Prolog
Im grauen Nebel des angehenden Morgen ging er davon. Es war kurz bevor man die Strahlen der Sonne sehen konnte. Er ging ohne Abschied, ließ mich einfach mit meinen Tränen der Verzweiflung stehen. Er war doch sonst auch nicht so, er ging niemals ohne sich zu versichern, dass es mir gut geht.
Doch heute wollte einfach nichts normal sein.
Ich blieb stehen, weinte leise vor mich hin und schaute ihm mit wachsender Sorge hinterher. Als die Sonne über dem Horizont sichtbar wurde, verschwand er aus meinem Blickfeld.
Ich brach mit Schmerzen in der Herzgegend und Tränen in den Augen zusammen.
Wie kann er mir das antun? Er soll sich doch nicht in Gefahr bringen, nur weil so ein paar Typen stress schieben. Es war einfach nur schrecklich für mich mit an zu sehen, wie er ging.
Keiner der Passanten beachtete mich und erst als die Sonne schon hoch stand und der Mittag klar voranrückte machte ich mich auf den Heimweg.
Kurz bevor ich das Haus betrat, drückte ich den kleinen Bär, den er mir geschenkt hatte. Ohne einen
Kommentar an meine Familie, verschwand ich in mein Zimmer, drehte die Musik auf und legte das Telefon in die Nähe meines Bettes.
Ich konnte einfach nicht anders, als an ihn zu denken. An seinen letzten Kuss, seine letzte Berührung und seinen letzten Blick. Ich lag in meinem Bett und wollte so schnell nichts mehr daran ändern. Meine Mutter, die von nichts eine Ahnung hatte, stresste dauernd wegen der lauten Musik, doch es interessierte mich nicht. Ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen, auch wenn mir meine Augen schon weh taten. Ich wusste das er wieder kommen würde und ich würde auf ihn warten, dass hatte ich ihm versprochen.
Es klopfte an meiner Tür, doch selbst meinem jüngeren Bruder, der mir so wichtig war und der mir immer half wann immer er konnte, wollte ich keinen Zutritt gewähren. Ich wollte einfach nur alleine sein, mit meinen Gedanken, dem Bild und meinen Tränen.
Ich wollte trauern, wie es verlassene taten.
Später, als ich aus meinem Zimmer lugte, sah ich eine große Tafel Schokolade. Ein Brief von meinem Bruder lag dabei und ich musste unwillkürlich lächeln. In dem Brief stand, dass er mich verstehen kann und dass ich mir doch nicht so viele Gedanken machen soll. Wenn ich so weit bin, soll ich zu ihm kommen und er redet dann mit mir oder lenkt mich ab. Was mir am liebsten war.
Sandro war einfach der Beste...
1.
5. Jahre später
„Sandra warte auf mich, kannst du mich mit nehmen?“ Ich stand schon am Auto und suchte meinen Schlüssel, als Siren mir das zu rief.
„Natürlich aber beeile dich ein wenig!“ Als ich den Schlüssel gefunden hatte, stieg ich ins Auto ein und ließ den Motor an. Siren kam angerannt und setzte sich mit schweren Atemzügen auf den Beifahrersitz. Leicht undeutlich meinte er nur: „ Du bist ein Schatz, danke dir.“
„Natürlich, deshalb komme ich auch gerne zu spät nach Hause und esse mein Mittagessen immer kalt.“ Der Sarkasmus stand mir ins Gesicht geschrieben.
Ich hatte schlechte Laune und wusste nicht warum, es war eigentlich nicht fair meinen Frust an Siren aus zu lassen, doch heute hatte ich mich einfach nicht unter Kontrolle.
Schweigend fuhren wir los und ich musste nun einmal mehr durch die Stadt fahren um meinen besten Freund bei sich zu Hause ab zu setzen. Ich hatte echt keine Ahnung was mit mir los ist, denn normaler weiße bin ich eine vorsichtige Autofahrerin. Doch heute ließ ich mich von streitenden Kindern auf dem Gehweg ablenken. Ich war nur für ein paar Sekunden unaufmerksam und schon schrie Siren als ich schon wieder auf die Straße schaute.
Ich legte eine Vollbremsung hin und hoffte, dass mir keiner auf die Stoßstange fuhr. Vor meinem Wagen war ein junger Mann aufgetaucht, den ich leider erwischte.
Zittrig stieg ich aus und ging zu ihm, er war bewusstlos. Siren sicherte die Unfallstelle, rief einen Krankenwagen und meinen Vater an, nahm mich in den Arm und wartete. Als der Krankenwagen endlich da war, wurde der Mann schnell untersucht und auf der Liege in den Wagen geschoben. Da er keine Papiere bei sich hatte, fuhr ich mit. Siren würde das mit dem Auto und meinem Vater schon irgendwie hin bekommen.
Im Krankenhaus gab ich in einem Trance Zustand meine Daten an und konnte nur noch warten. Zwischendurch schaute ein Arzt bei mir vorbei um sicher zu gehen, dass ich bei dem Unfall auch nichts ab bekommen hatte. Ich dachte viel nach und ein Gefühl sagte mir das ich mich um den Mann kümmern sollte. Ich war verantwortlich dafür, dass er hier war. Während ich mir Vorwürfe machte und nicht verstand warum mich Kinder ablenken konnten, kam mein Vater im Krankenhaus an und fragte an der Rezeption nach mir. Ich konnte ihn vom Warteraum aus sehen und war froh, dass er endlich da war.
Als er angerannt kam und mich in den Arm nahm, wich der Schock langsam und ich konnte nur noch zittern. Am liebsten hätte ich einfach nur geweint.
Ich erzählte meinem Vater kurz was geschehen war und er war erleichtert, dass mir dabei nichts passiert war. Solch ein wunderbarer Vater. Er setzte sich mit mir und ließ mich nicht los bis der Arzt kam.
Er sah nicht besonders erfreut aus, als er zu uns kam. „Miss und Mr. Canelas?“ Ich sprang auf und nickte, er deutete mir jedoch mich gleich wieder zu setzen und zog sich einen Stuhl heran.
„Sie sehen nicht gut aus, geht es ihm gut? Wird er überleben? Oh ich mach mir solche Sorgen.“, meine Stimme zitterte als ich das sagte.
„Bleiben Sie ruhig Miss Canelas. Sie brechen mir nur zusammen wenn Sie sich zu sehr hinein steigern. Ich kann Ihnen nachher auch etwas zur Beruhigung mit geben.
So und jetzt zu unserem Patienten. Das erste Problem ist, dass er keine Personalien bei sich trägt und wir die Polizei hin zu holen müssen. Ihm geht es aber soweit gut. Wir mussten ihn operieren und die Entscheidung treffen ihn in einem künstlichen Koma zu betreuen.
Er hatte innere Verletzungen die nicht von Ihrem Unfall kommen können, sie müssen schon vorher da gewesen und mindestens einen Tag alt sein. Mir ist es ein Rätsel wie ihm es gelingen konnte sich so lange auf den Füßen zu halten. Jedoch konnten wir das schlimmste verhindern und ihn so weit wieder zusammen flicken.
Er wird wieder gesund und sie haben nichts zu befürchten. Er hat sich bei dem Unfall allerhöchstens den Arm gebrochen.“
Der Bericht des Arztes war gut, auch wenn ich immer noch zitterte.
„Das ist… gut… Ich weiß nicht was ich machen soll. Wie lange wird er denn im Koma liegen und kann die Polizei herausfinden wer er ist? Ist das in Ordnung wenn ich mich so lange um ihn kümmere? Ich mache mir einfach solche Vorwürfe.“
„Miss Canelas beruhigen Sie sich etwas, dann werden die Vorwürfe auch nachlassen. Sie trifft nur eine Teilschuld und es ist ja nicht viel passiert. Er wird mindestens drei Wochen im Koma liegen und alles Weitere müssen wir einfach abwarten. Gehen Sie jetzt mit Ihrem Vater nach Hause und ruhen sich aus. Das ist jetzt das wichtigste und wenn Sie sich dann erholt haben, können Sie jeder Zeit kommen und nach ihm schauen. So wie Ihnen das am liebsten ist und natürlich werde ich Sie auf dem Laufenden halten. Einen erholsamen Abend wünsche ich Ihnen beiden.“
Ich lief schon vor, doch mein Vater unterhielt sich noch mit dem Arzt. Ich war froh im Auto zu sitzen, auch wenn mir einiges durch den Kopf ging.
Als wir in unseren Hof fuhren konnte ich statt meinem Auto nur Siren sehen, der wartete. Mama hatte ihn mal wieder nicht ins Haus gelassen. Ich war kaum ausgestiegen stand er auch schon da.
„Dein Auto ist in der Werkstatt und wird komplett gecheckt, es müsse Morgen fertig sein. Alles in Ordnung bei dir?“
Ich hatte ihn vor 4 Jahren kennen gelernt und wir hatten uns auf Anhieb verstanden. Seither standen wir jede Situation gemeinsam durch. Doch heute wollte ich einfach nur noch meine Ruhe. Ich hatte keine Lust zu reden. Meine Verlustgefühle von damals kehrten zurück und mir war ganz komisch. Das gefiel mir überhaupt nicht.
„Ja ich denke schon, die Ärzte konnten keine Verletzung feststellen. Ich stehe nur unter Schock. Danke wegen dem Auto.“
„Hmm… Süße ich kenne dich, du bist nicht in Ordnung. Du willst deine Ruhe und wärst jetzt lieber alleine. Stimmt’s?“, er legte den Kopf leicht schräg und schaute mich an. Mit seinen kurzen verwuscheltem schwarzen Haaren und den braunen Augen die mich durch seine Brille anschauten, sah er schon süß aus.
Ich war sehr dankbar dass ich ihn kennen gelernt hatte. Er wusste immer wann etwas angebracht war und wann nicht. So nickte ich nur und wunderte mich dennoch wie er mich in den 4 Jahren so gut kennen gelernt haben konnte.
„Gut süße dann sehen wir uns morgen und ruh dich aus. Außerdem weißt du ja, wenn etwas ist kannst du mich jeder Zeit erreichen.“ Ich konnte nichts sagen, nahm ihn einfach nur in den Arm, gab ihm einen Kuss auf die Wange und verzog mich in mein Zimmer. Kurz darauf ging meine Musik an und ich hatte endlich meine Ruhe.
2
„Guten Morgen mein Sonnenschein, es wird Zeit auf zu stehen.“ Es war die Stimme meines Vaters und so öffnete ich langsam meine Augen.
„Ich habe deinen Wecker ausgeschaltet und Siren gesagt, er soll dich in der Schule entschuldigen. Dein Auto steht wieder im Hof. Steh langsam auf, es gibt Frühstück.“
Anscheinend war ich wieder eingenickt, denn als ich diesmal erwachte, war mein Zimmer leer. Mein Vater ist einfach der Beste.
Meine Nacht war kurz gewesen und so quälte ich mich aus meinem Bett in den Morgenmantel. Als ich auf das Bild meines Nachtisches schaute kamen mir die Tränen. So lange war Kisten schon weg. Es wäre so schön ihn jetzt hier zu haben.
Ich atmete tief durch und zog meine Pantoffeln an. Langsam ging ich in die Küche, da ich meine Eltern reden hörte.
„Gehst du heute wieder ins Krankenhaus? Charles hat etwas gesagt und ging extra früh dein Auto holen.“ Da ich gerade in Gedanken war, schreckte ich bei der Stimme auf. Meine Mutter redete mit mir. Es kam sehr selten vor. Ich war ich erst einmal zu verwundert um zu antworten. Als Kisten vor fünf Jahren ging, begann meine Mutter komisch zu werden. Ich war für alles die Schuldige und bekam Ärger, wenn er nicht angebracht war. Ihre schlechte Laune ließ sie auch stets an mir aus. Egal was ich tat, selbst die besten Noten waren nicht gut genug. Am Anfang stellte ich sie immer zur reden, doch gab sie mir keine Antworten. Mittlerweile war ich einfach nur froh, wenn sie normal mit mir umging und was auch der Grund für ihr Verhalten ist, ich werde ihn wohl nie erfahren. Langsam löste ich mich aus meiner starre und antwortete ihr:
„Ja Mama, ich fühle mich verantwortlich für den jungen Mann. Er hat keine Papiere bei sich und die Polizei hat noch keine Angaben heraus gegeben. Anscheinend weiß sie auch nicht wer er ist. Irgendwie kommt er mir auch bekannt vor und deshalb hab ich mich bereit erklärt, mich um ihn zu kümmern bis er wieder aus dem Koma aufwacht.“ Ich wartete vergeblich auf eine Reaktion. Anscheinend hat sie mit keiner Antwort gerechnet, oder ihre Freundlichkeit ist schon wieder vorbei. Ihr Schweigen machte mich fertig. Ich verstand nicht, warum sie mich dann überhaupt anspricht, wenn sie kein Gespräch führen will.
So nahm ich mir etwas zu essen mit aufs Zimmer.
Ich hatte mich gerade angezogen und kam aus meinem Bad, als mein Bruder an der Tür klopfte. Er war die letzten Tage mit seiner Klasse weg gewesen und muss wohl heute von meinem Unfall erfahren haben. Er sah auf jeden Fall ziemlich besorgt aus.
„Hey ist alles klar bei dir? Hast du irgendwelche Verletzungen? Man, dich kann ich auch keine Woche alleine lassen, was?“
Mein kleiner Bruder, immer auf meiner Seite und stets besorgt um mich. Was sollte ich ohne ihn machen.
Er war gerade erst 17 Jahre alt und benahm sich als wär er der ältere. Mit seinen kurzen schwarzen Haaren und seinen blau-grünen Augen ist er ein Mädchentraum. Ihm laufen sie in Reihen hinter her und dann kommt er heim und spielt den besorgten großen Bruder, obwohl er doch der jüngere war. Das kann ja heiter werden. Dennoch lächelte ich.
„Du bist mir ein Kautz. Bist kaum daheim von deiner Klassenfahrt und denkst bestimmt noch an die vielen Mädchen die dich einfach nicht in Ruhe lassen können und sorgst dich so sehr um deine ältere Schwester. Doch ich kann dich beruhigen. Ich habe lediglich ein Trauma.“ Ich konnte es einfach nicht lassen ihn auf zu ziehen. Dabei weiß ich doch genau, dass er eine Freundin hat und ich die wichtigste Person in seinem Leben bin, da ich ja seine aller liebste und einzige Schwester bin.
Er hatte mir mal einen Vortrag gehalten, nach dem ich ihn so sehr aufgezogen hatte, dass er sauer wurde.
„Zu deinen Sticheleien sag ich jetzt einfach mal nicht. Du weißt wie ich denke und ja ich mache mir Sorgen um dich! Es freut mich das es dir gut geht.“ Er nahm mich in den Arm und verschwand wieder. Ja so war er eben, mein kleiner Bruder. Kurz nach dem er nach unten ging, war ich auch schon auf dem Weg ins Krankenhaus.
Dort betreute ich den Unbekannten und redete mit dem Arzt.
Drei Wochen später hatte sich immer noch nichts verändert. Meine Mutter wurde langsam sauer und mein Vater versuchte sie zu beruhigen, was die beiden immer wieder streiten ließ.
Leider war dies nichts Neues.
Ich ging immer direkt nach der Schule ins Krankenhaus und kam erst spät, meist nach dem Abendessen nach Hause. So auch heute wieder.
Während ich da saß und den Patienten betrachtete dachte ich an Kisten. Dieser junge Mann hatte eine verblüffende Ähnlichkeit mit meinem Kisten. Doch er konnte es nicht sein. Der junge Mann hatte lange, ich würde sagen fast schwarze Haare. Im Gegensatz zu Kisten, dessen Haare einen dunkel lila Ton hatten. Kisten trug auch niemals einen Bart.
Plötzlich und völlig unerwartet bewegte sich der junge Mann. Ich rief nach den Krankenschwestern und sie kamen mit dem Doc herein. Ich ging auf die Seite und verwirrte violette Augen schauten mich an.
Wenn er versuchte, etwas zu sagen, erstickten sich seine Worte sofort wieder. Es war der Sauerstoffschlauch, der es ihm das Reden schwer machte.
Sofort gab der Arzt seine Anweisungen.
„Gibt ihm Sauerstoff über die Nase und ganz wichtig ist Flüssigkeit. Hängt noch eine Infusion dran und verbindet seine Wunde neu! Am allerwichtigsten ist dann Ruhe!“ Die Krankenschwester begannen zu arbeiten und bevor ich auch nur zum reden ansetzen konnte meinte der Doc auch schon:
„Miss Canelas, Sie waren in letzter Zeit so eine große Hilfe, bleiben Sie doch bitte bei ihm, bis er richtig bei sich ist. Ich danke Ihnen.“ Somit verließ er den Raum. Verwirrt schaute der Mann sich um und begann panisch zu werden.
Ich ging zu ihm und setzte mich wieder in den Sessel, unternahm zunächst aber nichts.
„Sir, bitte bleiben Sie ruhig. Wir werden Ihnen den Schlauch ziehen, dann können sie auch reden.“ Er wurde einfach nicht ruhig.
„Madam, lassen Sie mich mit ihm reden.“ Sie nickte. Ich zwang ihn, mich anzuschauen und redete mit ruhigem aber bestimmtem Ton.
„Sir, Sie sind in einem Krankenhaus und in besten Händen. Beruhigen Sie sich und lassen sie die Schwestern ihre Arbeit tun, dann wird es ihnen auch besser gehen. Legen Sie sich wieder ganz ruhig hin und gedulden sich einen Moment.
Genau so, einfach ruhig liegen. Gleich ist alles vorbei.“ Ich nickte den Schwestern zu und man sah ihnen die Erleichterung an. Langsam begannen sie den Schlauch zu ziehen, eine neue Infusion anzuhängen und den Verband zu wechseln. Als alles erledigt war, atmete ich auf. Der junge Mann hatte die Augen geschlossen und während der Behandlung meine Hand gesucht.
Ich hatte die seine beruhigend gestreichelt.
Es wurde ruhig im Zimmer und langsam begann ich mir Gedanken zu machen. Ich wollte nicht hier sein, wenn er aufwachte. Doch anscheinend war es besser gewesen.
Ich sollte Ärztin werden. Nur müsste ich dann ein ganz neues Studium beginnen. Mit meiner Betriebswirtschaftslehre, würde ich da wohl nicht weit kommen.
Mir schossen weiter die Ideen durch den Kopf, als mich plötzlich eine Hand am Knie berührte. Ich schaute hoch und der Mann versuchte sich gerade aufzusetzen. „Aber nein, bleiben Sie bitte liegen. Sie brauchen die Ruhe noch!“ Ich war aufgestanden um ihn sanft wieder auf sein Bett zu drücken.
„Sie?“, seine Stimme war kratzig und schwer zu verstehen.
„Warum Sie? Bin ich denn nicht in deinem Alter?“ Es war ihm an zu sehen, wie sehr ihn das reden anstrengt, aber aufhören wollte er wohl auch nicht. Ich setzte mich wieder hin und schaute ihn verdutzt an.
„Ja, doch, eigentlich schon. Ich kann auch Du sagen, wenn es dir lieber ist.“ Er nickte.
Ich ging ohne ein weiteres Wort erst einmal raus. Ich machte mir sorgen, wenn er so locker mit mir redete, musste er mich kennen.
Ich hingegen hatte jedoch keine Ahnung wer dieser Mann ist.
Ich trank einen Kaffee und ging dann wieder zu ihm. Er schaute mich erwartungsvoll an.
„Kannst du mir erzählen, was passiert ist?“
Genau vor diesem Moment hatte ich mich gefürchtet. In der Hoffnung, dass meine Stimme ruhig blieb, begann ich zu erzählen.
„Ja, das kann ich machen, auch wenn es dir vielleicht nicht gefallen wird. Ich war auf dem Weg von der Schule nach Hause und habe einen Freund mit genommen. Da auf meiner eigentlichen Strecke eine Baustelle ist, bin ich durch die Stadt gefahren. Normalerweise fahre ich sehr vorsichtig, doch an diesem Tag haben mich ein paar Kinder, die sich gestritten haben, abgelenkt. Als ich einige Sekunden später wieder nach vorne schaute, standst du schon vor meinem Auto und ich konnte einfach nicht mehr rechtzeitig bremsen. Ich hab dich erwischt und da du das Bewusstsein verloren hattest, leistete ich erste Hilfe und mein Freund rief den Krankenwagen. Ich begleitete dich und der Arzt teilte mir mit, dass du schwere innere Verletzungen hast, die aber schon vor dem Unfall da gewesen sein mussten. Er musste dich in ein künstliches Koma versetzen und da wir nicht wissen wer du bist, habe ich mich bereit erklärt nach dir zu schauen.“ Als ich das ganze nochmal Bildlich durchlebte, begann ich zu zittern. Er nahm meine Hand und drückte sie leicht.
Es hatte etwas Beruhigendes.
Der Raum war still und nur seine noch etwas leichte raue Stimme brach diese nach einer Weile:
„Das habe ich mir Gedacht, als ich mich von meinem Schock erholt hatte. Ich war schon auf dem Weg ins Krankenhaus, aber ich habe meine Papiere zu Hause vergessen.
Der Arzt war da, als du draußen warst und weiß jetzt alles was er wissen muss. Du wirst dich auch noch an mich erinnern, da bin ich mir sicher. Vor allem tut es mir leid, dass ich dir so lange Sorgen bereitet habe. Jetzt kannst du wieder beruhigt gehen und schlafen, ich werde gesund und kann auch bald auf eine andere Station.“ Verwirrt schaute ich ihn an. Seine Stimme hatte sich wieder gefestigt und er redete mit einer Leichtigkeit, als würde er mich schon Jahre kennen. „Ach bevor ich es vergesse. Ich werde dich nicht anzeigen.
Ich bin selber schuld. Ich hatte es eilig und habe nicht auf den Verkehr geachtet.“ Ich konnte nur nicken.
„Tut mir leid, aber ich muss gehen. Ich bin ein wenig durcheinander und der Unfall hat seine Spuren hinterlassen.“
„Das ist aber schade, aber dein Freund erwartet dich bestimmt sehnsüchtig. Wirst du mich trotzdem weiterhin besuchen kommen?“ Seine Augen flehten mich an und hatten einen schmerzlichen Ausdruck. „Mein“, ich stockte, denkt er wirklich ich habe einen Freund?
„Ja es erwartet mich jemand, aber ich komme wieder vorbei. Bis dann.“ Ich ging ohne ihn noch einmal an zu schauen. Ich wollte einfach nur weg, doch gleichzeitig musste ich grinsen. Da dachte dieser unbekannte wirklich, dass ich einen Freund hatte.
3
Als ich am Auto ankam, sortierte ich erst einmal meine Gedanken, dann stieg ich ein und fuhr zu Siren. Ich brauchte ihm nicht Bescheid zu geben denn er wusste es instinktiv, dass ich zu ihm kommen würde und so stand er schon an der Haustür, als ich auf den Hof fuhr. Ich stieg aus und er nahm mich sofort in den Arm, als ich vor ihm stand. Meine Tränen, die mir in den Augen standen, konnte ich nicht mehr zurück halten. Er brachte mich in sein Zimmer.
„Süße du bereitest mir manchmal richtig Kopfschmerzen. Komm nimm die Tempo-Box und ich hol jetzt erst einmal Verpflegung.“
Fünf Minuten später stand er mit einem Tablett, dass eindeutig von seiner Mutter gerichtet wurde, wieder im Zimmer.
„Jetzt erzähle mir mal, was dich so bedrückt.“ Ich erzählte ihm von dem Krankenhausbesuch und was alles geschehen war und natürlich von meinen Gedanken. Wieder musste ich weinen und Siren setzte sich neben mich und nahm mich in den Arm. Ich war so dankbar für seine Nähe.
„Ich verstehe es einfach nicht“, ich schüttelte den Kopf, „seine Stimme ist wie die von Kist und überhaupt seine Art erinnert mich an ihn. Doch er sieht ganz anders aus. Er kennt mich, sagt mir aber nicht seinen Namen…“ Jetzt brach ich komplett zusammen. Die Erinnerung hat meinen Schutz, den ich mir die Jahre aufgebaut hatte, zerstört. Siren hielt mich die ganze Zeit über fest.
„Weißt du Süße, es sind Jahre her, seid Kisten gegangen ist. Wenn er es wirklich ist, dann erkennst du ihn nicht, weil die Zeit einen verändert. Er denkt wahrscheinlich einfach nur, dass du ihn vergessen hast. Lass die Zeit entscheiden, es wird sich alles aufklären.“
„Siren, wenn er es wirklich ist, warum denkt er dann ich habe einen Freund? Er müsste doch wissen, dass ich auf ihn warte, das ich die ganzen Jahre gelitten habe und immer noch leide.“ Ich konnte nicht mehr und so weinte ich einfach nur noch und lies mich von Siren hin legen und sanft über den Rücken streicheln.
Wir mussten beide eingeschlafen sein, denn Carry, Sirens Mutter weckte uns zum Abendessen. Ich hatte eigentlich keinen Hunger, doch jede Weigerung würde sie wütend machen und das wollte ich auf keinen Fall. Seid Carry mich kennt, war sie immer für mich da. Wenn ich mich wegen den Streitereien meiner Eltern zu Siren flüchtete, war es Carry gewesen die mich tröstend in den Arm hielt. Sie half mir bei Situationen, in denen meine Mutter versagt hatte.
„Kommt ihr zwei Schlafmützen. Es gibt essen und es ist schön dich mal wieder zu sehen Sandra. Ist alles in Ordnung zu Hause?“ Ich nickte nur und stand auf.
Nach dem Essen begab ich mich auf den Heimweg. Siren wollte mich nicht alleine fahren lassen, aber ich versicherte ihm mehrmals, dass ich langsam fahren werde und mich melde sobald ich in meinem Zimmer bin.
Als ich daheim ankam, dachte ich schon, dass meine Mutter nun total ausrasten würde. Ich kam mal wieder viel zu spät. Doch es war ruhig und so machte ich mich an meinem PC zu schaffen. Siren schrieb ich eine Nachricht und fügte noch hinzu, dass wir am nächsten Tag etwas unternehmen sollte.
Morgen ist Samstag und es würde nichts bringen, einfach nur da zu sitzen. Ich sollte weitermachen wie bisher. Siren hatte recht, es wird sich alles von selbst klären.
Am nächsten Morgen stand ich mit so guter Laune auf, dass ich einen Moment stehen blieb. Doch was sollte daran falsch sein.
Ich machte mich fertig, nahm von Mamas Kuchen und fuhr ins Krankenhaus.
Als ich ihn das Zimmer meines Unbekannten kam, war ich immer noch super gelaunt. Ich hoffte, das es sich nicht ändern würde.
„Guten Morgen. Ich habe Kuchen von meiner Mutter mit gebracht. Ich hoffe mal das du schon normale Sachen essen darfst.“
Ich wunderte mich, dass er keine Antwort gab, erkannte den Grund dafür aber als ich an seinem Bett stand. Seine Augen waren geschlossen.
Er sah schon niedlich aus, wie er da liegt und schläft. Ich setzte mich um ihm einfach so ein wenig Gesellschaft zu leisten. Doch kaum saß ich in dem unbequemen Sessel, der direkt neben seinem Bett stand, wachte er auf. Ich wollte etwas zu ihm sagen, doch er antwortete mir schon auf meine vorherige Aussage.
„Hallo. Ich hab das mit dem Kuchen gehört. Da kann ich doch nicht weiter schlafen. Endlich mal wieder etwas Gutes zum Essen. Das Krankenhausessen macht mich fertig. Es schmeckt einfach nicht.“ Ein freches Lächeln huschte über sein Gesicht. Es war zugleich ziemlich verführerisch. Als ich ihn dadurch genauer betrachtete und an seinen Augen hängen blieb, stockte mir der Atem.
„Was hast du den mit deinen Augen gemacht? Das ist ja ganz blau und angeschwollen.“ Er sah ziemlich beschämt aus und ich fragte mich, ob ich nicht etwas zu aufmerksam bin.
„Es kam jemand zu Besuch, der gestern mitbekommen hatte, dass ich wieder wach bin. Er kann mich nicht leiden. Er hat mir nach einer kleinen Auseinandersetzung eine mit der Faust verpasst. Der Arzt hat ihn dabei erwischt und ihn angezeigt.
Mein Auge wird in ein paar Tagen wieder verheilt sein.
Es gibt aber auch eine gute Nachricht. Ich werde morgen verlegt und kann endlich mal wieder richtig duschen und so.“
Ich musste da erst einmal hinter her kommen. Der Sprung von dem einen Thema zum anderen verwirrte mich ein wenig, aber dann dämmerte mir, was er gesagt hatte. Vielleicht würde ich morgen endlich heraus finden, wer er wirklich ist.
„Das ist echt super. Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so schnell erholen tust. Hier nimm dir ein Stück von dem Kuchen.“ Ich stellte ihn auf die Ablage seines Tisches am Bett. Dann lehnte ich mich zurück.
Zu gerne hätte ich gewusst wer er ist.
Auf seinem Gesicht spiegelten sich die verschiedensten Gefühle wider und ich wunderte mich. Nur zu gerne würde ich wissen was er gerade dachte. Kurze Zeit darauf, verließ ich ihn auch schon wieder.
Heute Abend wollte ich den Abend mit Siren und ein paar anderen Freunden einfach nur genießen. Wir gingen ins Kino. Der Film war klasse und ein wenig gruselig, aber ich kam auf andere Gedanken. Nach dem Film ging ich noch mit zu Siren und wir redeten bis spät in die Nacht hinein.
„Maus, du solltest ihn zu Rede stellen. Es kann ja nicht sein, dass er dir immer noch nicht seinen Namen gesagt hat. Vor allem benimmt er sich ja anscheinend so, als würde er dich lange kennen.“ Ich nickte. Er hatte recht, es wurde Zeit heraus zu finden wen ich da vor vier Wochen eigentlich angefahren hatte.
„Morgen, da ist er nicht mehr auf der Intensivstadion. Da werde ich mit ihm reden. Langsam nervt mich diese Ungewissheit. Danke Siren.“
„Immer wieder gerne. Wie wäre es mit einer Runde ~Mensch ärgere dich nicht~?“
Wir spielten die halbe Nacht durch und als ich nach Hause kam, musste ich auf Zehenspitzen in mein Zimmer schleichen. Wenn meine Mutter jetzt wach werden würde, könnte ich geradewegs wieder zu Siren. Ich verstand nicht, warum sie da immer noch so ein Problem hatte, immerhin war ich ja schon 20 Jahre alt.
4
Ich hatte nur wenig geschlafen, dennoch wachte ich bestens gelaunt auf. Ich war so entspannt wie schon lange nicht mehr. Doch dieses Gefühl hielt nicht lange. Ich stand schon auf der mittleren Stufe, als ich meine Eltern streiten hörte. Sofort trat ich den Rückweg an.
Als ich oben im Flur stand, musste ich an meinen Bruder denken. Ich ging zu seinem Zimmer und klopfte. Er kam heraus.
„Soll ich dich mit nehmen? Wenn ja, musst du mir nur sagen wo du hin möchtest. Ich muss hier weg, sonst dreh ich glaub ich durch.“ Ich redete etwas lauter, denn er hatte seine Musik auf gedreht.
„Oh ja, bitte. Du bist meine Rettung, Schwesterchen. Ich hab auch kein Bock mehr auf die Streitereien.“ Ich sagte ihm noch, dass wir in einer halben Stunde gehen und verzog mich wieder in mein Zimmer. Essen konnte ich auch unterwegs etwas. Ich ging ins Bad um mich an zu ziehen und mir die Zähne zu putzen. Meine Jeans mit der Bluse und den schwarzen Stiefeln sah einfach super aus, aber etwas fehlte. Ich schminkte mich noch ein wenig und war dann mit meiner Handtasche und den Autoschlüssel in der Hand, zufrieden mit mir.
Auf dem Flur kam mir Sandro entgegen.
„Kannst du mich beim Schwimmbad absetzen? Ich werde heute Nacht bei meiner Freundin schlafen. Ich hab einfach keine Lust mehr auf das ganze hier!“
Er sagte es laut genug, dass Mama es hören musste, als wir an der Küche vorbei gingen.
„Klar, keine Ursache. Sagst ihr dann einen lieben Gruß.
Ich glaube langsam, dass es sich nicht mehr ändern wird zwischen Mama und Papa. Seit 5 Jahren verhält sie sich komisch und er versucht uns immer in Schutz zu nehmen und uns zu unterstützen bei allem was wir machen. Ich weiß einfach nicht mehr wie das noch weiter gehen soll. Papa macht sich doch nur kaputt damit.“ Sandro antwortete mir nicht. Ich konnte ihn verstehen. Wir machten uns beide Sorgen um unseren Vater. Er stellt sich immer vor uns, um uns zu schützen. Ich frage mich, wie lange er es noch aushalten wird. Es ist einfach nur noch unangenehm, darüber zu reden oder darüber nach zu denken. Sandro leidet am meisten darunter. Er ist erst 17 und muss sich das alles an tun. Einerseits hoffte ich, dass sich unsere Eltern trennten und Papa sich erholen kann, aber auf der anderer Seite weiß ich auch nicht ob ich oder gerade Sandro es ertragen könnte.
Ich lieferte Sandro am Schwimmbad ab. Hoffentlich kann er sich bei seiner Freundin ein wenig erholen.
Mit trüben Gedanken fuhr ich ins Krankenhaus.
An der Information bat ich um die neue Zimmernummer meines Unbekannten und machte mich auf den Weg zu ihm. Irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl in der Magengegend.
Ich klopfte zögerlich an.
„Herein“, die Antwort kam schnell und ich überlegte mir, ob es nicht besser wäre einfach wieder zu gehen. Mit zittrigen Beinen wagte ich mich schließlich doch in das Zimmer.
Es war leer.
Wahrscheinlich war er noch im Bad.
Ich ging zum Fenster und mehrere Sachen gingen mir durch den Kopf. Ich kannte diese Stimme, aber es konnte einfach nicht sein, dass ich schon im Unterbewusstsein die ganze Zeit wusste, wer da vor mir liegt.
Ich schüttelte den Kopf.
Nein, das konnte nicht sein.
Ich sollte gehen, doch irgendetwas hielt mich hier.
Genau, es war Zeit, heraus zu finden wer er ist.
Ich blickte stur aus dem Fenster, auch dann noch, als der junge Mann neben mich trat. Ich war noch nicht bereit für die Wahrheit, auch wenn ich Siren versprochen hatte sie heraus zu finden.
„Schau mich an!
Erkennst du mich denn immer noch nicht?
Habe ich mich so sehr verändert?
Oder tust du mich so sehr hassen, dass du mich vergessen hast?
Ich könnte es verstehen, auch wenn es mich sehr verletzen würde.
Ich würde dann auch für immer aus deinem Leben verschwinden, wenn du das möchtest.“ Er sprach zögerlich und ich konnte das zittern seiner Stimme hören. Er versuchte es anscheinend zu unterdrücken.
Ich kannte diese Stimme, es war die Stimme, die ich liebte. Ich konnte mich nicht zu ihm drehen, ich wollte so sehr, dass er zurück gekommen ist. Doch was ist wenn er es nicht ist und sich nur die Stimme so anhört, was soll ich dann machen. Ich könnte es nicht noch länger ertragen ohne ihn zu sein. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und meine Nägel gruben sich in die Haut.
Ich wollte es wissen, also drehte ich mich ganz langsam zu ihm. Meine Beine drohten jeden Moment nach zu geben und als ich den Mann vor mir ansah, versagten sie mir komplett den Dienst. Ich sank auf den Boden.
„Du….Du…“, ich konnte nicht reden.
Ich atmete tief durch und lockerte meine Fäuste. Die Halbmonde, die sich durch meine Nägel gebildet hatten, begannen zu schmerzen.
„Kisten, bist… du… es…“, es ging definitiv nicht.
Der Mann der vor mit stand sah genauso aus wie Kisten, er hatte die gleiche Stimme und die gleichen Gesten. Wie konnte ich nur die ganze Zeit so blind sein, wo er doch vor mir lag.
Während des Komas wurde er nur notdürftig Gewaschen und den Bart, der vorher schon ein wenig vorhanden war, wurde dichter. Jetzt war er ja frisch geduscht, hatte sich rasiert und seine Haare wieder geschnitten. Damals, als ich ihn angefahren hatte, gingen seine Haare bis zu den Schulterblättern. Nun hatte er wieder den Schnitt, den ich so sehr liebte. Haare, die bis zu den Wangenknochen reichten. Die Farbe hatte sich allerdings verändert. Sie war dunkler geworden.
Kisten kniete sich vor mich.
„Ja der bin ich und ich bin froh, dass du dich erinnerst, aber was machst du mir denn für Sachen? Du kannst doch nicht einfach zusammen brechen. Hast du dich verletzt?“ Seine Stimme war einfühlsam und ruhig. Ich konnte immer noch nicht reden und warf mich stattdessen einfach in seine Arme. Weil er damit nicht rechnete, fiel er rückwärts gegen das Bett und blieb erst einmal sitzen.
Ich begann zu weinen.
„Beruhige dich Sandra, ich bin doch jetzt bei dir.“ Seine Stimme klang schon nicht mehr so fest. Er zog mich an sich und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren.
Sein Duft, so wunderbar. Ich hatte ihn so sehr vermisst.
„Als du mich damals einfach so stehen gelassen hast…
dachte ich du würdest… nie mehr zurück kommen…
dann bringe ich dich auch noch fast um, weil ich unvorsichtig bin… geh nicht mehr, lass mich bitte nicht mehr alleine…!“, es war das einigste was ich abgehackt sagen konnte. Ich klammerte mich an ihn.
„Beruhige dich, es ist doch alles wieder in Ordnung. Ich bin hier, bin einigermaßen Fit und halte dich endlich wieder in meinen Armen. Ich würde dich am liebsten auch nicht mehr los lassen. Doch das Bett in meinem Rücken hat mir nicht so gut getan und auch wenn ich wieder laufen kann, bin ich immer noch nicht richtig Gesund. Ich sollte mich wieder hinlegen. Komm steh auf.“ Ich löste mich von ihm und stand langsam auf.
Meine Beine trugen mich wieder.
Er ließ meine Hand nicht los und ich half ihm auf zu stehen und sich ins Bett zu legen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er meine Hand genommen hatte. Als er endlich richtig lag, zog er mich auf sein Bett und nahm mich wieder in den Arm. Lange Zeit lagen wir einfach nur so da.
„Weißt du, als ich aufgewacht bin und dein Gesicht gesehen habe, wusste ich, dass ich nicht mehr gehen kann. Ich wollte nur kurz in die Stad, aber ich bin froh, dass du mich erwischt hast.“ Er schluckte.
„Ich sollte noch nicht bei dir sein Sandra, ich bringe dich damit nur in Gefahr. Ich sollte wieder gehen. Doch ich kann nicht, du hast mir so sehr gefehlt. Als ich damals ging und du geweint hast, brach mir das Herz. Am liebsten wäre ich da geblieben, doch ich konnte nicht und kann eigentlich immer noch nicht. Ich will dich da nicht mit rein ziehen. Ach Sandra, was soll ich nur tun? Ich hoffe, dass ich deinen Schmerz irgendwann lindern, wenn nicht sogar heilen kann.“
Er zog mich fester an sich. Ich konnte seine Anspannung spüren und seine Sorge in der Stimme hören. Dennoch, egal was seine Probleme sein sollten, fünf Jahre sind genug.
„Bleibe bei mir. Geh nicht mehr weg. Meine Wunden werden heilen, aber was ist mit deinen Kisten? Was ist es, wo du hinein geraden bist? Was macht dir so Angst, dass du denkst, du könntest mich in Gefahr bringen? Erzähle mir deine Sorgen, ich will dich nicht mehr verlieren, ich will dir helfen, egal was es ist.“ Er Antwortete nicht und ich musste mich wohl zuerst damit zufrieden geben, dass ich ihn wieder hatte.
Es wurde langsam dunkel und ich wurde unruhig. Ich wusste, wenn ich heute wieder zu spät zum nach Hause kommen würde, könnte ich einen Streit mit meiner Mutter nicht verhindern.
„Ich muss gehen, sonst dreht meine Mutter durch.“
„Bleib noch, sie wird es schon verstehen.“
„Nein, Kisten. Meine Mutter ist nicht mehr so locker wie du sie kennen gelernt hast. Sie hat sich verändert, kurz nachdem du gingst. Ich komme morgen wieder.“
Ich strich ihm kurz über sein Haar und seine Lippen und ging, ehe er mir wiedersprechen konnte.
5
Ich kam mehr als pünktlich nach Hause und konnte die schlechte Laune meiner Mutter schon vor der Haustür spüren. Ich hatte den Streit von heute Morgen völlig vergessen.
Wäre ich doch nur bei Kisten geblieben.
Ich nahm all meinen Mut zusammen und betrat das Haus. Ich hatte noch nicht einmal meine Schuhe ausgezogen, da kam auch schon meine Mutter auf mich zu gerannt.
„Du wirst nicht mehr in dieses Krankenhaus gehen! Haben wir uns da verstanden?!“, schrie sie.
„Ich werde es nicht mehr dulden, dass du überhaupt nicht mehr zu Hause bist! Du kommst dauernd zu spät, interessierst dich nicht mehr für unser Familienleben und die Schule vernachlässigst du auch. Genauso wie dein Bruder. Du hast Hausarrest und das gleiche wird deinem Bruder blühen wenn er heim kommt.“ Ich konnte spüren, dass das noch nicht alles war.
„Mama STOPP! Jetzt hörst DU mir mal zu! Ich bin 20 Jahre alt und kann machen was ich will. Ich werde weiterhin ins Krankenhaus gehen ob es dir passt oder nicht, das interessiert mich wirklich nicht! Ich lass mir von DIR rein gar nichts mehr sagen!
Seid fünf Jahren benimmst du dich kein bisschen mehr wie eine Mutter, da sollen wir gerne daheim sein? Familienleben? Das haben wir nicht mehr, DU streitest dich doch am liebsten mit Papa und mir. Da wundert es mich auch nicht, dass sich Sandro verzieht! Lass ihn in Ruhe! Deinen Hausarrest kannst du dir sonst wohin schieben!“
Ich sprach ruhig aber mit bestimmendem Ton. Ich hatte die Nase gestrichen voll von ihr. Vor allem hatte ich keine Lust mehr wie ein kleines Kind behandelt zu werden. Ich ging an ihr vorbei, die Treppe hoch. Etwa in der Mitte blieb ich stehen und drehte mich um.
„Zu deiner Information: Kisten ist wieder in der Stadt. Er ist der junge Mann, den ich angefahren habe. Ich werde jetzt zu Siren gehen und auch bei ihm schlafen. Da wirst du heute nach wohl sehr alleine sein, in diesem großen Haus.“
Ich verschwand in mein Zimmer und atmete erst einmal tief durch. Diese Streits kosteten mich immer ziemlich viel Energie. Als ich wieder etwas ruhiger war, drehte ich meine Musik voll auf und dann begann ich zu packen. Schöner Goth-Rock begleitete mich. Auf keinen Fall könnte ich die Nacht im gleichen Haus wie meine Mutter verbringen. Sie hatte es zu weit getrieben. Langsam musste sie einsehen, dass ich alt genug bin um meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Als ich fertig gepackt hatte, schnappte ich mir mein Handy und schrieb Siren eine Nachricht.
Mit einer Tasche, meinem Laptop und einer guten CD bepackt, schloss ich meine und Sandros Tür ab. Ein Glück das wir die gleichen Schlüssel hatten und es nur zwei davon gab.
Ich verließ das Haus ohne ein weiteres Wort an meine Mutter. Nun war sie wirklich alleine, den Sandro blieb die Nacht weg und Papa würde vor den frühen Morgenstunden auch nicht nach Hause kommen.
Im Krankenhaus lag Kisten in seinem Bett und dachte nach. War es wirklich klug gewesen, dass er sich zu erkennen gegeben hatte? Er zog Sandra nur in böse Umfelder und zwangsläufig hätte sie auch mit den bösen Machenschaften zu tun. Er wollte sie nicht mehr verlieren, egal auf welche Art. Dennoch muss er sie in einiger Zeit wieder einmal zurück lassen um sie zu schützen.
Als ich bei Siren ankam, stand Carry, seine Mutter im Hof und erwartete mich. Immer wenn ich schrieb, dass ich Streit mit meiner Mutter hatte, war Carry es, die mich empfing und tröstete.
Sie nahm mich mit rein und stellte mir etwas zum Essen hin und war einfach für mich da.
„Was ist passiert Sandra?“
„Ach Carry, du kennst doch meine Mutter. Sie hat mich wieder angeschrien und sie meint immer noch, dass sie mir alles vorschreiben kann. Man ich bin doch kein kleines Kind mehr.“
Carry nickte und ich erzählte ihr was meine Mutter mir an den Kopf geworfen hatte und was ich darauf hin geantwortet hatte.
Carry saß neben mit und nahm mich in den Arm, als mir stille Tränen über die Wange liefen. Jedes Mal nahm mich ein Streit mit meiner Mutter so sehr mit und immer wieder tröstete mich Carry.
Früher war Helen, meine Mutter einmal anders. Sie war liebevoll, fürsorglich und hatte alle guten Eigenschaften einer Mutter. Hin und wieder war sie auch streng, wenn Sandro und ich etwas angestellt hatten. Doch ohne Grund hätte sie Früher nie geschrien.
Durch Carrys Umarmung, ihre Wärme und Nähe, waren meine Tränen schnell versiegt.
„Danke. Ich wüsste nicht, was ich ohne Dich machen würde.“
„Weißt du Sandra, in den vier Jahren in denen ich dich jetzt kenne, habe ich einiges über dich erfahren. Manchmal anscheinend mehr wie deine eigene Mutter. Du bist für mich wie meine Tochter. Wenn du möchtest kannst du auch gerne eine Weile bleiben. Ich richte dir ein Zimmer her. Platz genug haben wir ja.“
Ich war sprachlos. Es waren simple Worte, aber sie hatten doch eine solch große Bedeutung. Ich fiel ihr um den Hals.
„Carry… ich weiß gar nicht was ich sagen soll.“
Sie drückte mich kurz und nickte nur.
„Also, dann mach ich euch Snacks und richte dir morgen ein Zimmer her.“ Wir standen auf und sie schob mich aus dem Esszimmer in Richtung Treppe. Ohne großen Wiederstand lies ich es zu und ging zu Siren ins Zimmer.
Ich erzählte ihm von dem Gespräch mit seiner Mutter und er lächelte wissend.
„Jaja, Mama ist so eine. Sie mag dich eben. Schauen wir >The Covernement?“ Ich nickte und gemeinsam machten wir es uns auf dem Sofa bequem.
„Das mit Helen wird wieder, doch erzähl mal, wer ist denn jetzt unser netter unbekannter?“ Ach Mist, das hatte ich ja ganz vergessen.
„Hmm…“ Ich grinste ihn an.
„Es handelt sich um Kisten.“ Ich konnte einfach nicht mehr aufhören zu grinsen.
„Du musst ihn mir vorstellen. Ich will ihn unbedingt kennen lernen!“
„Wenn er entlassen wird, ok? Lass uns den Film schauen.“ Siren nahm mich in den Arm und ließ den Film abspielen. Der Film war nicht einmal in der Mitte, schlief ich auch schon ein. Der Tag war anstrengend gewesen.
6
Am nächsten Morgen wachte ich in Sirens Bett auf. Er hatte ein Doppeltbett. Von ihm selbst war jedoch nichts zu sehen. Ich setzte mich auf und zog die Decke mit mir. Keine fünf Minuten später stand Siren mit einem Tablett im Zimmer, auf welchem ganz viele Leckereien standen.
„Du bist ein Schatz!“ Er grinste.
„Ich weiß.“ Er kam zu mir und stellte das Tablett in die Mitte des Bettes.
„Siren, ich kann das Angebot deiner Mutter nicht annehmen. Ich kann doch nicht einfach hier einziehen und ich kann Sandro nicht einfach alleine lassen.“
„Sandra, tu es einfach. Meine Mutter mag dich. Gewinne Abstand von deiner Mutter und das mit Sandro bekommen wir auch hin. Mama wäre beleidigt, würdest du ihr Angebot ausschlagen.“ Ich nickte. Dann müsste ich Papa Bescheid sagen. Vor allem hieß es, ich müsste noch ein paar Sachen holen. Doch zuerst wollte ich Kisten sehen.
Zwei Stunden später war ich frisch geduscht
und bei bester Laune auf dem Weg ins Krankenhaus.
Ich stand vor seinem Zimmer, klopfte, holte tief Luft und trat ein. Das Zimmer war leer und etwas enttäuscht schritt ich zum Fenster. Plötzlich wurde ich von hinten gepackt. Ich konnte mich nicht mehr bewegen und hielt die Luft an. Ich wollte mich wehren, aber da ich mich ja nicht bewegen konnte, ging das schlecht.
„Das ist ja meine Zuckersüße Maus endlich. Ich habe sehnsüchtig auf dich gewartet. Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe, aber ich konnte es mir nicht verkneifen.“
Diese Stimme. Ich holte tief Luft um den kurzen Sauerstoffmangel aus zu gleichen.
Dieser Duft. So frisch, ähnlich wie Schnee. Dann lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich bekam Gänsehaut und das alles nur wegen eines Kusses in den Nacken. Ich hatte mir die Haare heute Morgen zu einem Pferdeschwanz gebunden. Er hatte den Weg also frei. Langsam drehte ich mich in seiner Umarmung um.
„Wie sehr ich das vermisst hatte. Deine Haare, so gebunden. Das wunderschöne helle lila deiner Haare und diese grünen Augen. Doch was trübt deine Augen, was ist passiert?“
„Ich hatte mal wieder Streit mit Mama. Sie wollte mir verbieten ins Krankenhaus zu gehen, dann hab ich ihr gesagt, dass ich trotzdem gehe und du wieder da bist. Dann hab ich meine Sachen genommen und bin zu meinem besten Freund gefahren.“
Kisten nahm mich in den Arm und hielt mich einfach nur fest. Zum Glück hatte ich zwei Wochen Schulferien. Ich könnte mich momentan nicht konzentrieren.
Ich genoss die Zeit mit Kisten. Wir gingen gemeinsam nach draußen und setzten uns auf eine Bank.
„Sandra, du musst bald gehen.“ Ich sah ihn geschockt an.
„Mich will nachher jemand besuchen und wir sind nicht gerade die besten Freunde. Ich möchte nicht, dass du gesehen wirst und dir dann etwas passiert.“
„DU verschwindest fünf Jahre, dann habe ich dich endlich wieder und jetzt willst DU mich nach nicht einmal zwei Stunden wieder weg schicken? Das kann nicht dein Ernst sein!“, während ich das sagte, war ich aufgestanden.
Ich wurde wütend, was fiel diesem Idioten eigentlich ein. Kisten stand auf.
„Kannst du denn nicht verstehen, dass ich mir lediglich Sorgen um dich mache? Ich weiß, dass derjenige, der später kommt, morden würde um zu bekommen, was er will. Bitte geh nachher einfach und komm erst morgen wieder. Ich möchte dich im Verborgenen wissen.“ Er klang verzweifelt und wollte mich in den Arm nehmen.
Ich ging einen Schritt nach hinten und wich seiner Hand aus. Ich wollte jetzt nicht von ihm berührt werden.
„Nein, ich kann und will dich nicht verstehen. Weißt du, damals hättest du dich nicht auf solche Typen eingelassen. Dann kam der Tag an dem du gingst, gerade wegen solchen Typen. Ich dachte es wäre alles vorbei, doch nun schickst du mich weg.“, meine Stimme war die ganze Zeit über ruhig gewesen, jetzt wurde sie energischer, „Wo bist du hinein geraten? Warum? Auf was genau hast du dich eigentlich eingelassen Kisten? Sage es mir!“
„Sandra, ich kann nicht, wenn ich es dir sage, wirst du den Tod finden müssen und das will ich nicht. Bitte zwinge mich nicht dazu.“ Er klang noch verzweifelter, aber es war mir egal. Ich war wütend und traurig zugleich.
Ich nahm meine Tasche, drehte mich um und ging ohne ein weiteres Wort. Ich wollte einfach nur weg.
Er wusste genau, dass egal was sie machen würde, er ihr nichts erzählen könnte. Seine Angst war zu groß.
Jetzt sah er sie gehen und ließ es zu. Er konnte es nicht, er konnte einfach nicht mehr heraus. Seine ganze Familie steckte in dieser Sekte und die letzten fünf Jahre, hatte er damit verbracht, einen Weg heraus zu finden. Leider musste er feststellen, dass es keinen gab.
Als Sandra so wütend war, dachte er sich: „Hasse mich, bitte hasse mich. Dann ist es wenigstens für dich einfacher.“ Sollte er mit ihr zusammen bleiben, würde diese Sekte Sandra als Druckmittel verwenden und solch ein Risiko wollte er nicht eingehen. Lieber brach ihm das Herz in tausend Splitter und Sandra hasste ihn, als das er sie mit rein ziehen würde.
Ich fuhr nach Hause und hatte alle Mühe mich auf den Verkehr zu konzentrieren. Heute würde mir die schlechte Laune meiner Mutter gerade recht kommen. Doch als ich zu Hause ankam, war das Haus leer. Ich hoffte nur, dass ich meine Wut nicht an Siren auslassen würde. Als ich bei Siren ankam, hatte sich zwar meine Wut noch nicht gelegt, aber ich hatte mich wieder unter Kontrolle.
Ich besuchte Kisten eine Woche nicht.
Was dachte er sich nur? Dachte er etwa, dass ich so einfach hinnehmen würde, dass er mit Leuten zu tun hatte, die morden würden? Nie im Leben, er muss sich früher oder später entscheiden.
Ich könnte mir die Haare raufen. Warum vertraute ich ihm nur einfach sofort. Klar, ich hatte ihm versprochen auf ihn zu warten, aber was brachte es mir, dass alles so sein sollte wie damals, wenn ich gar nicht wusste was er alles angestellt hatte.
Was ich allerdings auch nicht wusste, als ich bei der Familie Salvator auf der Terrasse saß, war das mein bester Freund sich mit Kisten traf und ihn im Krankenhaus abholte. Er wurde entlassen.
Ich war schon lange nicht mehr sauer auf ihn, aber dafür jetzt auf Siren, weil er alles einfach machte, ohne mir etwas zu sagen. Ich würde heute auf keinen von beiden zu gehen.
Siren ließ Kisten bei mir und verkroch sich in sein Zimmer. Was für ein Feigling.
Ich blieb auf der Liege und tat so, als hätte ich nicht mit bekommen, dass jemand nach draußen gekommen war. Ich hatte eine Sonnenbrille auf und meine Augen konnte man daher nicht sehen.
„Sandra?“, er klang vorsichtig und schüchtern, „es tut mir leid.“ Ich wartete, doch es kam keine Erklärung. Langsam setzte ich mich auf und nahm die Brille herunter. Dann sah ich ihn an.
„Du weißt, dass ich sie annehmen werde und trotzdem kann ich dich nicht verstehen. Ich bin kein kleines Kind mehr, Kisten. Vielleicht könnte ich mit dem, was du tust klar kommen, aber dazu müsstest du mit mir reden.“ Er schütelte nur den Kopf. Es sah so aus, als würde er mit sich ringen, aber ich konnte mich auch täuschen.
Tatsächlich rang er mit sich, aber nein, niemals würde sie das erfahren. Er hatte zu viel erlebt und zu viel Mist gebaut. Seine Familie kam durch die Spielschulden seines Vaters in die Sekte und das nur gemeinsam, weil seine Mutter immer auf der Seite des Vaters stand. Seine Familie musste hart arbeiten um die Schulden weg zu bekommen und manchmal kam es zu Schlägereien. Doch das war noch nicht alles, es konnte auch zu einem Blutbad kommen. Nein! Niemals würde er zulassen, dass seine geliebte Sandra sich damit auseinander setzen muss.
“Sandra!“, es war Carry. Kisten zuckte ersichtlich zusammen. Leider konnte ich ihn nicht fragen warum, denn Carry drückte mir schon das Telefon in die Hand.
„Es ist dein Vater.“ Ich war irritiert, normal rief er mich nie bei Freunden an.
„Ja, was ist los Papa? … Nein!... Ja, ich komme sofort, lass ihn nicht aus den Augen!“ Ich gab Carry das Telefon, rannte rein, schnappte meine Schlüssel und war schon auf dem Weg zum Auto. Kisten folgte mir.
„Was ist los Sandra?“ Ich stieg ins Auto und er beeilte sich, es mir gleich zu tun.
Verkehrsregeln interessierten mich nicht, ich wollte einfach nur nach Hause, zu meinem Bruder.
Ich parkte mein Auto inmitten unseres großen Hofes und rannte ins Haus, die Treppe rauf und blieb erst im Zimmer meines Bruders wieder stehen.
Er sah bleich aus. Langsam und schwer atmend, ging ich zu ihm und setzte mich neben ihn auf sein Bett. Er sah mich an.
„Was machst du denn für Sachen? Ich kann dich auch keinen Moment aus den Augen lassen.“ Mir liefen die Tränen die Wange hinunter und er wollte seine Hand heben um sie mir weg zu wischen, doch er war zu schwach. Ich legte mich zu ihm, nahm ihn in den Arm und weinte an seiner Schulter.
Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als mich jemand an der Schulter berührte. Es war Kisten und Sandro war eingeschlafen. Ich stand auf und ging mit ihm ins Wohnzimmer hinunter. Hinter mir schloss ich die Tür.
Dort, auf dem Sofa, saß meine Mutter. Die Hände lagen auf ihren Beinen und der Kopf hing nach unten. Sie weinte nicht, sah nicht traurig aus, sondern einfach nur kaputt. Bei diesem Anblick konnte ich mich nicht mehr beherrschen.
„Hast du es jetzt endlich geschafft? Hast du endlich erreicht, was du wolltest? Dein Sohn schneidet sich die Pulsadern auf und du verschwendest nicht eine Träne! Warum solltest du auch, wir sind doch eh nur Ballast, der dir nur Schwierigkeiten bereitet!“
Sie sah mich nicht an und in ihren Augen erkannte ich nur die Leere, bis sie Kisten sah. Ihre Augen sowie ihr Stimme tropften nun nur so vor Hass.
„Du bist schuld an allem. Wegen Dir ist meine Familie kaputt! Verlasse sofort mein Haus!“ Ich kam mit meiner Antwort Kisten zu vor, der schon zum sprechen angesetzt hatte.
„Wenn du das so siehst Mama, dass du mir nicht einmal Antwort gibst und Kisten beschuldigst. Er wird gehen, aber mit Sandro und mir.“ Ich sah erst Papa und dann Kisten an und beide nickten zustimmend. Gemeinsam brachten wir Sandro mit ein paar Klamotten in mein Auto und dann war ich auch schon wieder auf dem Weg zu Siren.
Erst als wir auf dem Hof standen und Kisten meinen Bruder in die Obhut von Carry und Siren gab, gestattete ich mir tief durch zu atmen. Kisten kam zu mir, half mir aus dem Auto und stand vor mir. Ich krallte mich an ihm fest und weinte. Es tat so gut seine Wärme zu spüren.
7
Es dauerte vier Wochen bis mein Bruder und ich wieder genug Energie gesammelt hatten um nach Hause zu gehen.
Sandro hatte mir erzählt, dass seine Freundin Schluss gemacht hatte und dass der Stress zu Hause zu viel für ihn wurde. Alles zusammen hat ihn dann dazu gebracht, nicht mehr leben zu wollen.
Ich fragte ihn, warum seine Freundin ihn verlassen hatte, doch er wusste selber keinen genauen Grund. Ich nahm ihm das Versprechen ab, dass er egal zu welcher Zeit, zu mir kommt und nicht wieder solche Gedanken zulässt.
2. Wochen später:
Das BWL-Studium war für mich eine Qual, auch wenn Kisten wieder da war und mich diese Situation glücklich stimmte, ließ mich der Tag an dem ich meinen Bruder so bleich in seinem Bett liegen sah nicht mehr los. Ich hatte meiner Mutter schlimme Vorhaltungen gemacht, aber ich konnte ihr Verhalten einfach nicht verstehen. Zuvor hätte sie so etwas niemals zu gelassen. Es wäre niemals überhaupt so weit gekommen. Ich bekam dadurch Alpträume und wachte schreiend in den Armen von Kisten auf. Er brauchten meistens Stunden um mich wieder zu beruhigen und so bekamen wir beide kaum Schlaf. Meine Mutter konnte nichts mehr gegen Kistens Anwesenheit sagen, denn ich ließ mir von ihr nichts mehr vorschreiben. Zu irgendwelchen Streitereien kam es erst gar nicht mehr, da ich ihr jedes Mal sofort über den Mund fuhr und sie somit ausbremste. Es tat mir in der Seele weh, sie so zu behandeln, doch in den letzten viereinhalb Jahren war sie mit uns, ihren Kindern, auch nicht anders umgegangen.
Mein Vater wusste etwas, dies war mir jetzt klar. Warum sonst hätte er sich immer auf unsere Seite stellen sollen? Langsam wollte ich wissen was meine Mutter zu verbergen hatte, ansonsten müsste ich wohl doch den Entschluss fassen und ausziehen. Einfach um mein eigenes Wohl zu sichern und besser für meinen Bruder da sein zu können.
Vor allem könnte ich mein Studium schmeißen, wenn ich mich nicht wieder voll dahinter setzen würde. Mit der Situation zu Hause konnte ich es einfach nicht.
Nach einem anstrengenden Tag fuhr ich nach Hause und war froh, als das Haus leer war. Ich ging in mein Zimmer, schmiss meine Tasche in die Ecke und ließ mich auf mein Bett fallen. Wie schön weich es doch war.
Mein Kopf begann von selbst zu arbeiten. Langsam bekam ich den Verdacht, dass an der ganzen Situation die Momentan herrscht etwas faul ist. Kisten war ja schon immer lieb und fürsorglich, doch seid er wieder da ist überhäuft er mich gerade zu mit Geschenken und wollte ständig mit mir alleine oder mit Siren zusammen weg. Er nahm sich richtig viel Zeit für mich, eine Tatsache, die er selbst früher nicht gemacht hatte. Es kam mir komisch vor, aber irgendetwas übersah ich, nur kam ich nicht darauf was es sein könnte. Es lag vor mir, war zum greifen nah und doch verlor ich es immer wieder.
Ich streckte mich etwas und bekam meine Fernbedienung zu fassen, schaltete meine Anlage ein und stellte eine bestimme CD ein. Leise orchesterklänge von David Garrett drangen zu mir herüber. Ich drehte etwas lauter, denn mit dieser Musik konnte ich nach einem anstrengenden Schultag am besten zur Ruhe kommen. Die Töne der Geige schläferten mich ein und es tat richtig gut einen traumlosen Schlaf zu haben.
Als ich dann ein paar Stunden später wieder aufwachte bemerkte ich meinen knurrenden Magen. Langsam stand ich auf, ging zu meiner Anlage, drehte die Musik leiser und begab mich in die Küche.
Unsere Küchenzeile lag abseits von der Tür, sodass man sie nur sehen konnte, wenn man von Wohnzimmer kam. Die Tür von der Küche ins Wohnzimmer war auch nur angelehnt.
Ich nahm mir Brettchen, Messer, Brot und Wurst zur Hand um mir dann ein Brot zu schmieren. Ich biss gerade genüsslich rein, als die Haustür aufgeschlossen wurde und ich mir zwei sehr vertraute Stimmen vernahm. An meinem noch nicht gekauten Essen verschluckte ich mich als mir klar wurde, dass meine Mutter und Kisten sich unterhielten. Das konnte kaum möglich sein. Sie hatte ihn vor etwas mehr wie einem Monat noch aus dem Haus schmeißen wollen.
Ich verhielt mich ruhig, damit sie nicht merkten, dass ich in der Küche war.
„Wie hast du es herausgefunden?“, die Stimme meiner Mutter klang bedrückt.
„Nun, liebe Hellen, es war nicht sonderlich schwer. Du bestiehlst deinen Mann, schleichst dich nachts aus dem Haus und kommst erst in den frühen Morgenstunden wieder.
Du bist Spielsüchtig, hast Schulden und steckst deshalb in der gleichen Sekte wie meine Familie. Ein weiterer Grund, warum es mir ein leichtes war herauszufinden, warum du so komisch bist. Weshalb hast du anfangen zu spielen? Das war doch nicht erst, nachdem ich Sandra verlassen hatte, oder?“ Die Stimme von Kisten war ruhig, so wie ich sie kannte. Doch was ich bei diesem Gespräch erfuhr nahm mir den Appetit und die Lust jemals noch ein einziges Wort mit den beiden zu wechseln. Dennoch blieb ich erst einmal wo ich war. Was war der Grund für Mutters Spielsucht.
„Da gab es eine Zeit in der mein Mann und ich nur Probleme mit einander hatten und ich meinen Job verlor. Etwas, dass meine Kinder nicht mal wissen. Ich flüchtete und da war die Spielhalle. Als mein Geld nicht mehr ausreichte, nahm ich Geld von meinem Mann und mein schlechtes Gewissen gab mir eine gereizte Stimmung. Das du auf einmal weg warst und ich mich nicht mehr unter Kontrolle hatte, das war reiner Zufall. Es hatte nichts mit dir zu tun. Mein Mann bekam schnell heraus was mit mir los war und wir stritten uns noch mehr, dieses Mal aber hauptsächlich wegen der Kinder. Nun, irgendwann traf ich deinen Vater in der Spielhalle und er zeigte mir den Weg wie ich meine Schulden vor der Familie geheim halten konnte. Er brachte mich in diese Sekte und von ihm weiß ich auch, dass du genauso mit den schrecklichen Leuten zu tun hast. Deshalb wollte ich dich auch raus schmeißen. Wenn ich meine Tochter auch mies behandle, so jemanden wie dich hat sie nicht verdient. Siren, der wäre der Richtige.“
Es hörte sich an, als hätten die beiden sich auf das Sofa gesetzt und ich musste aufpassen, dass ich nicht zusammen brach. Das eben gehörte machte mich fertig. Wegen einer Sekte hatte Kisten mich verlassen und deshalb war meine Mutter so mies zu mir und Sandro. Das konnte ich einfach nicht glauben.
„Ach ja, so ist das also. Mein schmieriger Vater reist weitere Familien in den Abgrund. Als hätte ihm seine eigene nicht schon gereicht.
Helen, du kannst da noch raus. Für dich ist es noch nicht zu spät. Ich habe leider keine Chance mehr, denn meine ganze Familie hängt mit drin und dann lassen sie keinen einzelnen aussteigen…“
Alles was weiter besprochen wurde, konnte ich nicht mehr hören. Ich hatte mich in mein Zimmer geschlichen. Wann wollte Kisten mir sagen, dass er in einer Sekte ist, oder sollte ich das denn überhaupt nicht mit bekommen. Sollte ich denn jemals erfahren, was die beiden angestellt hatten?
Ich war geschockt, wütend und traurig zu gleich. Ich fragte mich ständig ob ich nur ein Mittel zum Zweck für Kisten war, oder ob er mich wirklich Liebte.
Nach nicht einmal zehn Minuten hielt ich es zu Hause nicht mehr aus. Ich wollte weg und wusste auch genau, wohin ich gehen würde. Auf jeden Fall müsste ich Kisten zur Rede stellen. Doch erst mussten meine Gefühle unter Kontrolle gebracht werden. Ich schnappte mir meine Handtasche und einen Mantel und verließ auf leisen Sohlen das Haus.
Ich hörte die beiden noch über irgendeine Krankheit reden, aber es war mir egal. Ich wollte gar nicht wissen, was sie sonst noch zu bereden hatten.
Im Auto musste ich erst einmal tief durchatmen, ehe ich fahren konnte. Meine Wut übernahm zwar die Kontrolle über meine Gefühle, dennoch standen mir Tränen in den Augen.
Als ich dann bei Siren ankam, hatte ich auf jeden Fall der Polizei ein schönes Bild von mir hinterlassen. Ich hatte den Blitzer vollkommen vergessen.
Ich kam immer noch voller Wut bei Siren im Zimmer an und erzählte ihm erst mal was ich daheim belauscht hatte. Er war die Ruhe selbst und nahm mich selbst dann noch in den Arm, als ich voller Wut mit meinen Fäusten auf ihn einschlug.
„Süße du musst ihn zur Rede stellen. Erst danach können wir das mit deiner Mutter angehen. Denn ich denke, dass die Beziehung zu ihm lange nicht so wichtig ist, wie die zu deiner Mutter.“ Siren war sauer auf Kisten, dass konnte ich an seiner Stimme hören, denn sie zitterte etwas. Dennoch blieb er für mich sachlich und ruhig. Etwas, das ich an ihm schon immer bewundert hatte. Er zog mich zu seinem Bett und wir legten uns hin. Die ganze Zeit über behielt er mich im Arm. Das konnte ich jetzt echt gebrauchen.
Ich war mir mehr als bewusst, dass ich Kisten bald zur Rede stellen müsste. Dennoch viel es mir schwer, mich von der wunderbaren Umarmung zu lösen. Siren gab mir gerade die Nähe und Wärme, die ich die ganze Zeit über bei Kisten und meiner Mutter vermisst hatte. Jetzt wusste ich, was mir komisch vor gekommen war. Kisten überhäufte mich zwar mit Geschenken und Zuneigung. Dennoch hatte er die ganze Zeit eine gewisse Distanz gewahrt und mir die Wärme, die sich zwei liebende schenken, nicht gegeben. Es war nie etwas Besonderes in seinen Umarmungen gewesen. Anders war es jetzt bei Siren. Er umfing mich zärtlich mit seinen Armen und hatte dennoch eine gewisse Kraft darin, die mich beruhigte und mir Stärke schenkte. Ich wusste, dass ich nach der Konfrontation mit Kisten wieder zu Siren zurück kehren würde.
Ich war noch nicht ein mal zwei Stunden von zu Hause weg, als auch schon mein Telefon klingelte. Als ich auf dem Display den Namen von Kisten las, wollte ich gar nicht erst dran gehen. Erst als Siren mich an stupste nahm ich ab.
„Ja?.... Ich bin bei Siren…. Ja, er ist eben mein bester Freund und du warst nicht da…. Wie wär es wenn wir uns im Park treffen? Ich möchte mit dir reden… Ok dann in zehn Minuten…Bis dann…“
„Das hast du gut gemacht Süße und jetzt geh, auch wenn es dir schwer fällt. Ich geb dir meinen Schlüssel mit, dann kannst du später herein kommen. Mama hat Nachtschicht, da wäre es schlecht wenn du klingelst.“
Ich nickte, stand auf, nahm den Schlüssel und meine Tasche und begab mich zum nahe gelegenen Park. Ich ging die Strecke zu Fuß, denn ich würde nachher bestimmt den Weg an der frischen Luft benötigen um nicht ganz durcheinander bei Siren wieder an zu kommen.
Im Park angekommen, sah ich Kisten schon auf einer Parkbank sitzen. Er sprang auf als er mich sah und kam auf mich zu. In seinem Gesicht konnte ich Sorge sehen und das zu recht, den die hatte er sich jetzt wirklich zu machen.
8
Ich zeigte ihm das wir uns hinsetzen sollten und ich setzte mich so, dass ich ihn ansehen konnte.
„Was ist los Sandra? Ist etwas passiert?“
„Nun, zuerst einmal wüsste ich gerne, seit wann du dich denn wieder so gut mit meiner Mutter verstehst.“
Sein Blick verriet mir alles. Er war bedauernd.
„Keine Sorge. Ich habe mitbekommen warum sie so ist, wieso sie so ist und das Streit zwischen ihr und Papa mit Schuld daran ist und das dein Vater auch seine Finger im Spiel hat. Ich weiß auch…“
Er unterbrach mich.
„Sandra, das stimmt so nicht. Bitte, vergiss es einfach, deiner Mama wird es bald wieder besser gehen. Bestimmt. Sie ist krank, aber vielleicht kann man sie noch heilen, das habe ich ihr gesagt.“
„Kisten nein, ich werde es nicht vergessen. Meine Mutter hat Schulden, ist Spielsüchtig und steckt in einer Sekte genauso wie DU!“ Ich sprach energischer, aber meine Stimme wurde noch nicht lauter. Meine Kontrolle überraschte mich.
„Davon redest du, dann hast du gar nicht alles mit bekommen. Nun gut. Ich bin in einer Sekte, aber das ist nicht schlimm. Es waren andere Gründe, weshalb ich damals gehen musste…“
„Klar doch, deshalb darf ich jetzt auch nicht dabei sein, wenn dich jemand besucht. Sei ehrlich, du wolltest mir niemals davon erzählen oder? Du wolltest nicht das ich erfahre, dass ich dir vollkommen egal bin und nur ein Mittel zum Zwecke!“
„Nein, das stimmt nicht. Ich liebe dich immer noch, aber… Nein ich kann dir nichts erzählen.“
„Ja du kannst nichts erzählen. Wie immer das große Geheimnis von Kisten! Weißt du was, ich fühle mich benutzt und verarscht. Nicht einmal jetzt, wo ich schon weiß dass du einer Sekte angehörst, kannst du ehrlich zu mir sein! NEIN du redest dich heraus oder schweigst einfach! DU liebst MICH? Soll ich es dir wirklich glauben? DU überhäufst mich mit Geschenken, wirklichen ernst kann ich dahinter aber nicht erkennen. DU bist nicht mehr der Kisten in den ich mich verliebt habe!“
Ich stand auf. Ich konnte es nicht, warum hatte ich ihm vertraut, wenn er sich jetzt wieder heraus redet. Mir waren seine Gründe nicht egal, aber ich konnte mich hier auch nicht richtig streiten. Es würde mir zu sehr weh tun.
„Sandra bitte, steigere dich nicht hinein. Es ist doch alles gar nicht so schlimm wie du das denkst. Es kann sich alles ändern. Deine Mama wird wieder gesund und dann hast du wieder dein normales Leben.“
Ich sah ihn an und konnte nicht glauben was ich da hörte, er redete nur von meiner Mutter. Es geht in Wirklichkeit gar nicht um uns. Es kam mir so vor, als wollte er darüber nicht mehr reden.
Meine Stimme wurde gefährlich ruhig.
„Du redest fast nur von meiner Mutter. Eine Erklärung, weshalb du in dieser Sekte bist und das du wieder austrittst bekomme ich gar nicht. Sag mal, kann das sein, dass du gar nicht die Absicht hast, aus diesem Mist auszusteigen? Willst du mich etwa schon wieder sitzen lassen? Soll ich schon wieder Jahre auf dich warten? Wie stellst du dir das eigentlich vor?“
Er hatte mir die ganze Zeit nicht in die Augen gesehen und eine Antwort auf meine Fragen bekam ich auch nicht. Er sah zur Seite.
„Ich danke dir! Deine Reaktion gerade, gibt mir jede Antwort die ich benötige! GEH! Ich will dich nicht mehr sehen, du hast mich doch die ganze Zeit nur belogen und mir etwas vorgespielt! Wie soll ich dir glauben, ob deine Gefühle zu mir jemals echt waren? Solltest du es jemals aus diesem Teufelskreis heraus schaffen, kannst du darauf gehen, dass ICH nicht auf dich gewartet habe!“, schrie ich. Jetzt war der Damm gebrochen und ich war sauer. Wie konnte ich ihm jemals vertrauen, wenn er mir jetzt ohne irgendeine Erklärung, geschweige denn ein Wort, das Herz brach.
Ich sah ihm noch einmal in die Augen als er es endlich schaffte mich an zu sehen. Ich konnte darin nicht lesen. Ihr Ausdruck war kalt und ohne jedes Gefühl.
Ich bemerkte wie mir die Tränen in die Augen schossen, bevor er es bemerken konnte, drehte ich mich um und lief davon. Weit kam ich jedoch nicht, denn mein Arm wurde gepackt und dann wurde ich herum gedreht und ich fand mich in einer festen Umarmung wieder. Sie glich einem Abschied, der eine ungewisse Länge hatte.
„Es tut mir leid Sandra. Du hast ein normales Leben verdient.“, erklang die Stimme von Kisten. Es lag reue darin.
Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und lies mich frei. Dann sah er mich noch einmal an und drehte sich weg. Ich verstand das Ganze nicht und war jetzt mehr durcheinander, als wütend. Langsam ging ich rückwärts und drehte mich dann um. Es war zum Glück ein bisschen, bis ich wieder bei Siren ankommen würde.
Da saß er nun und musste zu sehen, wie die Liebe seines Lebens immer mehr in Rage kam. Sie war wütend und das konnte er mehr als nur gut verstehen. Er selbst war ja derjenige gewesen, der Schuld daran hatte. Wie konnte er nur so unvorsichtig sein und nicht vorher in jedes Zimmer sehen, bevor er mit ihrer Mutter spricht. Nein, sie hatte alles mit bekommen und auch wenn er es versuchte, leugnen konnte er dennoch nicht, dass er dieser Sekte, die Schulden versteckt und ihre Mitglieder zu den unmöglichsten Sachen zwingt, angehört. Er war ein Straftäter und so jemand hatte Sandra auf keinen Fall verdient. Es war schon schlimm genug, dass sie wusste, dass er in so ein Milieu geraten war, aber was genau es damit auf sich hatte, würde sie nur in Gefahr bringen. Er hätte niemals zurück kommen dürfen, dennoch hatte er es getan und hoffte innig das Sandra ihn hasste. So müsste nur er leiden. Sie hatte Recht, mit allem was sie sagte. Kisten würde wieder gehen, und zwar schon bald. Dann würde er ihre Mutter da herausholen und hoffen dass sie ihre Krankheit, die sich jetzt bemerkbar gemacht hatte, wieder geheilt werden konnte. Danach wäre er mit dieser Stadt fertig und würde für immer verschwinden. Weit weg um Sandras Wege nicht noch einmal zu kreuzen. Er liebte sie, das war wahr und er würde diese Liebe mit ins Grab nehmen.
Als ich bei Siren vor dem Haus stand musste ich erst einmal tief Luft holen. Der Streit mit Kisten hatte mich mitgenommen und verletzt. Ich wusste nicht ganz was ich davon halten sollte, dass er mich anscheinend liebte, aber mir dennoch kein Vertrauen entgegenbrachte. Er hielt mich aus allem heraus und wird bald wieder verschwinden. Dieses Mal vielleicht sogar für immer.
Ich kramte den Hausschlüssel aus meiner Tasche, schloss auf und zog meine Schuhe aus, denn ich wollte Carry nicht wecken. Auf leisen Sohlen schlich ich mich nach oben und klopfte bei Siren an. Er antwortete nicht. Nach ein paar Minuten ging ich einfach rein.
Niemand war da.
Ich zog meinen Mantel aus und legte ihn zusammen mit meiner Tasche auf sein Sofa, dann lies ich mich auf sein Bett fallen und beobachtete die Decke. Es gab da nichts zu sehen, denn sie war weiß und hatte keine Muster, aber ich brauchte einen Punkt auf den ich mich konzentrieren konnte.
Die Zeit verging, wie viel Minuten oder Stunden, konnte ich nicht sagen. Ich achtete nicht darauf, denn meine Gedanken schweiften immer wieder zu Kisten.
Die Zimmertür von Siren öffnete und schloss sich wieder, dennoch blieb ich liegen.
„Na süße, was ist passiert, dass du so vollkommen lustlos auf meinem Bett liegst und die hässliche Decke anstarrst?“
Langsam setzte ich mich auf und bekam große Augen. So hatte ich Siren in den ganzen vier Jahren noch nicht gesehen. Er stand nur mit einem Handtuch um die Hüfte vor mir. Meine Blicke wanderten von seinen Füßen zu seinem Gesicht und wieder zurück. Er hatte einen erstaunlichen Waschbrettbauch und war auch sonst sehr muskulös gebaut. Das hatte man unter seinen Klamotten nie richtig gesehen.
„Sandra?“ Sirens Stimme lies mich zusammen zucken.
„Entschuldige. Ich hab ihn zur Rede gestellt und er ist mir ausgewichen und letztendlich wäre es wieder darauf hinaus gelaufen, dass er mich ein weiteres Mal hätte sitzen lassen. Ich bin Single, fühl mich scheiße und allein und frage mich ob der Kerl mich jemals wirklich geliebt hat.“
Haselnussbraune Augen sahen mich mitleidig an, aber ich wollte kein Mitleid, sondern nur die Nähe eines Freundes.
Als hätte er es gewusst, verschwand der Ausdruck aus seinen Augen und er setzte sich neben mich. Anscheinend hatte Siren kein Problem damit, dass eine falsche Bewegung alles zeigen würde.
Ich lerne dich immer etwas Neues über ihn.
„Ganz ehrlich. Er hat dich nicht verdient. Er hat sich in irgendeinen Mist mit rein ziehen lassen und dich lässt er jahrelang leiden. Dann taucht er wieder auf nur um dich wieder allein zu lassen. Er hat deine Liebe nicht verdient. Vergesse ihn so gut es dir möglich ist. Kisten wird nicht mehr zurück kommen. Das hat er jetzt ja bewiesen. Wenn er kommt, gibt es nur Ärger und Schmerzen, das muss nicht sein und ich will meine Süße nicht noch einmal so leiden sehen, wie es in den nächsten Tagen der Fall sein wird. Kisten kann froh sein, wenn er mir nicht mehr über den Weg läuft!“
Er fuhr mir mit seinen Fingern über eine Wange und ich konnte das Duschgel riechen, welches er verwendet hatte. Also stand er unter der Dusche, als ich zurück gekommen war. Ich schloss für einen Moment die Augen und genoss die Wärme seiner Hand.
Dann entfernte sie sich und ich sah Siren an. Er lächelte leicht und stand auf. Sein Handtuch saß immer noch perfekt auf seiner Hüfte. Ich fragte mich wie er das anstellte.
„Sag mal, machst du eigentlich irgendeinen Sport?“
Wie mir die Frage in den Sinn kam, hatte ich keine Ahnung, ich wusste nur, dass es mich aus unerklärlichen Gründen interessierte.
„Ja ich gehe mindestens drei Mal die Woche ins Studio und Trainiere. Wieso?“
„Ähm… Nur so.“ Ich lächelte.
Siren ging zu seinem Kleiderschrank und zog ein T-Shirt und eine Jogginghose heraus, dann sah er mich an.
„Schade das es nicht warm ist.“
„Wieso denn das?“
„Na, draußen steht ein Pool und wenn warm wär, könnten wir schwimmen gehen. Das wäre Sport und Ablenkung zugleich. Was sollen wir jetzt machen? Hast du Hunger?“ Ich schüttelte den Kopf. Seine Idee war ja lieb gemeint, aber nicht einmal schwimmen hätte mich von Kisten ablenken können. Zumal ich nicht einmal meinen Bikini dabei hatte.
Siren verschwand im Bad und ich machte es mir auf dem Bett bequem. Vorher war ich mit den Füßen noch auf dem Boden. Jetzt richtete ich mir die Kissen so hin, dass ich mich an die Wand lehnen konnte.
Als Siren zurück kam, setzte er sich neben mich und nahm mich in den Arm, beruhigend strich er mir über die Haare und hin und wieder massierte er mir leicht meinen Nacken. Ich hatte in der Zeit, die er im Bad verbracht hatte, zu weinen begonnen. Die Wut war verschwunden und zurück blieb nur die Trauer.
Ich nahm Sirens Wärme in mich auf und genoss seine Umarmung, sowie seinen Duft. Frisch geduscht und mit Aftershave eingerieben roch er einfach fantastisch.
Irgendwann schliefen wir ein. Er hatte seine Arme um mich gelegt und ich lag mit meinem Oberkörper auf ihm drauf.
Kisten wartete bis Sandra außer Sichtweite war und begab sich dann zu ihr nach Hause. Er wusste genau, dass er sie dort nicht antreffen würde. Mit Sicherheit war sie wieder zu ihrem besten Freund gegangen, von dem Kisten wusste, dass er mehr als Freundschaft empfand. Bestimmt würde Siren sie besser behandeln. Wobei er sie ja nicht schlecht behandelt hatte. Er war gegangen und hatte sie im Unklaren gelassen weshalb.
„So etwas nennt man doch Notlüge oder?“, murmelte er vor sich hin.
Bei Sandra zu Hause angekommen, erklärte er ihrer Mutter was passiert war und dass er all die Verantwortung von ihr und die Schulden auf sich nehmen würde, so dass sie aus der Sekte raus kommt und sich vollkommen um ihre Familie kümmern konnte. Direkt danach ging er hoch um seine Sachen zu holen. Er hatte keinen Wiederspruch von Hellen geduldet und so verschwand er ein weiteres Mal ohne zurück zu blicken und ohne das Vorhaben, jemals zurück zu kehren.
9
Die letzte Nacht hatte ich sehr unruhig geschlafen. Siren hatte mich immer wieder in den Arm genommen und beruhigt. Jedes Mal hatte er dabei meinen Kopf und Nacken gestreichelt. Hin und wieder hatte er auch etwas genuschelt, doch ich konnte nie verstehen was genau er da eigentlich sagte. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wusste ich nicht mehr, dass ich ihn danach fragen wollte.
Wieder brachte Siren mir das Essen ans Bett, doch dieses Mal hatte er das Tablett selbst gerichtet und es schmeckte köstlich. Meine Laune hob sich etwas, nur um von dem Gedanken an meine Mutter wieder in den Keller zu sinken.
„Soll ich nachher mit kommen und oben in deinen Zimmer warten, während du mit deiner Mama redest?“
Ich nickte, dankbar dafür, dass ich ihn nicht fragen musste.
Drei Stunden später:
Siren und ich saßen noch immer in meinem Auto vor dem Haus meiner Eltern. Ich zitterte und wollte einfach keine Konfrontation mit meiner Mutter. Er berührte mich leicht am Arm und bedeutete mir aus zu steigen. Ich tat es.
„Wenn du dich noch länger dagegen wehren tust, wird es nicht besser. Wir gehen rein, ich warte oben und du redest mit ihr. Du wirst sehen, sie ist ganz ruhig und es verläuft auch alles bestens.“
Wieder nickte ich. Es war nicht meine Art keine Antwort zu geben, aber ich hatte nicht die Kraft dazu zu reden.
Siren legte mir eine Hand in den Rücken und schob mich mit sanftem Druck zur Haustür. Ich wollte das Ganze nicht, aber ich wusste, dass es wichtig war. Ich liebte meine Mutter und ich musste mich mit ihr aussöhnen.
Ich drehte mich ruckartig um und umarmte Siren.
„Du bist der beste, weißt du das? Ich bin so froh dass ich dich habe! Danke, dass du mir bei allem beistehst!“ Ich gab ihm einen Kuss, wieso ich das genau mache, wusste ich nicht. Siren hingegen war zwar erstaunt, aber er erwiderte meine Umarmung und den Kuss.
Danach ging ich mit hoch erhobenem Haupt ins Haus und blieb erst im Wohnzimmer wieder stehen. Ich konnte hören, wie Siren in mein Zimmer ging.
Zögerlich setzte ich mich auf den Sessel gegenüber von meiner Mutter. Wir hatten ein breites Sofa, das um die Ecke ging und gegenüber standen zwei Sessel.
Ich fragte mich kurz, woher ich überhaupt wusste, dass sie zu Hause war, aber dann dachte ich, dass es egal sei.
„Sandra, es tut mir alles so leid. Ich wollte nicht, dass es so weit kommt…“
„Mama, ich… Warum? Was ist passiert? Warum musstest du uns so behandeln? Warum hast du nichts gesagt? Wir hätten dir doch helfen können…“, meine Stimme schwankte und ich verfluchte mich für meine Schwäche. Doch Meine Mutter sollte ruhig merken, dass mich dieses Gespräch nicht kalt lassen würde.
In ihrer Stimme schwang reue mit, als sie zu reden begann.
„Papa und ich, wir hatten starke Eheprobleme. Wir hatten uns gestritten und ich habe ihm nicht mehr vertraut. Ich glaube der Grund dafür ist nicht so wichtig.
Zeitgleich ging mein Geschäft den Bach herunter. Ich wurde gefeuert. Leider wusste ich nicht wohin mit meinen Sorgen, da Papa und ich, wir verstanden uns ja nicht und Euch, meine Kinder, wollte ich nicht belasten. Ich ging Spielen und es ließ mich nicht mehr los. Ich konnte nicht mehr aufhören.
Sandra, ich bin krank. Ich wollte euch nicht weh tun. Ich wollte nicht so grausam sein…“
„Mama, mit einer Entschuldigung ist es nicht getan. Meinst du wirklich mit einer Erklärung dass deine Spielsucht als Krankheit daran schuld ist, kannst du die letzten fünf Jahre wieder gut machen? Sandro wollte sich umbringen, weil er das Ganze nicht mehr ausgehalten hat. Du hättest fast deinen Sohn in den Tod getrieben. Mama wir lieben dich, das steht außer Frage, aber das alles wieder gut zu machen wird nicht einfach, vor allem nicht nur mit einer Entschuldigung.
Ich habe Kisten zur Rede gestellt. Er ist mir ausgewichen. Er wollte nichts zu geben, aber weißt du, ich habe mir bekommen, dass eine Sekte beteiligt ist. Ich weiß, dass ihr beide da drin steckt. Ich weiß auch, dass Kisten mich wieder verlassen wollte, ohne eine Erklärung. Es tut weh. Doch ich werde damit klar kommen, ich komme aber nicht damit klar, dass du Uns, deiner Familie, nicht vertraut hast!“, meine Stimme wurde energisch, aber nicht laut. Ich hatte nicht vor mich mit ihr zu streiten.
„Kisten hat gestern Abend seine Sachen geholt und ist gegangen. Von der Sekte bin ich befreit. Er hat alles auf sich genommen. Er hat mir vorhin angerufen.
Das mit Sandro tut mir weh und es tut mir leid, dass du deinen Freund verloren hast.“ Sie begann zu weinen und das erste Mal seit fünf Jahren sah ich eine Gefühlsregung meiner Mutter. Ich stand auf und setzte mich neben sie.
„Das mit Kisten werde ich irgendwann hinter mir lassen, doch das alles mit dir, Papa und Sandro werde ich niemals vergessen können.“
„Sandra, da ist noch etwas.“ Ich sah sie fragend an.
„Mama ich kann dir nicht sofort vergeben.“
„Nein das meine ich nicht. Es wäre schön, aber es ist mir klar, dass es nicht von heute auf morgen geht. Nein, es ist etwas anderes. Ich bin Krank und damit meine ich nicht die Sucht. Ich war beim Arzt und ich bekomme Therapie, aber sie haben auch Knoten in meiner Brust entdeckt. Sie werden einige Untersuchungen machen müssen.“ Sie ließ den Kopf hängen.
Diese Offenbarung traf mich hart. Ich nahm sie in den Arm und begann zu weinen. Wir würden jede Krankheit zusammen durchstehen. Das andere wird sich dann von alleine klären.
So saßen wir eine Stunde, ehe ich ihr einen Kuss auf die Wange gab und nach oben ging. Mein Vater war nach Hause gekommen und ich hatte das Gefühl, als wollten die beiden mit einander reden.
Bei Siren angekommen, redete ich mit ihm über das Gespräch mit meiner Mutter. Seine liebevolle Worte und Berührungen waren es, die mir Kraft gaben, das mit Kisten zu überstehen. Durch seine Anwesenheit fühlte ich mich stark.
Eine Woche später war es zu Hause ruhiger geworden. Ich konnte mich einigermaßen auf mein Studium konzentrieren und traf mich wieder sehr oft mit Siren.
Doch heute war ein Tag, der mir nicht gefiel. Wir packten eine Tasche für meine Mutter. Sie musste ins Krankenhaus und als Familie brachten wir sie hin. Es war ein komisches Gefühl sie dort hin zu bringen und zu wissen das sie ein paar Tage dort bleiben müsste.
Epilog
„Mama, ich habe mein Studium erfolgreich als eine der besten abgeschlossen und kann jetzt endlich arbeiten gehen. Das wird bestimmt toll.
Weißt du Siren und ich, wir sind zusammen und sehr glücklich. Wir wohnen zusammen in einer gemütlichen kleinen Wohnung und Sandro besucht uns regelmäßig. Er ist zu einem richtgien Mann geworden und er Studiert Medizin. Er möchte Arzt werden und du hast ihm diesen Weg gezeigt. Ich bin richtig stolz auf ihn.
Papa, ja er hat sich auch wieder gefasst, ihm geht es jetzt wieder richtig gut. Doch er vermisst dich.
Wir vermissen dich alle!“
Ich kniete mich hin und legte einen Strauß roter Rosen auf die Erde vor mir. Dann ging ich zum Grabstein und fuhr mit der Hand darüber. Vier Jahre waren jetzt vergangen und ich besuchte das Grab meiner Mutter normaler weiße Regelmäßig. Die letzten beiden Jahre hatte dies leider nicht geklappt, da ich mit Siren auf Europareise war. Wir hatten eine wunderschöne Zeit mit einander und er hat mir gestanden, dass er schon lange in mich verliebt war. Irgendwie hatte es dann gefunkt und wir waren zusammen gekommen. Zurück in unserer Stadt sind wir zusammen gezogen.
Ich sah wieder zum Grabstein meiner Mutter. Es stimmte mich traurig das Datum darauf zu sehen und gleichzeitig entdeckte ich Blumen, die nicht von mir oder meinem Bruder waren. Sie muss wohl noch von jemand anderen Besuch gehabt haben.
Ich beugte mich nach vorne und gab dem Grabsteinen einen Kuss, dann ging ich einen geschlängelten Weg entlang. Als ich an dem Baum, der am Eingang stand ankam musste ich lächeln. Da stand er, mein Siren.
„Und Maus, alles gut gegangen? Geht es dir gut?“ Ich bejahte seine Fragen und erzählte ihm von den anderen Blumen.
„Ich glaube, es war Kisten.“
„Bist du dir sicher? Denkst du er ist hier?“
„Nein ich bin mir nicht sicher und wenn er hier ist, dann ist es mir egal. Er soll ruhig sehen das du mich überglücklich machst.“
Ich stand direkt vor ihm, legte ihm meine Arme um den Hals und küsste ich innig. Siren war der beste und immer für mich da. Endlich hatte ich das gefunden, was ich in meinem Leben gesucht hatte.
Ich dachte an meinen Bruder, meinen Vater und am meisten an meine Mutter. Den Krebs konnte sie nicht besiegen, aber ihre Kinder und ihren Mann, die hatte sie wieder bekommen.
Danksagung
Ich möchte mich bei allen meinen Lesern bedanken, für Eure lieben Kommentare und auch für die Kritik.
Ich danke aber auch meiner Schwester, die mir bei jeder Schreibblockade zur Seite steht und mir einen Tipp gibt, womit sie sich auflöst. Auch danke ich ihr, dass sie meine Bücher lektoriert und immer für mich da ist. Du bist die Beste!
Desweiteren bedanke ich mich bei Tracy, die alle meine Bücher liest und mir mit ihren Kommentaren und Ideen weiterhilft und zur Seite steht. Ich bin froh dich kennen gelernt zu haben und bedanke mich hiermit für deine Freundschaft und deine Hilfe!
Danke noch an meine Freunde, die mir das Verständnis für meine Bücher entgegen bringen!
Cyron Draugh
Texte: Cover designed by Nijura Ithil.
Die Rechte wurden mir übertragen.
Tag der Veröffentlichung: 10.11.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Danke an meine SiS, die mir mit dem Cover und dem Titel geholfen hat. Danke auch an Nightsoul, die mich bei meinen Ideen unterstützt und mir neue dazu gibt. Beide helfen mir sehr beim weiter schreiben.