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Melodia - Kenne deine Feinde

Prolog

 

 

Ein. Zwei. Dreimal stieß ich mit meinem silbernen Schwert in die Brust einer meiner Gegner. Es war ein junger Wolf gewesen, doch es interessierte mich kein Stück. Ich merkte wie das Lebenslicht in seinem Herzen erlosch und ich ihm somit das Leben genommen hatte. Ich grinste hinterhältig, der kleine Wolf hatte keine Chance gegen mich gehabt. Nicht mal mit zwei seiner Freunde als Hilfe hatte er nur den leisesten Hauch einer Chance.

 

Ich hörte wie Schritte sich von hinten an mich anschlichen und mein Lächeln wurde breiter. Ich blieb stehen und tat so, als ob ich nichts hören würde und wartete auf den richtigen Moment um zuzuschlagen. Und der war genau - jetzt! Ich ging in die Hocke und wich somit dem schnellen Schwertschlag meines Gegners aus. Im selben Moment schlug ich mit meinem Schwert gegen seinen Rumpf und trennte ihn mit dem Rest seines Körpers. Als auch dieser Feind tot war, sah ich mich auf dem Schlachtfeld um, was vor kurzem der Thronsaal gewesen war. HA! Ich wusste es von Anfang an. Diese dämlichen Bauern hatten keine Chance gegen mich und „David!? Wo bist du?“ Ich schaute mich um, er wird doch wohl nicht von einem dieser dämlichen Bauerntölpel getroffen worden sein.

 

„Dort wo wir immer sein wollten mein Freund! Beim Thron!“ Ich fing an zu lächeln. Wir hatten tatsächlich gewonnen! Ich drehte mich zu den Thronen und sah meinen engsten Freund und Vertrauten neben dem rechten Thron stehen und lächeln. Langsam aber mit sicherem Schritt lief ich auf ihn zu. Wir schauten uns an und fingen beide an zu lachen. Wir gaben uns die Hand und zogen uns in eine brüderliche Umarmung!

 

Melodia und alles was dazu gehörte war ab sofort unser! Und da konnte kein Gott oder Erzengel was dagegen tun! Es gab keinen Nachfolger der verstorbenen Königin und da Erzengel Gabriel oben im Himmel war und um seine geliebte Frau die Königin trauerte, fiel auch er weg. Die Tochter der Königin wurde als kleines Baby von hier entführt. Und das hieß Melodia hatte keine rechtmäßige Regentin.

 

Für jeden war der Thron offen und wir hatten ihn ergriffen. Zwar haben viele Bürger gegen uns rebelliert und sogar, wie man heute sieht, versucht gegen uns zu kämpfen. Aber erfolgslos, wie bereits vermutet.

 

Melodia gehörte uns und niemand konnte uns jetzt noch vom Thron stoßen!

 

Niemand!

 

 

 

Kapitel 1

Neuigkeiten

 

 

Verschlafen öffnete ich die Augen. Helle Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht. Ich musste ein paar Mal blinzeln, bis ich mich an das grelle Licht gewöhnt hatte. Mein lautes Gähnen hallte in meinem großen Schlafzimmer wieder. Ich wollte nicht aufstehen, jedoch musste ich wohl oder übel. Schließlich musste ich zur Schule - das Grauen in meiner kleinen, nicht ganz so perfekten kunterbunten Welt. Ich streckte meine leicht gebräunten Arme, die laut knackten. Wie eine alte zerbrechliche Frau, dachte ich sarkastisch. Ich fragte mich immer wieder, wie man morgens direkt nach dem Aufstehen so sarkastisch sein konnte. Ich bekam es immer ziemlich gut hin. Langsam und behutsam drehte ich meinen Kopf zur Seite. Der rosafarbene Wecker zeigte 7.00 Uhr. Oh nein. Das darf doch nicht wahr sein. Ich hatte verschlafen. Mein Wecker hätte mich schon vor einer halben Stunde mit „Morgens immer müde“ von Laing wecken sollen. Höchstwahrscheinlich hatte ich gestern Abend vergessen ihn zu stellen. Sowas passierte mir in letzter Zeit häufig. Sehr zum Leidwesen meiner Lehrer, da ich ja ihren ach so interessanten und besonderen Unterricht verpasste.

 

Ich sprang hastig aus meinem großen, weißen (und ziemlich weichen) Himmelbett und eilte zu meinem dunkelbraunen und ziemlich gut befüllten Kleiderschrank. Beinahe rutschte ich aus, konnte mich aber gerade noch an der Fensterbank festhalten. Ein kurzer Blick aus dem großen Fenster zeigte mir, dass es draußen leicht regnete. Komisch. Gerade eben hatte noch die Sonne geschienen und jetzt hatte es angefangen zu regnen. Eigentlich wollte ich heute mein Lieblingskleid anziehen, aber das Wetter hatte mir nun einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich nahm mir schwarze Unterwäsche und schwarze Socken, eine dunkelblaue enge Jeans und ein weißes Top.

 

Danach rannte ich in das kleine Badezimmer nebenan. Die Wände und der Boden waren weiß gefliest. Da ich nicht mehr genügend Zeit für eine Dusche hatte, nahm ich mir den Waschlappen und putzte mein Gesicht. Wie ich es doch hasste ungeduscht aus dem Haus zu gehen. Anschließend nahm ich mir meine elektrische Zahnbürste und meine fast leere Elmex Zahnpasta und putze mir meine mehr oder weniger weißen Zähne. Danach nahm ich mir eine Bürste und kämmte meine brustlangen hellblonden glatten Haare. Es erwies sich leider für gar nicht so einfach, da meine Haare komplett durcheinander waren. Ich zog mich schnell um und trug etwas Mascara auf, was meine meerblauen Augen betonte. Allerdings war ich mir nun gar nicht mehr so sicher, ob betonen das Richtige war, da ich leichte Augenringe unter den Augen hatte. Naja was solls ist ja nur Schule.

 

Ich ging wieder in mein beiges Schlafzimmer, zog meine schwarze Lederjacke drüber und nahm meine adidas Schultasche. Meine Schultasche war zwar noch nicht gerichtet, jedoch war mir das ziemlich egal. Wenn ich Glück hatte, dann waren mein Kugelschreiber und mein karierter Block drin. Wenn nicht, dann müsste ich bei meiner Banknachbarin wohl nach was zu schreiben schnorren. Ich rannte die knarrende Treppe hinunter, schnappte mir einen roten Apfel, da ich keine Zeit mehr zum Frühstücken hatte und verließ um exakt 7.25 Uhr das Haus. Wow, das war ja echt eine neue Rekordzeit. Immerhin wachte ich mindestens einmal in der Woche zu spät auf.

 

Der weiße Audi meiner Mum stand nicht in der Einfahrt, woraus ich schließen konnte, dass sie schon arbeiten war. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich vergessen hatte mir Schuhe anzuziehen. Das war mal wieder so typisch für mich. Hastig rannte ich zurück zu Eingang. Aus der Rekordzeit wurde wohl doch nichts. Ich fluchte leise. Irgend so ein dämlicher Köter hatte vor unser Haus geschissen. Ganz im Ernst, konnte der sich nicht einen anderen Platz suchen um sein tägliches Geschäft zu verrichten? Ich schloss mit dem silbernen Schlüssel, der mir zweimal aus der Hand fiel unserer weiße Haustür auf. Bevor ich eintrat zog ich meine Socken aus, dann rannte ich hoch in mein Zimmer, zog ein neues Paar Strümpfe an und danach meine schwarzen Stiefel. Wenn heute noch die Sonne rauskommen würde, dann wäre ich echt am Arsch, da ich viel zu warm dafür angezogen war. Anschließend verließ ich das Haus.

 

Ich schnappte mir mein Fahrrad und fuhr zur Schule. So tollpatschig, wie ich war fuhr ich natürlich direkt durch den Matsch. Na super, das violette Fahrrad war jetzt voller Matsch. Immerhin blieben meine Schuhe verschont. Da hatte ich ja nochmal Glück im Unglück gehabt. Nach zehn Minuten kam ich an der Rochester High School in Minnesota an. Schnell schmiss ich mein Fahrrad an einen freien Baum und vergaß, dass es mittags höchstwahrscheinlich geklaut war. Ich rannte in das riesige, graue Schulgebäude hinein und erreichte gerade noch rechtzeitig das Klassenzimmer. Ein paar Sekunden später kam auch schon unsere Lehrerin Mrs. Parker herein. Jetzt war mir wieder klar, warum ich heute nicht in die Schule wollte.


„Guten Morgen. Ich hoffe, ihr hattet schöne Osterferien.“, begrüßte sie uns freundlich.

Jaja, wie konnte man nur so verlogen sein? Ich hasste diese Lehrerin. Das lag eigentlich gar nicht daran, dass sie mir unsympathisch war oder so. Ganz im Gegenteil: Zu Beginn des Schuljahres mochte ich sie sogar. Sie war eine gute Lehrerin und setzte sich auch für ihre Schüler ein, was ich zu Beginn sehr an ihr schätzte. Aber wie jeder Lehrer brauchte sie ja unbedingt ein Opfer, auf dem sie herumhacken konnte. Und dieses war nun mal ich. Einmal hatte sie mich aus dem Unterricht herausgenommen und mir Fragen gestellt, wo ich zum Zeitpunkt eines Überfalls war und, dass sie meinte mich gesehen zu haben. So ein Schwachsinn, denn an diesem Tag war ich überhaupt nicht in Rochester. Dieser Vorfall war für diese Lehrerin aber noch milde. Einmal als ich zu spät zum Unterricht kam (und das waren gerademal nur drei Minuten), ließ sie mich die ganze Schulstunde lang vor dem Klassenzimmer stehen. Sie machte mich gerne fertig und verdeutlichte mir nur zu oft, wie schlecht ich in ihrem Matheunterricht doch war. Wohlbemerkt, dass ich im Schuljahr davor eine zwei in Mathe hatte und nun auf einer knappen drei beinahe vier stand.

 

„Diana Johnson?“, fragte mich Mrs. Parker. Scheiße, ich hatte nicht zugehört. Was wollte sie denn jetzt von mir? Bestimmt mir mal wieder eine reinhauen. So wie sie es immer tat.

 

„Ähm ja Mrs.?“, murmelte ich und machte mich auf das Schlimmste gefasst.

 

„Die Antwort ist?“, grinste sie böse. Diese Frau war der reinste Teufel.

 

„Tut mir leid. Ich habe die Frage nicht verstanden.“, log ich. Die Wahrheit war ja, dass ich nicht zugehört hatte.

 

„Diana! Wie oft soll ich es dir noch sagen? Pass gefälligst auf.“, sagte sie etwas lauter und strenger. Ihr Blick zeigte leichte Wut. Konnte sie nicht einfach tot vom Stuhl fallen?

 

„Sorry.“, nuschelte ich und schaute auf meinen Ordner. Natürlich meinte ich das nicht ernst.

 

„Nächstes Mal gibt es ein Gespräch mit deinen Eltern.“, sagte sie und ich wurde wütend. Sie wusste ganz genau, dass mein Vater tot war und ich nur noch meine Mutter hatte. Er starb kurz nach meiner Geburt bei einem Verkehrsunfall.

 

„Mein Vater ist tot, Mrs.“, korrigierte ich sie.

 

„Das ist mir egal. Dann muss er sich immerhin nicht für seine Tochter schämen.“ Ich schluckte meine Wut hinunter, schwieg und schaltete wieder ab. Hatte ich schon erwähnt, dass ich sie hasste?

 

Plötzlich wurde eine Durchsage durch das dreifache Ertönen eines Geräuschs angekündigt.

„Achtung eine Durchsage. Diana Johnson bitte sofort ins Sekretariat.“ Verwundert stand ich auf und ging hinunter ins Sekretariat. Was wollten die denn von mir? Hatte ich irgendetwas angestellt? War irgendetwas mit meiner Mutter? Oder wollte irgendein Vollidiot mir einen Streich spielen? Als ich vor dem Sekretariat ankam, klopfte ich zweimal an und trat nach einem Herein dann schließlich ein.

 

„Diana. Setzt dich doch bitte.“, wies mich die rothaarige Sekretärin an. Warum sollte ich mich setzen? Was musste sie wichtiges bereden?

 

„Was gibt es?“, fragte ich gespannt, nachdem ich mich gesetzt hatte. Trotzdem hatte ich ein unwohles Gefühl im Bauch. Meine Gefühle logen leider nie.

 

„Deine Mutter ist im Krankenhaus. Sie hatte einen schlimmen Autounfall. Du sollst sofort ins Krankenhaus kommen.“, sagte die Sekretärin bemitleidend. Geschockt starrte ich sie an. Oh nein. Hoffentlich ging es ihr gut. Was war nur passiert?

 

„Ok danke.“, sagte ich kurz, stand auf und rannte ins Klassenzimmer um meine Tasche zu holen. Meine Mitschüler starrten mich an, als ich tränenüberströmt im Türrahmen stand.

 

„Was ist passiert?“, fragte mich Joshua mein Mitschüler.

 

„M-meine Mutter hatte einen Unfall. Einen Autounfall. Ich muss sofort ins Krankenhaus.“, schluchzte ich.

 

„Diana, du bleibst hier. Ich habe dir…“, begann Mrs. Parker.

 

„Halten sie die Klappe.“, schrie ich und war mit meiner Tasche auch schon verschwunden.

 

Kurz darauf war ich auch schon mit dem Taxi auf dem Weg ins Krankenhaus. Dort angekommen drückte ich dem Taxifahrer 20 Dollar in die Hand und rannte ohne mein Wechselgeld auch schon ins Krankenhaus hinein. Ich hasste Krankenhäuser, aber Ärzte hasste ich noch viel mehr. Wo war denn hier bitte ein Arzt? Wenn man sie brauchte waren sie nie zur Stelle. Nach einer Minute suchen fand ich zum Glück schließlich einen Arzt.

 

„Entschuldigung. Können sie mir sagen, wo das Zimmer meiner Mutter Celina Johnson ist?“, fragte ich und hoffte, dass er mir Auskunft geben könnte.

 

„Sie liegt auf Zimmer 115.“, antwortete mir der dunkelhaarige Arzt.

 

„Danke.“, entgegnete ich und ging so schnell wie möglich zu ihrem Zimmer. Dieses war in unmittelbarer Nähe, weshalb ich es ziemlich schnell fand.

 

Ich erschrak, als ich sie sah. Sie hatte sehr viele Wunden. Ihr Kopf war mit einem Verband eingewickelt, jedoch konnte man das Blut durchsickern sehen. Ihre blonden Haare waren leicht mit Blut verschmiert. Ihre blauen Augen hatten ihren Glanz verloren. Sie wirkte ja so kraftlos. Mir traten wieder Tränen in die Augen.

 

„Mum.“, schluchzte ich und kniete mich an ihr Bett.

 

„Diana. Du bist da. Wie schön.“, hauchte sie fast ohne Stimme.

 

„Natürlich bin ich da. Ich lass dich doch nicht alleine.“, weinte ich, versuchte jedoch stark zu sein.

 

„Hör zu ich muss dir etwas sehr wichtiges erzählen.“, sagte sie und schaute mich mit ernstem Blick an.

 

„Du kannst mir alles sagen Mum, aber ruh dich doch bitte erstmal aus.“

 

„Ich habe keine Zeit um mich auszuruhen.“, sie machte eine kurze Pause um zu Atmen, „Ich verspreche dir alles was ich sage ist keine Lüge. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Es mag jetzt vielleicht verrückt klingen, aber deine Oma war die Königin einer anderen Welt namens Melodia. Diese Welt befindet sich in einer anderen Dimension. Die Bewohner dieser Welt sind, nun ja … Fabelwesen. Ich wurde von dort als Baby entführt in diese Welt. Deine Oma wollte mich zurückholen, doch ich wollte hierbleiben, da ich mein ganzes Leben hier verbrachte. Mittlerweile ist deine Oma gestorben und ich werde auch nicht mehr lange zu leben haben. Ich merke, wie es mit meinen Kräften dem Ende zugeht. Du musst dorthin gehen Schatz. Aber pass bitte auf dich auf. Die neuen Herrscher sind böse und denken nur an sich. Andere sind ihnen komplett egal und das Einzige, das für sie zählt ist Macht. Ich habe eine Kette für dich. Du musst den Stein anlegen und dir vorstellen in Melodia zu sein. Die Kette teleportiert dich und jeden, der dich derzeit berührt nach Melodia. Du darfst sie auf keinen Fall verlieren. Wenn der Stein gelb leuchtet, dann hat dich jemand angelogen und wenn er rot leuchtet, dann ist dein Gegenüber gefährlich. Wenn du verletzt wirst und die Kette trägst, dann wirst du geheilt. Außerdem ist sie der Schlüssel zu Geheimtüren im Schloss. Schatz du musst Melodia zurückgewinnen. Es ist deine Bestimmung.“, sagte sie und gab mir eine Kette. Verwirrt legte ich die Kette an. Das musste ich erst mal verdauen. Ich wollte Mum anschreien, weil sie mich mein ganzes Leben lang angelogen hatte. Jedoch ließ ich es bleiben. Was ich gerade eben gehört hatte, verschlug mir die Sprache.

 

 

„I-ich weiß nicht was ich sagen soll.“, stotterte ich. Mir war es grad einfach alles zu viel.

 

„Liebling du musst mir glauben. Was ich sage ist die Wahrheit. Hast du dich denn nie gefragt, warum du ein Geburtsmal in Form einer Krone auf dem Arm hast?“, fragte sie schwach.

 

„Doch, aber ich habe doch nicht mit sowas gerechnet.“

 

„Versprichst du mir Melodia zurückzugewinnen?“, wechselte sie abrupt das Thema und schaute mich durchdringlich an.

 

„Ja. Ich verspreche es.“, antwortete ich immer noch ungläubig, was ich gerade eben gehört hatte. Meine Mum lächelte mich ein letztes Mal an und schlief dann erschöpft ein. Hoffentlich würde es ihr bald wieder besser gehen.

 

 

5 Stunden später

 

 

Ich hatte vor einer Stunde den Anruf bekommen, dass meine Mum gestorben war. Meine beste Freundin Sabrina war auf dem Weg zu mir. Ich hatte ihr unter Tränen am Telefon gesagt, dass meine Mutter tot war.

 

„Es tut mir wirklich Leid es ihnen mitteilen zu können, aber ihre Mutter ist vor einer Stunde gestorben. Mein Beileid.“, sagte die Polizistin am Telefon bemitleidend. In diesem Augenblick brach für mich eine Welt zusammen. Ich hatte schon keinen Vater mehr. Jetzt wurde mir auch noch die Mutter genommen. Wie viele Schicksalsschläge konnte ein einzelner Mensch noch erleiden? Nun war ich alleine. Ohne Vater und ohne Mutter. Ein Waisenkind.

 

„M-meine Mum ist tot. Kannst du bitte kommen?“, hatte ich sie weinend gefragt. Ich konnte einfach nicht alleine sein. Ich brauchte jemanden, bei dem ich mich ausheulen konnte und der für mich da war. Außerdem musste ich dringend jemandem vom dieser Melodia Sache erzählen.

 

„Das ist ja schrecklich. Natürlich, ich bin schon auf dem Weg.“, war ihre rasche Antwort.

 

Plötzlich klingelte es sturm. Es war Sabrina. Ich öffnete ihr die Tür und sofort schloss sie mich in ihre Arme.

 

„Psst. Alles wird wieder gut. Ich bin für dich da Süße.“ Ich weinte mir die Seele aus dem Leib. Schon heute Morgen hatte ich gewusst, dass dies ein scheiß Tag war. Warum bin ich überhaupt nur aufgestanden? Wäre ich doch einfach liegen geblieben.

 

„Sabrina. Ich muss mit dir reden.“, flüsterte ich weinend. Wir setzten uns auf die Couch und ich begann ihr alles zu erzählen.

 

„Meine Oma war die Königin einer anderen Welt. Einer magischen Welt.“, begann ich und betete zu Gott, dass sie mir Glauben schenken würde.

 

„Ähm, Diana. Aber sonst ist noch alles gut bei dir, oder?“, fragte sie und wirkte wirklich besorgt.

 

„Glaub mir. Bitte. Mum hat mir das im Krankenhaus erzählt. Ich habe selbst keine Ahnung, ob es stimmt, was sie gesagt hat. Sie meinte, dass meine Oma tot sei und dass ich nach Melodia muss. Es sein angeblich meine Bestimmung und so. Anscheinend regieren seit Omas Tod böse Wesen, die sehr egoistisch und machtbesessen sind. Die Kette, die ich trage, leuchtet gelb wenn jemand mich anlügt und rot wenn jemand gefährlich ist. Außerdem kann sie mich und alle die mich berühren nach Melodia teleportieren wenn ich es mir vorstelle. Und ach ja, die Bewohner dieser Welt sind Fabelwesen.“ Abwartend schaute ich sie an. Höchstwahrscheinlich würde sie gleich schreiend abhauen oder mich auslachen oder noch besser: Sie würde mich in die Klapse einliefern lassen.

 

„Das ist ja abgefahren. Ich glaube dir, aber wie kann sowas nur möglich sein? Und was machst du jetzt? Gehst in diese magische Welt?“, fragte sie mich gespannt, aber dennoch war ein wenig Trauer in ihrer Stimme, denn sie hatte meine Mutter selbst sehr gemocht. Ich war wirklich sehr überrascht, dass sie mir glaubte.

 

„Ich weiß nicht. Ich habe Angst. Was wenn meine Mutter gelogen hatte und es gar kein Melodia gibt.“

 

„Hmmm. Das denke ich nicht. Warum sollte sie so etwas erfinden? Also wie wär’s, wenn wir ausprobieren ob es Melodia wirklich gibt? Aber nur, wenn ihr es erlaubt Hoheit.“, schlug meine brünette Freundin vor und neckte mich. Ich schaute sie böse an, woraufhin sie kicherte.

 

„Ich weiß nicht. Es könnte gefährlich werden.“, warnte ich sie.

 

„Hey ich steh auf Abenteuer.“, sagte sie und grinste. Das war ja mal wieder typisch für sie. No risk no fun.

 

„Okay.“, stimmte ich schließlich zu. Sie nahm meine Hand und schaute mich erwartungsvoll an.

 

„Bist du dir sicher? Aber wahrscheinlich klappt es ja eh nicht.“, fragte ich ein letztes Mal.

 

„Ja 100%ig.“

 

„Und wie machen wir das jetzt?“, fragte sie dann schließlich noch.

 

„Ich denk an magische Dinge. Feen und so ein Zeug. Keine Ahnung, ob das wirklich klappt. Hoffen wir es mal.“, antwortete ich glaubte aber nicht wirklich daran, dass es klappte, da ich es mir einfach nicht vorstellen konnte, dass Magie Wirklichkeit war.

 

Ich drückte ihre Hand fest und dachte an Melodia und an alle möglichen Fabelwesen, die mir gerade einfielen. Feen, Vampire, Werwölfe, sogar an Riesen. Selbst sprechende Bäume fielen mir ein, obwohl das ja schon ziemlich krass war. Meerjungfrauen in Seen fielen mir ein und feuerspeiende Drachen. Plötzlich wurde um uns herum alles schwarz.

 

 

 

Kapitel 2

In der Falle

 

 

Langsam kam ich wieder zu mir. Mein Kopf brummte höllisch. Wo war ich bloß? Was war passiert? Ich schaute mich hilfesuchend um. Ein paar Meter neben mir entdeckte ich Sabrina, meine bewusstlose beste Freundin. Langsam krochen mir die Erinnerungen wieder in den Kopf: Schule … Unfall … Tod … Melodia. Ein genervtes Stöhnen kam mir über die Lippen. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Nein, nein, nein. Meine Mum war tot. Sie war tatsächlich tot. Das war alles wirklich passiert. Ich hatte meine Mutter verloren. Ich wünschte mir nun nichts sehnlicher als wieder meine Augen zu schließen und alles um mich herum zu vergessen. Allerdings ging das nicht, denn nun bemerkte ich, was passiert war. Es hatte tatsächlich funktioniert. Ich war wirklich in Melodia. Ich wusste um ehrlich zu sein nicht, ob ich nun froh oder traurig darüber sein sollte. Schließlich hatte meine Mum mich ja vorgewarnt, dass es hier auch böse Wesen gab. Wir befanden uns in einem Wald. Es gab sehr viele Bäume hier. Allerdings hatten die Bäume keine Blätter. Sie waren kahl und wirkten tot und leblos. Das fing ja alles schon mal super an. Wie in einem Geisterwald sah es hier aus … fehlten nur noch die Geister.

 

Ich kroch zu meiner immer noch bewusstlosen Freundin und rüttelte sie am Arm.

„Sabrina, wach auf.“, zischte ich. Ich wollte hier weg. Nach weiteren drei Anläufen schlug sie plötzlich ihre schokobraunen Augen auf. Na ging doch. Immerhin war sie nun endlich wach.

 

„Ah Diana was ist passiert? Wo sind wir?“, murmelte sie und rieb sich den Kopf.

 

„In Melodia.“, antwortete ich und konnte immer noch gar nicht glauben, dass es funktioniert hatte.

 

„Siehst du, ich sagte doch gleich, dass es funktioniert.“ Ich stand auf und streckte ihr meine Hand hin. Sie schlug sie weg und brummte etwas, wie das kann ich schon allein. So eine kleine Zicke. Das war mal wieder typisch für sie. Von keinem Hilfe annehmen. Aber in dieser Hinsicht war ich selbst eigentlich auch nicht besser. Trotz allem war ich überrascht. Sie hat die Tatsache, dass wir hier in Melodia sind einfach so hingenommen, als wäre es etwas Alltägliches. Als wir beide standen schauten wir uns ratlos an. Was sollten wir jetzt machen?

 

„Und was machen wir jetzt?“, fragte sie mich. Wieso fragte sie ausgerechnet mich? Woher sollte ich denn wissen, wie es weitergeht? Meine beste Freundin wusste einfach immer was zu tun ist. Und jetzt schien sie anscheinend auch nicht weiterzuwissen. Aber ich verstand trotzdem nicht, warum sie mich frägt? Ach stimmt ja, ich war ja die Prinzessin von diesem Kaff hier. Eine Prinzessin, die vor ihrer eigenen Welt Angst hatte. Schließlich sagte ich das erst beste, das mir einfiel.

 

„Ich schlage vor, wir gehen tiefer in den Wald. Dort ist ein Pfad.“

 

„Oh, ähm das halte ich für keine gute Idee.“ Ich schaute sie geschockt an. Ich dachte, sie liebte Abenteuer. Wie immer musste sie meine Ideen kritisieren. Das war auch mal wieder ein typisches Charaktermerkmal von ihr. Und trotzdem könnte ich nicht ohne sie leben.

 

„Schisser.“, murmelte ich und ging festentschlossen los. Woher kam bloß mein plötzlicher Mut? Hatte dieses Reisen mich irgendwie mutiger gemacht oder wollte ich einfach nur weg, weil es mir Angst machte?

 

„Hey Diana, warte doch mal.“, rief sie und war kurze Zeit später wieder an meiner Seite. Ein leichtes Lächeln umspielte meine Mundwinkel. Alleine bleiben wollte sie als auch nicht. Ich an ihrer Stelle hätte das aber auch nicht gewollt. Dieser Ort hier war wirklich gruselig.

 

Gemeinsam liefen wir den holprigen Pfad entlang. Je weiter wir liefen, desto dichter wurden die Bäume. Und da sie ja keine Blätter hatten, musste man nun wirklich aufpassen, dass das Holz einen nicht zerkratzte. Ich war mir nicht sicher, aber irgendwie kam es mir so vor, als würden die Bäume noch lebloser wirken, als am Anfang. War das überhaupt möglich?

 

Sabrina neben mir zitterte. Seit wann war sie so ein Schisser? Sie gehörte nicht in diese Welt und ich schon. Vielleicht lag es daran. Plötzlich blieb sie stehen. Was war denn jetzt los? Ich schaute auf den Boden und bemerkte dann, warum sie sich nicht mehr weiterbewegte. Der Pfad hatte aufgehört. Jetzt konnte ich also wählen. Entweder tiefer in den Wald hinein gehen, oder umkehren. Ich schluckte, ging aber dann weiter. Sabrina stand immer noch da.

 

„Was ist? Willst du auf schön Wetter warten oder warum kommst du nicht?“ Sie zögerte einen kurzen Moment, kam aber dann. Gemeinsam liefen wir tiefer in den Wald. Je weiter wir liefen, desto kälter wurde es. Im Nachhinein hätte ich das wohl als böses Omen nehmen sollen. Ich schaute zum Himmel. Es war Nacht und am Himmel leuchtete der Vollmond in seiner ganzen Pracht. Es war eigentlich ganz schön aber auch ziemlich furchteinflößend. Plötzlich hörte ich ein lautes Heulen, nicht weit entfernt. Ich zuckte zusammen. Das mit dem schön nahm ich sofort zurück.

 

„Was war das?“, fragte mich Sabrina, die mittlerweile ganz nah bei mir stand. Ich war wirklich froh darum, dass sie mit mir hier war und ich nicht alleine hier sein musste.

 

„Ein Wolf, denke ich.“, antwortete ich ihr. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Das Heulen des Wolfes hallte immer noch in meinen Ohren.

 

„Ein Werwolf?“, fragte sie mich ängstlich. Ich zuckte mit den Schultern. Möglich war es. Schließlich waren wir hier in Melodia, dem Land der Fabelwesen. Aber eine Begegnung mit ihm wollte ich ganz sicher nicht. Automatisch beschleunigte ich meinen Schritt. Mittlerweile hatte selbst ich es mit der Angst zu tun. Warum war ich nur so dumm und hatte uns hierher „teleportiert“?

 

Plötzlich schrie Sabrina laut auf. Mann, was war denn jetzt schon wieder los? Bevor ich fragen konnte, was los war, sah ich es selbst. Ein eiskalter Schauer lief mir über dem Rücken. Mir gefror beim Anblick das Blut in den Adern.

 

Vor uns lagen vier tote Körper. Alle waren Frauen. Ich begann zu zittern. Okay, was war hier los? Ich verspürte den Drang wegzurennen, aber stattdessen starrte ich auf die vier Leichen. Langsam ging ich zu den Toten. Warum ich das tat wusste ich nicht? Zwei Frauen waren unnatürlich blass. Sie hatten die Augen weit aufgerissen. Diese wirkten ausdruckslos und waren vor Schreck geweitet. Was hatten sie Schlimmes gesehen?

 

Die anderen zwei waren kaum wiederzuerkennen, denn ihre Körper waren total auseinandergerissen und es schien so, als fehlten ihnen einige Organe. Blut war überall. Wer tat sowas Schreckliches bloß? Mein Atem beschleunigte sich. Das war doch abnormal. Wer oder was hatte ihnen das angetan? Die blassen Frauen mussten einmal sehr schön gewesen sein. Bei den anderen zwei konnte ich es nicht ausmachen.

 

Ich verstand das einfach nicht. Was hatte sie so zugerichtet? Ich lenkte meine Aufmerksamkeit wieder den anderen Frauen zu. Sie hatten zwei Wunden am Hals. Sie waren wie Löcher … Bisse. Plötzlich verstand ich.

 

„Weg hier.“, schrie ich zu Sabrina und rannte um mein Leben.

 

„Was ist los?“, schrie sie. Hatte sie es etwa noch nicht verstanden?

 

„Ich weiß, wer ihnen das angetan hat.“, kreischte ich und rannte durch den dichten Wald. Ich hätte umdrehen sollen und den Pfad wieder finden. Jedoch rannte ich wie eine Irre tiefer hinein.

 

„Wer?“, fragte sie, doch ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie es schon längst wusste.

 

„Vampire. Höchstwahrscheinlich auch Werwölfe.“, flüsterte ich. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Ich rannte an den trostlosen Bäumen vorbei und zog mir durch die Zweige ein paar Risse zu. Die Schmerzen waren mir im Moment so ziemlich egal.

 

„Mann ich hab doch gesagt, dass das keine gute Idee ist. Warum habe ich nur auf dich gehört?“, schrie ich sie an und bereute es aber sofort. Immerhin was sie nicht Schuld, dass unser Leben bald zu Ende sein könnte.

 

„Tut mir leid Diana. Ich dachte, es könnte spannend werden.“, schluchzte sie. Oh nein, jetzt weinte sie. Es klingt vielleicht kalt, aber ich hasste Menschen, die wegen jedem Schwachsinn weinten.

 

Plötzlich tauchten wie aus dem nichts zwei Gestalten vor uns auf. Ich blieb augenblicklich stehen. Sabrina konnte anscheinend nicht so schnell reagieren, denn sie rannte direkt in mich rein. Das würde blaue Flecken geben.

 

„Wo wollt ihr denn hin?“, fragte die linke Gestalt mit kühler Stimme, die mir einen Schauer über den Rücken jagte. In seiner Stimme schwang aber auch noch eine andere Note mit … Vorfreude. Ohne nachzuschauen konnte ich mir denken, dass mein Medaillon unter meiner Jacke rot aufleuchtete.

 

Beide Gestalten waren Männer. Der linke Mann hatte kurze verstrubbelte schwarze Haare. Seine Augen waren rabenschwarz. Anders seine Haut, denn diese war unnatürlich bleich. Er war ungefähr 1,85 Meter groß und sehr muskulös. Sein Alter war ungefähr 19. Er war wirklich gutaussehend, wenn da bloß nicht seine Augen wären, die wie seelenlose Löcher wirkten. Mir war sofort klar, dass es sich hierbei um einen Vampir handelte. Warum ich das wusste? Keine Ahnung.

 

Die rechte Gestalt hatte ebenfalls kurze verstrubbelte Haare, die jedoch dunkelbraun waren. Seine Augen waren ebenfalls braun. Seine Haut war gebräunt. Er hatte ungefähr dieselbe Größe und dasselbe Alter wie der linke Junge und war ebenfalls muskulös. Er wirkte menschlicher, doch ich wusste, dass das täuschte. Aha, dieser Junge war dann also der Werwolf. Waren die Zwei die Mörder von den Frauen? Hoffentlich nicht.

 

„Boah sind die hübsch.“, schwärmte Sabrina hinter mir. Äh hallo, hatte die den Verstand verloren? Das hier waren gefährliche Fabelwesen uns sie dachte nur daran, dass sie gut aussahen? Das war doch verrückt. Der rechte hatte ein dickes Grinsen im Gesicht. Der linke allerdings wirkte genauso emotionslos wie zuvor. Ich trat hinter mich leicht gegen ihr Bein, woraufhin sie nur Aua murmelte.

 

„Ich weiß, was ihr seid.“, sagte ich so mutig wie ich konnte.

 

„Was sind wir denn deiner Meinung nach.“, fragte der Werwolf immer noch mit einem Grinsen im Gesicht.

 

„Du bist ein Vampir.“, sagte ich und deutete zu dem Linken.

 

„Und du riechst nach Hund.“, sagte ich und deutete zu dem Werwolf. Sein Grinsen wurde nur noch breiter. Der Vampir musterte mich mit nachdenklicher Miene. Diese Welt machte mich wirklich mutiger.

 

„Bringen wir es hinter uns.“, sagte er und kam langsam auf uns zu um uns zu töten. Mein Herz schlug wie wild. Wie kann eine Stimme nur so sexy und gefährlich zugleich klingen. Er bekam das ziemlich gut hin. Ich hatte doch echt nicht mehr alle Tassen im Schrank. Er sprach davon mich umzubringen und ich fand das sexy.

 

„Sind Vampire und Werwölfe nicht eigentlich Feinde.“, versuchte ich abzulenken und unser Ableben aufzuheben.

 

„Du hast echt keine Ahnung.“, hauchte der Vampir. Jetzt war er also der Boss und hatte das Reden übernommen.

 

„Dann klär mich auf.“, sagte ich stockend, denn der Vampir stand nun direkt vor mir. Jetzt sah ich den Vampir zum ersten Mal lächeln. Es war ein kaltes und gefährliches Lächeln. Es raubte mir jeglichen Atem. Ich merkte, wie ich rot wurde. Erst jetzt verstand ich, dass was ich sagte zweideutig war.

 

„Das würde ich gerne aber mit Essen sollte man nicht spielen.“ Beiläufig drehte ich mich zu Sabrina um. Sie stand kerzengerade da, ihre Augen starrten emotionslos nach vorne. Erst verstand ich nicht, warum sie so schaute. Doch dann merkte ich, dass es nicht normal war.

 

„Was habt ihr mit ihr gemacht?“, fragte ich leicht panisch. Was war mit meiner Freundin?

 

„Keine Angst Menschenmädchen, sie ist nur hypnotisiert. Ich wundere mich, warum das bei dir nicht möglich ist.“, sprach der Vampir. Wieder einmal wirkte er nachdenklich.

 

„Vielleich ist sie besonders. Wie sollte ein Mensch nach Melodia kommen? Das ist nicht möglich.“, mischte sich der Werwolf ein.

 

„Du redest Humbug. Menschen sind nicht Besonders. Sie dienen uns nur als Nahrung. Wie sie und das andere Menschlein hier herkommen würde mich allerdings wirklich interessieren.“

 

„Habt ihr die vier Frauen umgebracht?“, fragte ich so tapfer, wie ich konnte. Allerdings war dies vergeblich, denn man konnte deutlich meine Angst heraushören. Die zwei Männer schauten sich irritiert an.

 

„Bastarde. Es haben schon wieder welche auf unserem Land gejagt.“, zischte der Vampir aufgebracht. Es war das erste Mal, dass ich Gefühl aus seiner Stimme heraushörte. Es war Wut.

 

Dann ging alles ganz schnell. Er packte mich und riss mir versehentlich die Jacke vom Körper, da ich wie wild rumzappelte. Dann erstarrte er in seiner Bewegung. Mein Medaillon glühte rot. Selbst ohne die Kette wusste ich, dass er gefährlich war.

„Sie ist es.“, flüsterte er und starrte immer noch ausdruckslos auf meinen rechten Oberarm. Der Arm mit der Krone.

 

 

 

Kapitel 3

Gefangen

 

 

„Das darf doch nicht wahr sein.“, schrie der Vampir und schlug mit seiner Faust direkt auf einen Baum, knapp neben meinem Gesicht. Dieser brach mit einem lauten Knacken in der Mitte durch. Entsetzt starrte ich auf die Bruchstelle. Mein Herz pochte wie wild. Ich spürte wie sich die Haare auf meinem Rücken vor Angst stellten. Wie war es möglich einen Baum mit der bloßen Hand zu fällen?

 

„Komm runter Alex.“, versuchte der Werwolf ihn zu beruhigen. Erfolgslos.

 

„Sag mir nicht was ich tun soll, David.“, schrie er und drückte mich plötzlich an einen Baum, seine Hand um meinem Hals. Erschrocken keuchte ich auf, denn sein Griff war nicht gerade sanft. Ich werde sterben, dachte ich panisch. Er wird mich umbringen.

 

„Lass sie runter.“, versuchte der Werwolf David ihn erneut zu beschwichtigen. Oh Gott, bitte lass mich los.

 

„Warum alles in der Welt sollte ich dieses Gör runterlassen?“, fragte der Vampir. Die pure Wut war in seiner Stimme zu hören.

 

„Nun ja.“, begann David, wusste anscheinend aber auch nicht, was er sagen sollte. Er sollte sich gefälligst schnell etwas einfallen lassen. Meine Luft wurde langsam knapp. Eine Träne lief meine Wange hinunter. Vor mein Blickfeld zogen sich kleine schwarze Pünktchen.

 

„Lass mich runter.“, keuchte ich unter schrecklichen Schmerzen.

 

„Lass sie uns mitnehmen. Sie könnte uns nützlich sein. Ihre kleine Freundin können wir als Druckmittel gegen sie einsetzen.“ Der Vampir schaute zum Wolf und runzelte die Stirn.

 

„Wow, das war dein bester Einfall seit langem.“, scherzte Alex halbherzig und schaute mir dann direkt in die Augen. Sein Blick war gefühllos und eisig. Allerdings weitete sich sein Blick für eine Millisekunde, wurde dann aber wieder kalt. Noch nie hatte ich so eine Kälte in den Augen von jemandem gesehen. Ein leichtes Röcheln kam aus meiner Kehle. Ich bekam keine Luft mehr. Eine Sekunde später ließ er von mir ab.

 

Keuchend kam ich unsanft auf dem kalten Waldboden auf. Ich rieb mir meinen Hals und war noch nie so froh in meinem Leben gewesen. Ich wäre beinahe gestorben. Er hätte mich beinahe umgebracht. Hätte er mich eine Sekunde länger festgehalten, dann wäre ich erstickt. So ein Mistkerl. Wie konnte er sowas nur tun? Hatte er denn keinerlei Gefühle? Was hatte ich ihm nur getan?

 

Der Werwolf kam auf mich zu und kniete sich vor mich hin. Er lächelte mich freundlich an und im Gegensatz zu dem Vampir wirkte seines echt. Behutsam legte er einen Arm um meine Taille und hob mich vorsichtig hoch. Ich war ziemlich dankbar, dass er mir half, denn von alleine hätte ich wahrscheinlich nicht aufstehen können.

 

„Das wird schon wieder.“, flüsterte er mir leise ins Ohr. Ein leises Knurren kam von der anderen Seite.

 

„Sabrina?“, fragte ich mit brüchiger Stimme. Was war mit meiner Freundin?

 

„Der geht es gut. Alex ist schon mit ihr unterwegs.“, sagte David freundlich. Wie konnten zwei Personen nur so verschieden sein? Warum hatte er meine Freundin mitgenommen und nicht mich? Nicht, dass es mich interessieren würde. Das tat es nämlich nicht. Wahrscheinlich verspürte er gegenüber ihr nicht so einen Hass, wie mir gegenüber. Warum dies aber so war wusste ich nicht. Als Antwort nickte ich nur leicht. Mein Hals schmerzte immer noch. Das würde blaue Flecke geben. Plötzlich wurde ich auf seinen Rücken geschleudert.

 

„Halt dich gut fest.“, rief er mir über seine Schulter zu und rannte auch schon los. Im ersten Moment war ich zu überrascht um zu begreifen, was gerade passierte. Doch dann merkte ich es: Er rannte so schnell, wie der Wind. Die Bäume streiften nur so an uns vorbei. Geschickt weichte er den Zweigen aus, sodass sie mich nicht streiften. Es war einfach ein himmlisches Gefühl und für einen Moment vergaß ich meine Schmerzen. Ungefähr zehn Minuten später hielten wir. David setzte mich behutsam ab und grinste mich an.

 

„Lustig nicht wahr?“

 

„Wie?“, begann ich. Wie konnte man nur so schnell rennen?

 

„Werwolffähigkeit. Alex ist genauso schnell.“

 

„Das ist echt…“, begann ich immer noch erstaunt.

 

„Cool?“, fragte er.

 

„Auch, aber ich wollte eher atemberaubend sagen.“ Das Grinsen um sein Gesicht wurde noch breiter, wie bei einem kleinen Kind an Weihnachten. Dies ließ ihn mir nur noch sympathischer wirken.

 

Erst jetzt betrachtete ich meine Umgebung. Wir befanden uns vor einem riesigen Gebäude, einem Schloss. Plötzlich war mir alles klar. Die Zwei regierten, seit meine Oma verstorben war. Sie waren es, wovor mich meine Mutter warnte. Sie regierten über Melodia und ich sollte ihnen die Krone stehlen. Deshalb wurde Alex auch so aggressiv, als er mein Mal sah. Er hatte Angst die Herrschaft zu verlieren, seine Macht zu verlieren. Deshalb hasste er mich so arg.

 

Auf einmal wurde ich von der Seite gepackt. Alex war erschienen und zerrte mich in das Schloss.

 

„Turteln könnt ihr wann anders.“, zischte er sehr gereizt.

 

„Lass mir doch meinen Spaß.“, rief David zurück und dann waren Alex und ich auch schon im Schloss verschwunden. Mir blieb gar keine Zeit mir die Inneneinrichtung anzusehen, denn Alex schubste mich auch schon die Treppe hinunter. Ich stolperte und krachte gegen die kalte Marmorwand.

 

„Steh auf.“, knurrte er und zerrte mich schon wieder weiter.

 

„Pah, so ein Tollpatsch soll unsere Königin sein. Dass ich nicht lache.“, spottete er, öffnete eine Kerkertür und schubste mich unsanft hinein.

 

„Arschlosch.“, schrie ich aufgebracht, jedoch war der Vampir schon verschwunden. Hoffentlich hatte er es gehört. Sollte er doch wissen, dass ich ihn auch hasste.

 

Ich befand mich in einer kleinen Zelle. Sie erinnerte mich an alte Filme, denn sie hatte am Eingang überall Zellstäbe. In der Zelle befand sich nichts außer eine Toilette und etwas Braunes in der Ecke. Was war das denn bitte?

 

„Sabrina.“, schrie ich und eilte zu ihr. Es war meine beste Freundin. Sie war nicht bei Bewusstsein. Ich schaute mir schnell ihren Körper an und stellte zum Glück fest, dass sie nicht verletzt war. Mir fiel ein riesengroßer Stein vom Herzen. Hätte der Mistkerl ihr auch nur ein Haar gekrümmt, dann hätte ich ihn umgebracht … hätte es zumindest versucht.

 

„Sabrina, wach auf.“ Leider tat sie mir diesen Gefallen nicht und blieb bewusstlos.

 

Heulend setzte ich mich neben sie. Warum musste auch ausgerechnet ich diese beschissene Königin sein? Warum ich? Ich war gar nicht dazu in der Lage zu regieren. Schon gar nicht ein ganzes Königreich. Warum bin ich nur hierhergekommen? Dieses scheiß Kaff brachte bisher nur Unglück.

 

„Hey Süße, nicht weinen.“ Ich drehte mich zu meiner Freundin um und warf mich auf sie. Sie war wieder bei Bewusstsein. Halleluja.

 

„Ich freue mich auch dich zu sehen, aber musst du mich gleich umschmeißen?“, fragte sie vorwurfsvoll und brachte mich damit zum Lächeln. Das war eben meine beste Freundin. Nach einer Weile ließ ich von ihr ab und ging von ihr runter.

 

„Was machen wir jetzt?“, fragte ich in der Hoffnung, dass sie eine Idee hatte.

 

„Warum frägst du mich das? Du bist doch die Königin.“ Hahaha, wie lustig. Ganz toll, jetzt begann sie auch noch so.

 

„Lustig. Wie kommen wir hier am besten raus?“

 

„Ach Diana. Ich habe doch selbst keine Ahnung.“ Es musste doch irgendeine Möglichkeit geben hier raus zu kommen. In Filmen schafften sie es auch abzuhauen. Genervt stand ich auf und schlug mit voller Wucht gegen die Gitter.

 

Mit einem lauten Knall brach das Eisengitter zusammen. Geschockt starrte ich darauf. Wie war das möglich? Wie hatte ich das gemacht? Sabrina schaute mich mit weit aufgerissenem Mund an.

 

„Wie hast du das gemacht?“, fragte sie voller Erstaunen.

 

„Ich habe keine Ahnung.“, murmelte ich versuchte durch die entstandene Öffnung zu klettern. Mit etwas Mühe gelang mir das schließlich auch. Sabrina murmelte irgendetwas wie Superwoman, während sie es mir gleich tat.

 

„Komm schon. Machen wir, dass wir hier abhauen.“, flüsterte ich immer noch völlig verdattert und begann loszurennen.

 

„Diana weißt du überhaupt, wo du hier hinrennst?“, fragte sie leider viel zu laut. Ihre Stimme hallte in den Gängen wieder.


„Sei doch ruhig. Wenn du weiter so schreist, dann war alles umsonst.“, zischte ich bedrohlich.

 

„Diana, deine Augen.“, murmelte sie geschockt und zeigte mit ihrem schmalen Finger auf mein Gesicht. Was war denn jetzt bitteschön mit meinen Augen? Sabrina rieb sich mit ihrer rechten Hand ihre Augen und schaute mich anschließend wieder an.

 

„Ach nichts. Ich dachte ich hätte da gerade etwas gesehen.“, murmelte sie und musterte mich mit nachdenklicher Miene.

 

„Ah ja. Komm schnell.“ Wir rannten die kalten Gänge entlang und gelangten zu einer Treppe aus Stein. Rennend überquerten wir sie und gelangten an eine ziemlich alte Tür. Ich öffnete sie langsam, allerdings knarrte es ziemlich laut. Nachdem ich sie ein kleinwenig geöffnet hatte, schaute ich mich nach links und rechts um. Es war niemand zu sehen. Auf Zehenspitzen schlich ich mich die Türe hinaus. Ich hörte Sabrinas panisches Atmen hinter mir.

 

„Na, wo wollt ihr denn hin?“, fragte die mir leider allzu vertraute Stimme von Alex. Ich konnte schon jetzt die pure Schadenfreude heraushören.

 

 

 

Kapitel 4

Erpressung

 

 

Erschrocken drehte ich mich zu dem gutaussehenden Vampir um. Dieser lehnte an einer Säule und lächelte gefährlich. Seine Arme hatte er vor der Brust verschränkt. Seine Augen waren zu engen Schlitzen verzogen. Diesen boshaften Blick hatte er echt gut drauf. Das musste man ihm echt lassen.

 

„Oh nein.“, flüsterte Sabrina hinter mir. Mein Herz geriet ins Stocken. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, sollte ich am besten um mein Leben rennen. Ich hatte schon gemerkt, dass mit ihm nicht zu scherzen war und man ihn besser nicht verärgern sollte. Blitzschnell stand Alex vor mir. Automatisch ging ich einen Schritt zurück. Mit dem Rücken stoß ich gegen die eiskalte Wand, was sich nicht gerade angenehm anfühlte. Alex stützte beide Arme jeweils rechts und links von mir ab. Sein Gesicht war nur wenige Millimeter von meinem entfernt. Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich konnte nicht mehr klar denken.

 

„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?“, hauchte er und ich spürte seinen kalten Atem auf meinem Gesicht. Ich geriet in Panik, seinem Tonfall nach zu urteilen war er wirklich stocksauer. Konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?

 

„Ich habe dich etwas gefragt.“, zischte er diesmal und schaute mich zornig an.

 

„I-ich weiß nicht.“, murmelte ich mit zitternder Stimme.

 

„Ich kann es dir sagen.“, flüsterte er in mein linkes Ohr und ich bekam eine eisige Gänsehaut.

 

„Du hast dir überhaupt nichts dabei gedacht. Was du getan hast war gefährlich, dumm und hat dir rein gar nichts genützt.“, schnurrte er. Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals. Wie konnte man jemandem mit der Stimme nur so eine Heidenangst einjagen? Plötzlich packte er unsanft meinen Arm.

 

„Mach, dass du mitkommst. Ich wundere mich, wie du überhaupt ausbrechen konntest.“, sagte er in einem ernsten Tonfall und zerrte mich durch das Schloss, wieder hinunter in den Keller. Tränen traten mir in die Augen, da er meinen Arm beinahe zerquetschte. Wie konnte jemand nur so kalt sein? Ich wünschte, ich wäre überhaupt nicht hierhergekommen.

 

„Warum hasst du mich so?“, flüsterte ich. Alex blieb abrupt stehen und drehte sich zu mir um.

 

„Warum hasst du mich so?“, äffte er mich nach.

 

„Ich hasse JEDEN, Mädchen. Aber am allermeisten die, die mir meine Macht nehmen wollen.“, schrie er schaute mich aber gleichzeitig emotionslos an. Dann zerrte er mich weiter, allerdings glaubte ich, dass sich sein Griff ein wenig gelockert hatte.

 

 

 

Langsam öffnete ich meine Augen. Mit knackendem Rücken richtete ich mich auf. Was war passiert? Ich erinnerte mich nur noch vage an den letzten Tag. Sabrina und ich wollten fliehen, allerdings kam Alex und hat uns aufgehalten.

 

Ich befand mich wieder in einer Zelle. Dieses Mal war eine riesige Glaswand angebracht, durch die man durchschauen konnte. Ich selbst befand mich auf einem Feldbett. Neben dem Bett war ein großer Vorhang angebracht. Dahinter war eine Toilette, ein kleines Waschbecken und ganz außen eine Dusche. Ich war beeindruckt, denn diese Zelle war im Vergleich zur anderen viel komfortabler, soweit das möglich war.

 

„Guten Morgen.“, sagte David und ließ mich zusammenfahren. Erschrocken drehte ich mich zu ihm um. Der brünette Werwolf saß auf einer Bank außerhalb der Zelle, hinter der Glasscheibe. Ein leichtes Lächeln schlich sich über sein Gesicht, als er merkte, dass er mich erschrocken hatte. So ein Idiot.

 

„Musst du mich so erschrecken?“, fragte ich völlig außer Atem.

 

„Tut mir leid. Ich dachte du hättest mich bemerkt.“, sagte er immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen. Wie sollte ich bitte jemanden bemerken, der sich leiser bewegte, als der Wind?

 

„Natürlich. Dir auch einen guten Morgen.“ Ich war einerseits sauer, da er mich so erschrocken hatte, aber andererseits war ich richtig froh, dass Alex nicht hier war. David konnte ich im Vergleich zu ihm viel besser leiden. Bei Alex hatte ich immer das Gefühl, dass er mich bei allem, was ich sagte am liebsten in Fetzen reißen würde. Aber dies bildete ich mir glaube ich nicht ein. Das war wirklich so.

 

„Ich habe hier etwas zu essen für dich.“, sagte David und stand auf, dann legte er ein Tablett mit Essen auf den Boden und drückte einen roten Knopf an der Wand. Was machte er da? Verwirrt runzelte ich die Stirn und schaute ihn fragend an.

 

„Lass dich überraschen.“, sagte er als Antwort, als er mein Gesicht sah. Nach circa zehn Sekunden war das Essen weg und erschien auf meiner Seite der Glaswand.

 

„Wow. Wie hast du das gemacht?“, fragte ich erstaunt und war ziemlich beeindruckt.

 

„So etwas ist in Melodia ganz normal. Wir sind mit unserer Technik viel weiter entwickelt, wie ihr auf der Menschenwelt.“, erklärte er mir und ich hörte ihm gespannt zu.

 

„Das ist ja cool.“, sagte ich und ging zu dem Essen, nahm mir das Tablett und setzte mich wieder auf das Feldbett.

 

„Und das ist nicht irgendwie verseucht?“, fragte ich grinsend.

 

„Nein Diana. Es ist nicht verseucht, geschweige denn giftig.“, sagte David und kniff die Augen zusammen. Oh, nervte ich ihn etwa?

 

„Okay ist ja gut. Aber wehe, ich bekomme davon Bauchschmerzen.“, warnte ich ihn und hob drohend meinen Zeigefinger.

 

„Drohst du mir etwa?“, fragte er und versuchte sich ein Grinsen zu unterdrücken, was ihm allerdings nicht wirklich gut gelang.

 

„Ähm nun ja. Eigentlich schon.“ Wie dumm von mir. Er musste garantiert denken, dass ich nicht mehr ganz in Ordnung im Kopf war. Ein Mensch drohte einem Werwolf.

 

„Ess jetzt deine Pizza, sonst wird sie kalt.“, sagte er und ich schaute ihn lächelnd an.

 

„Pizza? Echt? Wie lieb danke. Aber was sagt Alex dazu?“, fragte ich gespannt.

 

„Nun ja, Alex war eigentlich der Meinung, dass du nur jeden zweiten Tag etwas zu essen bekommen solltest. Ich habe mich durchgesetzt, dass du jeden Tag eine Mahlzeit bekommst.“, erzählte er.

 

„Mit Mahlzeit meint Alex wahrscheinlich Brot mit Wasser oder?“, fragte ich und konnte an Davids Gesichtsausdruck ablesen, dass ich richtig lag. Wow, gegen Alex konnte sich mal jemand durchsetzen.

 

„Ess jetzt!“, befahl er und schließlich nahm ich mir das große Stück Salamipizza und begann zu essen. Es schmeckte genauso gut, wie es aussah. Währenddessen trank ich aus dem Wasserkrug und wurde sogar richtig satt. Als ich fertig war, stellte ich das leere Tablett zurück.

 

„Hat es geschmeckt?“, fragte er.

 

„Ja sehr gut. Danke.“ Plötzlich riss ich die Augen erschrocken auf. Wie konnte ich das nur übersehen? Ich hatte tatsächlich nicht gemerkt, dass sie nicht da war.

 

„David, wo ist Sabrina?“, fragte ich panisch. David wich meinem Blick aus und schaute zur Seite.

 

„Wo ist sie?“, fragte ich mit mehr Druck in der Stimme.

 

„Sag es mir, bitte.“, flehte ich und schaute ihn bittend an. Warum sagte er es mir denn nicht? War sie etwa tot?

 

„Sie ist bei Alex.“, murmelte er und schaute bedrückt zu Boden.

 

„Was? Warum ist sie bei Alex?“ Wehe, dieser Arsch fügte ihr ein Leid zu.

 

„Du solltest jetzt besser schlafen.“, sagte David und stand auf um zu gehen. Ich hatte doch erst geschlafen. Was verheimlichte er mir?

 

„David, bitte.“, versuchte ich noch einmal. Allerdings zwecklos.

 

„Schlaf bitte. Es ist besser so. Du hast Alex noch nicht richtig wütend erlebt. Ich würde dir davon abraten ihn zu verärgern. Er würde nicht davor zurück scheuen, Sabrina wehzutun.“, sagte er und verschwand durch eine große Metalltür, die hinter ihm laut ins Schloss fiel.

 

Tränen liefen mir über meine Wangen. Was wenn Alex meiner Freundin etwas antun würde? Meine Welt würde zusammenbrechen. Das konnte er doch nicht machen. Sie war die Einzige, die ich noch hatte.

 

Ich wusste nicht, wie lange ich einfach nur dasaß und weinte. Aber als ich mich endlich wieder halbwegs unter Kontrolle hatte, setzte ich mich auf und erstarrte. Alex saß auf der anderen Seite der Glaswand und starrte mich grinsend an. Ihm schien es wohl zu gefallen, dass ich weinte. Wie sadistisch konnte jemand nur sein?

 

„Auch schon fertig?“ War natürlich klar, dass Alex sich seine dummen Kommentare nicht verkneifen konnte.

 

„Wo ist meine beste Freundin?“, fragte ich und hoffte, dass es ihr gut ging.

 

„Woher sollte ich das wissen?“, fragte er unschuldig.

 

„Tu nicht so dumm. David hat mir gesagt, dass sie bei dir ist.“ Alex Grinsen verschwand augenblicklich. Oh Mist, jetzt hatte ich David verraten.

 

„War ja klar, dass er seine Klappe nicht halten konnte. Bei Frauen wird er immer schwach.“

 

„Was hast du mit ihr gemacht?“, fragte ich nun lauter und überging seinem Kommentar David gegenüber. Ich wollte endlich wissen, was mit meiner Freundin war.

 

„Noch nichts.“, sagte er und betonte beabsichtigt das noch. Ich atmete erleichtert aus. Ihr ging es gut. Um auf Nummer sicher zu gehen, schaute ich hinunter zu meiner Kette. Diese leuchtete zwar rot, aber nicht gelb. Das heißt, er hatte ihr nichts getan und nicht gelogen.

 

„Allerdings solltest du noch einmal versuchen zu flüchten, geschweige denn mir in irgendeiner Art und Weise missfallen, dann werde ich nicht dabei zögern deiner kleinen Freundin in die Halsschlagader zu beißen. Haben wir uns verstanden?“, fragte er und grinste teuflisch, da er mich in seiner Hand hatte und ich gar nicht anders konnte, als ihm zu gehorchen.

 

„Ja.“, war meine kurze Antwort.

 

„Schön. Dann wäre das ja geklärt.“, sagte er hocherfreut und verließ den Kerker. Nun war ich wieder alleine. Ich würde alles dafür tun, dass Sabrina nichts geschieht. Selbst, wenn ich dafür Alex gehorchen müsste.

 

 

 

Kapitel 5

Schuld

 

 

Ich hatte nun schon seit drei Tagen nichts von Sabrina gehört. Das machte mich beinahe wahnsinnig. Was, wenn Alex sie umgebracht hatte. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie mein Leben dann weitergehen sollte. Sie war mein ein und alles. David erzählte mir auch nichts mehr. Er wirkte irgendwie … abweisend. Er brachte mir zwar jeden Tag mein Essen, allerdings schaute er mich nicht an und verlor auch kein Wort an mich. Ich hatte irgendwie das komische Gefühl, dass seine Abwesenheit mit Alex zu tun hatte. Er musste David gesagt haben, dass er nicht so nett zu mir sein sollte. Oder sonst irgendetwas Hinterhältiges. Zutrauen konnte man Alex das ja. Er war nicht gerade der sanfte Typ. Er liebte es draufzuhauen und seinem Gegner zu zeigen, wer der Chef war. Er wollte immer der beste sein.

 

Seufzend erhob ich mich mit einem knackenden Rücken von meinem Feldbett. Schlafen konnte ich auf so einem Ding nicht gut. Wie denn auch, wenn es erstens unbequem war und zweitens bei jeder Bewegung Geräusche von sich gab. Mir fiel ein, dass ich dringend mal wieder duschen sollte. Ich wollte gar nicht wissen, wie mein Kopf von oben aussah. Höchstwahrscheinlich sah ich genauso dreckig aus, wie ich mich fühlte. Mein Körper juckte und ich beschloss, dass es an der Zeit war mich zu waschen. Ich war keineswegs unhygienisch. Allerdings scheute ich mich davor mich hier unten auszuziehen, geschweige denn mich in dieser widerlichen Dusche zu waschen. Ich wollte vor zwei Tagen schon mal duschen. Jedoch als ich feststellte, dass an der Wand bei der Dusche Schimmel war, entschied ich mich dazu weiter zu stinken. Jedoch war das ja auch keine gute Lösung gewesen. Zumindest für meine Umwelt.

 

Ich nahm mir frische Kleidung, die ich unter meinem Bett verstaut hatte. Diese hatte David mir vorbeigebracht. Es war eine einfache schwarze Leggings und dazu ein weißes T-Shirt. Außerdem hatte er mir Unterhosen gekauft, worüber ich wirklich sehr froh war. Allerdings machte mich das auch ein bisschen verlegen. Ich legte meine Kleidung an das Waschbecken. Hoffentlich würde David jetzt nicht runterkommen. Das wäre echt megapeinlich. Ich zog mich schnell aus, warf die dreckigen Klamotten auf den Boden und sprang dann in die verschimmelte Dusche.

 

„Ah.“, schrie ich, als ich das Wasser viel zu schnell aufdrehte. Es war einfach eiskalt. Wollten die mich hier etwa umbringen? Nicht einmal warmes Wasser hatten sie hier, beziehungsweise für mich. Augen zu und durch, sagte ich mir. Was mich nicht umbringt, das macht mich nur noch stärker. Langsam drehte ich das Wasser wieder auf. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken. Zitternd fing ich an, meine Haare zu waschen. Da sie mir kein Shampoo gegeben hatten, musste ich meine Haare versuchen so, also nur mit Wasser sauber zu bekommen. Dies gelang mir auch einigermaßen. Als ich mich wieder halbwegs sauber fühlte, stieg ich aus der Dusche.

 

Zum Glück war keiner hier. Schnell zog ich mir meinen alten schwarzen BH und eine schwarze Unterhose an. Dann drehte ich mich kurz um, da ich mir mein T-Shirt nehmen wollte. Komischerweise waren mein Shirt und meine Leggings nicht da. Verzweifelt schaute ich mich im Raum um. Das konnte doch nicht sein. Ich hatte es hier hingelegt. Ich war mir sehr sicher.

 

„Was ist denn los, Süße? Du wirkst so verzweifelt.“ Augenblicklich erstarrte ich in meiner Bewegung. Oh nein. Nicht er. Bitte nicht er. Das kann doch nicht wahr sein. Langsam drehte ich mich um. Direkt vor mir stand ein grinsender Alex. In seiner linken Hand hatte er meine Kleidung. Na super. Sehr lustig.

 

„Gib mir sofort meine Kleidung.“, nuschelte ich. Sein Grinsen wurde sofort noch breiter. Immerhin stand ich hier in knapper Unterwäsche vor ihm. Peinlicher konnte es doch nun wirklich nicht mehr werden.

 

„Hmmm. Lass mich mal nachdenken. Warum sollte ich das tun?“ Wollte er mich etwa provozieren? So ein Arschloch. Aber das wusste ich ja bereits schon seit unserer ersten Begegnung.

 

„Gib‘s mir sofort.“, forderte ich nun etwas lauter.

 

„Ach du willst also, dass ich es dir gebe? Nun ja. Darüber können wir zwei vielleicht noch verhandeln.“, sagte er und lächelte charmant. Musste er eigentlich alles zweideutig sehen? Er war einfach unmöglich.

 

„Das meinte ich damit nicht.“, murmelte ich verlegen. Ich wollte jetzt auf der Stelle meine Kleidung haben.

 

„Ach ja, wie hast du es denn dann gemeint?“, fragte der Vampir unschuldig.

 

„Tu nicht so dumm.“, zischte ich nun aufgebracht. Dafür bekam ich dann auch gleich schon die Konsequenz.

 

 

Au! Ein kräftiger Schmerz durchzog meine rechte Wange.

 

 

Empört schaute ich ihn an. Das ging nun wirklich zu weit. Er sollte mich einfach in Ruhe lassen.


„Gib mir jetzt endlich meine Klamotten du Arschloch.“, schrie ich zu ihm.

 

 

Au! Das war die Zweite und diesmal auf der linken Wange.

 

 

„Hör auf mich zu schlagen. Geh lieber mal zu einem Karatekurs und lass dort deinen Aggressionen freien Lauf.“, brüllte ich, bereute jedoch sofort was ich sagte. Plötzlich spürte ich eine eiskalte Hand um meinen Hals. Mein Rücken knallte unsanft an die kalte Marmorwand. Meine Luft zum Atmen wurde mir genommen.

 

„Wie sprichst du eigentlich mit mir du unverschämtes Gör. Hat man dir kein Benehmen beigebracht?“, schrie er. Sein Gesicht war wutverzerrt.

 

„Lass mich sofort los!“, keuchte ich. Ich war kurz vorm Ersticken. Wenn er mich nicht tot sehen wollte, dann sollte er jetzt besser loslassen.

 

„Du hast mir überhaupt nichts zu befehlen. Ich bin der König.“, schrie er.

 

„Nein bist du nicht. Ich bin die rechtmäßige Königin. Du hast dir nur den Titel geklaut. Du bist nichts weiter, als ein arrogantes, charakterloses, eiskaltes Monster!“, brüllte ich mit letzter Kraft. Alex hielt inne. Sein Gesicht zeigte nichts. Keine Gefühle, keinerlei Emotionen.

 

„Jetzt reicht’s.“, flüsterte er. Alex ließ mich los und ging in menschlicher Geschwindigkeit zur Glaswand. Dort drückte er einen Knopf, wodurch die Glaswand hochgezogen wurde. Alex lief weiter und machte sich nicht die Mühe sie zu schließen. Ein ungutes Gefühl durchlief mich. Was hatte er vor? Er lief zur Holztür, öffnete diese und lief anschließend die Treppe hinauf. Er murmelte irgendetwas davon, dass ich es übertrieben hätte. Nun beschleunigte er seinen Schritt. Ich musste rennen, um ihm hinterher zu kommen. Er blieb schließlich vor einer

Mit Gold verzierten Tür stehen. Dies musste also sein Zimmer sein. Er drehte sich kurz zu mir um.

 

„Das, was jetzt passiert, daran bist du selbst schuld.“, zischte er. Dann öffnete er die Tür.

 

Sabrina! Sabrina saß auf dem riesengroßen Bett. Sie schaute sofort auf, als sie mich sah. Ein kleines Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Ich wollte schon auf sie zu rennen, jedoch kam mir Alex zuvor.

 

Er lief zu ihr und legte seine Hände um ihren Kopf.

 

„Du darfst dich bei deiner Freundin bedanken.“, sagte er und grinste teuflisch. Dann knallte er ihren Kopf mit voller Wucht gegen die Wand.

 

 

 

Kapitel 6

Das Monster in mir

 

 

Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf. Ich hatte die ganze Zeit dieses fürchterliche Bild vor Augen. Alex, wie er den Kopf meiner Freundin gegen die Wand schlug. Dieses eine Geräusch hallte in meinen Ohren wieder. Die Wand war rot. Es war Blut. Ihr Blut. Das Blut meiner Freundin. Ihre Augen starrten ausdruckslos zur Decke. Einen Moment lang dachte ich, dass sie tot war. Dann jedoch hörte ich es. Das leise, aber gleichmäßige Pochen ihres Herzes. Alex schaute mich grinsend an. Er wollte mir zeigen, wer hier die Macht hatte. Das jedoch war mir im Moment egal. Es war mir auch egal, dass Sabrina da lag und um ihr Leben kämpfte. Meine Konzentration galt etwas ganz anderem. Blut. Ich wollte ihr Blut. Ich hörte es durch ihre Venen rauschen. Langsam und gleichmäßig. Ich konnte es schon auf der Zunge spüren. Der Geruch ihres Blutes … einfach unbeschreiblich.

 

„Hast du jetzt endlich verstanden, wer hier der Chef ist?“, flüsterte er bedrohlich und gefährlich. Jedoch nahm ich das nur am Rande wahr. Ich hielt es hier drin nicht mehr aus. Ich wollte zu ihr rennen und von ihr probieren. Von ihrem Blut. Aber irgendetwas hinderte mich daran.

 

„Ich muss hier weg.“, hauchte ich. Dann drehte ich mich einfach um und rannte weg. Ich rannte so schnell ich konnte. In meinem Kopf drehte sich alles. Warum wollte ich das? Warum hatte ich das plötzliche Verlangen nach Blut? Ich würde wieder Ärger bekommen, jedoch war mir das egal. Ich kam an einer braunen Tür vorbei. Ich öffnete sie und hastete dort hinein. Anschließend verschloss ich die Tür hinter mir. Die Tür würde Alex zwar nicht lange aufhalten, aber immerhin für kurze Zeit.

 

Im Raum war es dunkel. Ich konnte nichts erkennen. Es war hier drin zu dunkel um irgendetwas zu sehen. Mit meiner rechten Hand tastete ich an der Wand nach einem Lichtschalter. Als ich ihn gefunden hatte, drückte ich ihn.

 

Der Raum war weiß gestrichen und nicht sehr groß. Es befanden sich drei Schränke in diesem Raum. Einer an der linken, einer an der rechten und einer vor der mittleren Wand. Außerdem hatte der Raum keine Fenster und wurde nur durch eine kleine Wandlampe beleuchtet. Deshalb war es hier immer noch relativ düster.

 

„Diana. Öffne sofort die Tür.“, schrie Alex von draußen und klopfte an die Tür. Scheiße, er war da und hatte mich entdeckt.

 

Langsam lief ich zu dem linken Schrank. Was da wohl drin war? Vielleicht Dosen, in denen sich Augäpfel oder sonst etwas anderes widerliches befand. Oder abgetrennt Körperteile.

 

„Diana mach sofort diese beschissene Tür auf.“, knurrte er. Er hörte sich ziemlich wütend an.

 

„Ich denk gar nicht daran.“, zischte ich und öffnete die silberne Schranktür. Es befanden sich zigtausend nebeneinandergereihte Blutbeutel im Schrank. Untendrunter war feinsäuberlich die Blutgruppe notiert. Der leichte Geruch von Blut kam mir entgegen. Er benebelte mein Denken und ich hatte auf einmal nur noch das Verlangen mir einen Beutel zu nehmen und zu trinken. Ich zögerte, jedoch kralle ich mir schließlich den ersten Beutel, riss diesen auf und hielt ihn an meinen Mund.

 

Die kalte Flüssigkeit rann mir die Kehle hinab. Es schmeckte einfach herrlich. Ich konnte davon gar nicht mehr genug bekommen. Viel zu schnell war der Beutel leer. Achtlos schmiss ich ihn auf den Boden und nahm mir den nächsten. Auch dieser war leider viel zu schnell leer. Gierig trank ich einen nach dem anderen. Ich wollte mehr. Immer mehr. Das Blut schmeckte einfach zu gut. Es hatte die Wirkung wie eine Droge. Ich konnte einfach nicht mehr aufhören.

 

Plötzlich hörte ich einen lauten Knall. Dieser erschreckte mich so sehr, dass ich den Blutbeutel einfach fallen ließ.

 

„Was machst du da?“, hörte ich Alex sagen. Erschrocken drehte ich mich zu ihm um. Er starrte mich schockiert an. Aber komischerweise keineswegs wütend. Er wirkte eher überrascht. Er war sprachlos.

 

Alex kniete sich zu mir und zerrte mich hoch. Nicht fest, aber auch nicht gerade sanft. Was hatte ich nur getan? Ich hatte Blut getrunken. Und nicht gerade wenig. Ein letzter Blick in den Schrank zeigte mir, dass ich ein ganzes Regal leergetrunken hatte. Wie konnte ich nur? Warum tat ich das?

 

Alex blieb vor einer großen und breiten Tür stehen. Auch diese war mit Gold verziert, jedoch sah sie noch luxuriöser aus. Alex öffnete die Tür und ging mit mir hinein. Anschließend schloss er sie wieder. Alex drehte sich zu mir und schaute mich von oben bis unten an.

 

„Du brauchst dringend eine Dusche.“, bemerkte er und zeigte mit seinem langen Zeigefinger auf eine Tür.

 

„Hier.“, sagte er und gab mir einen Block mit frischer Kleidung.

 

„Ich habe gerade nichts anderes da, deshalb kann ich dir nur meine Kleidung geben.“, rechtfertigte er sich, als ich die Kleidung kritisch begutachtete. Ohne etwas zu sagen drehte ich mich um und ging in das Badezimmer.

 

Das Badezimmer war hell beleuchtet und hatte in der Mitte eine riesige weiße Badewanne. Auf der linken Seite befanden sich zwei große Waschbecken und rechts zwei Toiletten. Die Wände waren beige und der Boden bestand aus weißen Fließen. In der einen Ecke stand ein riesengroßer Spiegel. In der anderen befand sich eine große Dusche. Ich trat vor den Spiegel und erschrak.

 

Meine Haare waren komplett durcheinander. Meine blauen Augen starrten aus ihren Höhlen, wie bei einem wilden Tier. Mein Körper war blutdurchtränkt. An meinen Lippen hing noch etwas von der roten Flüssigkeit. Aber das schlimmste war mein Mund. Aus diesem schauten zwei spitze Eckzähne.

 

Erschrocken starrte ich auf mein Spiegelbild. Ich wusste zwar, was das zu bedeuten hatte, aber ich wollte es mir nicht eingestehen. Ein Traum. Das ist alles nur ein schlechter Traum, versuchte ich mir einzureden.

 

Ich zog mich langsam aus und stieg dann unter die Dusche. Warmes Wasser lief über meinen Körper. Dieses war sehr angenehm und ich begann sofort mich zu entspannen. Jedoch hielt dieser Zustand nicht lange. Ich hatte Blut getrunken. Blut von Menschen. Das hatte doch schon etwas Kannibalisches an sich. Ich war ein Monster. Ein eiskaltes, grausames Monster. Was war nur mit mir geschehen?

 

Das war einfach zu viel für mich. Ich brach in der Dusche zusammen und weinte mir die Seele aus dem Leib.

 

 

 

Kapitel 7

Drohungen

 

 

Ich weinte und weinte und weinte. Ich schämte mich für meine Taten, jedoch konnte ich nicht sagen, dass ich es bereute. Wenn ich auch nur an Blut dachte, zog sich mein Magen zusammen. Es schmeckte einfach so gut. Es war unbeschreiblich. Aber wie konnte das sein? Mein Leben lang war mir Blut egal. Es machte mir nichts aus, wenn jemand verletzt war und ich spürte auch nicht diesen verdammten Durst. Wie war das nur möglich, dass jetzt auf einmal alles anders war?

 

Plötzlich spürte ich eine kühle Hand auf meiner Schulter. Benommen schaute ich auf und erblickte Alex. Er schaute mir in die Augen, allerdings war mir das egal. Es war mir auch egal, dass ich nackt vor ihm lag, wie ein Häufchen Elend. Sollte er sich doch an meinem Anblick angeilen. Alex räusperte sich.

 

„Was? Reicht es dir nicht mich weinen zu sehen? Willst du dich jetzt auch noch an meinem erbärmlichen Anblick ergötzen?“, schluchzte ich und versuchte meinen Körper ein klein wenig mit meinen Händen zu verdecken. Nun war es mir doch ziemlich peinlich und auch unangenehm. Zum Glück lag ich so, dass man von mir eigentlich fast nichts sehen konnte.

 

„Steh auf.“, sagte er mit einer monotonen Stimme. Allerdings merkte man nun doch wieder den Befehlston.

 

„Lass mich in Ruhe.“, murmelte ich verzweifelt. Dieser beschissene Dreckskerl sollte mir einfach meine Ruhe lassen. Alex beugte sich zu mir herunter und legte seinen schwarzen Bademantel aus Seide um mich. Sobald mich der Stoff bedeckte, fühlte ich mich sicherer. Zumindest ein wenig. Schließend legte der Vampir seine Hände unter meinen Rücken und meine Beine. Dann hob er mich scheinbar mühelos hoch.

 

„Lass mich runter.“, quengelte ich.

 

„Sind wir wieder im Babyalter angekommen?“, fragte er, während um seine Mundwinkel ein leichtes Lächeln spielte.

 

„Sehr witzig.“, murmelte ich genervt. Alex legte mich auf sein großes weiches Himmelbett. Es hatte Vorhänge aus rotem Satin und rotschwarze Bettwäsche. Das Schlafzimmer an sich war ebenfalls wie das Bett in Rot und Schwarz gehalten. Gegenüber des Bettes stand ein riesiger schwarzverspiegelter Kleiderschrank, der fast bis an die Decke ragte. Ich war verwundert darüber, dass er einen Kleiderschrank hatte und kein Ankleidezimmer. Das Zimmer hatte drei braune Türen. Eine führte aus dem Zimmer, eine ins Bad und die dritte und letzte Tür führte in irgendeinen anderen Raum.

 

„Wohin führt diese Tür?“, fragte ich und zeigte auf sie.

 

„In meine persönliche Blutkammer.“, mein Körper versteifte sich augenblicklich. Nickend nahm ich die Antwort zur Kenntnis. Ich schüttelte meinen Kopf und versuchte so an etwas anderes zu denken, als Blut. Links neben dem Bett befand sich noch eine vierte Tür. Diese war durchsichtig und führte auf den riesigen Balkon. Ein Blick hinaus verriet mir, dass Schnee lag.

 

„W-wie kann das sein? Bei meiner Ankunft hier war Sommerwetter. Ich bin doch noch gar nicht lange hier. Höchstens eine Woche.“, stellte ich geschockt fest.

 

Alex lachte: „Hier in Melodia macht das Wetter, was es will. Es gibt eine Fee, welche für das Wetter verantwortlich ist. Ist sie gut gelaunt, dann scheint die Sonne. Ist sie allerdings entzürnt, dann kann es auch schon mal zu einem Sturm kommen.“ Im Zimmer befand sich rechts neben dem Bett ein riesiger Flachbildfernseher. Dieser war ungefähr dreimal so groß, wie mein Fernseher Zuhause. Wobei ich ja eigentlich nun gar kein Zuhause mehr hatte.

 

Schnell krabbelte ich nun unter die Bettdecke, da ich unter seinem Bademantel ja immer noch nichts anhatte. Alex legte sich neben mich und schaute mich musternd an.

 

„Was passiert mit mir?“, fragte ich und alle Sorgen kamen in mir wieder hoch.

 

„Es ist schwer zu erklären.“, begann er und wirkte nun nachdenklich.

 

„Versuch es. Bitte.“, flehte ich fast schon.

 

„Nun ja. Es ist komisch. Du riechst wie ein Vampir, aber siehst aus wie ein Mensch.“, sagte er, während er bei dem Wort Mensch angewidert die Nase rümpfte.

 

„Vielen Dank.“, zischte ich verärgert. Gab es eigentlich irgendetwas an mir, das er nicht verabscheute? Warum musste er Menschen immer nur so schlecht darstellen?

 

„Gern geschehen. Deine Haut ist nicht blass und deine Augen sehen nicht aus, wie schwarze Löcher.“, erklärte er.

 

„Achso. Und was soll heißen, dass ich wie ein Vampir rieche?“

 

„Gefährlich und vielleicht sogar ein bisschen Angst einflößend. Du hast einen Herzschlag, allerding schlägt dein Herz viel langsamer, als bei Menschen.“

 

„Aber das kann ja mit etwas anderem zusammenhängen. Mit einer Krankheit oder so. Es muss ja nicht gleich heißen, dass ich ein Vampir bin.“

 

„Ach ja? Woher kommt dann dein plötzlicher Blutsdurst und wie hast du dann die Kerkertür zerstört?“, fragte er mich hochgezogener Augenbraue.

 

„I-ich weiß nicht. Das ist bestimmt alles ein großes Missverständnis.“

 

„Nein ist es nicht. Sieh es ein, oder nicht. Du bist ein Halbvampir. Hätte es so etwas schon mal gegeben, dann hätte ich es viel früher bemerkt. Und jetzt muss ich mich auch noch mit dir rumschlagen. Schlimmer geht es echt nicht mehr.“, sagte er und war nun wieder so, wie vorher.

 

„Ich dich auch.“, sagte ich mit einem selbstgefälligen Lächeln.

 

Au! Die erste für heute!

 

„Werd nicht frech. Oder hast du etwa vergessen, was mit deiner kleinen Freundin passiert ist?“

 

„Drohst du mir etwa wieder? Jetzt pass mal gut auf du Möchtegernkönig. Nur weil du ein Vampir bist und ich nicht, zumindest nicht ganz, gibt dir das noch lange nicht das Recht mich wie einen Gegenstand zu behandeln!“, schrie ich und wartete schon auf eine weitere Ohrfeige. Stattdessen aber redete er. Langsam und gefährlich.

 

„Wenn du es noch einmal wagst das Wort gegen mich zu erheben, dann wirst du in meine ganz persönliche Hölle kommen. Und glaub mir, ich scheue nicht davor zurück dir mit allem, was in meiner Macht steht die Flausen auszutreiben. Mögen es Worte, Schläge bis zum Tod oder Sex sein.“

 

„Das wagst du nicht.“, hauchte ich und bekam es mit der Angst zu tun.

 

„Glaub mir Kleines, ich scherze nicht. Niemals.“, flüsterte er bedrohlich, während er mit seiner Hand zum Schlag ausholte.

 

„Hey Alex kommst du jetzt end…“, sagte der brünette Werwolf und schaute verwirrt. Alex ließ die Hand fallen und wandte sich zum Gehen, jedoch nicht ohne mir noch etwas zuzuflüstern.

 

„Noch eine Chance hast du. Nutze sie oder ich werde dir zeigen, wie man einen Menschen bricht.“, dann verschwanden die Beiden.

 

Das letzte, das ich sah war David, wie er mir ein mitleidiges Lächeln schenkte.

 

 

 

Kapitel 8

Engel

 

 

Erschöpft legte ich mich wieder in das rote Satin Bett. Der Streit mit Alex hatte mich völlig fertig gemacht. Ich war doch nicht seine Puppe, die er behandeln konnte, wie er wollte. Würde es nach mir gehen, dann würde ich all dem hier am liebsten den Rücken kehren und wieder zurück nach Hause gehen. Ich würde mein altes Leben wieder beginnen und meinen Blutdurst würde ich schon irgendwie in den Griff bekommen. Es würde schon irgendwie klappen und wieder gut werden. Vielleicht sollte ich einfach David fragen, ob er mich gehen lassen könnte. Alex würde ich auf gar keinen Fall fragen. David hasste mich nicht. Zumindest ließ er sich das nicht anmerken, falls es so war. Eventuell würde er mich tatsächlich gehen lassen. Dann wäre ich frei.

 

„Mist.“, murmelte ich. Meine beste Freundin hatte ich ja ganz vergessen. Sie war ja immer noch hier. Alex hatte ihren Kopf gegen die Wand geschlagen um mir eins auszuwischen. Daraufhin wollte ich ihr das Blut aussaugen. Ich hatte überhaupt nicht mehr an sie gedacht. Wie es ihr ging wusste ich nicht. Ebenso ob sie noch lebte. Wenn sie tot wäre, dann würde ich mir das nie verzeihen. Immerhin ist ihr das alles ja nur wegen meiner Dummheit und meinem Egoismus passiert. Wäre ich nicht so hartnäckig und frech Alex gegenüber, dann wäre ihr Kopf nicht an der Wand gelandet und ich wäre sicher, dass sie noch lebte.

 

Ich konnte nicht gehen. Nicht ohne Sabrina. Sie war die Einzige, die ich noch hatte. Erschrocken stellte ich fest, dass das wirklich so war. Mein Vater war kurz nach meiner Geburt an einem Verkehrsunfall gestorben. Jedoch war ich mir nun gar nicht mehr so sicher, ob das auch wirklich stimmte. Ich war ein Halbvampir. Da musste doch eines meiner Elternteile ein Vampir gewesen sein, oder? Nun ja wie auch immer. Eigentlich war mir das recht egal. Ich war ohne Vater aufgewachsen, deshalb vermisste ich ihn auch nicht. Bei meiner Mutter war das anders. Sie war gestorben. Vor gerade mal einer Woche. Sie sagte ich solle hier herkommen und Melodia zurückgewinnen. Es sei meine Bestimmung.

 

„Ach Mom. Wenn es doch nur so einfach wäre.“, flüsterte ich und starrte an die Decke.

 

„Wie konntest du das nur tun? Wie konntest du mich nur verlassen.“, schluchzte ich und setzte mich auf. Salzige Tränen liefen mir die Wangen hinunter.

 

„Ich kriege das nicht hin. Ich kann das einfach nicht. Hierfür bin ich die Falsche. Ich werde niemals gegen Alex ankommen. Ich bin eine Schande.“, weinte ich. Ich hatte irgendwie das Bedürfnis mein Herz auszuschütten. Ich wusste, dass es sinnlos war mit der Luft zu reden. Aber es kam mir gar nicht so vor, als redete ich mit niemandem. Ich hatte das starke Gefühl, dass mir jemand zuhörte.

 

„Ich bin vielleicht Schuld, dass Sabrina tot ist. Nur weil ich so hartnäckig war und mich gegen Alex gewehrt hatte. Ich tue immer das Falsche. Ich wollte sogar hier weg und alles fallen lassen nur um meinen eigenen Arsch zu retten. Ich wollte das Volk im Stich lassen und Sabrina. Was soll ich nur tun, Mom? Was soll ich tun?“

 

Hör auf dein Herz! Dann wirst du die richtigen Entscheidungen treffen.“

 

Erschrocken zuckte ich zusammen. Was war das? Wie konnte das sein? Wurde ich jetzt etwa schon verrückt? Die elf Worte hallten immer noch glasklar in meinem Kopf wieder. Ich hatte mir das doch nicht eingebildet. Das war die Stimme meiner Mutter. Da war ich mir tausendprozentig sicher. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken. Das war nun echt ziemlich gruselig. Ich hatte zwar gefragt, was ich nun machen sollte, aber mit einer Antwort hatte ich nun echt nicht gerechnet.

 

Erschöpft ließ ich mich wieder in das weiche Bett fallen.

 

„Einbildung.“, murmelte ich und streckte mich ausgiebig. Das war bestimmt alles nur Einbildung.

 

 

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich eingeschlafen war. Ich fühlte mich endlich mal wieder gut und nicht mehr erschöpft. Gähnend reckte ich mich der Sonne entgegen.

 

„Guten Morgen.“, erschrocken ließ ich die Hände fallen.

 

„David. Was machst du denn hier?“, fragte ich den gutaussehenden Werwolf verlegen. Wahrscheinlich waren meine Wangen so rot, wie dieses Bett.

 

„Soll ich wieder gehen?“, fragte er beleidigt und stemmte die Arme in die Hüften, was bei ihm ziemlich albern aussah.

 

„Nein! Nein. Ich bin nur etwas überrascht, dass du hier bist. Wo ist denn das Ars.. äh Alex?“, fragte ich und versuchte mit einem Lächeln den Versprecher wieder gut zu machen.

 

„Ist schon okay. Ich weiß, wie du von ihm denkst. Er wird erst morgen wieder kommen. Er befindet sich auf der Menschenwelt.“, sagte David und merkte, dass er etwas Falsches gesagt hatte.

 

„Auf der Menschenwelt? Es gibt eine Möglichkeit in die Menschenwelt zu gelangen?“, fragte ich überrascht und war jetzt endgültig hellwach.

 

„Nein. Ja. Also es gibt Portale, mit denen man zwischen den Welten wandern kann.“, begann er und wurde sofort von mir unterbrochen.

 

„Das ist ja fantastisch! Wo befinden sich diese Portale. Ich will da sofort hin.“, schrie ich voller Freude und Hoffnung. Es gab eine Möglichkeit hier abzuhauen.

 

„Es gibt nur wenige Portale. Nur die wenigsten können mit Portalen reisen. Die meisten Wesen werden beim Umgang mit Portalen zerrissen oder kommen nie dort an, wo sie geplant hatten hinzugehen. Es gab schon genug, die auf dem Mond gelandet sind.“

 

„Aber du kannst mir ja bestimmt zeigen, wie man das richtig macht.“

„Diana. Bitte. Ich darf dich hier nicht rauslassen und außerdem kann ich dir das nicht beibringen. Entweder man kann das von alleine oder nicht.“, erklärte er und wollte scheinbar nicht weiter darauf eingehen.

 

„Mhh okay. Schade.“, flüsterte ich niedergeschlagen und meine ganze Hoffnung war zunichte. Ich blieb für eine Weile schweigend liegen.

 

„Du David?“, fragte ich und hoffte, dass er mir meine jetzige Frage beantworten könnte.

 

„Ja Diana?“, fragte er und schaute mich abwartend an.

„Du kennst dich damit denke ich besser aus, als ich. Gibt es Wesen, die einem obwohl sie nicht da sind und nicht mehr leben Nachrichten zukommen lassen können?“

 

„Wie meinst du das mit Nachrichten zukommen lassen?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.

 

„Nun ja. So wie Worte, die im Kopf wieder hallen. Als würde die Person mit einem reden.“, versuchte ich zu erklären und hoffte nicht allzu dämlich zu klingen.

 

„Hmm da fallen mir spontan nur Engel ein, die so etwas können. Warum frägst du?“

 

„Ach nur so.“, antwortete ich und war nun noch verwirrter als zuvor.

 

 

 

Kapitel 9

Zu zweit

 

 

„Hat Alex dir eigentlich erzählt, was mit mir los ist?“, fragte ich ihn leise und hoffte, dass er es schon wusste.

 

„Meinst du, dass du ein Halbvampir bist? Ja, das hat er mir erzählt.“ Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich hatte schon gedacht, dass ich es ihm sagen müsste. Ich hatte nämlich immer noch so ein komisches Gefühl, da David ja ein Werwolf war und Werwölfe normalerweise die größten Feinde eines Vampirs waren. Leider Gottes war ich ja ein Halbvampir.

 

„Oh okay. Gut. Ich dachte ich müsste es dir noch sagen.“, sagte ich schließlich.

 

„Nein. Alex hat es mir schon gesagt. Er war ziemlich angepisst deshalb.“

 

„Was? Wieso war er deswegen denn angepisst?“, fragte ich uns sah David abwartend an.

 

„Naja da du ein magisches Wesen bist stellst du eine Bedrohung für ihn dar. Er mag es nicht mit seinen eigenen Waffen geschlagen zu werden.“

 

„Eigene Waffen? Was meinst du damit?“, konnte er vielleicht endlich mal ausführlich meinen Fragen antworten oder war das zu viel verlangt?

 

„Hat Alex dir das noch nicht gesagt? Jedes magische Wesen kann ein Element beherrschen. Alex und ich wir können beide Feuer, da wir sozusagen zu der Gattung der Dämonen zählen.“, erklärte er mit einem schiefen Grinsen.

 

„Okay. Aber was hat das mit mir zu…“, begann ich, begriff aber dann denn Sinn seiner Worte.

 

„Du meinst, weil ich ein Halbvampir bin kann ich auch Feuer?“, fragte ich den schönen Werwolf und sah ihn fragend an.

 

„Genau das meine ich. Alex hasst dich und es macht ihn noch wütender, dass du nun auch noch genauso mächtig bist wie er. Er hasst Konkurrenz und schafft diese meistens aus dem Weg.“ Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Aus dem Weg schaffen? Na ganz toll.

 

„Das hätt ich mir ja fast schon denken können.“, murmelte ich und schlug sofort meine Hände vor den Mund. Normalerweise war es mir ja egal, was andere von mir dachten. Jedoch war David Alex Freund und die zwei regierten zusammen. Ich wollte es mir echt nicht auch noch bei David verscherzen indem ich Alex schlecht machte. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass David lächelte.

 

„Was ist so witzig?“, fragte ich ihn. Hoffentlich war er nicht wütend auf mich oder verpetzte es Alex.

 

„Du bist witzig. So wie du dir die Hände vor den Mund schlägst, als hättest du grad ein geheimes Geheimnis verraten.“, meinte er. Daraufhin musste ich lachen.

 

„Und was ist jetzt an mir so witzig?“, fragte mich der Werwolf.

 

„Du! Du bist witzig.“, kicherte ich und rollte im Bett auf und ab.

 

„David, Geheimnisse sind immer geheim. Deshalb heißen sie ja Geheimnisse.“, lachte ich und sah, wie David sich verlegen den Kopf rieb und nach einer Erklärung suchte.

 

„Ähm ich hab mich versprochen. Ich wollte eigentlich nicht geheim sagen, sondern was anderes.“, versuchte er sich zu rechtfertigen.

 

„Ach ja und das wäre? Jetzt bin ich aber gespannt.“, neckte ich und streckte ihm die Zunge raus.

 

„Du bist ganz schön frech. Weißt du das?“, murmelte er und sah mich mit schiefen Augen an. Er stand von dem Sofa auf und kam näher.

 

„Oh nein. Nein, nein, nein. Bleib wo du bist, oder ich muss dich mit Silber abwerfen.“, scherzte ich und kroch auf Alex Bett weiter nach hinten.

 

„Oh glaub mir. Silber hält mich nicht davon ab dich zu kriegen.“, drohte er und grinste mich hinterlistig an.

 

„Weiche Satan.“, rief ich und machte meine Hände zu einem Kreuz. David schaute mich schief an und musste mal wieder lachen. Ich verkroch mich soweit wie möglich an den Rand, da David mir schon wieder auf den Fersen war.

 

„Weißt du, was ich jetzt machen werde?“, fragte er. Oh Gott, sollte ich jetzt etwa Angst bekommen?

 

„Nein. Was?“, fragte ich David und erwartete schon das Schlimmste.

 

„Dir deine freche Klappe wegkitzeln.“, rief er uns stürzte sich schon auf mich.

 

„Nein. Aufhören.“, lachte ich und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, was allerdings zwecklos war. Seine schnellen Finger kitzelten mich erbarmungslos am Hals.

 

„Hörst du dann auf frech zu mir zu sein?“, sagte er und hielt kurz inne.

 

„Niemals!“, rief ich und wurde schon wieder weitergekitzelt. Ich musste so sehr lachen, dass mir sogar schon Tränen in die Augen traten. Nach gefühlten zehn Stunden hörte er endlich auf und landete neben mir außer Puste auf Alex Bett.

 

„Das gibt irgendwann noch Rache.“, hauchte ich atemlos.

 

„Ich freu mich drauf.“

 

„Du Arsch. Das war der Moment wo du Angst vor mir bekommen solltest.“, sagte ich und boxte ihn mit meiner letzten Kraft gegen die Schulter.

 

„Hat das kleine Mädchen mich gerade ernsthaft geschlagen?“, meinte der Werwolf und schaute mich an, als wäre ich eine kleine Fliege.

 

„Ja. Komm her, dann kriegst du noch einen Schlag.“, drohte ich spielend und hob die Faust.

 

„Unerhört, wie aggressiv die Jugend heutzutage ist.“

 

„Unerhört, dass sich große starke Wölfe von kleinen schwachen Mädchen korrigieren lassen.“, neckte ich ihn weiter.

 

„Du hast echt noch nicht genug, oder?“, fragte er lächelnd und beugte sich über mich. Anstatt ihm zu antworten, konnte ich nicht anders als ihn genauer zu betrachten. Er war stark, sehr stark. Da er ein schwarzes enges T-Shirt anhatte konnte ich seine Muskulatur bestaunen. Sein Gesicht war aber auch nicht weniger prächtig. Er hatte kurze dunkelbraune Haare. Nicht so ein dunkelbraun wie bei Bären. Eher wie bei flüssiger Schokolade. Eine kleine Strähne fiel ihm über die Stirn. Seine Augen hatten dieselbe Farbe wie seine Haare. Anders wie bei Alex hatten sie einen leichten Glanz, was David komischerweise wahnsinnig menschlich wirken ließ. Allgemein wirkte David wie ein Traum. Er sah so aus, wie man sich in Büchern die bösen Jungs auf Motorrädern vorstellte. Auch Alex hatte dieses Bad Boy Image. Bei ihm war es sogar noch stärker, als bei seinem Werwolf Mitherrscher.

 

„Was starrst du mich an?“, flüsterte David und lächelte mich schief an. Seine Stimme klang weich und verführerisch.

 

„Tu ich doch gar nicht.“, log ich und lächelte ihn an.

 

„Doch tust du und es gefällt mir.“, hauchte er an mein Ohr. Ich wollte gerade etwas erwidern, doch da lagen seine sanften Lippen schon auf meinen.

 

 

 

Kapitel 10

Gefährlich?!

 

 

Seine Lippen waren weich. Weich wie Watte. Und obwohl er ein Werwolf war, fühlten sie sich unglaublich warm und geschmeidig an. Es war ein atemberaubendes Gefühl. Es ist ja nicht so, dass ich noch nie einen Mann geküsst hatte. Ich hatte schon einen Freund, jedoch hatte er mich nie so geküsst. Er war immer sehr besitzergreifend und behandelte mich eher wie einen Gegenstand. Bei David hatte ich das Gefühl eine Frau zu sein. Unfähig zu atmen, geschweige denn etwas zu tun, lag ich einfach nur reglos da. Anscheinend schien David das zu bemerken, denn er ließ von mir ab. Mein Atem ging nur stoßweise und ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Vom bösen Jungen war nun überhaupt nichts mehr an ihm zu sehen. Seine schokobraunen Augen wirkten schüchtern und winzig. Auch seine Wangen waren rosig.

 

„Ich wusste gar nicht, dass Werwölfe rot werden können.“, brachte ich schließlich heraus und lächelte. David fuhr sich verlegen an den Kopf und suchte scheinbar nach den richtigen Worten.

 

„D-doch das ist möglich.“, stammelte er leise und ich konnte nicht anders, als zu lachen. David schüttelte den Kopf und begann wieder mich zu kitzeln.

 

„Du scheinst wohl noch nicht genug zu haben.“, hauchte er an mein Ohr und ich musste kichern. Anschließend beugte er sich wieder zu mir herab und unsere Lippen trafen wieder aufeinander. Es schien, als würde die Zeit still stehen und es gäbe nur uns zwei. Ich genoss das Gefühl seiner Lippen auf meinen. Mit meinen Händen fuhr ich die Umrisse seiner Armmuskulatur nach. Er fuhr sachte mit seiner Zunge über meine Lippen und bat somit stumm um Einlass. Diesen gewährte ich ihm mit einem kurzen Zögern. Es fühlte sich unglaublich toll an, begehrt zu werden. Während unseres Kusses streichelte er mit seiner warmen Hand meine Wangen. Sein Mund wanderte von meinem Mund entlang zu meinem Hals. Er hauchte unzählige sanfte Küsse auf die Haut, was mich erschaudern ließ. Ich wusste nicht warum, aber irgendetwas in mir drin brachte mich dazu nach unten zu schauen.

 

Erst verstand ich nicht ganz, was da leuchtete. Doch dann nahm mein Verstand langsam wieder überhand und ich erkannte meine Kette, deren Stein rot aufleuchtete. Rot … gefährlich.

 

„Au.“, rief David. Ich setzte mich augenblicklich kerzengerade auf und sah, dass David am anderen Ende des Bettes saß und sich seine Arme hielt.

 

„Du hast mich verbrannt.“, zischte er und ich glaubte, dass in seinem Blick für einen Moment lang rot mitwirkte.

 

„Es tut mir leid. Du solltest jetzt besser gehen.“, sagte ich panisch und war schon aufgesprungen und hielt ihm die Tür auf. Rot. Warum leuchtete sie bei ihm rot. Er wollte mir doch nichts tun. Oder?

 

„Was ist denn mit dir los?“, fragte der Werwolf, der mittlerweile vor mir stand, nun wieder komplett sanft und streichelte erneut meine Wange. Seine Augen hatten nun wieder ihren normalen freundlichen Braunton.

 

„Nichts ist los. Es wäre echt besser, wenn du jetzt wieder gehst.“, murmelte ich und wusste, dass es das Beste wäre. Aber mein Herz sagte nein.

 

„Nun gut. Wenn du mich loshaben möchtest, dann gehe ich eben.“, sagte er in einem sehr niedergeschlagenen Tonfall. Am liebsten hätte ich ihn aufgehalten und ihm gesagt, dass er bleiben sollte. Ich wollte gerade die Hand nach ihm ausstrecken.

 

Nein!“

 

Automatisch ließ ich die Hand dort wo sie war. Ich hatte es mir nicht eingebildet. Zum zweiten Mal hatte ich nun die Stimme meiner Mutter gehört.

 

„Gut.“, sagte ich so hart und selbstbewusst wie ich konnte. David schaute mich noch einmal durchdringlich an, dann war er verschwunden.

 

Mit einem Seufzer ließ ich mich aufs Bett zurückfallen. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Ich fühlte mich irgendwie wahnsinnig schlecht deswegen, weil ich den gutaussehenden Werwolf abblitzen lassen hatte. Ich fühlte mich falsch dabei. Aber warum hatte mich dann die Stimme meiner Mutter gewarnt? Warum konnte sie überhaupt mit mir reden?

 

Ich stand wieder von Alex Bett auf und beschloss mich umzuziehen, da ich ja immer noch Alex Klamotten anhatte.

 

Freudig betrachtete ich den neuen Inhalt seines Kleiderschranks. Ganz rechts war Frauenkleidung eingeräumt. Es gab alles: Kleider, Hosen, Tops und selbst Schuhe standen auf dem Boden. Ich schaute aus dem Fenster und sah, dass draußen die Sonne schien. Gestern schneite es und heute schien die Sonne. Melodia war echt komisch. Da es außerdem auch noch warm zu sein schien, nahm ich mir ein knielanges Kleid in zartrosa. Es war oben enganliegend und unten weit. Zudem hatte es einen leicht betonten Ausschnitt, woraus ich mir allerdings nichts machte, da Alex auf der Menschenwelt war und David vermutlich auf seinem Zimmer schmollte. Zu dem Kleid hinzu nahm ich mir weiße Pumps. Da neue Unterwäsche auch nicht schade konnte nahm ich mir einen Schlüpfer und einen BH in weiß. Ein kleiner Schauder überlief meinen Rücken, da es genau meine Körbchengröße war. Alex dieser Perversling hatte in meiner Unterwäsche gewühlt.

 

Nachdem ich meine Kleidung angezogen hatte ging ich kurz ins Bad und kämmte mir meine langen blonden Haare. Lächelnd stellte ich fest, dass auch Mascara, Kajal und verschiedene Lippenstifte da lagen. Ich machte mir noch schnell schwarze Wimperntusche drauf und ging dann zurück ins Schlafzimmer.

 

Da Alex nicht da war wollte ich in den Garten gehen. David hatte die Zimmertür nicht abgeschlossen, was es für mich einfacher machte hinunter zu gehen. Heute war scheinbar mein Glückstag, da ich im Garten ankam ohne bemerkt zu werden.

 

Der Garten des Schlosses war einfach riesig. Es gab unzählige Blumenbeete und einen riesengroßen Teich. Das Gras war schön saftig und wirkte einladend. Ich setzte mich an ein schattiges Plätzchen unter einem großen Ahornbaum direkt neben den Teich. Trotz des Schattens war es nicht kalt. Es war angenehm warm und ich fühlte mich endlich mal wieder richtig wohl. Mit meiner Hand berührte ich die Wasseroberfläche und stellte fest, dass selbst das Wasser gar nicht so kalt war.

 

Ich schloss meine Augen um zu entspannen. Allerdings kam mir immer wieder ein ganz bestimmtes Bild in den Kopf. Warum um Himmels Willen hatte meine Kette bei David rot aufgeleuchtet?

 

 

 

Kapitel 11

Feuer

 

 

Es war einfach himmlisch hier draußen zu sitzen. Der lauwarme Wind spielte mit meinem Haar. Die warmen Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht. Von der Ferne hörte ich mehrere Vögel zwitschern. Ich weiß nicht, wie lang ich nun schon dalag, aber es fühlte sich einfach toll an. Ich hatte die Natur schon immer sehr geliebt. Zuhause hatten meine Mutter und ich auch einen großen Garten mit einem kleinen Teich. Sobald das Wetter es zuließ, legte ich mich hinaus.

 

Mit meiner Hand spielte ich immer noch leicht im Wasser. Was hatte David gesagt? Ach ja, dass jedes Wesen ein Element beherrschen konnte und Vampire Feuer konnten. Ich fragte mich ob ich das wirklich auch konnte, da ich ja nur ein Halbvampir war. Ich setzte mich auf und nahm mir ein grünes Blatt in die Hand. Lange starrte ich es an und versuchte, dass es anfing zu brennen. Allerdings passierte nichts. Nun versuchte ich es anders. Ich schloss meine Augen und fing an an Kerzen und Wärme und Sonne zu denken. Ich stellte mir vor, wie ich mich nach dem Schlittenfahren vor den warmen Kamin setzte um mich aufzuwärmen. Langsam öffnete ich meine Augen wieder und schaute auf das Ahornblatt.

 

In der Mitte des Blattes befand sich ein kleines Feuer, welches begann sich von innen nach außen durchzuschlagen. Das Feuer dehnte sich immer weiter aus, bis von dem Blatt nichts mehr übrig war. Fasziniert schaute ich auf den schwarzen Ruß in meiner linken Handfläche. Es dauerte eine Weile bis ich begriff, was gerade eben geschehen war. Ich hatte tatsächlich ein Blatt verbrannt. Es war das erste Mal, dass ich mich freute über das, was ich war. Ich war stolz auf mich und vergaß für einen Moment meine ganzen Sorgen. Festentschlossen nahm ich mir noch ein Blatt, das aber diesmal etwas größer war. Dieses Mal ließ ich meine Augen geöffnet und dachte wieder an Feuer und Wärme. Das Blatt fing vor meinen Augen an zu brennen. Wenn ich Feuer erschaffen konnte, dann konnte ich ja bestimmt auch Feuer ersticken lassen. Der Gedanke schlich sich durch meinen Kopf und genau in diesem Moment erlosch die Flamme und ich hielt ein halb verbranntes Blatt in der Hand.

 

Ein leises Kichern kam mir über die Lippen. Ich freute mich wahnsinnig und beschloss ein letztes Mal zu experimentieren. Dieses Mal nahm ich keine Blatt in die Hand, sondern streckte meine rechte Hand mit der Handfläche nach oben aus. Ich schaute auf meine Hand und stellte mir bildlich vor, wie sich eine kleine Flamme darin bildete. Wie durch Zauberhand bildete sich tatsächlich eine Flamme auf meiner Handfläche. Es tat überhaupt nicht weh, sondern fühlte sich angenehm und seltsam vertraut an. Aus irgendeinem Grund erinnerte es mich an mein Zuhause. Das Feuer spendete mir Trost. Trost und Wärme.

 

Konnte ich noch einen Schritt weitergehen? Oder sollte ich für heute besser aufhören? Das Feuer fesselte mich und ich entschied mich dazu es zu probieren. Langsam und sorgfältig hob ich die Hand mit der Flamme. Ich hatte Angst, dass sie auf einmal ausgehen könnte. Zitternd setzte ich meine Hand zum Wurf an. Mein Zielobjekt war ein ungefähr fünf Meter entfernter kleiner Baum neben einem kleinen Brunnen. Sollte ich wirklich werfen? Ich setzte erneut an und holte tief Luft.

 

„Kaum lässt man dich einen Tag aus den Augen, schon willst du den Schlossgarten abfackeln.“ Die Flamme in meiner Hand erlosch. Ruckartig drehte ich mich zu Alex um.

 

„Ich bin früher zurückgekehrt.“, antwortete er auf meine unausgesprochene Frage. Er trug eine dunkelblaue Jeans, die sehr teuer aussah und dazu ein weißes Hemd, welches oben geöffnet war. Seine schwarzen Haare waren verstrubbelt und glänzten leicht. Ein leichter Kloß bildete sich in meinem Hals. Er sah wirklich nicht schlecht aus. Um Alex Mundwinkel zuckte ein leichtes Grinsen, als er bemerkte, dass ich ihn beobachtete. Meine Wangen färbten sich sofort in einem verräterischen Rot. Verdammte Menschlichkeit.

 

„Hat dir David erlaubt in den Garten zu gehen oder was machst du hier?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen und seine sowieso schon schwarzen Augen schienen sich nun noch dunkler zu färben. Es schien ihm gar nicht zu gefallen, dass ich hier draußen war. Schon gar nicht, dass ich mit Feuer hantierte. Ich wollte ihm nicht antworten, allerdings erinnerte ich mich noch ziemlich gut an seine Drohung und wollte nun wirklich nicht, dass er mir etwas antat.

 

„Ähm nein hat er nicht, aber ich brauchte ein bisschen Zeit für mich.“, antwortete ich schließlich und hoffte sehr, dass ich keinen Ärger bekommen würde.

 

„Und David hat dir bestimmt auch verraten, dass Vampire Feuer können.“, Ich wusste nicht, ob es eine Frage war oder eine Feststellung. Daher entschied ich mich einfach nur dazu zu nicken.

 

„Und du kamst dann auch gleich auf die Idee: Hey lass es mal ausprobieren. Es kann schon nichts schiefgehen.“, sprach er eher zu sich, als zu mir. Plötzlich warf Alex mit voller Wucht Feuer auf den Baum, der mein eigentliches Zielobjekt war. Er fing sofort an zu brennen und Qual stieg empor zum nun mit Wolken verzierten Himmel. Alex kam und das Wetter verschlechterte sich.

 

„Du hättest dich umbringen können! Feuer hat eine riesige Macht und ist für Zerstörung und Verwüstung da. Es ist eine Waffe und als Anfänger benutzt man es nicht einfach so. Schon gar nicht alleine ohne jemand anderen, der einem in einer Notsituation helfen kann. Verdammt!“ Verdattert starrte ich ihn an. Seine Gesichtszüge waren wutverzerrt. Ich hatte damit gerechnet, dass er mich nun schlagen würde oder über mich spotten würde. Aber nicht, dass er sich darüber aufregte, dass mir etwas hätte passieren können.

 

„Momentmal. Versteh ich das gerade richtig, oder regst du dich darüber auf, dass mir etwas hätte passieren können?“

 

„NEIN! Ja“, schrie er, „ich weiß es nicht. Durch deine Adern fließt nun mal Königsblut und ich kann es nicht riskieren, dass du dich durch deine eigene Blödheit ins Verderben stürzt. Wenn, dann bin ich dafür verantwortlich.“ Leicht schüttelte ich den Kopf. Ich verstand diesen Mann einfach nicht. Erst wollte er mich umbringen und zeigte mir nur zu deutlich seinen Hass und jetzt sorgte er sich um mich.

 

„Bist du psychisch gestört?“, fragte ich sprachlos und starrte ihn unverfroren an. Alex drehte dich langsam zu mir um und schaute mich überrascht an.

 

„Was?!“, rief er aufgebracht und schaute mich nun wieder wütend an.

 

„Du änderst echt ständig deine Meinung, weißt du das? Erst willst du mich am liebsten zerfetzt sehen und jetzt machst du dir Sorgen um mein Wohlergehen? Irgendetwas stimmt doch mit dir nicht.“, erkläre ich.

 

„Ich würde dich am liebsten immer noch zerfetzen.“, schrie er nun und ich spannte mich an.

 

„Vielen Dank auch.“, sagte ich gespielt beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust.

 

„Tu nicht so. Du weißt, dass ich alles dafür geben würde, um dich begraben zu sehen. Aber das geht nun mal einfach nicht. Ich muss einsehen, dass ich mit dir klarkommen muss.“ Genervt schlug er mit seiner Faust gegen einen weiteren Baum, welcher in sich zusammenbrach.

 

„Wieso müssen wir miteinander klarkommen?“ Er murmelte irgendetwas von Idiot, jedoch ignorierte ich es einfach. Es hatte ja doch keinen Sinn jetzt auch noch einen Streit anzufangen.

 

„Weil ich und David regieren und du die rechtmäßige Königin bist. Ich werde dich nicht ewig verstecken können und es muss ein Kompromiss gefunden werden.“, er schaute mich abwartend an.

 

„Hast du dazu auch noch irgendwelche dummen Anmerkungen?“, fragte er mich mürrisch und schien kurz vorm explodieren zu sein. Wollen wir doch mal sehen, wie schnell er ausrastet.

 

„Ja eins noch. Und zwar: Der Esel nennt sich immer zuerst. Grammatisch korrekt heißt es: David und ich.“, grinsend schaute ich ihn an. Seine Augen waren zu Schlitzen gezogen. Bum! Der nächste Baum musste herhalten.

 

 

 

Kapitel 12

Verbrannt

 

 

Keuchend versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien. Er drückte mich gegen die Schlosswand und schaute mich eisig an. Sein kühler Atem streifte mein Gesicht. Seine Augen durchbohrten mich. Sie sprühten Hass aus. Erbitterter ungehinderter Hass. Wie bei unserer ersten Begegnung drückte er mir den Hals zu. Nur dieses Mal war David nicht in der Nähe um mir zu helfen. Himmel, ich war kurz vorm Ersticken.

 

„Du setzt es doch echt darauf an, oder?“

 

„Worauf?“, keuchte ich und bekam schon wieder fast keine Luft mehr.

 

„Darauf, dass ich dir deinen süßen Hals noch umdrehe.“, flüsterte er an mein Ohr. Obwohl ich mich in einer wirklich gefährlichen Situation befand, lief mir ein Schauer über den Rücken. Falsche Reaktion im falschen Moment.

 

„Lass mich runter.“, brachte ich mühsam heraus.

 

„Warum sollte ich.“, fragte er zuckersüß zurück.

 

„Bitte.“, hauchte ich leise und sah schon wieder schwarze Punkte vor mir tanzen.

 

„Du hast mir meine Frage immer noch nicht beantwortet. Warum sollte ich dich runterlassen?“ Alex Lippen befanden sich immer noch an meinem Ohr und schon wieder überkam mich eine Gänsehaut. Dieser Mann brachte mich noch um den Verstand. Ich stellte mir vor, wie er seine Hand in meinen Nacken legte und sich zu mir runterbeugte. Sein warmer Atem streifte mein Gesicht. Seine Lippen waren nur wenige Millimeter von meinen entfernt. Langsam näherten sie sich meinen.

 

Mit voller Wucht wurde ich auf die Erde geschleudert. In meinem Kopf begann alles zu brummen und ein unangenehmer Schmerz durchzog meinen Rücken. Meine Augen blinzelten wie verrückt und versuchten die Schwärze loszuwerden. Meine Atmung funktionierte wieder einwandfrei. Dafür aber tat mir nun alles andere schrecklich weh.

 

„Was wagst du es mich zu verbrennen?“ Ein schmerzhaftes Stöhnen kam mir über die Lippen. Ich kniff meine Augen fest zusammen. Musste er denn so laut schreien? Langsam versuchte ich mich aufzusetzen, was sich für nicht gerade einfach erwies. Mein Körper wollte mir nicht ganz gehorchen. Nach gefühlten hundert Anläufen schaffte ich es aber schließlich und zwängte mich dazu die Augen zu öffnen. Das Licht verstärkte meine Kopfschmerzen noch mehr und ich hoffte wirklich keine Gehirnerschütterung zu haben. Vielen Dank auch Alex.

 

Er saß ungefähr zehn Meter von mir entfernt auf dem Boden. Seinen Kopf hatte er in die Hände gestemmt. Es sah so aus, als würde er weinen, aber diesen Gedanken verwarf ich sofort. Alex weinte niemals. Zögerlich stand ich auf. Ich war ziemlich froh, dass ich mich halten konnte und nicht gleich wieder nach hinten fiel. Immerhin war ich gerade eben noch mit voller Wucht mehrere Meter weit weg geschleudert worden. Und das von einem Vampir, der leider Gottes ziemlich stark war.

 

Irgendetwas stimmte mit ihm nicht. Langsam ging ich auf ihn zu. Ich hatte Angst, dass er mich wieder anschreien würde oder mich sogar schlagen würde. Ich hatte es falsch wahrgenommen. Jetzt wo ich näher kam erkannte ich, dass er nicht seinen Kopf in seine Hände stürzte. Er senkte seinen Kopf und betrachtete seine Hände. Hatte er sich den Nagel abgebrochen oder was war nun schon wieder mit ihm los? Dieser Vampir war echt komisch.

 

Zögerlich ließ ich mich neben Alex auf das weiche Gras fallen. Das Brummen in meinem Kopf versuchte ich zu ignorieren, was allerdings schwerer war, als es sich anhörte.

 

„Alex ist alles in Ordnung?“, fragte ich vorsichtshalber nach. Ich bekam keine Antwort. Er bewegte sich nicht, sondern starrte einfach weiter auf seine Hände. Nun wurde ich langsam aber doch neugierig. Ich wollte nun endlich wissen, was mit seinen Händen war. Ich reckte meinen Kopf ein bisschen zur Seite, sodass ich sie sehen konnte. Der Anblick schnürte mir fast die Kehle zu.

 

Rot war das erste, das mir in meine Gedanken schoss. Seine Hände waren rot. Alex Handflächen waren vollkommen mit kleinen Bläschen überzogen. Das Blut sickerte heraus und sein Fleisch roch angebrannt. Dazu brauchte man keine Vampirnase um das zu riechen. Die übriggebliebenen Hautfetzen waren angeschwärzt. Die zwei Brandwunden bedeckten seine kompletten Handflächen. Zudem war der untere Teil des Unterarmes betroffen. Im Vergleich zu den Händen wirkte der Arm schon fast wieder gesund. Die Verbrennungen am Arm hielten sich in Grenzen.

 

Mir stockte der Atem. Ich war unfähig mich zu regen. Wer hatte ihm das angetan? Bevor ich den Gedanken zu ende denken konnte, wusste ich auch schon die Antwort darauf. Sachte berührte ich Alex Schulter. Unter meiner Berührung zuckte er zurück.

 

„D-das wollte ich nicht.“, stotterte ich und bemerkte die Wahrheit meiner Worte. Ich hasste ihn zwar, wollte aber trotzdem nicht, dass er meinetwegen verletzt war. Eine sanfte Träne lief mir über die rechte Wange.

 

„Feuer ist unkontrollierbar. Anfängerfehler können passieren.“, antwortete er ruhig, jedoch schwang etwas anderes noch mit. Angst?!

 

„Es tut mir so leid. Ich wollte das nicht. Wirklich.“ Langsam drehte Alex seinen Kopf zu mir und schaute mir in die Augen. Sie wirkten leer. Noch leerer als sonst. Wut fand ich in seinem Blick keinen. Dafür aber Trauer.

 

„Du musst dich nicht entschuldigen. Du bist neu auf diesem Gebiet und es war vorauszusehen, dass es irgendwann mal schiefgeht.“ Irgendwie kaufte ich ihm das nicht ganz ab. Ich merkte genau, dass es an Alex nagte. Noch einmal schaute ich mir seine Handflächen an. Vom Anblick alleine wurde mir schon fast schlecht.

 

„Du musst höllische Schmerzen haben.“, murmelte ich mit gesenktem Blick. Das hatte ich ihm wirklich nicht gewünscht.

 

„Schmerzen vergehen.“, sagte er gleichgültig und zuckte mit den Schultern. So schnell es ging stand ich auf und schaute Alex abwartend an.

 

„Komm mit. Ich muss deine Hände verbinden, sodass kein Dreck in die Wunde kommt.“ Ausnahmsweise ohne Gegenwehr stand Alex auf und folgte mir zurück ins Schloss. Den ganzen Weg entlang herrschte Todesstille. Am liebsten hätte ich mit ihm geredet, da ich aber nicht wusste, was ich sagen sollte hielt ich einfach meine Klappe. Damit hätte ich es wahrscheinlich eh nur noch schlimmer gemacht. In seinem Zimmer angekommen befahl ich ihm erstmal sitzen zu bleiben. Nachdem er mir ausführlich geschildert hatte, wo sich der Verbandskoffer befand, machte ich mich auch schon auf den Weg.

 

Am Ende des beschriebenen Ganges befand sich ein kleines Abstellzimmerchen. Ganz oben auf dem staubigen Regal war der Verbandskoffer. Ich nahm ihn mir und eilte damit schnell wieder zu Alex. Dieser saß wie ihm befohlen auf seinem Bett und schaute mich abwartend an.

 

„Ähm ich hab hier den Kasten. Ich muss zugeben ich bin etwas überfragt, aber ich denke wir sollten die Wunde erstmal kühlen.“, unsicher schaute ich mich im Raum um. Früher wollte ich immer Ärztin werden um anderen zu helfen. Jetzt im Moment fühlte ich mich eher unbehaglich. Meine Träume sollte ich wohl doch noch einmal überdenken. Ich ging in Alex Badezimmer und feuchtete einen Waschlappen mit kaltem Wasser an. Ob das, was ich gerade tat richtig war, wusste ich nicht. Mit dem Lappen in der Hand ging ich zurück zu Alex. Unsicher ließ ich mich vor ihm auf die Knie senken.

 

„Ich mag es wenn Frauen vor mir knien.“, grinste er. Wieder einmal war ich völlig fassungslos. Dieser Mann hatte schlimme Brandwunden und vermutlich auch noch

Schmerzen. Trotzdem konnte er anscheinend auch noch dumme Sprüche klopfen. Man sollte ihm echt mal seine dumme Fresse stopfen.

 

„Halts Maul.“, sagte ich daher kurzentschlossen und machte mir wegen Strafe nun gar keine Sorgen. Sollte er mich schlagen würde er selbst auch Schmerzen haben. Vorsichtig legte ich den Waschlappen auf Alex ausgestreckte linke Handfläche.

 

Sein dumpfer Schrei hallte in meinem Kopf wieder. Ich fühlte mich nun augenblicklich noch schuldiger. Trotzdem musste er hier nun durch und es brachte nichts sich jetzt Vorwürfe zu machen. Der Waschlappen begann augenblicklich sich mit der hellroten Flüssigkeit vollzusaugen. Aus den Augenwinkeln heraus sah ich, dass sich Alex Kiefer anspannte. Ich begann mit dem Waschlappen seine Wunden abzutupfen. Wäre nicht der verbrannte Geruch, dann wäre ich wahrscheinlich schon über Alex Blut hergefallen. Nachdenklich beobachtete ich seine Handflächen. Ich wünschte ich hätte ihn nicht verbrannt. Hoffentlich konnte das Wasser ihm etwas helfen wobei er es eigentlich gar nicht verdient hatte. Theoretisch gesehen hatte ich mich nur verteidigt obwohl das Feuer wohl eher eine Abwehrsituation auf meine Gedanken war. Ich schaute wieder nach unten um zu schauen, ob die Blutung etwas geringer war.

 

Alex Wunden hatte aufgehört zu bluten. Die Brandblasen waren komplett verschwunden. Der Waschlappen ruhte auf seiner Haut. Langsam bewegte ich ihn weiter über seine Haut. Überall wo der Waschlappen die Haut streifte begann die Haut sich neu zu bilden. Die Wunden wurden kleiner und kleiner bis sie ganz verschwanden. Erstaunt blickte ich auf seine nun wieder komplett gesunde Hand. Wie konnte das sein?

 

 

 

Kapitel 13

Erde und Luft

 

 

Immer noch völlig erstaunt betrachtete ich Alex nun wieder komplett gesunde Hand. Wie war das möglich? Vor gerade mal zehn Minuten war sie noch mit Brandblasen übersehen und blutete. Langsam aber sicher sollte ich mich nun doch daran gewöhnen, dass hier in Melodia nichts so war wie es schien. Das Leben hier steckte voller Überraschungen. Ob Alex das wohl bemerkt hatte? Ich hob meinen Kopf um zu sehen, ob er es mitbekommen hatte.

 

Alex Blick ruhte auf meinem. Er schaute mir direkt in die Augen. Sein Blick war diesmal nicht gleichgültig. Er schaute mich interessiert an. Es kam mir fast so vor, als wirkte er fasziniert. Obwohl das ja eigentlich schon wieder nicht sein konnte. Alex interessierte sich für niemanden und faszinieren ließ er sich schon gar nicht von jemandem. Vor allem nicht von mir. Er hasste mich und das würde sich garantiert auch nicht ändern.

 

„Du steckst echt voller Überraschungen, Diana.“, murmelte er und schaute mich weiter an.

 

„Ich verstehe das nicht. Wie kann das sein?“ Ich muss wohl ausgesehen haben wie der letzte Idiot, da sich urplötzlich ein leichtes Lächeln aus Alex Gesicht bildete. Dieses war aber so schnell wieder weg, wie es gekommen war.

 

„Ich habe da eine Vermutung.“, sagte er nachdenklich. Konnte er sie mir nicht einfach sagen? Aus diesem Kerl musste man echt alles herausquetschen. Wie ich das doch hasste. Der bringt dich noch ins Grab Diana, dachte ich.

 

„Und die wäre?“, fragte ich ungeduldig und verdrehte genervt meine Augen.

 

„Ich werde sie dir sagen, wenn du dafür gesorgt hast, dass meine andere Hand auch wieder normal aussieht.“ Erpresste er mich gerade ernsthaft? Ich hatte schon wieder gute Lust ihn gegen die Wand zu klatschen. Das hatte er nun wirklich verdient.

 

„Im Erpressen bist du echt der beste.“, murmelte ich leise in mich hinein.

 

„Wie bitte?“, fragte er mich hochgezogenen Augenbrauen.

 

„Ach nichts.“, murmelte ich und nahm Alex andere Hand in meine. Ich hoffte inständig, dass es auch dieses Mal wieder klappt. Langsam ließ ich mit meiner freien Hand den Waschlappen über seine Wunden streichen. Genauso erstaunt wie beim ersten Mal beobachtete ich den Heilungsprozess. Schon nach wenigen Sekunden waren seine Brandblasen komplett verschwunden. War so etwas normal in Melodia? Oder stimmte etwas mit mir nicht? Ich hob meinen Kopf und schaute Alex in die Augen. Diese schienen fast zu leuchten. Aber nur fast. Komisch, er wirkte tatsächlich fasziniert.

 

„Wie mache ich das?“, fragte ich ihn und war immer noch völlig baff.

 

„Wie schon gesagt, ich habe eine Vermutung.“ Konnte dieser Kerl auch nur einmal richtig mit der Sprache rausrücken, oder war das etwa zu viel verlangt?

 

„Mann Alex, ich habe nun wirklich keine Lust auf Ratestunde.“ Der Vampir warf mir einen vernichtenden Blick zu und ich beschloss, dass ich besser einmal die Klappe halten sollte. Ich hatte wirklich keine Lust auf sein dummes drum herum Geschwafel, jedoch hatte ich noch weniger Lust auf Stress mit ihm. Stress mit einem Vampir war ja schon schlimm. Aber Stress mit Alex war die Hölle.

 

„Komm mit.“, sagte er kurz und knapp. Automatisch bildete sich ein Kloß in meinem Hals. Himmel, hoffentlich wollte er mir keine Strafe geben. Alles, nur das nicht. Widerspruchslos folgte ich ihm. Ich kannte den Weg. Er führte in den Garten. Schon wieder einmal erstaunte mich Alex. Warum wollte er mit mir in den Garten? Er ließ sich auf den Boden neben dem Teich fallen und deutete mit einem Blick neben sich. Nach einem kurzen Zögern ließ ich mich schließlich neben ihn fallen. Jedoch nicht ohne auf meinen Abstand zu verzichten. Die Sonne schien auf sein Gesicht. Sein Gesicht war einfach atemberaubend. Wohl oder übel musste ich mir eingestehen, dass er gut aussah. Nur eine Ausnahme gab es: seine Augen. Diese waren wie immer schwarz, ohne jeglichen Hauch von Leben darin.

 

„Hörst du mir überhaupt zu?“ Oh shit, ich hatte gar nicht gemerkt, dass Alex etwas gesagt hatte.

 

„Äh sorry, ich war in Gedanken, also was hast du gesagt?“ Er schüttelte leicht den Kopf und brummte irgendetwas vor sich hin. Leider konnte ich es nicht verstehen.

 

„Nehm bitte mal diese Blume in die Hand.“ Ich schaute ihn an, als wäre er geistesgestört. Warum in Gottes Namen hielt er mir eine Blume hin, deren Kopf abgerissen war? Höchste Zeit für die Irrenanstalt.

 

„Du spinnst doch.“, murmelte ich, während ich den Stängel der Blume in die Hand nahm.

 

„Was denkst du, was das mal für eine Pflanze war?“, fragte er mich nun. Okay jetzt sollte ich ihn einweisen lassen. Das war nun mehr als überfällig.

 

„Eine Rose denke ich mal, aber was tut das zur Sache?“, fragte ich sichtlich verwirrt. Alex brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen.

 

„Erzähl mir mal alles, was dir zu Rosen einfällt.“ Herr Gott schenk ihm Hirn, dachte ich.

 

„Meine Güte, wenn es unbedingt sein muss. Rot, riecht gut, Liebe, viele Blätter und so weiter, bla bla bla.“ Alex schaute mich abschätzig an.

 

„Ich dachte ja schon ich bin unkreativ, aber du übertriffst echt alles.“ Diesmal war ich es, die böse schaute.

 

„Schau in deine Hand.“, meinte er stattdessen nur und ich tat wie mir gesagt. Ich konnte es kaum fassen. Die Blume war nun nicht mehr kaputt, sondern war gewachsen. Ich hatte eine rote Rose in der Hand. Verblüfft schaute ich Alex an. Ich konnte gar nicht anders, als zu lächeln. Selbst Alex brachte in kurzes Lächeln zustande. Dieses war jedoch wieder so schnell weg, wie es gekommen war.

 

„So und jetzt stell dir mal vor, wie der Wind geht und die Luft deine Haare umweht oder irgend sowas in der Art.“ Dieses Mal hinterfragte ich sein Vorhaben nicht, sondern begann sofort damit.

 

Meine Gedanken kreisten sich darum, wie ich an einem windigen Herbsttag einen Drachen steigen ließ, welcher immer höher und höher stieg. Ich bemerkte sofort, dass sich meine Gedanken verwirklichten. Meine Haare wehten im Wind. Alex grinste mich an und ich war unfähig mich zu bewegen.

 

„Du kannst die vier Elemente Diana.“, sagte Alex und ein atemberaubendes Grinsen legte sich auf sein Gesicht.

 

 

 

Kapitel 14

Legende

 

 

„Respekt mein Lieber, du bist tatsächlich in der Lage zu grinsen.“ Ein genervtes Stöhnen kam ihm über die Lippen und er rollte genervt mit den Augen.

 

„Was?“, fragte ich und stemmte meine Arme in die Hüfte.

 

„Herrgott Diana, du weißt echt, wie man jemandem wieder die Laune verdirbt.“

 

„Niemand hat gesagt, dass ich dir die Laune verderben will.“, murmelte ich.

 

„Zu spät.“, sagte er und stand auf um wieder in das Schloss zurück zu gehen. Anstatt auf mich zu warten, drehte er sich um und lief davon. So viel zum Thema gute Manieren. Diese sollte er als „König“ doch eigentlich haben. Mal wieder hatte ich mich bei ihm getäuscht. Ich hatte noch keine Lust rein zugehen und blieb deshalb einfach draußen sitzen. Sollte er mich doch reintragen, wenn er wollte, dass ich reinkam. Ich war ziemlich müde, da diese ganze Sache mit den Elementen mich ziemlich viel Kraft kostete. Ich beschloss es mir im sanften Gras gemütlich zu machen. Ich legte mich auf den Rücken und schloss meine Augen. Nach einer Weile wurde ich dann aber schließlich von der Müdigkeit überrollt.

 

Der sanfte Wind peitschte an mir vorbei. Mein Lachen hallte durch den Wald. Ich wusste sofort, dass ich träumte. Unter meinen nackten Füßen spürte ich die Äste brechen. Die grünen und saftigen Blätter streiften beim Vorbeiziehen meinen Körper. Die Vögel sangen friedliche Lieder und flogen auf und ab. Langsam näherte ich mich einer Lichtung. Sie war nicht groß aber durchflutet mit dem warmen Licht der aufgehenden Sonne. Ich trat in die Mitte der Lichtung. Plötzlich änderte sich der Traum. Um mich herum legte sich Nebel und ich konnte nun nichts mehr erkennen. Der Vogelgesang hatte aufgehört und mich umgab eine eisige Stille. Es wurde kälter und der Himmel war nun völlig mit Wolken bedeckt.

 

Diana Blue Johnson!“ Mein Name hallte umher und ich drehte mich erschrocken um. Es hörte sich so an, als würde er von überall herkommen. Mein Herz raste.

 

Hör mir genau zu!“

 

Ein Mädchen, das zum Teil dunkel und zugleich auch hell ist.

Sie ist die letzte Thronfolgerin des unendlichen Königreichs.

Sie verkörpert die fünf Himmelsrichtungen.

Bodenständig wie der Osten,

Temperamentvoll und heiß wie der Süden,

Schnell wie der wilde Westen,

Tiefgründig und geheimnisvoll wie der Norden.

In ihrer Mitte verkörpert sie die vier Richtungen miteinander.

Sie muss hinter die Fassade blicken, um den Kern des Bösen zu erkennen.

Nicht alles offensichtlich Gute ist, was es vorgibt.

Alles wird sich durch sie ändern.

An ihr liegt es, ob Melodia bestehen bleibt oder untergeht!

 

 

Schweißüberströmt wachte ich auf. Hektisch blickte ich mich nach links und nach rechts um. Immer wieder nur um mich zu vergewissern, dass ich nach wie vor noch im Schlossgarten war. Die Sonne war bereits am Untergehen und ich war froh, dass das alles nur ein Traum war. Schnell richtete ich mich auf und machte mich auf den Weg zurück ins Schloss. Immer wieder gingen mir die Zeilen durch den Kopf. Die Stimme meinte mich, dachte ich automatisch und wünschte, dass das alles nicht wahr war. Leider Gottes machte sich dieses komische Gefühl in mir breit, dass ich immer hatte, wenn ich bei etwas Recht hatte. Als mich die Wände des Schlosses umgaben fühlte ich mich komischerweise sicherer. Ich lief nachdenklich durch die Gänge.

 

„Aua.“, rief ich, als ich mit etwas hartem zusammenstieß.

 

„Tschuldigung“, murmelte David und ich rieb mir den Kopf.

 

„David … ich hatte dich gar nicht gesehen und nicht gehört.“ Ein unwohles Gefühl machte sich in mir breit und ich dachte automatisch an unseren Kuss zurück. Leider kamen mir auch die Bilder an die rotaufleuchtende Kette wieder auf.

 

„Macht nichts. Hybriden sind sehr leise. Du konntest mich gar nicht hören.“, erklärte er und ich schaute ihn fragend an.

 

„Du bist ein Hybrid?“, fragte ich verwundert, da ich noch genau in Erinnerung hatte, dass er mir sagte, dass er ein Werwolf sei. David bestätigte meine Frage mit einem knappen Nicken. Sein Blick wurde unruhig. Warum das so war verstand ich nicht.

 

„Ein Hybrid ist Vampir und Werwolf zugleich oder?“

 

„Ja genau.“, antwortete er knapp und wollte schon wieder weitergehen.

 

„Aber du sagtest doch zu mir, dass du ein Werwolf bist.“, hakte ich nun weiter nach und spürte förmlich das Glühen meiner Kette.

 

„Ja schon. Es ist kompliziert.“ Versuchte er sich etwa rauszureden?

 

„Dann erklär es mir doch. Ich bin sicher, dass ich dir folgen kann.“ Konnte er mir nicht einfach gescheit antworten?

 

„Also gut. In Melodia bin ich ein Werwolf und in der Menschenwelt bin ich ein Vampir. So haben wir das jetzt geklärt?“, fragte er nun und schien aufgebracht. Nervte ich ihn etwa, oder hatte er einfach nur seine Tage?

 

„Aber ich dachte bei einem Hybriden ist es so, dass er immer beides zugleich ist?“

 

„Bei unserem David aber nicht. Melodia hält ihn davon ab seine Vampirseite zu entfesseln.“, antwortete mir Alex, der plötzlich neben David stand.

 

„Er sucht schon seit Jahrhunderten nach einer Lösung um beides hier zu entfesseln, jedoch ist er bisher erfolgslos geblieben.“, setzte Alex fort.

 

„Genau. So ist es.“, vervollständigte David.

 

Lüge!

 

Schon wieder hörte ich die Stimme, welche wie aus dem Nichts auftauchte. Ich schaute hinunter zu meiner Kette und durch die gelbe Farbe wurde seine Lüge bestätigt. Ich wollte David gerade darauf ansprechen, jedoch war der schon weg, als ich aufschaute. Stattdessen stand nun nur noch Alex da und betrachtete mich.

 

„Zwei von euch auf einmal sind mir definitiv mindestens einer zu viel.“, sagte ich und komischerweise brach Alex nun in schallendem Gelächter aus.

 

„Was? Ist doch so.“, grinste ich und vergaß für einen Moment Davids Lüge und die Legende oder was auch immer das war.

 

„Ach Diana. Ich glaube du solltest dich langsam aber sicher mal daran gewöhnen. Außerdem scheinst du mit David ja kein Problem zu haben.“ Oh nein, er wusste von dem Kuss. Ich merkte augenblicklich, wie ich rot wurde und wünschte ich wäre Luft.

 

„Nur weil ich jemanden zum Küssen habe und du nicht brauchst du überhaupt nicht eifersüchtig zu sein.“ Alex schnaubte.

 

„Süße, du denkst doch nicht im ernst, dass ich sexuell enthaltsam lebe, oder?“, lachte Alex und schaute mich spottend an.

 

„Ich kann hier in dieser Welt jede haben.“ So ein scheiß Macho. Jetzt kam seine arrogante Seigte mal wieder zum Vorschein. Diese Seite von ihm hatte ich kennen aber definitiv nicht lieben gelernt.

 

„Nein Alex. Mich kannst du nicht haben.“, sagte ich, drehte mich um und lief eingeschnappt davon.

 

 

 

Kapitel 15

Durst

 

 

Ich roch sie schon von weitem, ob ich wollte oder nicht. Ihr warmes Blut rauschte durch ihre Venen, begleitet vom gleichmäßigen Geräusch ihres Herzschlages. Ich lief näher heran, obwohl ich wusste, dass ich sofort umdrehen sollte. Ihr Blut zog mich an. Ich musste einfach näher heran. Meine Kehle brannte wie Feuer. Wie in Trance lief ich den langen Gang entlang, bis ich vor einer Zimmertür stehen blieb. Es war das Zimmer, in dem ich sie zuletzt gesehen hatte. Alex, dieser Mistkerl, schoss mir automatisch durch den Kopf. Nur wegen ihm hätte ich beinahe meine beste Freundin verloren. Tief in mir drin wusste ich aber, dass ich selbst auch große Schuld daran hatte. Angespannt und doch erleichtert, da ich nun wusste, dass sie noch lebte, legte ich meine Hand an den Türgriff. Sollte ich? Oder sollte ich besser umdrehen? Nicht so viel nachdenken Diana, ermahnte ich mich innerlich und drückte die Türklinke herunter.

 

Wie eine gewaltige Explosion wurde mir der Geruch ihres Blutes entgegengeschleudert. Ich verspürte den Drang mich sofort auf sie zu stürzen, ihr meine Zähne in den Hals zu stecken und den atemberaubenden Geschmack ihres Blutes meine Kehle hinunterlaufen zu spüren. Meine Nackenhaare stellten sich auf und mein Herz begann zu rasen.

 

„Diana, bist du das?“ Augenblicklich wich die ganze Spannung von mir und ich schaute ihr in die Augen. Sie sah nicht gut aus. Tiefe Augenringe zierten ihr Gesicht und ihre blasse Haut jagte mir einen Schrecken ein. Es schien ihr nicht gutzugehen. Zudem war ein dicker Verband um ihren Kopf gewickelt.

 

„Du siehst schrecklich aus.“, brachte ich mühsam heraus und spürte wieder den aufkeimenden Drang zu ihr zu rennen und sie zu beißen.

 

„Mir geht’s auch genau so.“, murmelte sie und ich erkannte deutlich die Schwäche in ihrer Stimme. Mit meiner rechten Hand hielt ich mich an der Tür fest und hoffte, dass diese nicht brach. Immerhin hatte ich gerade einen ziemlich starken Griff. War wohl so eine Vampir Sache diese Stärke.

 

„Und was gibt es Neues?“, fragte sie ganz beiläufig und schaute mich an.

 

„Nichts.“, murmelte ich.

 

„Wirklich nicht? Du siehst gar nicht gut aus. Ist irgendetwas?“

 

„Nein überhaupt nicht. Ich musste nur zuschauen, wie meine beste Freundin von einem dreckigen Arschloch gegen die Wand geschlagen wurde, da ich mal wieder die Fresse zu weit aufreißen musste. Ist ja außerdem auch nur so, dass ich ein Halbvampir bin und scheinbar die fünf Elemente beherrsche. Ach ja und außerdem hab ich gerade ziemlich große Lust dir meine Reichzähne in den Hals zu rammen und dich bis auf den letzten Milliliter Blut auszusaugen. Aber danke der Nachfrage. Es ist rein überhaupt nichts!“ Meine beste Freundin schaute mich mit weit aufgerissenen Augen an.

 

„Ich hab das gerade laut gesagt, oder?“; fragte ich und sie nickte leicht. Ich spürte ihre Angst. Sie war deutlich in ihrem Blut zu riechen. Außerdem bemerkte ich, wie sie auf ihrem Bett etwas weiter nach hinten rutschte. Sie lehnte nun direkt mit dem Rücken an der Wand. Ihre Augen waren immer noch vor Schrecken geweitet und starrten mich fassungslos an.

 

„Du-bist-ein-Halbvampir?“, stotterte sie und drehte immer wieder den Kopf von der einen Richtung zur anderen.

 

„Mhh.“ Ganz toll. Warum musste ich auch alles gleich laut aussprechen. Nächstes Mal sollte ich einfach mal das Hirn einschalten. Jetzt hatte ich das Schlamassel und meine beste Freundin hatte Angst vor mir.

 

„Du willst m-mich aussaugen?“

 

„Nein.“ Ja! Alles in mir drin wünschte sich auch nur einmal zu kosten. Ihr Blut hatte einfach einen wahnsinnig köstlichen Geruch, jedoch hatte dies wohl Blut allgemein. Einerseits ekelte es mich ja an, dass ich derart auf ihr Blut anfiel. Aber auf der anderen Seite setzte mein Verstand komplett aus und ich musste ihr dauerhaft auf die Halsschlagader schauen.

 

„Könntest du bitte weg von mir gehen.“, es war nur ein leises Flüstern, jedoch hörte ich es ganz genau. Ich hatte es überhaupt nicht gemerkt, dass ich plötzlich nur noch einen halben Meter von ihrem Bett entfernt stand. Ich sollte wirklich schleunigst von hier verschwinden. Ich ging ihrer Bitte nach und lief mit deutlichem Widerstand wieder zur Zimmertür.

 

„Diana. Vielleicht wäre es einfach besser, wenn du jetzt gehen würdest.“ Sie traute sich überhaupt nicht mir in die Augen zu schauen, sondern starrte auf ihr Bettlaken.

 

„Warum?“ Hatte ich das gerade etwa wirklich gefragt? Die Antwort lag eigentlich auf der Hand. Aber ich wollte es einfach von ihr hören.

 

„Ich habe Angst vor dir.“ Ich war vorbereitet, trotz allem schockte mich ihre Antwort sehr. Sabrina hatte eigentlich nicht schnell Angst. Umso mehr schockierte es mich, dass ich ihr Angst einjagte.

 

„Ich werde dir nichts tun. Versprochen.“ Ich war mir aber nicht ganz so sicher, ob ich dieses Versprechen auch einhalten könnte, wenn ich jetzt nicht dringend von hier verschwinden würde.

 

„Trotzdem. Bitte geh.“ Ich nickte leicht, bewegte mich aber nicht vom Fleck. Es dauerte ganze fünf Minuten, bis ich mich endlich von ihr losreißen konnte und mich in Bewegung setzte. Langsam drehte ich mich und trat aus dem Zimmer. Hinter mir schloss ich die Tür und erhaschte noch kurz einen Blick auf ihr Gesicht. Sie wirkte vollkommen erleichtert. Erleichtert, dass ich endlich weg war. Ich stand noch geschlagene zehn Minuten vor der geschlossenen Zimmertür und hörte dem Rauschen ihres Blutes zu. Ihr Geruch betäubte mich und machte mich bewegungsunfähig. Sollte ich nicht doch einfach nur mal kosten?

 

Nein! Ich rannte eilig die Gänge entlang und mit jedem Schritt weiter von ihr entfernt ging es mir besser und besser. Ihr Geruch wurde immer weniger, bis er schließlich ganz verschwunden war. Trotz allem rannte ich einfach nur weiter. Ich wollte schleunigst weg von ihr. So weit weg, wie es nur möglich war.

 

Au! Mit meinem Kopf prallte ich gegen etwas Hartes. Ich taumelte nach hinten und wäre beinahe auf den Boden geflogen, wenn nicht Alex mich in der letzten Sekunde noch festgehalten hätte.

 

„Kannst du mir vielleicht erklären, warum du wie eine Irre durch die Gänge rennst?“ Er schaute mich misstrauisch an und stellte mich wieder auf meine Beine, sodass ich nun genau vor ihm stand.

 

„Hallo? Eine Antwort wäre nett. Danke.“

 

„Du bist ein Arschloch.“ Sein eiserner Blick durchbohrte meinen.

 

„Also gut. Wo kommst du her?“, fragte er mit zusammengeknirschten Zähnen.

 

„Sabrina.“, hauchte ich und sein Blick änderte sich sofort. Er wirkte nun nicht mehr wütend sondern ziemlich überrascht.

 

„Du hast sie aber nicht …?“ Er biss seine Zähne zusammen und vervollständigte so seinen Satz. Ich schüttelte leicht den Kopf.

 

„Nein, aber fast! Ich war so kurz davor.“ Meine Stimme wurde lauter. „Ich wusste, dass es schlimm werden würde. Aber, dass es mich selbst halber umbringt hätte ich nun echt nicht erwartet. Sie roch so gut! Einfach unwiderstehlich.“ Panisch schaute ich ihn an.

 

„Es wird besser mit der Zeit. Du lernst damit klarzukommen und deinen Durst zu unterdrücken.“, antwortete er fast schon sanft und schaute mich weiter an.

 

„Hilf mir, bitte.“, flehte ich ihn an und er nickte zustimmend. Weinend schmiss ich mich ihm so fest in die Arme, dass wir beide krachend auf dem Boden landeten.

 

 

 

Kapitel 16

Offenbarung

 

 

Alex schnaubte und rieb sich den Kopf, der mit einem lauten Knall auf dem Boden aufkam. Das war mir allerdings egal, denn ich ließ meinen Tränen freien Lauf. Der Vampir setzte sich auf, achtete jedoch darauf, dass er mich nicht von sich runterschmiss. Er lehnte nun an der Schlosswand und zog mich zögerlich auf seinen Schoß. Mein Kopf ruhte an seiner Brust und durchtränkte gerade sein schwarzes Hemd, welches ihm natürlich ausgezeichnet stand, mit meinen Tränen. Ich versuchte nicht zu laut zu schluchzen, jedoch vergeblich. Es hallte durch das ganze Schloss. Meine Arme umklammerten seinen Oberkörper. Ich schaute kurz auf und begegnete Alex Blick. Er schien verwirrt und wusste scheinbar nicht, was er nun tun sollte. Er war einfach nicht der emotionalste und Gefühle anderer waren ihm egal. Aber im Moment streichelte er einfach nur meinen Rücken. Immer und immer wieder. Gleichmäßig wanderte seine rechte Hand meinen Rücken auf und ab. Es beruhigte mich sehr und nach kurzer Zeit wich die ganze Anspannung von mir und ich schaffte es mich zu entspannen. Ich weinte zwar immer noch, allerdings war ich dabei verstummt. Sein Hemd war nun komplett durchnässt und die nasse Stelle zeichnete seine Muskeln darunter ab. Auf einmal fühlte ich mich unbehaglich.

 

„Was mache ich hier eigentlich?“ Hysterisch sprang ich auf und entfernte mich von Alex. Ich stand an einer weit entfernten Wand. Alex schaute mich irritiert an und öffnete den Mund um etwas zu sagen.

 

„Halt die Klappe. Ich will nichts hören. So weit kommt‘s noch, dass ich mich von dir trösten lasse. Du bist ein scheiß Arschloch. Erst willst du mich umbringen, dann zeigst du mir deinen Hass indem du mich einsperrst. Anschließend bringst du meine beste Freundin fast um und jetzt? Jetzt tust du auf überfürsorglich und streichelst meinen Rücken. Du bist ja so ein scheiß Idiot!“ Ich war gerade auf einhundertachtzig und musste schleunigst versuchen mich wieder zu beruhigen. Meine Hände waren heiß. Das muss wohl mit dem Element Feuer zu tun haben, dachte ich. Alex saß immer noch auf dem Boden und lehnte mit dem Rücken lässig an der Wand. Seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben. Seine schwarzen Augen glänzten herausfordernd. Ich atmete einmal tief aus.

 

„Jetzt darfst du reden.“, sagte ich in einem ruhigeren Ton.

 

„Du hast dich in meine Arme geworfen, Prinzessin. Verwechsle da mal was nicht.“, hauchte er und zwinkerte. Währenddessen stand er geschmeidig auf und kam näher auf mich zu, bis er direkt vor mir stand. Ich wollte gerade wieder ausrasten, jedoch streckte er schon die Hand aus und wischte mir meine restlichen Tränen aus dem Gesicht. Seine Haut war kalt, kalt wie bei einem Toten. Theoretisch gesehen war er aber ja eigentlich tot. Er hatte keinen Herzschlag mehr und musste sich von Blut ernähren. Ich begann mich wieder zu beruhigen und meine Wut verpuffte immer mehr, je länger ich ihn anschaute.

 

„Kann ich dir etwas erzählen?“, fragte ich unsicher und wusste nicht ob das richtig war, was ich gerade tat.

 

„Natürlich.“, antwortete er und schaute mich abwartend ab.

 

„Hast du in deinem Zimmer einen Stift und ein Blatt Papier?“, hakte ich weiter nach und deutete den Gang entlang.

 

„Ja habe ich aber wofür brachst du das?“, fragte er nun sichtlich irritiert.


„Das wirst du dann schon sehen.“, antwortete ich und ging los.

 

„Andere Richtung.“, rief mir Alex während dem Laufen zu und ich drehte mich mit roten Wang um und stolzierte an ihm vorbei.

 

„Das hab ich gewusst. Ich wollte nur testen, ob du dich hier auch wirklich so gut auskennst, wie du tust.“, log ich und Alex begann zu lachen, folgte mir aber. Nach einer Minute befanden wir uns wieder in Alex Zimmer und ich nahm mir einen Kugelschreiber und ein Blatt Papier, was beides auf seinem Schreibtisch lag. Dann begann ich aufzuschreiben und hoffte inständig, dass ich nicht irgendetwas vergessen hatte. Als ich endlich fertig war reichte ich das Blatt Alex, welcher auf seinem Sofa saß, und bat ihn es sorgsam durchzulesen.

 

„Was ist das? Woher hast du das?“, fragte er nach ein paar Minuten irritiert.

 

„Ich hatte neulich einen Traum und der kam mir wirklich sehr real vor. Ich befand mich auf einer Lichtung und eine unbekannte Stimme sagte meinen Namen und dass ich genau zuhören solle. Dann hat die Stimme mir genau das gesagt, was ich dir gerade zu lesen gegeben hatte. Der Traum war wirklich merkwürdig und normalerweise glaube ich auch nicht an sowas. Allerdings war dieser echt gruselig und ich wusste nicht wem ich es erzählen sollte außer dir.“ Abwartend schaute ich ihn an.

 

„Warum hast du es nicht David erzählt?“, fragte Alex nun.

 

„Dem traue ich nicht über den Weg.“, platzte aus mir heraus und ich bereute meine Worte sofort. Alex war David bester Freund. Ich Idiotin.

 

„Was?“, fragte Alex geschockt und starrte mich an.

 

„Ähm nun ja. Meine Kette leuchtet rot, wenn David in der Nähe ist. Und rot bedeutet, dass er gefährlich ist.“ Ich schaute nach unten auf meine Kette und bemerkte, dass diese im Moment nicht leuchtete. „Und das ist echt verrückt, aber bei dir leuchtet sie nicht.“ Alex blieb stumm und musterte mich nachdenklich. Nun konnte ich mich nicht mehr zurückhalten.

 

„Außerdem hat er gelogen. Als es darum ging, dass er ein Gegenmittel gegen die Unterdrückung seines Wesens suchte, aber bisher erfolglos blieb, leuchtete meine Kette gelb. Und gelb bedeutet, dass er gelogen hat.“ Nun stand Alex auf und lief im ziemlich großen Zimmer auf und ab. Nach einer Weile nahm er den Zettel von mir nochmal in die Hand und las ihn noch einmal laut vor.

 

Ein Mädchen, das zum Teil dunkel und zugleich auch hell ist.

Sie ist die letzte Thronfolgerin des unendlichen Königreichs.

Sie verkörpert die fünf Himmelsrichtungen.

Bodenständig wie der Osten,

Temperamentvoll und heiß wie der Süden,

Schnell wie der wilde Westen,

Tiefgründig und geheimnisvoll wie der Norden.

In ihrer Mitte verkörpert sie die vier Richtungen miteinander.

Sie muss hinter die Fassade blicken, um den Kern des Bösen zu erkennen.

Nicht alles offensichtlich Gute ist, was es vorgibt.

Alles wird sich durch sie ändern.

An ihr liegt es, ob Melodia bestehen bleibt oder untergeht.“

 

Nun blieb er direkt vor mir stehen und schaute mich an. Sein Blick war starr.

 

„Ich glaube wir haben ein Problem.“

 

 

 

Kapitel 17

Deutungen

 

 

„Alex ich verstehe das einfach nicht. Was hat das jetzt alles zu bedeuten?“ Ich war einfach ratlos. Ich verstand das alles nicht.

 

„Ich denke das ist eine Legende.“, murmelte er vor sich hin und ich war nun immer noch genauso ratlos wie zuvor.

 

„Eine Legende in der ich offensichtlich die Hauptperson bin.“, entgegnete ich und sah an Alex Blick, dass ich damit sowas von richtig lag.

 

„Es kannst nur du sein. Du bist die Prinzessin, die Königin und somit auch die letzte Thronfolgerin. Es sei denn du hast Geschwister oder Kinder.“

 

„Ganz bestimmt nicht!“, rief ich. Was dachte er bitte von mir? Dass ich mit sechzehn schon Kinder hatte, oder was? Meine Güte dieser Mensch war doch einfach bekloppt. Nein falsch, dieser Vampir war bekloppt.

 

„Es hätte ja sein können.“, scherzte er, jedoch klang es nur halbherzig.

 

„Verstehst du den ersten Satz? Dass ich dunkel und hell zugleich bin?“, fragte ich ahnungslos und lenkte somit vom Kinderthema ab.

 

„Nein den verstehe ich auch nicht. Aber gehen wir erstmal weiter. Mit den Himmelsrichtungen sind denke ich mal die Elemente gemeint. Bodenständig wie der Osten, das ist die Erde. Temperamentvoll und heiß wie der Süden stellt das Feuer dar. Und schnell wie der wilde Westen ist die Luft.“

 

„Tiefgründig und geheimnisvoll wie der Norden ist das Wasser.“, vervollständigte ich und Alex bestätigte es mit einem Nicken.

 

„Aber was bedeutet das nächste? In ihrer Mitte verkörpert sie die vier Richtungen miteinander. Das verstehe ich nicht.“

 

„Vielleicht ist das noch ein Element. Oder es soll einfach dich symbolisieren. Ich kann es dir nicht sagen. Das ist einfach alles ziemlich kompliziert. Aber das sind Legenden immer.“ Mittlerweile saßen wir nebeneinander auf dem Sofa und starrten immer wieder auf den Zettel, auf dem die Legende geschrieben war.

 

„Okay. Schieben wir das mal beiseite. Die nächsten zwei Zeilen lauten: Sie muss hinter die Fassade blicken, um den Kern des Bösen zu erkennen. Nicht alles offensichtlich Gute ist, was es vorgibt. Ich habe da irgendwie eine schlimme Vorahnung.“ Alex seufzte.

 

„Ich denke mal, dass mir diese Vorahnung nicht gefallen wird.“ Damit hatte er sogar Recht.

 

„Ich glaube damit ist David gemeint.“ Alex schüttelte kaum merklich den Kopf.

 

„Das glaube ich einfach nicht. Er ist mein bester Freund. Und um ehrlich zu sein ist er der Nettere von uns beiden. Wenn du mich verdächtigen würdest, dann könnte ich das ja noch verstehen. Aber nicht bei David.“ Es hätte mir eigentlich klar sein müssen, dass er auf der Seite seines besten Freundes stand. Trotzdem verpasste es mir einen leichten Tritt in die Magengrube.

 

„Aber Alex es kann doch sein.“, widersprach ich ihm und er schüttelte seinen Kopf erneut.

 

„Okay, dann belassen wir es erstmal dabei. Es bringt ja wohl doch nichts mit dir darüber zu diskutieren. Der letzte Satz bereitet mir am meisten Bauchweh.“

 

„Ich glaube mittlerweile echt, dass sich in der nächsten Zeit einiges ändern wird.“, sagte er gedankenverloren und starrte immer wieder auf die Legende.

 

„Ich denke ich werde mal mit David reden.“, meinte er schließlich und wollte schon aufstehen.

 

„Nein!“, schrie ich panisch und drückte ihn mit meiner Hand zurück aufs Sofa. Jedoch brachte das nicht besonders viel und er wollte wieder aufstehen. Sein Entschluss stand scheinbar fest. Ich wollte ihn unbedingt daran hindern, dass er zu David ging. Irgendetwas in mir drin sagte mir, dass David auf gar keinen Fall etwas von meinen Vorahnungen erfahren durfte. Da ich nicht wusste, wie ich Alex zum Sitzenbleiben bewegen konnte, setzte ich mich einfach eiskalt auf Alex Schoß.

 

„Ich mag es zwar, wenn mich Frauen besteigen, aber was soll das jetzt Diana?“, fragte er geschockt und schaute mir nun direkt in die Augen. Ich spürte deutlich, wie sich meine Wangen rot färbten.

 

„Mann Alex!“, stieß ich empört aus und auf sein Gesicht legte sich ein schiefes Grinsen. Mittlerweile glaubte ich, dass er das schon mit Absicht machte.

 

„Also wärst du jetzt bitte so nett und gehst von mir runter?“, fragte er nun und schaute mich abwartend an.

 

„Nur wenn du mir versprichst, dass du nicht zu David gehst und ihm auch nichts von dieser Legende erzählst.“ Hoffentlich konnte ich Alex überreden.

 

„Aber warum denn nicht? Was ist daran denn so schlimm? Wenn ich ihn frage, dann wirst du sehen, dass deine Befürchtungen David gegenüber umsonst sind.“

 

„Nein Alex. Bitte glaube mir. Mein Bauchgefühl sagt mir einfach, dass er nichts hiervon erfahren sollte. Und mein Bauchgefühl hat immer recht.“, sagte ich flehend und hielt mit meinen Händen energisch Alex Schultern fest.

 

„Du hast echt ein schlechtes Gefühl dabei, oder?“, fragte er mich nun und ich nickte.

 

„Okay, dann werde ich es lassen.“ Ein Stein viel mir vom Herzen und ich atmete erleichtert aus.

 

„Dankeschön Alex. Dafür hast du was bei mir gut.“, sagte ich überglücklich.

 

„Glaub mir, das werde ich irgendwann bestimmt noch einlösen.“, entgegnete er und hatte schon wieder dieses schiefe Grinsen im Gesicht.

 

„Was macht ihr denn hier?“ Erschrocken zuckte ich zusammen und versteifte mich augenblicklich auf Alex.

 

„David was machst denn du hier?“, fragte Alex und schaute an mir vor bei zu seinem Freund.

 

„Ich habe dich überall gesucht. Wir wollten doch den Ball planen.“, antwortete dieser.

 

„Achso ja stimmt. Das habe ich ganz vergessen. Ich komme später zu dir.“, entgegnete Alex und ich hörte, wie die Tür wieder zu ging. Kaum war David draußen, entspannte ich mich wieder. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich die ganze Zeit während David da auf Alex saß.

 

„Wie peinlich.“, murmelte ich und Alex begann zu lachen.

 

„Mich würde interessieren, was er wohl gedacht hat, weil du auf mir sitzt.“, lachte er und kassierte deswegen einen Schlag gegen die Brust ein.

 

„Oh oh jetzt wird sie auch noch handgreiflich.“, sagte er gespielt entsetzt und hob abwehrend seine Hände hoch.

 

„Ja pass besser auf. Ich bin ein blutrünstiger Vampir.“, drohte ich und hob drohend meinen Zeigefinger. Alex beugte sich vor und schnappte danach. Erschrocken schaute ich ihn an. An meinem Finger quoll ein einzelner roter Bluttropfen hervor. Alex beugte sich nun wieder hervor und leckte dieses Mal den Tropfen mit seiner Zunge ab. Danach lief er sich wieder zurücksinken und schaute mich grinsend an. Meine Mundwinkel zuckten und noch während ich in einem Lachanfall ausbrach fing er sich von mir eine, die man wahrscheinlich im ganzen Schloss hören konnte.

 

 

 

Kapitel 18

Fordere niemals einen Vampir heraus

 

 

Es dauerte ganze fünf Minuten, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Nun ja beruhigt eigentlich nicht, aber ich hatte mich wieder halbwegs im Griff. Noch immer hatte ich das Bild vor Augen, wie Alex meinen Finger wie einen Lolli behandelte. Es war einfach urkomisch und schon beim Gedanken daran zogen sich meine Mundwinkel wieder nach oben. Jetzt nicht lachen Diana, ermahnte ich mich innerlich und presste meine Lippen zusammen. Alex schaute mich irritiert an und wirkte andererseits auch ziemlich empört. Immerhin hatte ich ihm gerade eine geklatscht. Das wurde aber auch langsam mal Zeit.

 

„Bitte Alex, mach das nie wieder.“, lachte ich nun doch wieder los und musste mich erneut an seinen Schultern festhalten, da ich vor Lachen wahrscheinlich sonst auf dem Boden landen würde. Und das wollte ich mir eigentlich ersparen.

 

„Ich verstehe nicht, was daran lustig ist.“, sagte er und schien nach einem Grund meines Verhaltens zu suchen.

 

„Mann Alex. Du machst den Anschein eines bösen Vampirs und was tust du? Du schleckst an meinem Finger.“ Nun konnte ich einfach nicht mehr. Ich brach wieder in schallendes Gelächter aus und merkte, wie mir sogar die Tränen in die Augen stiegen. Das war definitiv einer der witzigsten Momente meines Lebens.

 

„Du findest mich also albern und absolut gar nicht böse?“, fragte er und ich nickte eifrig. Definitiv nicht. Alex war einfach vollkommen verwirrend. Auf der einen Seite war ein absolutes krankhaftes Arschloch, das man einfach nur hassen konnte. Dann aber gab es Momente wie diese in denen er einfach mal ganz normal war. Dieser Alex war mir tausendmal lieber. Einen Moment lang schien er wie erstarrt, dann plötzlich schmiss er mich von sich auf sein weiches rotes Bett und lehnte über mir. Seine Hände waren links und rechts von mir abgestützt und er grinste mich frech an. Mein Herz pochte wie wild und ich atmete hektisch ein und aus. Dadurch wurde sein Grinsen nur noch größer.

 

„Na bin ich dir immer noch nicht gefährlich genug?“, hauchte er bedrohlich und ich spürte seinen kühlen Atem in meinem Gesicht. Ich merkte, wie sich meine Nackenhaare aufstellten. Seine Augen blitzten bedrohlich, aber dennoch amüsiert. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Dieses Spiel schien ihm eine Menge Freude zu bereiten.

 

„Ich wette du kannst noch mehr.“, entgegnete ich mutig und reckte meinen Kopf um ihm somit direkt in die Augen zu schauen. Ich war lebensmüde, dass ich ihn gerade so herausforderte. Aber das war mir absolut egal.

 

„Soll ich’s dir zeigen?“ Nein! Ja! Dieser Mann verwirrte mich einfach vollkommen und ich war mir sicher, dass er ganz genau wusste, was er machte und wie es ankam. Alex beugte sich langsam zu mir herunter. Dann fuhr er ganz sacht mit seiner rechten Hand an meinen Kopf und drehte diesen langsam nach rechts, sodass mein Hals nun frei lag. Dann fuhr er mit der Hand meinen Hals entlang und machte meine blonden Haare beiseite. Eine schlimme Vorahnung machte sich in mir breit. Nun beugte er sich weiter zu mir herunter, bis seine Lippen nur noch wenige Millimeter von meiner Haut entfernt waren. Mein Herz schlug mir bis zum Hals.

 

„Ich erwarte eine Antwort. Ja oder nein?“, schnurrte er und lachte leise. Es macht ihm Spaß, dachte ich und schluckte meinen Kloß hinunter um sprechen zu können.

 

„Ja.“ Es war nicht mehr, wie ein leises Flüstern. Falsche Antwort, dachte ich und mir wurde klar, dass ich eigentlich mit nein antworten wollte. Aber irgendetwas Verräterisches in mir drin hatte mir die andere Antwort herausgelockt.

 

„Sicher?“, fragte er und ich nickte leicht. Mist.

 

Ich zuckte zusammen, als ich seine weichen Lippen auf meinem Hals spürte. Er hauchte einen sanften Kuss darauf, was mich entspannen ließ. Erschrocken keuchte ich auf, als seine spitzen Zähne sich in meine Haut bohrten. Es tat nicht weh. Ganz im Gegenteil, auf einer komischen Art und Weise fühlte es sich sogar gut an. Ich hielt komplett still und bemerkte dann schließlich, wie Alex sich nach einer Weile wieder zurückzog und sich wieder über mich beugte, sodass ich ihn ansehen konnte. Seine schwarzen Augen leuchteten und an seinen Lippen hing noch etwas Blut. Mein Blut. Seine langen, weißen, spitzen Zähne wurden kleiner und kleiner, bis sich schließlich ganz verschwunden waren. Alex regte sich nicht über mir und ich blieb ebenfalls einfach ruhig unter ihm liegen. Meine Gedanken tanzten Samba. Nach einer Weile bemerkte ich dann doch ein leichtes Ziehen an meinem Hals verzog schmerzend das Gesicht.

 

„Warte. Ich mach, dass es aufhört dir wehzutun.“, sagte er und beugte sich nun wieder zu mir herunter. Anstatt wieder zuzubeißen, leckte er mit seiner Zunge über meinen Hals. Ein leichtes Kribbeln durchfuhr mich, als ich bemerkte, wie sich meine Wunde langsam aber sicher schloss. Anschließend hauchte er noch einen leichten Kuss darauf, dann ließ er sich neben mich auf das Bett fallen. Wir blieben eine Weile nebeneinanderliegen, bis er sich schließlich erhob.

 

„Komm mit. Ich möchte dir etwas zeigen.“, sagte er und ich stand auf. Leider viel zu schnell. Zum Glück fing Alex mich gerade noch rechtzeitig auf, bevor ich Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hätte. Ich schaute verlegen nach oben und der Vampir musste sich anstrengen nicht zu lachen.

 

„Ich glaube ich habe dir wohl doch etwas zu viel Blut abgezapft.“, grinste er und ich wurde verlegen.

 

„Passt schon.“, antwortete ich und hätte mich dafür erschlagen können. Was für eine dämliche Antwort. Nun musste Alex doch einmal kurz auflachen und stellte mich zeitgleich wieder hin.

 

„Schön stehen bleiben.“, neckte er mich und ich boxte ihm leicht in die Schulter.

 

„Setz es besser nicht nochmal darauf an Diana. Wir wissen doch beide, wohin das hinausläuft.“, sagte er und biss zweimal seine Zähne zusammen. Darauf gab ich ihm keine Antwort, da ich nicht mal wusste, ob ich das nochmal wollte oder nicht. Alex machte die Zimmertür auf und ich folgte ihm. Wir stiegen mehrere Treppen hinab und blieben im Keller vor einer ziemlich alten Tür stehen.

 

„Was machen wir hier, Alex?“, fragte ich überrascht und schaute ihn an.

 

Zwinkernd antwortete er mir: „Jetzt werden wir mal ein bisschen in der Vergangenheit nachforschen.“ Halleluja.

 

 

 

Kapitel 19

Nachforschungen

 

 

Alex legte einen Schlüssel, der aussah als wäre er aus purem Gold, in das Schloss und drehte diesen dann langsam um. Wahrscheinlich sah er nicht nur so aus, sondern war tatsächlich aus Gold. Das würde mich hier nicht wundern. Ich war nun wirklich aufgeregt und es interessierte mich, was hinter dieser Tür verborgen war. Anschließend drückte er die Türklinke herunter, was aufgrund eines lauten Knalls wahrscheinlich im ganzen Schloss zu hören war. Quietschend machte er die Tür auf und ich sah erstmal nichts weiter, als schwarz. Alex tastete mit seiner linken Hand nach einem Lichtschalter. Während er noch dabei war ihn zu suchen, gewöhnten sich meine Augen mittlerweile an die Dunkelheit. Ich konnte die Umrisse von unzähligen Kartons erkennen, die chaotisch auf dem Boden herum lagen. Sicher, dass es hier einen Lichtschalter gab? Plötzlich ging flackernd das Licht an und ich konnte nun erkennen, dass wir uns in einer Art Abstellkammer befanden. Jedoch sah es nicht so aus, als wäre die letzten zehn Jahre jemand hier drin gewesen. Gigantische Spinnenweben befanden sich an der Decke und die steinerne Wand war feucht. Der Raum war klein und es gab kein Fenster. Ich schaute mich weiter im Raum um und erschrak. In der Ecke befand sich ein Skelett. Ich rieb mir einmal die Augen und bemerkte, dass ich mir dies nicht eingebildet hatte. Hier war tatsächlich ein Skelett. Die Luft in diesem Raum war modrig und alt. Ich wollte nun endlich wissen, was ich hier sollte.

 

„Was machen wir hier?“, fragte ich und ging währenddessen einen Schritt zurück. Mit meinem Rücken stoß ich an etwas Hartes. Alex stand direkt hinter mir und irgendwie schien mich das im Moment zu beruhigen. Alex Anwesenheit beruhigte mich allgemein. Wäre ich nun alleine hier in diesem Raum, dann hätte ich wahrscheinlich die Flucht ergriffen.

 

„Ein bisschen in den Kartons rumstöbern. Und Entschuldigung wegen unserem kleinen Freund hier.“, sagte er und deutete auf das Skelett. Mir wurde augenblicklich übel. Wie konnte er darüber auch noch scherzen?

 

„Dieser Raum wurde zuletzt vor 25 Jahren betreten und wir haben wohl vergessen, dass wir einen Bewacher in diesem Raum hatten.“, erklärte er und ich fühlte mich noch unwohler.

 

„Wieso zuletzt vor 25 Jahren?“, fragte ich und ignorierte die Tatsache, dass Alex und David ein Lebewesen hier drin vergessen hatten, woraufhin es starb. Den Kloß in meinem Hals schluckte ich herunter.

 

„Vor 25 Jahren wurden wir Könige und da haben wir das Schloss ausgemistet und alles Unnützliche hier in diese Kartons gesteckt. Deshalb sind wir auch hier Diana. Vielleicht finden wir ja etwas über deine Vergangenheit heraus.“

 

„Falsch. Vor 25 Jahren habt ihr euch den Thron und die Herrschaft geklaut.“, verbesserte ich kühl und merkte, wie Alex hinter mir schnaubte. Er schien sich aber zusammenzureißen, denn er ging sonst nicht weiter auf meinen Kommentar ein. Stattdessen sah ich nun, wie er zu einem der verpackten Kartons lief und ihn öffnete.

 

„Du kannst dich umschauen. Pass aber bloß auf, dass du nichts kaputt machst.“, sagte er neutral und ich merkte an seiner Stimme trotzdem, dass er die Zähne aufeinanderpressen musste, um mir nicht den Hals herum zu drehen. Ich ging nun an einen Karton auf der anderen Seite des Raumes und riss das Klebeband ab. Unzählige Puppen lagen in diesem Karton und schauten mich an. Sie hatten unterschiedliche Größen, jedoch waren dies alles Kinderpuppen. Wem die wohl gehört hatten? Alex bestimmt nicht. Beim Gedanken an Alex, wie er mit kleinen Puppen spielte, konnte ich mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Zögerlich nahm ich mir eine kleine rothaarige Puppe heraus und schaute sie an. Sie sah sehr teuer aus und der Körper war aus Porzellan. Süß, dachte ich und wollte sie gerade zurücklegen, als ich eine alte Spieluhr im Karton liegen sah. Sie war sehr staubig und dreckig. Trotz allem sah sie immer noch gut aus und schien unheimlich wertvoll. Ich drehte die Spieluhr auf und eine fröhliche Melodie erklang. Während die Uhr sich drehte, tanzten auf der Oberfläche ein Prinz und seine Prinzessin. Ich musste schmunzeln. Ich liebte solche Uhren.

 

„Schau mal, was ich gefunden habe.“, sagte Alex, der gerade zu mir kam und nun neben mir stand. Er gab mir seinen Fund und ich schaute es mir neugierig an. Es war ein Foto. Auf diesem Bild waren drei Personen. Eine junge blonde Frau im Alter von ungefähr 20 Jahren stand in der Mitte des Bildes und lächelte. Sie hielt ein kleines Baby in der Hand, welches in eine violette Decke gewickelt war. Neben der Frau stand ein Mann. Er war etwas älter, als die Frau. Ich schätzte ihn auf circa 25 Jahre. Er war sehr groß und von kräftiger Statur. Er hatte strahlend blaue Augen und lange blonde Haare, welche leicht gewellt waren. Dieser Mann sah unglaublich gut aus. Zudem seine großen, weißen…

 

„Flügel!“, schrie ich und ließ das Bild fallen. Alex reagierte gerade noch rechtzeitig und konnte das Bild auffangen. Meine Gedanken rasten.

 

„Warum hat der bitte Flügel?“, fragte ich fast schon panisch und Alex musste sich scheinbar ein Lächeln unterdrücken.

 

„Weil er ein Engel ist, Diana.“, erklärte er, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.

 

„Aber, aber das ist doch verrückt.“, stotterte ich und musste wohl aussehen, wie von der Tarantel gestochen. Oh Mann, der hatte tatsächlich Flügel.

 

„Wir sind hier in Melodia. Denk dran. Das ist völlig normal. Wie reagierst du denn bitte, wenn du Bekanntschaft mit unseren Riesen machst?“, fragte er schmunzelnd und ich fing an mich wieder zu beruhigen.

 

„Riesen?“, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und Alex nickte bloß zur Antwort. Mein Herz begann wieder in einem normalen Rhythmus zu schlagen und mein Atem wurde wieder langsamer.

 

„Warum zeigst du mir das?“, fragte ich nun und wartete gespannt auf eine Antwort.

 

„Schau dir das Bild einfach nochmal an. Dann wird sich deine Frage schon von selbst klären.“, entgegnete er nur und reichte mir erneut das Bild, welches ich zögerlich nahm. Mein Blick flog natürlich automatisch zu diesem Engel und ich versuchte die Tatsache, dass er Flügel hatte einfach mal auszublenden. An der Frau bemerkte ich auch nichts Ungewöhnliches. Den Mann kannte ich definitiv nicht. Das hätte ich mir gemerkt. Die Frau kam mir ein wenig bekannt vor, aber ich hatte sie auch noch nie gesehen. Dann schaute ich mir das Baby an. Es war wirklich süß. Ich sah damals aus Baby exakt genauso aus. Wie meine Mutter auch. Babyfotos von ihr und von mir waren zum Verwechseln ähnlich. Plötzlich weiteten sich meine Augen und es wurde mir klar.

 

„Das ist meine Mutter.“, flüsterte ich und neben mir begann es zu klatschen. Alex lehnte mit einem breiten Grinsen an der feuchten Wand.

 

„Der Kandidat hat hundert Punkte.“, grinste er und ich wusste nun auch, woher mir die Frau so bekannt vorkam.

 

„Und das ist meine Oma, oder?“, fragte ich Alex und deutete auf die gutaussehende Frau. Dieser bestätigte meine Aussage mit einem Nicken.

 

„Und wer ist das?“, fragte ich und deutete zu dem Engel, der obwohl es nur ein Bild war eine ungeheure Autorität ausstrahlte.

 

„Kannst du dir das nicht denken?“, fragte Alex. Ich hatte eine Vermutung, jedoch traute ich mich nicht sie auszusprechen.

 

„Ist das etwa mein Opa?“, fragte ich und Alex nickte erneut. Das musste ich erstmal verarbeiten. Mein Opa war ein Engel. Ich war tatsächlich mit einem Engel verwandt.

 

„Moment mal. Wenn mein Opa ein Engel ist, was bin dann ich?“, fragte ich Alex und wurde nun echt neugierig.

 

„Das ist wieder kompliziert. Du bist auf jeden Fall ein Halbvampir. Das schmecke ich.“, begann er und ich wurde rot.

 

„Ich weiß nichts über deinen Vater, aber ich gehe mal davon aus, dass dieser ein Vampir ist. Dadurch würde sich deine vampirische Seite erklären. Dein Opa ist ein Engel. Erzengel Gabriel, wenn du es genau wissen willst.“ Er schaute mich nachdenklich an und ich fragte mich woher er das wusste.

 

„Deine Oma ist … war ein Mensch.“, erklärte er weiter und sprach das Wort Mensch voller Ekel aus.

 

„Ich hasse Menschen. Diese dienen ausschließlich der Nahrung und sind sonst für nichts weiter gut.“, rechtfertigte er sich, als er meinen Gesichtsausdruck auf seinen Kommentar darauf hörte.

 

„Woher weißt du, dass meine Oma ein Mensch war?“, hakte ich nun nach.

 

„Das wusste hier in Melodia jeder. Dein Opa der König hatte sich einen Mensch zur Gemahlin ausgesucht. Das sorgte für große Empörung hier in Melodia.“

 

„Aber was bin nun ich? Ich verstehe das alles nicht?“ Seufzend schaute ich Alex an und dieser wirkte nun wieder abwesend und nachdenklich.

 

„Ich Idiot! Warum bin ich darauf nicht früher draufgekommen?“, schrie er plötzlich und feuerte einen riesigen Feuerball gegen die Wand, welcher aber sofort wieder erlosch, als er mit der feuchten Wand im Berührung kam. Erschrocken starrte ich Alex an. Dieser Typ hatte aber echt gewaltig was an der Klatsche. Bevor ich ihm das sagen konnte, sprach er schon weiter.

 

„Wenn dein Opa ein Engel war und deine Oma ein Mensch, dann war deine Mutter Halbengel und Halbmensch. Und du bist aus der Paarung von einem Vampir und deiner Mutter entstanden. Das heißt…“

 

„Ich bin Halbvampir, zu einem Viertel Engel und zum anderen Viertel ein Mensch.“, schlussfolgerte ich und schaute Alex an.

 

„Bingo!“, rief er und ich hatte seine Augen noch nie so leuchten sehen wie jetzt.

 

 

 

Kapitel 20

Vorbereitung auf den Ball

 

 

Warme Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht und verschlafen blinzelte ich. Nach ein paar Sekunden hatte ich mich schließlich an das helle Licht der strahlenden Sonne gewöhnt und streckte mich gähnend der Sonne entgegen. Noch immer sah ich ein Paar weißer Flügel vor meinen Augen, von denen ich heute Nacht geträumt hatte.

 

„Wacht auf, Hoheit.“, sagte eine leise und ruhige Frauenstimme. Erschrocken fuhr ich hoch und sah an meinem Bettrand eine zierliche, junge Frau mit rotblonden Haaren stehen.

 

„T-tut mir Leid, Königin.“, stotterte sie nun und sah mindestens genauso erschrocken aus, wie ich mich fühlte. Was machte eine wildfremde Frau in meinem Zimmer? Nun ja theoretisch gesehen war es ja Alex Zimmer. Aber aus welchem Grund auch immer schlief ich bei ihm. Nicht, dass ich das unbedingt wollte. Von mir aus könnte er mir auch ein eigenes Zimmer geben. Aber Alex war fast nie in seinem Zimmer, weshalb es keinen Unterschied machte, ob ich nun bei ihm im Zimmer schlief oder wo anders. Seit meinem Blutanfall wohnte ich nun bei ihm im Zimmer. Erstaunt stellte ich fest, dass das gerade mal drei Tage her war. Ich war nun gerade mal acht Tage hier und irgendwie schien ich mich langsam daran zu gewöhnen. Mir fiel auf, dass Alex gar nicht mehr so aggressiv zu mir war. Anscheinend schien auch er sich langsam mit mir abzufinden. In manchen Momenten war er gar nicht so schlimm zu mir, sondern eigentlich ganz nett. Energisch schüttelte ich meinen Kopf. Er ist und bleibt ein riesen Arschloch.

 

„I-ich muss Euch für den Ball heute Abend fertig machen und Euch einiges Beibringen, Hoheit.“, fuhr die junge Frau fort und schien sich langsam wieder beruhigt zu haben.

 

„Ähm. Hat Alex das hier angeordnet?“, fragte ich leicht neben der Spur und bei seinem Namen merkte ich, wie sie aschfahl wurde.

 

„Ja Hoheit. Der König hat mich geschickt um Euch auf euren Ball vorzubereiten.“, erklärte sie und ich fragte mich, was Alex getan hatte, da sie alleine schon bei seinem Namen vor ihm Angst hatte.

 

„Meinen Ball?“, hakte ich nach und verstand nicht.

 

„Ja Hoheit. Die Könige veranstalten diesen Ball um dem Volk von Euch zu berichten.“, erklärt sie und so langsam begreife ich. Sie wollen tatsächlich dem Königreich mitteilen, dass die rechtmäßige Königin da ist. Ich wusste nun wirklich nicht, ob ich es gut oder absolut dämlich finden sollte. Mal schauen, was sie noch so ausgeheckt hatten.

 

„Okay. Ich verstehe. Kannst du mir sagen wie spät es ist und wann dieser Ball beginnt?“, fragte ich nun und die Frau antwortete sofort.

 

„Es ist 13.13 Uhr und der Ball beginnt um 18 Uhr.“, antwortete sie schnell und schaute mich dann ein paar Sekunden später geschockt an.

 

„Eure Hoheit.“, fügte sie noch schnell hinzu und schaute mich entschuldigend an. In ihrem Blick lag große Angst. Okay wie behandelten die hier ihr Personal?

 

„Diana. Du kannst mich ruhig duzen und brauchst mich nicht Hoheit oder Königin oder sowas nennen.“, sagte ich und lächelte sie freundlich und offen an.

 

„Aber Königin. Es steht mir nicht zu so mit Euch zu reden.“, sagte sie schnell.

 

„Aber es ist wirklich in Ordnung.“, versuchte ich sie zu überreden.

 

„Außerdem würde König Alex es nicht gutheißen.“ Ach daher wehte der Wind. Plötzlich wurde ich wütend. Konnte sich der Mistkerl nicht einmal raushalten?

 

„Es ist mir egal, was König Alex sagt. Du kannst ganz normal mit mir reden und es wäre mir wirklich lieb wenn wir auf dieses Förmliche verzichten würden. Wenn Alex meckert, dann trage ganz alleine ich die Verantwortung dafür. Es wird keine Strafe auf dich zukommen. Das verspreche ich.“ Erst als ich geendet hatte, bemerkte ich, welche Macht gerade eben in meiner Stimme lag.

 

„O-okay Ho- ähm Diana. Ich muss dir jetzt zeigen, wie man isst.”, sagte sie zögerlich und ich lächelte sie weiter an, was sie sogar zaghaft erwiderte.

 

„Ich glaube ich weiß, wie man isst.“, lachte ich und stand nun endlich auf. Ein Blick auf die Uhr bestätigte ihre Aussage. Ich hatte heute echt definitiv zu lang geschlafen. Aber hier in Melodia hatte ich echt jegliches Zeitgefühl verloren.

 

„Aber ich muss dir zeigen, wie man sich vornehm verhält beim Essen.“, erklärte sie und verstand nun was sie meinte. Als ich aufgestanden war, schaute sie mich geschockt an. Verunsichert schaute ich an mir herunter. Oh Mist. Ich hatte gestern Abend nichts Gescheites gefunden um es zum Schlafen anzuziehen. Deshalb hatte ich mir einfach eine blaue Boxershorts von Alex genommen und dazu ein schlichtes weißes Hemd. Als ich wieder hochschaute, musste die Frau … nein das Mädchen, sie war ungefähr genauso alt wie ich, lächeln. Ich spürte die Hitze in meinen Wangen und war gerade wahrscheinlich rot, wie eine Tomate.

 

„Ähm. Ich habe gestern nichts Gescheites zum Anziehen gefunden.“, nuschelte ich und kratzte mich verlegen am Hinterkopf.

 

„Ich lasse Eu- dir ein Bad ein.“, sagte sie nur und lief in das Badezimmer. Ich merkte deutlich, wie schwer es ihr fiel normal mit mir umzugehen. Sie fand es anscheinend auch witzig, dass ich Alex Sachen anhatte.

 

„Wie heißt du eigentlich?“, rief ich während ich mir einen Apfel nahm und in ihn reinbiss.

 

„Sophie. Kokos, Erdbeeren oder Orangenduft?“

 

„Kokos.“, antwortete ich und hörte Sekunden später das Rauschen des Wassers.

 

„Soll ich dir was zu Essen bringen? Hast du Hunger?“, fragte sie auf einmal panisch, als sie zurück kam und den halb aufgegessenen Apfel sah.

 

„Nein nein. Ist schon okay. Ich brauche nichts. Danke.“, sagte ich schnell und Sophie nickte.

 

„Wie alt bist du?“, fragte ich nun.

 

„Ich bin siebzehn.“, antwortete sie mir. Sie war tatsächlich nur ein Jahr älter als ich.

 

„Und wie alt bist du? Also wenn ich fragen darf.“, fragte sie zögerlich und zurückhaltend.

 

„Klar. Sechzehn.“, antwortete ich und sie nickte wieder.

 

„Komm. Dein Bad ist fertig.“, sagte sie und ich folgte ihr in das helle Badezimmer. Es roch angenehm nach Kokos und ich entspannte mich sofort.

 

„Warum magst du Alex nicht?“, fragte ich sie und hörte in diesem Moment etwas zu Bruch gehen.

 

„Ähm ich also. Ich mag ihn.“, sagte sie schnell und ein Blick ins Schlafzimmer zeigte mir, dass sie gerade dabei war die Scherben der zerbrochenen Vase zusammenzukehren. Ich hörte wie sie irgendetwas murmelte von er wird mich umbringen.

 

„Keine Angst. Erstens du brauchst mich nicht anlügen. Ich weiß, dass er ein Arschloch ist. Zweitens, diese Vase war eh hässlich also mach dir deshalb mal keinen Kopf.“

 

„Ja. Du hast Recht. Er ist echt ähm ein ziemlicher Depp.“, sagte sie nun und ich musste lachen.

 

„Depp ist wirklich untertrieben. Ich bin baden.“, lachte ich und hörte sogar ein leises Kichern von Sophie. Als ich im Badezimmer hinter mir die Tür geschlossen hatte entledigte ich mich langsam meiner Kleidung. Ich stieg behutsam in die Badewanne und wurde sofort von der Wärme des angenehmen Wassers umhüllt. Überall war Schaum und ich ließ mich entspannt komplett ins Wasser sinken. Dabei glitt mein Kopf versehentlich unter Wasser und aus Reflex machte ich den Mund auf. Normalerweise müsste ich nun sofort wieder auftauchen um Luft zu schnappen. Jedoch merkte ich, dass mir das überhaupt nichts ausmachte. Ich konnte tatsächlich unter Wasser atmen. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht tauchte ich schließlich wieder auf. Hier in Melodia war doch wirklich nichts unmöglich. Ich schaute mich im Bad um und entdeckte schließlich direkt neben mir das, was ich suchte. Ich nahm mir Shampoo und machte einen großen Klecks davon auf meine Hand. Anschließend massierte ich es mir gut in meine langen Haare. Es war Männershampoo und gehörte vermutlich Alex. Da ich hier aber nichts anderes finden konnte, blieb mir nichts anderes übrig, als seins zu benutzen. Schon komisch. Er hatte hier echt an alles gedacht. Er hatte mir Kleidung in seinen riesigen Kleiderschrank einräumen lassen und auch Schminke gab es. Nur Shampoo hatte er vergessen. Nachdem ich meine Haare ausgespült hatte, nahm ich mir etwas Duschgel und wusch damit meinen Körper. Frech griff ich nach seinem Rasierer und machte mich damit zurecht. Ich wäre am liebsten noch länger hier drin liegen geblieben, jedoch musste ich nun doch wohl oder übel aufstehen. Nicht, dass ich noch meinen eigenen Ball verpasste.

 

Behutsam stieg ich aus der Badewanne und nahm mir ein schwarzes Handtuch von Alex. Ich rubbelte meinen Körper trocken und wickelte meine Haare mit einem kleineren roten Handtuch ein.

 

„Ich habe hier ein Kleid und Unterwäsche für dich.“ Mein Herz klopfte wie wild. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie sie das Badezimmer betrat.

 

„Danke Sophie.“, murmelte ich und nahm ihr die Kleidung ab. Als sie das Bad verlassen hatte, legte ich das große schwarze Handtuch beiseite. Schnell zog ich mir den einfachen schwarzen Tanga und den schwarzen Bandeau-BH an. Nicht, dass Sophie auf einmal wieder im Zimmer stand. Anschließend zog ich mir das Kleid an, was sich als nicht gerade einfach heraus stellte. Als ich schließlich endlich angezogen war, beschloss ich mich nun zu betrachten. Im Badezimmer befand sich ein riesiger Spiegel, vor den ich mich zögerlich stellte.

 

Das Kleid war in einem sanften flieder gehalten. Es ging vorne nur bis zur Mitte der Oberschenkel, dafür aber floss es hinten leicht gewellt bis zum Boden. Es hatte einen V-Ausschnitt und die etwas breiteren Träger waren hinten unterm Hals zusammengebunden. Der obere Teil meines Rückens war frei. Unter meiner Brust verlief ein breiter Gürtel aus unzähligen Pailletten und machte das Kleid zum Hingucker. Wow, das Kleid war einfach wunderschön.

 

„Du siehst ja so toll aus.“ Mist, schon wieder hatte ich Sophie nicht bemerkt.

 

„Danke.“, sagte ich leicht verlegen. Sophie brachte einen Stuhl in das Badezimmer und ich setzte mich hin. Dann stellte sie sich hinter mich und begann meine Haare durchzukämmen. Sie nahm einen Lockenstab und wellte meine langen blonden Haare. Als sie mit der Frisur fertig war, machte sie sich ans Make-up. Als sie dann auch damit fertig war, durfte ich ihr Werk bestaunen. Sie hatte mir Wimperntusche aufgetragen und meine Augenlider dem Kleid angepasst. Diese waren nun fliederfarben. Dann hatte sie mir noch Lipgloss aufgetragen.

 

„So und jetzt die Nägel.“, verkündete sie und eine gefühlte Stunde später waren nun diese gefeilt und ebenfalls lila. Sophie eilte kurz aus dem Bad und kam kurze Zeit später mit fliederfarbenen Pumps wieder. Zum Glück konnte ich in hohen Schuhen laufen. Sonst hätte ich jetzt wirklich ein Problem gehabt.

 

„Oh nein. Wie haben schon 17.28 Uhr. Der Ball beginnt in einer knappen halben Stunde.“ Sie klang wirklich panisch und langsam machte sich auch in mir die Aufregung breit. Was, wenn ich mich völlig blamieren würde? Ich ging mit ihr zurück ins Schlafzimmer und setzte mich auf Alex rotes Sofa.

 

„Also Diana. Du musst dir einfach ein paar Sachen merken, dann wir das heute Abend schon klappen. Sitze mit geradem Rücken. Sei nicht unhöflich und arbeite dich beim Essen einfach von außen nach innen vor. Verstanden?“

 

„Äh ja okay. Ich merke es mir.“, murmelte ich. Oh Mann, das wird heute Abend aber sowas von gewaltig in die Hose gehen.

 

 

 

Kapitel 21

Auge in Auge

 

 

Mein Herz hüpfte mir bis zum Hals und ich wollte den ganzen Abend am liebsten schon hinter mir haben. Die werden mich alle hassen, dachte ich panisch. Ich bin doch keine Königin. Wahrscheinlich werde ich hinfallen und mir alle Knochen brechen. Oder ich blamiere David und Alex komplett. Meine Gedanken drehten sich im Kreis und ich hatte einfach nur noch Panik. Panik vor diesem verflixten Abend. Sophie schaute mich die ganze Zeit so komisch an und schien meine Angst und Panik wohl zu bemerken, denn sie legte mir aufmunternd die Hand auf die Schulter.

 

„Das wird schon. Mach dir keine Sorgen.“, sagte sie mir die ganze Zeit, jedoch brachte das auch nichts. Meine Angst blieb und wurde von Sekunde zu Sekunde nur noch stärker.

 

„Wie läuft das jetzt ab? Muss ich jetzt um 18 Uhr da runter gehen, oder werde ich abgeholt?“ Meine Stimme zitterte genauso sehr, wie ich.

 

„Einer der Könige wird dich demnächst abholen.“, antwortete sie mir und ich hoffte inständig, dass es Alex tat und nicht David. Fünf panische Minuten verstrichen und dann öffnete sich die Tür. Er trug einen dunkelbraunen Anzug und sah echt gut aus. Auf seinem Kopf befand sich eine prächtige Krone. Er lächelte mich freundlich an. Zu freundlich.

 

„Diana. Du siehst gut aus.“, sagte er und streckte mir seine Hand hin. Diese ergriff ich wiederwillig. Was blieb mir denn auch anderes übrig?

 

„Danke. Du auch David.“, nuschelte ich und wünschte mir sehnlichst Alex herbei. Ich hatte in Davids Gegenwart einfach nur noch ein komisches Gefühl. Ich fühlte mich unwohl und wäre am liebsten davongerannt. Schweigend verließen wir das Zimmer und ich winkte Sophie zum Abschied. Genauso schweigend liefen wir die Gänge entlang.

 

„Wer hat gesagt, dass du sie in den Ballsaal führen darfst?“ Ich musste einen freudigen Aufschrei verkneifen. Alex kam uns entgegen und schaute erst zu David und dann zu mir. Er trug einen schwarzen Anzug, welcher ihm wirklich ausgezeichnet stand. Auch er trug seine goldene Krone, welche ihn unglaublich mächtig erscheinen ließ.

 

„Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“, entgegnete David und lachte.

 

„Ich muss sie dir aber leider kurz entführen.“ Alex grinste und David zuckte mit den Schultern.

 

„Wenn‘s sein muss. Aber um einen Tanz kommt sie nicht drum herum.“ Mit einem Zwinkern verschwand David und mir fiel ein Stein vom Herzen. Alex blieb vor mir stehen und symbolisierte mir, dass ich mich drehen sollte. Dies tat ich auch und sah dann ein leichtes Lächeln in Alex Gesicht. Obwohl ich hohe Schuhe anhatte war er immer noch ein ganzes Stück größer, als ich. Er hob mir seinen Arm hin und ich legte meine Hand auf seinen Arm.

 

„Das habe ich in Filmen gesehen.“, sagte ich leise und Alex lachte melodisch.

 

„Komm mit. Ich habe noch etwas für dich.“, sagte er und ich folgte ihm die Gänge entlang. Mir fiel natürlich auf, dass er mir noch kein Kompliment gemacht hatte, über das Kleid. Es war nicht so, dass ich das unbedingt brauchte. Aber irgendwie versetzte es mir einen leichten Stich, dass er einfach überhaupt nichts sagte. Wir blieben vor einer riesigen Stahltür stehen. Vor dieser Tür waren zwei Wachen positioniert. Die ganze Zeit war ich hier noch kein einziges Mal vorbeigekommen. Als die Wachen Alex und mich erblickten, verbeugten sie sich.

 

„Öffnet die Tür.“, befahl Alex und in seiner Stimme schwang solch eine Macht mit, dass es mich erschaudern ließ. Die Wachen öffneten die Tür und traten beiseite. Es waren zwei große Männer, die im Notfall wahrscheinlich hier auch mal eingreifen könnten um zu verteidigen. Alex und ich betraten den Raum und ich hielt den Atem an.

 

Überall waren unzählige Schmuckstücke. Es funkelte aus allen Ecken. Alex führte mich zu einem Schrank. Er öffnete ihn und entnahm ein paar silberne Ohrringe. Er gab sie mir und ich legte sie an. Dann ging er an einen anderen Schrank und legte mir ein ebenfalls silbernes Armband an meinen linken Arm an. Ich schaute mich weiter im Raum um. In der Mitte des riesigen Raumes befanden sich mehrere Vitrinen. Zwei Vitrinen waren leer und ich glaubte, dass in diesen die Kronen von David und Alex gelegen hatten. In der dritten Vitrine befand sich ein wunderschönes Diadem. Alex lief darauf zu und nahm sich das Diadem. Dann lief er damit wieder zu mir.

 

„Eine Königin sollte auch aussehen wie eine Königin.“, sagte er und setzte mir das prächtige Diadem auf. Meine Wangen färbten sich rot und falls er das bemerkt hatte, schien er das gut zu ignorieren. Nun streckte er mir wieder seinen Arm hin und ich legte wieder meinen Arm darauf. Wir verließen das Zimmer und die Wachen positionierten sich sofort wieder davor. Sie verbeugten sich tief und würdevoll. Während Alex und ich zum Saal liefen, hörte ich auf halber Strecke leise die Ballmusik. Zudem hörte ich ein Haufen Leute reden und lachen.

 

„Du siehst atemberaubend aus, Diana.“, raunte er mir ins Ohr und ich konnte die in mir aufsteigende Röte leider nicht unterdrücken. Da war es ja mein herbeigewünschtes Kompliment. Wohl bemerkt aber, dass Vampire gar keinen Atem hatten.

 

„Dankeschön. Du siehst auch nicht schlecht aus, Alex.“, kicherte ich und hörte ein empörtes Schnauben von dem gutaussehenden Vampir.

 

„Sollte das ein Kompliment oder eine Beleidigung sein?“, fragte er leise, da wir immer näher an die Leute herankamen.

 

„Suchs dir aus.“, meinte ich nur und schon betraten wir den Ballsaal. Der Ballsaal war einfach riesig und überall waren Leute, die sich unterhielten. Sofort drang mir der Geruch von zu viel Parfum in die Nase. Der Raum war festlich dekoriert und an den Seiten waren Tische aufgereiht für das Essen später. In der Mitte befand sich die große Tanzfläche, auf der aber bisher noch keiner war. Es gab eine große Tribüne auf der mehrere Musikanten für Musik sorgten. Doch das Blickfeld an sich galt den drei großen Thronen auf der anderen Seite des Raumes, die sich ebenfalls auf einer Tribüne befanden. Allerdings bemerkte ich auch David, der weiter hinten stand und sich mit einer Dame unterhielt. Moment mal. Das war nicht irgendeine Dame. Das war Sabrina.

 

„Was macht Sabrina hier?“, zischte ich leise zu Alex und er folgte meinem Blick.


„Das ist jetzt nicht sein Ernst oder?“, murmelte er und schien auch nicht gewusst zu haben, wen David sich als Begleitung ausgesucht hatte.

 

„Du wusstest davon nicht Bescheid?“, fragte ich und er verneinte meine Frage.

 

„Natürlich nicht. Ich würde dich doch nicht auf deinem Ball dieser Belastung aussetzen.“, flüsterte er. Was er mit Belastung meinte, spürte ich sofort. Obwohl sie mehrere Meter von mir entfernt war, roch ich ihr Blut. Es roch einfach fabelhaft und ich musste mich zusammenreißen um nicht sofort zur ihr zu rennen. Alex schien meine Gier zu bemerken, denn er ließ seinen Arm sinken und legte ihn stattdessen um meine Taille. Damit hatte er mich besser im Griff, falls ich etwas Unüberlegtes tun würde. Alex und ich gingen rüber zu David und mit jedem Schritt verkrampfte ich mich mehr. Warum muss sie auch so gut riechen? Die anderen Wesen hier im Raum die nicht blutleer waren, rochen zwar auch gut. Aber nicht so, dass ich den Drang verspürte sie auszusaugen. Diese Wirkung hatten anscheinend nur Menschen.

 

„Du packst das. Und wenn nicht bin immer noch ich da.“, murmelte er und ich fühlte mich ein wenig wohler. Während wir zu den zwei liefen, verneigten sich mehrere Leute vor uns. Ich merkte ganz genau, wie sie über uns redeten. Wie sie über mich redeten. Als wir bei David und Sabrina ankamen, hielt ich die Luft an.

 

„Da seid ihr ja wieder. Ihr seid fünf Minuten zu spät.“, sagte David und schenkte uns trotzdem ein Lächeln. Sabrina drehte sich zu uns um und schaute erst ängstlich zu Alex und dann zu mir. Ich konnte ihren Blick einfach nicht deuten. Einerseits war da die Angst, dass ich ihr etwas antun würde. Aber auf der anderen Seite schien sie sich auch irgendwie zu freuen mich zu sehen.

 

„Du siehst gut aus.“, murmelte sie und lächelte mich sogar leicht an.

 

„Danke du auch.“, murmelte ich zurück und bereute, dass ich etwas gesagt hatte, denn dabei atmete ich ein. Ihr Blut roch noch besser als bei unserer letzten Begegnung. Ich verspürte den Drang mich nach vorne zu beugen und ihr meine rasiermesserscharfen Zähne in den Hals zu rammen. Plötzlich wurde der Druck um meine Taille stärker. Ich schaute zur Seite und sah, dass Alex mich genau im Blick hatte.

 

„David bist du komplett bescheuert?“, zischte Alex und es war das erste Mal, dass ich Alex so mit David umgehen sah.

 

„Wieso denn? Ich dachte sie freut sich ihre Freundin zu sehen.“, rechtfertigte David und deutete auf mich.

 

„Du bist so ein Idiot. Sei froh, wenn deine Begleitung den Tag überlebt. Und jetzt müssen hoch und Diana ansagen.“, zischte Alex und versuchte eine freundliche Miene aufzusetzen wegen den Leuten hier im Saal. Alex und ich gingen eine kleine Tribüne hoch, auf der die drei Throne standen. Zum Glück stolperte ich nicht. Wir stellten uns hin und ich bemerkte, wie alle Gespräche verstummten und die Blicke zu uns gerichtet wurden. David stallte sich auf die andere Seite neben mich und ich versuchte diese Tatsache zu ignorieren. Plötzlich hörte die Musik auf und nun war wirklich alle Aufmerksamkeit auf uns gerichtet.

 

„Wir freuen uns euch alle begrüßen zu dürfen. Wie ihr sehen könnt, haben wir noch jemanden mitgebracht. Das hier ist Königin Diana Rose Johnson.“ In Alex Stimme lag eine ungeheure Macht, die mich erschüttern ließ. Schon ging das Getuschel los. Insgeheim fragte ich mich woher er meinen Zweitnamen wusste.

 

„Halbvampir, zu einem Viertel ein Engel und zum anderen Viertel ein Mensch. Herrscherin über alle Elemente.“ Nun hörte schlagartig das Getuschel auf und alle Blicke waren überrascht auf mich gerichtet. Neben mir hörte ich ein geschocktes Aufatmen. David. Tja das hatte er wohl nicht erwartet. Es war eine ganze Minute lang eiserne Stille und dies war mir wahnsinnig unangenehm.

 

„Wo wart ihr die ganzen Jahre?“ Ein kleiner, älterer Mann trat hervor. Alex neben mir schluckte und ich merkte, dass es eine Unverschämtheit war, dass der Mann sich weder verbeugte noch mich mit einem Adelstitel ansprach. Wenn er mich nicht akzeptierte, dann akzeptierten sie mich wahrscheinlich alle nicht. Alex deutete zu den Wachen an der Tür, welche sofort zu uns geeilt kamen um den Mann festzunehmen.

 

„Wartet.“ Meine Stimme hallte im ganzen Saal wieder und tatsächlich hielten die Wachen inne und schauten uns unentschlossen an.

 

„Was machst du da? Er hat dir nicht den nötigen Respekt erwiesen und muss dafür bestraft werden.“

 

„Ich werde seine Frage beantworten.“, flüsterte ich leise zurück zu Alex. Trotzdem wusste ich, dass uns jeder in diesem Raum verstehen konnte. Wahrscheinlich jeder, außer meiner besten Freundin.

 

„Ich bin in der Menschenwelt aufgewachsen und habe bis vor acht Tagen nicht mal gewusst, dass es euch gibt, geschweige denn, was ich bin. Meine Mutter hat es mir während dem Sterben berichtet und bitte macht ihr deswegen keinen Vorwurf. Sie wollte mich einfach nur schützen.“ Als ich von meiner Mutter sprach, konnte ich die aufkommenden Tränen nicht unterdrücken. Sacht liefen sie mir meine Wangen hinab.

 

„Aber jetzt bin ich hier und ich gebe es zu ich hatte wahnsinnigen Schiss vor diesem Abend. Ich werde echt versuchen nicht zu versagen.“, fügte ich hinzu und fühlte mich echt scheiße. Jetzt haben sie mich auch noch alle weinen sehen.

 

„Wir werden ihr helfen mit allem zurechtzukommen und ihr erklären, was sie als Königin alles beachten muss.“, sagte Alex und ich merkte, dass David bis jetzt noch überhaupt gar nichts gesagt hatte.

 

„Na dann hoffen wir mal, dass sie es besser macht, wie…“ Der Mann brach ab, aber ich wusste ganz genau, was er sagen wollte. Dass sie es besser macht, wie ihr. Alex Griff um meine Taille wurde fester und ich spürte deutlich seine Wut. David auf der anderen Seite schien abwesend und hatte es scheinbar überhaupt gar nicht mitbekommen.

 

„Keine Angst. Ich werde die zwei Jungs schon erziehen.“ Geschockt hielt ich mir die Hände vor den Mund. Das hatte ich jetzt nicht wirklich gesagt. Die Leute starrten mich an, bis der Mann anfing zu lachen und zu grinsen. Die anderen Leute stimmten mit ein und schon bald war hier wirklich jeder am Lachen, außer Alex, der das Ganze scheinbar überhaupt nicht witzig fand und den Spaßmuffel spielte. Und David, dessen kalter Blick mich traf. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dieser Blick nichts mit diesem Satz zu tun hatte, sondern eine viel tiefere Bedeutung hatte.

 

 

 

Kapitel 22

Alex Geschichte

 

 

Erleichtert stiegen wir von der Tribüne und die Musik fing wieder an zu spielen. Es war klassische Musik und diese war sehr leise.

 

„Das wird ein Nachspiel haben.“, flüsterte Alex und ich drehte meinen Kopf zur Seite um ihn anzusehen. Er wirkte aber nicht böse oder wütend, sondern hatte ein schiefes Grinsen im Gesicht.

 

„Ach ja? Was willst du denn machen?“, fragte ich leise und Alex Augen schienen aufzuleuchten.

 

„Glaub mir, das willst du gar nicht wissen.“, drohte er und grinste nun noch mehr. Wir waren an einem langen Tisch angekommen und Alex deutete auf einen Stuhl, auf den ich mich setzte. Irgendwie war es komisch, dass er mich nun nicht mehr im Arm hatte.

 

„Wehe du verpisst dich jetzt.“, zischte ich, als Alex sich gerade entfernen wollte. Ich hatte seinen Arm fest im Griff.

 

„Keine Angst. Ich ‚verpisse‘ mich nicht. Ich setze mich dir gegenüber.“ Ich schaute ihn kurz an, dann ließ ich meine Hand fallen und schaute zu, wie Alex gegenüber von mir Platz nahm. Zum Glück ließ er mich nicht alleine. Wir hatten uns in die Mitte des Tisches gesetzt und ich sah zu, wie langsam die Plätze belegt wurden. David kam mit Sabrina angelaufen und er setzte sich neben Alex. Mist, dachte ich, als sich Sabrina zögerlich neben mich setzte und somit gegenüber von David. Meine Kehle schnürte sich zusammen und ich sah, wie Alex David einen bösen Blick zuwarf. Jetzt konnte er mich nicht vor Dummheiten bewahren.

 

„Eure Majestät, ist der Platz neben Euch noch frei?“ Ein junger, gutaussehender Mann mit blonden, kurzen Haaren schaute mich freundlich an und lächelte. Ich schätzte ihn auf ungefähr 20.


„Öhm ja klar.“, stotterte ich und lief rot an. Der Mann setzte sich und mir fielen halber die Augen raus. Mussten die hier alle so gut aussehen? Ich zwang mich dazu wegzuschauen und schaute nun Alex an. Er beobachtete mich genau und sein Blick war ausdruckslos. War er irgendwie verärgert?

 

Soll das etwa alles sein? Überrascht schaute ich auf die kleine Suppe auf meinem Teller. Davon soll man satt werden? Ich schaute bei Alex, was er an Besteck nahm und begann dann selbst zu essen. Die Suppe schmeckte gut, jedoch war der Teller viel zu schnell leer. Die Leute hier unterhielten sich und ich kam mir irgendwie dumm vor, da ich wie ein Depp dumm rum saß. Ich Idiotin, dachte ich, als die Hauptspeise gebracht wurde. Wie konnte ich auch nur denken, dass das Essen nur aus Suppe bestand. Ein Drei-Gänge-Menü.

 

„Eure Köche sind gut.“, sagte der blonde Mann und nahm noch einen großen Bissen. Versuchte er etwa mit mir zu reden und ein Gespräch anzufangen?

 

„Ja. Sind sie.“, antwortete ich und wusste nicht was ich noch sagen sollte.

 

„Schüchtern?“, fragte er plötzlich und schaute mich direkt an. Als ich nicht antwortete, lächelte er.

 

„Nein.“, brachte ich schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit heraus.

 

„Sondern?“, hakte er nach und irgendwie störte mich seine Neugierde. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Alex ausdruckslos zu uns schaute und seine Hand war zu einer Faust geballt, sodass man seine Knochen sah.

 

„Ach da kommt ja die Nachspeise.“, sagte ich freudig und war wirklich froh, dass ich mich von ihm wegdrehen konnte und nicht mehr so sehr ihm ausgesetzt war. Es gab Tiramisu und ich aß es genüsslich. Als ich fertig war, hoffte ich, dass mich dieser Typ nicht mehr ansprach.

 

„Was ist los Hoheit? Es erscheint mir so, als würdet ihr mir ausweichen.“ Ich schluckte. Er hatte es erfasst. Mein Blick glitt wieder zu Alex und ich schaute ihn hilflos an.

 

„Ähm nichts. Also…“

 

„Tanzen?“ Gespielt entschuldigend schaute ich den blonden Mann an und drehte mich zu Alex um. Er hielt mir die Hand hin.

 

„Gerne.“, antwortete ich, nahm seine Hand und wir gingen zusammen auf die Tanzfläche. Ich bemerkte, dass die Tanzfläche noch komplett leer war und wir die Einzigen waren, die nun tanzen wollten.

 

„Danke.“, murmelte ich und er zog eine Augenbraue hoch.

 

„Wofür?“, fragte er amüsiert und ich hätte ihm am liebsten eine geklatscht. Er wusste ganz genau wofür.

 

„Du weißt ganz genau wofür.“, zischte ich und er lachte leise. Die Musik wurde plötzlich lauter und Alex legte seine Hand an meine Taille. Meine linke Hand legte ich zögerlich auf seine Schulter. Alex lächelte und ich lief rot an. Dann nahm er meine rechte Hand und wir begann uns zu bewegen.

 

„Du kannst ja tanzen.“, flüsterte er überrascht und entlockte mir ein leises Lachen.

 

„Wir hatten in der Schule ein Theater und dazu musste ich damals tanzen lernen.“, erklärte ich.

 

„Und welche Rolle hattest du?“, fragte er nun.

 

„Es war Dornröschen und ich war die Hauptrolle. Die Prinzessin.“ Nun lachte Alex wieder.

 

„Was für ein Zufall.“, schmunzelte er und drehte mich. Mittlerweile hatte sich die Tanzfläche gefüllt und wir waren nun nicht mehr die Einzigen.

 

„Du hast mir meine Frage von vorhin immer noch nicht beantwortet.“, sagte er nun und ich verdrehte genervt meine Augen.

 

„Danke dafür, dass du mich von diesem Typ weggeschafft hast. Der hatte mich echt genervt.“ So, war er jetzt endlich zufrieden?

 

„Gern geschehen.“, grinste er und ich haute ihm auf die Schulter. Keiner schien es gesehen zu haben und Alex schaute mich geschockt an.

 

„Leg dich nicht mit mir an.“, drohte ich spielend.

 

„Leg du dich nicht mit mir an.“, sagte er nun und betonte das mir.

 

„Sonst was?“ Ich reckte meinen Kopf und schaute ihn dreist an. Einen Moment lang schaute er mich nur an, dann auf einmal drehte er sich um und verließ den Saal. Geschockt schaute ich ihm hinterher. Was sollte das denn jetzt? Ich rannte zur Tür und verließ nun selbst den Saal. Ich sah ihn nirgends und fragte mich, wo er nur sein könnte. Ich lief durch die Gänge und hielt vor seinem Zimmer.

 

„Alex bist du da drin?“, fragte ich leise. Es kam keine Antwort, woraufhin ich die Türklinke herunterdrückte. Das Zimmer war leer und Alex war hier nicht aufzufinden. Wo könnte er denn sonst sein? Nach reichlicher Überlegung entschied ich mich dazu im Garten nachzuschauen. Ich ging durch die Gartentür und begrüßte die Sonne.

 

„Alex?“, rief ich und bekam wieder keine Antwort. Ich lief durch den Garten und je weiter ich lief, desto lauter wurden auf einmal seine Wutschreie.

 

„Nicht schon wieder!“, schrie er und schleuderte einen riesigen Feuerball auf einen Baum. Der Baum ging in Flammen auf, jedoch schien das Alex gerade überhaupt gar nicht zu interessieren.

 

„Alex.“, murmelte ich und kam näher.

 

„Verschwinde Diana.“, schrie er und der nächste Feuerball landete auf einem Baum. Mann er würde noch ganz Melodia abfackeln, wenn er so weitermachte.

 

„Alex hör auf damit.“, sagte ich und er schrie und Ball Nummer drei landete im Wald. Mittlerweile war das Feuer schon ziemlich groß.

 

„Hör auf mir vorzuschreiben, was ich tun und lassen soll.“, rief er und wollte gerade schon wieder Feuer werfen. Ich kniff die Augen zusammen und konzentrierte mich. Lächelnd öffnete ich meine Augen, als der Regen auf uns herab sank. Nun drehte Alex sich doch zu mir um und schaute mich mit einem undefinierbaren Blick an. In seinem Blick lag Hass und Wut. Aber auch ein klein wenig Angst war darin zu erkennen. Der Regen wurde stärker und stärker, bis ich bald komplett durchnässt war und das Feuer gelöscht.

 

„Was soll das?“, rief er wütend und ich zuckte mit den Schultern.

 

„Zum einen hörst du mir ja nicht anders zu und zum anderen will ich nicht, dass mein Königreich zerstört wird.“ Alex sagte gar nichts mehr, sondern starrte mich einfach nur an.

 

„Warum bist du einfach abgehauen?“, fragte ich nun und versuchte nicht enttäuscht zu klingen.

 

„Weil.“, sagte er nur und klang wie ein bockiges, kleines Kind.

 

„Mann Alex. Du hörst dich an wie ein dreijähriger, der schmollt, weil man nicht zu McDonald‘s geht.“ Nun lachte Alex. Es war ein kaltes und gefährliches Lachen.

 

„Halte dich einfach von mir fern, Diana. Ich bin nicht gut für dich.“ Was war bitte sein verdammtes Problem?

 

„Nein. Ich will wissen, was mit dir los ist. Und ich werde dich nicht in Ruhe lassen, bevor du es mir sagst.“ Alex schaute mich an und nach einer gefühlten Ewigkeit nickte er schließlich. Ich ging auf ihn zu und blieb vor ihm stehen.

 

„Sag’s mir.“, hauchte ich und legte meine Hand auf Alex Gesicht, jedoch zuckte er zurück und schüttelte den Kopf. Was war nur in ihn gefahren?

 

„Ich bin verflucht.“ Er sagte es so leise, dass ein normaler Mensch es wahrscheinlich gar nicht verstanden hätte. Ich jedoch hörte es gut und schaute ihn irritiert an.

 

„Was?“ Sein Ernst?

 

„Ich habe gesagt, dass ich verflucht bin.“ Nun sprach er nur noch leiser.

 

„Ich hab dich verstanden. Aber wieso? Und was ist los?“ Verflucht. Konnte er sich vielleicht mal gescheit ausdrücken? Ich hasste es, wenn man jemandem alles aus der Nase herausziehen musste.

 

„Vor fünfhundert Jahren war ich unsterblich in eine Hexe verliebt. Wir waren verlobt und sie war wirklich meine große Liebe.“ Als er zu erzählen begann verzog er verächtlich das Gesicht. „Ich war blind vor Liebe und hatte erst viel zu spät gemerkt, dass sie nur hinter meinem Blut her war. Ihr Mann war gestorben und sie brauchte das Blut eines Vampirs um ihn zum Leben zu erwecken. Als ich das erfahren hatte und sie zur Rede stellen wollte, versuchte sie mich umzubringen. Aus Notwehr erschlug ich sie. Kurz vorm Sterben verfluchte sie mich.“ Ich schaute Alex geschockt an. Das tat mir alles irgendwie voll Leid.

 

„Was ist das für ein Fluch?“, hakte ich nach und Alex schaute mir in die Augen.

 

„Dass ich jeden umbringen will, den ich anfange zu mögen.“

 

 

 

Kapitel 23

Rachegedanken

 

 

Mit weit aufgerissenem Mund starrte ich ihn an. Ich war gerade dabei zu verarbeiten, was ich gerade eben gehört hatte, jedoch war das im Moment noch unmöglich. Nachdem ich mich wieder halbwegs gefasst hatte, schaute ich ihn einfach nur geschockt an. Ich öffnete meinen Mund um etwas zu sagen, jedoch kam mir nichts über die Lippen und ich schloss ihn wieder. Dieser Vorgang wiederholte sich dreimal, bis ich etwas halbwegs Sinnvolles herausbrachte.

 

„Warum?“ Ups, war wohl doch nicht so sinnvoll. Ich sollte wirklich nachdenken, bevor ich redete. Alex schaute mich irritiert an.

 

„Hast du mir überhaupt zugehört?“, fragte er nun und ich verdrehte meine Augen.

 

„Ich verstehe das nicht. Diese Frau verarscht dich und will dich umbringen. Dann wehrst du dich und sie tut DICH verfluchen. Das ergibt doch alles gar keinen Sinn. Du warst das Opfer und nicht sie.“ Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich lauter geworden bin. Erst als Alex mich mit hochgezogenen Augenbrauen anstarrte merkte ich, dass ich mich gerade ein Bisschen zu weit hinein gesteigert hatte. Aber es war doch wahr. Er war unschuldig.

 

„Sie ist ne Hexe. Was hast du anderes erwartet?“, fragte er nun und rechtfertigte somit ihr Verhalten. Nach er die etwa auch noch in Schutz?

 

„Aber trotzdem. Das ist einfach unfair.“ Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und hoffte, dass keiner vorbei kam und mich so sah. Das wäre ziemlich peinlich gewesen. Alex zuckte mit den Schultern.

 

„Aber immerhin ist sie tot.“, sagte ich nun und war überrascht, dass ich das sagte. Alex schaute mich weiter an, sagte aber nichts. Warum sagte er nichts?

 

„Sie ist doch tot oder?“ Wieder kam keine Antwort.

 

„Du willst mir jetzt nicht ernsthaft erzählen, dass diese Frau noch lebt oder?“

 

„Doch tut sie.“ Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich war ja eigentlich wirklich kein böser Mensch … kein böses Wesen. Aber das war für mich zu viel.

 

„Diese Schlampe lebt noch?!“, rief ich empört und es begann zu donnern. Der Regen wurde stärker und aus einem harmlosen leichten Wind wurde ein schwacher Sturm. Ein Blitz erleuchtete den Himmel.

 

„Diana beruhige dich. Ja sie lebt noch.“ Beruhigen? Im Moment konnte überhaupt gar nichts mich beruhigen.

 

„Wie kann das sein? Du hast doch gesagt, dass du sie erschlagen hast.“ Wollte Alex mich eigentlich für dumm verkaufen oder fand er es einfach nur witzig mich zu ärgern.

 

„Eine Freundin von ihr, ebenfalls eine Hexe, hat sie zurückgeholt.“ So ein Miststück. Diese Hexe verflucht Alex und lebt dann seelenruhig weiter. Ich schluckte meine Wut herunter. Der sollte man das Handwerk legen.

 

„Okay. Schön. Und warum stehst du dann noch hier und versuchst dich nicht zu rächen?“ Rache erschien mir in diesem Fall wirklich sehr gut. Nun schaute er mich überrascht an und in meinem Inneren war auch ich ziemlich überrascht von mir. Was war nur los mit mir?

 

„Glaub mir ich habe versucht sie ausfindig zu machen, aber das klappt einfach nicht. Wenn ich wüsste wo sie wäre, dann würde sie schon längst in der Hölle schmoren.“ Alex sprach emotionslos und kühl. Auch ein Hauch von Sadismus schwang in seiner Stimme mit. Er wirkte fast wie an dem Tag wo wir uns kennenlernten. Fast genauso gemein.

 

„Dann lass uns genau das tun. Zusammen werden wir sie bestimmt finden.“ Nun lachte Alex. Es war ein kaltes Lachen.

 

„Wie sollen wir das bitte anstellen? Vor fünfzig Jahren habe ich die Suche aufgegeben, weil sie einfach nicht aufzufinden ist.“ Nun war ich nachdenklich. Der Regen war immer noch sehr stark, aber der Wind hatte wieder nachgelassen.

 

„Vor fünfzig Jahren warst du aber auch noch nicht der König.“ Nun sagte er nichts mehr und wurde auch selbst nachdenklich.

 

„Können Hexen Leute ausfindig machen?“, fragte ich nun und er schaute mich gedankenverloren an.

 

„Ja können sie. Aber dazu brauchen sie etwas was den Geruch des Gesuchten an sich hat.“

 

„Und hast du nichts was ihr mal gehört hatte?“, hakte ich nach und plötzlich legte sich ein Lächeln auf seine Lippen.

 

„Den Verlobungsring.“ Bingo!

 

„Perfekt. Jetzt brauchen wir nur noch eine Hexe, die sich dazu bereit erklärt.“

 

„Und genau das ist der Haken. Hexen verlangen immer einen hohen Preis, wenn man ihre Dienste in Anspruch nimmt. Da ändert es nichts daran, dass ich der König bin und du die Königin.“ Einen hohen Preis also.

 

„Egal. Wir können es ja einfach versuchen und wenn der Preis zu hoch ist dann gehen wir wieder.“

 

„Das ist eine Idee.“, murmelte er nun und mir wurde langsam kalt. Ich war komplett nass und hatte keine Lust krank zu werden.

 

„Können wir uns vielleicht unterstellen?“, fragte ich nun und Alex schaute an mir herab.

 

„Scheiße. Ich habe ganz vergessen, dass du ja frierst.“ Er deutete zum Schloss und wir gingen hin. Ich merkte aber, dass er sich deutlich distanziert verhielt. Bis jetzt hatte ich mir noch gar keine Gedanken drüber gemacht, aber er war gegangen, weil er mich sonst umgebracht hätte. Ein bisschen Angst machte sich in mir breit, aber ich versuchte sie zu verstecken.

 

„In der Nähe gibt es eine Hexe. Man braucht nur eine knappe Stunde um sie zu erreichen. Ich gehe heute Abend noch hin. Du solltest besser wieder auf den Ball gehen.“ Empört schaute ich ihn an. Das war jetzt aber nichts ein Ernst, oder? Das konnte er sich aber mal gewaltig abschminken.

 

„Vergiss es Alex. Ich gehe mit.“

 

„Du kommst auf gar keinen Fall mit.“ Ich kniff die Augen zusammen und setzte den Leg-dich-besser-nicht-mit-mir-an Blick auf. Alex wirkte entschlossen, jedoch sah ich, dass für kurze Zeit seine Mundwinkel zuckten.

 

„Entweder du nimmst mich freiwillig mit oder du erlebst dein blaues Wunder.“ Nun schaute ich ihn entschlossen an und aus dem Zucken seiner Mundwinkel wurde ein leises Lachen.

 

„Es könnte gefährlich werden.“, sagte er nun und ich zuckte mit den Schultern.

 

„Ist mir egal.“ Insgeheim dachte ich, dass er mich ja beschützen könnte.

 

„Ich könnte gefährlich werden.“, sagte er nun und mein Herz begann zu pochen. Er meinte den Fluch. So viel zum Thema er könnte mich beschützen.

 

„Ich kann mich gut wehren.“, flüsterte ich und hätte mich dafür ohrfeigen können, dass meine Stimme schwankte.

 

„Nicht gegen mich.“ War das insgeheim wieder eine Drohung oder doch eine Warnung?

 

„Doch. Und mein Entschluss steht fest. Ich gehe mit Alex. Ob es dir passt oder nicht. Also wann geht’s los?“ Er schaute mir direkt in die Augen und schüttelte genervt den Kopf. Er murmelte irgendetwas von Dickkopf aber ich ignorierte es.

 

„In fünfzehn Minuten bei den Ställen.“, rief er mir genervt zu, während er Richtung Ställe verschwand. Eins zu Null für mich, dachte ich grinsend und ging auf unser Zimmer.

 

 

 

Kapitel 24

Hexenbesuch

 

 

Im Eiltempo entledigte ich mich meines nassen Kleides und der durchnässten Unterwäsche und zog nachdem ich mich mit einem Handtuch abgetrocknet hatte frische und trockene Unterwäsche an. Es war ein weißer BH und eine weißer einfacher Slip. Anschließend nahm ich mir aus dem Kleiderschrank eine einfach hellblaue Jeans und ein rosafarbenes Top. Da ich vermutete, dass wir reiten werden, zog ich mir schwarze Turnschuhe an. Als ich dann fertig umgezogen war, tat ich das Diadem und das Armband in den schwarzen Nachttisch. Die Ohrringe ließ ich an, da ich diese einfach unglaublich schön fand. Ich ging noch schnell ins Bad und schminkte mich ab. Dann machte ich schnell nochmal Wimperntusche drauf und kämmte mir die blonden Haare. Die Locken waren nun komplett weg und meine Haare fielen mir nun glatt über den Rücken bis zur Taille. Ich hatte mich wahnsinnig beeilt, da ich nicht wollte, dass Alex einfach ohne mich ging. Zutrauen tat ich ihm das nämlich.

 

Auf meinem Weg zu den Ställen regnete es nicht mehr, sondern die Sonne schien wieder. Alex hatte mir zwar mal erzählt, dass es eine Wetterfee gab. Aber mittlerweile glaubte ich, dass sich das Wetter auch nach meinen Gemütszuständen richtete. Zumindest wenn ich wütend war.

 

„Alex.“, rief ich, als ich ankam und ihn nicht erblickte. War er etwa schon gegangen?

 

„Ich bin hier drüben.“, antwortete er mir und um ehrlich zu sein war ich froh, dass er nicht ohne mich vorgegangen war. Ich folgte seiner Stimme und kam schließlich bei ihm an. Er streichelte gerade sein prächtiges Pferd. Es war ein großer schwarzer Hengst.

 

„Also reiten wir tatsächlich?“, fragte ich nun und schluckte. Ich liebte Pferde aber konnte überhaupt gar nicht reiten.

 

„Ja. Normalerweise wäre ich gelaufen, aber da du es noch nicht gewohnt bist in Vampirgeschwindigkeit zu rennen, dachte ich, dass es besser wäre zu reiten.“

 

„Ich kann nicht reiten.“, gab ich zu und Alex lachte.

 

„Ich werde reiten und du wirst dich an mir festhalten.“ Ich nahm es mit einem Nicken zur Kenntnis und fragte ihn neugierig, ob das hier sein Pferd sei.

 

„Ja das ist Diabolo.“ Nun musste ich kichern.

 

„Ach ja?“, fragte ich und streckte Diabolo meine Hand hin. Dieser schaute sie erst skeptisch an, dann vergrub er sich darin. Ich kraulte ihm den Kopf und lächelte.

 

„Du solltest vorsichtig sein. Er hasst eigentlich jeden außer mich.“

 

„Ich glaube gegen mich hat er nichts.“, entgegnete ich und kraulte das Tier weiter. Alex hatte immer noch seinen Anzug an und ich fragte mich, wie es sein konnte, dass er komplett trocken war. Nur seine Krone trug er nicht mehr.

 

„Ich habe ihn mit Hitze getrocknet.“, antwortete er auf meine unausgesprochene Frage und ließ für einen Moment kurz Feuer in seiner Hand auflodern. Super und ich sehe aus wie ein Bauerntrampel, dachte ich und Alex lachte wieder. Mist, ich hatte laut gedacht.

 

„Du kannst anziehen, was du willst. Du siehst immer gut aus.“ Meine Wangen färbten sich rot und ich schaute ihm in die Augen. Er ist lernfähig. Das zweite Kompliment heute, dachte ich freudig. Plötzlich drehte sich Alex weg und gab dem Pferd einen Apfel. Was war denn jetzt schon wieder los? Als es fertig war, stieg er auf sein Pferd und zog mich dann auch hoch. Als ich saß, war ich wirklich froh, dass ich auf der anderen Seite nicht wieder runtergeflogen war. Als das Pferd anfing loszugaloppieren, umklammerte ich Alex, damit ich nicht runterfiel. Das Tier war ja schneller, als der Wind. Während wir durch den Wald ritten, sprachen wir kein Wort.

 

„Wolltest du mich vorhin wieder tot sehen?“, fragte ich nun und Alex schwieg.

 

„Nein ich wollte dich nicht tot sehen. Ich wollte dich höchstpersönlich töten.“ Nun war ich die, die schwieg.

 

„Jetzt im Moment auch?“, fragte ich nun und versuchte meine Angst zu unterdrücken.

 

„Ja. Aber nicht so sehr wie vorhin. Im Moment kann ich den Drang noch unterdrücken.“ Sollte mich das jetzt etwa beruhigen? Genervt verdrehte ich meine Augen.

 

„Du weißt aber schon, dass mich das jetzt gerade nicht sehr beruhigt?“

 

„Vielleicht will ich dir ja Angst machen.“, lachte er und wir ritten ohne miteinander zu reden weiter. Nach einer Weile wurde das Tier langsamer und wir hielten schließlich mitten im Wald an.

 

„Wir sind da.“, sagte er leise und stieg vom Pferd ab. Oh Mann, wie sollte ich denn jetzt hier runterkommen? Ich schwang mein einen Bein rüber, sodass ich beide Beine nun auf einer Seite hatte. So und jetzt springen, dachte ich. Plötzlich packten starke Arme meine Hüfte und zogen mich runter. Als meine Füße wieder den Boden berührten hauchte ich ein leises Danke an Alex, der mir geholfen hatte. Er band das Pferd an einem Baum fest und nahm dann anschließend meine Hand.

 

„Komm mit.“, murmelte er und führte mich noch tiefer in den Wald. Ich war froh, dass er mich festhielt, da ich mich sonst noch unwohler gefühlt hätte. Eigentlich hätte ich mich ja genau deswegen unwohl fühlen müssen, aber ich verdrängte die Tatsache, dass er höchstwahrscheinlich mein bitteres Ende sein würde. Nach fünf Minuten Laufen erblickte ich ein kleines Häuschen mitten im Wald. Wir liefen direkt darauf zu und nun setzte die Aufregung ein. Als Alex gerade die Hand zum anklopfen ansetzte, öffnete sich die Tür. Alex und ich schauten uns an, dann traten wir ein. Geschockt drehte ich mich um, als hinter uns die Tür zuflog.

 

„Wie in einem Horrorfilm.“, murmelte ich und drückte Alex Hand fest. Nun hatte ich Angst.

 

„Was wollt ihr hier?“, fragte auf einmal eine alte Frau.

 

„Halleluja.“, rief ich geschockt und hielt mir die Hände vor den Mund, damit nicht noch mehr Peinliches rauskam.

 

„Guten Abend Ophelia. Ich bin König Alex und das ist Königin Diana.“, sagte Alex und schien überhaupt nicht eingeschüchtert.

 

„Ach was verschafft mir die Ehre?“ Ein dunkles Lachen hallte durch den Raum. Die Frau war sehr alt. Ich schätzte sie auf über sechzig. Sie war sehr klein und hatte Warzen im Gesicht. Genauso hatte ich mir eine Hexe vorgestellt.

 

„Du sollst für uns jemanden finden.“, sagte Alex kühl und ich war empört, dass er nicht mal bitte sagte.

 

„Nein. Ich habe keine Lust. Ihr seid ein schlechter König und ich verschwende meine wertvolle Magie nicht an Euch.“ Neben mir hörte ich Alex leise knurren.

 

„Jetzt pass mal gut auf alte Hexe. Wenn ich dir etwas sage, dann tust du das auch. Sonst lasse ich dich in meinem Kerker verrotten!“ Alex bebte vor Wut und ich drückte seine Hand fest. Wie konnte er nur so mit der Frau reden? Ich machte mich von Alex los und ging einen Schritt vor.

 

„Bitte gnädige Frau. Wir brauchen ihre Hilfe und ich bin mir sicher, dass Alex es nicht so gemeint hat.“ Hinter mir schnaubte er empört.

 

„Natürlich habe ich es so gemeint.“, knurrte er nun und ich funkelte ihn böse an.

 

„Alex vielleicht wartest du draußen und gibst mir den Ring, dass ich das hier regele.“, fauchte ich nun und war echt sauer auf ihn. Konnte er sich nicht mal vernünftig benehmen? Immer musste er Leuten gleich drohen. Der Vampir schaute mich böse an und gab mir ohne ein weiteres Wort den Verlobungsring und verließ das Haus. Ich war wirklich überrascht, dass er einfach so nachgegeben hatte.


„Ihr seid also die Königin?“, fragte die alte Frau nun und ich nickte. Sie schaute mich an und musterte mich.

 

„Ihr habt ein gutes Herz. Ganz anders, als Euer Begleiter. Ich werde Euch helfen.“ Ich lächelte sie dankbar an und reichte ihr den Ring.

 

„Das ist sehr nett, danke.“ Die Frau setzte sich an einen Tisch und umklammerte den Ring. Sie murmelte die ganze Zeit irgendeinen Zauberspruch und sprang plötzlich auf, nahm sich ein Blatt Papier und begann zu malen. Nach einer Ewigkeit war sie fertig und reichte mir den Ring und das Blatt.

 

„Hier befindet sich die gesuchte Person.“, sagte sie nun und ich bemerkte, dass sie eine Karte gemalt hatte.

 

„Vielen Dank.“ Ich stand auf und die Frau brachte mich zur Tür. Zum Abschied schüttelte sie mir die Hand. Plötzlich glitt ihr Blick ins Weite.

 

Ein Mädchen, das zum Teil dunkel und zugleich auch hell ist.

Sie ist die letzte Thronfolgerin des unendlichen Königreichs.

Sie verkörpert die fünf Himmelsrichtungen.

Bodenständig wie der Osten,

Temperamentvoll und heiß wie der Süden,

Schnell wie der wilde Westen,

Tiefgründig und geheimnisvoll wie der Norden.

In ihrer Mitte verkörpert sie die vier Richtungen miteinander.

Sie muss hinter die Fassade blicken, um den Kern des Bösen zu erkennen.

Nicht alles offensichtlich Gute ist, was es vorgibt.

Alles wird sich durch sie ändern.

An ihr liegt es, ob Melodia bestehen bleibt oder untergeht.“

 

Oh nein. Sie hatte die Legende aufgesagt.

 

„Was ist hier los?“ Alex stürmte rein und sah, wie die Frau etwas schrie. Erst war es undeutlich, dann aber schließlich verstand ich, was sie schrie.

 

„König David wird dein Verderben sein!“

 

 

 

Kapitel 25

Gespräche

 

 

Obwohl sich meine Vermutung bestätigte und ich nun wusste, dass ich die ganze Zeit Recht hatte, machte sich ein unwohles Gefühl in mir breit. Also stimmte es, dass David etwas Böses ausheckte. Ich fragte mich nur was. Die alte Frau war immer noch am Schreien, jedoch wurde sie von Sekunde zu Sekunde leiser, bis sie ganz verstummte. Sie sah ziemlich schockiert aus und auch ein klein wenig Mitleid war in ihrem Blick zu erkennen.

 

„Diana.“, rief Alex und schüttelte meine Schultern. Ich blinzelte kurz und war dann wieder völlig bei Sinnen.

 

„Ich muss hier raus.“, hauchte ich und verließ das Hexenhaus. Ich eilte durch den Wald, bis ich bei Alex Pferd Diabolo ankam. Die ganze Zeit ging mir dieser eine Satz durch den Kopf. Es ließ mir einfach keine Ruhe. Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals und ich bemerkte nun, dass ich weinte. Große, salzige Tränen liefen mir die Wange hinunter und ich musste mich am Pferd festhalten, da ich mich sonst wahrscheinlich auf den Boden geschmissen hätte. Warum war ich nochmal hierhergekommen? Ich bereute es zwar nicht, da ich nun über mich Bescheid wusste und gerade dabei war mit meinen neuen Fähigkeiten klarzukommen. Allerdings bereitete mir alles Probleme und ich wollte im Moment am liebsten nur noch fliehen. Ich verstand einfach nicht, warum David mir etwas Böses antun sollte. Eigentlich war er doch so eine nette Person und am Anfang war er mir sehr viel lieber als Alex. Das hatte sich aber geändert. Mittlerweile war mein Hass auf Alex weg und so komisch es sich auch anhörte, aber ich begann ihn und sein abweisendes Verhalten zu verstehen. Ich wurde vor David gewarnt und meine Kette leuchtete bei ihm rot. Plötzlich schlangen sich zwei starke Arme um mich und hielten mich fest.

 

„Alles wird gut.“, murmelte Alex immer und immer wieder. Tatsächlich beruhigte es mich ein wenig und nach einer gefühlten Ewigkeit drehte ich mich schließlich um und schaute Alex an. Ich musste meine Tränen wegblinzeln um ihn richtig erkennen zu können.

 

„Was machen wir denn jetzt?“, fragte ich leise und musste die aufkeimenden Tränen zurückhalten.

 

„Wir sollten herausfinden, was David vorhat. Ich dachte echt, dass du dir das alles nur einbildest. Entschuldigung.“ Er wurde beim Reden immer leiser und das letzte Wort war nur noch genuschelt. Trotzdem hatte ich es ganz genau verstanden und musste sogar leicht lächeln.

 

„Wow. Das ist ja etwas ganz Neues. Der große König Alex sieht seine Fehler ein und entschuldigt sich dafür.“ Dafür erntete ich einen Stoß in die Taille und zuckte quiekend zusammen. Alex Augen wurden groß, als er bemerkte, dass ich kitzelig war. Mist.

 

„Na warte.“, drohte er und begann mich zu kitzeln. Schreiend wand ich mich unter seinen schnellen Händen und konnte mir das Lachen nun nicht mehr vergleichen. Weg war die Sorge über David. Im Moment zählte nur, dass ich schleunigst zusah, dass ich es schaffte mich zu befreien. Das allerdings zeigte sich als schwerer, wie es war. Mit der einen Hand hielt er mich fest und mit der anderen kitzelte er mich. Da ich keine Fluchtwege sah, ließ ich mich auf den Boden fallen. Mist, dachte ich, als sich Alex ebenfalls auf den Boden fallen ließ und mich weiterkitzelte.

 

„Hör auf.“, rief ich, jedoch machte Alex nun noch mehr weiter. Mir kamen wieder die Tränen, dieses Mal aber wegen dem vielen Lachen.

 

„Wie heißt das Zauberwort?“, fragte er nun. Ich überlegte einen Moment nach einer passenden Antwort.

 

„Arschloch.“, rief ich lachend und Alex machte weiter.

 

„Falsch.“, entgegnete er und grinste dreckig. Durch das viele Lachen bekam ich Seitenstechen und es wurde kaum erträglich.

 

„Bitte.“, hauchte ich kaum hörbar und Alex zog eine Augenbraue hoch.

 

„Was hast du gesagt? Ich habe dich nicht verstanden.“ Wollte er mich eigentlich verarschen? So ein Drecksack.

 

„Bitte hör auf.“, flehte ich weiter und nach ein paar Sekunden hatte er dann tatsächlich aufgehört. Er war über mich gebeugt und grinste mich böse an.

 

„Du weißt gar nicht wie sehr ich dir dein Grinsen aus dem Gesicht polieren will.“ Nun musste er lachen und schüttelte den Kopf.

 

„Das würdest du nicht machen.“, sagte er nur und ich schaute ihn fragend an.

 

„Natürlich würde ich das machen.“ Was dachte er bitte von mir? Dass ich mich nicht traute? Er schüttelte wieder den Kopf, sagte aber nichts weiter. Er stand auf und hielt mir die Hand hin. Mit einem Zögern nahm ich sie und er zog mich scheinbar mühelos hoch. Er lief zu seinem Pferd und stieg auf. Dann zog er mich wieder hoch, sodass ich hinter ihm saß. Der einstündige Rückweg verlief ruhig und ich versuchte nicht an David zu denken. Es viel mir sehr schwer und da ich irgendeine Ablenkung brauchte, fing ich an den Geruch von Alex zu definieren.

 

„Riech ich gut?“, fragte er schließlich und ich riss geschockt die Augen auf. Mist. Er hatte mich dabei erwischt.

 

„Ich weiß nicht, was du meinst.“, nuschelte ich verlegen und hoffte, dass dieses Gespräch bald vorbei sein würde.

 

„Ich habe ganz genau gemerkt, dass du an mir gerochen hast. Also zu welchem Entschluss bist du gekommen?“ Da es wohl nichts bringen würde es zu leugnen, stritt ich es gar nicht weiter ab.

 

„Wenn ich mich nicht ganz irre riechst du nach Muskatnuss.“

 

„Richtig. Bei übermäßigem Verzehr tödlich.“ War ja klar, dass wieder so ein Spruch von ihm kommen musste. Das war einfach typisch Alex. Als wir im Stall ankamen, sprang Alex wieder ab und half mir von seinem Pferd.

 

„Wir sollten David noch nicht gleich darauf ansprechen, sondern erstmal abwarten und beobachten.“, sagte er nun und ich nickte.

 

„Ja du hast Recht.“, stimmte ich ihm zu.

 

„Ich werde mich morgen früh auf den Weg machen um…“ Um sie zu töten. Seine unausgesprochenen Worte schwangen in der Luft mit und erst dann realisierte ich, was er gesagt hatte.

 

„Moment. Ich werde mitgehen.“ Wehe er versuchte nochmal mich abzuservieren.

 

„Oh nein. Dieses Mal setzt du deinen Dickkopf nicht nochmal durch. Das ist einfach viel zu gefährlich Diana.“ Jetzt begann er schon wieder mit dieser Tour. Ich hatte ihm schon einmal gesagt, dass mir das egal war.

 

„Bitte Alex. Du kannst mich doch nicht einfach hier alleine lassen … bei David.“ Nun schaute ich ihn an und ich sah, dass er mit sich am ringen war.

 

„Das ist viel gefährlicher.“, setzte ich nun einen drauf und lächelte ihn zuckersüß an.

 

„Einverstanden. Aber du wirst bei mir bleiben und keine Alleingänge machen. Wir müssen in einen sehr gefährlichen Teil Melodia‘s reisen.“ Aus einem Lächeln wurde ein Grinsen.

 

„Du bist der Beste.“ Nun musste er grinsen.

 

„Und arrogant.“, fügte ich nun hinzu und streckte ihm die Zunge raus, während ich auf sein Zimmer ging um mich schlafen zu legen. Immerhin war es schon nach zwei Uhr Nachts und wir mussten morgen beziehungsweise heute früh raus.

 

 

 

Kapitel 26

Fußmarsch

 

 

Als ich müde im Zimmer ankam, wollte ich am liebsten sofort ins Bett. Ich schmiss die Schuhe in die Ecke und Sekunden später folgte die Jeans. Ich schaffte es gerade noch meine Socken auszuziehen, bevor ich mich ins Bett fallen ließ. Ich kuschelte mich unter die weiche Decke und war innerhalb von wenigen Augenblicken eingeschlafen.

 

Ich nahm wahr, wie sich zwei starke Arme um mich legten und mich an sich zogen. Bevor ich aber mehr realisieren konnte, war ich schon wieder eingeschlafen.

 

„Aufwachen Diana.“ Verschlafen zog ich mir die Decke über den Kopf und grummelte ein Geh weg. Plötzlich wurde mir die Decke weggerissen und die Rollläden wurden hochgezogen. Das helle Licht der aufgehenden Sonne schien mir ins Gesicht.

 

„Mann Alex.“, murmelte ich genervt und zwang mich aufzustehen. Nach drei Anläufen hatte ich mich dann immer hin schon aufgesetzt und meine Augen hatten sich halbwegs an das grelle Licht gewöhnt. Trotzdem war es aber noch immer unangenehm.

 

„Wie spät ist es?“, fragte ich immer noch verschlafen und ich sah auf Alex Gesicht ein Grinsen. Ein grinsender Alex am frühen Morgen war echt angenehm.

 

„Kurz nach sechs.“, antwortete er schulterzuckend und ich musste mich zusammenreißen um ihm nicht an die Gurgel zu springen. Wir wollten zwar heute früh losgehen, aber so früh war mir echt zu krass. Hatte er eigentlich etwas an der Klatsche? Dieser Mann war doch echt nicht mehr ganz normal.


„Du bist doch bekloppt.“, murmelte ich und betrachtete ihn genauer. Man sah, dass er auch erst gerade eben aufgestanden war, denn seine dunklen Haare waren komplett zerzaust.

 

„Ich bin im Bad.“, sagte ich und schlenderte zu seinem Kleiderschrank. Ich nahm mir schwarze Unterwäsche, eine ebenfalls schwarze Jeans und ein rotes Top. Damit ging ich ins Bad und ging nachdem ich mich ausgezogen hatte in die Dusche. Da ich noch völlig müde war, machte es mir fast nichts aus, dass das Wasser am Anfang noch eiskalt war. Ich shampoonierte meine Haare und wusch meinen Körper. Beides natürlich wieder mit Alex Waschzeug, da er immer noch nichts anderes hatte. Mittlerweile drang die Kälte zu mir durch und ich stieg aus der Dusche, da es mir langsam doch zu kalt wurde. Ich nahm mir wieder sein schwarzes Handtuch und rubbelte mich trocken. Nachdem ich dann noch meine Haare leicht angeföhnt hatte und mit seiner Bürste durchgekämmt hatte, trug ich schnell noch Mascara auf, putze meine Zähne und ging dann zurück ins Schlafzimmer.

 

„Pack schon mal deine Tasche. Wir werden ungefähr drei Tage unterwegs sein. Nimm dir außerdem warme Kleidung mit. Dort wo wir hingehen wird es nämlich kalt.“ Anschließend verschwand auch er im Badezimmer. Ich lief zum Kleiderschrank und packte mir mehrere Jeans ein und dazu mehrere Pullover. Es folgten Unterwäsche und Socken. Ein paar Ersatzschuhe passten gerade noch rein und ich ging ins Bad um meine Waschsachen einzupacken.

 

„Sag mal verfolgst du mich.“ Erschrocken drehte ich mich um. Mist ich hatte ja ganz vergessen, dass Alex im Bad war. Ich merkte, wie ich hochrot anlief, als mein Blick auf seinen nackten Oberkörper fiel. Bloß nicht weiter runterschauen, sagte ich mir und versuchte meinen Blick auf sein Gesicht zu richten, was im Hinblick auf seinen perfekten Oberkörper echt wahnsinnig schwer war. Auf sein Gesicht legte sich ein schiefes Grinsen. Mist, er hatte meine Blicke bemerkt. Ein Arschloch mit Muskeln, redete ich mir ein.

 

„Ganz sicher nicht. Ich wollte nur schnell mein Waschzeug holen.“ Schnell drehte ich mich wieder um und füllte einen kleinen Kulturbeutel. Ohne ein weiteres Wort verließ ich dann wieder das Badezimmer und stopfte den Beutel in die viel zu kleine Tasche.

 

„Wie peinlich.“, murmelte ich und schüttelte verlegen den Kopf.

 

„Quatsch. Aber du kannst nächstes Mal auch einfach fragen, wenn du mich nackt sehen willst.“ Ich gab einen genervten Laut von mir und verschloss meine Tasche. Schon wieder war er die Arroganz in Person. Aber daran würde sich wohl niemals etwas ändern. Dafür war sein Ego zu groß. Alex trug eine dunkelblaue Jeans und dazu ein schwarzes Hemd. Er sah wirklich gut aus. Er nahm seine Tasche und ich tat es ihm gleich und folgte ihm aus dem Schloss.

 

„Und wie kommen wir jetzt dort hin?“, fragte ich, als Alex auf den Wald zusteuerte.

 

„Laufen.“ Das war jetzt aber nicht sein Ernst oder? Nach einer Stunde Laufen blieb ich erschöpft stehen.

 

„Ich kann nicht mehr.“, keuchte ich erschöpft und stellte geschockt fest, dass ich weder Essen, noch Trinken eingepackt hatte. Letzteres war mir im Moment wichtiger.

 

„Hast du was zu trinken?“, fragte ich immer noch erschöpft und Alex schüttelte den Kopf. Plötzlich kam mir ein Gedanke und ich konzentrierte mich aufs Wasser. Nach ein paar Sekunden erschien vor mir Wasser in der Luft und ich steuerte es mit einer Handbewegung direkt in meinen Mund.

 

„Problem erledigt.“, verkündete ich und Alex lief weiter. Irgendwann begann er schneller zu laufen und ich hatte Mühe mitzuhalten. Plötzlich rannte er los. Innerhalb von ein paar Augenblicken war er aus meinem Sichtfeld verschwunden. Vampirgeschwindigkeit. Ich rannte ihm hinterher und nach ein paar Sekunden wurde auch ich genauso schnell, wie er. Es fühlte sich einfach wahnsinnig toll an. Noch besser, wie damals, als David mich getragen hatte. Man hatte das Gefühl frei zu sein. Außerdem hatte ich überhaupt gar keine Probleme damit den Bäumen auszuweichen. Alles tat sich irgendwie von alleine. Auf einmal trat Alex wieder in mein Blickfeld. Er war mehrere Meter von mir entfernt. Ich strengte mich an und rannte dann schließlich neben ihm. Er drehte sich während dem Rennen zu mir um und grinste mich an. Dann beschleunigte er sein Tempo. Es kostete mich Mühe mit ihm mitzuhalten, aber ich schaffte es. Triumphierend lächelte ich ihn an, dann knallte ich gegen einen Baum.

 

„Du bist der erste Vampir, den ich kenne, der so dämlich ist und gegen einen Baum läuft.“ Sein Lachen hallte im Wald wieder. Beschämt richtete ich mich auf und rieb mir den Schädel. Mein Kopf tat leicht weh, aber es war auszuhalten. Ein normaler Mensch wäre bei dieser Geschwindigkeit wahrscheinlich gestorben.

 

„Leck mich.“, zischte ich wütend und nahm meine Tasche in die Hand. Erst jetzt merkte ich, wie erschöpft ich war und dringend eine Pause brauchte.

 

„Bring mich nicht in Versuchung.“, sagte er verführerisch, woraufhin ich ihm meine Tasche ins Gesicht schleuderte. Arschloch.

 

„Alex ich kann nicht mehr. Können wir nicht eine Pause machen?“, fragte ich völlig erschöpft und er nickte. Es war zwar schon etwas kälter geworden, aber immer noch okay. Die Sonne war gerade am Untergehen.

 

„Bin ich den ganzen Tag gerannt?“, fragte ich schockiert und er nickte wieder.


„Ja. Leg dich schlafen. Ich werde versuchen etwas zu essen für dich aufzutreiben.“ Das Letzte sagte er entschuldigend, da er auch nicht an Essen für mich gedacht hatte.

 

„Okay.“ Ich suchte mir eine gute Stelle und legte mich dann hin. Meine Tasche diente mir als Kissen. Ich konzentrierte mich noch einmal um an Wasser zu gelangen. Erschöpft fiel ich in einen tiefen und traumlosen Schlaf.

 

 

 

Kapitel 27

Ohne Kontrolle

 

 

„Wach auf. Ich habe dir was zum Essen mitgebracht.“ Gähnend richtete ich mich auf und sah, dass Alex vor mir saß. Konnte er mich nicht einmal ausschlafen lassen? Er legte mir unterschiedliche Beeren auf den Schoß und ich begann müde zu essen. Der Gedanke an einen beerenpflückenden Alex bereitete mir Freude. Durch den harten Waldboden hatte ich nun Rückenschmerzen.

 

„Die sind aber nicht giftig, oder?“, fragte ich, während ich mir die nächste Beere in den Mund stopfte.

 

„Nein. Wenn du fertig bist, dann gehen wir weiter.“ Als ich meine Beeren aufgegessen hatte war zumindest der Hunger etwas gelindert. Ich nahm mir schnell meine Bürste aus dem Kulturbeutel und kämmte mir damit die Haare.

 

„Ach da ist meine Bürste. Ich hatte mich schon gefragt, wo sie ist. Ich hätte mir ja denken können. Dass du sie dir unter den Nagel gerissen hast.“

 

„Arsch.“, grummelte ich und langte mir an den schmerzenden Rücken.

 

„Was ist los?“, fragte Alex und man merkte nun, dass er von „Menschen“ keine Ahnung hatte.

 

„Rückenschmerzen.“, entgegnete ich und rollte mit den Augen. Also das hätte er sich echt denken können.

 

„Soll ich dich massieren?“, fragte er nun und ich zuckte mit den Schultern. Alex setzte sich hinter mich auf den Boden und legte seine Hände auf meine Schultern. Schon nach ein paar Sekunden hatte ich mich entspannt und musste feststellen, dass Alex ein grandioser Masseur war. Ich schloss meine Augen und bemerkte, wie die Rückenschmerzen immer weniger wurden und dann schließlich nach einer Weile komplett verschwunden waren. Dass er eigentlich aufhören könnte sagte ich ihm aber nicht, da ich unbedingt wollte, dass er weitermachte.

 

„Gut so?“, fragte er leise und ich war unfähig zu antworten. Stattdessen nickte ich einfach nur kurz und genoss seine Massage weiter. Plötzlich versteifte sich Alex und sein Druck auf meinen Schultern wurde stärker, bis er fast unerträglich wurde. Als ich gerade dabei war zu realisieren, dass er wieder den Drang verspürte mich umzubringen, wurde ich schon mit voller Wucht gegen den gegenüberliegenden Baum geschleudert.

 

Zuerst spürte ich überhaupt nichts, aber nach dem kurzen Schock setzte dann schließlich doch der Schmerz ein. Mein Kopf tat höllisch weh und ich langte mir mit der Hand an die schmerzende Stelle. Meine Hand war voller Blut. Meine Rückenschmerzen waren nun wieder da. Unter starken Schmerzen schaffte ich es mich aufzusetzen.

 

„Es tut mir leid.“ Mein Blick haschte zu Alex, der mehrere Meter von mir entfernt war und sich teilweise hinter einem Baum versteckte. In seinen schwarzen Augen lag Reue und Schmerz. Ich sah ihm an, dass es ihm wirklich Leid tat.

 

„Schon ok.“, hauchte ich kraftlos und konnte meine Tränen nun nicht mehr zurück halten. Ich lehnte mich mit dem Rücken an den Baum und hoffte, dass die Schmerzen bald weniger wurden. Aber das Gegenteil war der Fall und nun wurden meine Tränen noch stärker, sodass ich mich schließlich hemmungslos in den Schlaf weinte.

 

Als ich wieder aufwachte, war es bereits Mittag und ich stellte erstaunt fest, dass meine Schmerzen so gut wie weg waren. Ich setzte mich auf und bemerkte, dass Alex wieder weit entfernt von mir an einem Baum gelehnt saß und mich beobachtete. Mein Kopf war nass und ich sah, dass ich in einer kleinen Schüssel mit Wasser gelegen hatte. Ich langte mir an den Kopf und stellte fest, dass meine Wunde weg war.

 

„Willst du umkehren?“ Seine Stimme schwankte.

 

„Nein.“, sagte ich fest entschlossen und nahm mir aus meiner Tasche neue Kleidung. Da es mittlerweile schon etwas kälter war, nahm ich mir neue Unterwäsche, eine neue Jeans und einen roten Pullover. Damit lief ich ein paar Meter durch den Wald und zog mich dann schließlich um. Als ich zurück war kämmte ich mir die Haare, packte mein dreckiges Zeug in die Tasche und ging los.

 

Worauf wartest du? Wir haben eine Hexe zu töten.“, sagte ich und schaute Alex auffordernd an, da er immer noch saß. Nach einem kurzen Zögern stand er schließlich auf und wir gingen weiter. Nun hatte langsam auch ich einen Hass gegen diese Hexe, da sie Alex verflucht hatte. Den ganzen Weg über schwiegen wir und irgendwann machten wir wieder eine kurze Pause, als wir bei einem kleinen Fluss ankamen. Ich putzte mir meine Zähne, während sich Alex umzog.

 

„Wie weit ist es noch?“, fragte ich und bekam zuerst keine Antwort. Redete er jetzt etwa nicht mehr mit mir?

 

„Nicht mehr weit. Ungefähr noch eine Stunde.“, antwortete er mir schließlich doch noch und wir gingen stumm weiter. Die Stunde verging wie im Flug und wir kamen vor einem kleinen Häuschen an. Mittlerweile war es wahnsinnig kalt und ich fragte mich, wie man hier nur leben konnte. Das Häuschen an sich wirkte aber freundlich und einladend. Ich warf Alex einen Blick zu und sah, wie er zwei Messer unter seiner Kleidung versteckte. Was machten wir jetzt? Auf einmal flog die Tür auf und es kam mir genauso gruselig vor wie bei der Hexe zuvor. Ich ließ Alex den Vortritt und lief dicht hinter ihm in das Haus.

 

„Alex mein alter Freund. Was verschafft mir die Ehre, dass du mich besuchst?“ Alex vor mir knurrte, als er sie erblickte. Eine große, schlanke junge Frau saß auf einem schwarzen Ledersofa und lächelte uns freundlich an. So wirkte es zumindest, aber in ihren Augen sah man den Hass aufblitzen.

 

„Du bist eine miese Schlange, Aurora.“, zischte Alex und sie lachte.

 

„Fünfhundert Jahre später und du hast immer noch keine Manieren. Ich hätte dich damals nicht verfluchen sollen, sondern deinem erbärmlichen Leben ein Ende bereiten sollen.“ Alex schwieg und ich spürte deutlich, wie er ihr am liebsten sofort den Kopf abgerissen hätte.

 

„Geht’s eigentlich noch? Du Miststück verarscht ihn, stellst aber ihn als den Bösen dar. Hast du sie eigentlich noch alle?“ Nun lag ihr wütender Blick auf mir und ich realisierte erst jetzt, dass das von mir gerade eben echt mutig aber auch dumm war. Sie stand auf und kam graziös auf mich zu. Ihre roten Haare umschlungen sie wie Feuer. Mein Herz begann wie verrückt zu pochen.

 

„Du sollst eine Königin sein? Du bist nicht mehr wie ein freches, kleines Mädchen.“, zischte sie und hob die Hand um mich zu schlagen. Ihre Hand eilte auf mich herab und sie schaute mich geschockt an, als ich diese abfing und festhielt. Meine Hand wurde heiß und ich sah an ihrem gequälten Gesichtsausdruck, dass es schier unerträglich war. Als Alex neben mich trat, ließ ich sie los. Ihr Arm war feuerrot und voller Brandblasen. Normalerweise hätte mir das jetzt Leid getan, aber diese Frau hatte es einfach nicht anders verdient.

 

„Es ist schon schlimm genug, dass du mich so hintergangen hast. Aber ich werde nicht zusehen, wie du deine nein unsere Königin schlägst. Du wirst für deine Verbrechen zahlen.“ Alex klang wahnsinnig wütend aber irgendwie trotzdem eiskalt. Alex zückte ein Messer und wollte gerade zustechen, jedoch fixierte sie ihn mit ihren Augen und für kurze Zeit leuchteten diese giftgrün. Schreiend taumelte Alex zurück und fiel zu Boden. Irritiert schaute ich zu ihm und sah, wie seine Haut anfing zu dampfen. Sie verbrannte ihn.

 

„Du hättest dich nicht mit mir anlegen sollen, mein Lieber. Dafür wirst du büßen.“ Mein Blick fiel auf Alex Messer, welches ein paar Zentimeter von mir entfernt auf dem Boden lag. Ohne Nachzudenken nahm ich es mir und rammte es der Hexe direkt ins Herz. hHhsb

 

 

 

Kapitel 28

Weglaufen

 

 

Geschockt schaute ich auf das Messer, welches in Auroras Brust ragte. Ihre Augen schauten mich ausdruckslos an. Sämtliches Leben war aus ihr gewichen. Ich hatte sie umgebracht. Ich war eine Mörderin. Obwohl sie es wirklich verdient hatte, war ich schockiert. Alex Schreie brachten mich wieder zurück in die Realität. Ich wand mich von der toten Hexe ab und eilte zu Alex. Zu tiefst geschockt schaute ich ihn an. Er war zwar nicht mehr am Dampfen, aber überall war seine Haut überseht mit Brandblasen. Er roch ekelhaft und von ihm war wirklich nicht mehr viel zu erkennen. Ich konnte meinen Blick gar nicht mehr abwenden. Ein Mensch wäre daran gestorben. Tränen glitten mir über die Wangen, als mir klar wurde, dass es sein könnte, dass Alex an den Verbrennungen starb. Er war ein scheiß Arschloch und hatte mir schon mehrmals wehgetan. Trotz allem wollte ich nicht, dass er starb. Ich kniete mich neben ihn und begann seine Kleidung abzulösen. Er schrie vor Schmerz, weshalb ich es dann doch bleiben ließ. Was sollte ich nur tun? Wie konnte ich ihm bloß helfen? Ich konzentrierte mich und legte meine Hände auf seine Wunden. Wasser bildete sich an meinen Handflächen und ich sah, wie sich Alex Wunden verkleinerten. Seine schmerzverzerrten, schwarzen Augen blickten in meine. Es dauerte eine ganze Stunde, bis man ihn wieder erkennen konnte und nochmal eine Stunde, bis seine kompletten Wunden verschwunden waren. Meine Kraft war am Ende und ich hatte Mühe mich wach zu halten. Alex Augen fixierten mich die ganze Zeit über, jedoch sagte er nichts.


„Ist alles in Ordnung?“, fragte ich ihn leise und schwach. Er nickte leicht.

 

„Tut dir noch was weh?“, fragte ich weiter und es kostete mich ungeheure Kraft. Dieses Mal schüttelte er den Kopf und eine Welle der Erleichterung durchströmte mich. Er war außer Lebensgefahr. Gott sein Dank.

 

„Du hättest mich sterben lassen sollen. Ich bin eine Gefahr für dich.“ Ein bitterer Schmerz durchzuckte mich. Ich wusste zwar, dass er Recht hatte, aber ich wollte es einfach nicht hören.

 

„Halt die Klappe.“, befahl ich und stand auf. Mein Blick glitt rüber zu der Toten und ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken, als mir wieder einfiel, was ich getan hatte.

 

„Ich habe sich umgebracht.“, flüsterte ich leise, während sich Alex aufsetzte. Sein Lachen hallte durch das Haus. Glaubte er mir etwa nicht? Anscheinend hielt er mich dafür zu schwach. So ein blödes Arschloch, dachte ich genervt und versuchte ihn böse anzuschauen.

 

„Lach nicht so dumm. Schau selbst.“, sagte ich schwach und deutete zu der Toten. Als er sie erblickte verstummte er. Sein Blick ruhte auf Aurora und mit der Zeit begann sich ein Lächeln auf seinem Gesicht zu bilden.

 

„Gut getroffen.“, grinste er und ging auf die Hexe zu. Er griff nach seinem Messer, welches mit einem ekelhaften Geräusch aus ihr herausgezogen wurde. Er putzte es an ihrem Kleid ab und versteckte es dann unter seiner Kleidung.

 

„Wir müssen sie verbrennen. Sonst kann eine andere Hexe sie wieder zurückholen.“ Alex hob sie hoch und trug sie hinaus. Erschöpft folgte ich ihm und sah, wie er die tote Hexe auf dem Boden ablegte. Er stellte sich vor sie und schrie plötzlich genervt auf.

 

„Was ist los?“, fragte ich überrascht über seinen plötzlichen Stimmungswechsel.

 

„Ihr Grundstück ist verzaubert. Ich kann kein Feuer anwenden um sie zu verbrennen.“, zischte er und lief ins Haus um vermutlich nach einem Feuerzeug oder Streichholz zu suchen. Ich wartete draußen auf ihn und war der eisigen Kälte dankbar, da sie mich wach hielt. Nach einer Weile allerdings wurde diese fast unerträglich.

 

„Hier sind weder Streichhölzer noch Feuerzeuge.“, rief er, als er wieder rauskam.

 

„Und was machen wir jetzt?“, fragte ich ihn und wollte langsam aber sicher weg von diesem Ort.

 

„Wir müssen sie wohl oder übel mitnehmen. Wenn wir ein paar Kilometer entfernt sind, dann müsste es wieder gehen.“ Er wollte sie doch jetzt nicht ernsthaft mitschleppen?

 

„Ich kanns ja auch mal versuchen.“, schlug ich vor und Alex lachte.

 

„Ich bezweifle, dass du Feuer anwenden kannst, wenn das nicht mal ich kann.“ Es klang sarkastisch und am liebsten hätte ich ihm deshalb jetzt einen reingehauen. Er hielt sich echt für etwas Besseres. Aber das war er nicht.

 

„Wollen wir doch mal sehen.“, sagte ich leicht eingeschnappt und versuchte mich zu konzentrieren. Ich merkte sofort, dass es mich eine ungeheure Kraft kostete. Aber aufgeben wollte ich nicht. Diesen Triumph gönnte ich Alex einfach nicht. Ich nahm noch einmal meine ganze Kraft zusammen und merkte nach einer gefühlten Ewigkeit, wie es um mich herum wärmer wurde. Triumphierend schaute ich zuerst auf die nun brennende Hexe und schließlich zu Alex, der mich fassungslos anschaute.

 

„Das kann doch nicht wahr sein.“ Ha, da schaute er blöd. Ich zwinkerte ihm zu und lachte leise in mich hinein. Ich lief zurück in das Haus der Hexe und merkte, dass Alex mir folgte. Nach kurzem Suchen fand ich die Küche und öffnete den großen Kühlschrank. Alex schnaubte und ich grinste. Ich hatte eben Hunger. Ich nahm mir einen Joghurt und einen Löffel aus der Schublade. Nachdem ich ihn aufgegessen hatte, ging es mir zumindest in dieser Hinsicht besser.

 

„Du bist einfach unfassbar.“, murmelte er und ich zuckte mit den Schultern.

 

„Nein wirklich. Ich frage mich echt, wann der Nervenzusammenbruch endlich kommt. Wie schaffst du das eigentlich alles? Erst erfährst du von Melodia. Dann wirst du gefangen genommen und mies behandelt, da ich mich wie ein Arschloch dir gegenüber verhalte. Du erfährst, was für ein Wesen du bist und bist plötzlich Königin. Eine Königin, über die es eine Legende gibt. Dann erfährst du von meinem Fluch und hast jetzt sogar eine Hexe umgebracht. Eigentlich solltest du Amok laufen. Aber was tust du? Du sitzt hier und isst gemütlich Joghurt von einer Toten.“ Allmählich glaubte ich, dass er langsam aber sicher einen Nervenzusammenbruch bekam.

 

„Was soll ich denn tun? Schreien? Weglaufen? Das ist doch alles keine Lösung.“ Ich sprach ruhig und Alex kniff die Augen zusammen.

 

„Ich danke dem Augenblick, als ich dein Königsmal gesehen habe. Wenn das nicht wäre, dann hätte ich so jemanden Besonderen wie dich umgebracht.“ Er sprach sehr leise und ich stellte fest, dass er mir gerade eben ein Kompliment gemacht hatte. Ohne es zu wollen, lief ich rot an. Ich hob meine Hand und legte sie auf seine Schulter. Alex Blick wanderte zu mir und war ganz sanft. Plötzlich wurde sein Blick aber wieder härter und er schlug mit der Hand gegen die Wand. Es begann zu bröckeln und ich sah ein mehrere Zentimeter tiefes Loch. Er hatte ein Loch in die Wand geschlagen.

 

„Verschwinde von hier, sonst vergesse ich mich.“, schrie er und ich schaute ihn geschockt an. Oh nein. Der Fluch bestand immer noch.


„Diana. Geh! Ich will dich nie wieder sehen.“, schrie er nun noch lauter und diese Worte versetzten mir einen Stich ins Herz.

 

„Alex ich…“

 

„Verschwinde! Du gehörst hier nicht her. Du bist nichts weiter, als ein kleines, dummes Mädchen, welches ich sofort hätte umbringen sollen.“ Ich ließ meine Hand sinken. Ich schaute ihn einfach nur mit offenem Mund an. Dann rannte ich. Rannte aus diesem Haus und rannte hinein in den Wald. Ich rannte ohne zurückzuschauen. Rannte, bis ich nicht mehr konnte. Schwer schnaufend ließ ich mich an einem Baum entlang auf den Boden sinken. Die eisige Kälte umgab mich. Eine einzelne Träne floss mir über die Wangen und ich wünschte mir in diesem Moment gar nicht erst geboren worden zu sein.

 

 

 

Kapitel 29

Riese

 

 

Ich rannte durch den Wald und war schon völlig außer Atem. Nicht anhalten Diana, sagte ich mir in Gedanken. Wenn ich jetzt langsamer werden würde, dann hätte ich keine Chance mehr zu entkommen. Ihm zu entkommen. Ich hörte, wie er immer näher kam. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er mich hatte. Ich konnte einfach nicht mehr. Ich erlaubte es mir ein klein wenig meinen Schritt zu verlangsamen, bereute es aber sofort wieder. Mit einem lauten Aufschrei wurde ich gegen einen Baum gedrückt. Ich hätte weiter rennen sollen. Keuchend schaute ich ihm in seine schwarzen Augen. Schwarz wie seine Seele. In seinem düsteren Blick sah ich schon die Vorfreude auf meinen baldigen Tod. Oh ja, es würde nicht mehr lange dauern, dann würde ich von dieser Welt scheiden. Seine kühle Hand hatte sich um meinen Hals gelegt. Meine Luft würde bald knapp werden. In seinem Blick war keinerlei Mitgefühl, sondern nur pure Mordslust. Ich wusste, dass er mich nicht wirklich umbringen wollte, sondern einfach nicht anders konnte. Trotzdem wirkte es im Moment so, als würde ihm dies gerade nicht viel ausmachen. Er wollte mich also tatsächlich umbringen.

 

Hast du noch irgendwelche letzten Worte?“ Vor meinen Augen wurde es langsam verschwommen. Ich nahm nur vage seine gehauchten Worte war. Trotz dieser Situation bildete sich bei mir eine Gänsehaut. Obwohl es absurd war, sehnte ich mich kurz vor meinem Tod nur noch danach, noch einmal seine himmlische Stimme zu hören. Die himmlische Stimme eines mörderischen Teufels. Meines mörderischen Teufels. Meine Kehle schnürte sich zu und ich konnte schon fast nach dem Tod greifen. So nahm war ich ihm. Uns trennten nur noch wenige Augenblicke.

 

Es tut mir fast schon leid. Aber nur fast.“ Mein eh schon rasendes Herz, sprang nun noch höher. Er hatte mir meinen letzten Wunsch erfüllt. Alex sadistisches Lachen war das letzte, was ich hörte. Dann glitt ich hinauf in den Himmel.

 

 

Keuchend fuhr ich aus dem Schlaf. Schweißperlen glitten mir von der Stirn und das, obwohl es gefühlte minus zwanzig Grad hatte. Es war nur ein Traum. Ich erinnerte mich langsam wieder an den Grund, warum ich weggerannt war. Nun war ich mir nicht mehr so ganz sicher, ob mir nicht doch der Traum lieber wäre. Langsam setzte ich mich auf. Mein Herz begann sich zu beruhigen, schlug aber kurz darauf gleich wieder schnell. Ich befand mich in einer Höhle. Die Höhle war sehr groß und breit. Wie war ich nur hier reingekommen? Mir war unglaublich kalt und ich wünschte ich wäre noch in Auroras Haus. Dort war es immerhin wärmer und nicht so eisig wie hier in der Wildnis. Erschrocken drehte ich mich Richtung Höhleneingang. Ich hörte Schritte. Es waren ziemlich laute Schritte. So laut lief doch niemand oder? Was war das bloß? Keuchend betrachtete ich die riesige Gestalt, die in die Höhle lief. Er musste sich ein bisschen bücken um nicht an der Decke hängen zu bleiben. Dabei war die Höhle mindestens fünf, sechs Meter hoch. Obwohl es unhöflich war, konnte ich den Blick von diesem Mann nicht abwenden. Er hatte schulterlange, blonde Haare. Sein Gesicht hatte etwas Wildes an sich. Und das auffälligste: Er war einfach riesig.

 

„Du wach.“ Seine Stimme war sehr laut und ich zuckte zusammen.

 

„Ähm ja. Hast du mich hier hingebracht?“, fragte ich und setzte ein Lächeln auf. Irgendwie hatte ich große Angst vor ihm.

 

„Du nichts reden. Ich Boss. Ich Riese. Ich heißen Gor. Und du?“ Geschockt schaute ich auf den Riesen. Er hatte nicht nur einen gewaltigen Sprachfehler, sondern hatte anscheinend auch etwas gewaltig an der Klatsche. Ich sah auf seine ausgestreckte Hand, welche ungefähr so groß war wie ich. Zudem stank er gewaltig.

 

„Diana.“, murmelte ich und legte höflich meine Hand auf seinen kleinen Finger. Als er seine Hand wieder zurückzog war ich darum sehr froh.

 

„Du meine Frau bist.“ Was hatte er gerade gesagt? Hatte ich das gerade etwa richtig verstanden?

 

„Nein bin ich nicht.“ Plötzlich schaute mich Gor böse an.

 

„Doch!“, schrie er und haute mit der Faust gegen die Höhlenwand links neben mir. Geschockt sah ich, wie er die Wand zum Einsturz gebracht hatte. Nun kam die kühle Luft reingeweht. Mir wurde nun noch kälter, wie es mir so schon war.

 

„Gor. Ich bin nicht deine Frau. Ich sollte jetzt wirklich wieder gehen.“ Ich sprach ruhig, merkte aber sofort, dass ich ihn wieder verärgert hatte.

 

„Nein! Du bleiben. Du mich heiraten wirst.“ Dieses Mal brachte er mit einem Schlag rechts neben mir die Höhlenwand zum Einsturz. Ich nickte um ihn zu beruhigen. Panische Angst machte sich in mir breit. Er würde mich noch umbringen.

 

„Ich kurz weg. Du hierbleiben. Sonst du tot.“ Mit diesem Satz verschwand der Riese. Als er aus meiner Sichtweite verschwunden war, rannte ich ohne lang nachzudenken los. Hoffentlich bemerkte er mein Verschwinden nicht gleich, sondern war eine Weile lang weg. Als ich schon eine ganze Stunde gerannt war, blieb ich stehen um kurz zu verschnaufen. Plötzlich legte sich eine Hand um mich und ich wurde hochgehoben. Überrascht schaute ich in das verärgerte Gesicht des Riesen.

 

„Du abgehauen. Deshalb du mein Zahnstocher bist.“ Oh nein. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Er hatte einen festen Griff und ich hatte überhaupt gar keine Chance mich zu wehren. Er war einfach viel zu stark. Ich konzentrierte mich und dachte an Feuer, welches ihn dazu bringen sollte mich loszulassen. Tatsächlich wurde auch etwas Feuer auf ihn geschleudert, jedoch lachte der Riese bloß. Mist. Ich war definitiv zu schwach um mich gegen ihn zu wehren. Er führte mich in die Richtung seines Mundes und ein gewaltiger Gestank kam mir entgegen. Er sollte sich definitiv mal wieder die Zähne putzen. Aber das war im Moment wohl mein geringstes Problem. Heute Nacht hatte ich noch davon geträumt, dass Alex mich tötete. Jetzt aber sah es ganz danach aus, als würde ich als Mittagessen eines Riesen enden.

 

„Ich bin die Königin. Bitte las mich runter.“, flehte ich und der Riese lachte.

 

„Mir egal. Du riechen gut. Lecker.“ Er machte seinen Mund auf um mich zu essen und ich schloss die Augen, da ich hoffte, dass es so schneller ging. Plötzlich fiel ich. Ich rechnete schon damit, dass der Aufschlag mit dem Boden mir sämtliche Knochen brechen würde. Jedoch landete ich in weichen Armen. Ich öffnete langsam meine Augen. Alex.

 

 

 

Kapitel 30

Rückkehr

 

 

Alex war tatsächlich gekommen. Gekommen um mich zu retten. Obwohl ich wusste, dass er mein Tod sein würde, freute ich mich einfach riesig. Im Moment zählte nur, dass er mir gerade eben das Leben gerettet hatte. Natürlich war mir noch unwohl wegen den Sachen, die er zu mir gesagt hatte. Aber das war im Moment egal. Meine Gefühle konnte man einfach nicht beschreiben. Ich war noch nie in meinem Leben so froh gewesen ihn zu sehen. Ihn in meiner Nähe zu haben. Alex schaute gerade aus und ich folgte seinem Blick. Der Riese hatte sich auf den Boden gekniet und schaute Alex an. Seinen Blick konnte ich aber nicht deuten.

 

„Bitte verzeiht mir.“ Gor senkte reumütig den Kopf und flehte Alex um Gnade an. Alex schaute diesen nur kühl an und schien zu überlegen. Jetzt war ich aber mal gespannt, wie Alex reagieren würde.

 

„Solltest du noch einmal in irgendeiner Art und Weise das Missfallen unserer Königin erregen, dann sorge ich höchstpersönlich für deinen Tod. Hast du erbärmliche Kreatur mich verstanden?“ In Alex Blick sah man die pure Wut. Mit ihm war im Moment einfach nicht zu spaßen. Das war der Alex, der mir damals tierische Angst eingejagt hatte. Der Alex, vor dem ich mich insgeheim fürchtete.

 

„Ja.“, murmelte Gor. Ob es ihm wirklich Leid tat konnte ich nicht beurteilen. Aber eigentlich glaubte ich das nicht. Ich konnte ihm einfach nicht glauben. Immerhin wollte er mich als „Zahnstocher“ verwenden und essen.

 

„Ja was?“, fragte Alex und schleuderte einen kleinen Feuerball auf den Riesen. Dieser schrie vor Schmerz auf, als das Feuer ihn traf. Alex hatte nicht einmal die Hand gehoben. Er war anscheinend schon so gut, dass er sein Element ohne Gesten steuern konnte.

 

„Ja Eure Hoheit … Eure Hoheiten.“ Alex Gesichtsausdruck war eisig, aber ich sah auch, dass er mit Gor’s Antwort zufrieden war.

 

„Was genau war dein Fehler?“, hakte nun Alex weiter nach und ich merkte, dass es ihm gefiel Gor zu ärgern.

 

„Ich gemein war zur Königin. Das werden ich nie wieder sein.“ Alex nickte. Ich sah, dass er nicht hundertprozentig mit dieser Antwort zufrieden war. Ein weiterer Feuerball landete auf Gor’s Brust. Wieder schrie er auf, was aber nachvollziehbar war.

 

„Verschwinde mir aus den Augen, Abschaum.“ Kaum hatte Alex das gesagt, rannte der Riese auch schon weg. Wir hörten noch mehrere Minuten seine Schritte, bis diese so leise wurden, dass selbst wir ihn nicht mehr hören konnten. Behutsam setzte mich Alex auf dem Boden ab. Als er mich anschaute war sein Blick überhaupt nicht mehr böse oder wütend.

 

„Wäre dir etwas passiert, dann hätte ich mir das nie verziehen.“, murmelte er schließlich. Ich nickte nur. Ich wusste einfach nicht, ob ich mich jetzt freuen sollte, da er sowas Nettes zu mir gesagt hatte. Oder ob ich wütend auf ihn sein sollte.

 

„Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe. Aber wärst du nicht gegangen, dann hätte ich für nichts mehr garantieren können und dich wahrscheinlich umgebracht.“ Wiederwillig stiegen mir Tränen in die Augen. Alex schaute mich verwirrt an.

 

„Was ist denn los?“, fragte er leise und wischte mir sachte die Tränen weg.

 

„Jetzt bist du wieder so nett. Aber bald kommt das Nächste und du wirst wieder irgendetwas Gemeines tun oder mir wieder wehtun.“, schluchzte ich. Alex schien scheinbar nicht zu wissen, was er sagen sollte.

 

„Lass uns nach Hause gehen.“, sagte er einfach nur und lief vor. Er hatte mich einfach weinend stehen gelassen und mich ignoriert. Aber da ich nicht alleine hierbleiben wollte, rannte ich ihm hinterher. Mittlerweile hatte ich verstanden, wie das Rennen in Vampirgeschwindigkeit funktionierte. Alex raste durch den Wald und ich hatte das Gefühl, dass er immer wenn ich in seiner Reichweite war noch schneller rannte um nicht in meiner Gegenwart zu sein. Vermutlich wollte er nicht, dass er durch den Fluch wieder in so eine Situation kam. Ich wollte es aber auch nicht.

 

„Alex was ist mit unseren Taschen?“, fragte ich plötzlich, als ich merkte, dass weder er noch ich unsere Tasche bei uns hatten.

 

„Die sind noch im Haus aber nicht so wichtig. Im Schloss gibt es noch genug Klamotten.“ Ich nickte zur Antwort, wusste aber, dass er das nicht gesehen haben konnte. Dieses Mal liefen wir einen anderen Weg, wodurch wir viel schneller am Schloss ankamen. Die Sonne war gerade am Untergehen, als das Schloss in mein Sichtfeld trat. Alex verlangsamte seinen Schritt und ich tat es ihm gleich.

 

„Mal schauen, was sich so alles getan hat während wir weg waren. Es waren immerhin drei ein halb Tage.“ Während unserer kleinen Reise hatte ich jegliches Zeitgefühl verloren. Der Vampir und ich liefen zum Eingang des Schlosses. Dort waren Wachen postiert, die sich vor uns verneigten. Alex ignorierte sie und ich legte ein freundliches Lächeln auf.

 

Schon während dem Eintreten merkte ich, dass irgendetwas nicht stimmte. Alex stand neben mir und schaute sich um. Auch er schien zu bemerken, dass etwas falsch war. In der Luft lag ein komischer Geruch. Erst erinnerte mich dieser Geruch an David, da dieser auch so roch. Aber dann merkte ich, dass der Geruch hier viel stärker war.

 

„Ich bring ihn um, wenn es das ist, was ich glaube.“, zischte Alex und eilte davon. Verdutzt schaute ich ihm hinterher. Schon wieder hatte er mich einfach stehengelassen. Ich wartete in der Hoffnung, dass er gleich kommen würde und mir dann sagen würde, was los war. Als er nach zehn Minuten immer noch nicht da war, wollte ich gerade losgehen.

 

„Wir haben ein Problem.“ Alex kam gerade und wirkte ziemlich wütend und verzweifelt. Irritiert schaute ich ihn an und wartete auf eine Erklärung.

 

„Alex was ist los?“, fragte ich ihn und er schüttelte den Kopf. Was war denn bloß los? War irgendetwas Schlimmes passiert?

 

„Versprich mir, dass du ihm nicht den Kopf abreißt.“, sagte er und nun wollte ich wirklich endlich wissen, was los war.

 

„Alex sag‘s mir.“, zischte ich.

 

„Okay.“, murmelte er und fuhr sich durch das rabenschwarze Haar. Er war wirklich verzweifelt.

 

„David hat deine Freundin in einen Werwolf verwandelt.“

 

 

 

Kapitel 31

Meine Freundin, der Werwolf

 

 

Ich hatte mich verhört, oder? Das konnte doch nicht ernsthaft Alex Ernst sein? Meine beste Freundin ein Werwolf. Er verarschte mich doch? Ich stand ganz still da und atmete leise ein und aus. Innerlich zählte ich von zehn abwärts um nicht auszurasten. 10…9…8 David hatte tatsächlich die Frechheit Sabrina in ein magisches Wesen zu verwandeln. Was erlaubte sich dieser Arsch eigentlich? 7…6…5 Was wollte er damit wohl bezwecken? Aus Nächstenliebe oder weil sie ihm so sehr ans Herz gewachsen war tat er sowas jawohl nicht. 4…3…2 Hatte das vielleicht irgendetwas damit zu tun, dass ich mich vor David in Acht nehmen sollte? 1…0.

 

„Ich bringe ihn um.“, zischte ich wütend, als mir das Ausmaß dieser Tat in den Kopf schoss. Alex Mundwinkel zuckten kurz und es schien ihm scheinbar sehr zu gefallen, wie ich über David redete. Aber das war ja klar. Alex mochte alles, was mit Schmerz und Leid zu tun hatte. So war er eben.

 

„Okay. Ich helfe dir dabei.“ Alex schmunzelte. Schön, dass er das hier auch noch witzig fand. Ich konnte nicht darüber lachen. Wie denn auch? Meine Freundin war nun dafür verdammt auf ewig hier in Melodia zu bleiben. Sie würde ihre Familie nie wieder sehen. Eine Mordswut machte sich in mir breit und ich wusste, dass ich diese nicht mehr lange runterschlucken konnte. Dafür würde David büßen.

 

„Ich meins ernst Alex. Wenn ich ihn sehe, dann mach ich ihn fertig.“ Meine Stimme war kühl.

 

„Und ich meins auch ernst. Ich helfe dir dabei.“ Die Vorstellung, wie Alex David eine reinhaut, brachte mich dann doch leicht zum Schmunzeln. Ernst bleiben Diana, sagte ich mir. David würde mich nämlich definitiv nicht ernst nehmen, wenn ich mit einem Lächeln auf dem Gesicht ins Zimmer kommen würde. Alex und ich gingen gemeinsam zu Davids Zimmer. Ohne anzuklopfen riss ich die Tür auf und stürmte hinein. Mir fiel auf, dass ich noch nie in Davids Zimmer gewesen bin. Die Wände waren schwarz gestrichen und es befanden sich hauptsächlich schwarze Möbel im Zimmer. Was nicht schwarz war, war dunkelbraun. Ich musste mich beherrschen, dass mir nicht der Mund vor Erstaunen aufklappte. Ich wusste zwar nicht, was ich erwartet hatte, aber sowas bestimmt nicht. Würde ich nicht wissen, wem dieses Zimmer gehörte, dann würde ich denken, dass einer aus der Drogenszene hier wohnte. Erst dann fiel mein Blick auf meine beste Freundin. Sie sah eigentlich aus wie immer. Nichts an ihr wies darauf hin, dass sie nun ein Werwolf war. Sabrina schaute mir direkt in die Augen und lächelte mich zögerlich an. Mein Blick allerdings blieb kühl. Sie war nicht wütend auf David? Erst jetzt fiel mir auf, dass sie ihren Arm um David geschlungen hatte. Sie saßen beide sehr eng beieinander. Ein leichtes Knurren kam aus meiner Kehle. Sabrina zuckte leicht zusammen und David grinste. Sein Grinsen wirkte schon fast hämisch. Mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass David Dreck am Stecken hatte. War Sabrina nun etwa Teil seines Plans?

 

„David könntest du Sabrina und mich bitte kurz alleine lassen?“, fragte ich so zuckersüß wie möglich und versuchte vergeblich meine Stimme freundlich klingen zu lassen.

 

„Ja natürlich. Bis später, Liebste.“ Mein Herz blieb beinahe stehen und mir klappte wortwörtlich der Mund auf, als David sich zu meiner besten Freundin hinunterbeugte und ihr einen leidenschaftlichen Kuss gab. Als er sich von ihr löste, zwinkerte er mir zu und verließ den Raum zusammen mit Alex. Oh ja, heute Abend würde es Hund zum Essen geben. Sie warf ihrem „Freund“ einen sehnsüchtigen Blick hinterher und ich wartete noch ein paar Sekunden ab, bis ich nun komplett abschaltete.

 

„Hast du eigentlich den Verstand verloren?“, schrie ich und sah meine Freundin vorwurfsvoll an. In mir brodelte alles und ich war kurz davor aus diesem Zimmer zu rennen und ihm die Augen auszukratzen.

 

„Bitte gib ihm keine Schuld Diana. Ich wollte, dass er mich verwandelt.“ Hatte ich mich gerade etwa verhört?

 

„Was?“ Das konnte doch einfach nicht ihr Ernst sein. Wie konnte sie sowas wollen? Sie würde ihre Familie nie wieder sehen können? Und wofür? Für einen dreckigen Köter.

 

„Warum?“, hauchte ich ziemlich geschockt.

 

„Weil ich ihn liebe. Wir sind wie für einander geschaffen.“ Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals. David konnte nur irgendetwas vorhaben. Aus Liebe hatte er sie garantiert nicht verwandelt. Es musste einen anderen Grund geben. Ich wollte Sabrina gerade vor David warnen.

 

Nein!

 

Sabrina schaute sich irritiert im Raum um.

 

„Hast du das gehört?“, fragte mich meine beste Freundin sichtlich verwundert.

 

„Nein. Hab nichts gehört.“, log ich. Ich hörte auf die Stimme, die vermutlich meiner Mutter gehörte und sagte Sabrina nichts von meinen Vermutungen. Zum Glück schüttelte sie bloß den Kopf und ließ es dabei. Ich war echt froh, dass sie nicht weiter darauf beharrte. Ich meine, wie hätte ich ihr das denn erklären sollen?

 

„Du machst einen großen Fehler.“, murmelte ich und sie schüttelte energisch den Kopf. Was hatte David nur mit ihr angestellt?

 

„Du bist doch nur neidisch!“, rief sie auf einmal und sprang energisch auf. Was war denn jetzt in sie gefahren?

 

„Was? Nein! Ich möchte dich bloß vor einem riesen großen Fehler bewahren.“, versuchte ich sie zu beruhigen.

 

„Nein. Du gönnst es mir nicht, dass ich mit David zusammen bin.“, rief sie und funkelte mich wütend an.

 

„So ein Quatsch. Bei jedem anderen würde ich mich für dich freuen. Aber das mit David ist etwas Anderes. Er ist einfach nicht gut für dich.“ Nun wurde ich auch langsam wütend. Der Werwolf schien sie komplett vernebelt zu haben. Ein weiterer Grund dafür, dass sich mein Hass auf ihn immer mehr verstärkte.

 

„Falsch. Du bist einfach nur eifersüchtig, weil ich mit ihm zusammen bin. Insgeheim würdest du doch am liebsten ihn dir krallen!“ Geschockt starrte ich sie an. War das etwa ihr Ernst? Ich wusste einfach nicht, was ich darauf erwidern sollte.

 

„Jetzt guckst du dumm, was? Aber ich schwöre dir, wenn du versuchst dich an meinen Freund ranzumachen, dann mach ich dir das Leben zur Hölle.“ Ich war wie erstarrt. Was war nur mit meiner besten Freundin passiert? Oder sollte ich eher sagen meiner ehemaligen besten Freundin?

 

 

 

Kapitel 32

Besuch im Himmel

 

 

Meine Hände lagen auf dem alten Gemäuer. Rings um mich rum waren viele Blumen. Orchideen, Rosen, Lavendel. Hier hatte sich einer sehr viel Mühe gegeben, den großen Balkon gemütlich zu gestalten. Das war definitiv gelungen. Der Boden bestand aus sehr antiken Fließen. Alles war in einem freundlichen Braun gehalten. Ich hob meinen Blick und schaute mich um. Die Aussicht war einfach gigantisch. Ich sah einen kleinen See. Um den See herum waren viele Bäume und ein großes Schloss grenzte an den wunderschönen Garten. Ich brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass das der Garten des Schlosses war. Meines Schlosses. Und das von Alex … und David. Die Tür zum Garten wurde geöffnet und David lief in den Garten. Von Sabrina war keine Spur zu sehen. Komisch, dass sie nicht an ihrem neuen Schatz hing wie eine Klette. Warum war sie denn nicht bei ihrer großen Liebe? David setzte sich auf eine kleine Bank. Dann schaute er sich im Garten um. Fast so, als wollte er sichergehen, dass er auch alleine war. Anschließend holte er aus seiner Hosentasche sein Handy, wählte irgendeine Nummer und hielt sich das Handy ans Ohr. Nach kurzer Zeit machte er ein finsteres Gesicht.

 

Frag nicht so dumm du Trottel. Ich bins David. Dein Meister.“ Davids Tonfall war nicht sehr freundlich und er wirkte ziemlich genervt. Hatte er sich gerade etwa Meister genannt?

 

Ich wollte mitteilen, dass die Freundin der Schlampe angebissen hat. Sie frisst mir förmlich aus der Hand.“ Auf Davids Gesicht zeichnete sich ein finsteres Lächeln.

 

Natürlich vertraut sie mir nicht. Ich befürchte sogar, dass sie Alex auf ihre Seite zieht.“ Mit einem Schlag kam mir die Erkenntnis. Er sprach von mir. Oh Gott, dann hatte er ja wirklich was im Schilde.

 

Wir werden demnächst die nächste Phase einleiten. Sag der restlichen Gefolgschaft, dass wir sie bald in unserer Gewalt haben.“ Und damit legte David auf.

 

Schatz hier bist du ja.“ Sabrina lächelte David an und umarmte ihn. Als sie es nicht sehen konnte, verdrehte er die Augen.

 

Nimm dich vor ihm in Acht.“ Erschrocken drehte ich mich um. Einige Meter von mir entfernt stand ein mir fremder Mann. Er war sehr groß. Irgendwie aber kam mir dieser Mann bekannt vor. Ich hatte ihn irgendwo schon mal gesehen. Nur woher? Er wirkte allerdings freundlich, was mich etwas beruhigte.

 

Der Himmel ist wunderschön, nicht wahr?“ Er zwinkerte mir zu und überquerte die Meter, die zwischen uns lagen. Nun stand er neben mir und schaute mich an.

 

Himmel?“, fragte ich ihn ahnungslos.

 

Ja. Ach du hast es noch nicht gemerkt? Du bist hier im Himmel. Ich habe dich hierhergeholt, damit du siehst, dass David nicht auf der guten Seite ist. Außerdem wollte ich meine Enkeltochter endlich mal kennenlernen.“ Nun fiel auch bei mir der Groschen.

 

Du bist der Typ vom Bild. Du bist Gabriel.“ Der Engel lächelte mich an und nickte. Ich betrachtete ihn nun genauer. Blonde lange Haare, blaue Augen. Nur irgendetwas fehlte.

 

Wo sind deine Flügel?“ Irritiert wartete ich auf seine Antwort.

 

Ich habe sie verschwinden lassen. Ich wollte nicht, dass du dich erschreckst, wenn du sie siehst.“ Das erklärte natürlich alles. Um ehrlich zu sein hätte es mir aber gar nichts ausgemacht, wenn ich seine Flügel gesehen hätte.

 

Schlafe ich?“, fragte ich nun.

 

Ja. Ich habe über deine Träume mit dir Kontakt aufgenommen. Allerdings wird diese Verbindung bald abbrechen. Sie zerrt sehr an meinen Kräften.“ Der Engel hatte Recht. Von Sekunde zu Sekunde sah er schwächer aus.

 

Oh okay. Dann schick mich ruhig wieder zurück. Ich muss dann eh erstmal mit Alex reden.“ Erzengel Gabriel nickte und schloss die Augen. Scheinbar versuchte er nun die Verbindung aufzulösen. Plötzlich fiel mir aber auf, dass ich eins noch dringend erledigen musste.

 

Oh Mist. Fast hätte ich es vergessen. Gabriel, kannst du meiner Mutter sagen, dass ich sie liebe und sehr vermisse?“ Er hatte die Augen immer noch geschlossen, nickte mir aber zur Antwort.

 

Danke.“, hauchte ich und wartete darauf, dass er mich zurückschickte.

 

Ich werde nun öfters so mit dir Kontakt aufnehmen. Und auch ja ich bin froh, dass du Melodia nun regierst.“ Damit brach die Verbindung ab.

 

 

Die große Wanduhr zeigte bereits nach zehn Uhr. Trotzdem fühlte ich mich hundemüde. Ich zwang mich aus dem großen Bett aufzustehen. Immerhin wollte ich ja noch mit Alex reden. Ich schleppte mich rüber ins Bad und ließ erstmal Wasser in die Wanne einlaufen. Ich hatte mir gestern ein anderes Zimmer genommen. Nach dem Vorfall im Wald war es wohl besser, wenn Alex und ich erstmal nicht im selben Zimmer schliefen. Als die Wanne fast voll war, drehte ich den Wasserhahn zu, zog mich langsam aus und legte mich in das lauwarme Wasser. Eigentlich hatte ich vorgehabt schön lange zu baden. Aber ich wusste ganz genau, dass ich schnell zu Alex sollte um mit ihm zu reden. Also nahm ich mir das nächstbeste Shampoo und wusch mir damit die Haare. Nachdem ich mir auch den Körper gewaschen hatte, stieg ich aus der Wanne und ließ das Wasser ablaufen. Ich nahm mir ein Handtuch und rubbelte mich damit trocken. Das nächste Problem stellte sich mir, als ich vor dem Kleiderschrank stand. Was sollte ich bloß anziehen? Ich entschied mich nach langem Überlegen schließlich für eine schwarze Jeans und eine rosafarbene Bluse. Dazu zog ich mir schwarze Stiefeletten mit 8 cm Absatz an. Angezogen ging ich wieder zurück ins Bad. Anschließend kämmte ich mir meine langen Haare durch und föhnte sie an. Ich schminkte mich dezent und zog ein Armband und Ohrringe an. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis mich herzurichten. Das lag aber vermutlich daran, dass die letzten paar Tage nicht so gut waren und ich da sogar im Wald geschlafen hatte. Als ich fertig war stellte ich mich nochmal vor den Spiegel und betrachtete mich. Ich hatte mich verändert. Melodia ließ mich reifer und erwachsener wirken.

 

Ein lauter Knall ließ mich zusammenzucken. Das Geräusch kam definitiv aus meinem Zimmer. Es hörte sich fast so an, als hätte man das Fenster aufgebrochen. Mein Herz begann wie wild zu pochen. Ganz leise hörte ich sie. Schritte in meinem Zimmer. Oh Gott war das etwa die nächste Phase von Davids Plan?

 

 

 

Kapitel 33

Gelüftetes Geheimnis

 

 

Mein Herz hämmerte mir lautstark gegen die Brust. Panik überkam mich. Wer war in meinem Zimmer? Zuerst wollte ich schreien. Aber dann ließ ich es bleiben. Eventuell würde die Person gar nicht ins Bad kommen. Vielleicht hatte sie es gar nicht auf mich abgesehen, sondern auf etwas ganz anderes. Vielleicht war es ein Einbrecher. Ein Dieb. Allerdings hatte ich die ganze Zeit Davids Gesicht im Hinterkopf. Der Verdacht, dass es etwas mit David und seinem Plan zu tun hatte ließ mich nicht los. Wie denn auch? David spukte nur noch in meinen Gedanken umher. Ich schaute mich zitternd im Badezimmer um. Neben dem Waschbecken lag meine Bürste, welche ich an mich nahm. Hiermit könnte ich mich vielleicht immerhin noch ein wenig verteidigen. Mit der Bürste in der einen Hand öffnete ich langsam die Tür. Zuerst wirkte alles friedlich und harmonisch. Es schien fast so, als wäre hier niemand. Ich wollt fast schon erleichtert ausatmen, als ich einen rotblonden Haarbusch entdeckte. Na warte dir zeig ichs. Ich spannte meine Hände an und holte mit der Bürste aus.

 

„Himmel Diana. Willst du mich erschlagen?“ Mein Zimmermädchen Sophie drehte sich erschrocken zu mir um und schaute missbilligend auf die Bürste in meiner Hand. Eine Woge der Erleichterung überkam mich und ich legte mit schüttelndem Kopf die Bürste zur Seite.

 

„Es tut mir leid. Ich halluziniere wohl. Ich dachte nur…“ Mitten im Satz brach ich ab. Ich durfte Sophie nicht zu viel erzählen. Ich wusste nicht in welcher Beziehung sie zu David stand. Ich konnte es nicht riskieren, dass sie ihm Bescheid sagte.

 

„Was dachtest du?“, hakte sie nach und setzte sich auf einen Stuhl in meinem Zimmer. Ich fühlte mich unbehaglich, denn ich wusste nicht, wie viel ich ihr anvertrauen konnte und durfte. Ich blickte kurz auf und schaute in ihre warmen und freundlichen blauen Augen. Dann fasste ich einen Entschluss.

 

„Ich dachte es ist David.“ Sophies Augen weiteten sich. Nun war die Katze aus dem Sack. Alex würde mir den Kopf abreißen, wenn er hiervon erfahren würde. Aber das war mir egal. Mit ihm würde ich schon klar kommen.

 

„D-David? Oh nein. Aber warum denn?“ Ich setzte mich auf das Bett und wusste, dass ich es ihr nun erzählen musste. Zumindest grob. Auf die Einzelheit könnte ich ja verzichten.

 

„Er führt irgendetwas im Schilde. Da sind Alex und ich uns ganz sicher. Wir wissen nicht was, aber es scheint so, als wäre er gar nicht so nett wie er sich gibt.“ Sophie nickte und schien mit ihren Gedanken ganz weit weg zu sein. Trotzdem hörte sie mir noch zu.


„Wieso seid ihr euch da so sicher?“, fragte sie neugierig.

 

„Nun ja. Es gibt da eine Legende über mich. Darin steht, dass nicht alles offensichtliche gute auch wirklich gut ist. Das ist aber noch nicht alles. Alex und ich haben eine Hexe aufgesucht. Warum ist nicht so wichtig. Auf einmal hat sie gesagt, dass David mein Verderben sein wird.“

 

„Aber es muss ja nichts ein, dass in dieser Legende von David die Rede ist und eine Hexe kann sich auch mal irren. Ich meine, niemand kann alles wissen.“, versuchte sie mich zu überzeugen. Das war mir klar gewesen. Ich hoffte inständig, dass es kein Fehler war ihr hiervon zu erzählen.

 

„Nein glaub mir. Ich hatte letzte Nacht einen Traum. Gabriel hat mit mir Kontakt aufgenommen und mich sehen lassen, wie David telefoniert hat. Er nannte sich selbst Meister und meinte, dass er mich bald in seiner Gewalt hat. Außerdem benutzt er Sabrina. Und er sprach von seiner Gefolgschaft. Verdammt, ich habe so angst.“ Ich konnte es nun einfach nicht mehr verbergen und musste den Tränen nun einfach freien Lauf lassen.

 

„Alles wird gut.“, murmelte Sophie und kurz darauf spürte ich ihre beschützenden Arme um mich, die mich trösteten. Es tat einfach unglaublich gut. Nach einer Weile verstummten meine Tränen und ich raffte mich zusammen. Sophie, die neben mir saß, schaute mich nachdenklich an.

 

„Ich glaube dir. Aber was könnte David nur planen? Es muss irgendetwas großes sein.“, überlegte sie und ich zuckte mit den Schulter.

 

„Ich weiß es nicht. Aber es betrifft auf jeden Fall mich. Er hat sich am Telefon wie das größte Arschloch verhalten. Er tut immer nur freundlich. In Wahrheit ist er ganz anders.“

 

„Wenn er doch nur irgendetwas gesagt hätte, was auf seinen Plan hinweisen würde.“ Plötzlich sprang Sophie energisch vom Bett auf. Sie hatte ihre Augen geweitet und starrte mich an.

 

„Ich weiß was sein Plan ist.“, rief sie laut, woraufhin ich den Kopf schief legte. Jetzt war ich aber gespannt, was sie zu sagen hatte.

 

„Sag schon.“, forderte ich sie auf.

 

„Okay. Es war, als ich vor fünf Jahren angefangen habe hier zu arbeiten. Ich war gerade dabei das Badezimmer von David zu säubern, als er in sein Schlafzimmer kam und dort telefonierte. Weißt du eigentlich was für ein Ferkel David ist? Auf seinen Bettlaken lag immer dick die Schleimspur. Richtig widerlich der Kerl.“

 

„Sophie. Lenk nicht ab. Ich wollte nicht wissen, was David alles in seinem Bett treibt.“ Angeekelt verzog ich das Gesicht und sie fuhr fort. Zum Glück, denn ich wollte wirklich nicht weiter über Davids Bettgeschichten nachdenken.

 

„Tschuldigung. Nun ja also die Badezimmertür war nicht zu, sondern nur angelehnt. Dadurch konnte ich genau verstehen, was er sagte. Zuerst verstand ich nicht genau worum es ging, aber nach und nach kapierte ich, was er meinte. Er redete mit jemandem, den er die ganze zeit „mein Diener“ nannte. Echt schräg dieser Typ. Wirklich. Wie kann man nur so von sich selbst überzeugt sein. David sagte, dass er die Tochter der Königin benötigte um seine volle Macht zu erlangen. Erst jetzt begreife ich, dass er dich damit meint und nicht deine verschollene Mutter.“ Ich schaute Sophie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Wofür könnte David mich gebrauchen?

 

„Warum braucht er mich?“ Kaum hatte ich die Frage geäußert, wurde sie bleich im Gesicht.

 

„Ich erinnere mich. David ist ein Hybrid. Also zu einer Hälfte Werwolf und zur anderen Vampir. Hier in Melodia ist nur seine Werwolfhälfte vertreten. Auf der Menschenwelt ist er ein ganzer Vampir. Er möchte allerdings beides gleichzeitig sein und dafür braucht er dich. Er muss dir das gesamte Blut mithilfe seiner Vampirseite aussaugen um unbesiegbar zu werden. Dann kann ihn niemand mehr aufhalten und Melodia ist verloren.“

 

 

 

Kapitel 34

Suchen und finden

 

 

Geschockt starrte ich Sophie an. Ich ahnte zwar, dass David etwas Böses mit mir vorhatte, aber das hätte ich echt nicht erwartet. Warum konnte sich David nicht einfach mal mit dem zufrieden geben, was er hatte. Ich dachte schon Alex wäre machtgierig, aber David war tausendmal schlimmer. Er ist doch schon König, warum kriegt er den Hals nicht voll?, fragte ich mich wütend. Plötzlich sprang ich vom Bett auf.

 

„Wir müssen Alex suchen.“, sagte ich energisch und Sophie bekam große Augen.

 

„Äh okay. Viel Spaß.“, murmelte sie und wollte sich umdrehen.

 

„Du kommst mit.“ Sophie verdrehte genervt ihre Augen, doch das war mir egal. Sie sollte Alex selbst nochmal alles erzählen. Ich nahm sie am Arm und zog sie mit aus dem Zimmer. Alex war leider nirgends zu sehen. Wo konnte er bloß stecken?

 

„Wo ist er nur?“, murmelte ich leise vor mich hin und auch Sophie zuckte mit den Schultern.

 

„Lass uns zuerst im Garten schauen.“, schlug sie vor und ich stimmte zu. Mein Zimmermädchen und ich liefen durch die Gänge des riesigen Schlosses. Ich war die ganze Zeit darauf bedacht so leise wie möglich zu sein. Schließlich wollte ich nicht David in die Arme laufen. Sophie schien es allerdings genauso zu gehen, da sie scheinbar ebenfalls versuchte keinen Mucks von sich zu geben. Wir erreichten die Tür, welche zum Garten führte. Sophie öffnete sie und wir gingen hinaus. Angewidert verzog ich das Gesicht. Es hatte angefangen zu regnen. Ich überquerte den nassen Rasen und hielt nach Alex Ausschau.

 

„Alex bist du hier?“, rief ich nach ihm, erhielt allerdings keine Antwort. Mittlerweile war ich komplett durchnässt.

 

„Hier ist niemand. Lass und drinnen nach ihm suchen.“, teilte ich Sophie mit. Super, sie war drinnen stehen geblieben, während ich hier draußen überflutet wurde. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte und endlich wieder im trockenen war, schaute ich meine nasse Kleidung an. Ich konzentrierte mich auf das Wasser an meiner Kleidung und stellte mir vor, wie das gesamte Wasser an mir abfiel und auf den Boden glitt. Erstaunt stellte ich fest, dass das Wasser mir mit Leichtigkeit gehorchte. Lächelnd betrachtete ich meine nun trockene Kleidung und danach Sophies erstauntes Gesicht. Ein lauter Schrei ertönte von weitem. Sophie und ich zuckten erschrocken zusammen. Der Schrei galt offensichtlich einer Frau. Er kam von weiter unten. Eventuell aus den Kerkern.

 

„Bingo.“, rief ich und Sophie schaute mich schief und irritiert an.

 

„Dieser Schrei kamen aus dem Kerker. Wer hält sich denn gerne unten im Kerker auf, weil er ein schrecklicher Sadist ist?“ Nun schien es Sophie einzuleuchten, wen ich meinte.

 

„Du denkst wir finden Alex im Kerker?“ Ich nickte ihr zur Antwort zu und wir machten uns auf den Weg dort hin. Als wir die Treppen hinunterstiegen, veränderte sich die Raumtemperatur ein wenig. Da meine Haare noch nicht ganz trocken waren, sondern nur meine Kleidung, begann ich ein wenig zu frieren. Wir kamen vor einer großen dunkelbraunen Tür an, die zu den Kerkern führte. Ich drückte die Türklinke hinunter, jedoch schien die Tür verschlossen zu sein.


„Warte lass mich mal ran.“ Sophie kramte in ihrer Tasche nach einem Schlüssel und schloss dann die Tür damit auf. Knarrend fiel diese auf.

 

„Bitte hab Erbarmen mit mir.“, flehte eine junge brünette Frau, welche von Alex gegen die Wand gedrückt wurde. Tränen rannen ihr über das Gesicht.

 

„Warum sollte ich? Ich bin dein König. Du hast dich vor mir zu verbeugen. Aber das hast du nicht getan. Also werde ich dich dafür jetzt bestrafen.“ Ich konnte nicht anders, als meine Augen zu verdrehen. Das war der Alex, den ich kennengelernt hatte.

 

„Oh bitte. Ich-ich werde alles tun. Nur lass mich am leben und tu mir nichts an.“, flehte die Frau weiter. Alex jedoch grinste nur sadistisch.

 

„Alles?“, hakte Alex nach.

 

„Ja alles. Nur bitte tu mir nicht weh.“ Ich hatte Mitleid mit der Frau. Ich überlegte sie aus dieser Situation zu retten.

 

„Gut. Zieh dich aus. Ich habe Lust auf ein wenig Spaß.“ Ein seltsames Gefühl machte sich in mir breit, als Alex das sagte. Nur konnte ich dieses Gefühl nicht deuten. Auf jeden Fall war es unangenehm. Ich merkte wie für eine Sekunde das Herz des Mädchens aussetzte und sie Alex geschockt ansah. Nun reichte es mir aber endgültig. Er konnte sich doch nicht so einfach an unserem Volk vergehen.

 

„Alex. Wenn du das dringende Bedürfnis hast deine Lust zu stillen, dann gehe in ein Bordell. Aber lass die Frau in Ruhe.“ Meine Stimme war ruhig, aber es schwang auch ein wenig Wut mit.

 

„Oh Diana und … Sophie. Ich habe euch gar nicht gesehen geschweige denn gehört. Möchtet ihr mitmachen?“ Dieser unverschämte Dreckskerl. Ein schiefes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, woraufhin ein Knurren meine Kehle verließ. Ich ging zu ihm und stieß ihn zur Seite.

 

„Ich möchte mich für das Verhalten von Alex entschuldigen. Du bist frei. Geh nach Hause.“, sagte ich freundlich zur Gefangenen, welche mich ungläubig ansah. Ich lächelte ihr zu, was sie zögerlich erwiderte.

 

„Danke meine Königin.“, murmelte sie, verbeugte sich kurz vor mir und verschwand dann durch die Tür ohne Alex auch nur eines Blickes zu würdigen. Ein Blick zu Alex verriet mir, dass ihm das hier gerade gar nicht passte.

 

„Siehst du Alex. So bringt man die Leute dazu vor einem Respekt zu haben. Du kannst noch einiges von mir lernen.“ Dann zwinkerte ich ihm zu und lief zur Tür.


„Komm mit. Wir haben wichtiges zu besprechen. Es geht um David.“, fügte ich hinzu und lief mir Sophie voraus zum Zimmer von Alex und mir. Ein Blick über meine Schulter verriet mir, dass er uns auch tatsächlich folgte. Wir betraten das Zimmer und ich wartete darauf, dass Alex auch eintrat. Dann schloss ich hinter ihm die Tür und setzte mich auf das Bett.

 

„Also was gibt es so wichtiges?“, fragte Alex und schaute zeitgleich Sophie düster an, als sich diese auf das Sofa setzte. Natürlich zuckte sie unter seinem Blick zusammen.

 

„Alex hör auf damit. Schau sie nicht so an, als wäre sie Ungeziefer. Sie ist meine Freundin, also behandle sie auch so.“, verteidigte ich Sophie und der Vampir schüttelte genervt den Kopf.

 

„Ist ja in Ordnung. Was ist jetzt mit David?“

 

„Wir wissen, was sein Plan ist und der ist gar nicht gut.“

 

 

 

Kapitel 35

Fragen über Fragen

 

 

„Was?“ Alex schaute Sophie geschockt an, als diese geendet hatte. Ihm fielen förmlich die Augen raus. Auch ich musste nochmal schlucken, als ich Davids Plan nochmal hörte. Ich konnte es, scheinbar genauso wie Alex, immer noch nicht fassen, dass David wirklich so etwas Grausames vorhatte. In Davids Erziehung musste doch einfach echt irgendetwas schief gelaufen sein.

 

„Seid ihr euch da auch wirklich sicher?“ Alex hob fragend eine Augenbraue hoch und ich nickte.

 

„Ja sind wir. Sophie hat es ja mitbekommen.“, entgegnete ich und Alex kniff die Augen zusammen. Oh nein, er hatte schon wieder diesen wiedersprechenden Blick drauf.

 

„Das ist ja genau das, was ich meine. Woher willst du wissen, dass wir ihr auch wirklich vertrauen können?“ Wut schwang in seiner Stimme mit. Was zur Hölle hatte er nur gegen Sophie?

 

„Weißt du Alex, das ist genau das an dir, was mich tierisch aufregt. Kannst du nicht einfach mal Sophie in Ruhe lassen?“ Ich wurde immer wütender. Das hasste ich wirklich an ihm.

 

„Was es gibt etwas an mir, das du nicht leiden kannst?“, Alex zog einen Schmollmund. Am liebsten hätte ich ihm dafür eine reingehauen. Er musste doch auch echt alles ins lächerliche ziehen. Sophie schaute traurig zu Boden. In ihrer Haut wollte ich nun nicht stecken.

 

„Lenk nicht ab.“, fauchte ich genervt und der dunkelhaarige Vampir hob abwehrend die Hände. Trotzdem schlich sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht. Dieser Arsch. Er liebte es doch scheinbar echt mich auf die Palme zu bringen.

 

„Aber versuche es doch mal wie ich zu sehen. Wer garantiert dir, dass sie nicht lügt?“ Er schaute abschätzig von ihr und dann fragend zu mir.

 

„Sie ist meine Freundin und ich vertraue ihr. Aber so etwas wie Vertrauen kennst du ja nicht.“ Sofort bereute ich die Worte, die nur zu energisch aus meinem Mund strömten. Für einen kurzen Moment lang sah ich, wie ich Alex gekränkt hatte. Doch dann legte er wieder seine undurchschaubare Maske auf. Am liebsten hätte ich es sofort wieder rückgängig gemacht, aber das ging ja leider nicht.

 

„Ich habe David vertraut … und ich war sogar so weit, dass ich dir vertraue.“ Alex drehte sich nun komplett zu Sophie um und ignorierte mich komplett.

 

„Alex. Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht kränken.“Alex machte eine abwerfende Handbewegung.

 

„Ist schon in Ordnung. Das hast du nicht.“ Obwohl er das sagte, merkte ich deutlich, dass er es nicht so meinte. Ich fühlte mich sehr schlecht deswegen. Alex war auf irgendeine verdrehte Art und Weise wie ein Freund für mich geworden. Und das obwohl er mich ja eigentlich nicht mal mögen darf, wegen diesem blöden Fluch, der auf ihm lastete.

 

„Also Sophie wenn du wirklich nicht lügst, dann frage ich mich, warum David bisher noch nichts unternommen hat.“ Sophie zuckte mit den Schultern.

 

„Ich weiß es nicht. Vielleicht wartet er auf den richtigen Moment oder ist mit der Planung noch nicht so weit. Ich habe keine Ahnung.“

 

„Das ist wirklich komisch. Das versteh ich nicht. Da muss noch irgendetwas anderes dahinter sein.“, überlegte Alex. Nun sagte keiner mehr irgendetwas. Mal wieder standen wir vor einer verschlossenen Tür. Irgendetwas sagte mir, dass Alex Recht hatte und, dass da wirklich noch etwas dahinter war.

 

„Ich muss dann mal los. Muss bei David das Zimmer putzen.“, verabschiedete sich Sophie. Bei Davids Namen musste ich unweigerlich zusammenzucken. Ich murmelte eine leise Verabschiedung, die Sophie mit einem Lächeln zur Kenntnis nahm. Alex allerdings ignorierte sie. Aber das wunderte mich natürlich nicht. Als Sophie gegangen war, war ich mit Alex alleine. Er nahm sich ein Buch, setzte sich auf das Sofa und begann zu lesen. Dies schien er wahrscheinlich zu tun, weil er immer noch ein bisschen eingeschnappt war. Die Stille zwischen Alex und mir war unangenehm. Immer wieder schaute ich leicht zu ihm hinüber. Ich sah zwar nicht, dass er mir in irgendeiner Art und Weise Beachtung schenkte, allerdings merkte ich an seiner verkrampften Körperhaltung, dass er wohl doch nicht las. Außerdem sah ich nun, dass seine Augen immer hin und her wanderten. Und zwar nicht von Zeile zu Zeile, sondern von seinem Buch zu mir. Ha! Er schenkte mir also doch Beachtung.

 

„Du kannst das Buch weglegen. Ich weiß, dass du nicht liest.“ Alex zuckte kaum merklich kurz zusammen. Tja mein Freundchen. Damit hast du wohl nicht gerechnet, dachte ich sarkastisch. Nach kurzem Zögern legte er sein buch tatsächlich weg und schaute mich an.

 

„Hör mal. Es tut mir wirklich leid.“, setzte ich an und Alex machte wieder diese Handbewegung, dass alles gut sei.

 

„Ich habe doch schon gesagt, dass es okay ist.“ Genervt schüttelte ich den Kopf.

 

„Nein Alex. Es ist eben nicht alles okay. Ich habe dich damit verletzt und das wollte ich nicht.“ Nun legte sich ein großes Grinsen auf Alex Gesicht. Was war denn nun wieder mit ihm los?

 

„Ich bin ein großer Junge Diana. Kleine Mädchen verletzen mich nicht.“ Empört sprang ich auf, meinen Mund zu einem großen O geformt.

 

„Das kleine Mädchen hat es ganz schön in sich.“, rief ich und zog an seinem Bein, sodass er von der Couch auf den Boden flog. Nun war Alex es, der empört schaute.

 

„Deshalb sollte man kleinen Mädchen auch den Hintern versohlen.“, sagte er dreckig und hatte mich auch schon zu sich auf den Boden gezogen. Lachend kam ich auf seiner Brust auf und schaute ihm in seine schwarzen Augen.

 

„Bist du mir noch böse?“, fragte ich leise und biss mir auf die Lippe.

 

„Nein.“, sagte er. Ich wusste nicht so recht, ob ich ihm das auch glauben konnte. Immerhin war er ein guter Lügner.

 

„Wirklich? Weil ich könnte es echt verstehen wenn du…“

 

„Ja ich bin mir sicher. Ich kann dir einfach nicht lange böse sein. Ich verzeihe dir.“, sagte er theatralisch und erntete deswegen von mir einen leichten Stoß in die Rippen.

 

„Aua.“, rief er gespielt und ich schlug noch fester zu.

 

„Das müssen wir aber noch üben.“, sagte er und ich legte den Kopf schief.

 

„Gute Idee. Du könntest dem kleinen Mädchen mal beibringen sich zu verteidigen.“ Alex schaute mich mit großen Augen an.

 

„Bist du dir sicher?“, hakte er nach und ich nickte. Ich sah, wie sich nach und nach ein Lächeln auf Alex Gesicht legte. Seine sonst so rabenschwarzen Augen wirkten nun überhaupt nicht mehr trostlos und leer, sondern fingen an wie flüssiger Onyx zu leuchten. Oh ja, kämpfen war echt seine Leidenschaft.

 

 

 

Ich hörte laute Geräusche aus Alex Zimmer. Naja eigentlich war es auch das Zimmer von meiner königlichen Hoheit. Meiner Königin. Ein leises Lachen durchfuhr mich. Meine beste Freundin hatte es echt geschafft. Sie war die Königin einer ganzen Welt, hatte besondere Fähigkeiten und war scheinbar auch ziemlich beliebt. Und was war mit mir? Mich hatte sie scheinbar ersetzt. Ersetzt durch diese Schlampe Sophie und diesen Alex. Zum Glück hatte ich noch David. Er erkannte immerhin, was für ein Potenzial in mir schlummerte. Von drinnen ertönte Gelächter. Ich ging in die Hocke und schaute durch das verschmierte Schlüsselloch. Da lagen sie. Lachend auf dem Boden. Sie mit ihrem Kopf auf seiner Brust. Ein breites Grinsen legte sich auf mein Gesicht. Oh das würde David sehr gut gefallen, was ich zu berichten hatte. Unser Plan konnte schon sehr bald stattfinden und dann würden wir unserem kleinen Engelchen hier die Federn rupfen.

 

 

 

Kapitel 36

Training

 

 

„Na komm schon. Worauf wartest du?“ Alex sah mich verdattert an, als ich plötzlich aufgesprungen war. Wartend starrte ich ihn an, während er nur den Kopf schief legte.

 

„Trainieren?“, half ich ihm ein wenig auf die Sprünge, jedoch schaute er mich immer noch so komisch an. Ich stand bereits an der Tür und wartete nur auf ihn.

 

„Sag mal, was guckst du mich denn so komisch an?“ Alex fing leicht an zu grinsen. Boah, was war denn jetzt wieder so witzig?

 

„Bist du dir sicher, dass du trainieren willst?“, fragte er und ich nickte energisch.

 

„Natürlich. Das hab ich dir doch schon gesagt.“ Nun fing Alex schallend an zu lachen.

 

„Nun, bist du dir auch sicher, dass du SO trainieren willst?“ Seine Augen blieben an meinem Outfit hängen. Was war denn jetzt wieder sein Problem? Nun wanderte mein Blick ebenfalls nach unten und ich verstand endlich, was er meinte. Ich trug immer noch die schwarze Jeans und die rosafarbene Bluse. Aber das Schlimmste waren immer noch meine Schuhe. Ich hatte ganz vergessen, dass ich Absätze anhatte.

 

„Arsch.“, murmelte ich und lief rot an. Ich ging schnell zu meinem Kleiderschrank und holte mir eine schwarze Jogginghose raus und dazu ein dunkelrotes Top. Anschließend nahm ich mir noch schwarze Sneakers und verschwand damit im Bad. Nachdem ich mich umgezogen hatte, band ich meine Haare noch zu einem Pferdeschwanz zusammen. Als ich aus dem Bad trat, bemerkte ich, dass sich Alex ebenfalls umgezogen hatte. Er trug jetzt ebenfalls eine schwarze Jogginghose, schwarze Turnschuhe und dazu ein schwarzes Tanktop. Einen Moment lang blieb mein Blick an seinen unübersehbaren Muskeln hängen. Das blieb Alex natürlich nicht unbemerkt.

 

„Hier bin ich.“, räusperte er sich und die Röte von vorhin holte mich wieder ein.

 

„Ich weiß wo du bist. Ich habe nur dein Top bestaunt. Wirklich sehr schick.“

 

„Natürlich.“, sagte Alex und lachte leise.

 

„Ich mag es wenn du lachst.“ Verlegen schaute ich Alex an, dessen Blick nun auf mir lag. Ich konnte seinen Blick nicht deuten, aber irgendwie schien so, als läge zuerst kurze Freude darin, die sich anschließend zu Trauer entwickelt.

 

„Lass uns trainieren gehen.“, murmelte Alex und ging aus seinem Zimmer. Ich wusste nicht genau, was ich jetzt zu seinem Ablenkungsversuch sagen sollte. Ich wusste nur, dass es mir nicht passte. Leise folgte ich ihm durch das Schloss. Wir stiegen eine Treppe hinunter. Allerdings war es nicht die Treppe zu den Kerker, sondern eine andere und neuere, die ich noch nie betreten hatte. Unten gab es zwei Türen. Alex nahm seinen Schlüssel und schloss die linke Tür auf, durch die ich ihm folgte. Eine riesige Halle erstreckte sich vor meinen Augen. Der Boden war in beige gehalten und die Wände waren weiß. Es sah aus wie eine Sporthalle, die ich aus der Schule kannte, nur war diese hier viel luxuriöser und deutlich größer. Es gab Basketballkörbe und Fußballtore. Zudem waren auf der einen Seite der Halle mehrere Boxsäcke nebeneinander aufgereiht. Natürlich aber mit mehr Abstand. Auf der anderen Seite der Halle waren Scheiben fürs Bogenschießen und Messerwerfen angebracht. Ich wollte gerade darauf zusteuern, als Alex mich festhielt.

 

„Erst musst du dich aufwärmen, dann kannst du trainieren. Ich zog ein dummes Gesicht.

 

„Du klingst ja schon fast wie meine Mutter.“ Schmerzlich wurde mir bewusst, dass meine Mutter ja nicht mehr lebte. Falsch. Sie war im Himmel bei Gabriel. Es ging ihr gut. Ich musste Lächeln.

 

„Meine Mutter lebt. Also irgendwie. Sie ist im Himmel.“ Alex schaute mich verwirrt an.

 

„Gabriel hat mit mir über meine Träume Kontakt aufgenommen. Ich wollte es dir eigentlich erzählen, aber irgendwie habe ich es verpeilt. Sorry.“ Entschuldigend sah ich Alex an.

 

„Schon in Ordnung. Und Jetzt: Geh dich aufwärmen. Zwanzig Runden rennen.“ Sämtliche Gesichtszüge entgleisten mir. Hatte ich mich gerade etwa verhört? Das hatte er doch nicht wirklich gesagt oder? Auffordern sah mich Alex an. Plötzlich erschien eine große Flamme in seiner rechten Hand. Das würde er doch nicht wirklich, oder?

 

„Renn!“, rief er und ich gehorchte. Kaum war ich losgerannt, war an der Stelle wo ich war auch schon ein kleines Inferno. Dieses brachte Alex allerdings schnell zum Ersticken. Ich rannte so schnell ich konnte und immer wenn ich verlangsamte, dann warf Alex eine erneute Flamme nach mir. Zum Glück war ich gut im Ausweichen. Die hälfte der Runden hatte ich bereits hinter mir und ich fühlte mich bereits jetzt schon wie bei einem Marathonlauf. Es war zwar peinlich für einen Vampir, aber egal. Ich konnte einfach nicht mehr. Ich zwang mich dazu die letzten zehn Runden durchzustehen. Immerhin wollte ich meine Würde bewahren. Kaum hatte ich allerdings die zehn Runden hinter mir, fiel ich keuchend auf den Boden. Leider direkt vor Alex Füße. Das wars dann wohl mit meiner Würde.

 

„Ach Prinzessin. Ich weiß zwar, dass du mich magst, aber mir meine Füße zu küssen brauchst du nicht.“ Ohne hinzusehen wusste ich, dass Alex wieder dieses ich-bin-dir-ja-so-überlegen-Lächeln aufgesetzt hatte.

 

„Wasser.“, keuchte ich stattdessen und fühlte mich wie von innen ausgekocht.

 

„Hols dir selbst. Du kannst immerhin die Elemente.“ Ich zwang mich dazu meinen Kopf zu heben und das erste was ich sah war Alex, der mir zuzwinkerte. Ich schwöre, hätte ich die Kraft dazu, dann hätte ich ihm jetzt in die empfindlichste Region eines Mannes getreten. Mit aller Kraft setzte ich mich auf und versuchte mich auf Wasser zu konzentrieren. Ich stellte mir vor, wie sich meine ausgestreckten Hände langsam mir Wasser füllten. Dieses Mal hatte ich die Augen offen und stellte erstaunt fest, wie sich scheinbar mühelos Wasser bildete. Heimlich schaute ich zur Seite und sah, wie Alex für kurze Zeit der Mund leicht aufklappte. Tja, das hatte er wohl nicht gedacht, dass ich es mittlerweile doch schon so gut konnte. Für meine Verhältnisse zumindest. Ich trank das kühle Nass in meinen Händen und wünschte mir dann, dass ich wieder zu Kräften kommen würde. Ich stellte mir vor, wie sich langsam wieder Energie in mich schlich. Dann schüttelte ich den Kopf und stand schwungvoll auf. So ein Quatsch.

 

„Wie bist du so einfach aufgestanden. Ich dachte du bist fix und fertig?“ Alex schaute mich überrascht an.

 

„Bin ich auch.“, sagte ich und merkte in diesem Moment, dass es nicht stimmte. Ich fühlte mich auf einmal topfit.

 

„Ich verstehe das nicht. Ich habe doch nur dran gedacht, dass ich wieder zu Kräften kommen soll. Dass das tatsächlich klappt, damit habe ich nicht gerechnet.“ Alex schaute mich nachdenklich an, dann lachte er laut auf.

 

„Wahnsinn. Dieses Mädchen ist echt der Hammer.“ Nun zog ich fragend eine Augenbraue nach oben.

 

„Wie darf ich das bitte verstehen?“ Manchmal sprach Alex echt in Rätseln.

 

„Es gibt da so eine Geschichte. Es heißt, dass es noch ein fünftes Element gibt. Ein Element, das angeblich selbst die schlimmsten Krankheiten überwinden kann und zur Genesung führen kann. Man sagt, es sei das Element Geist. Es gab einmal eine Frau, die behauptete es zu können, aber naja, dann wurde sie verrückt und keiner weiß nun, ob es auch wirklich stimmt. Ich glaube, dass du dieses Element kannst. Denn wie heißt es in deiner Legende…“

 

In ihrer Mitte verkörpert sie die vier Richtungen miteinander. “

 

„Genau. Und was passt mehr zu diesem Satz, als dass damit der Geist gemeint wäre.“, schlussfolgerte Alex.

 

„Oh Alex. Du bist einfach ein Genie.“, rief ich und umarmte ihn. Wenn ich mich nicht ganz täuschte, dann glaubte ich ganz leicht ein energisches Klatschen aus dem Himmel hören zu können.

 

 

 

Kapitel 37

Kampf

 

 

„Also mit was möchtest du anfangen?“ Alex schaute mich fragend an, während ich mich in der Halle umsah. Es gab hier einfach so viel Auswahl und alles schien irgendwie einen gewissen Reiz auf mich auszuüben.

 

„Bogenschießen. Nein, Messerwerfen. Oder warte wie wärs mit…“

 

„Okay also bevor du komplett hyperventilierst, schlage ich vor, wir üben ein bisschen die Elemente.“ Ich war wirklich froh, dass Alex einen Vorschlag gemacht hatte, denn ich war momentan einfach nicht in der Lage mich für irgendetwas zu entscheiden. Am liebsten hätte ich alles auf einmal gemacht.

 

„Ja das ist eine gute Idee. Welches Element?“

 

„Das darfst du entscheiden. Ich werde dich mich Feuer abwerfen und du musst mit den Elementen versuchen, dass … dass es dich eben nicht trifft.“ Mit geweiteten Augen starrte ich den Vampir an. War das gerade etwa sein Ernst? Und ich dachte, dass er mich doch nicht umbringen wollte, sondern sich mit mir abgefunden hatte. Da hatte ich wohl anscheinend falsch gedacht.

 

„Ähm du. Ich möchte nicht so wirklich, dass ich danach aussehe wie ein billige Nachmache von Freddy Krüger.“ Alex lachte laut auf. Um ehrlich zu sein war das vorhin nicht gelogen. Ich liebte es wirklich ihn lachen zu hören. Es hatte so etwas Unbeschwertes an sich und ließ Alex irgendwie glücklich wirken. Zu Beginn kam es so selten vor, dass Alex so glücklich wirkte. Aber mittlerweile hatte er irgendwie ein bisschen Freude am Leben gefunden, wenn man das so sagen konnte.

 

„Keine Sorge. Ich mache das Feuer so, dass es dich zwar trifft und auch warm ist, allerdings nicht verbrennt.“ Ein Stein fiel mir vom Herzen. Puh, da hatte ich ja nochmal Glück gehabt.

 

„Das geht?“, fragte ich ihn erstaunt, da ich nicht gedacht hatte, dass so etwas überhaupt möglich war. Es gab so viel, was ich über diese Welt hier noch lernen musste.

 

„Ja. Mit jahrelanger Übung ist fast alles möglich.“ In meinem Inneren fand ich das richtig cool. Natürlich würde ich das niemals vor ihm zugeben. Da war sie wieder meine Würde.

 

„Aber wenn du dich nicht anstrengst, dann werde ich wieder echtes schmerzhaftes Feuer anwenden.“ Er schaute mich diabolisch an. Wie war das vorhin mit: David hat den schlimmeren Killerblick? Hatte ich mich wohl doch getäuscht.

 

„Du wirst mir nicht wehtun.“, sagte ich selbstsicher.

 

„Stimmt. Zumindest nicht beabsichtigt.“ Verdammt. Da war er wieder. Sein Fluch von dem er sprach. Diesen hatte ich irgendwie schon fast vergessen und das, obwohl er schon versucht hatte mich zu töten. Da ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte, stellte ich mich einfach ungefähr zwanzig Meter von ihm entfernt hin. Schließlich wollte er ja trainieren. Kurz darauf erschien ein gewaltiger Feuerball in seiner linken Hand. Oh shit, der sah aber ziemlich echt und gefährlich aus.

 

„Sicher, dass der mir nichts tut?“ Kaum hatte ich die Frage ausgesprochen, war Alex auch schon den riesigen Feuerball … direkt in meine Richtung. Im letzten Moment dachte ich an einen großen Windstoß, der das Feuer ausblasen sollte. Der Großteil des Feuers wurde von mir weggeblasen. Jedoch kam ein kleiner Teil mit mir in Berührung. Es war warm, aber Alex behielt Recht und das Feuer tat mir nichts.

 

„Für den Anfang nicht schlecht. Aber nicht schlecht reicht nicht. Wäre das jetzt normales Feuer gewesen, dann wäre der Großteil deines Körpers verbrannt.“ Ich verspürte den drang ihm einfach die Zunge rauszustrecken, jedoch ließ ich das besser bleiben, da Alex mir das sonst ewig reindrücken wurde und mich damit aufziehen würde. Gerne hätte ich ihn jetzt gefragt, ob er denn am Anfang so gut war. Jedoch hatte ich Angst, dass er wirklich so gut gewesen war und ließ es daher lieber bleiben. Auf den nächsten Feuerball war ich vorbereitet und brachte ihn mit Wasser zum Erlöschen.

 

„Besser.“, rief Alex zu mir und ich fühlte mich für einen kurzen Moment stolz. Plötzlich hatte Alex allerdings in seinen beiden Händen Flammen, die er gleichzeitig auf mich zu schleuderte. Es erwischte mich mit voller Wucht und ich hatte keine Chance die Flammen weg von mir zu lenken.

 

„Ich lobe dich nie wieder. Streng dich doch mal mehr an.“ Wut durchfuhr mich. So ein dämlicher Arsch. Nun schleuderte Alex wieder Feuer auf mich, das ich allerdings durch eine Erdwand, die ich aus dem Boden heraus entstehen ließ, aufhielt. Ein siegreiches Lächeln legte sich auf mein Gesicht.

 

„Ganz toll. Jetzt hat sie auch noch den Boden kaputt gemacht.“ Bevor ich es unterdrücken konnte, zuckte ich auch schon bei Davids Stimme zusammen. Eigentlich klang er ganz normal und sogar freundlich. Aber hier konnte man ja leider niemandem mehr über den Weg trauen.

 

„Wie werden ihn erneuern lassen. Mach dir keine Sorgen David.“, sagte Alex und lachte.

 

„Alles klar. Aber pass nächstes Mal bitte auf, dass unser kleiner Wirbelwind hier nicht noch mehr zerstört.“ Damit drehte sich David um und verschwand aus der Trainingshalle. Allerdings nicht, ohne mir vorher noch durchdringlich in die Augen zu schauen. Sein Blick hatte etwas Bissiges und Herausforderndes. Als er für kurze Zeit seinen Blick nach unten zu meinem Meisterwerk wandern ließ, zog er nur spöttisch eine Augenbraue nach oben. Leichte Wut machte sich in mir breit, die ich auch gleich darauf hinausließ.

 

„Sag mal geht’s eigentlich noch? Warum redest du mit ihm, als wäre nichts?“, schrie ich, als David außer Reichweite war. Wütend starrte ich Alex an, der mich erst unglaubwürdig und dann grinsend anschaute.

 

„Ach Prinzessin. Was sollte ich deiner Meinung nach denn tun? Sollte ich sagen: ‚Hey David. Wir wissen zwar mittlerweile alle, dass du ein hinterhältiges Arschloch bist, aber ich wünsch dir trotzdem noch einen schönen Tag.‘ Wäre dir das lieber gewesen?“ Mein Blick verdunkelte sich. Daran hatte ich natürlich nicht gedacht.

 

„Nein.“, nuschelte ich, „Aber ich würde in seiner Gegenwart am liebsten alles um mich herum zerfetzen. So wütend macht der mich. Außerdem hat er mich schon wieder so komisch angesehen. Weißt du, du hast diesen Killerblick eigentlich ja schon perfekt drauf, aber David hat es vorhin echt übertroffen.“ Nun kam Alex zu mir rüber gelaufen, stellte sich neben mich und legte locker einen Arm um meine Taille.

 

„Lass dicht provozieren, Kleines. Und denk immer dran wozu wir jetzt gerade hier sind.“ Stirnrunzelnd schaute ich zur Seit um ihn anschauen zu können.

 

„Und wozu?“

 

„Um zu kämpfen.“ Und damit stieß er mich von sich auf den Boden.

 

 

 

Kapitel 38

Der Kampf geht weiter

 

 

Als mein Körper mit dem harten Boden Bekanntschaft machte, gefiel mir das überhaupt nicht. Zum Glück war ich ein magisches Wesen, sonst hätte ich mich gewaltig am Kopf verletzt. Aber selbst das hätte Alex wahrscheinlich nicht davon zurückschrecken lassen mich anzugreifen. Das kriegt er zurück, dachte ich und überlegt, wie ich ihn am besten angreifen konnte um es ihm heimzuzahlen.

 

„Was ist denn los mit dir? Hast du jetzt das Aufstehen verlernt?“ Ich konnte eindeutig Alex Spott heraushören. Okay das bekam er definitiv zurück und zwar doppelt und dreifach. Er war zwar stärker, als ich. Aber alles gefallen ließ ich mir eindeutig nicht. So schnell ich konnte drehte ich mich um, damit ich wieder auf dem Hintern saß und holte mit meinem Bein so aus, dass es Alex umlegte. Mit einem lauten Knall kam er auf dem Boden auf. Das tat mir aber leid.

 

„Ha. Jetzt bist du wieder da wo du hingehörst. Am Boden!“ Jubelnd sprang ich auf und schaute auf Alex herab. Dieser schaute mich geschockt an. Mit so etwas hatte er wohl nicht gerechnet. Der Vampir wollte sich gerade aufsetzen, als ich meinen Fuß schnell auf seine Brust stellte um ihn am Aufstehen aufzuhalten. Sein so schon erschrockener Blick wurde nun noch größer. Alex versuchte sich nochmal aufzusetzen, jedoch drückte ich mein komplettes Gewicht dagegen, sodass er liegen bleiben musste. Alex Blick änderte sich von erschrocken über erstaunt zu zielstrebig.

 

„Brauchst es gar nicht erst versuchen. Du kommst eh nicht gegen mich an.“ Und damit schenkte ich ihm ein kokettes Lächeln und drückte meinen Fuß noch fester gegen ihn. Um ehrlich zu sein wunderte es mich, dass er noch nichts sagte. Immerhin stemmte ich grade meine gesamte Kraft gegen seine Brust. Plötzlich schlang sich eine Hand um meinen Fuß, der sich auf seiner Brust befand und zog ihn von sich herunter. Mit einer schnellen Bewegung war er wieder aufgestanden und wollte nun mich auf den Boden pressen. Zum Glück merkte ich, was er vorhatte und stand so schnell ich konnte auf. Nun standen Alex und ich uns gegenüber. Ich wartete darauf, dass er mich angriff, jedoch schaute er mich nur grinsend an.

 

„Traust dich wohl nicht, was?“ Okay eigentlich war ich keine Person, die sich provozieren ließ, jedoch machte mich das gerade rasend. Ich konnte mich noch ein paar Sekunden lang zusammen reißen, bis ich einen großen Schwall Wasser direkt auf ihn zu fliegen ließ. Leider konnte Alex sich gerade noch so bücken, dass das Wasser über ihn hinweg folg. Mistkerl. Mehr Glück als Verstand.

 

„Armselig.“, rief Alex und rannte direkt auf mich zu. Scheiße, dachte ich panisch und rannte weg. Erschrocken merkte ich, dass ich Alex überhaupt nicht rennen hörte. Natürlich wusste ich, dass er trotzdem mich verfolgte, aber er trat so sanft auf, dass es für meine Ohren unmöglich war ihn zu hören. Ich drehte mich kurz um, um zu schauen, wo er war. Meine Augen wurden groß, als ich sah, dass Alex gar nicht hinter mir lief. Wo war er denn jetzt schon wieder? Hatte er etwa aufgegeben? Mit einem schnellen Ruck wurde ich auf den Boden geworfen. Mein Rücken begrüßte dabei den Boden und mein Oberkörper war Alex zugewandt, der nun über mir kniete.

 

„Du musst noch einiges lernen, Prinzessin.“ Alex legte den Kopf schief, als ich bemerkte, dass seine Hände meine Handgelenke umschlossen hatten. Sein Blick wurde immer siegessicherer und ich ließ in kurz im Glauben, dass er tatsächlich gewonnen hatte. Der große Windstoß, der von mir ausging traf Alex mit voller Wucht und ließ ihn mit einem lauten Knall direkt gegen die Wand knallen. Eine Sekunde lang musste ich grinsen. Es war echt vorteilhaft alle Elemente zu können. Dann bemerkte ich, dass er immer noch da lag und nicht aufstand. Panik machte sich in mir breit. Ich hatte ihn doch nicht ernsthaft verletzt, oder? So schnell ich konnte sprang ich auf und rannte in Vampirgeschwindigkeit zu Alex, der sich immer noch nicht regte. Als ich näher kam bemerkte ich, dass die Wand an die ich ihn geschmissen hatte, bröckelte. Ich kniete mich neben Alex und schaute ihn erschrocken an. Seine Augen waren geschlossen und ich konnte keinerlei Regung in seinem Gesicht erkennen.

 

„Alex.“, murmelte ich leise und schaute ihn besorgt an. Es kam keine Antwort. Mein Herz begann wie wild zu pochen. Ich hatte Angst. Noch nie hatte ich so starke Angst in meinem Leben gehabt.

 

„Alex!“, rief ich energischer und begann an seinem Arm zu rütteln. Ich merkte, wie meine Augen glasig wurden. Das konnte doch nicht sein, oder? Ich riss ihm hektisch das Tanktop vom Körper und legte meinen Kopf an die Stelle, wo sein Herz sein müsste. Nichts. Ich hörte überhaupt nichts. Als ich mir fest gegen den Kopf schlug, hätte ich mich am liebsten noch zusätzlich ohrfeigen können. Vampire hatten keinen Herzschlag. Ich rüttelte an seinem Oberkörper. Was hatte ich nur getan? Das war meine Schuld. Stumme Tränen liefen mir über die Wangen und ich legte meinen Kopf an seine nackte Brust. Alles war mir im Moment egal. Es interessierte mich nicht, dass David etwas ausheckte oder dass sich meine beste Freundin gegen mich stellte. Im Moment drehten sich meine Gedanken nur um Alex und was ich angerichtet hatte.

 

„Die Wand schreib ich dir auf die Rechnung.“ Erschrocken fuhr ich zusammen und richtete mich kerzengerade auf.

 

„Sag mal weinst du?“ Alex schaute mich überrascht an und grinste. Ich konnte es nicht fassen. Er lebte und ihm war nichts passiert. Stattdessen hatte er mich einfach nur verarscht. Ich war überglücklich. Schließlich hatte ich ihn nicht verloren. Dann kam die Wut und mein Temperament siegte immer.

 

„Au.“, rief Alex, nachdem meine Hand in seinem Gesicht landete. Ja, diese Ohrfeige hatte er definitiv verdient.

 

„Tu das nie wieder!“, schrie ich ihn an und hörte, wie die Wand weiter bröckelte. Das war ich, aber es war mir egal. Sollte es doch zusammenbrechen.

 

„Diana. Beruhige dich.“, versuchte der Vampir mich zu beschwichtigen, was mich allerdings nur noch rasender machte.

 

„Beruhigen? Ich soll mich beruhigen? Sag mal spinnst du eigentlich? Ich dachte du wärst tot!“ Mittlerweile war ich aufgestanden. Alex Grinsen war ihm nun komplett aus dem Gesicht gewichen.

 

„Diana. Es tut mir leid. Ich wusste ja nicht, dass du so reagierst.“ Alex stand nun ebenfalls auf und legte mir eine Hand auf die Schulter.

 

„Wie sollte ich denn deiner Meinung nach reagieren? Ich dachte ich hätte dich umgebracht, verdammt noch mal.“ Alex schaute leicht betreten zu Boden. Noch immer bröckelte die Wand. Ich spürte, wie sich zwei kräftige Arme um meinen Oberkörper schlungen.

 

„Alles ist gut. Ich bin hier.“ Nun konnte ich meine Tränen gar nicht mehr zurück halten. Laut schluchzend ließ ich meinen Kopf an seine Brust sinken. Langsam wurde mir klar, dass ich ihn nicht verloren hatte, während sich das Bröckeln der Wand nach und nach einstellte.

 

 

 

Kapitel 39

Unerfreuliche Tatsachen

 

 

„Weißt du, kurz dachte ich du willst mich vergewaltigen.“ Überrascht schaute ich Alex an. Wie kam er denn jetzt bitte auf so etwas? Meine Tränen waren mittlerweile getrocknet und ich hatte mich abreagiert. Zum Glück für die Wand, denn diese hätte es wohl oder übel nicht mehr so lange überlebt.

 

„Ich meine so, wie du dich an meinem Tanktop vergangen hast. Das ist doch nicht normal.“ Laut lachend schlug ich ihm gegen seine Brust. Er hatte es tatsächlich geschafft mich wieder zum Lächeln zu bringen. Einfach unverbesserlich dieser Kerl.

 

„Manchmal bist du echt ein Arsch.“ Alex zog verwundert eine Augenbraue nach oben. Was war denn jetzt wieder los?

 

„Manchmal?“, fragte er erstaunt und brachte mich damit erneut zum Lachen.

 

„Gut, wenn du es schon selbst merkst mein Lieber. Immerhin ist Einsicht der beste Weg zur Besserung.“ Nun war es Alex, der mich empört anschaute. Damit hatte er wohl nicht gerechnet.

 

„Du hast anscheinend echt nicht genug.“ Warnend hob er seinen Zeigefinger. Wollte er mir gerade etwa drohen? Das konnte doch nicht sein Ernst sein.

 

„Ach Alex. Das haben wir doch schon geklärt, dass du gegen mich keine Chance hast.“ Überrascht betrachtete er mich und ging in Angriffsstellung.

 

„Ich meine du bist an die Wand geflo…“ Ein erschrockener Schrei verließ meinen Mund, als ich gegen die Wand gedrückt wurde. Alex hatte seinen Oberkörper fest gegen meinen gepresst, wodurch mir ein Entfliehen unmöglich wurde. Der Vampir hatte seinen Mund leicht geöffnet, weshalb ich deutlich seine langen weißen Vampirzähne sehen konnte. Normalerweise hätte ich Angst davor gehabt. Jetzt allerdings konnte ich nur schmunzeln. Um mir Angst einzujagen sollte er sich definitiv etwas anderes einfallen lassen. Jegliche Angst war mir mittlerweile vor ihm verloren gegangen. Jedoch nicht jeglicher Respekt.

 

„Ich habe ja so schreckliche Angst, Alex.“, spottete ich und ein leises raues Lachen verließ Alex Kehle. Plötzlich drückte der Vampir meinen Kopf zur Seite und legte seinen Mund direkt an die nackte Haut meines Halses. Für den Bruchteil einer Sekunde schlug mein Herz eine Oktave höher. Entschlossen dachte ich daran, dass Alex mir nichts tun würde, weshalb mein Herzschlag sich auch beruhigte. Dieses Spiel hatten wir schon mal gespielt und damals hatte Alex mich tatsächlich gebissen. Bei der Erinnerung daran, lief mir ein Schauer über den Rücken. Ob es mir unwohl war oder nicht konnte ich nicht sagen.

 

„Immer noch so vorlaut?“ Er strich mir behutsam mit seinem Finger über meine Halsschlagader. An der Stelle wo er mich berührte, war ein Kribbeln zu spüren. Nun begann mein Herz wieder schneller zu schlagen, als würde es an einem Marathonlauf teilnehmen.

 

„Komm schon saug mich aus.“, hauchte ich leise und irgendwie kraftlos. Alex schwarze Augen blitzten kurz bedrohlich auf. Ich hätte gelogen, wenn ich gesagt hätte, dass mir das nicht gefiel.

 

„Ich würde ja gerne, aber das würde dir glaube ich nicht so gut gefallen.“

 

„Ach echt? Darauf wäre ich jetzt nicht gekommen?“, lachte ich. Alex schaute mich mittlerweile wieder an, jedoch waren seien Zähne immer noch sichtbar.

 

„Ich meine das nicht so wie du. Sobald ich eine gewisse Menge an Blut von dir trinken würde ohne dich anschließend zu töten, dann würde ich einen Bann zwischen dir und mir schaffen.“ Irritiert zog ich eine Augenbraue nach oben. Jetzt hatte er mich aber neugierig gemacht.

 

„Ich würde dich an mich binden. Du wärst dann sozusagen meine Frau.“ Nachdem Alex das gesagt hatte, machte ich große Augen. Ich hatte nicht gedacht, dass das möglich war.

 

„Natürlich funktioniert das nur zwischen Vampiren.“, fügte Alex noch hinzu. Nickend nahm ich das zur Kenntnis.

 

„Also lass deine Beißerchen bei dir.“ Damit drückte ich Alex von mir weg, was definitiv mehr Kraft beanspruchte, als gedacht.

 

„Als ob dir das nicht auch noch gefallen würde.“ Ein lautes Knurren verließ meine Kehle. Kopfschüttelnd ging ich zur Tür. Kurz darauf war Alex wieder neben mir angelangt und folgte mir aus der Trainingshalle. Hinter uns schloss Alex die Tür ab und wir machten uns auf den Weg zum Gehen.

 

„Wusste ich doch, dass die lauten Geräusche nur von euch zwei kommen konnten.“ Sabrina lehnte lässig an der Wand und schenkte uns ein falsches Lächeln. Sie hatte eindeutig zu viel Schminke aufgetragen. Ihre Lippen leuchteten in einem kräftigen Rot und ihre Augen waren viel zu schwarz geschminkt. Sie trug einen kurzen Minirock und dazu ein Top, dass ihren Ausschnitt fiel zu sehr betonte. Alles in allem sah sie aus wie eine Nutte.

 

„Was habt ihr zwei Turteltauben denn getrieben, hä?“ Während ich das Wort Turteltauben ignorierte, legte sie ihren Kopf schief und musterte mich von oben bis unten. Anschließend verzog sie angewidert das Gesicht.

 

„Diana, du und Sport? Ich dachte das ist nichts für dich. Immerhin wurdest du im Schulunterricht immer als letztes gewählt.“ Mir zuzwinkernd fuhr sie sich mit ihrer Hand durch ihre langen dunkelbraunen Haare. Ich wollte gerade etwas sagen wegen ihres blöden Kommentars, als ich das Funkeln an ihrem Finger sah. Schon oftmals hatte ich mir vorgestellt, wie dieser Moment zwischen uns wohl sein sollte. Ich dachte immer ich würde vor Freude ausrasten wenn ich den Ring an ihrem Finger sehen würde. Jetzt allerdings fühlte ich nur tiefe Abneigung. Abneigung gegenüber meiner ehemals besten Freundin.

 

„Wer?“, fragte ich stockend und konnte deutlich das Grinsen auf ihrem Gesicht sehen. Sie hatte sich beabsichtigt durch die Haare gefahren. Sie wollte, dass ich es sah. Dass ich den Ring sah. Sabrina hatte mir zwar noch nicht geantwortet, jedoch hoffte ich instinktiv, dass meine Befürchtungen nicht wahr werden würden.

 

„David. Wer denn sonst du Dummerchen?“ Alex neben mir zog stark die Luft ein. Sein Knurren war erst ganz leise, dann jedoch wurde es lauter und Sabrina brach in schallendem Gelächter aus.

 

„Diana, nimm ihn besser an die Leine und leg ihm einen Maulkorb um. Nicht, dass er noch beißt.“ Pure Wut machte sich in mir breit. Nicht nur, dass sie sich einfach nur unmöglich gegenüber mir benahm. Nein, sie verlobte sich auch noch mit David und machte Alex dumm an. Ich wollte sie gerade darauf ansprechen, als sie mit hochgerecktem Kopf an mir vorbei lief und mich an der Schulter anrempelte. Dann lief sie die Treppe hinauf und natürlich wackelte sie dabei auffällig mit ihrem Hintern, der in ihrem Lederrock viel zu groß wirkte.

 

 

 

Kapitel 40

Wut

 

 

„Ich verstehe das einfach nicht, Alex. Was hat er an sich, dass sie sich gegen mich wendet.“ Mit einem lauten Knall ließ ich die Zimmertür hinter mich zuknallen. Im Moment war ich einfach nur richtig wütend. Ich nahm mir etwas zum Anziehen aus dem Schrank und verschwand damit im Bad.

 

„Ich weiß es nicht. Vielleicht liebt er sie ja wirklich.“ Ein hysterisches Lachen entfuhr mir. Ich war mittlerweile echt kurz vorm Durchdrehen.

 

„Ich hoffe doch das war ein schlechter Witz. Das glaubst du doch nicht im Ernst, Alex.“ Immer noch wütend klatschte ich mir das Shampoo auf den Kopf. Das konnte nicht sein. David schien einfach keinerlei Gefühle zu haben. Da war es unmöglich, dass er Sabrina wirklich liebte. Er wollte mich damit doch nur reizen, weil nun noch jemand auf seiner Seite war. Er wollte mir damit zeigen, dass sich alles gegen mich wendete. Wollte mich schwach machen.

 

„Du hast ja Recht. David hat sich einfach so verändert. Früher war er nicht so.“ Zufrieden wusch ich mir den Schaum aus den Haaren und stieg aus der Dusche. Ich wusste wirklich nicht, was ich darauf erwidern sollte. Ich kannte David nur so und konnte mir nicht vorstellen, wie er war, wenn er mal nicht völlig am Rad drehte. Vielleicht war David ja schon immer so und Alex hatte sich verändert.

 

„Los geh dich duschen. Du stinkst.“ Kopfschüttelnd ging Alex an mir vorbei ins Bad. Ich liebte es einfach ihn zu necken und das wusste er ganz genau. Ein Blick zur Uhr verriet mir, dass es schon kurz nach Mitternacht war. Hatten wir wirklich so lange trainiert? Erstaunlich. Ich kämmte mir schnell meine Haare durch und kuschelte mich dann unter die Bettdecke. Aus dem angrenzenden Bad hörte ich laut und deutlich das Wasser laufen. Alex duschte. Die Wärme des Bettes brachte mich kurze Zeit lang zum Lächeln. Komisch, dass etwas so einfaches mich glücklich machte. Plötzlich wurde neben mir die Bettdecke angehoben.

 

„Keine Sorge bin nur ich.“ Alex Haare waren noch leicht feucht vom Wasser und er trug kein Oberteil. Schnell wand ich den Blick ab. Nicht, dass es ihm auffiel, dass ich seine Muskeln betrachtete. Eigentlich sinnlos wegzuschauen, da es ihm ja schon oftmals aufgefallen war.

 

„Komm schon und rutsch zur Seite mein kleiner Fettsack.“ Ich verharrte augenblicklich in meiner Position. Ich hatte mich gerade verhört oder? Das hatte er nicht wirklich gesagt!

 

„Wärst du nicht mein Freund, dann würde ich dir jetzt auf der Stelle den Kopf abreißen.“ Ein leises melodisches Lachen kam von Alex. Dann spürte ich, wie er sich neben mich legte. Eigentlich waren Vampire kalt. Aber für mich hatte er eine sehr angenehme Körpertemperatur, da ich selbst ein Vampir war. Zumindest zum Teil. Auf einmal wurde ich richtig müde.

 

„Alex, machs Licht aus.“, murmelte ich. Zu meiner Verwunderung gehorchte er und kurz darauf waren wir in vollkommener Dunkelheit getaucht. Die ganze Erschöpfung, die sich in mir angesammelt hatte, übermannte mich. Ich drehte mich zur Seite und griff nach Alex Arm, an den ich mich dann kuschelte. Alex zuckte unter meiner Berührung zusammen.

 

„Das gibt mir ein Gefühl der Sicherheit.“, murmelte ich erklärend, jedoch war Alex immer noch versteift.

 

„Diana, du weißt doch der Fluch. Ich möchte dir auf gar keinen Fall wehtun.“ Ein genervter Laut entfuhr mir. Warum musste er mich eigentlich immer daran erinnern.

 

„Willst du mich im Moment umbringen?“ Stille … „Nein.“ Ein leichtes Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht.

 

„Siehst du. Und jetzt lass uns schlafen. Ich bin müde.“ Nach und nach entspannte sich Alex, während ich in einen traumlosen Schlaf glitt.

 

 

Ein absolut himmlischer Geruch ließ mich aufwachen. Mhh Spiegeleier. Ohne, dass ich richtig wach war, machte sich auch schon mein Bauch bemerkbar. Hunger? Gleich nicht mehr. Langsam setzte ich mich auf und blinzelte ein paar Mal. Alex saß neben mir auf dem Bett und betrachtete mich. Zwischen ihm und mir befand sich ein Tablett mit Frühstück. Augenblicklich lief mir das Wasser im Mund zusammen.

 

„Oh Alex. Du bist ja so ein Schatz.“ Ein selbstgefälliges Grinsen erschien auf seinem Gesicht. Ah Mist. Männer darf man ja tatsächlich nicht loben. Kaum lobte man sie, hielten sie sich wieder für Alleskönner. Ich nahm mir die Gabel und begann zu essen. Es schmeckte genauso gut, wie es aussah. Während dem Essen schaute ich kurz zu Alex und bemerkte, dass dieser nachdenklich auf den Boden schaute.

 

„Was ist los?“ Irgendetwas stimmte doch nicht oder?

 

„Iss erst zu Ende.“, murmelte er und ich schlang das restliche Essen so schnell ich konnte in mich hinein. War zwar nicht so ganz ladylike aber egal.

 

„David und Sabrina sind heute Nacht in der Menschenwelt gewesen, um … zu jagen.“ Mit einem lauten Klirren kam meine Gabel auf dem Boden auf. Meine Augen waren weit aufgerissen und ich konnte immer noch nicht glauben, was ich gerade eben gehört hatte.

 

„Sie sind aber schon wieder zurück.“ Mein Körper begann zu beben. Ich war nicht einfach nur sauer, sondern verdammt nochmal tierisch wütend.

 

„Dieser Bastard.“, zischte ich aggressiv und setzte mich energisch auf.

 

„Diana beruhige dich.“, Alex wollte mir eine gerade seine Hand auf die Schulter legen zur Beruhigung, die ich allerdings wegschlug. Ich konnte meine Wut nicht mehr halten und eilte aus dem Zimmer. Alex rief mir zu, dass ich wieder zurückkommen sollte, jedoch ignorierte ich ihn. Zu groß war meine Wut. Schnellen Schrittes machte ich mich auf den Weg zu Davids Zimmer. Ich eilte gerade an der Küche vorbei, als ich Sabrina darin wahrnahm.

 

„Sag mal bist du eigentlich vollkommen durchgeknallt?“ Sabrina wirkte kein wenig beeindruckt, sondern zog einfach nur grinsend eine Augenbraue nach oben.

 

„Diana. Freu mich auch dich zu sehen. Wie kann ich dir helfen?“ Diese Frau machte mich rasend.

 

„Frag nicht so dumm! Du hast Menschen getötet.“ Nun brach sie in Gelächter aus.

 

„Ach Süße. Jetzt komm doch mal runter. Du hast selbst schon Blut getrunken, also verurteile mich nicht, nur weil ich neuerdings auf Menschenfleisch stehe.“

 

„Sabrina. Das bist nicht du. David hat aus dir ein Monster gemacht. Ich weiß nicht, was genau ihr beiden ausheckt, aber es ist absolut nicht gut. Ganz im Gegenteil, es wird Verderben bringen.“

 

„Falsch. Das bin ganz genau ich und David hat damit nichts zu tun. Bald wird es soweit sein und du wirst mich nicht mehr nerven und bis dahin … geh mir aus den Augen.“

 

 

 

Kapitel 41

Gefangenschaft

 

 

Sie hatte es gerade gestanden. Sie hatte gestanden, dass sie wusste, dass David etwas ausheckte. Natürlich hatte sie es nicht genauso gesagt, aber mit der Aussage: „Bald wird es soweit sein und du wirst mich nicht mehr nerven“ war dies eindeutig bewiesen. Ob sie sich verplappert hatte oder ob das pure Absicht war, konnte ich nicht abwägen. Sabrina hatte mich schon wieder stehen gelassen. Nach und nach überkam mich die Enttäuschung. Wir kannten uns schon so lange und ich glaubte, dass ich ihr bedingungslos vertrauen konnte. Bloß da hatte ich mich getäuscht. Sie hatte mir einfach den Rücken gekehrt. Und für was? Für einen dämlichen Idioten, den sie gerade mal knapp einen Monat kannte und der sie wahrscheinlich nur ausnutzte. Für einen Idioten warf sie unsere langjährige Freundschaft einfach so aus dem Fenster. Nachdenklich drehte ich mich um und verließ die Küche. Seit Melodia hatte sich einfach alles verändert. Ich hatte meine Freundin verloren und war mitten in einen Haufen voller Intrigen gestolpert. Allerdings konnte ich Sabrina auch ein klein wenig verstehen und nachvollziehen. Immerhin hatte ich David auch geküsst und wäre ihm auch verfallen, wenn meine Kette mich nicht gewarnt hätte. Innerlich schickte ich ein stummes Danke an den Himmel, wo meine Mutter war. Diese Kette hatte mich immerhin vor einer großen Dummheit bewahrt. Melodia hatte alles umgekrempelt. Wenn ich daran dachte, dass meine früheren Probleme darin bestanden, was ich zur Schule anzog und was nicht, dann war das wirklich lächerlich. Oder ein verhauener Test. Im Vergleich zu meinen Problemen jetzt, war das echt nichts. Durch Melodia hatte ich Alex kennengelernt, wobei ich nicht genau wusste, ob das jetzt gut oder schlecht war. Auch in Sophie hatte ich in irgendeiner Art und Weise eine Freundin gefunden. Ich war so sehr in meinen Gedanken versunken, dass ich die auf meinen Kopf zurasende Hand nicht sah.

 

 

Ganz schwach nahm ich das leise Tropfen von Abwasser wahr. Es schien ziemlich weit weg zu sein, jedoch stellte sich das als falsch heraus. Das Tropfen schien immer näher zu kommen, mit jeder Sekunde, in der ich mein Bewusstsein mehr zurückverlangte. Leider kam damit auch der Schmerz, der von einem ungleichmäßigen Pochen meines Herzens begleitet wurde. Ich konnte mich nur noch daran erinnern, dass ich durch die Gänge des Schlosses lief, während meine Gedanken Achterbahn fuhren. Langsam versuchte ich mich aufzusetzen, jedoch fuhr ich ruckartig zusammen, als es mir so vorkam, als würde mein Kopf explodieren. Ein schmerzerfülltes Stöhnen entfuhr mir. Zögerlich tastete ich mich mit meiner Hand hinauf zu meinem Kopf und der schmerzenden Stelle. Es war ziemlich schwer diese eine Stelle zu finden, an der es am unerträglichsten war, da mein ganzer Kopf sich zerschmettert anfühlte. An meiner Hand klebte Blut. Es war allerdings nicht sehr viel, da die Wunde an meinem Kopf bereits aufgehört hatte stark zu bluten. Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Beine fest aneinander gebunden waren. Ich konnte mir schon denken, wer hierfür verantwortlich war. David. Ob Sabrina hiervon Bescheid wusste, war mir unklar, jedoch glaubte ich das schon. Was man für die Liebe eben alles macht. Mit ganzer Kraft fasste ich mit meinen Händen an die Beinfessel und versuchte diese zu lösen. Vergeblich. Im Moment war ich einfach viel zu schwach. Der Schlag auf meinen Kopf hatte mir zu sehr zugesetzt.

 

„Euer Hoheit. Ich freue mich Euch in unserer kleinen Stube willkommen zu heißen.“ Vor mir befand sich ein Mann. Dieser besaß dunkelblonde, kinnlange Haare und war sehr groß. Er sprach mit einer sehr sarkastischen rauen Stimme. Ich hatte große Mühe meinen Kopf zu heben um ihn zu betrachten. Der Mann könnte durchaus als hübsch durchgehen, wenn mich nicht mitten in seinem Gesicht trostlose schwarze Löcher gierig ansehen würden. Ah ja mit so etwas heckte David also seine Pläne aus.

 

„Schickt dich David?“ Mühsam brachte ich diese Frage über meine Lippen und fühlte mich gleich darauf um einiges erschöpfter.

 

„Oh nein. Ich bin ganz aus eigenem Interesse hier.“ Im Ton des Mannes schwang Belustigung mit. Und … Erregung? Er brauchte zwei lange Schritte um neben mir angelangt zu sein. Eine Sekunde um sich vor mich zu knien und nochmal eine Sekunde um den Reißverschluss seiner Jeans zu öffnen. Geschockt starrte ich diesem Wesen in die dunklen Höhlen.

 

„Wir zwei werden jetzt ein wenig Spaß haben.“ Er murmelte es ganz leise vor sich hin, aber ich wusste, dass es auch an meine Ohren gerichtet war. Alles in mir ließ die Alarmglocken läuten. Dieser Idiot sollte seine Hose wieder schließen und sich verpissen. Auf einmal umschloss der Mann meine Hand und führte sie geradewegs auf seinen Unterleib zu. Etwas hartes war deutlich unter meiner Hand zu spüren und ich war gottfroh, dass er seine Unterhose noch angelassen hatte. Ein genüssliches Stöhnen verließ den Mund dieses Mannes, als er meine Hand auf und ab bewegte. Angewidert versuchte ich mich zu wehren, jedoch brachte das rein gar nichts. Übelkeit stieg in mir empor und ich wusste, dass ich meinen Würgereiz nicht mehr lange unterdrücken konnte.

 

„Jack. Verdammt noch mal. Lass deine Finger von ihr.“ Sabrina kam schnellen Schrittes auf ihn zu und schaute ihn mit einem mörderischen Blick an.

 

„Aber sie kann doch ihre Finger nicht von mir lassen.“ Jack lachte, während Sabrina ihm fest ins Gesicht schlug.

 

„Ich habe gesagt du sollst nur kurz nach ihr sehen, ob sie schon wach ist und nicht sie belästigen.“ Sabrina schien sehr wütend zu sein, denn ihre Stimme war sehr laut. Sie schrie ihn zwar nicht an, aber in ihrer Stimme schwang trotzdem eine gewisse Kälte mit, die diesen Jack dazu veranlasste meine Hand loszulassen und seine Hose wieder anzuziehen.

 

„Sei nicht traurig. Nächstes Mal werde ich wieder dich vorziehen.“ Klatsch. Nun war definitiv Jacks Wange rot. Der Mann hob bloß abwehrend die Hände und zwinkerte mir kurz zu. Dann war er auch schon verschwunden und ließ mich mit Sabrina alleine. Sie bückte sich kurz um meine Beinfessel zu lösen und warf mir dann etwas Nasses zu. Verwirrt betrachtete ich den Lumpen in meiner Hand. Anschließen begann ich damit meine missbrauchte Hand und meine Wunde zu säubern. Als dies geschehen war, legte ich den Lumpen neben mich.

 

„Das hätte ich nie von dir erwartet.“ Es war nur ein leises Murmeln. Zu mehr war ich einfach nicht in der Lage.

 

„Dann kennst du mich wohl nicht richtig. Ich bin wie immer.“ Was sollte ich darauf nur sagen? Ich wusste, dass sie es nicht begreifen würde. Dafür war sie einfach schon viel zu besessen. Am liebsten würde ich David das Leben zur Hölle machen. Dafür, dass er mit mir etwas Schreckliches vor hat und dafür, dass er meine Freundin derart verändert. Ich hoffte immer noch, dass sie begreifen würde, dass David es nicht ernst mit ihr meint und dass er schlecht ist.

 

„Wie dem auch sei. Ich bin nur hier, weil Jack nicht beigekommen ist. Ich werde die nächsten Tage wieder nach dir schauen. Oder auch nicht. Hier in der Menschenwelt gibt es einfach so viele Köstlichkeiten, die ich noch ausprobieren muss. Wusstest du, dass Männer anders schmecken, als Frauen. Naja jetzt weißt du es.“ Kaum merklich schüttelte ich den Kopf. Sie hatte sich einfach komplett zum dunklen gewandt. Nach und nach wurde mir bewusst, dass ich meine beste Freundin wohl oder übel nie wieder zurückbekommen würde.

 

 

 

Kapitel 42

Kleiner Snack

 

 

Langsam aber sicher fing mein Magen an sich zu wehren. Meine letzte Mahlzeit war immerhin gestern. Oder auch nicht. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich bewusstlos war. In dieser Zeit konnte ich zumindest schlecht Nahrung zu mir nehmen. Vielleicht war es nur dieser eine Tag. Aber vielleicht war es auch schon viel länger. Es wäre möglich, dass ich nun schon seit mehreren Tagen hier in dieser kleinen und schmutzigen Zelle hockte. Ein leises Grummeln aus meinem Bauch war zu hören. Noch war es aber erträglich und ich hoffte, dass ich wenigstens etwas zu essen bekommen würde, wenn ich so schon nicht fliehen konnte.

 

Und das Grummeln wurde lauter und damit auch mein Hunger. Es war nun schon der zweite Tag an dem mir niemand etwas zu essen gebracht hatte. Ein mir unbekannter Mann war vorhin kurz da gewesen und warf einen Blick in meine Zelle. Als er gesehen hatte, dass ich noch da war, verließ er auch sofort wieder den Raum. Auf meine Frage, ob ich etwas zu essen bekommen würde zuckte er einfach nur mit den Schultern. Hätte ich gekonnte, dann hätte ich ihm wahrscheinlich etwas an den Schädel geworfen. Einen Stein oder so, wenn es den hier geben würde. Irgendetwas hätte man mir doch zu essen geben können, oder etwa nicht? Ich wollte dem Mann gerade nachrufen, dass er doch etwas zu essen auftreiben solle, als ich feststellte, dass er schon längst verschwunden war.

 

Nach drei Tagen war der Hunger kaum noch auszuhalten. Ich lag gekrümmt da und hielt mir die ganze Zeit meinen Bauch, da ich so hoffte mein Hungergefühl ein wenig unterdrücken zu können. Das half allerdings nicht wirklich, was mich halber zur Weißglut brachte. Stechende Schmerzen durchfuhren meinen Bauch. Es konnte doch nicht sein, dass man mich drei Tage lang ohne Essen ließ. Ich meine okay ich war eine Gefangene, aber etwas zu Essen konnte man mir doch hinstellen. Es müsste ja nicht mal ein Steak oder so etwas in der Art sein. Nein, ein wenig Brot mit etwas zu trinken wäre schön gewesen. Mein Bauch grummelte und mein Hals trocknete von innen immer weiter aus. Auch zu trinken hatte ich nichts bekommen und ich konnte nicht sagen, was ich schlimmer fand. Ein unangenehmes Drücken im Bauch oder das Gefühl zu haben, dass sich der Körper immer weiter in eine Wüste verwandelte. Beides war definitiv beschissen.

 

Auf einmal hörte ich Schritte näher kommen. Es war noch sehr leise, aber für meine Augen dennoch deutlich zu erkennen. Die Person musste noch mehrere Meter entfernt sein, schien sich aber in meine Richtung zu bewegen. Das war daran zu erkennen, dass die Schritte für meine Ohren immer lauter wurden. Als die Person näher kam bemerkte ich, dass da noch mehr sein musste. Es wurde noch irgendetwas über den Boden gezogen. Was es aber war konnte ich nicht feststellen. Dazu war ich nicht in der Lage. Dass da allerdings noch etwas war, da war ich mir hundertprozentig sicher. Tatsächlich. Sabrina tauchte plötzlich vor meinen Augen auf. Allerdings war sie nicht alleine. Sie zerrte eine junge Frau mit sich, die sich vergeblich versuchte zu wehren. Sie wirkte irgendwie komisch, jedoch konnte ich nicht genau sagen, was an ihr komisch war. Ihre schwarzen Haare waren verschwitzt und sie keuchte die ganze Zeit schmerzerfüllt auf.

 

Als Sabrina diese Frau näher brachte sprang ich auf und starrte diese Frau geschockt an. Ich hatte diesen Geruch schon öfters gerochen. Ein Geruch für den ich sogar töten würde. Das volle Aroma ihres Blutes wurde mir entgegen geschleudert und ließ mir das Wasser im Mund laufen. Ich begann hektisch auf und ab zu gehen. Es machte mich nervös. Zudem roch ich das Blut dieser Menschenfrau viel intensiver. Als ich diese Frau noch einmal genau betrachtete fiel mir auch auf weshalb. Sie trug nur Fetzen wodurch die große Wunde an ihrer Hüfte sichtbar wurde. Nun ja, eigentlich war das ja gar keine richtige Wunde. Es war einfach so, dass dieser Frau ein Teil fehlte. Wortwörtlich. Die von mir aus rechte Seite ihrer Hüfte ging etwas zu arg nach innen. Ihre Haut war rot von ihrem Blut und ich konnte sehen, dass immer mehr Blut aus ihrer Hüfte trat. Das sprach dafür, dass diese Wunde noch sehr frisch war. Diese komische Form ließ mich die Stirn runzeln. Es sah fast so aus, als … hätte man ihr ein Stück herausgebissen.

 

Ein kurzer erschrockener Aufschrei verließ meine Lippen und brachte Sabrina zum Grinsen. Ich wünschte ich hätte den Mund gehalten. Unbewusst hatte ich aufgehört zu atmen, jedoch gelang nun der köstliche Geruch wieder an meine Sinne. Alle Alarmglocken schienen zu läuten. Wären hier nicht Gitterstäbe, dann wäre ich garantiert sofort auf diese Frau zugerannt. Zu verlockend war der Geruch von Blut. Von frischem Blut.

 

„Hier haste was zum Essen. Wie du sehen kannst habe ich schon ein wenig genascht, aber ich denke mal, dass dir das nicht so viel ausmachen wird. Und wenn nicht, dann entschuldige ich mich hiermit natürlich bei dir.“ Sabrina grinste mir eiskalt frech ins Gesicht und beim Gedanken daran, dass sie dieser armen Frau einen Teil der Hüfte bei lebendigem Leib ausgebissen hatte, musste ich schwer schlucken. Sie hatte sich tatsächlich zu einem Monster entwickelt. Auch wenn ich es die ganze Zeit noch nicht wahrhaben wollte, dann war das jetzt ganz sicher der Beweis dafür.

 

„Du widerst mich an.“ Ein gefährliches Knurren verließ meine Kehle, was Sabrina allerdings einfach nur auflachen ließ. Ich schluckte meine Wut herunter. Sie machte sich über mich lustig. Sabrina zerrte die Frau näher Richtung Gitterstäbe und machte sich daran die Tür aufzuschließen. Mein Herz raste wie wild. Ich wollte diese Frau, wollte, dass meine Schmerzen endlich aufhörten und wollte einfach nur ihr verlockendes Blut kosten. Damit würde ich Sabrina allerdings den Sieg schenken, was ich definitiv nicht wollte. Ich wollte dieser Frau nicht das Leben nehmen. Auf gar keinen Fall. Aber ich war ein Vampir und ich wusste, dass ich mich dagegen nicht wehren konnte. Nicht gegen solch verlockendes Blut. Mit einem lauten Knarren stieß Sabrina die Tür auf und schmiss die schreiende Menschenfrau in meine Zelle. So schnell wie ich konnte setzte ich mich so weit wie möglich von dieser Frau entfernt auf den Boden. Ich würde sie nicht umbringen. Würde Sabrina diesen Triumph nicht gönnen. Ohne hinzuschauen wusste ich, dass zwei schokoladenbraune Augen mich höhnisch betrachteten.

 

 

 

Kapitel 43

Widerstand ist zwecklos

 

 

Mit jeder Sekunde, die verstrich, erschien mir das Blut noch verlockender. Es war das Blut einer unschuldigen Frau, die wahrscheinlich in den nächsten Sekunden ihr Leben verlieren würde. Meine Hände krallten sich mir in die Haut. Ich merkte wie mein Blut durch den dunklen Stoff meines Shirts sickerte. Lieber mein Blut, als ihres. Die Frau lag am anderen Ende der viel zu kleinen Zelle und wand sich vor Schmerz. Mit zitternden Händen griff sie sich an ihre Hüfte … zumindest an den Teil der Hüfte, der noch da war. Warme Tränen flossen ihr über ihre Wangen. Man sah ihr ihr Leid förmlich an und ich bekam Mitleid. Dann begann ich den größten Fehler, den ich in dieser Situation nur begehen konnte: Ich atmete tief ein. Wie eine Bombe schlug der gewaltige Geruch auf mich ein. Das nächste was passierte dauerte nur knapp eine Minute. Ich sprang vom kalten Boden auf und überquerte in zwei Schritten die Zelle. Die Frau schrie immer noch, jedoch sollte das nicht mehr lange andauern. Meine Hand legte sich auf ihren Kopf und ich riss ihn hektisch zur Seite, sodass ihr Hals nun vor mir frei lag. Zärtlich strich ich ihr mit meiner freien Hand über die Halsschlagader. Ihr Blut pochte gleichmäßig unter ihrer Haut, was mich zum Lächeln brachte. Kurz wand ich den Blick von ihrem Hals ab … dann biss ich zu. Alle meine Sinne wirkten wie betäubt, als ihr warmes Blut in meinen Mund strömte. Es war einfach herrlich, als alles in mir zu explodieren drohte. Mit jeder Sekunde und mit jedem weiteren Schluck wurde das Brennen in meinem Hals mehr und mehr besänftigt. Gleichzeitig registrierte ich, dass sich die Frau nicht mal wehrte. Sie begrüßte fast schon freudig den Tod und hoffte auf Erlösung. Ein zufriedenes Stöhnen entwich mir, als die Frau leblos vor mir auf den Boden sackte.

 

Noch immer lag mir der köstliche Geschmack auf den Lippen. Am liebsten hätte ich ihn nie wieder hergegeben. Ein amüsiertes Lachen ließ mich schlagartig umdrehen. Ich hatte Sabrina komplett vergessen. Lässig lehnte sie an der Wand und musterte erst mich und schaute schließlich zur Leiche. Ein blutüberströmter Körper und schuldig anstarrende Augen kamen mir zu Gesicht. Was hatte ich nur angerichtet? Wie konnte ich nur nachgeben?

 

„Respekt meine Liebe. Du hast mein Meisterwerk perfekt beendet. Ich wusste doch, dass unsere Freundschaft doch noch einen gemeinsamen Punkt zum Festhalten hat.“ Wut ließ mich aufkochen. Meine blutverschmierten Hände ballte ich zu Fäusten.

 

„Du weißt ganz genau, dass wir keine Freunde mehr sind!“ Meine Stimme glich einem Fauchen, bei dem selbst Sabrina für einen Augenblick lang überrumpelt wirkte.

 

„Ach Diana. Was redest du denn da? Hast du dir das Gehirn etwa ausgesoffen?“

 

„Jetzt hör mir mal gut zu. Du kannst mich zwar runtermachen, einsperren und vielleicht auch töten. Ja selbst meine Selbstbeherrschung kannst du zerstören. Aber weißt du was ich kann? Ich kann dich dafür hassen, dass du mich verraten und hintergangen hast. Hintergangen für einen lächerlichen Typen, der vorher mit mir rumgeknutscht hat, für den du nur ein erbärmlicher Mensch warst. Genau dafür hast du unsere Freundschaft hingeschmissen.“ Abwartend schaute ich Sabrina an, die mich einfach nur kühl musterte. Ich dachte schon, dass sie gar nichts mehr sagen würde, da sie schon seit gefühlten Minuten geschwiegen hatte, doch dann brach sie das Schweigen doch noch.

 

„Es mag zwar vielleicht teilweise stimmen, was du gesagt hast. Ich verzichte auf dich, weil ich dadurch David habe. Allerdings scheinst du wohl überheblich geworden zu sein, wenn du Menschen schon als erbärmlich bezeichnest.“ Bevor ich darauf etwas sagen konnte, warf sie schon ihre dunkle Mähne zurück, drehte sich um und ließ mich allein. Ihre Worte nagten an mir. Ich meinte es nicht so, wie ich es sagte. Jetzt hatte ich mich einmal falsch ausgedrückt und sie haut es mir gleich rein. Verdammt, ich wollte hier endlich raus.

 

Erschöpft lag ich in der Ecke und starrte Löcher in die Wand. Könnte sie sich nicht einfach wegbewegen? Auf einmal kam mir die Idee. Die Elemente! Mein Blick blieb starr auf der Wand liegen. Ich schloss meine Augen um mich mehr konzentrieren zu können. Innerlich stelle ich mir vor, wie sich vor mir ein riesiger Wirbelsturm erstreckte und direkt auf die angrenzende Wand zuwehte und diese auseinanderbrach. Als ich anschließend meine Augen wieder öffnete, musste ich feststellen, dass sich rein gar nichts getan hatte. Die Wand war immer noch da wo sie auch zuvor war und auch im Allgemeinen war es komplett windstill in meiner Zellen. Mist. Man musste irgendetwas gemacht haben, dass meine Kräfte und somit auch die Elemente nicht funktionieren.

 

Ich sackte schwer in mir zusammen. Obwohl es nicht geklappt hatte, fühlte ich mich trotzdem total ausgelaugt. Irgendwie musste es an meinen Kräften gezehrt haben. Nach und nach wurde mir klar, dass es wohl wirklich keinen Ausweg zu geben schien. Ich war hier gefangen und würde hier nicht mehr rauskommen. Zumindest nicht lebendig. Mir blieb nur noch ein einziger Hoffnungsschimmer. Ich hoffte, dass Alex kommen würde um mich hier herauszuholen. Vielleicht würde er ja irgendeinen Weg finden und mich befreien. Ich klammerte mich ziemlich daran fest obwohl ich nicht einmal wusste ob er sich wirklich die Mühe machen würde mich zu retten. Ich schüttelte schnell den Kopf. Natürlich würde er sich die Mühe machen. Er hasst mich nicht mehr und wir haben schon viel gemeinsam durchgemacht. Wahrscheinlich war er sogar schon auf dem Weg oder hatte zumindest einen Plan. Alex hatte immer einen Plan, das wusste ich ganz genau. Nur eins machte mich stutzig. Würde er sich wirklich gegen seinen engsten Verbündeten David wenden? Er wusste zwar, dass er mittlerweile zum Mistkerl mutiert war, aber reichte das aus? Meine Augenlider waren bereits am Flackern. Ich war sehr müde und das obwohl ich jegliches Zeitgefühl verloren hatte. Ich begann die Geräusche weniger wahrzunehmen und selbst der Geruch der toten Frau, die nur knapp zwei Meter von mir entfernt auf dem Boden lag, wurde von mir aus meinem Kopf verbannt. Mein Atem wurde flacher und ich hieß den trostlosen Schlaf willkommen.

 

 

 

Kapitel 44

Countdown

 

Diana, Tochter. Wach auf. Du musst endlich aufwachen.“ Dieser Traum war anders. Ich sah schwarz. Eine totale Schwärze umgab mich. Es war allerdings nicht beängstigend oder einschüchternd. Nein, es war einfach als ob man in ein Nichts starren würde.

 

Diana. Sieh dich vor. Pass auf dich auf. Du musst aufpassen.“ Gabriel? Ich wollte etwas sagen, erwidern. Jedoch fühlte sich mein Mund wie stumm an. Auch bewegen konnte ich mich nicht.

 

Das bringt nichts, Tochter. Diana kann uns vermutlich nicht hören. Der Schutzzauber ist zu stark.“ Mein Mund öffnete sich um ihnen zuzuschreien, dass ich sie sehr wohl hören konnte. Allerdings wurde ich dann auch schon von zwei starken Armen gepackt und aus der Schwärze gerissen.

 

Ich wurde von zwei zornigen Augen angefunkelt. Nein. Es waren vier Augen, die mich wie spöttisch betrachteten. Zwei Augenpaare, zwei Personen. Wachen?

 

„Beweg dich, Miststück.“ Wütend drehte ich den Kopf zur Seite und spukte dem mir unbekannten Mann ins Gesicht. Eine Sekund lang sah ich, wie er mich überrascht betrachtete. Dann hob er auch schon seine Hand und schlug mir damit lautstark ins Gesicht. Brennender Schmerz durchzuckte meine rechte Gesichtshälfte. Was waren das alle hier eigentlich für Widerlinge? Einer der beiden Männer packte mich von der linken Seite und der andere zerrte mich an meiner rechten Seite mit sich. Was war jetzt denn los? Wohin brachten sie mich? Brachten sie mich zu David? Warum war Alex nicht da? Ich war immer noch ein wenig verdattert. Immerhin wird man nicht ständig aus dem Schlaf gerissen und muss sofort reagieren. Beide Männer gingen mit mir um, als wäre ich ein lästiger Käfer, den man gleich zerdrücken würde. Meine Arme begannen bereits zu schmerzen und ich war kurz davor vor Schmerz zu aufzuschreien. Es wurde eine große Tür geöffnet und die Wachen schleiften mich hinein in einen großen Saal. Es war sehr dunkel und einzig und allein hielten Kerzen den Raum hell.

 

Das erste, das ich sah, war ein großer Tisch. Jedoch wandte ich den Blick davon ab. Noch konnte ich ja nicht ahnen, dass dieser Tisch noch etwas zu bedeuten hatte. Dann fiel mein Blick auf Sabrina. Sie lehnte lässig an der Wand und zwinkerte mir kurz zu. Schließlich aber fiel mein Blick auf die letzte Person in diesem Raum. Kaum sah ich ihn, spürte ich die pure Wut in mir aufsteigen. Meine Wut wurde noch größer, als sich dieser Mistkerl auf Sabrina zubewegte, sie an sich ranzog und küsste. Natürlich wusste ich, dass das pure Provokation war, jedoch regte ich mich trotzdem drüber auf.

 

„Wie geht es dir Diana? Hast du gut geschlafen?“ David schlenderte locker zu mir rüber und grinste mir boshaft ins Gesicht. Natürlich, was denn auch sonst.

 

„Spars dir David. Ich wusste die ganze Zeit, dass du ein Drecksack bist.“ Nun wurde Davids Grinsen nur noch größer.

 

„Weißt du Diana, ich wusste gar nicht, dass du so eine Ausdrucksweise besitzt. Sollte man das als Königin nicht lieber sein lassen?“ Sabrina kicherte und David schaute mich abwartend an. Am liebsten hätte ich ihn einfach links stehen gelassen und wäre gegangen. Aber nein, ich musste ja hier festgehalten sein.

 

„Aber eine richtige Königin warst du ja noch nie … wirst du nie sein können.“ Meine Wut wurde zu Angst. Nur zu deutlich hatte ich die Andeutung verstanden. Was würde mich jetzt bitte erwarten?

 

„Fesselt sie auf den Tisch.“ Kaum hatte David diesen befahl ausgesprochen, packten mich die zwei Wachen und schleiften mich zu dem großen Tisch. Ich realisierte gar nicht richtig, was geschah, da alles einfach viel zu schnell ging. Erfolgslos versuchte ich mit meinen Beinen nach David und den zwei anderen Männern zu treten. Ich war gerade kurz davor David meinen Fuß in die Intimregion zu rammen, als er mir mit lautem Knall ins Gesicht schlug. Aus Reflex hörte ich auf ihn zu treten und wurde in diesem Moment hochgehoben und auf den Tisch gelegt. David höchstpersönlich fesselte meine Hände sowie meine Füße. Verdammt, wo war nur Alex?

 

„Hör auf dich zu wehren, Diana. Es wird dir nichts bringen. Du wirst so oder so sterben.“ Ein erschrockenes Keuchen verließ meinen Mund, als David es endlich ausgesprochen hatte. Natürlich wusste ich es schon, aber es noch einmal zu hören, war wie ein Messerstich. Warum war Alex nicht da? Er sollte sich wirklich mal dringend beeilen.

 

„Ich werde dich ganz langsam und qualvoll töten. Erst werde ich dir wehtun, bis du mich anflehen wirst dich zu töten und dann werde ich dir kurz vor Sterben das Blut aussaugen.“ Seine Augen glitzerten vor Freude und ich musste feststellen, dass er ein wahrer Sadist war. Die Angst saß mir tief in den Knochen und ich wünschte wirklich heute gar nicht aufgewacht worden zu sein. Sophie hatte also tatsächlich Recht gehabt.

 

„Warum tust du das David? Was genau habe ich dir getan?“ Ich musste stark bleiben um nicht anzufangen zu weinen.

 

„Macht! Durch deinen Tod werde ich unbesiegbar werden. Es gibt kein Wesen hier in Melodia, welches Vampir und Werwolf zugleich ist. Man wird mich fürchten und ich alleine werde über Melodia herrschen. Niemand wird sich trauen sich gegen mich zu stellen. Davor hätten sie viel zu viel Angst. Man wird mich wie einen König behandeln. Wie einen richtigen König. Nicht so wie die ganzen Jahre bisher. Ich werde mich nach niemandem mehr richten müssen. Alles wird sich nur um mich drehen. Ist das nicht großartig?“

 

„Du widerst mich an.“ So ein egoistisches Arschloch.

 

„Danke. Ach ja ich habe noch etwas für dich. Ein Geschenk kurz vor deinem Tod. Ich hoffe du freust dich darüber.“ Ein Geschenk? Was für eine Boshaftigkeit kam denn nun schon wieder? Was hatte er gemeines geplant um mir eins auszuwischen? Es konnte sich nur um irgendetwas Schlimmes handeln. Etwas anderes konnte David nicht. Er konnte nur boshaft und gemein sein.

 

„Holt ihn rein.“ Ihn? Okay, was hatte er vor? Wen sollte er reinholen? Ich drehte meinen Kopf so weit wie möglich nach links um zur Tür schauen zu können. Die Türen wurden mit lautem Knall aufgestoßen. Was ich dann sah, schockte und freute mich zugleich. Der Mann, der in den Saal gelaufen kam, war kein anderer als Alex.

 

 

 

Kapitel 45

Verraten

 

„Alex!“ Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich ihn sah. Jetzt würde alles besser werden. Alex lief gerade aus weiter und direkt auf David zu. Ja, jetzt würde er ihm eine verpassen und mich garantiert befreien. Mein Herz schlug wie wild und trotz den Umständen musste ich lächeln, als ich ihn sah. Ich wusste doch, dass er noch kommen würde. Ich hatte es die ganze Zeit lang gewusst.

 

„Hallo Alex, wie geht es dir? David lächelte Alex freundlich an und dieser grinste genauso erfreut zurück.

 

„Hey David. Mir geht es bestens. Ich hoffe doch dir auch?“ Irritiert betrachtete ich das Schauspiel. Was tat Alex da? War er etwa freundlich zu unserem Feind?

 

„Natürlich. Lass es uns endlich zu Ende bringen.“ David legte brüderlich den Arm um seinen Mitherrscher und ging mit ihm zu mir herüber.

 

„Oh ja. Ich bin gespannt wie du sie umbringen wirst. Ich hoffe doch, dass ordentlich Blut fließen wird.“ Es kam mir so vor, als würde die Welt zerspringen. Hatte ich das gerade richtig gehört? Das konnte er unmöglich gesagt haben. Mein Herz schlug immer noch ganz schnell. Es schien zu hyperventilieren und gleich in tausend Teile zu explodieren.

 

„Alex.“ Sein Name war nur ein Murmeln. Ich war einfach sprachlos. Er sollte mir sagen, dass das gerade eben nur ein Spaß war und dass er das nicht so gemeint hatte. Immerhin konnte es sich hier doch tatsächlich nur um einen Scherz handeln, oder? Ich glaubte immer noch daran, dass er gleich David das Herz heraus reißen würde.

 

„Darf ich sie aufschneiden?“ Mir fielen fast die Augen aus. Ich hatte mich definitiv nicht verhört. Was war nur in ihn gefahren? Mein HhhHoffnung begann zu schwinden.

 

„Ich dachte du bist auf meiner Seite.“ Stumm floss mir eine Träne über die Wange. Mein Herz war am Zerreisen. Was für ein Vertrauensbruch. Wie kann er sich nur so verhalten.

 

„Lächerlich. Warum sollte ich mich auf die Seite einer kleinen hässlichen Schlampe stellen?“

 

„Warum sagst du so etwas?“ Meine Stimme war ein Schluchzen. Kaum war mir eine Träne über die Wangen gelaufen, folgte auch schon die nächste. Ich dachte, ich konnte ihm vertrauen. Ich dachte wirklich, dass er im Herzen doch gut war. Stattdessen war er die ganze Zeit über auf Davids Seite gewesen. Ich war ja so dumm. Ich hätte ihm tatsächlich nie vertrauen sollen. Wahrscheinlich hatten sie beide ausgeheckt, dass Alex sich bei mir einschleimen sollte damit mir beide noch mehr weh tun konnten. Was war mit Sophie? Hatte sie mich auch so angelogen wie Alex? Hatte sie mein Vertrauen genauso ausgenutzt. War ich hier wirklich komplett alleine?

 

„Weil es die Wahrheit ist.“ Alex nahm ein langes Messer, welches David ihm gereicht hatte. Geschockt und traurig schaute ich ihm in die Augen. Dieses Mal glänzten sie nicht. Es war als würde ich in zwei schwarze Löcher schauen, welche mich zu verschlingen drohten. Alex legte das Messer an meinem Oberteil an und durchtrennte es mit einem schnellen Schnitt, ohne mich dabei zu verletzen. Noch nicht. Es war eine Demütigung, als ich im BH vor den zwei Jungs lag und sie mich auslachten. Was sollte das? Konnten sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Konnte Alex nicht einfach aufhören mich so zu demütigen? Immer noch am Lachen, legte Alex das Messer an meinem Oberarm an und riss es mit einer schnellen Bewegung zehn Zentimeter nach unten. Ein lauter Aufschrei verließ meinen Mund und bevor ich es sah, roch ich schon, wie mein Blut austrat. Keuchend betrachtete ich die Wunde. Er hatte tief eingestochen, das sah man an der großen Menge Blut, die ich verlor.

 

„Sie schreit mir noch zu wenig.“ Alex legte den Kopf schief und hatte mir keine Sekunde später das Messer in den Bauch gerammt. Meine Hände verkrampften sich und ich spürte immer noch, wie das Messer in mir drin steckte. Es war absolut schrecklich und ich wünschte tatsächlich, dass das alles schon vorbei war. Aber noch mehr wünschte ich mir, dass Alex wieder der Alex war, den ich in letzter Zeit so sehr ins Herz geschlossen hatte.

 

„Merkst du, wie deine Wunden beginnen sich zu schließen? Wie wird es sich wohl anfühlen, wenn ich das Messer wieder herausziehe? Ich denke wir zwei sollten es mal ausprobieren, oder was meinst du?“ Alex legte seine eine Hand an das Messer und lächelte gehässig. Warum mussten sich meine Wunden nur so schnell schließen? Alles nur, weil ich zum größten Teil ein magisches Wesen war.

 

„Aufhören!“, schrie ich als Alex das Messer langsam herauszog und ich spürte wie sich mein Bauch erneut aufschnitt.

 

„Jetzt bin ich dran Alex. Sie muss noch genug Blut im Körper haben, damit es funktioniert.“ David betrachtete mich höhnisch und auch seinem Blick sah ich an, dass er es gerade genoss mich so dazuliegen zu sehen.

 

„Kein Problem David. Ich glaube ich habe der Schlampe gezeigt, dass ich ihr überlegen bin.“ Kurzzeitig wurde mein Blickfeld dunkel und ich bekam es gar nicht richtig mit, wie David nach einem Brenneisen griff. Zu sehr überwog der seelische Schmerz, den mir Alex zugefügt hatte. Den er mir mit Spaß daran zugefügt hatte. Wie konnte man sich nur so sehr in einer Person täuschen?

 

„Achtung heiß.“ Laut schreiend spürte ich wie sich mein bisher unverletzter Arm verbrannte. Ich konnte nicht mehr. David sollte jetzt endlich von mir trinken. Überall war Schmerz und doch nahm ich alles nur noch halb wahr. David drehte meinen Kopf zur Seite.

 

„Hast du noch irgendwelche Wünsche?“ Sein Tonfall war siegessicher.

 

„Fahr zur Hölle.“, hauchte ich kraftlos. Dann spürte ich seine Zähne in meinem Hals. Es tat weh, aber irgendwie war es auch befreiend, als er mir meine Lebensenergie aussaugte. Ich blickte während dem Sterben direkt auf Alex. Er grinste wieder und ich merkte gerade noch wie er mir gehässig das Wort „verdient“ an den Kopf warf. Bevor ich starb musste ich feststellen, dass ich ihn nicht hasste. Nein, das tat ich nicht. Dann kam es mir so vor als würde ich vor einem dunklen Abgrund stehen. Befreiend ließ ich mich hineinfallen und hieß den Tod willkommen.

 

 

 

Kapitel 46

Wiedersehen

 

Ich hätte nie gedacht, dass zu fallen sich so gut anfühlen konnte. Es kam mir nicht vor, als würde ich fallen. Nein. Es fühlte sich an als würde ich etwas Herrlichem entgegenschweben. Ich fühlte mich frei. Frei wie ein Vogel. Ein glückliches Lachen kam von mir. Ja, ich fühlte mich tatsächlich großartig. Der ganze Schmerz war von mir gefallen und ich war einfach nur noch glücklich. Ich befand mich mittlerweile gar nicht mehr in einer Schwärze. Ich war umgeben von hellem Licht. Nach und nach begann ich Umrisse zu erkennen und das Licht wandelte sich um zu einem großen Schloss. Ich befand mich direkt vor dem Eingangstor. Links und rechts von mir befanden sich Wachen. Wachen mit Flügeln.

 

„Tretet ein. Eure Mutter und Euer Großvater erwarten Euch schon.“ Die zwei Engel nickten mir freundlich zu und öffneten das Tor. Okay, ich war im Himmel. Warum allerdings wurde ich erwartet. Ich meine, ich war doch tot. Die Sonne strahlte mir entgegen und ließ den großen Thronsaal hell erleuchten. Ich sah vereinzelt Wachen an den Türen stehen, die auf irgendetwas hinter mir starrten. Erst nach und nach wurde mir klar, dass sie eigentlich auf mich starrten. Mein Blick fiel zu den Thronen. Es waren zwei Stück. Dann fiel mein Blick auf meine Mutter.

 

„Mum!“, schrie ich und rannte sofort auf sie zu, die bereits aufgesprungen war um mir entgegen zu kommen. Keine Sekunde später lag ich auch schon in ihren Armen und begann zu schluchzen. Ich hatte sie seit Wochen nicht mehr gesehen und dachte eigentlich, dass ich sie nie wieder sehen würde.

 

„Ist ja gut. Ist ja gut mein Schatz.“ Besänftigend strich sie mir über den Rücken und ich strich mir die Tränen schnell weg. Das ganze Leid der letzten Stunden fiel von mir ab und ich konnte kurze Zeit sogar Alex vergessen.

 

„Keine Sorge Diana. Jetzt wird alles gut.“ Ich hatte komplett vergessen, dass ich mit meiner Mutter nicht alleine war. Nach einem kurzen letzten Drücken ließ ich meine Mum los und ging zu Gabriel, von dem ich kurz darauf auch schon in eine kurze Umarmung gezogen wurde.

 

„Bin ich tot?“, fragte ich schließlich und sah wie meine Mum lächelte. Es war kein ganz glückliches Lächeln. Es ähnelte eher einer verzogenen Grimasse.

 

„Nun ja also im Moment bist du noch tot, ja. Vater und ich glauben allerdings, dass es möglich wäre, dass dein Körper dein Seele wieder annimmt.“ Okay, ich verstand gerade nur Bahnhof.

 

„Ähm warum glaubt ihr das?“, hakte ich neugierig nach.

 

„Weil du das Element Geist beherrscht. Es gibt dir Kraft und sorgt für eine schnellere Heilung. Ich glaube, dass es sogar möglich wäre deine Seele wieder an deinen Körper zu binden und dich somit wieder ins Leben zu rufen.“ Gabriel wirkte sehr schlau, als er das sagte. Konnte sowas nicht auch vererbt werden?

 

„Und was ist wenn das ganze nicht klappt?“ Irgendeinen Haken musste das ganze doch haben.

 

„Davon wollen wir jetzt erst mal besser nicht ausgehen. Komm mit.“ Ein wenig machte sich die Panik in mir aus. Was war wenn es nicht klappte? Musste ich sie dann wieder verlassen? Gabriel und meine Mutter führten mich aus dem Saal in einen kleinen Raum. Es befanden sich nur vier Stühle in diesem Raum und eine leichte Betonerhöhung. Irgendetwas lag darauf und als ich näher herantrat bemerkte ich auch was es war. Es handelte sich um mich.

 

Meine Leiche war gesäubert und nichts zeigte mehr mein Leid. Meine Augen waren geschlossen, was vermutlich auch besser so war. Ich trug ein knielanges weinrotes Kleid und man hatte mir schwarze Pumps angezogen. An meinen Armen erkannte man beim näheren Hinschauen die Brandwunde an meinen einen Arm und den Schnitt an meinem anderen Arm. Die Wunden waren am Verheilen und das obwohl ich gestorben war. Mein Gesicht wirkte friedlich. Ja, ich war froh von der Welt zu gehen. Schließlich schaute ich an mir herunter, also an meiner Seele. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ein weißes Kleid trug und meine Beine fast schon durchsichtig aussahen. Obwohl es richtig gruselig war festzustellen, dass man tatsächlich eine Seele war, fand ich es richtig cool.

 

„Also gut, packen wirs an. Was genau muss ich tun.“ Verwundert wie selbstsicher und entschlossen ich klang, runzelte ich die Stirn.

 

„Also gut. Es ist nicht schwer. Du musst dich einfach auf deinen Körper legen. Du wirst dann schon merken was ich meine. Anschließend schließt du die Augen und versuchst dich mit deinem Körper zu verbinden. Und bitte frag mich nicht wie du das machen sollt. Ich habe selbst keine Ahnung. D musst es einfach ausprobieren.“ Klang ja nach einem tollen Plan. So ausführlich und genau.

 

Ich setzte mich an die Betonerhöhung und legte mich schließlich zu meinem Körper. Ich versank förmlich in ihm und kaum tat ich das sah ich nur noch schwarz. Sagen konnte ich nichts. Das wusste ich einfach, dass das unmöglich war. Ich hörte wie meine Mum und Gabriel miteinander tuschelten. Außerdem spürte ich deutlich, dass ich jederzeit einfach aufstehen könnte um meinen Körper zu verlassen. Also verbunden war das definitiv nicht. Ich versuchte meine Gedanken von allem zu trennen und stellte mir vor, wie meine Seele zu meinem Körper wanderte. Mann, war ich heute mal wieder kreativ. Gabriel flüsterte meiner Mum irgendetwas zu als ich gerade das Gefühl hatte überzuwandern.

 

„Seid doch mal still!“ So konnte man sich doch nicht konzentrieren. Kaum hatte ich das ausgesprochen wurden meine Mum und mein Opa ruhig. Meine Mum begann zu lachen und fragend setzte ich mich auf.

 

„Was ist denn daran so witzig? Wenn ihr wollt, dass das ganze hier klappt, dann müsst ihr euch ruhig verhalten. Tut ihr das nicht werde ich meinen Körper wohl gar nicht mehr wieder erlangen.“ Kaum hatte ich das gesagt, zeigte Gabriel auf mich. Kurz verdrehte ich die Augen und schaute an mir herunter. Immerhin wollte ich wissen, was er gemeint hatte. Dann sah ich es. Ich trug ein rotes Kleid mit schönen Verzierungen. Dazu standen meine neuen schwarzen Lackpumps auf dem hellen Boden.

 

Ich hatte meinen Körper zurück!

 

 

 

Kapitel 47

Racheengel

 

„Ich finde das so krass. Ich hatte das gar nicht mitbekommen. Auf einmal war ich wieder ich.“ Lachend nahm ich mir ein Stück Schokokuchen und biss herzhaft in ihn hinein. Wozu eine Gabel, wenn es auch ohne ging? Das war mein Motto.

 

„Ich bin so froh, dass es geklappt hat, Schatz.“ Nur zu deutlich spürte ich die Liebe in ihren Worten und ich war mir auch sicher, dass Gabriels Lächeln zu hundert Prozent echt war.

 

„Ich würde gerne bei euch bleiben.“ Erst nachdem ich das ausgesprochen hatte, wusste ich, dass es auch wirklich so war.

 

„Wir würden uns sehr freuen, Diana. Allerdings müssen wir dann nach einer Lösung suchen. Wer soll Melodia regieren?“ Gabriel hatte Recht. Das war ein Knackpunkt.

 

„Aber da gibt es ja bestimmt eine Lösung. Ich möchte einfach erst mal zur Ruhe kommen. Ich meine ich bin gerade erst gestorben und dann gleich wieder zurückgekommen. Es gibt nur eine Sache, die ich erledigen möchte, bis ich mich dann endlich ausruhe.“ Mein Mum nickte. Ich war ihre Tochter. Natürlich wusste sie was ich vorhatte.

 

„Ich möchte Rache an David nehmen. Ich möchte, dass er fühlt wie ich. Ich will, dass er stirbt.“ Endgültigkeit schwang in meiner Stimme. Ich war mir damit sicher. War mir hundertprozentig sicher. Davon würde mich nichts mehr abbringen können.

 

„Bist du dir sicher? Ein Mord ist etwas, das deine Seele belastet. Ich weiß nicht ob du damit klar kommen wirst. Ich …“

 

„Er hat es verdient, Gabriel! Das ist meine Entscheidung und ich weiß, was ich tue.“ Eigentlich wollte ich ihn nicht so anschnauzen, aber das war nun mal ein wunder Punkt bei mir.

 

„Nun gut. Das hast du zu entscheiden. Aber was ist mit dem anderen? Was ist mit dem Vampir?“ Gabriel sprach es voller Verachtung aus und ich spürte sofort den Schmerz in meiner Brust. Ja, was war mit Alex?

 

„Ich hasse ihn nicht. Ich kann Alex einfach nicht hassen. Ich hoffe, dass er einfach abhaut. Wie ich handeln werde kann ich erst spontan sagen.“ Gabriel nickte nur und ließ zum Glück das Thema fallen.

 

„Fühlst du dich irgendwie anders als vorher?“ Gabriel schaute mich gespannt an.

 

„Vorher?“

 

„Vor deinem Tod. Fühlst du dich irgendwie verändert?“ Ach das meinte er. Gute Frage.

 

„Jetzt wo du es sagst. Ich fühle mich wirklich anders. Es kommt mir so vor als würden die ganze Zeit kleine Energieschübe durch meinen Körper zucken. Aber keine Sorge, es tut überhaupt nicht weh. Es ist irgendwie angenehm. Ich fühle mich fast schon … stark.“ Nachdenklich legte ich den Kopf schief und Gabriel lächelte.

 

„Womöglich hast du an Kräften dazugewonnen. Komm, folge mir. Das probieren wir jetzt gleich mal aus.“ Ich folgte Gabriel hinaus auf den Balkon. Mir fiel auf, dass ich hier schon mal war. Damals, in meinem Traum. Dort blieb er neben mir stehen.

 

„Stell dich aufrecht hin. In dir steckt Engel. Zeig mir deine Flügel.“ Erschrocken starrte ich ihn an. Wie sollte ich das denn bitte hinbekommen? Dazu war ich einfach zu schwach, hatte keinerlei Übung darin.

 

„Ich weiß nicht ob das funktioniert, Großvater.“ Gabriel zog amüsiert eine Augenbraue nach oben.

 

„Bleib besser bei meinem Namen. Wenn du mich Großvater nennst fühle ich mich so unheimlich alt. Und jetzt: Konzentriere dich!“ Wie auf Kommando stellte ich mich wie vorgegeben aufrecht hin. Wie bei den Elementen stellte ich mir vor, wie sich an meinem Rücken große, weiße Flügel bildeten. Leider spürte ich überhaupt nichts und stemmte genervt meine Hände in die Hüfte.

 

„Mann das klappt doch niemals.“ Ich war einfach miserabel darin.

 

„Ach ja?“ Warum schaute mich Gabriel so grinsend an? Ich hatte doch nicht etwa Flügel, oder? Ich reckte meinen Kopf etwas nach hinten. Dann sah ich sie. Sie waren sehr groß und sahen genauso weich aus, wie sie sich auch anfühlten. Die unzähligen weißen Federn waren gleichmäßig angeordnet. Wie aus Reflex stellte ich mir vor abzuheben und kaum hatte sich dieser Gedanke in meinen Kopf geschlichen, taten meine Flügel auch schon wie befohlen. Es war überhaupt nicht schwer, sondern kinderleicht.

 

„Siehst du das Schloss da unten? Geh und mach diesen Mistkerl fertig.“

 

„Danke Gabriel.“, sagte ich und dann flog ich los.

 

 

Das große Schloss erstreckte sich vor meinen Augen. Mithilfe der Elemente formte ich aus Wasser einen ziemlich spitzen Eiskristall. Den würde ich ihm direkt ins Herz rammen. Meine Flügel hatte ich noch draußen. Vielleicht würden sie mir ja helfen. Angst verspürte ich komischerweise keine. Was sollte passieren? Dass ich nochmal starb und dann womöglich wieder zurückkam? Leise öffnete ich das Schlosstor und trat hinein. Schon von weitem hörte ich David, wie er mit Sabrina redete. Ich beschloss an sie heran zu fliegen, da das leiser war, als würde ich laufen. Mit dem Eiskristall fest in der Hand blieb ich hinter David stehen. Auch Sabrina schien mich nicht zu bemerken. Purer Hass überkam mich. Zum Glück musste ich Alex‘ Anblick nicht auch noch ertragen.

 

„So sieht man sich wieder.“ David und seine Hure zuckten erschrocken zusammen und drehten sich augenblicklich zu mir um.

 

„D-diana?“ Sabrina fielen fast die Augen aus dem Kopf und David, ja David schaute mich einfach nur wie ein dämlicher Köter an.

 

„In Fleisch und Blut.“ David war der erste, der es schaffte sich wieder zu fassen. Das zeigte sich darin, dass er auf mich losging. Wie süß, dachte er tatsächlich, dass er mich jetzt einfach nochmal umbringen konnte?

 

„Weißt du, normalerweise bin ich kein rachsüchtiger Mensch, aber bei dir mache mal eine Ausnahme.“ Mithilfe meines Elementes Erde, fesselte ich Sabrina an die Wand. Immerhin wollte ich nicht, dass sie mir meine Rachetour versaute. David war immer noch der Schock über mein Erscheinen ins Gesicht geschrieben, dennoch versuchte er mich am Hals zu packen. Schnell wich ich ihm aus und versuchte ihn mit meinem Eiskristall zu treffen. David schien mich allerdings auch zu durchschauen, weshalb er schnell einen Schritt nach hinten wich um nicht getroffen zu werden. Ich ließ ihn durch Luft an die Wand wehen und drückte ihn dann dort fest. Mit dem Eiskristall fest in der Hand stach ich ihm in die Brust.

 

„Ich wünsche dir einen schönen Tod.“ David spuckte Blut und schaute mich böse an. Pah und diesen Mistkerl hatte ich mal geküsst. Nebenbei hörte ich Sabrina schreien, doch das war mir sowas von egal. David dunkle Augen wurden von Sekunde zu Sekunde kraftloser.

 

„Hexe.“, fluchte er.

 

„Nein. Racheengel.“ Sein ganzes Gesicht war mittlerweile blutüberströmt und sämtliches Leben hatte ihn verlassen. Mit einem Mal fühlte ich mich unglaublich gut. David hatte das verdient. Mein Blick drehte sich zur Seite. Sabrina hatte gerade geschafft sich von ihren Fesseln zu befreien. Aber anstatt auf mich loszugehen, rannte sie auf die Leiche von David zu und setzte sich weinend neben ihn. Ob ich Mitleid mit ihr hatte? Nein.

 

„Diana.“ Sophie kam aus der Tür. Sie war blass und an ihren Händen waren Abdrücke von den Fesseln.

 

„Du hast David getötet.“ Erschrocken stand sie da und starrte auf Sabrina und die Leiche. Ein Grinsen kam über meine Lippen.

 

„Komm mit. Wir müssen runter in die Kerker. Da ist Alex.“ Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals. Warum sollte ich zu Alex gehen? Warum war er im Kerker?

 

„Ich will nicht. Alex hat mich angelogen. Er hatte tatsächlich immer etwas gegen mich.“ Sophie schaute mich überrascht an.

 

„Dann lass uns erst Recht runter gehen. Er schuldet dir Rechenschaft.“ Ohne, dass ich antwortete, packte mich Sophie am Arm und zog mich auch schon Richtung Keller. Alex war wirklich der Letzte, den ich jetzt sehen wollte.

 

 

 

Kapitel 48

Wahrheit

 

Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Aber nicht so etwas Harmloses, sondern mit hunderten von Loopings in riesiger Höhe. Ja, so fühlte es sich gerade an. Mit zitternden Knien folgte ich Sophie in den Kerker und damit auch zu Alex. Ich wollte ihn nicht sehen. Das was er getan hatte war schlimm. Auch wusste ich nicht, was das hier nun überhaupt bringen sollte. Schließlich hatte er mir genau gesagt, was er von mir hielt. Alles war nur gelogen. Er hatte mich angelogen. Langsam merkte ich, wie das Adrenalin nachließ. Ich fühlte mich nun etwas schwächer … ich hatte auch gerade jemanden umgebracht. Erst bemerkte ich gar nicht, dass Sophie stehen geblieben war. So passierte es fast, dass ich in sie hineinlief. Gerade noch konnte ich mich abbremsen und stehen bleiben. Wie ferngesteuert hob ich meinen Blick und schaute in eine Zelle. Schaute direkt in die Zelle von Alex.

 

Ich hatte vorgehabt ihn anzuschreien. All meine aufgestaute Wut wollte ich an ihm auslassen. Vielleicht hätte ich ihn sogar geschlagen. Aber jetzt wo ich in sah stand ich einfach nur tatenlos da. Seinen Kopf hatte er gesenkt. Also schien er mich nicht zu bemerken. Er wirkte schmutzig. Sein Shirt war zerrissen und auch seine schwarzen Haare waren verdreckt. Warum hatte David ihn in den Kerker bringen lassen? Das gab doch überhaupt gar keinen Sinn. Ein schwerer Kloß befand sich in meinem Hals.

 

Mein Räuspern hallte durch das Verließ und Alex Kopf schellte nach oben. Seine schwarzen Augen starrten mich erst kalt an. Dann verwandelten sie sich nach und nach in zwei wundervolle schwarze Edelsteine ohne jegliche Kälte im Blick. Mein Atem beschleunigte sich ohne, dass ich das überhaupt wollte. Auch mein Herz legte einen Zahn zu und schien mir davongaloppieren zu wollen. Erst zu spät bemerkte ich die Tränen, die meine Wange herunterliefen. Ich betrachtete ihn einfach immer noch als Freund. Dennoch fragte ich mich, ob man bei einem einfachen Freund nicht doch etwas anders reagieren würde. Ich wünschte mir fast, dass er mehr als …

 

„Du lebst.“ Alex Stimme war kraftlos, aber dennoch klag er sehr überrascht und seltsam weich. Meine Seele wollte mehr von seiner Stimme hören. Sie gierte danach. Dennoch kam mir nicht mehr als ein einfaches Mhh über die Lippen.

 

„Wie kann das sein?“ Der Schmerz überrollte mich und mein Herz schien beinahe zu zerreißen. Es schien fast so als würde er sich freuen, dass ich lebte. Wieso?

 

„Geist.“, antwortete ich und er nickte. Lange konnte ich das nicht mehr aushalten. Zigtausend unterschiedliche Gefühle waren in mir drinnen und warteten darauf auszubrechen.

 

„Warum Alex? Warum?“ Schluchzend schaute ich ihn an. Was würde er wohl antworten?

 

„Das war nicht ich. Ich war verhext. David hatte eine Hexe dazu beauftragt, mir den eigenen Willen zu nehmen. Er fand es witzig dich so leiden zu sehen. Ich wollte das nicht. Es tut mir so Leid. Aber ich konnte nichts dagegen tun. Dann als er dich getötet hatte legte sich der Zauber und David ließ mich einsperren. Ich war ihm wohl nicht mehr nützlich. Diana, du musst mir glauben.“ Der Schock stand mir ins Gesicht geschrieben. Konnte ich ihm das glauben? Oder war das wieder bloß ein dämlicher Trick?

 

„David ist tot. Du brauchst mir nichts vorzuspielen.“ Er hatte mir schon zu lange etwas vorgespielt. Viel zu lange.

 

„Das tu ich nicht. Hilf mir hier raus und ich werde es dir bewiesen. Bitte.“ Flehend starrte er mich an. Was sollte ich nur tun? Fragend schaute ich zu Sophie, welche bloß mit den Schultern zuckte. Kurz schaute ich nochmal zu Alex und nickte schließlich. Sophie zog einen Schlüssel aus ihrer Tasche, den sie David abgenommen hatte. Damit schloss sie schließlich die Zelle auf, welche mit einem lauten Ruck aufflog. Alex stand auf und verließ den Kerker. Schweigend gingen wir drei wieder hoch. Natürlich fiel mir auf, dass Davids Leiche weg war und somit auch Sabrina. Mir war aber egal, wo sie waren.

 

„Also du wolltest es mir beweisen.“ Mit verschränkten Händen stand ich da und schaute ihn an. Alex stand mir gegenüber und starrte mich an. Da mir sein Blick zu eindringlich wurde, senkte ich meinen. Ich konnte ihn einfach nicht in die Augen sehen. Plötzlich legte sich eine sanfte Hand um meinen Nacken, woraufhin ich schnell wieder aufschaute. Alex Gesicht war knapp vor meinem. Alles in mir stand unter Spannung. Dies änderte sich auch nicht, als er seine Lippen sanft auf meine legte. Ohne anders zu können erwiderte ich seinen Kuss. In diesem Moment vergaß ich einfach alles. Es gab nur ihn, mich und mein zitternder Körper. Es fühlte sich wahnsinnig gut an. Alex fühlte sich einfach so gut an. Reflexartig schlangen sich meine Arme um seinen muskulösen Oberkörper. Viel zu schnell ließ Alex von mir ab. Ein schiefes Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht. Wie konnte er nur damit aufhören?!

 

„Na glaubst du mir jetzt?“ Zärtlich strich er mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Es war mir sogar egal, dass er überall Dreck an sich hatte.

 

„Aber wie konntest du das tun? Also mich küssen? Dein Fluch.“ Das Grinsen von Alex wurde größer.

 

„Weißt du, seit du wieder am Leben bist habe ich keinen Drang mehr dir etwas zu tun. Der Fluch muss irgendwie mit dir gestorben sein. Komisch, nicht wahr?“ Mit einem Nicken antwortete ich ihm. Das war ja großartig.

 

„Du musst mich noch mehr überzeugen. Ich glaube dir noch nicht ganz.“ Kichernd stellte ich mich auf die Zehenspitzen und wartete darauf, dass Alex mich küsste. Ja, ich war jetzt schon zu hundert Prozent süchtig. Aber nach jemandem wie ihm konnte man nur süchtig sein. Ich würde ihn immer wollen.

 

„Wenn du willst, dass ich dich küsse, dann kannst du das auch ruhig gerade heraus sagen.“ Lachend kam er mir entgegen und kurz darauf spürte ich schon wieder die liebevolle Wäre seiner Lippen. Als wären sie nur für mich gemacht worden. Als wir uns voneinander lösten, nahm er meine Hand. Seine Finger verrenkten sich mit meinen, was sich einfach nur wundervoll anfühlte. Dabei war Alex doch gar kein Typ, der Händchen hielt. Selbst Sophie, die ich fast schon vergessen hatte musste bei diesem Anblick leicht lachen. Ziemlich verständlich. Alex zog mich sachte ins Schloss zurück.

 

„Komm, lass uns aufräumen. Wir müssen immerhin ein Königreich leiten.“ Und irgendwie war ich mir sicher, dass Melodia ein neues Königspaar hatte.

 

 

 

Epilog

 

Dieses verdammte Miststück! Sie hatte mir meinen lieben David genommen. Dafür wird diese Hexe bezahlen. Ich werde dafür sorgen, dass sie bezahlt. Auch dieses Miststück Sophie. Ich werde sie alle umbringen. Mit David auf dem Arm betrat ich das Haus einer alten Zauberin. Schock war ihr ins Gesicht geschrieben, als sie mich erblickte. Sie hatte Angst.

 

„Gib mir einen Zauber um ihn wiederzubeleben, Alte.“ Sie wollte mir schon widersprechen, jedoch kam ich ihr zuvor.

 

„Du wirst tun was ich dir sage oder liegt dir etwa nichts an deinem Leben?“ Ich zog mit meiner freien Hand ein spitzes Messer aus meiner Tasche und hob es drohend hoch. Die Augen der Alten weiteten sich und sie schrieb mir schnell einen Spruch auf und reichte mir ein kleines Säckchen.

 

„Er soll es bei Sonnenuntergang im Mund haben und der Spruch muss drei Mal hintereinander aufgesagt werden.“ Zitternd öffnete sie die Tür. Wollte sie uns etwa schon los haben? Falsch lächelte sich sie an, dann rammte ich ihr das Messer in den Hals. Während sie an ihrem eigenen Blut erstickte schaute ich sie noch einmal an.


„Das war erst der Anfang. David hatte Recht. Morden macht tatsächlich Spaß.“

Impressum

Bildmaterialien: Cover created by T.K. Alice / t.k.alice@web.de
Tag der Veröffentlichung: 17.06.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An meine Leser und an meine beste Freundin Sabrina (hier Daddy's Mädchen)!

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