Wälder.
Langsam und mehr auf meine Umgebung bedacht lief ich weiter. Meine Füße trugen mich.

Einige Zeit später, ich wusste nicht wie lange ich gelaufen war, da mein Zeitgefühl verloren ging, kam ich auf einer Lichtung zum stehen. Ich sah mich um.
Die Lichtung war nicht sehr groß und die Fläche bestand aus Graß. Nirgendwo war Unkraut zu sehen, kein Ast lag herum und das Grün des Graßes hatte einen wunderschönen natürlichen Ton.
Mit einem Schlag wurde mir klar, dass ich die Lichtung kannte. Hier hatte ich oft mir Sarah gespielt und gelernt. Ich ging in die Mitte der Lichtung und zog meinen Mantel aus, welchen ich dann auf dem Boden ausbreitete. Morgen würde ich ihn deswegen waschen müssen, doch das war mir momentan egal. Ich legte mich auf den Rücken und sah zum Himmel hinauf. Erst jetzt bemerkte ich, dass es schon dunkel wurde. Ich war ziemlich lange im Wald umher gelaufen. Heute Abend würde ich nicht mehr nach Hause gehen, da war ich mir sicher.

Lange Zeit beobachtete ich einfach nur die Sterne. Kein äußerer Einfluss, wie zum Beispiel Licht, konnte das wunderschöne Bild trüben. Ich sah den großen Waagen ganz genau. Ich dachte an Sarah und daran wie oft wir uns hier her geschlichen hatten, nur um die Sterne zu bewundern.
Meistens hatte es einen ziemlichen Ärger gegeben, als wir dann endlich wieder nach Hause kamen und wir durften uns am nächsten Tag nicht sehen, doch der Gedanke an das zusammen erlebte, ließ uns das durch stehen.
Ich rollte mich zusammen und stumme Tränen rollte meine Schläfe entlang und tropften auf den Mantel. Ein Glück, dass Sommer war, sonst hätte die Nacht im freien ziemlich kalt werden können. Mit einem letzten Blick gen Himmel schlief ich ein.




Ich hatte mich so auf meinen freien Tag gefreut, doch statt ihn zu genießen, hatte ich mich an meiner Doktorarbeit zu schaffen gemacht. Den ganzen Tag saß ich davor und unterbrach nur um etwas zu essen und hin und wieder mal der Toilette einen Besuch ab zu statten. Mit der ganzen Mühe die ich mir gab, hatte ich es auch endlich geschafft. Ich war fertig und konnte mich jetzt noch auf den letzten Monat konzentrieren. Dann würde ich in mein letztes Semester gehen und das hieß lernen ohne Ende.
Da ich es endlich geschafft hatte, meine Doktorarbeit fertig zu schreiben, ging ich am nächsten Tag zu meinem Chef und beantragte zwei Wochen Urlaub, die ich mir verdient hatte. Das Glück stand auf meiner Seite, denn ich bekam meinen Urlaub genehmigt.

So ging ich die nächsten Wochen in die Klinik, arbeitete fleißig weiter und ging in die Uni, konzentrierte mich auf meine Professoren und auf die Klausuren. Dadurch, dass ich sehr beschäftigt war und viel lernen musste, vergas ich fast diese wunderbaren dunkel grauen Augen.
Doch dann war es endlich soweit, ich konnte meinen Urlaub genießen und die Erinnerung an das Mädchen kam mit einer Stärke zurück, die mich kurz vergessen ließ zu atmen.

Ich musste nicht in die Klinik und nicht zur Uni, da Semesterferien waren und dennoch war es mein Körper gewohnt morgens auf zu stehen. Ausschlafen war vorerst einmal abgesagt.
Da mich meine Gewohnheit gerade mal zwei Stunden länger schlafen ließ stand ich um sieben Uhr auf und genehmigte mir erst einmal ein Frühstück mit Ei und Speck. Danach stand ich genüsslich unter die Dusche, stand eine ganze Weile vor dem Spiegel und zog meinen Trainingsanzug an. Um neun Uhr entscheid ich mich dann etwas Joggen zu gehen. Es war angenehmes Wetter, die Sonne schien, aber man konnte merken, dass sie langsam aber sicher wieder schwächer wurde. Es sammelte sich in ihrem Schein eine angenehme Wärme.
Da meine Wohnung in der Nähe des Waldes lag, entschied ich mich dorthin zu gehen um im Wald zu Joggen. Mit Handy und MP3-Player bewaffnet, machte ich mich auch schon auf den Weg.

Ich joggte quer durch den Wald, denn ich hatte mir keine genaue Route ausgedacht. Hin und wieder blieb ich stehen um das ein oder andere Eichhörnchen zu beobachten, wie es die Bäume hoch rannte. Es waren niedliche Tiere.
Sport war mir sehr wichtig, denn umso besser meine Kondition ist umso besser kann ich dies in meiner Arbeit umsetzen, so legte ich zwischen drin immer mal wieder einen Sprint ein um danach ein paar Minuten ganz ruhig zu laufen. Dies wiederholte ich mehrere Male.
Ich bemerkte es gar nicht in welche Richtung ich rannte, erst als ich am Rande einer Lichtung ankam, blieb ich wieder stehen. Ich schaute mich um. Die Lichtung sah schön aus, mit diesem saftig grünen Graß und sie war ziemlich rund, was selten vor kam. Doch als ich mich genauer umsah, erkannte ich etwas in der Mitte dieser Lichtung.
Langsam ging ich darauf zu.
Dann erkannte ich es genauer. Dort lag ein Rudel von Wölfen. Sie lagen in einem Kreis. Ich wunderte mich ein wenig und betrachtete das Bild, welches sich mit bot, etwas genauer. Dort in der Mitte lag ein Mädchen, ich erkannte schwarze Haare, die blaue Strähnen hatten. Mehr konnte ich nicht erkennen.
Ganz vorsichtig ging ich näher heran, in der Hoffnung, dass die Wölfe mich nicht bemerken würden. Doch da hatte ich mir nur etwas einreden wollen, denn als ich bis auf wenige Meter vor einem Wolf stehen blieb, hob dieser den Kopf und sah mich an. Ohne Warnung stand er auf, stellte sich vor mich und knurrte. Er fletschte richtig die Zähne und ich bekam es mit der Angst zu tun.
Wölfe waren friedliche Tiere, bis zu dem Punkt an dem man sie reizte. Ich wollte es nicht riskieren und trat langsam und ohne diesen Wolf aus den Augen zu lassen, den Rückzug an.
Als ich mich gute fünf Meter entfernt hatte, schien das dem Wolf zu genügen, denn er ließ mich aus den Augen und legte sich wieder an seinen Platz. Ich hatte langsam das Gefühl, als würden sie dieses Mädchen in ihrer Mitte beschützen wollen. Das warum tanzte aber durch meinen Kopf. Wölfe sind nicht gerade dafür bekannt, dass sie sich gern in menschlicher Nähe aufhalten. Irgendetwas musste das Mädchen an sich haben, was den Wölfen gefällt.

Ohne weiter nach zu denken setzte ich mich an Ort und Stelle, an der ich gerade Stand, auf den Boden. Es hatte gestern geregnet, aber die Sonnenstrahlen hatten in der Lichtung schon einiges getrocknet. Ich wollte mal sehen, was passiert, wenn das Mädchen aufwacht und die Wölfe sieht. Vielleicht benötigte sie dann Hilfe. Doch zunächst wollte ich erst einmal alles aus sicherer Entfernung beobachten. Nicht das mich die Wölfe noch in Stücke reisen, weil ich ihnen zu nahe komme.




Endlich hatte ich seit langem keine Alpträume mehr und fühlte mich ziemlich ausgeschlafen. Ich lag da und bemerkte den unebenen Boden unter mir. Es wunderte mich, dass ich mich trotzdem so ausgeruht fühle, doch dann wurde mir klar, dass ich durchgeschlafen hatte und so die kleinen Schmerzen im Rücken ignorieren konnte.
Meine Sinne waren jedoch noch stark benebelt und dennoch spürte ich wie mich etwas berührte und dann meine Wange abschleckte. Ohne meine Augen zu öffnen hob ich meine Hand, bekam etwas Fell zu fassen und tätschelte es. Leise murmelte ich: „Braves Hündchen, bald steh ich auf und dann gibt es Futter und jetzt leg dich wieder hin.“
Das Fell verschwand aus meiner Hand und mein Arm ging lautlos zu Boden. Ich legte mich auf den Rücken und dachte im Dämmerschlaf so gut es ging nach. Etwas war komisch.
Zuerst kam ich einfach nicht darauf, doch als meine Sinne wieder schärfer wurden, war mir klar, was so seltsam war.
Erstens: Wir hatten keinen Hund.
Zweitens: Ich war gar nicht zu Hause, sondern im Wald.
Langsam und etwas panisch öffnete ich die Augen. Irgendwie hatte ich das Gefühl zu wissen was mich erwarten würde.
Mein Herzschlag beschleunigte sich dadurch und ich konnte das Rauschen meines Blutes in den Ohren hören,
Als ich meine Augen geöffnet hatte, sah ich zuerst in den Himmel, da ich auf dem Rücken lag. Doch in meinem Blickwinkel erkannte ich Fell.
Es war also Wirklichkeit gewesen, als mich etwas abgeschleckt hatte. Im ersten Moment dachte ich, dass es doch ein Traum gewesen war.
Ich drehte den Kopf auf die Seite, erschrak und fühlte mich, als hätte mein Herz einen Moment aufgehört zu schlagen. Vor mir lag etwas, dass zu groß für einen Hund war und schwarzes Fell hatte.
Ich holte mehrmals tief Luft und setzte mich dann auf.
Langsam blickte ich mich um.
Ich war von Wölfen umzingelt und das konnte nichts Gutes bedeuten. Normaler weiße hielten sie sich von Menschen fern.
Als mein Blick auf dem schwarzen Wolf wieder zum ruhen kam, bewegte sich dieser und sah mich an. Ich konnte meinem Blick nicht mehr abwenden, als mir bewusst wurde, dass die Augen die mich anblickten, violett waren.
„Das… das kann nicht sein, du hast die gleichen Augen wie der Wolf aus meinem Traum.“, sagte ich geschockt und zugleich wurde mir bewusst das ich mit einem wilden Tier redete.
„Ich bin reif für die geschlossene, wenn ich so weiter mache.“
Violette Augen, schwarzes Fell, weiblich.
So sah das Tier in meinen Träumen aus, als ich gerade mal acht Jahre alt war. Es war stets derselbe. Immer war ich in einem mir unbekannten Waldstück unterwegs um einfach von zu Hause weg zu kommen. Ich rannte mit dem Rudel, das sich meinem Tempo anpasste und schlief umzingelt und gewärmt von Wölfen auch im Winter manchmal draußen.
Sie waren meine Freunde, taten mir nie etwas Böses und standen stets zu mir.
Einmal, da träumte ich, das der Leitwolf mit ihren violetten Augen ihn meiner Schule auftauchte, nur weil mich ein Junge gedemütigt und beleidigt hatte. Sie knurrte ihn an, wollte ihn angreifen und unterließ es nur auf meinen Befehl hin. Ich war verwundert, dass sie überhaupt auf mich hörte, dachte mir aber auch nichts dabei.
Eines Tages wachte ich auf und schaute mich in meinem Zimmer um, nahm zuerst einen Bleistift und begann an meine Wand zu zeichnen. Es entwickelte sich der Wolf aus meinem Traum auf meiner Wand.
Dies war der Tag an dem ich bemerkte, wie gut ich im Zeichnen war. Ich sagte es aufgeregt meinen Eltern, als ich mit dem Bild fertig war und zunächst waren sie nicht begeistert, dass ich die Wand bemalt hatte. Nachdem sie jedoch meine Zeichnung sahen, waren sie stolz auf mich.

Ich kam wieder in die Realität zurück und wunderte mich, dass mich die Erinnerung soweit weg geholt hatte. Langsam atmete ich ein und aus und schloss für einen Moment die Augen um meinen Herzschlag zu beruhigen.
Dann spürte ich etwas kaltes, dass meine Wange berührte und öffnete die Augen. Der schwarze Wolf saß vor mir und sah mich mit schräg gelegtem Kopf an.
„Ich bin immer noch verwirrt und um ehrlich zu sein, macht es mir Angst, dass ich mit Tieren rede und während dessen liegt ein Rudel um mich herum.“
Das Tier vor mir gab ein Heulen von sich und ich konnte dabei zu sehen wie alle Wölfe in die Tiefe des Waldes zurück zogen und nur dieser eine vor mir blieb. folgt




Ich saß da im Schneidersitz. Wie lange, das konnte ich nicht sagen, da ich meine Armbanduhr zu Hause hatte liegen lassen.
Mit Musik konnte man sich zwar die Zeit vertreiben, dennoch hatte ich mir meinen ersten Urlaubstag anders vorgestellt. Ich rupfte am Graß herum und sah immer mal wieder zu dem Mädchen. Nach einer Weile ließ ich mich nach hinten fallen und beobachtete die Wolken, welche vorbei zogen.
Die Zeit verging.
Ich setzte mich mit etwas steifen Gliedern wieder auf und es kam mir vor als wären Tage vergangen, an denen ich da gelegen bin ohne mich auch nur ein kleines Stück zu bewegen. Ich irrte mich, dass war mir klar, denn in Wirklichkeit waren gerade mal ein paar Stunden vergangen.
Wenn überhaupt.
Ich hatte mich genau rechtzeitig auf gesetzt, denn ich konnte nun beobachten wie einer der Wölfe, er war schwarz, zu dem Mädchen ging und es berührte. Was genau vor sich ging, konnte ich wegen meiner Entfernung nicht erkennen.

Ich verhielt mich zu nächst ein Mal ruhig, da es mir schleierhaft war, was da vorne eigentlich vor sich ging. Nun, ein paar Minuten später, setzte sie sich hin. Sie sah verwirrt aus und sagte etwas. Ihr Gemurmel konnte ich genau hören. Ich wollte wissen, was da vor sich ging, dennoch blieb ich sitzen, aus Angst einer der Wölfe könnte mich angreifen.
Plötzlich erklang ein Heulen und alle bis auf den schwarzen verschwanden. Jetzt hielt mich meine Angst nicht mehr auf. Die Unruhe wurde größer und so stand ich auf und begab mich langsam zu dem Mädchen.
Als ich immer näher kam und der Wolf mich bemerkte, sah sich kurz um und verzog sich dann in den Wald. Ich war etwas verwundert, doch das verflog sofort, als ich die Augen des Mädchens sah.
Dunkles Grau, genau das Grau, welches mich im Krankenhaus so verzaubert hatte.
„Es ist ja schon mal gut zu wissen, dass die Wölfe noch Angst vor Menschen haben. Verrate mir doch aber mal wer du bist, ich hab dich doch im Krankenhaus schon gesehen, oder?“ Ihre Stimme riss mich aus meiner Erstarrung.
„Oh wie unhöflich von mir. Mein Name ist Kyle Melano. Ja wir haben uns dort gesehen. Ich Studiere dort. Kannst du mir verraten, warum du so traurig aussahst? Was hat das mit den Wölfen auf sich? Tut mir leid, dass ich so neugierig bin, dass liegt in meinen Genen.“
Ich schaute wieder fasziniert in ihre Augen.




Ich saß da, immer noch mit dem Wolf vor mir, welcher aber plötzlich verschwand. Irritiert stand ich auf und sah dann den jungen Mann auf mich zu kommen. Er kam mir bekannt vor.
Als ich ihn danach fragte, bejahte er es und sofort erkannte ich auch diese tiefe Stimme wieder. Ich verlor mich etwas darin aber dann rief ich mir seine Frage wieder in den Kopf.
„Ich bin Elenia Amale. Wie wäre es, wenn wir uns setzten?“ Ich zeigte auf meinen Mantel und setzte mich leicht schräg hin, dann beobachtete ich Kyle, wie er sich etwas schüchtern genau neben mich setzte. Er saß genauso leicht schräg, so dass wir uns ansehen konnten.
>Diese wunderbaren langen Haare.




Kapitel 4



Der Wolf,
ein wundersames Tier.
Eigensinnig, wild und wunderschön!
Kann ich ihm wirklich vertrauen?




Es vergingen Minuten in denen wir uns einfach küsste, bis er sich plötzlich löste und eine Entschuldigung stammelte. Er meinte irgendetwas von wegen, er wolle mich nicht ausnutzen und er wüsste selbst nicht was da mit ihm passiert war.
„Deine Augen, sie gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Sie ziehen mich einfach magisch an.“
Ich sah ihn verwirrt an und wusste nicht genau, was ich von dem ganzen halten sollte, doch irgendwie mochte ich ihn und würde wenigstens zuerst eine Freundschaft aufbauen. Was sich dann daraus entwickeln würde, könnte ich dann sehen. Den Kuss jedoch wollte ich aber auch nicht einfach vergessen. Das verwirrte mich noch mehr. Ich sollte besser das Thema ganz ändern.
„Nun, ich bin schon seit gestern hier und ich denke meine Eltern machen sich langsam Gedanken. Ich sollte besser nach Hause gehen.“
„Soll ich dich begleiten?“
Ich sah ihn an, dachte dann an den langen Weg nach Hause und nickte schließlich. Jemanden zu haben der mich begleitet, war gar nicht so schlecht.
Er stand auf und reichte mir seine Hand. Etwas zögerlich nahm ich sie und er half mir auf zu stehen. Als ich meinen Mantel aufheben wollte, beugte er sich nach unten, nahm ihn und schüttelte ihn aus. Er sah mich an, legte sich meinen Mantel über seinen Arm und den anderen hielt er mir hin. Ich sah ihn verdutzt an und er lächelte nur. Ohne weiter darüber nach zu denken hackte ich mich bei ihm ein und lächelte vor mich hin.
Es war warm, warum hätte ich den Mantel anziehen sollen und wenn er ihn jetzt trug, hatte ich wenigstens keinen extra Ballast.



Elenia.
So war also ihr Name. Wunderschön.
Ich versank ein wenig in den Gedanken an sie und sah sie mir etwas genauer an. Diese Haare, blau mit lila Strähnen. Wie Interessant.
Ihre Augen strahlten in einem dunkel grau, jenes grau, dass mich seit unserem ersten zusammen treffen verfolgte.
Dann wanderte mein Blick zu ihren wunderschön geschwungenen Lippen und weiter hinab.
Als ich sah, was sie an hatte, stellte ich mir es nicht einfach vor zu schlafen. Ihren Oberkörper schmückte ein Hemd, auf welches sie eine Corsage angezogen hatte. War es überhaupt eine?
Ich war mir nicht sicher, denn von diesen Dingern hatte ich keine Ahnung.

Ansonsten konnte ich nur noch ihren bodenlangen Rock sehen, er war schlicht und schwarz wie alles was sie an Kleidung trug. Unter ihrem Rock konnte ich sehr hohe Schuhe erkennen. Ich war mir nicht sicher, aber es müssten Plateaus sein.
Alles in allem fand ich sie wunderschön und konnte mich nicht satt sehen. Ich ließ meinen Blick wieder nach oben gleiten und schaute ihr in die Augen. Während wir sprachen konnte ich nicht weg sehen und als sie mir das mit ihrer besten Freundin erzählte musste ich an das Mädchen denken, welches ich zur Obduktion vorbereitet hatte. Ob das die beste Freundin gewesen war?
Ich bemühte mich Elenia zu beruhigen und letztendlich küsste ich sie ohne dass ich es eigentlich vor gehabt hatte. Es war schön, dass will ich ja nicht bestreiten, aber es machte mir dennoch ein schlechtes Gewissen. Es war als hätte ich ihre Situation ausgenutzt. Um mich dann wieder etwas besser zu fühlen, begleitete ich sie nach Hause.



Zwei Stunden hatten wir aus dem Wald heraus bis zu mir nach Hause gebraucht. Mir taten meine Füße weh und die Kleidungsstücke wurden unbequem. Ich konnte Tagelang darin aushalten wenn ich es wollte, aber darin schlafen war dann noch nicht die beste Idee gewesen.
Kyle hatte mich bis vor die Haustür begleitet, obwohl ich gemeint hatte, dass ich dieses letzte Stück auch alleine laufen konnte. Irgendwie fand ich es süß von ihm, dass er nicht nachgegeben hatte.
Nun stand ich auf unserer Veranda und er stand mit etwas Abstand vor mir. Ich sah ihn mir genauer an, in seiner Sportkleidung und musste grinsen. Männer die Sport machen ohne dass man sie dazu zwingen musste, mochte ich. Das hieß nämlich, dass sie auf ihren Körper achteten.
Er hatte eine kurze Hose und ein T-Shirt an. Beides ins hellblau. Seine Haare waren etwa schulterlang und glatt, ihre Farbe bestand aus einem sehr dunkeln blau. Ich fragte mich ob das seine natürliche Farbe war. Mir viel auf, dass er alles in blau trug. Selbst seine Schuhe. Nur die Augen stachen mit diesem eisblau heraus und ich wollte mich in ihnen verlieren. Ich liebte blaue Augen jeder Art, doch seine hatten etwas Besonderes an sich.
Ich versuchte mich los zu reisen.
„Ehm… Ich werde dann mal rein gehen. Wir… Wir sehen uns doch wieder, oder?“
„Aber sicher Elenia. Spätestens wenn deine Arbeit im Krankenhaus beginnt. Ich… Ich wünsch dir noch einen schönen Tag. Hat mich gefreut dich kennen zu lernen.“
Ich sah ihm noch hinterher und begab mich dann ins Haus. Drinnen war es sehr kühl und ich konnte meine Schwester schon rufen hören.
„ELENIAAAAA!“
Kaum zu Hause hatte ich Cathin auch schon auf dem Arm.
„Wo warst du denn?“ Ich musste grinsen. Ganz die Mama nach gemacht.
„Ich war im Wald und weißt du was? Ich hab dort ganz viele Wölfe gesehen.“
„Boahhh. Hattest du denn da keine Angst?“ Ihre Augen wurden immer größer.
„Nein, denn da war ein junger Mann, der mich beschützt hat.“
Sie jubelte und ich ging mit ihr auf meinem Arm in die Küche. Meine Eltern waren sichtlich erleichtert das ich wieder zu Hause war und meine Mutter setzte auch schon zum sprechen an. Doch ich war schneller.
„Ich werde erst einmal duschen gehen. Eine Nacht in den Klamotten zu schlafen ist nicht einfach.“ Ich setzte Cathlin ab und begab mich ohne ein weiteres Wort nach oben.

Es war göttlich, als ich die Schuhe und die Corsage ausgezogen hatte. Mein Körper fühlte sich befreit an und als dann noch das warme Wasser meinen Körper berührte, ging es mir wieder richtig gut.
Frisch geduscht und total fertig krabbelte ich in mein Bett und musste an Kyle denken. Ob ich ihn oft im Krankenhaus sehen werde?
in ein paar Tagen war es so weit. Da würde meine Arbeit dort beginnen und drei Wochen darauf müsste ich dann wieder die Schulbank drücken. Doch wann konnte ich endlich mit meiner Suche nach der Mörder beginnen, ich wollte eigentlich nicht länger warten.



Ich brauchte genau eine Stunde nach Hause, was bedeutete das ich sehr gut in Form war und lange Zeit Joggen konnte. Es verwunderte mich trotzdem, dass ich eine so gute Kondition habe. Schon seit ich mich zurück erinnern kann, war das so gewesen. In der Schule damals, war ich beim Sprint immer der Schnellste gewesen.
Ich machte mir darüber aber keine Gedanken, es wird wohl an meinem vielen Joggen liegen.
Als ich es endlich geschafft hatte, mich auf dem Sofa breit zu machen und den Fernseher einschaltete, konnte ich mich nicht auf das Programm konzentrieren. Elenia ging mir die ganze Zeit durch den Kopf. Ich hatte sie geküsst und kannte sie eigentlich gar nicht. Ich tat es nicht aus Mitleid, ich wollte es. Dieses Warum schoss mir die ganze Zeit durch den Kopf. Ich konnte es mir nicht erklären.
Sie war eine wunderschöne Frau und zog mich magisch an. Alles was ich von ihr gesehen hatte, passte einfach perfekt zusammen.
So stellte ich mir die Frau meiner Träume vor. Hatte ich sie tatsächlich so einfach gefunden?
Ich war mir nicht sicher, denn mit dem Kuss hatte ich bestimmt einiges kaputt gemacht, oder etwa nicht?

Ich war so unsicher und wusste einfach nicht was ich tun oder wie ich mich verhalten sollte. Auf jeden Fall wollte ich eine Freundschaft zu ihr und ihr helfen den Mörder zu finden. Das ganze alleine durchstehen sollte sie nicht. Es war doch schon genug dass sie ihre beste Freundin verloren hatte. Vor allem konnte sie in Gefahr kommen und damit würde ich nicht klar kommen.
>Nein, ich werde ihr helfen und sie beschützen und wer weiß, vielleicht entwickelt sich ja doch was.
Ach man, ich Idiot! Hab mal wieder nur Mist im Kopf.



In den letzten freien Tagen, war ich oft in den Wald gegangen. Jedes Mal hatte ich mir dazu einfach das Auto meiner Mutter genommen. Sobald ich auf dieser Lichtung ankam, war da immer dieser Wolf mit den violetten Augen. Ich fragte mich zu Beginn, was es zu bedeuten hatte. Folgte dann aber meinem damaligen Traum und vertraute dem Tier einfach.
Sie waren wild, aber wenn man einfach ganz ruhig sitzen blieb, kamen sie her.
Nun, bei mir kam nur dieser eine Wolf und irgendwann war es so weit, dass sie vor mir lag und ich langsam meine Hand zu ihrer Schnauze führte. Sie roch daran und legte den Kopf wieder auf ihre Pfoten. Langsam begann ich ihren Kopf zu streicheln. Es gefiel ihr und ab dem Zeitpunkt war das Eis gebrochen. Ich legte mich zu ihr, denn ich hatte heraus gefunden dass sie ein Weibchen war, und genoss die Nähe des Tieres.
Ich hatte Hunde und Katzen schon immer gemocht, aber meine Eltern hatten es nie erlaubt dass ich ein Haustier bekam. So hieß ich die Freundschaft, wie ich sie sah, zu dem Wolf willkommen. Es tat gut und beruhigte mein inneres. Es war als wäre Sarah in meiner Nähe.

Als meine freie Zeit herum war, begann ich meine Arbeit im Krankenhaus und es begann gleich richtig. Viele Opfer wurden eingeliefert, einige von ihnen hatten Verletzungen an den Armen und andere klagten über Unterleibsschmerzen. Es kam mir komisch vor und erst als die Polizei eingeschaltet wurde kam heraus, dass einige der Frauen vergewaltigt wurden.
Ich konnte es nicht fassen, bekam aber auch nichts mit, weil die Polizei alles streng geheim hielt. Uns wurde nur mitgeteilt, dass sie Opfer eines solchen Verbrechens gewesen sind und eine spezielle Behandlung benötigten.
Sie mussten Psychisch betreut werden und mussten unter Beobachtung bleiben.
Ich hätte zu gern gewusst, ob es der gleiche wie bei Sarah war, aber ich konnte nicht einfach zu den Patientinnen gehen und die Polizei verriet mir nichts. Also hieß es wieder warten.
Wir konnten die Patienten gut betreuen und sie nach wenigen Tagen schon nach Hause lassen, den Rest musste die Polizei übernehmen.
Die Wochen, dir darauf folgten, waren sehr ruhig und ich verbrachte meine freie Zeit mit Kyle. Meistens aber auch im Wald bei den Wölfen.
Mit Kyle war ich die meiste Zeit in der Stadt und Umgebung unterwegs um auch nur die kleinste Spur zu finden. Jedoch tappten wir immer noch im dunklen.
Klar wir verbrachten eine angenehme Zeit miteinander, doch der Grund warum wir zusammen waren, war nicht gerade der Beste. Kyle wollte mir helfen und dafür war ich ihm dankbar, doch manchmal wünschte ich mir, dass wir aus anderen Gründen in der Stadt wären.
Denn mittlerweile mochte ich ihn sehr, auch wenn ich ihn erst seit einigen Wochen kenne. Wahrscheinlich kam das daher, dass er immer so lieb zu mir war und über belanglose Sachen sprach. Jedoch achtete er dabei genau auf seine Umgebung um auch die kleinste Spur zu sehen.
Hin und wieder bekleidete er mich auch in den Wald und zu den Wölfen, obwohl er noch nicht wirkliche Freundschaft mit ihnen geschlossen hatte. Sie akzeptierte sie und er hatte Respekt vor den wilden Tieren.
Ich kam mir dabei ein wenig komisch vor, wenn ich mit Kyle in ihrer Mitte saß, mit der Leidwölfin zu meiner Seite und mich mit ihm vollkommen normal unterhielt. Diese Tiere waren wild und verhielten sich so ruhig. Manchmal, wenn ich sagte dass ich meine Ruhe bräuchte und sie sich dann etwas weiter weg zur Ruhe legten, dachte ich sie verstehen mich. Eigentlich sollte das unmöglich sein.
Wobei, seit einigen Tagen fühlte ich mich im Wald wohler als zu Hause und die Nacht war mir auch viel lieber als der Tag. Diesen Sinneswandel konnte ich nicht nachvollziehen, doch Kyle beruhigte mich dann immer wieder und meinte, das ich mich einfach sehr mit den Wölfen verbunden fühlte. Sie kamen in einer Zeit in der es mir schlecht ging und würden mir jetzt wichtig sein.
Deshalb mochte ich wohl auch die Dunkelheit und die Natur?
Wirklich damit anfreunden konnte ich mich noch nicht, aber vielleicht würde ich ja noch herausfinden was es damit auf sich hatte.

Ich wunderte mich ja, dennoch genoss ich die Zeit im Wald mit den Wölfen und auch mit Kyle, wenn er dabei war. Es war der einzige Ort, an dem ich nicht immer daran dachte was Sarah zugestoßen war, sondern ich konnte abschalten und zur Ruhe kommen, mich an die schönen Zeiten erinnern und hoffen das wir bald etwas finden würden, dass auf den Mörder hinweisen würde. folgt




Kapitel 5




Was soll ich nur tun, mit einem Opfer,
einer Beschreibung und einem Rudel Wölfe?
Wie soll ich den Täter nur finden?




Es war wieder einmal ein arbeitsreicher Tag und die Semesterferien waren auch vorbei. So saß ich nun im Hörsaal und versuchte den ersten Vorträgen meines Professors zu lauschen. Doch es viel mir sehr schwer, es stimmte etwas nicht. Ich war unruhig und hatte so ein komisches Gefühl in mir. Mit solchen Dingen kannte ich mich nicht aus, denn bisher war ich von irgendwelchen Vorahnungen befreit gewesen.
Kyle hatte mir erzählt, dass er so etwas regelmäßig hatte, vielleicht sollte ich ihn einfach mal fragen was dieses komische Gefühl zu bedeuten hatte. Jedoch glaubte ich weniger, dass ich zwischen meinen Lesungen genug Zeit hatte in anzurufen.

Erst nach dem ganzen Unterricht, kam ich dazu mein Handy zur Hand zu nehmen um Kyle anzurufen. Als ich jedoch die Uhrzeit sah, war mir sofort klar, dass ich ihn nicht erreichen würde. Seine Schicht würde in Kürze beginnen. Ich dachte nicht weiter darüber nach und begab mich zum Krankenhaus.
Als ich dann jedoch im Eingangsbereich stand, sah ich ihn mit einem Mädchen im Arm Richtung Behandlungsräume laufen.
Es kam mir vor als würde mein Herz in tausend Splitter zerspringen. Anscheinend mochte ich ihn doch mehr, wie ich gedacht hatte.
Naja, eigentlich war es ja nicht gerade schön, dass mein Herz so fühlte. Wir waren ja nicht einmal zusammen und manche Patienten mussten einfach gestützt werden. Da musste ich wohl noch einmal genauer darüber nachdenken.
Irgendwie tat es auf jeden Fall weh, Kyle so unverhofft mit einem Mädchen zu sehen und ich lief den beiden langsam hinterher.

Die beiden gingen um die Ecke und ich ließ mir ein wenig Zeit, ehe ich ihnen folgte. Doch genau in dem Moment, in dem ich um die Ecke lief, war Kyle anscheinend wieder auf dem Rück weg und wir liefen in einander.
„Alles in Ordnung?“, erklang seine tiefe Stimme.
Bei dem Zusammenstoß war ich gestolpert und saß nun auf dem Boden. Kyle sah mich an, dann bot er mir zugleich seine Hand an. Ich nahm sie dankend.
„Was machst du denn auf dem Boden? Da wirst du doch nur schmutzig. Hast du Dienst?“
Ich schüttelte nur den Kopf, denn zu mehr war ich gerade einfach nicht im Stande. Meine Gedanken arbeiteten von alleine einfach weiter und versuchten heraus zu finden, was ich für Kyle empfand. Es war erschreckend, ich kannte ihn nicht ein mal ein halbes Jahr und dachte schon über Gefühle nach.
„Ehm… Sorry. Nein ich hatte Schule. Eigentlich wollte ich zu dir… Nur… ich weiß nicht mehr warum. Ich sollte nach Hause gehen…“ Ja, ich gebe es zu, es ist eine Ausrede. Eigentlich musste ich nicht so dringend nach Hause, doch ich war verwirrt und wollte hier weg.
„Habe ich etwas angestellt? Du bist irgendwie so anders. …
Wollten wir uns nicht heute Abend treffen? Vielleicht ist die bis dahin wieder eingefallen, was du mich fragen wolltest.“ Er lächelte und das obwohl er anscheinend von meinem Verhalten verwirrt war. Das gefiel mir irgendwie. Kyle ließ sich kaum aus der Ruhe bringen.
„Nein… Ehm… Ich meine, heute Abend… klar, gerne…“
Er strich mir mit seiner Hand über die Wange. folgt




Wie sie da so vor mir stand. Volkommen verwirrt und ich glaube auch etwas ängstlich. Doch bei letzterem kann ich mich auch täuschen.
Ich verstand nicht ganz, warum sie auf einmal so abweisend war. Was hatte ich angestellt, dass sie so wurde und dann noch begann zu stottern und nach Wörtern zu suchen. Selbst meine Fragen konnte sie nicht wirklich beantworten. Ich kannte das nicht von ihr, denn normal war es ihr wichtig auf den Punkt zu kommen und keine Umwege zu gehen. Vielleicht hatte sie ja etwas über den Mörder ihrer besten Freundin herausgefunden, doch das würde ihr Verhalten mir gegenüber nicht erklären.
Hatte ich etwas falsch gemacht?

Als Elenia meine Frage nicht richtig beantwortete, fuhr ich ihm mit der Hand über die Wange. Warum genau, dass wusste ich nicht. Es war aus einem Impuls heraus.
Als sie ging, sah ich ihr hinterher und nahm mir fest vor, herauszufinden was gerade genau das Problem gewesen war. Ich hatte doch eine Nachricht für sie. Doch ich wollte nicht, dass sie so verwirrt war, wenn ich es ihr erzähle.
Immer noch ziemlich in Gedanken, nahm ich meine Arbeit wieder auf. Es war nicht ganz einfach, denn ich hatte vergessen, wo ich eigentlich hin wollte. So drehte ich mich um und ging zu der Patientin die ich gerade in ein Zimmer gebracht hatte.

Nachdem ich endlich Feierabend hatte, begab ich mich sofort nach Hause und versuchte Elenia zu erreichen. Sie ging jedoch nicht an ihr Handy. Also stand ich unter die Dusche und versuchte es danach noch einmal, doch auch jetzt war sie nicht zu erreichen. Ich entschloss mich, einfach bei ihr vorbei zu gehen. Dort angekommen, sagte mir ihre Mutter, dass Elenia heute noch gar nicht zu Hause gewesen war. Es verwunderte mich und ich ging in die Stadt. Vielleicht war sie ja wieder auf Spurensuche, doch auch hier fand ich sie nicht. Sollte ich mir jetzt Sorgen machen? Ich hatte noch eine Möglichkeit um nach ihr zu schauen. Hoffentlich fand ich sie dort.
Ich betrat den Wald, ging zur Lichtung und war erleichtert. Dort lag sie, inmitten ihrer Wölfe. Elenias Kopf ruhte auf dem Bauch der Leitwölfin und die jungen hatten es sich auf ihr bequem gemacht. Langsam schritt ich auf sie zu und erschrak als ich ihr Gesicht genauer sah.
Sie schlief und ihrem Augenwinkel konnte ich getrocknete Tränen erkennen. Die Stelle war leicht verkrustet. Ich fragte mich, was sie so traurig gemacht hatte und warum sie sich bei ihren Wölfen ausweinte.
Gerade als ich so nachdachte, kam die Sonne hinter der Wolkendecke hervor und schien direkt auf Elenia. Eine Strähne aus ihrem Zopf hatte sich gelöst und viel ihr ins Gesicht. Wie sie dort lag, sah sie wunderschön aus.
Ich fand Elenia schon immer hübsch. Doch dieser Anblick nahm mir den Atem, noch nie hatte ich sie so gesehen und dieser Moment stellte etwas mit meinem Herzen an. Ich konnte nur nicht genau deuten was genau da mit mir geschah.

Als ich vor ihr stand, ging ich etwas in die Hocke und genau in diesem Moment wachte Elenia auf. Sie sah mich verwirrt an und rieb sich gleich danach die Augen.
„Was machst du denn hier?“
„Ich habe versucht dich zu erreichen, dann hab ich dich gesucht und hier gefunden. Wir wollten uns doch heute Abend treffen.“
Sie nickte.
„Tut mir leid. Ich hatte das ganz vergessen und was ich im Krankenhaus von dir wollte weiß ich auch immer noch nicht.“
„Ok, das macht ja nichts. Dafür hab ich etwas für dich.“ Ich lächelte sie leicht an und sie nickte. Langsam befreite sie sich von den Jungtieren und stand auf. Wir setzten uns ein wenig abseits wieder hin. Dann sah sie mich fragend an.
„Ok, Ich hoffe, dir geht es besser wie heute Mittag.
Also, ich hab heute Morgen, als ich Joggen war stimmen gehört. Es war ein Mädchen, das kurz darauf schrie. Also rannte ich in die Richtung, aus der die Stimmen kamen und fand sie mit zerrissenen Klamotten. Anscheinend hatte der Mann, der ihr das angetan hatte, gehört dass jemand angerannt kam. Er war auf jeden Fall schon weg. Ich habe das Mädchen dann mit genommen und ihr Klamotten von mir gegeben. Zu meinem Schichtbeginn nahm ich sie dann mit ins Krankenhaus und auf einmal warst du da. Du warst so komisch, also wollte ich es dir nicht gleich sagen…“
Als nach einigen Minuten immer noch keine Antwort kam, sah ich sie an und konnte den gleichen verwirrten Blick von heute Mittag erkennen. Ich rückte etwas näher zu ihr und legte meine Hand auf ihren Arm.
Was hatte ich jetzt schon wieder angestellt?
Diese Frage stellte ich mir schon den ganzen Tag.
„Es tut mir leid Kyle. Ich hatte da vorhin etwas falsch verstanden und war wütend gewesen.“ Sie sah jetzt traurig aus.
„Hat sie den Mann beschreiben können?“ Ich nickte und ein zaghaftes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Das ähnelte der Elenia die ich kannte.




Ich fühlte mich so schlecht, nachdem ich Kyle mit einem anderen Mädchen gesehen hatte, dass ich mich daneben benahm und mich zu den Wölfen flüchtete. Als ich wach wurde und er vor mir kniete, erschrak ich, denn ich hatte ganz vergessen, dass wir uns heute Abend treffen wollten.
Dieses schlechte Gefühl, das ich den ganzen Tag hatte, war auch immer noch da und langsam hatte ich Angst, dass es mit Kyle zu tun hatte.
Wir setzten uns zusammen und er erzählte mir, was ihm heute geschehen war. Nun, was er mir erzählte war in zweierlei Hinsicht gut. Erstens, wir hatten wahrscheinlich eine Spur von Sarahs Mörder. Zweitens, er hatte wohl doch keine Freundin.
„War das dieses Mädchen, welches du im Krankenhaus gestützt hast? Kann man mit ihr reden?“
Das war gemein, ich versteckte meine eigentliche Frage hinter anderen. Ich konnte mir schon denken, dass er schon längst eine Beschreibung des Mannes hatte.
„Ja man kann mit ihr reden und es war das Mädchen. Warum warst du eigentlich heute Mittag so komisch?“
„Hmm… Reicht es dir, wenn ich sage, dass kindliches Denken an meiner Art schuld war?“
Er nickte und ich lächelte. Ich könnte ihm dafür einfach um den Hals fallen, doch ich hielt mich zurück. Ich würde Kyle nicht mehr so schnell hergeben. Klar er konnte Sarah nicht ersetzen, doch seine Art und das er bei mir war, half mir ihren Verlust zu verarbeiten. Wäre das Mädchen wirklich seine Freundin gewesen, hätte ich nicht gewusst was ich gemacht hätte.

Doch sie war nicht seine Freundin und er war hier, bei mir und vielleicht hatten wir eine Spur.
„Hast du mit ihr geredet? Wie sieht der Mann aus?“ Ich war mal wieder ungeduldig und Kyle lächelte seelenruhig. Wie konnte er mich nur so schmelzen lassen?
„Er ist groß, hat dunkle kurze Haare, grüne Augen und helle Haut. Details konnte sie mir keine nennen. Sie steht aber auch noch sehr unter Schock.“
Ich konnte mich nicht mehr halten, begann zu grinsen und fiel ihm um den Hals.
„Das kann schon reichen um endlich etwas oder jemanden zu finden. Du bist einfach der Beste!“ folgt




Kapitel 6



Kann ich Kyle lieben?
Gleichzeitig den Mörder hassen und Sandra nicht vergessen?
So viele Gefühle, die ich nicht sortieren kann…



“Nach der Arbeit verzog ich mich wieder in den Wald und war nicht gerade überrascht, als Kyle dort ebenfalls auftauchte. Kyle musste Überstunden machen und ich hatte Spätschicht. Bisher arbeitete ich nur um etwas Geld zu bekommen und Erfahrung im Umgang um Patienten zu bekommen. Jetzt war es deshalb schon spät am Abend.
Nach einiger Zeit, in der wir nebeneinander im Gras lagen, drehte ich mich so zur Seite, das ich ihn sehen konnte.
„Weißt du, wie wir ihn jetzt finden sollen?“
„Nun, es wird auf jeden Fall schwer. Ich hab mitbekommen, dass die Polizei eine Spur hat. In wie weit sie ihn jedoch schon gefunden haben, das weiß ich leider nicht. Ich glaube allerdings nicht, dass sie ihn bald schnappen werden. Er ist zu gerissen dafür.“ Kyle drehte sich zu mir.
„Wenn wir uns für kurze Zeit an die Polizei hängen, können wir ihn vielleicht finden.“
Ein hoffnungsvoller Blick sah für mich anders aus, dennoch musste ich lachen. Irgendwie hatten seine Augen etwas von einem Hundeblick.
„Ok, das machen wir. So und jetzt verrate mir mal, was du sonst noch von mir willst, dass du mich so anschaust?“
Jetzt lächelte er auch noch verlegen. Oh weh, ich hatte einen Nerv getroffen.
„Sag schon.“, stichelte ich.
„Na gut. Ich wollte dich einfach mal fragen, ob du mit mir essen gehen möchtest? Ich lade dich auf jeden Fall ein!“ Er setzte sich auf.
„Ähm….“, ich war verwirrt. Soll das eine Einladung zu einem Date sein?
„Na wenn das so ist, gerne!“ Weshalb genau ich zu sagte, dass wusste ich absolut nicht. Vielleicht wollte ich endlich herausfinden, was ich genau für ihn empfand. Lachend drehte ich mich wieder auf den Rücken und schaute gen Himmel.
„Ok, entspannen wir uns noch ein wenig und dann können wir ja gehen. Mein Auto steht am Waldrand.“
„WAS? Heute schon? Ich dachte du meinst in den nächsten Tagen. So wie ich heute durch die Gegend laufe, kann ich doch schlecht in ein Restaurant gehen!“
Heute war ich in der Uni, bevor ich arbeiten ging und hatte dementsprechende Kleidung an. Schwarze Hose mit unzähligen Bändeln und Fäden, ein Oberteil das nur aus einem Bandana und einer Bluse bestand, die nicht einmal vollständig zugeknöpft war. Mein Schmuck, ein Pentagramm und Ringe durften natürlich auch nicht fehlen. Viel Eyeliner, kräftiges blau und graue Kontaktlinsen rundeten mein Outfit ab. Damit wollte ich nicht essen gehen. Nicht weil es mich stören würde, sondern weil ich es eher wie ein Date ansah und dafür etwas eleganter aussehen wollte. Momentan war ich einfach nur bequem gekleidet.
„Ach was willst du denn? Du siehst doch super aus.“
Dazu wollte und konnte ich nichts sagen. So lagen wir noch eine Zeitlang einfach im Graß und sahen in den Himmel. Meine Wölfe hatten sich in den Wald zurückgezogen und ich überlegte mir gerade, was sie eigentlich den Tag über taten. Weit kam ich mit meinen Gedanken allerdings nicht, denn Kyle war aufgestanden und streckte mir seine Hand entgegen.
Ich nahm sie danken an und stand gerade, als Kyle auch schon davon rannte. Etwas verwirrt sah ich ihm hinterher. folgt



Als ich Elenia auf die Beine half, sah ich mich etwas um und erkannte am Waldrand eine Person. Er sah mich und blieb stehen. Augenblicklich rannte ich auf ihn zu und es begann eine Verfolgungsjagd. Es war Sarahs Mörder.
Ich wollte ihn erwischen und nicht wieder davon laufen lassen. Er hatte einem Mädchen weh getan und es aus ihrem Leben gerissen. So etwas war unverzeihlich.

Ich brach in den Wald ein und bemerkte zugleich die vielen kleinen Schnitte, die von den Ästchen verursacht wurden. Ich ließ mich aber davon nicht aufhalten und rannte dem Mann weiter hinter her. Mein Blick bohrte sich in seinen Rücken. Ständig drehte sich dieser Mistkerl um und sah verängstigt aus. Eigentlich war es ja unlogisch, aber vielleicht war er einfach ein guter Schauspieler. Ein Mörder, der Angst vor seinem Verfolger hatte.
Warum hatte ich gerade jetzt keinen Stock oder so etwas in der Art bei mir? Klar ich war in einem Wald, aber mich zu ducken und einen auf zu heben, würde Zeit kosten in der er den Abstand vergrößern konnte. Das wollte ich verhindern, also musste es anders gehen. Wenn ich endlich nah genug an ihn heran kommen würde.
Wir rannten und rannten, meine Lungen brannten schon, dennoch wollte ich nicht aufgeben. Meine Beine wurden schwerer und langsam bekam ich das Gefühl, das wir im Kreis rannten. Ich sprang über Wurzeln und Steine hinweg und dachte über meinen schmerzenden Körper nicht mehr nach. Der Mann war nicht ängstlich, er wusste was er tat. Er rannte im Kreis und nutzte dann meine schwindende Kraft, auch wenn es ihm nicht besser erging. Meine Konzentration lies nach und ich fixierte immer noch seinen Rücken. Was zu Folge hatte, dass ich nicht mehr richtig auf meinen Weg achtete und über eine größere Wurzel stolperte.
Mit dem Gesicht voraus landete ich der Länge nach auf dem Waldboden. Etwas ungeschickt richtete ich mich wieder auf und konnte den Mann nirgends mehr entdecken. Jetzt war mir auch klar was er vor hatte. So einfach konnte man einen wie mich austricksen. Fluchend trat ich meinen Rückweg zur Lichtung an.

Es dauerte auch nicht lange bis ich dort an kam. Als ich bei Elenia war, lies ich mich neben ihr ins Gras fallen und versuchte wieder richtig zu Atem zu kommen und meinen Körper zu entspannen. Ich hatte meine Augen geschlossen und konnte nur spüren wie sich neben mich setzte und mich betrachtete. Ich sah bestimmt nicht gut aus mit den ganzen Schnitten und mein Köchel fühlte sich auch nicht gerade gut an.
„Kyle was ist passiert?“ Ich sah sie an. Das Essen musste wohl verschoben werden.
„Entschuldige bitte. Dort war der Mörder von Sarah, ich hab ihn von den Beschreibungen her erkannt und ich wollte ihn unbedingt erwischen. Doch er hat mich ausgetrickst und dann kam die Wurzel und ich lag. Er entkam, leider.“
„Du siehst aus, als hätte der Typ dich verschlagen. Komm wir gehen zu mir, da kannst du duschen und das Essen verschieben wir einfach auf morgen. Ich bin erstaunt, dass du dir so etwas für jemanden, den du überhaupt nicht kanntest, antust.“ Sie stand auf und wartete bis ich es auch endlich geschafft hatte.
Wir gingen zu meinem Auto, allerdings musste ich Elenia fahren lassen, da ich meinen Fuß nun kaum noch bewegen konnte. Sie hatte ein paar kleinere Probleme sich mit meinem Auto an zu Freunden und ich hatte meinen Spaß. Jedoch packten wir es sicher bis vor ihr Haus und langsam folgte ich ihr dann nach oben. In Elenias Zimmer angekommen, kam ich mir etwas komisch vor. Ich war hier in einem unbekannten Gebiet, welches einem Mädchen gehörte, das mir wichtig war und wo ich nicht wusste wie weit meine Gefühle zu ihr gingen.
Ich ging also einfach duschen und genoss das Gefühl des warmen Wassers auf meiner Haut. Es brannte tierisch in den Schnitten, aber ich blieb stehen, bis der Schmerz verging. Als ich fertig war, begutachtete ich meinen Körper genauer. Die Schnitte würden schnell verheilen, mein Knöchel hingegen war rot und geschwollen. Damit würde ich eine Weile Probleme haben.
Ich zog mich an, rubbelte meine Haare trocken, legte das Handtuch um meine Schultern und begab mich in Elenias Zimmer.



Da saß ich nun vor meinem Computer und Kyle war in MEINEM Badezimmer. Das fühlte sich komisch an, klar waren wir gute Freunde und dennoch duschte er bei mir. Ich hatte mir mal geschworen, dass dies nur mein fester Freund durfte. Bei Kyle war ich mir nicht mal im Klaren, was ich eigentlich für ihn empfand.
Aber wenn ich so darüber nachdachte was er heute für mich getan hatte. Er kannte Sandra nicht, kannte mich gerade mal ein halbes Jahr und verfolgte trotzdem den Mörder meiner besten Freundin. Verletzte sich dabei und beschwerte sich absolut nicht. Wer würde das schon für ein Mädchen wie mich tun…
Meine Gedanken brachen ab, als Kyle das Zimmer betrat. Da stand er unsicher und verdammt verführerisch. Mein Blick wurde von den dunkelblauen schulterlangen Haaren angezogen. Kleine Tropfen bahnten sich ihren Weg zum Handtuch und ich verfolgte sie mit meinen Augen. Langsam kam er näher und bog dann zu meinem Sofa ab. Er setzte sich, legte seinen Fuß hoch und sah mich dann an.
Etwas ungeschickt stand ich von meinem Stuhl auf, nahm das Kühlpad mit und ging zu ihm. Setzte mich direkt neben seinen Fuß und legte vorsichtig den Kühlakku darauf. Dieses Schweigen machte mich fertig.
„Danke, dass du ihm hinterher gerannt bist. Eigentlich musst du das alles gar nicht für mich tun. Du hattest ja nichts mit Sandra zu tun.“ Ich sah zu Boden, denn mein schlechtes Gewissen plagte mich. Er hatte sich wegen mir verletzt.

Sanfte Finger berührten mein Kinn und ich war gezwungen, durch sanften Druck, auf zu schauen. Kyle war näher zu mir gerutscht und hatte seinen Fuß an mir vorbei geschoben, dann sah er mich an.
„Ich hab dir versprochen, zu helfen, während der Suche an deiner Seite zu stehen. Ich hasse es von Menschen zu wissen, die so etwas tun. Jemanden zu kennen, deren Freundin es wiederfahren ist und vor allem den Schmerz in deinen Augen zu sehen, den dieser Mann dorthin gebracht hat. Ich werde bestimmt nicht mein Versprechen brechen. Elenia, ich mag dich sehr, will diesen Schmerz in dir lindern und an deiner Seite stehen. Ich werde mich bestimmt nicht von einem verstauchten Knöchel aufhalten lassen und vor allem werde ich mein Versprechen dir gegenüber halten.“
Seine Finder glitten nach unten und streiften meinen Hals, während er die Hand weg nahm um sein Handtuch, welches immer noch im den Hals hing, weg zu legen. Ich zog bei seiner Berührung scharf die Luft ein. Irgendwie hatte sie elektrische Stöße durch meinen Körper gesandt.
Da ich nicht genau wusste was ich sagen sollte, ließ ich es einfach, lächelte ihn an und schaltete den Fernseher ein. Irgendwann an diesem Abend brachte meine Mutter noch etwas zum Essen hoch. Sie musste mitbekommen haben, dass wir zu weit nach oben gegangen waren. Aber ich fragte mich erst gar nicht wie, denn Mütter wussten immer alles. Egal was einen bedrückte.
Ich wachte zugedeckt in meinem Bett auf und wusste nur noch dass ich irgendwann auf dem Sofa eingeschlafen war. Umgezogen musste ich mich auch noch haben, denn ich lag in meinen Schlafsachen im Bett. Langsam kletterte ich aus meinem Bett und sah mich nach Kyle um. Als ich ihn entdeckte musste ich schmunzeln. Er lag zusammengerollt auf meinem Sofa, ohne Decken und die kleinen Kissen zu seinem großen zusammen gedrückt. Ich zog meine Bettdecke mit mir und legte sie über ihn, dann begab ich mich ins Bad. Nachdem ich geduscht hatte ging ich in die Küche und richtete ein Tablett mit mehreren Köstlichkeiten. Da ich nicht genau wusste, ob er Kaffee oder Tee trank, kochte ich einfach von beidem eine Kanne auf. Als ich fertig war, sah ich mich verwundert um. Normaler weiße waren meine Eltern schon auf und meine kleine Schwester rannte singend durchs Haus. Heute war jedoch alles Still und ich ging zum Küchenfenster um auf den Hof zu schauen. Das Auto war weg. Auf dem Rückweg entdeckte ich den Zettel. Darauf stand, dass sie mich nicht wecken wollten und zu meinen Großeltern gefahren sind.
Lächelnd stieg ich die Treppen zu meinem Zimmer empor und stellte das Frühstück auf den Tisch. Kyle sollte sich ruhig mal etwas ausschlafen. Das Essen konnte ja nicht weglaufen.
Bemüht keine großen Geräusche zu machen, setzte ich mich an meinen Computer und versuchte etwas herauszufinden. Kyle hatte mir ja ein Aussehen genannt und bei unserer heutigen Technik, konnte man ja nie wissen, was man alles im Internet fand.




Kapitel 7



Es braucht nicht ein Mal ein Wort von mir und ihr seid da.
Was bedeutet das? Seid ihr nicht eigentlich wild?




Vertieft in meine Unterlagen, bemerkte ich nicht ein Mal, dass meine Mutter Besuch und etwas zum Trinken nach oben gebracht hatte. Bald stand eine Klausur an und ich hatte mir die letzten Tage keine Zeit genommen um zu lernen.
Nach dem Kyle wach geworden war und ich am Computer verzweifelte, hatten wir etwas gegessen und waren dann in die Stadt gefahren. Ohne Erfolg allerdings.
Heute Morgen war ich dann gleich vor meine Manuskripte gesessen. Das war jetzt auch schon wieder fünf Stunden her und mein Kopf rauchte. Als meine Konzentration nach ließ, gab ich schließlich auf.
„Du schaust schon ziemlich süß aus wenn du lernst.“
Ich schrak so sehr zusammen, dass ich vom Stuhl flog.
„Wie kommst du denn hier rein?“ Ich rappelte mich wieder auf und sah nun Kyle an, der mir helfen wollte.
„Deine Mama war so lieb und hat mich herein gelassen.“
„Na toll, da will sie das ich lerne, kann aber nicht einmal Klopfen oder eben Bescheid sagen. Ahh …“
„He, ich hätte mich ja auch bemerkt bar machen können, aber wir wollten dich eben nicht stören. Du warst so vertieft. Jetzt ruh dich mal ein wenig aus, ich helfe dir dann nachher.“
Ich nickte, ging zu meinem Sofa und ließ mich darauf fallen. Entspannen und etwas schlafen wäre jetzt eine prima Idee. Doch das ging nicht, ich hatte Besuch.
„Was macht die Arbeit? Ist im Krankenhaus alles in Ordnung?“Kyle nickte.
„Eigentlich sollte ich ja lernen, bald sind meine Abschlussexamen. Doch ich kann mich nicht konzentrieren. Ein gewisser Gedanke lenkt mich immer wieder ab.“, er lächelte leicht, „Du schaust auch nicht gerade fit aus. Wie wäre es, wenn du etwas schläfst und währenddessen schau ich mir deine Themen an. So lern ich auch etwas und kann dir später helfen und ja keine Wiedersprüche!“
Ich sah ihn verblüfft an. Was das wohl für Gedanken waren, die ihn ablenkten?
„Ich kann doch nicht einfach schlafen, wenn ich besuch habe, außerdem ist noch so viel zu tun.
„Tu mir einfach den Gefallen und schlaf ein wenig. Du schaust vollkommen erschöpft aus.“ Ich nickte, stand auf und ging zu meinem Bett. Kyle war schon niedlich. Da muss er selbst eine Menge lernen, hat seine Gedanken und macht sich Sorgen um mich. Und dennoch hatte er recht, kaum lag ich auf meinem Bett, war ich auch schon eingeschlafen.
Ich träumte von meinen Wölfen und irgendwie gehorchten sie mir aufs Wort, eine Tatsache, die erstaunlich war, denn eigentlich waren es ja wilde Tiere. Normaler weiße kamen sie nicht mal auf einen zu, außer sie hatten Tollwut. Jedenfalls hatte ich selbst im Traum das starke Bedürfnis die Wölfe in meiner Umgebung zu haben.
Ich stand neben der Anführerin, besser gesagt der Rudelführerin, und streichelte ihr den Kopf. Im Rudel selbst vernahm ich ein Heulen.
Leider vermischte sich in diesem Moment mein Traum mit der Realität. Also konnte ich nicht klar denken und schon gar nicht herausfinden, woher aus dem Rudel, das Heulen kam. Eigentlich müssten die anderen auch darauf antworten, doch das war nicht der Fall.
Erst als Kyle an meinem Arm rüttelte, kam ich wieder zu mir und brauchte einen Moment, bis mir klar wurde, dass dieses einzelne Heulen gar nicht in meinem Traum vor kam. Ich stand auf, rannte zum Fenster und da stand sie.
In meinem Vorgarten. Sky, meine Leitwölfin.
„Ehm… Süße, ich weiß ja, dass du deine Wölfe magst, aber es ist sehr schwierig zu erklären warum einer in eurem Vorgarten steht. Du solltest sie zurückschicken.“
„Das weiß ich ja, doch ich weiß nicht einmal wieso sie hier ist. Wie soll ich sie denn bitte wieder zurück schicken?“
„Keine Ahnung Elenia. Wie wäre es wenn du es einfach mal…. Hmmm… ich würde sagen, Mental versuchst?“ Kyle musste sich ein Lächeln verkneifen. Doch vielleicht hatte er ja gar nicht so unrecht mit seiner Theorie.
>Sky, geh wieder zurück und sei vorsichtig, nicht das dich noch jemand entdeckt. Es ist hier alles in Ordnung!>
Als es ruhig wurde und ich sah wie Sky sich langsam zurück zog, war ich verwirrter als zuvor. Was hatte das zu bedeuten? Kyle schob mich sachte zum Sofa, wo ich sofort dankend Platz nahm.
„Bevor du jetzt mit irgendwelchen Gedanken darüber anfängst warum Sky hier war, kümmern wir uns erst einmal um unseren Mörder. Gehen wir ein wenig in die Stadt und hören uns um. Zieh dich an!“ Zum wiedersprechen hatte ich keine Zeit, denn er war schon halb die Treppen nach unten gelaufen

Ich gab es auf Kyle überhaupt wiedersprechen zu wollen, denn er hatte ja recht. Umso mehr Gedanken ich mir machte desto weniger war ich in der Lage mich um irgendwas zu kümmern und da ich bald eine Klausur schrieb musste ich mich konzentrieren. Dennoch fragte ich mich wieso Sky zu mir in den Garten kam.
So in meinen Gedanken lief ich neben Kyle her. Ich wusste, dass er versuchte ein Gespräch mit mir zu führen, doch ich nahm es nicht wahr. Nicht wirklich zumindest.
„Hey Elenia, komm zu dir!“ Kyle stellte sich direkt vor mich und ich lief gegen ihn.
„Entschuldige. Ich kann mich nicht wirklich abwenden von Sky. Ich versuche es, ehrlich...aber…“ Kyle nickte.
„Na gut, dann gehen wir jetzt einen Kaffee trinken. Vielleicht kommst du dann auf andere Gedanken. Schau da vorne ist gleich ein kleines Café.“
„Aber wir…“ Weiter kam ich nicht, denn er hatte mich an der Hand genommen und zu dem Laden gezogen. Gleich bestellte er einen Cappuccino und einen Latte Machiatto. Genau das was ich jetzt brauchte, einen schönen starken Latte. Während wir auf unsere Bestellung warteten, betrachtete ich das Profil des Mannes, der mich einfach mit zog und mir versuchte die Gedanken zu sortieren in dem er einfach etwas mit mir unternahm. So ganz spontan. Ach ja, wenn wir nicht einen Grund hätten hier in der Stadt zu sein, könnte es sogar ein wunderschönes Date werden. Doch irgendwie sollte es nicht sein.
„Kyle, wann ziehen wir den Schlussstrich bei der Verfolgung?“
„Das kann ich dir nicht sagen, aber wir werden auf jeden Fall noch nicht aufgeben. Es gibt da noch ein zwei Stellen, wo ich schauen möchte, denn ich hab da etwas im Polizeifunk mitbekommen?“ Ich nickte.
„Na also, dann haben wir ja noch die ein oder andere Chance und wer weiß, vielleicht erwischen wir ihn. Dann kannst du endlich wieder Ruhe finden, dich auf dein Studium und deine Wölfe konzentrieren.“
„Und du kannst auch wieder in Ruhe deiner Wege gehen.“, meine Stimme war leise, kaum hörbar. Kyle hatte aber sehr gute Ohren. Er sprang auf und setzte sich direkt neben mich, dann zwang er mich mit seinem Finger an meinem Kinn, ihn an zu sehen.
„Wirst du jetzt verrückt? Elenia, ich kenne dich kaum ein Jahr, aber meinst du im Ernst, dass ich alleine meiner Wege gehen werde? So ganz ohne dich? Ich bin froh, dass ich dich kennen lernen durfte. Im Ernst, meine Wege werden nur noch mit dir weiter gehen, solange ich kann, werde ich dich nicht mehr aus meinem Leben gehen lassen!“ Diese süßen Worte trieben mir die Tränen in die Augen. Ich hatte keine Ahnung, dass er mich wirklich mochte. Doch es erinnerte mich auch an Sarah, beste Freundinnen bis zum Lebensende…
Still begann ich zu weinen und nachdem Kyle mich erst verwirrt ansah, nahm er mich dann in den Arm und zog mich auf seinen Schoß. Es tat gut, von jemand in den Arm genommen zu werden, den ich mochte und bei dem ich mich wohlfühlte.
Nach kurzer Zeit hatte ich mich wieder beruhigt, genoss aber immer noch die Wärme, die Kyle ausstrahlte. Es war angenehm und gab mir das Gefühl, stark zu sein.
Irgendwie kam ich nicht von ihm weg, nachdem mein Latte Machiatto leer war, saß ich immer noch auf seinem Schoß.
„Elenia…“
„Oh, entschuldige. Ich bin bestimmt zu schwer.“ Ich sprang auf und wurde zugleich von Kyle festgehalten.
„Nein, das meinte ich nicht. Es war sogar… richtig… schön…. Ich meinte eher, dass wir unser Essen am Samstag machen könnten, hättest du da Zeit für mich?“ Als ich schüchtern nickte, lächelte Kyle verlegen. Diese Stimmung war irgendwie komisch.

Als ich abends endlich in mein Bett kam, war ich völlig erschöpft und schlief gleich ein. Vollkommen ausgeruht erwachte ich am nächsten Morgen. So tief hatte ich schon lange nicht mehr geschlafen. Dennoch kam mir etwas komisch vor. Ohne weitere Gedanken ging ich ins Bad und als ich nach unten in die Küche kam, sah mich meine Mutter entgeistert an.
„Mein Schatz, kannst du mir vielleicht erklären, was da in meinem Garten vor sich geht?“ Ich sah sie verwirrt an und ging zur Terrassentür. Draußen lag das ganze Rudel. Durch Gedankenkraft versuchte ich sie wieder zurück zu schicken, als es jedoch nicht klappte wusste ich auch keine Antwort auf die Frage meiner Mutter.
Ich rannte zum Telefon und rief Kyle an.




Fortsetzung folgt


Impressum

Texte: Cover designed by Nijura Ithil & Cyron Draugh. Alle Rechte von Text und Bild liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 19.11.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Danke an meine Freunde und meinen Schatz, denn sie geben mir die Kraft weiter zu schreiben.

Nächste Seite
Seite 1 /