A´kebur lief zielstrebig zum Hangar. Charon 7 war während seine Abwesenheit nicht einladender geworden. Doch jetzt kam noch ein metallischer Geruch hinzu, der in der Luft lag und das Atmen erschwerte. A´kebur vermutete, dass das ein Nebeneffekt der Energieentladung war.
Aber es hatte den unbestreitbaren Vorteil, dass weniger Leute auf den Straßen unterwegs waren. Und das Beste daran war noch die Tatsache, dass der brummige Raumhafenaufseher sich in einer Diskussion mit ein paar unfreundlich wirkenden Tellariten vertieft hatte und keine Notiz davon nahm, als A´kebur einfach den Hangar betrat.
Er durchquerte die Hallen bis hin zur letzten, wo die Drake das letzte Mal gestanden hatte und blieb überrascht stehen.
Das Schiff war weg.
Er ging den Weg zurück, um zu sehen, ob er sich nicht irrte. Doch da, wo die Drake hätte stehen sollen, war kein Schiff. Nicht einmal ein anderes. Die Stelle war einfach leer. A´kebur überlegte, ob er doch dem Raumhafenaufseher einen Besuch abstatten sollte. Er kam zu dem Schluss, dass ihm wohl kaum etwas anderes übrigblieb.
Dieser hatte gerade sein Gespräch mit den Tellariten beendet und rieb sich die Stirn. "Was gibt es?", knurrte er A´kebur missgelaunt an. "Alle Schiffe haben Starterlaubnis, wenn es darum geht. Keiner will hier mehr länger als nötig bleiben."
"Die Leute verlassen den Planeten?", fragte A´kebur.
"Und wie! Noch nicht gemerkt? Das geht aber erst seit ein paar Tagen so, vorher war alles ruhig. Also, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!"
A´kebur nickte. "Ich suche die Drake. Hat sie jemand abgeholt?"
"Die Drake?" Der Hafenvorsteher kratzte sich hinterm Ohr. "Die wurde vor ner Woche oder so abgeholt. Papiere und alles stimmten, also hab ich Starterlaubnis gegeben, wo doch der Besitzer getürmt war. Jedenfalls war das alles legal!", fügte er hastig hinzu.
"Und wer hat sie abgeholt?"
"So Typen in schwarzen Lederuniformen. Wie gesagt, offizielle Papiere und alles, die waren sicher von der Föderationssicherheit oder so. Geht mich auch nichts an."
"Der Geheimdienst?"
"Fragen Sie mich nicht, ich habe keine Ahnung von solchen Sachen und will es auch nicht wissen!", knurrte der Mann, "Gehen Sie die Leute in der Chefetage fragen, ich will keinen Ärger." Damit wandte er sich ab und ging.
A´kebur ließ sich das nicht zweimal sagen. Er drehte sich auf dem Absatz um und lief zum Büro. Er rechnete nicht mit einer direkten Antwort. Aber mit Hinweisen. Das Problem war nur, dass er im Büro niemanden mehr antraf, nur eine automatische Bildschirmantwort, die ihm mitteilte, er sollte sich an den Raumhafenaufseher wenden und ihm dann einen schönen Tag wünschte. Entweder war hier gerade ein freier Tag oder die ganze Organisation von Hades City brach bereits zusammen.
A´kebur vermutete letzteres. Er ließ sich unverrichteter Dinge wieder auf die Sovk beamen. Kaum wieder oben, suchte er nach der Drake.
Aber das Schiff war wie vom Erdboden verschluckt. Warpsignaturen waren nicht mehr auffindbar und Aufzeichnungen fanden sich auch keine. Nicht einmal die Sensordaten der letzten Wochen zeigten etwas.
Das konnte nicht sein. A´kebur wusste, dass er unter Druck stand. Er musste so schnell wie möglich abreisen, hatte jedoch keine Ahnung, wo die Drake war und warum sie jemand weggeschafft hatte. A´kebur überlegte, ob er Lakon fragen sollte. Aber der Captain hatte ihm schon genug geholfen und hätte ihm sicher bereits mitgeteilt, wenn er etwas wusste. Nein, er musste das alleine herausfinden.
A´kebur begann systematisch den Computer nach allen ankommenden und wegfliegenden Schiffen zu durchsuchen. Er fand in der Datenbank des Hangars auch die Austragung der Drake. Er hoffte nur, dass niemand herausfand, dass er sich in das System eingehackt hatte. Endlich fand er etwas, was ungewöhnlich war. Ein Föderationsschiff. Es war ein schnelles Schiff und es besaß keine besondere Kennung, was es an sich ungewöhnlich machte.
Auch waren weder Passagiere noch Fracht vermerkt, und ein Forschungsschiff war es sicher nicht. Was hatte es hier gewollt?
Der Hafenmeister hatte Geheimdienstler vermutet oder es zumindest nicht abgestritten und danach sah es wirklich ganz aus. Aber wie hatten sie von Etiennes Schiff erfahren und dessen inoffiziellen technischen Extras? A´kebur wusste, dass er all das im Augenblick nicht herausfinden konnte. Aber ein Zielort dieses geheimnisvollen Schiffes wäre nicht schlecht gewesen.
Er isolierte die Spur des Schiffes. Leider waren zu viele Schiffe bereits abgeflogen. Dennoch, eine Richtung konnte er mit hoher Wahrscheinlichkeit herausfinden und wenn sich dann ein logisches Ziel auf diesem Korridor befand, musste er nicht mehr die gesamte Galaxie durchsuchen.
A´kebur fragte in der wissenschaftlichen Abteilung nach, ob er die Langstreckensensoren zur Erde ausrichten durfte. Er durfte, wenn auch nicht lange. Aber die Zeit reichte aus, um seinen Verdacht zu bestätigen: Das unbekannte Schiff war zusammen mit der unverkennbaren Warpsignatur der Drake mit hoher Wahrscheinlichkeit Richtung Erde geflogen. So kam er nicht weiter. Die Drake mochte zur Erde geflogen worden sein. Er hingegen musste in eine andere Richtung. Um Etiennes Schiff musste er sich später kümmern. Jetzt benötigte er ein schnelleres Transportmittel als ein Schiff mit maximal Warp 1,1.
Er wollte schon in sein Quartier, als er etwas sah, was ihm eine hochgezogene Augenbraue abnötigte. "Ich rufe die Petrasch!", rief er das Schiff, das gerade um Charon 7 in den Orbit ging und offenkundig den Kurs zum Abflug setzte. Er konnte sehen, dass die Nachricht empfangen wurde, aber niemand antwortete. "Bitte antworten Sie!", forderte A´kebur den Captain erneut auf. Wieder dauerte es sehr viel länger, als es normalerweise der Fall hätte sein sollen, dann meldete sich endlich eine ziemlich missmutig klingende Stimme. "Was wollen Sie?"
"Ich suche eine Mitfahrgelegenheit. Ihr Schiff ist schnell genug."
"Und warum sollten wir Sie mitnehmen? Sie sind auf einem Starfleet-Schiff und ich bin kein Passagierschiff!"
A´kebur schaltete eine stumme Leitung zu Lakon. Er wollte, dass er wusste, was er vorhatte. Er hoffte nur, dass ihn dieser nicht aufhalten würde und es nicht so auslegte, als dass er vom Schiff desertierte. "Die Sovk hat hier einen Auftrag. Ich habe aber einen Auftrag, der eilig ist. Sie haben das schnellste Schiff vor Ort. Ich kann Sie bezahlen."
"Einen Moment." Der Captain der Petrasch schien sich mit jemandem zu beraten, dann antwortete er: "2.000 Credits, alles im Voraus, sofern es nicht ins Romulanische Reich geht oder ans andere Ende des Universums. Ich schmeiße Sie raus, wenn mir aber das Ziel nicht passt oder setze Sie auf einer Station Ihrer Wahl ab, wo Sie Ihre Starfleetfreunde dann mitnehmen können."
A´kebur sah auf die Leitung zu Lakon. Dieser schrieb ihm soeben, dass es in Ordnung sei, solange er sich gut zu benehmen wüsste.
"1.000 Credits jetzt, 1.000 wenn wir angekommen sind", stellte A´kebur die Bedingungen.
"1.500 jetzt, oder wir vergessen es", bestimmte der Captain.
"Dann haben Sie keinen Anreiz mehr. Nehmen Sie 1.000 jetzt oder ich finde einen Weg, Ihnen das Leben zur Hölle zu machen. Man trifft sich im Leben immer zweimal!"
Die Anlage rauschte, dann kam die geknurrte Antwort: "Wenn Sie in drei Minuten nicht an Bord sind, fliegen wir los. Petrasch Ende."
A´kebur grinste. Er rannte in sein Quartier, schnappte sich seinen Tornister und rief den Transporterraum an, dass sie die Koordinaten auf die Petrasch setzen sollten. "Ich werde zurück sein, wenn ein Urteil gesprochen wird, Captain. Wenn es länger dauert, werde ich mich melden und unbezahlten Urlaub erbitten", verabschiedete er sich mit seinen letzten Schritten zum Transporterraum über den Kommunikator.
Und ehe noch irgendjemand Proteste erheben konnte, war A´kebur bereits hinüber gebeamt. Die Petrasch war nicht sonderlich groß, kaum größer als die Drake und dämmriges Licht empfing A´kebur. Vor ihm hatte sich ein schon älterer Mann mit wachen Augen aufgebaut. "Sie sind also der Erpresser, ja? Wehe Ihnen, Sie zahlen nicht, dann verkaufe ich Sie an die Orioner und wenn Sie der Präsident der Föderation persönlich wären."
A´kebur reichte ihm einen Datenchip. "Da sind einmal 1.000 drauf. Ich muss zur Aequalitas. Hier sind die Koordinaten des Schiffs. Mit Warp 3 sollten Sie es in zwei Wochen erreichen. Dann bekommen Sie den Zugang zu weiteren 1.000. Und sollten Sie schneller sein, sagen wir fünf Tage schneller, dann bekommen Sie noch einmal 1.000."
Der Captain grinste. "Jetzt verstehen wir uns. Die Petrasch mag zwar von außen nicht viel hermachen, aber wir werden sehr viel schneller bei der Aequalitas sein Mein Baby schafft Warp 3,9." Er wandte sich um. "Machen Sie es sich irgendwo bequem, aber nichts anfassen. Mikku wird es sofort merken."
Wie gerufen sprang ein großes, pelziges Wesen vom Copilotensitz und musterte A´kebur interessiert. Dieser hatte solch ein Tier noch nie gesehen: Es erinnerte etwas an eine Katze, war dafür aber zu groß und zu außergewöhnlich eingefärbt.
"Ist es intelligent?", fragte A´kebur misstrauisch.
Wie zur Antwort setzte sich das Katzenwesen vor den Klingonen, legte den Kopf schief und knurrte leise, als wolle es sagen: "Ich versteh dich ganz genau!"
Der Captain lachte und nahm wieder auf dem Pilotensitz Platz. "SIE ist intelligenter als Sie und ich zusammen. Mikku, hab Nachsicht, ja?" Das Katzenwesen zuckte mit den Ohren.
"Mag sein, dass du einen Kampf gewinnen würdest", knurrte A´kebur zurück, "aber ich werde mich nicht von dir aufhalten lassen. Dass heißt, dass du dafür bezahlen würdest, solltest du es versuchen."
Mikku bleckte nur kurz die Zähne, nieste, drehte sich dann um und rollte sich wieder auf dem Copilotensitz zusammen.
"So, und jetzt verraten Sie mir doch mal, warum Sie es so eilig haben, dass Sie mich dafür anhalten mussten", wollte der Captain wissen, "Sie sind doch Starfleetoffizier, warum nehmen Sie keins von deren Schiffen?"
"Es ist eine private Angelegenheit. Ich muss zu einer Gerichtsverhandlung und es geht um eine wichtige Aussage. Charon 7 liegt an keiner regulären Fluglinie und von hier aus ist es zu weit, um einen Transporter zu nehmen", antwortete A´kebur wahrheitsgemäß.
"Und warum lief das dann nicht trotzdem über Ihren Captain? Man könnte meinen, Sie seien ohne Erlaubnis unterwegs." Der Captain sah auf einen Bildschirm, auf dem soeben Text erschien und lachte los. "Mikku meint gerade, es muss sich in jedem Fall um ein Weibchen drehen. Sie würden Pheromone verströmen wie verrückt."
"Der Captain weiß Bescheid, aber er mag meine Methoden nicht. Und Mikku soll ihre Nase in ihre Angelegenheit stecken", warnte A´kebur eindeutig sauer. "Und ich verströme keine Pheromone. Ich bin Klingone."
"Ich verlasse mich da auf Mikkus Nase", gab der Captain ungerührt zurück, "und falls Sie nicht die nächsten Tage mit Klingone angeredet werden wollen, könnten Sie mir ja Ihren Namen sagen. Meiner ist übrigens Harlan Merriweather."
"A´kebur! Das genügt."
A´kebur setzte sich. Es blieb ihm nur noch die Geduld. Egal, wie ungeduldig er war, jetzt hatte er ein paar Tage Zeit.
Mikku beobachtete ihn weiterhin misstrauisch, aber als er nicht die Einrichtung auseinander zunehmen gedachte, verfiel sie in typisches kätzisches Meditieren. Captain Merriweather stellte die Petrasch auf Autopilot, nachdem er die letzten Kurskorrekturen ausgeführt hatte. "Spielen Sie Poker?", fragte er nur scheinbar arglos.
"Warum spielen Menschen nur so gerne Poker?", fragte A´kebur mehr sich selbst. Lauter antwortete er: "Ja, kann ich!"
"Vermutlich, weil es das einfachste und komplizierteste Spiel zugleich ist." Captain Merriweather grinste und zog einen Stapel Spielkarten hervor, die er auf fachmännische, aber eigenartige Art mischte. A´kebur war sich sicher, schon einmal jemanden gesehen zu haben, der ebenso virtuos mit den Spielkarten umging. Er kniff die Augen zusammen. "Die Karten sind gezinkt", murmelte er, "wir sollten ein anderes Set nehmen."
Der Captain hob eine Augenbraue. "Behaupten Sie, ich wolle schummeln?"
"Nein, ich behaupte es nicht. Sie tun es. Aber da wir noch nicht spielen, schummeln Sie genaugenommen im Moment gar nicht. Das werden Sie erst tun, wenn wir mit dem Spiel beginnen." A´kebur zog eine der Karten heraus, die gezinkt war und hielt sie dem Captain unter die Nase.
Captain Merriweather begann zu grinsen. "Alle Achtung, Junge, Sie sind kein Neuling in dem Spiel." Er zog ein weiteres Päckchen Karten hervor und hielt es A´kebur hin. "Treffen die eher Ihren Geschmack?"
A´kebur ließ sie durch seine Hand gleiten. Automatisch begann er zu mischen.
Sie spielten ein paar Runden, und obwohl A´kebur Captain Merriweather keine Schummelei nachweisen konnte, nahm dieser ihn nach Strich und Faden aus. "Wenn wir so weiter machen, komme ich ja auch so auf meine Unkosten", meinte der Captain lachend, "obwohl ich zugeben muss, dass Sie nicht schlecht sind."
"Und ich muss passen, sonst kann ich Sie nicht bezahlen'", brummte A´kebur. "Sie plündern mein Privatkonto."
"Nun, jeder braucht so seine Nebenverdienste", Captain Merriweather lehnte sich zurück und musterte A´kebur, "ansonsten gilt: Man kennt niemanden richtig, bevor man nicht mit ihm gepokert hat."
"Ach, und Sie kennen mich? Erstaunlich!"
"Nein, aber mir sind ein paar Dinge über Sie klargeworden. Und zumindest haben wir einen gemeinsamen Bekannten, mit dem Sie offensichtlich das Pokern geübt haben, habe ich recht? Etienne Duval."
"Geübt? Er hat mich ausgenommen!" A´kebur lehnte sich zurück. "Poker ist ein Spiel, das in der Ausbildung sehr teuer ist. Und ich habe wieder etwas gelernt. Ich hole mir mein Geld wieder, alter Mann."
Der Captain grinste nur weiter. "Sie wollen eine Revanche? Nur zu. Und wenn Sie schon dabei sind, haben Sie Etienne in letzter Zeit gesehen? Ich hörte, er hat sich etwas Ärger eingefangen."
"Er steht vor Gericht!"
Mikku hob den Kopf und fauchte. Sie war jetzt hellwach und musterte A´kebur argwöhnischer denn je.
"Vor Gericht? Heilige Galaxis, diesmal hat der Junge wirklich großen Ärger", brummte Merriweather, "du hattest völlig recht, Mikku, als du meintest, er wäre ein bisschen lebensmüde."
A´kebur warf Mikku einen warnenden Blick zu. Er schwor, verlor diese Katze auch nur ein Wort, er würde sie umbringen.
"Er ist nicht lebensmüde. Er ist Pirat."
"Das sind noch mehr Leute, aber sie gehen trotzdem weniger Risiken ein", gab der Captain zurück, "und wenn ich bedenke, dass ich ihm eine Menge Grundwissen in der Hinsicht vermittelt habe, sind meine Warnungen wohl nicht hängen geblieben. Die Jugend von heute..."
"Ich fliege zu seiner Verhandlung."
Captain Merriweather stand augenblicklich auf und betätigte ein paar Armaturen. Das Schiff ruckelte kurz, dann sausten die Sterne noch ein wenig schneller auf dem Bildschirm vor. "Sagen Sie das doch gleich, Junge", knurrte er, "Wollen Sie ihn raushauen?"
"Vielleicht. Vielleicht gelingt es mir." A´kebur wandte sein Blick ab und sah zu den Sternen.
"Wenn Sie Hilfe brauchen, ich stehe zur Verfügung", erklärte Captain Merriweather grimmig, "Etienne ist zwar ein verdammter Narr, aber ich lasse ihn sicher nicht im Stich."
"Etienne ist ein Narr? Ich dachte, er schmuggelt illegale Sachen. Dafür dürfte man aber kein Narr sein!"
"Nein, aber er war offensichtlich nicht vorsichtig genug. Ich habe da was von Geschäften mit einem Romulaner läuten hören. Und das halte ich für eine große Dummheit. Es gibt Grenzen dessen, was man für Risiken eingehen sollte. Nicht immer ist die Bezahlung das Risiko wert", brummte Merriweather.
A´kebur erinnerte sich nur zu gut. Wegen des besagten Romulaners war Etienne geflohen. Eigentlich hatte ein Ferengi diese Reaktion ausgelöst. Aber wegen Toran hatte man Etienne in den Zusammenhang mit romulanischer Spionage gebracht. "Wissen Sie, um was es damals genau ging?", fragte A´kebur.
Der Captain schüttelte den Kopf. "Ich habe nur Gerüchte gehört, nichts Verlässliches. Aber ich denke, Etienne hat sich einfach die falschen Feinde gemacht. Kein Gefahrenbewusstsein, der Junge, wenn es um Dinge geht, die ihm wichtig sind."
"Ist ihm etwas wichtig?"
Merriweather grinste. "Jedem ist irgendetwas wichtig, mein Junge. Es ist nur nicht immer leicht herauszufinden." Er musterte A´kebur. "Und warum interessiert Sie das so?"
A´kebur sah ihn an und grinste. "Er ist mein Partner!"
"Partner? Na, das kann vieles bedeuten. Partner fürs Pokern, Geschäftspartner, Arbeitspartner, Partner fürs Bett. Aber Sie sehen nach keinem davon aus, wenn ich ehrlich sein soll. Okay, außer fürs Pokern."
"Nun, ein guter Spieler sucht immer einen guten Partner fürs Spiel. Von daher kann ich sagen, dass ich das bin."
Merriweather Grinsen wurde breiter. "Na, vielleicht will ich es ja auch nicht so genau wissen. Mir reicht schon, dass Ihnen was an Etienne liegt. Und ich glaube, solche Leute kann er gerade ganz gut gebrauchen."
A´kebur sah Mikku an, die sich räkelte und ihn anblinzelte. "Wissen Sie nicht vielleicht doch noch ein wenig mehr, was er damals mit den Romulanern wollte?", fragte er Merriweather, ohne aufzusehen.
"Wie gesagt, nur Gerüchte. Toran ist ziemlich berüchtigt, aber die wenigen, die mit ihm Geschäfte machen, kennen ihn als Mann, der zu seinem Wort steht. Trotzdem muss Etienne irgendetwas gemacht oder gewusst haben, was er haben wollte und nicht von Etienne bekam, denke ich. Und Sie wissen auch nichts weiter?"
A´kebur schüttelte den Kopf. "Nein, er hat nie etwas gesagt."
"Dann weiß er es selber nicht oder er will es keinem verraten. Etwas geheimniskrämerisch war er schon immer."
Merriweather grinste und sah zu Mikku hinüber. "Was meinst du, soll ich ihm erzählen, wie ich den Jungen damals kennengelernt habe?"
Mikku blinzelte und schnurrte.
A´kebur sah sie erstaunt an. Er hatte ein kurzes Bild empfangen, aber nicht wirklich verstanden. Wusste die Katze, dass er ein Telepath war oder war das einfach nur Zufall gewesen? Wie zur Antwort sah ihn Mikku unverwandt an und das Bild blitzte erneut auf.
Merriweather sah interessiert zwischen ihnen hin und her. "Bevor Sie fragen: Die Rasse, der Mikku angehört, verständigt sich untereinander nur auf telepathischem Wege", erklärte er.
"Ach wirklich?" A´kebur verstärkte seine Barrieren und schloss jedes noch so kleine Loch. Er hatte nicht vor, telepathisch zu kommunizieren.
Mikku zuckte mit einem Ohr und wandte sich ab. Merriweather grinste wieder. "Außerdem ist bei ihrem Volk solch ein Kontakt sehr persönlich, das wird auch nicht mit jedem geteilt. Aber was ich sagen wollte: Ich kenne Etienne jetzt seit fast fünfzehn Jahren. Wir liefen uns in einer Bar auf Risa über den Weg, und ich fragte ihn, was so ein Knirps wie er hier alleine machte."
A´kebur überschlug Etiennes Alter. So jung war er gewesen. Eigentlich wusste er gar nichts über ihn. Außer seiner kurzen Geschichte über seine Familie. "Er war 15? Ich dachte, er ist noch auf der Akademie gewesen!"
"Er ist mit 16 von Zuhause weg und danach erst einmal herumgereist; er hatte noch von nichts eine Ahnung, also habe ich ihn erst einmal unter meine Fittiche genommen. Zwei Jahre später ist er zur Starfleetakademie gegangen, aber da hatte mein zweifelhafter Lebenswandel wohl schon zu sehr auf ihn abgefärbt." Merriweather lächelte melancholisch. "Unsereins hat nie Zeit und Muße für eine echte Familie, also habe ich Etienne mehr oder minder als meinen Ziehsohn gesehen."
A´kebur fand, dass das Leben seltsame Wege ging. Er hatte sozusagen einen Teil von Etiennes Familie gefunden. "Ich muss meditieren", erklärte er unvermittelt. Die regelmäßige Meditation durfte er nicht vernachlässigen und die Zeit war schon überschritten. "Ist es möglich, dass ich irgendwo ungestört sitzen kann?"
"Ja, im hinteren Bereich. Machen Sie einfach die Tür zu", gab Merriweather Auskunft. "Und falls Sie Hunger bekommen, melden Sie sich. Mein Replikator ist das neueste Modell, so gut wie bei Starfleet."
Mit einem Nicken erhob sich A´kebur und zog sich zurück.
Er brauchte für einen Moment Ruhe. Es war wichtig, wenn er durchhalten wollte. Seinen Rhythmus jetzt zu ändern, war gefährlich für ihn und Etienne. Er setzte sich und beruhigte sich und seinen Geist.
Mikku gab ihre Beobachtung in den Computer. "Er ist Telepath", schrieb sie.
Der Captain las es und hob die buschigen Augenbrauen. "Sieh an", murmelte er, "solch einen interessanten Passagier hatten wir lange nicht. Aber er scheint ehrlich besorgt um Etienne zu sein."
"Er ist ja auch sein Partner!", tippte Mikku.
"Wenn ich bedenke, welche Art von Männern und Frauen den Jungen früher interessiert haben, weiß ich nicht, ob sich sein Geschmack nun verbessert oder verschlechtert hat", meinte der Captain mit einem Grinsen, "aber ich gönne es dem Jungen. Soviel Unabhängigkeit auf Dauer macht nur einsam."
Mikku sah ihn seltsam an. "Nun, dieser Partner befindet sich kurz vor seiner Brunftphase. Er ist in dem, was die Vulkanier Ponfarr nennen. Nicht sehr stark im Moment, aber er ist kein reinrassiger Vulkanier. Aber er ist ohne seinen Partner. Er ist erregt und er macht sich Sorgen wegen etwas. Wir haben einen interessanten Passagier, Captain."
"Ponfarr? Auch das noch. Ich will gar nicht wissen, was dann passiert. Verrückt genug, dass es jemanden gibt, der halb Klingone und halb Vulkanier ist. Heilige Galaxis, da hat sich Etienne aber wirklich ein Problem angelacht. Aber damit muss er dann wohl leben, wenn er nicht in den Knast wandert." Merriweather zog entschlossen die Augenbrauen zusammen und kontrollierte die Flugzeit sowie die Belastung seines Schiffsantriebs.
"Ich glaube, er weiß es gar nicht!", meinte Mikku.
"Und wir werden es ihm sicher nicht sagen, Mikku", warnte Merriweather.
"Das Schiff ist zu klein für einen Vulkanier-Mischling im Ponfarr!", gab sie zu bedenken. "Aber sein Problem ist nicht gelöst, wenn wir nicht ein wenig mehr machen, als ihn zu ihm fliegen. Wir sollten herausfinden, warum Toran hinter Etienne her ist. Die Föderation ist zweitrangig. Du weißt, dass er ihn freigelassen hat, weil Etienne offenbar nicht das hatte, was er wollte. Da ist eine Menge Geld geflossen, um ihn freizukaufen."
"Aber wer könnte noch davon wissen? Alles, was wir als Anhaltspunkt haben, ist Etiennes Geschäfte mit Toran. Und die sind geheim."
"Nichts ist so geheim, als dass es nicht doch jemand erzählt hätte. Du weißt, dass es immer Leute gibt, die mehr wissen, als ihnen guttut."
"Stimmt. Aber wer könnte in diesem Fall etwas wissen? Danach zu fragen kann auch nicht ganz ungefährlich sein, und ich habe keine Lust, dass Toran auf uns aufmerksam wird."
Mikku tippte einen Namen ein. "Er schweigt, wenn er nicht bezahlt wird", schrieb sie dazu.
Merriweather kratzte sich hinterm Ohr. "Einen Versuch wäre es wert. Aber du weißt, was der für seine Informationen verlangt? Und wir sind nicht so gut bei Kasse im Augenblick."
"Wir bekommen 3.000 Credits von einem liebestollen Mischling. Wir sind flüssiger als sonst!"
"Kätzchen, ich beuge mich vor deiner wie immer tadellosen Logik", meinte der Captain zufrieden mit dem Vorschlag, "und vielleicht bekommen wir wirklich etwas heraus. Aber wir sollten nicht über Subraumfunk anfragen, der könnte überhört werden. Wo sitzt unser Informant? Alpha Centauri?"
Mikku folgte den typischen Spuren dieses speziellen Daten-Dealers, der nie seinen Namen angab und überall in der Galaxie anders geheißen wurde. "Er ist vor einer Woche auf Alpha gewesen. Er hat sich in das Nachbarsystem aufgemacht. Er ist direkt zu erreichen."
"Bestens. Wenn wir A´kebur abgesetzt haben, können wir gleich dahin weiterfliegen und verlieren kaum Zeit. " Der Captain grinste Mikku an. "Mir scheint, die Langeweile ist für uns vorbei."
Mikku rollte ihren Schwanz zusammen und schnurrte äußerst zufrieden. Ihr ganzer Körper vibrierte. "Ob ich mir diesen Mischling mal ausleihe? Er ist zwar hässlich wie alle Zweibeiner, aber er ist verzweifelt. Und ich hatte schon lange keinen mehr", meinte sie.
"Vorsicht, ich fürchte, er hat ebensolche Krallen wie du", erwiderte der Captain lachend, "Und Etienne wird bestimmt nicht begeistert sein. Du weißt ja, was passiert, wenn er wirklich sauer ist."
"Ich habe damals gewonnen!"
"Aber nur kurzfristig. Oder hast du vergessen, wie es dir danach erging, als Etienne dir die Katzenminze ins Essen gemischt hat?"
Mikku knurrte halblaut. "Das war unfair!"
"Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, das habe ich ihm beigebracht", meinte Merriweather nicht ohne Stolz, "also lass lieber deine Pfötchen von unserem Gast!"
Mikku schlug ihren Schwanz auf und ab. Sie war in Jagdstimmung, und dass konnte selbst Merriweather nicht ignorieren. "Er schreit danach, dass man ihn berührt - geistig und körperlich. Versuch mich aufzuhalten!"
"Mikku! Du hast selbst gesagt, das Schiff ist zu klein. Wenn er meditiert, kann er sich sicher noch etwas zusammenreißen, also halt dich zurück!"
"Ich entspann ihn schon. Keine Sorge!" Mit einem Satz war Mikku von ihrem Sitz runter und ging zu der Tür, hinter der sie A´kebur wusste. Sie konnte seine Pheromone riechen. Er war heiß. Wie lange schon hatte sie so etwas nicht mehr gerochen? Von den Orionerinnen wusste sie, dass sie mit Pheromonen verschwenderisch umgingen. Leider jedoch war sie noch keiner persönlich begegnet.
Kurz zögerte Mikku, dann betätigte sie den Knopf, der die Tür öffnete.
A´kebur saß ruhig da, die Augen geschlossen, aber das konnte Mikku nicht über seine innere Unruhe hinwegtäuschen.
Merriweather schloss kurz die Augen, dann betätigte er den Schließmechanismus der Tür. Er wollte gar nicht sehen, was Mikku da machte. Kurz darauf polterte es. A´kebur stieß einen Fluch aus, dann war Stille.
Harlan Merriweather wusste, dass Mikku ziemlich stürmisch war. In der Regel ließ sie jedoch die Zweibeiner in dieser Galaxie in Ruhe. Doch er wusste auch, dass das Katzenwesen sehr empfindlich auf Brunft und Pheromone anderer Spezies reagierte. Es war wie Katzenminze und Mikku konnte nur selten widerstehen.
Zudem war es verständlich. In der Hochzeit ihrer Jahre und keinen Partner, da konnte man schon einmal rauer werden, wenn sich einem die Gelegenheit dazu bot. Wählerisch war man dann zumeist auch nicht.
Wieder polterte es. Aber niemand kam herausgerannt, sei es Mikku oder ihr unfreiwilliger Geliebter. Es klang wie ein Kampf, wobei dieser nonverbal war, denn A´kebur hatte seit seinem kurzen Fluch nichts mehr gesagt. Merriweather wartete insgesamt eine Stunde. Als dann kein Geräusch mehr zu hören war, öffnete er wieder die Tür und sah zögernd in die kleine Kammer.
A´kebur lag mit zerkratztem Oberkörper auf dem Boden. Er hatte sich zusammengerollt und seine Augen waren geschlossen. Die Reste seines Uniformhemdes lagen in kleinen Fetzen überall verteilt herum. In seinem Rücken lehnte Mikku. Ihre Augen waren zu einem schmalen Schlitz verkleinert. Sie schnurrte zufrieden. Ihr Fell war vollkommen durcheinander, aber sie schien bekommen zu haben, was sie wollte.
Merriweather näherte sich langsam dem Mischling. Als er merkte, dass dessen Atem gleichmäßig ging, wusste er, dass dieser nur tief und fest schlief.
Mikku begann die wirren Haare von A´kebur zu ordnen. Sie blinzelte dabei Merriweather zu. Dieser schwor: Wenn seine Partnerin dazu in der Lage gewesen wäre, sie hätte ihn angegrinst.
"Du weißt schon, dass Etienne dir das Fell abzieht, wenn er das rausbekommt, oder?", meinte der Captain und wusste nicht so recht, ob er die Situation jetzt komisch finden sollte.
Mikku erhob sich widerwillig und ging dann an ihrem Captain vorbei zu ihrem Platz im Cockpit. "Er weiß es", schrieb sie. "Ich konnte nicht ahnen, dass die zwei so eng miteinander verbunden sind. Das sind mehr als nur Pokerpartner und sie sind mehr als nur Partner im Bett."
Harlan zog eine Augenbraue hoch. "Dann solltest du dich erst recht in Acht nehmen. Ich werde dich sicher nicht in Schutz nehmen." Er sah ein letztes Mal auf A´kebur, schüttelte den Kopf und machte die Tür wieder zu. Dann ließ er in seinen Sessel fallen und lehnte sich zurück. Er brauchte dringend ein Nickerchen.
Schweratmend lehnte Etienne an der Zellenwand und versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Er hatte nicht gewusst, dass auf die Entfernung solch ein intensiver Kontakt möglich war und dass dieses Katzenvieh sich auch noch einklinken würde!
"Mikku, wenn ich dich erwische ...", knurrte er und wischte sich mit noch zitternder Hand über die Augen. Wie kam das Biest dazu, seinen A´kebur anzufassen? Das würde Rache geben. Abrupt wurde Etienne jedoch aus seinen Gedankengängen gerissen, als einer der Wachleute vor seiner Zellentür erschien.
"Mr. Duval, Ihr Anwalt will mit Ihnen sprechen."
"Verdammt, wird auch höchste Zeit", knurrte Etienne ihn an. Er saß jetzt ein gefühltes Jahrhundert in Untersuchungshaft und sein Verteidiger hatte sich nicht blicken lassen. Nur ein kurzes Memo hatte Etienne mitgeteilt, dass die Verteidigungsstrategie bereits ausgearbeitet wurde.
Die Frage war nur, wie konnte der eine Strategie ausarbeiten, wenn er überhaupt nicht mit ihm gesprochen hatte? Etienne musste sich auf die Beantwortung dieser Frage noch gedulden.
Er wurde in die Mitte genommen und mit noch immer weichen Knien in das Besprechungszimmer gebracht. Dort saß ein servil aussehender Mann in einem blaugrauen Anzug. Er tippte gerade auf sein Memopad und stand auf, als Etienne eintrat. "Tevis, Ihr Anwalt, Mr. Duval."
Etienne musterte ihn von oben bis unten und stufte ihn auf der Stelle als gefährlich ein. Leute mit solch gewöhnlich aussehenden Gesichtern, die in der Masse verschwanden, solch einer neutral-höflichen Stimme hatten immer etwas zu verbergen. Ihnen war nicht zu trauen.
"Sie lassen sich spät blicken", war Etiennes wenig freundliche Begrüßung.
"Ich habe Ihren Fall studiert, Mr. Duval. Setzen Sie sich und lassen Sie uns anfangen. Bis zur Verhandlung sind noch einige Sachen abzuklären!"
"Ich bin ganz Ohr." Etienne setzte sich.
Die beiden Wächter verzogen sich auf ein Nicken des Anwalts hin vor die Tür. Etienne verstand sowieso nicht, warum man ihn derartig bewachte: Die elektrosensorischen Handschellen, die er grundsätzlich außerhalb seiner Zelle trug, verhinderten so gut wie jede Bewegung. Aber das war wohl noch ein Relikt aus anderen Zeiten. Oder sie waren einfach nettes Personal, welches ihm den Weg weisen sollte. Oder, Etienne gestattete sich einem Moment Stolz, er wurde als gefährlich eingestuft.
"Ich neige dazu, vorzuschlagen, dass Sie sich mit dreißig Jahren zufriedengeben, sich auf einer der angenehmeren Strafkolonien rehabilitieren zu lassen und dann als graumelierter Herr auf der Erde zur Ruhe setzen."
"Ganz entzückende Idee, aber nein danke. Ich dachte, Sie sind für meine Verteidigung da?" Etienne beugte sich vor und sah Tevis direkt in die Augen. "Dann tun Sie Ihren Job. Hauen Sie mich raus! Ganz egal wie."
"Nun, das Material ist erdrückend. Der Staatsanwalt will Sie für den Rest Ihres Lebens ins romulanische Grenzgebiet schicken und Sie wissen, was ich für eine Kolonie meine. Eigentlich hätte sie schon vor Jahren geschlossen werden sollen. Aber der Bau des neuen Hochsicherheitsplaneten zieht sich in die Länge und ich denke nicht, dass er vor zehn Jahren fertiggestellt wird. Die Lebenserwartung auf der neuen Kolonie wird übrigens mit zwanzig Jahren angesetzt. Die auf der anderen... Nun, sprechen wir nicht davon. Auf jeden Fall steht nicht sehr viel zur Auswahl. Es ist das, was ich erreichen kann. Der Rest ist ein Traum, den Sie sich aus dem Kopf schlagen sollten, Mr. Duval!"
"Hören Sie: Ich weiß ja nicht, ob man Ihnen überhaupt ein Gehalt zahlt, aber ich gebe Ihnen das Zehnfache, wenn Sie irgendein Schlupfloch im Gesetz finden. Oder meinetwegen die Richter bestechen, es ist mir ganz gleich. Aber ich gehe auf keinen Fall für die nächsten zwanzig Jahre in so eine Rehabilitierungskolonie!"
"Dreißig!"
"Und wenn es nur zehn wären, vergessen Sie es." Etienne lehnte sich wieder zurück, eine tödliche Ruhe in seiner Stimme. "Ich finde einen Weg, um auszubrechen. Und wenn nicht, suche ich mir das nächste fünfstöckige Gebäude, verstanden?"
Mr. Tevis sah ihn kalt an. "Es bleibt Ihnen überlassen, wenn Sie sich umbringen und dabei noch erfolgreich sind. Sollten Sie das im Übrigen wiederholen, dann werde ich veranlassen, dass man Sicherheitsvorkehrungen trifft." Er berührte eine sensitive Taste seines Memopads und öffnet Etiennes Akte. "Die Anklage lautet auf Spionage, Zerstörung von Föderationseigentum, Widerstand gegen die Festnahme, Verletzung zweier Föderationsoffiziere, Piraterie, Schmuggel von verbotenen Waren, Relikten bestehender und untergegangener Kulturen, Steuerhinterziehung. Wenn ich auf dreißig Jahre komme, dann bin ich ein Genie, Mr. Duval. Ich erwarte nicht, dass Sie meine Bemühungen würdigen. Aber Sie sollten endlich Ihre Situation begreifen!"
"Und warum sind Sie dann überhaupt hier? Damit ich mich vor Gericht brav und reuig zeige und auf schuldig plädiere, damit die Sache möglichst schnell über die Bühne geht?"
"Ich bin hier, damit Sie nicht für lebenslänglich weggehen! Also für Ihre Verteidigung. Sie können auch einen anderen Anwalt anfordern. Das steht Ihnen frei."
"Und die würden mir genau das Gleiche erzählen. Nein danke." Etienne schüttelte den Kopf. Bisher hatte es für ihn immer einen Ausweg gegeben. Warum jetzt nicht auch? "Also, was haben Sie vor?"
Mr. Tevis lächelte minimal.
Er drehte sein Pad so, dass Etienne schauen konnte. "Ich denke, Ihnen ist nicht entgangen, aus welchen Umständen Sie befreit worden sind. Es ist der umfangreichen Zahlung der Familie Re zu verdanken. Lady Lial Re steht der Familie vor und sie hat für Sie gebürgt. Warum, das wird wohl für ewig das Geheimnis der Vulkanier sein und bleiben."
"Ja, das weiß ich. Aber was würde das für die Verhandlung nützen?"
Mr. Tevis verzog keine Miene. "Nun, Sie haben sich offenbar mit den Romulanern überworfen. Auf jeden Fall sind jetzt auch noch andere an Ihnen interessiert. Ich würde Ihnen daher einen Deal vorschlagen.
Nun spitzte Etienne die Ohren. Endlich redete Tevis in einer Sprache, die er verstand. "Und der wäre?"
"Sie sagen, was Sie Toran beschaffen sollten und wofür er es verwenden wollte!", kam sein Anwalt auch direkt zur Sache.
Aha, darum ging es also. "Das Problem ist, dass ich selber nicht genau weiß, was es war. Ich kann Ihnen nur sagen, wo ich es her habe: Ein kleiner Planet namens Varaas 3 am Rande des Betaquadranten. Ich fand das Was-auch-immer in einer Ruinenstadt, in einer Truhe auf einem komischen Sockel. Toran hatte mir nur die Beschreibung der Kultur und spezielle Sensordaten gegeben, mit denen ich das Ding finde."
"Etwa diese Daten hier?"
Das Datenpad zeigte seltsame Strahlungswerte an, wie Etienne erkannte.
"Genau. Woher haben Sie die?"
Mr. Tevis zeigte eine andere Graphik, die identisch war. "Die eine stammt von Ihrem Schiff, die andere von Charon 7!"
"Von..." Etienne stand auf. "Sie haben mein Schiff untersucht? Wo ist die Drake jetzt?" Heiße Panik durchflutete ihn, was geschehen würde, wenn man die Tarnvorrichtung fand und diese Technik in die Hände der Föderation fiele. Etienne wäre vor keinem Klingonen und keinem Romulaner in dieser Galaxis mehr sicher.
"Nun, sie befindet sich fein säuberlich zerlegt irgendwo auf der Erde. Sie wird nie wieder fliegen!"
Etienne wollte im ersten Moment seinen Ohren nicht trauen. Die Drake war seine Heimat gewesen, nicht nur ein nützliches Stück Technik. Jetzt war ihm wirklich nichts mehr geblieben. Etienne sank zurück auf seinen Stuhl und ballte die Fäuste.
"Nun, Mr. Duval?", erinnerte ihn sein Anwalt an den anderen Punkt dieser unerquicklichen Situation.
"Da Sie doch offensichtlich schon alles wissen, wozu brauchen Sie mich noch?", knurrte der, "Und erzählen Sie mir nicht, Sie arbeiteten nicht noch für jemand anderen außer der Justizabteilung."
"Was ich noch tue oder nicht, spielt für Sie keine Rolle, Mr. Duval. Und, wenn ich alles wüsste, würde ich nicht hier sitzen. Was immer Sie gestohlen haben: es könnte eine Gefahr für die Föderation darstellen."
"Ich habe nichts gestohlen! Das Artefakt war auf einem verlassenen Planeten, daran war nichts Illegales. Und ich habe keine Ahnung, warum Toran deswegen so einen Aufstand gemacht hat!"
Mit jeder Sekunde, die verstrich, hatte Etienne das Gefühl, noch tiefer im Schlamassel zu versinken.
"Nun, es mag Ihnen nicht bekannt sein: aber es gibt ein Gesetz gegen das Plündern von archäologischen Stätten innerhalb und außerhalb des Gebiets der Föderation. Solange es sich nicht um wissenschaftliche Grabungen handelt, ist es Diebstahl. Zudem müssen Verhandlungen geführt werden mit den Rassen, die Anspruch auf den Planeten erheben, sollte man ein Artefakt entfernen. Sie haben also das Artefakt gefunden und Sie wissen nicht, was es ist. Das Problem ist, dass wir es haben müssen!" Sein Anwalt beugte sich vor. "Warum hat Sie Toran gefoltert, Mr. Duval, wenn Sie ihm doch schon gegeben haben, was er wollte."
Etienne kniff die Augen zusammen. Er traute diesem Mann nicht, aber er war seine einzige Chance, glimpflich aus der Verhandlung herauszukommen. "Er hat mich beauftragt, zwei dieser Artefakte zu finden. Aber von dem zweiten hatte er keinerlei Daten. Er dachte, ich hätte es schon gefunden und wollte wissen, wo es ist. Aber ich hatte es nie."
Mr. Tevis sah ihn misstrauisch an. Dann riss er die Augen auf. "Es ist auf Charon 7!"
Nun war Etienne vollends verwirrt. "Auf Charon? Aber ich dachte, da werden gerade Ausgrabungen gemacht. Hat man es da gefunden?"
Welch eine Ironie: Toran hatte ihn auf Charon geschnappt, ohne zu wissen, dass das, was er wollte, genau dort war. Sein Anwalt sagte nichts. Er sah ihn nur an. "Gut", meinte er dann knapp, "können Sie noch etwas sagen?"
"Was wollen Sie denn noch hören? Ich habe nicht wirklich eine Ahnung, worum es hier überhaupt geht und das gefällt mir nicht. Aber um hier rauszukommen, spiele ich mit, verstanden?"
"Bei allem? Ich denke, dass Ihnen kaum eine Wahl bleibt!", war die kalte Antwort.
Etienne gefiel die Situation immer weniger, was eigentlich unmöglich war. Alles in ihm sträubte sich dagegen, bei dieser mysteriösen Sache mitzumachen. Er hatte keine Vorstellung davon, in wessen Auftrag Mr. Tevis wirklich handelte und auf was er sich da einließ. Aber Tevis hatte recht. Er hatte keine Wahl, wenn er nicht die nächsten dreißig Jahre in einer Reha-Kolonie schmoren wollte. "In Ordnung". Er atmete tief durch. "Aber ich will erst wissen, was Sie genau von mir verlangen."
"Ich will, dass Sie das Artefakt von Mr. Toran wiederholen. Ich denke, dass ist doch klar, oder?"
"Wissen Sie, was Sie da verlangen? Toran ist sehr einflussreich und geradezu paranoid, was seine Sicherheit betrifft. Wie zur Hölle soll ich das Artefakt von ihm wiederbeschaffen? Soll ich einfach so ins Romulanische Reich spazieren und ihn nett fragen?"
Mr. Tevis lächelte. "Ich denke, dass Sie das können. Schließlich haben Sie sich bisher sehr gut jeglicher Verfolgung entzogen. Von daher traue ich Ihnen auch das zu. Sagen Sie mir, ob Sie damit einverstanden sind oder nicht!"
"Wie Sie schon sagten, ich habe wohl keine Wahl. Aber ich werde Ausrüstung und ein Schiff brauchen. Da Sie vermutlich zu verhindern wissen werden, dass ich mich gänzlich absetze, können Sie mir das sicher zur Verfügung stellen, oder?", verlangte Etienne.
"Oh, wissen wir das? Nun, wir werden dafür sorgen, dass Sie wirklich wiederkommen und das bringen, was Sie Mr. Toran gegeben haben", sagte sein Anwalt nur. Er gab etwas in sein Pad ein. "Nun, dann würde ich sagen, können wir den Deal vorschlagen und Sie kommen um lebenslänglich und eine kürzere Lebensdauer herum."
"Gut, aber, wenn ich Erfolg habe und das Artefakt abliefere, will ich eine volle Begnadigung, den Schutz der Föderation vor eventuellen Racheakten seitens der Romulaner sowie eine neue Identität", verlangte Etienne, "wenn ja, sind wir im Geschäft."
"Sie verlangen ganz schön viel, wenn man bedenkt, dass Sie nicht in der Position sind, zu verhandeln, Mr. Duval", warnte ihn Mr. Tevis.
"Das mag sein, aber ich glaube nicht, dass Sie mit diesem Angebot zu mir kämen, wenn Sie das Artefakt auf andere Weise wiederbekommen könnten. In der Hinsicht denke ich also, wir sind voneinander abhängig. Und dann ist da immer noch die Chance, dass ich das kleine Abenteuer nicht überlebe." Etienne wusste, dass er hoch pokerte, aber wenn er jetzt seine Chance nicht nutzte, würde es vielleicht keine zweite geben.
Mr. Tevis überlegte und nickte dann. "Ich werde Ihre Bedingungen überdenken", sagte er dann. Er packte sein Pad zusammen und erhob sich. Sofort kehrten die Wachen zurück und brachten Etienne zurück in seine Zelle. Diesem schwirrte noch immer der Kopf von dem Gehörten. Er wusste, wenn es ihm nicht gelang, Tevis' Auftrag auszuführen, würden die Romulaner ihn töten. Aber lieber eine kleine Chance auf Freiheit als ein Leben in Gefangenschaft. Etienne ließ sich auf sein Bett fallen, starrte die steril weiße Zellendecke an und dachte an A´kebur. Der Klingone war tatsächlich das einzige, was ihm geblieben war.
Am nächsten Tag wurde er wieder in das Besprechungszimmer gebracht. Die Nacht über hatte er kein Auge zugetan. Zudem hatte er nichts mehr von A´kebur gespürt. Er war nach diesem Fiasko eines Dreiers mit einer Katzenfrau aus Etiennes Gedanken verschwunden. "Guten Morgen, Mr. Duval", grüßte ihn sein Anwalt.
Der Angesprochene musterte sein Gegenüber einmal mehr misstrauisch. "Guten Morgen. Und, zu welcher Entscheidung sind Sie gekommen?"
"Sie bekommen, was Sie wollen. Sie bekommen alles. Sollten Sie jedoch versagen oder uns hereinlegen, dann werden Sie darum betteln, dass Sie für den Rest Ihres Lebens auf irgendeine Kolonie kommen, auf dem Sie älter als ein Jahr werden. Das ist ein Versprechen, Mr. Duval."
"Gut, und ich verspreche, dass ich mit dem Artefakt zurückkomme oder bei dem Versuch draufgehe. Ich würde Ihnen ja die Hand darauf geben, aber..." Etienne hob seine Handgelenke in den Handschellen. "Was wird nun mit der Verhandlung? Was soll ich sagen?"
"Nun, die Verhandlung wird verschoben. Sie haben ein Zeitfenster von drei Wochen. Sie fliegen mit dem schnellsten Schiff, das wir haben. Wenn Sie im Übrigen versagen, kann es sein, dass niemand in dieser Galaxie überlebt. Daher sind wir so großzügig."
Etienne runzelte die Stirn. "Langsam, bitte! Was hat es mit diesem Artefakt auf sich? Ist es eine Art Waffe?"
Mr. Tevis sah ihn eindeutig böse an. Offenbar machte er ihn persönlich dafür verantwortlich, was passiert war oder passiert ist.
"Charon 7 strahlt mit einer Kraft, die innerhalb kürzester Zeit Leben auf ihm unmöglich machen wird. Simulationen zeigen, dass der Planet in einem Monat sich durch diese Energie praktisch selbst zerreibt. Man kann nicht von einer Explosion reden. Aber der Effekt hat Einfluss auf das gesamte Sonnensystem. Alle Simulationen zeigen, dass es dann einen weiteren Effekt auf die benachbarten Systeme geben wird. Der Haupteinfluss besteht jedoch zwischen Varaas 3 und Charon 7. Das Gebiet wird voraussichtlich wie eine Spindel geformt sein. Die Kraft dieser Spindel wird quer von Romulus über das Gebiet bis weit in den hintersten Teil der Galaxis reichen. In etwa 100 Jahren wird es in 1.000 Lichtjahren um die Spindel herum kein Leben mehr geben. Die meisten Planeten werden wie Charon 7 sein. Sie werden nach und nach zerrieben, sich verklumpen und vielleicht neue Sonnen bilden. Aber das ist nicht sicher. Nichts von dem, was ich sagte, ist gesichert. Sicher ist bis jetzt nur, dass Charon 7 evakuiert wird."
Etienne starrte ihn entsetzt an. Er konnte kaum glauben, was er da hörte. Das alles wegen zwei kleiner Gegenstände, von denen er selbst einen in Torans Hände gegeben hatte? In dem Fall war es nur recht und billig, wenn er den angerichteten Schaden wieder gut zu machen versuchte. "Drei Wochen also für mich", murmelte er, "wie viele Leute wissen noch von der Sache? Muss ich die Mission allein ausführen?"
Mr. Tevis spitzte kurz den Mund. "Wir haben Agenten eingeschleust. Schon vor Jahren. Aber letztlich werden Sie allein arbeiten müssen. Wir können keine Armee reinschicken. Die Verhandlungen mit dem Imperium laufen. Aber bisher wird uns kein Glaube geschenkt. Wir haben keine Zeit auf eine diplomatische Lösung warten."
Das hatte Etienne sich schon gedacht. "Aber ich brauche Informationen, wo sich Toran aufhält, sonst werden ich Wochen mit sinnloser Suche verbringen", erklärte er, "davon abgesehen würde der Tal'Shiar dann sicher auf mich aufmerksam werden, was das Ende der ganzen Sache hieße." Der romulanische Geheimdienst war eines der wenigen Schreckgespenster, die es noch in der bekannten Galaxis gab, und verglichen mit ihnen, war Toran ein äußerst sympathischer Zeitgenosse. Die Wärter traten ein, ohne dass sie jemand gerufen hätte. Sie nahmen Etienne die Fesseln ab.
"Folgen Sie mir! Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Sie werden alles erfahren. Die Reise zum Romulanischen Imperium, selbst wenn man nur zum Rand will, ist leider immer noch zu lang."
Etienne tat wie geheißen. Im Augenblick war er noch zu überrumpelt, um sich wirklich Sorgen zu machen, aber je eher er unterwegs war, umso weniger konnte er sich dieses Himmelfahrtskommando wieder ausreden. Gut, dass A´kebur nicht hier war, er hätte ihn wahrscheinlich für irre erklärt. Etienne lächelte kurz. Irre oder nicht, er würde das durchziehen. Nicht, dass die Erfolgschancen groß waren, aber es kam nicht jeden Tag vor, dass man die Galaxis im Alleingang retten musste. Allerdings stürzte man diese auch nicht im Alleingang jeden Tag ins Chaos.
Apropos A´kebur!
Etienne fiel ein, dass dieser ja auf dem Weg zur Aequalitas war, um bei seiner Verhandlung beizuwohnen. Er musste ihn dringend noch kontaktieren, damit der Klingone nicht wieder irgendetwas Dummes anstellte. Aber war das vermeidbar? Nicht, dass der noch so verrückt war, Etienne zu folgen. Ein Klingone hatte im romulanischen Gebiet noch weniger Überlebenschancen als ein Mensch.
Mr. Tevis war stehen geblieben, weil Etienne es auch tat. Er glaubte schon, dass dieser fliehen wollte. Doch dessen entrückter Blick sagte ihm, dass diesem wohl gerade etwas eingefallen war.
"Was ist los? Wir haben keine Zeit!", rief er.
"Kann ich noch jemanden kontaktieren, bevor wir aufbrechen? Ich werde keine Einzelheiten nennen, aber die betreffende Person könnte sonst meinen Auftrag gefährden, wenn sie nicht weiß, was los ist", bat Etienne hastig.
"Wie meinen Sie das? Welche Person ist das? Wir werden sie festsetzen, wenn das notwendig ist."
"Nein, tun Sie das nicht!", wandte Etienne ein, "Es geht um meinen Partner. Lassen Sie mich einfach mit ihm reden, ja? Zwei Minuten."
Mr. Tevis kniff die Augen zusammen. "Was meinen Sie mit Partner? Ein Pirat wie Sie?", fragte er.
"Nein, ein Starfleet-Offizier. Es ist eine lange Geschichte und wie Sie selber sagen, wir haben keine Zeit. Er ist im Augenblick auf dem Weg hier zur Erde wegen meiner Verhandlung."
"Fähnrich A´kebur ist Ihr Partner?" Mr. Tevis schien erstaunt. "Es ist uns bekannt, dass er zur Aequalitas unterwegs ist. In Ordnung. Kontaktieren Sie ihn."
"Danke." Etienne ging zur Com-Anlage an der Wand und verlangte ein Subraumgespräch zu einem Schiff. Dank der Einmischung von Mikku wusste er, auf welchem Schiff A´kebur war, und er hatte lange genug mit Harlan Merriweather zusammengearbeitet, um die Frequenz von dessen Schiff zu wissen und so dauerte es nur wenige Minuten, bis die Verbindung hergestellt war.
"Harlan? Ich bin es, Etienne."
"Hallo, mein Junge. Habe mich schon gefragt, wann ich mal was von dir höre. Wie geht es dir?"
"Danke der Nachfrage, ganz entzückend wie immer. Ich frage mich, ob du vielleicht einen gewissen Klingonenmischling an Bord hast und ob ich mit ihm reden könnte? Es ist dringend. Oh, und gib Mikku einen Tritt von mir in ihren befellten Hintern", fügte er noch hinzu.
Harlan lachte. "Und ich dachte, er wäre Vulkaniermischling. Und nein, ich kann ihn dich nicht sprechen lassen. Er schläft seltsamerweise seit über vierundzwanzig Stunden. Und Mikku werde ich nicht treten. Das kannst du selbst tun, wenn ihr euch trefft", wies ihn Harlan gutmütig zurecht.
"Harlan, bitte. Weck ihn auf, es ist wirklich dringend. Ich will nicht, dass er etwas aus zweiter Hand erfährt und dann Dummheiten macht. Kannst du darauf ein Auge haben? A´kebur ist leider alles zuzutrauen."
Harlans Gesicht verzog sich in eine Vielzahl von Falten. Er erhob sich und ging in den hinteren Teil des Schiffs. Eine Zeitlang war nichts zu sehen oder zu hören. Dann tauchte ein wohlbekanntes Katzengesicht auf. Im unteren Teil des Bildschirms erschien eine Begrüßung.
"Hallo kleiner Junge", grüßte sie Etienne.
Dieser zog eine Grimasse. "Hallo, Fellknäuel. Hat man dir eigentlich nie beigebracht, dass man die Pfoten von anderer Leute Sachen lässt?"
Mikku schickte ein geschriebenes Schnurren. "Gib zu, dass es dir auch gefallen hat. Außerdem brauchte er das. Unser Schiff ist zu klein für einen Vulkanier, dessen Blut heiß geworden ist."
"Erzähl das deiner Großmutter! Und sieh zu, dass du mir in nächster Zeit nicht in mein Kielwasser kommst, sonst kann ich für nichts garantieren." Etienne fühlte deutlich Tevis' Blick im Nacken. Ihm lief die Zeit davon. "Aber ich habe jetzt keine Zeit für sowas."
"Ich meine das ernst", fauchte Mikku. "er hat das Ponfarr. Noch nicht sehr stark. Aber ein ungezügelter Klingone mit dem Blutfieber eines Vulkaniers ist nicht sehr nett!"
Etienne rieb sich die Stirn. Auch das noch. "Ich ..." Er atmete tief durch. "Das hättest du mir gleich sagen können. Besteht irgendeine unmittelbare Gefahr für ihn?"
"Im Moment nicht. Ich habe nachgeschlagen. Ein Vulkanier im Ponfarr braucht denjenigen, in dem er seinen Partner sieht und das wärest damit dann du, oder?"
"Und bis wann genau? Ein paar Umstände zwingen mich nämlich, die nächsten drei Wochen nicht erreichbar zu sein. "
"Bitte?" Das war Harlan. "Das ist nicht dein ernst! Wir bringen A´kebur zur dir wegen deiner Verhandlung und du haust ab?"
Ehe Etienne was sagen konnte, wurde Harlan irgendwie aus dem Bild gezogen und durch A´kebur ersetzt. Er sah wüst aus. Ein auffälliger Kratzer war auf seiner Wange und auf seiner Stirn. Sein Oberkörper war mit weiteren Kratzer und Schrammen bedeckt. In seinen Augen war eine Wildheit, die Etienne nur bei intimen Augenblicken gesehen hatte.
Ihn so zu sehen, brachte Etienne für einen Moment aus dem Gleichgewicht. "A´kebur, hör zu! Ich weiß, dass du auf dem Weg hierher bist. Aber es haben sich ein paar Neuigkeiten ergeben, die die Verhandlung verzögern werden. Und vorher werde ich nicht erreichbar sein, erst wieder in etwa drei oder vier Wochen." Etienne brach seinen hastigen Redefluss ab, weil ihm darüber hinaus neben einigen anderen Details eben bewusstwurde, dass er den Rückweg unterschlug.
A´kebur knurrte. Etienne erinnerte das an Lials Ermahnung, dass A´kebur einen Fehler seiner Vorfahren hatte. Er konnte keine Gefühle ausdrücken. Zumindest nicht verbal. Aber das hier war mehr ein tierisches Geräusch. A´keburs Gesicht veränderte sich jedoch plötzlich. Es wurde nichtssagend und kühl. "Ich werde auf dich warten", sagte er in einer geradezu bildreifen vulkanischen Art.
Etienne wusste nicht, ob er erleichtert oder noch besorgter sein sollte. "Danke", erwiderte er, "und bitte bleib bei Harlan und Mikku! Auf die beiden ist Verlass. Ich werde mich wieder melden." Kurz zögerte Etienne, doch als er begriff, dass er A´kebur vielleicht nie wiedersehen würde, flüsterte er noch ein paar vulkanische Worte und trennte dann die Verbindung. "Ich bin bereit zum Aufbruch", erklärte er Tevis.
Dieser sah ihn merkwürdig an. "Kommen Sie!", rief er dann jedoch und geleitete ihn zum Transporterraum.
Etienne zog entschlossen die Augenbrauen zusammen und folgte seinem Anwalt, von dem er wusste, dass er ganz bestimmt nicht sein Anwalt war. Er hatte noch keinen Plan, wie er seine Mission ausführen sollte, aber etwas würde ihm schon einfallen - wie immer.
A´kebur hielt sich an der Konsole fest. Er fühlte sich schwer und ihm war heiß. Er kannte das schon. Er hatte so etwas schon vor ein paar Jahren als Heranwachsender gehabt. Nach ein paar Tagen war das Gefühl aber wieder vergangen. Doch jetzt fühlte er sich wie abgeschnitten und Züge von Panik schlichen sich in sein Denken. Er hatte Angst und er wollte zu Etienne. Sein Herz schlug schmerzhaft und sein Blut rauschte durch seinen Körper in einer wahnwitzigen Geschwindigkeit.
Etwas, Weiches, Warmes lehnte sich an seine Beine. Mikku blinzelte mit ihren großen bernsteinfarbenen Augen deutlich besorgt zu ihm hoch. Auch Harlan musterte seinen Passagier alles andere als beruhigt.
"Etienne hätte sich wirklich etwas klarer ausdrücken können", brummte er, "was bin ich, ein Babysitter? Hey Junge, alles in Ordnung mit Ihnen?"
A´kebur fühlte, wie seine Muskeln nicht mehr vollständig seinem Willen gehorchen wollten. Er richtete sich langsam auf. "Mir geht es gut", versicherte er. "Wie lange brauchen wir noch zur Aequalitas?"
"Noch sechseinhalb Tage. Aber wenn ich Etienne richtig verstanden habe, ist er dann gar nicht mehr dort."
"Unsere Vereinbarung lautet die Aequalitas. Mehr Geld habe ich nicht." A´kebur brach ab. Er hatte keine Konzentration mehr für ein weiteres Gespräch. Er wandte sich ab und ging in die kleine Kammer zurück. Er wollte niemanden sehen. Harlan sah ihm kurz nach und seufzte. Offensichtlich würde er dieses Problem doch nicht so schnell los.
"Was sollen wir machen, Mikku?", fragte er die Katzendame.
"Also, ich würde ihn nicht zur Aequalitas bringen. Dort kann ihm keiner helfen. Nur auf Vulkan kann ihm geholfen werden. Seine Physiologie ist anders als die meiner Spezies. Bei uns geht das ohne Schäden vorbei. Aber bei Vulkaniern kann das zum Tode führen."
"Nach Vulkan? Und wie willst du ihm das klarmachen?" Harlan kratzte sich hinterm Ohr. "Was für ein Schlamassel!"
Mikku sah auf die Tür, die A´kebur hinter sich geschlossen hatte. "Er ist kaum noch ansprechbar", meinte sie. "Ich werde mich um ihn kümmern, du wechselst den Kurs. Das wird zwar wieder eine Ewigkeit dauern, aber vielleicht treffen wir auf den Weg dahin ein schnelleres Schiff, das ihn übernehmen kann."
Der Captain seufzte. "Auf deine Verantwortung. Der Deal war schließlich, ihn zur Aequalitas zu bringen."
"Wir sollen uns aber auch um ihn kümmern. Das hat Etienne gesagt. Und wenn wir ihn später zur Aequalitas bringen, sind es eben 1.000 Credits weniger", meinte Mikku spitzbübisch.
"Na ja, Piratenehre geht vor Geld", erwiderte Harlan mit einem schiefen Lächeln, "und wenn Etienne uns um etwas bittet, dann machen wir es auch. Aber wehe, dieser Verrückte kommt nicht wieder innerhalb von den drei Wochen, dann gibt es Ärger."
"Das glaube ich ungesehen!"
Etienne sah aus dem Fenster des Transportschiffes. Sie waren nun schon seit einem Tag innerhalb der Grenzen des Romulanischen Reiches, und von Stunde zu Stunde war Etienne unruhiger geworden. Zwar hatten ihm Tevis' Mitarbeiter versichert, dass dieser Frachter Sonderlizenzen hatte und die Passagiere wenig kontrolliert wurden, aber das beruhigte ihn nicht wirklich. Jedenfalls war sein Zielort glücklicherweise nicht Romulus, sondern die Yadrul-Kolonie, auf der neben Romulanern auch viele Vertreter anderer Völker lebten. Dort würde er nicht so sehr auffallen.
Aber auch so würde es alles andere als leicht werden, Torans Sommerhaus dort ausfindig zu machen, in dem er angeblich seine größten Schätze hütete. Etienne studierte die Karten, die es von dem Planeten gab. Es gab nur vier große Städte. Der meiste Teil des Planeten war unbewohnt. Toran erhob alleinigen Anspruch auf einige ausgesprochen große Gebiete.
"Sie werden selbst herausfinden müssen, wo sich seine Residenz befindet. Das Problem ist, dass unsere Leute bisher nicht zum engsten Kreis gehören. Aber ich denke, dass Sie ausreichend motiviert sind."
Das war eine sehr diplomatische Umschreibung. Etienne wusste, sein Leben hing von seinem Erfolg ab. Motivierter konnte man kaum sein.
"Wann genau werde ich wieder abgeholt? Muss ich ein Signal geben oder gibt es einen Rendezvouspunkt?", wollte er wissen.
Mr. Tevis wog einen Injektor in seiner Hand. Dann setzte er ihn unvermittelt auf Etiennes Schlüsselbein. Es zischte und ein kurzer Schmerz folgte. "Das ist ein Sender. Er wird passiv abgefragt und sendet nicht aktiv. Damit ist es uns möglich, Ihren gesundheitlichen Zustand festzustellen. Wenn Sie wieder zurück wollen, dann brauchen Sie das hier." Tevis zeigte ihm eine kleine Kapsel. "Die wird zwischen die Zähne geklemmt. Sie ist damit unsichtbar. Zerreiben Sie die Kapsel, werden Sie hochgebeamt, egal wo Sie sind."
Etienne nickte und nahm das winzige Ding an sich. Das war zumindest eine kleine Sicherheit. Das und die Tatsache, dass man ihn mit den neuesten Phasermodellen und einigen anderen Kleinigkeiten ausgestattet hatte, die sich gut verstecken ließen, aber im Notfall sehr effektiv waren. "Sonst noch letzte Instruktionen?", fragte Etienne.
Sie waren bereits in den Orbit um die Yadrul-Kolonie eingetreten.
"Nein. Wir werden versuchen, Sie im Auge zu behalten. Aber wir können für nichts garantieren. Ich brauche Sie ja nicht daran erinnern, was auf dem Spiel steht."
"Nein, nicht wirklich." Etienne atmete tief durch. Bereiter als jetzt würde er sicher nie sein. Er hatte Lial noch vor dem Abflug verständigt, und obwohl er ihr keine Einzelheiten genannt hatte, vertraute er darauf, dass sie im Zweifelsfall auf A´kebur aufpassen würde. Das Gleiche galt für Harlan: Auf ihn war im Ernstfall immer Verlass. Jetzt ging es nur darum, ob Etienne es auch schaffte, lebend zurückzukommen.
Der Transporteroffizier beamte ihn hinunter.
Es war ein schöner Planet, auf dem er landete. Fast wie auf der Erde. Ein mildes Klima sorgte für eine üppige Flora und Fauna. Die Luft war weich und voller aromatischer Düfte.
Etienne war in der größten Stadt abgesetzt worden. Niemand nahm von seinem Auftauchen Notiz. Es gab nicht viele Menschen hier, aber doch einige, so dass seine Anwesenheit eher uninteressant war.
Die überwiegende Zahl waren jedoch Vertreter anderer Spezies und natürlich noch die Romulaner.
Aber trotzdem wollte Etienne hier keine unnötige Aufmerksamkeit erregen und sich somit in jeglicher Hinsicht zurückhalten.
Zielsicher lenkte Etienne seine Schritte zu einem Informationsbüro, an dessen Terminals man Karten der Umgebung aufrufen konnte. Torans Gebiet war grob eingezeichnet, aber wo das Haus selbst stand, war nicht zu erkennen - wie zu ewarten. Das hieß also für ihn suchen. Und Etienne hatte keine Ahnung, was in dem abgezäunten Gebiet auf ihn wartete; zwischen Selbstschussanlagen und Raubtieren war alles möglich.
Er besorgte sich einen Gleiter. Sein Anwalt hatte ihn mit ausreichend Geldmittel ausgestattet. Es war wohl recht lukrativ, ein Agent für den Geheimdienst der Föderation zu sein.
Etienne entschloss sich einen Führer einzukaufen, der ihn ein wenig durch die Gegend fuhr und ihm das eine oder andere erzählte. Es war zwar auf den ersten Blick Zeitverschwendung, aber so fiel er einerseits nicht auf, wenn er herumfuhr und andererseits konnte er sich ersten Gedanken darüber machen, welche Gebiete in Frage kamen.
Besagter Führer war schnell gefunden. Natürlich kein Romulaner, die es allgemein für unter ihrer Würde hielten, anderen Rassen zu Diensten zu sein.
Gutgelaunt erklärte ein männlicher Vertreter seiner eigenen Spezies, zumindest bezogen auf einige seiner Vorfahren, sich bereit, ihm die "Schönheiten von Ydrul exklusiv zu zeigen". Es war noch früh am Tag und das Wetter so klar und angenehm, dass Etienne fast vergessen konnte, wo er war und warum. Aber auch nur fast.
"Wer sind eigentlich die größten Persönlichkeiten hier vor Ort?", fragte Etienne. "Damit ich nicht mit ihnen aneinandergerate!"
Sein Führer lachte. Er war ein Orionermenschmischling und wie Etienne hatte feststellen dürfen und damit nicht ganz menschlich, wie er vermutete hatte. Darüber hinaus war dieser immer zu einem gutmütigen Lachen aufgelegt. "Toran ist der Herr dieses Planeten. Aber natürlich ist es das Romulanische Imperium und der Imperator, dem hier alles untersteht.
"Toran? Ich glaube, ich habe schon mal von ihm gehört", tat Etienne unschuldig.
"Oh, Toran ist hier eine richtige Lokalgröße. Seine Familie ist im Senat. Aber er ... Nun, sagen wir, er weiß, wie man sein Leben lebt."
"Aha. Ich nehme an, er hat hier die prächtigste Villa?"
Der Orionermischling lachte mit seiner wohlklingenden Stimme. "Nein, hat er nicht. Er liebt das Ungezähmte."
"Tja, so reich müsste man eben auch sein", stimmte Etienne zu, "vermutlich liegt er die ganze Zeit im Pool und lässt sich Drinks servieren."
"Sie haben seltsame Vorstellungen. Als Orioner oder Mensch ganz bestimmt. Aber er ist ein stolzer Romulaner. Die lungern nicht am Pool. Auch nicht, wenn sie Tunichtgute sind. Aber das haben Sie nicht von mir."
Etienne grinste. "Ich habe nichts gehört. Hat sich Toran denn so unbeliebt gemacht hier?"
Der Fremdenführer sah sich um und hielt den Gleiter. "Nein, hat er nicht. Im Gegenteil. Er ist ein geachteter Mann. Sie sollten es nicht so locker sehen, mein Freund. Hier könnte das einigen sehr übel aufstoßen. Es dauert Jahre, ehe Romulaner einem Fremden vertrauen, der kein Romulaner ist."
"Oh, das weiß ich. Ich war lediglich neugierig, nehmen Sie es mir nicht übel." Wer bereits auf Torans Abschussliste steht, der brauchte sich keine Gedanken mehr zu machen, fügte er im Stillen zu. "Ich schätze mal, er bekommt nicht viel Besuch, wenn er so zurückgezogen lebt?"
"Sagen Sie mal, wollen Sie etwas von ihm?"
"Kann sein, dass ich Geschäfte mit ihm zu machen gedenke. Aber nur vielleicht. Meine Firma will, dass ich sein Interesse auslote, wenn Sie verstehen. Der Urlaub ist leider nicht ganz dienstfrei für mich."
Der Fremdenführer wiegte bedächtig seinen Kopf. "Romulaner suchen sich ihre Geschäftspartner immer selbst. Ihre Firma ist blauäugig."
Etienne zuckte mit den Schultern. "Ich mache nur meinen Job. Können Sie mir denn sagen, wo ich Toran finden kann?"
"Okay, da das hier ein Geschäft ist und mich es nichts angeht: Gehen Sie in den Silberwald. Dort gibt es eine große Lichtung, Sie können sie nicht verfehlen, wenn Sie die Straße nehmen. Auf einer Karte werden Sie aber die Straße nicht finden. Aber an der Lichtung steht eine kleine Hütte. Fragen Sie dort nach ihm. Ich bekomme jetzt 200 Credits von Ihnen."
Etienne strahlte ihn an und drückte ihm das Geld in die Hand. "Vielen Dank. Damit ist mir sehr weitergeholfen."
"Sie haben mir auch weitergeholfen!" Der Fremdenführer sprang aus dem Gleiter. "Viel Glück bei Ihren Geschäften. Aber, es wäre schade um Sie. Nicht, dass Sie Ihren Kopf auf Ihren Händen hinaustragen."
"Keine Sorge, ich werde vorsichtig sein. An meinem Kopf liegt mir doch so einiges."
Etienne setzte den Gleiter wieder in Bewegung, diesmal in Richtung des Waldes. Solange es hell war, wollte er noch einiges auskundschaften. Dass man ihn legal hineinlassen würde, war illusorisch, also würde er es später im Schutz der Dunkelheit versuchen.
Etienne sah in der Karte nach. Silberwald. Stand groß in romulanischer Sprache da. Das war irgendwie zu einfach. Etienne konnte nicht genau sagen, warum, aber ihm gefiel das nicht. Er kannte Toran zu gut, als dass dieser einfach zulassen würde, dass jemand an seine Tür klopfte wie ein Staubsaugervertreter. Besser, er war vorsichtig.
Der Wald war recht licht und freundlich, und die Sonne fiel schräg durch die Blätter. Nein, es war zu friedlich hier. Tatsächlich stand da dieses Haus. Es war nichts, was sich Etienne unter einem Palast vorstellen würde. Es war vielmehr eine Hütte. Sie wirkte gepflegt, aber dennoch einsam und verlassen. Irgendwie konnte sich Etienne nicht vorstellen, dass hier jemand lebte. Vermutlich war es nur eine Art Wachstation. Etienne verlangsamte den Gleiter hinter einer Kurve, stieg aus und griff nach dem Fernglas. Etienne überlegte, ob er wirklich erst hierher zurückkommen sollte, wenn es dunkel war und schüttelte den Kopf. Da war das Gefühl, dass es wahrscheinlich keine Rolle spielte. Alles hier wirkte wie für einen Besucher für ihn arrangiert, doch ob man ihn einfach ins Haus hineinspazieren ließ, bezweifelte er. Aber er irrte sich.
Die Tür war geschlossen, aber nicht verschlossen. Der große, die gesamte Hütte ausfüllende Raum war gemütlich eingerichtet. Es gab einen Kamin aus dem ungewöhnlich roten Stein, der hier in der Gegend für einen großen Teil der Gebäude verwendet worden war. Es gab ein Fell vor dem Kamin und eine schlichte, jedoch gut einsehbare Bar. Allerdings war niemand da. Etienne misstraute der Sache immer mehr. Er sah sich noch nochmal genau um und ging dann vorsichtig näher, die Hand unter dem Mantel bereits auf die Waffe gelegt.
"Ich hatte mich schon gefragt, wie lange Sie brauchen, Mr. Duval", hörte er die angenehm modulierte Stimme seines Lieblingsauftraggebers.
Etienne wirbelte herum. Kaum zwei Meter von ihm entfernt stand Toran und lächelte überlegen, einen Disruptor in der Hand. Etienne ließ die Hand von seiner Waffe sinken und fluchte stumm in allen ihm bekannten Sprachen. Wie hatte er nur so dumm sein können? Nein, eigentlich war er sogar ziemlich dumm gewesen. Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen. Er war erwartet worden.
"Tut mir leid, der Verkehr, Sie kennen das ja. Haben Sie mich vermisst?", rettete er sich in die einzige Verteidigung, die ihm blieb: Sarkasmus.
"Oh, natürlich habe ich das. Das Föderationsschiff hat Sie ja aber sehr schnell hierher gebracht. Ich finde den Service phantastisch. Bitte legen Sie doch ab. So lässt sich nicht gut reden!" Toran deutete mit leichter Geste auf Etiennes Waffe. "Man sollte sich immer erleichtern, wenn man sich amüsieren will, nicht wahr?"
Etienne zog die Augenbraue hoch. Das klang nicht gut. Aber wenn er nicht pulverisiert werden wollte, kam er der Aufforderung besser nach und legte seine Waffe auf den Tisch. Dann verschränkte er die Arme. "Woher wussten Sie, dass ich komme?"
"Nun, ich weiß immer alles. Das gehört zu meiner Natur." Toran steckte seine Waffe in den Gürtel und ging zur Bar. "Haben Sie das zweite Artefakt?", fragte er.
"Und was sollte ich damit? Sie sind doch der Sammler", gab Etienne zurück, "und ich glaube, in Anbetracht Ihrer letzten Gastfreundschaft betrachte ich unsere Geschäftsbeziehung für beendet."
"In dem Fall schulden Sie mir noch den Vorschuss, Mr. Duval."
"Da Sie nicht die vereinbarte Summe bezahlt haben, denke ich das nicht. Außerdem habe ich im Augenblick kein Geld. Wenden Sie sich an meinen Finanzberater." Etiennes Blick glitt zur Tür. Er konnte sich kaum vorstellen, dass Toran allein hergekommen war. Dieser goss sich gerade ein Glas ein, dann ein weiteres. "Bedienen Sie sich!"
Etienne beschloss, das Angebot anzunehmen. Toran pflegte seine Feinde nicht zu vergiften. Mit einem Glas besten saurianischen Brandy in der Hand setzte er sich und musterte Toran. "Keine Folter heute?"
"Oh, ich glaube Ihnen, dass Sie das Artefakt nicht haben. Sie hatten es damals nicht und Sie hatten seitdem keine Gelegenheit, es zu besorgen." Toran erklärte ihm das im Plauderton. Er schien erstaunlich gut informiert und noch besser schien er gelaunt. Er setzte sich und sah Etienne nicht unfreundlich an. "Ich finde es erstaunlich, dass Sie hierher gekommen sind. Welche Gründe wehen Sie hierher?"
"Och, ich hörte, die Yadrul-Kolonie sei ein schöner Ferienort und meine Sommerbräune hat doch sehr nachgelassen." Etienne setzte sein breitestes Lächeln auf. "Außerdem ist die Waldluft gut für die Gesundheit."
"Sie sollten nicht lügen, Mr. Duval. Eher sollten Sie sich das letzte Mal unserer Begegnung in Erinnerung rufen. Ich kann noch mehr. Ich war noch sanft gewesen zu Ihnen."
Etienne ließ sich nicht einschüchtern. Wenn er Toran verriet, wo das zweite Artefakt war, war alles aus. Und das durfte nicht geschehen. Kurz spielte Etienne mit dem Gedanken, die Kapsel einzusetzen, um sich hochbeamen zu lassen, aber vorher wollte er noch den Versuch wagen, herauszufinden, wo Torans Artefakt war.
"Sanft, aha. Da scheinen wir aber verschiedene Vorstellungen von dem zu haben, was Sie als sanft bezeichnen", gab er zurück, "und, ist das hier Ihr vielgepriesenes Landhaus? Scheint mir etwas klein zu sein."
Toran sah sich um. Er lächelte und wirkte harmlos. "Es genügt. Ich muss nicht immer Großes um mich herum haben. Das mag für einen Piraten wie Sie etwas ungewöhnlich sein, aber so ist es." Toran sah ihn wieder an. "Wie schmeckt Ihnen der Brandy? Er ist 400 Erdenjahre alt."
"Köstlich. Ich will gar nicht wissen, wie teuer er war." Etienne nahm noch einen Schluck, um sich Mut zu machen. Toran schien sich seiner Sache sehr sicher, da bisher niemand weiteres aufgetaucht war. Auch vor der Hütte war nichts zu sehen. "Haben Sie übrigens keine Angst ganz allein? Sonst sind doch immer ein paar Wachhunde bei Ihnen", fragte Etienne nonchalant.
Toran lachte. "Wir sind hier überwacht. Stärker als irgendwoanders in dieser Galaxie. Sollten Sie das Haus ohne meine Erlaubnis verlassen, sterben Sie." Er machte eine effektvolle Pause. "Möchten Sie noch einen Drink?"
"Ja bitte." Etienne zweifelte nicht an Torans Worten. Offensichtlich hatte der alles geplant. Wie immer. "Und was haben Sie jetzt vor?"
Toran schenkte ihm großzügig nach. "Nun, ich denke, dass ich herausfinde, was Sie wissen. Warum Sie von der Föderation hierher kutschiert wurden, wobei ich vermute, dass Sie mein Artefakt haben wollen. Die Frage ist, welches Interesse hat die Föderation daran. Selbst wenn es gegen Ihre kleinlichen Gesetze verstößt, würden Sie niemals solch einen Aufwand betreiben. Erst recht nicht, würde sie einen Halunken wie Sie einer sind hierher bringen."
"Tja, die Föderation hat mir Sonderurlaub gegönnt, weil ich, wie wir alle wissen, ein so liebenswerter Kerl bin. Sie wissen doch, dass der Verein viel zu weichherzig ist." Etienne lehnte sich zurück und gab den Eindruck von Unbesorgtheit, während seine Gedanken fieberhaft arbeiteten.
"Ich hatte Ihnen geraten, nicht zu lügen, Mr. Duval. Ich bin äußerst zuvorkommend zu Ihnen, obwohl Sie mein Vertrauen missbraucht haben", warnte ihn Toran eisig.
"Vertrauen missbraucht? Wie das denn, bitte? Ich habe mich immer an unsere Vereinbarungen gehalten und dass die Drake schrottreif kaputt war, war nicht meine Schuld." Irrte Etienne sich oder hatte er dieses Gespräch schon einmal geführt?
"Ich bin nicht für den Zustand Ihres Eigentums zuständig. Das ist Ihre Angelegenheit. Auf jeden Fall schulden Sie mir das Artefakt und ich denke, Sie wissen, wo es ist. Sie brauchen mir nicht einmal zu sagen, wo es ist. Bringen Sie es einfach hierher. Dann brauchen Sie sich nicht für den Rest Ihres Lebens in einem Bau verkriechen. Das wäre sehr viel komfortabler, nicht wahr?"
"Tut mir leid, das geht nicht, da kann ich nichts machen", weigerte Etienne sich, "erstens weiß ich von nichts und zweitens würde ich es Ihnen genauso wenig jetzt sagen wie vor ein paar Wochen."
Toran sah ihn ungeduldig an. "Dann erwarten Sie wohl jetzt, dass ich Ihnen das Artefakt ausliefere!"
"Das wäre wohl die einfachste Methode, uns allen Ärger zu ersparen!"
Toran lachte. "Einfache Methode!" Er atmete tief durch. "Nun gut. Ich habe genug davon, Sie zu foltern."
"Oh, und was haben Sie dann vor? Mich töten? Dann erfahren Sie nie, wo das zweite Artefakt ist und Flecken auf dem Teppich gibt das außerdem. Wie wäre es, mit mich gehen zu lassen?", gab Etienne zurück und befühlte die Kapsel in seinem Mund mit der Zunge.
"Sie wissen, wo das zweite Artefakt ist? Nun, eigentlich bin ich nicht mehr daran interessiert. Ich kann warten. In etwa zehn Jahren kann ich es auch noch haben. Eile mit Weile. Ich habe gehört, dass das ein Spruch von der Erde ist. Sehr weise. Ich werde mit Ihnen etwas anderes machen. Ich werde meine Unkosten versuchen abzudecken. Ich werde Sie ein wenig umbauen lassen und dann verkaufen. Man zahlt gutes Geld für willige Sklaven mit Sonderausstattung."
Der Ausdruck in Torans Augen sagte Etienne, dass dieser es ernst meinte. "Vergessen Sie es." Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte er die Kapsel geschluckt und zerkaut. Aber nichts geschah.
"Ein Transponder?" Toran lachte schallend. "Sie haben geglaubt, Sie können hier hereinspazieren und einfach wieder gehen?" Toran lachte noch lauter.
Etienne sprang auf. Ihm war jetzt alles egal, er wollte nur noch hier weg. Toran machte sich nicht die Mühe, ihm zu folgen. Sein Lachen folgte Etienne auf unerträgliche Weise.
Toran konnte sich nicht erinnern, je so gelacht zu haben. Der Mensch amüsierte ihn köstlich.
Etienne rannte. Ihm war ganz gleich wohin, aber er musste hier weg. Doch er kam nicht einmal bis zu seinem Gleiter: unvermittelt prallte er gegen ein unsichtbares Hindernis und verlor das Gleichgewicht. Ein Kraftfeld. Etienne fluchte laut. Toran beruhigte sich und sah von der Tür aus interessiert zu. "Die Hütte ist mit allem ausgestattet, was man so braucht. Sie mag schlicht wirken. Aber Sie möchten nicht wissen, was es gekostet hat, sie zu bauen."
"Fahren Sie zur Hölle!", schnauzte Etienne und zog einen versteckten Phaser aus seinem Stiefel. "Schalten Sie das sofort ab!"
Torans Gesicht wurde wieder ausdruckslos. Er wirkte auf einmal wie der Teufel persönlich.
"Tut mir leid, Mr. Duval. Die Zeit des Spiels ist vorbei. Ich werde mich jetzt Ihrer entledigen. Es war angenehm, so lange es dauerte." Ehe Etienne verstand, was Toran damit sagen wollte, explodierten sein Kiefer und dann sein Schädel. Toran betrachtete leidenschaftslos den ohnmächtigen Menschen. Dann winkte er seinem Leibwächter. "Entwaffne ihn. Ich will keine Überraschungen mehr."
"Ja, Sir." Die Wache tat wie geheißen und durchsuchte Etienne aufs Genaueste, wobei er noch weitere Waffen und Ausrüstung zutage förderte. "Wo sollen wir ihn hinbringen? Kann ja sein, dass nach ihm gesucht wird."
"Beam ihn auf die Scavenger. Ich will ihn an die Orioner verkaufen. Mit einer Pheromondrüse, einer mentalen Komplett-Ausstattung und ein paar genetischen Verbesserungen wird er einen guten Sklaven abgeben. Schade nur, dass Menschen nicht lange genug leben. Mehr als 150 Jahre wird er nicht machen können. Damit deckt sein Preis kaum die Aufwendungen seiner Beobachtung. Aber was solls! Flieg danach nach Charon 7. Hol das Artefakt. Ich will nicht mehr warten."
"Ja, Sir. Wird sofort erledigt." Der Leibwächter warf sich Etienne über die Schulter. Einen Befehl über Funk später ließ er seine Beute hochbeamen und Toran ging zufrieden in sein Haus zurück.
Etienne Duval würde ihm keinen Ärger mehr machen. Nie wieder.
A´kebur keuchte auf. Ihm tat alles weh. Für einen Moment hatte er das Gefühl, bei Etienne zu sein. Er sah und hörte jemanden, den Etienne nicht mochte. Er hatte den Hass spüren können.
A´kebur sah kurz auf die gut verschnürte Mannschaft der Petrasch. Irgendwo regte sich in ihm das schlechte Gewissen, das Schiff gekapert zu haben. Als er aber erfahren hatte, dass er nach Vulkan gebracht werden sollte, war ihm eine Sicherung durchgebrannt. Jetzt war er sich sicher, dass es gut gewesen war. "Charon 7", murmelte er. Woher wusste er, dass das der Ort war? Es war nur ein Gefühl. Aber ein intensives.
Kurzerhand gab er die Koordinaten ein. Der Flug dorthin würde ein paar Tage dauern, und er wusste nicht recht, was er derweil mit Captain Merriweather und Mikku machen sollte. Die beiden durchbohrten ihn schon jetzt mit tödlichen Blicken. Aber wenn er richtig lag, dann würde der Flug nicht so lange dauern wie er gebraucht hätte, um den Weg zu nehmen, den Etienne genommen hatte. Er nahm an, dass Etienne zu Toran wollte. Etwas anderes machte wenig Sinn. Das Wie und Warum konnte A´kebur kaum mehr überschlagen. Sein Denken setzte immer wieder aus. Sein Körper verweigerte ihm den Gehorsam und er verstand es nicht. Aber er hatte nicht vor, sich davon beeindrucken zu lassen.
Er wollte zu Etienne, wo immer der jetzt auch gerade war. Und wenn es das Zentrum des Romulanischen Reiches gewesen wäre. Er hoffte nur, Etienne ging es gut, denn was auch immer passiert war, es hatte sich nicht gut angefühlt.
A´kebur wandte sich ab. So langsam musste er sich wirklich Gedanken um Harlan Merriweather und Mikku machen. Er konnte sie nicht die ganze Zeit so gefesselt lassen. Mit zitternden Fingern nahm er ihnen den Knebel ab. Merriweather spürte die Hitze, die A´kebur ausstrahlte
"Na endlich", knurrte er, "ich dachte schon, Sie vergessen uns. Also, wohin fliegen wir?"
"Charon 7!"
"Äh, da kommen Sie doch gerade her. Was soll das, Junge? Etienne hat mich gebeten, auf Sie aufzupassen, also werde ich das auch tun!"
A´kebur ließ sich auf dem Boden nieder und lehnte sich an den Pilotenstuhl. "Etienne ist unterwegs nach Charon 7. Ich muss zu ihm. Er ist in Lebensgefahr."
"Sind Sie sicher? Dann sollten wir ihm helfen. Los Junge, binden Sie uns los, jetzt ist sowieso alles egal", knurrte Harlan, "ich bin schließlich auf Ihrer Seite!"
"Ich weiß nicht. Sie bringen mich nach Vulkan." A´kebur versuchte seinen Herzschlag zu beruhigen.
"Das hatten wir vor, weil wir uns Sorgen um Sie machen", ab Harlan zu, "aber wenn Etienne stirbt, wäre das sowieso egal, von daher haben sich jetzt die Prioritäten geändert."
A´kebur überlegte. Der Captain hörte sich ehrlich an. "Haben Sie etwas in Ihrer Bordapotheke, was ... Nein, lieber nicht. Ich will wach bleiben."
"Wenns zu schlimm wird, kümmert sich Mikku um sie", gab der Captain ungerührt zurück.
"Sie soll mich nicht anfassen", knurrte A´kebur wütend.
"Schon gut, schon gut. Jetzt binden Sie mich los, damit ich aus dieser Schrottmühle die letzten Reserven herausholen kann. Sie hatten es doch eilig, oder?"
A´kebur sah zur Konsole hoch. Er hatte kaum noch die Werte lesen können. Nur mit voller Konzentration war es ihm gelungen, die Petrasch auf Kurs zu bringen. Er brauchte Hilfe. Er sah den Captain an. Mit einem kurzen Ruck löste er dessen Fesseln.
"Danke." Ächzend stand Merriweather auf, rieb sich die Handgelenke und ließ auch Mikku frei, aber nur unter einem warnenden Blick. Dann ging er zur Konsole und nahm ein paar Einstellungen vor.
Mikku näherte sich vorsichtig A´kebur. Dieser hatte für einen Moment die Augen geschlossen. Als er das Katzengesicht so nahe sah, wich er zurück. Er hatte die Krallen kennenlernen dürfen und schlimmer, das telepathische Talent dieser Katze. Sie war für ihn in diesem Zustand gefährlich.
Aber sie blieb auf Abstand, musterte den Klingonen nur mit ihren großen goldenen Augen. Dann tapste sie zur Konsole und tippte: "Mit deiner Verbindung zu Etienne stimmt was nicht."
"Was stimmt nicht?", fragte ihr Captain sie.
"Ich kann es nicht genau sagen, aber Etienne scheint irgendwie von der Verbindung abgeschnitten zu werden", erklärte Mikku, "deswegen geht es A´kebur immer schlechter. Da ist niemand mehr, der ihn auffangen kann. Das Band ist noch da, aber nichts kommt mehr durch."
A´kebur sah sie an. Er begriff, was das bedeutete. Er hatte genug darüber gelesen. Die Verbindung zu trennen, konnte sogar Vulkanier wahnsinnig machen. Der Tod eines Seelenpartners war so eine Trennung. Er war noch nicht lange in der Verbindung, deshalb bestanden gute Chancen, dass er eine Trennung überleben konnte.
A´kebur zog seine Knie an. Er fühlte sich verfolgt und nicht in der Lage, sich selbst zu schützen.
Harlan sah hilflos zwischen Mikku und A´kebur hin und her. "Ich krieche besser mal in die Maschinen und versuche noch mehr Saft rauszuholen, in der Hoffnung, dass uns der Antrieb nicht um die Ohren fliegt", murmelte er und verschwand im hinteren Bereich des Schiffes. Die Katzendame legte eine Pfote auf A´kebur Hand und tippte mit der anderen: "Solange Etienne lebt, ist nichts verloren."
A´kebur spürte kein Verlangen in Mikku. Vorsichtig näherte er sich ihr. Dann schmiegte er sich an. Er wusste, er würde sich schämen, sobald er wieder klar denken konnte und sich unter Kontrolle hatte. Aber jetzt glaubte er nicht, dass er ohne körperlichen Kontakt überleben konnte. Und genau das hatte Mikku gespürt.
Leise begann sie beruhigend zu schnurren und leckte A´kebur sanft über die Schläfe, als wäre er ein Katzenjunges, das dringend der Reinigung bedurfte. Es dauerte nicht lange, und A´keburs hektischer Atem wurde merklich ruhiger. Er schloss die Augen und überließ sich Mikkus Fürsorge. Harlan sah den beiden zu und lehnte sich in seinen Sessel. "Ich hoffe, Sie halten durch. Ich habe keine Ahnung von diesem Zeugs."
A´kebur hörte ihn kaum. Die Anspannung verließ seinen Körper. Er war müde. Aber er wusste, dass er nicht schlafen würde können. Nicht, bevor er Etienne nicht wieder in Sicherheit wusste...
Harlan seufzte und beschleunigte die Petrasch noch einmal. Jetzt konnten sie nur noch abwarten, denn mehr Reserven besaß das kleine Schiff nicht.
Als Etienne erwachte, befand er sich in einer schlichten Zelle. Das Kraftfeld flimmerte.
"Sir, der Gefangene ist wach", hörte er jemanden sprechen.
"Wo bin ich?", wollte Etienne wissen.
"Auf dem Schiff von Toran, Mensch!"
"Oh Überraschung. Und wo geht es hin?" Etienne setzte sich auf. Stehen traute er sich nicht recht aus Angst, das Gleichgewicht zu verlieren.
"Nach Charon 7!"
Etienne starrte durch das Kraftfeld. Wie konnte Toran davon wissen? Er war sich völlig sicher, nichts gesagt zu haben, und irgendeinen telepathischen Eingriff hätte er spüren müssen. Toran betrat gerade das Entre des Zellentraktes. Er sah äußerst zufrieden aus. "Schon wieder wach? Wie schade. Ich dachte, ich kann meine Ruhe genießen. Sie sollten Ihre Freiheit genießen. Wenn ich Sie verkauft habe, werden Sie jedem jeden Wunsch von den Lippen ablesen und sich dabei noch freuen. Dabei wird Ihnen nicht einmal dieses telepatische Band helfen. Ich habe es blockieren lassen, damit uns Ihr Freund nicht folgen kann."
"Natürlich, und aldebaranische Maulschalen können fliegen." Etienne wollte auf keinen Fall zugeben, dass ihn plötzlich die Angst überkam. Was würde mit A´kebur passieren, wenn an dem Band herumgepfuscht wurde?
"Oh, das werden Sie schon merken. Es ist schade, dass wir den aktuellsten Standard der Tarntechnologie an die Föderation verloren haben durch Sie. Aber ich denke, auf diese Weise sind Sie angemessen bestraft. Dafür kann ich Ihnen mitteilen, dass Sie sich auf einem Schiff befinden, dass die neueste Generation der Tarnvorrichtungen trägt, die bald in jedem Schiff des Romulanischen Reiches eingebaut werden wird. Keine Enttarnung mehr. Ich kann so tief ins Föderationsgebiet, wie ich will. Niemand kann mich aufhalten, also kann die Föderation die veraltete Technik haben. Und wenn ich das Artefakt habe, werde ich Ihnen zeigen, was ich damit vorhabe." Toran grinste teuflisch.
Das klang alles überhaupt nicht beruhigend. "Und, was haben Sie vor? Die Herrschaft der Galaxis an sich reißen? Und das wird der Romulanische Senat dazu sagen?"
Toran kam selbstgefällig näher. "Meine Familie war es, die die neue Technologie entwickelt hat. Und was das Artefakt angeht: Nun, ich schätze gute Waffen."
"Ist Ihnen aber auch klar, was man damit anrichten kann? Die Dinger vernichten ganze Planeten! Wollen Sie über ein Trümmerfeld herrschen?"
Toran hob eine Augenbraue. "Nun, ist das nicht der Zweck einer Waffe, einen ganzen Planeten zu zerstören? Hier und da ein paar Planeten und der Rest ergibt sich selbst."
"Aber es wird sich nicht mehr aufhalten lassen, wenn es einmal in Gang gesetzt wird. Nichts wird mehr übrig bleiben! Verstehen Sie das denn nicht?" Etienne war aufgestanden und so nah an das Kraftfeld getreten, dass er sich beinahe daran verbrannte. Er musste diesen Wahnsinn aufhalten!
Toran sah stumm an. "Wie meinen Sie das?", fragte er endlich.
"Wenn ich es richtig verstanden habe, kann der einmal ausgelöste Prozess nicht mehr abgeschaltet werden. Die Strahlen breiten sich ungeschwächt weiter aus, von Planet zu Planet. Deswegen darf es niemals eingesetzt werden, oder wir alle - Föderation, Romulaner, Klingonen, egal was - werden in 100 Jahren nicht mehr existieren!" Etienne sah Toran fast bittend an. "Ich lüge nicht, verdammt"
Toran wandte sich um. "Das hört sich so an, als wüssten Sie genau davon. Woher wissen Sie das?"
"Das haben Föderationswissenschaftler herausgefunden. Deswegen sollte ich das Artefakt wiederbeschaffen, um zu verhindern, dass es jemand einsetzt. Aber offensichtlich hat es schon begonnen: Auf Charon hat die Strahlung bereits angefangen zu wirken und der Planet wird evakuiert." Torans Blick sagte ihm, dass er das nicht wusste. Offensichtlich hatte er alles herausgefunden. Aber die wichtigsten und neuesten Ereignisse.
"Charon 7 wird evakuiert", wiederholte Etienne.
Das schien Toran zu genügen. "Prüft den Status von Charon 7", befahl dieser als er zu einem Kommunikator getreten war. Einen kurzen Augenblick später kam die Antwort: "Die Atmosphäre zeigt abnorm hohe Strahlungswerte der Stufe C auf. Außerdem verlassen ständig Schiffe den Orbit, Herr."
Für einen Moment herrschte Stille. "Eine Boje sendet die Warnung, sich dem Planeten zu nähern. Er wird als Todeszone bezeichnet. Wir werden Charon 7 in 48 Stunden erreichen."
"Da hören Sie es! Wir müssen das Artefakt, das Sie haben, wieder dorthin bringen, wo ich es herhabe, auf Varaas 3. Damit wird es vielleicht aufgehalten!" Etienne widerstand dem Drang sich gegen das Kraftfeld zu werfen. Hier ging es nicht mehr um ihn.
"Vielleicht ist das ein Ablenkungsmanöver", meinte Toran. Er sprach schleppend. "Wir werden nach Charon 7 fliegen. Dort werde ich sehen, ob das stimmt. Warum sollte die Föderation der Verbleib eines Grenzplaneten stören? Ein Rattenloch weniger."
"Toran, verdammt, haben Sie nicht zugehört? Das ist kein Trick! Sie haben die halbe Galaxis auf dem Gewissen, wenn Sie es nicht aufhalten!"
"Halten Sie den Mund. Sie sollten sich um Ihr eigenes Schicksal Sorgen machen. Wir fliegen nach Charon 7. Dann werde ich ja sehen, ob alles nur gelogen ist."
"Toran!!!" Aber der Romulaner hörte ihn nicht mehr, er war bereits aus dem Raum gegangen. Etienne sank in sich zusammen. Es war alles umsonst gewesen. Und nicht einmal ein schneller Tod war ihm vergönnt. Toran hatte mit ihm gespielt und alles gewusst. Aber das wichtigste hatte er nicht gewusst. Jetzt fuhren sie zu einem sterbenden Planeten. Vielleicht starben sie ja dabei auch gleich mit.
A´kebur blinzelte. Er war unter Fell begraben. Er fühlte sich überhitzt an und hatte Durst. Er spürte Etienne noch immer nicht. Allein diese Feststellung ließ in ihm wieder Panik aufsteigen. Eine raue Zunge leckte über sein Gesicht und Mikku sah ihn mitfühlend an.
"Gehts Ihnen besser, mein Junge?", fragte Harlan vom Pilotensitz her. "Wir brauchen nicht mehr allzu lange." Er lächelte breit. "Wir fliegen mit Warp 4,4. Uns fliegt fast der Antrieb um die Ohren. Aber das wird schon."
A´kebur setzte sich auf. Seine Glieder fühlten sich an, als wäre er alt und verbraucht. Und in seinen dunklen Erinnerungen glaubte er zu wissen, dass der Captain behauptet hatte, sein Schiff würde nur 3,9 schaffen. Ganz offensichtlich gab es noch weitere Ressourcen auf diesem Schiff. A´kebur versuchte sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. "Wie lange wird es dauern?", fragte er rau.
"Ungefähr noch drei Stunden", antwortete der Captain, "und bis dahin sollten Sie wieder einigermaßen fit sein. Keine Ahnung, was uns erwartet."
"Der Planet ist eine Todesfalle", flüsterte A´kebur, dem die Stimme versagte. "Niemand kann dort leben. Es dürfte sich keiner da mehr aufhalten."
"Ich werde jedenfalls mal ein paar Funksprüche absetzen. Aber wie kann Etienne da sein, wenn der Planet hinüber ist?"
"Ich weiß es nicht. Aber ich bin mir ganz sicher." A´kebur versuchte sich aufzusetzen. "Was ist das da in den Langstreckensensoren?", fragte er.
"Das? Eine kleine Raumanomalie vor uns." Harlan runzelte die Stirn. "Allerdings fliegt sie mit Warp 8,9. Merkwürdig. Aber meine Sensoren sind speziell kalibriert, die können auch mal Fehlanzeigen machen."
A´kebur wankte. Schwer ließ er sich in den Co-Piloten-Sitz fallen. Er wischte sich über die Augen. Dann begann er mit den Fingern über die Anzeigen zu gleiten. Kalibrierte sie und sah dann noch einmal genau hin. "Es ist ein getarntes Schiff. Ich bin mir sicher. Das ist keine natürliche Anomalie."
"Ein getarntes Schiff, hier? Dabei sind wir außerhalb der Neutralen Zone und fast im Föderationsgebiet..." Harlan starrte auf die Anzeigen.
Mikku drängte sich zwischen sie. "Es ist ein getarntes Schiff", tippte sie.
"Und was machen wir jetzt? Einfach weiterfliegen? Waffensysteme laden? Gegen einen Warbird oder einen Bird of Prey kommen wir nie an. Außerdem wissen wir nicht, was die hier wollen." Der Captain musterte A´kebur. "Haben Sie eine Ahnung, mein Junge?"
"Auf dem Schiff muss Etienne sein. Ich bin mir sicher, dass er dort ist."
"Ja? Wie gesagt, auf einen Kampf würde ich es mit denen nicht ankommen lassen. Sollen wir es mit reden versuchen?"
"Es ist Toran. Ich weiß nicht. Ich kenne Toran nicht. Kann man mit ihm reden?" A´kebur wusste nicht genau, woher er das wusste. Aber er redete sich ein, dass es die logische Konsequenz war, dass es nur Toran sein konnte, der ihm Etienne wegnahm.
"Toran? Mit dem ist nur zu reden, wenn man ihm ein unwiderstehliches Geschäftsangebot machen kann. Ansonsten ist er schlichtweg ungesund." Harlan runzelte die Stirn. "Ich persönlich habe kein Verlangen, sein Kielwasser zu kreuzen. Der Typ ist selbst für einen Romulaner außergewöhnlich gefährlich."
A´kebur berührte die Kontrollen des Schiffes. "Ich muss zu ihm."
Aber jegliche Funkversuche schlugen fehl; das getarnte Schiff reagierte nicht, sondern verfolgte stur seinen Kurs, der laut Harlans Berechnungen ebenfalls geradewegs nach Charon führte.
"Was will der im Sperrgebiet?", brummte der Captain, "Wenn die Luft da unten wirklich schon so ungesund ist."
"Ich weiß nicht. Wir müssen ihnen folgen", bestimmte A´kebur. Seine Stimme klang fester und er wirkte klarer.
"Wir sind vor ihnen, aber sie werden uns bald einholen. Wenn sie nicht schneler werden, sind wir fast zeitgleich im Orbit. Aber wir müssen sehen, was sie tun, wenn wir bei Charon angekommen sind", meinte der Captain, "auf jeden Fall sollten wir uns nicht unnötig mit den Romulanern anlegen."
"Ich töte sie!", knurrte A´kebur und bleckte die Zähne.
"Junge, ein Warbird hat mindestens zwanzig Mann Besatzung! Etienne ist nicht geholfen, wenn Sie sich abknallen lassen. Wir sollten lieber in Ruhe überlegen."
"Ich töte sie!" A´keburs Körper ruckte. Der Blick, der dem Captain zuteil wurde, war wild und voller Wut. Unvermittelt sprang Mikku auf und fauchte A´kebur an. Ihr Blick war unmissverständlich: "Setz dich wieder hin und rede nicht solchen Unsinn!"
Harlan hob beschwichtigend die Hände. "Ich kann das Transportersignal checken, falls sich vom Warbird aus Personen auf den Planeten beamen und feststellen, ob ein Mensch dabei ist", schlug er vor, "wenn ja, haben wir eine gute Chance. Ich kenne Charon wie meine Westentasche."
Harlan sah von einem zum anderen. Irgendwie hatte er nicht das Gefühl, als würde ihm irgendjemand auf diesem Schiff zuhören. A´kebur und Mikku funkelten sich einander an, als würden sie einen Wettbewerb austragen. Doch dieser Wettbewerb war tödlich. A´kebur wich nicht zurück. Nur Mikku konnte hören, wie er grollte.
Harlan ächzte.
Was hatte er sich da nur eingebrockt? Er gab es auf, die zwei Streithähne trennen zu wollen und konzentrierte sich auf die Anzeigen. Charon 7 war nur noch ein paar Flugstunden entfernt, und das getarnte Schiff war noch nicht langsamer geworden.
A´keburs Kopf folgte der Bewegung, als Charon 7 im Monitor auftauchte. Wie von selbst stellte er die Sensoren ein. Sie schlugen aus und gaben roten Alarm. Offenbar war der Zustand des Planeten noch kritischer geworden; die Anzeigen warnten, dass die Strahlung nach 24 Stunden bereits tödliche Schäden für Lebewesen verursachte. Allerdings blinkte eine weitere Anzeige auf, als das getarnte Schiff in den Orbit eintrat. Von der Sovk selbst war keine Spur auszumachen, aber angesichts der massiven Strahlung, lag es durchaus im Bereich des Möglichen, dass sie im Planetenschatten von Charon verschwunden war und die Petrasch und damit auch das roumalische Schiff sie daher nicht sehen konnte. "Die sind tatsächlich so verrückt und beamen runter", brummte Harlan ungläubig.
"Wir müssen auf das Schiff. Auf dem Planeten wird er sterben. Dieses Schiff kann nur runter beamen. Aber niemand mehr nach oben. Dafür ist es zu alt und die Sensoren sind zu ungenau, was durch die Strahlung noch schlimmer wird", sprach A´kebur hastig.
"Keine Chance, Junge. Durch die Schilde von Warbirds kann man nicht beamen", widersprach Harlan, "und nichts gegen meine Sensoren! Wir machen genau die Koordinaten aus, an denen wir zu einer bestimmten Zeit wieder sind, und es wird funktionieren."
A´kebur zeigte ihm etwas auf dem Monitor. "Wir werden nicht wieder hochkommen. Aber wir können das andere Schiff zwingen, uns mit hochzubeamen."
"Das könnte klappen, aber es ist ein hohes Risiko", meinte der Captain, "Mikku, such mal die alten T2-Disruptor hinten im Laderaum. Ich denke, die brauchen wir." Er verfolgte auf der Konsole die Koordinaten, zu denen der Warbird seine Passagiere gebeamt hatte. "Definitiv ein menschliches Lebenszeichen da unten zwischen den Romulanern."
A´kebur ging zur Transporterplattform. Er sah Mikku an. "Beam mich nach unten", befahl er knapp.
"Sicher, dass ich nicht mitkommen soll?", wollte der Captain wissen, "Sie könnten Verstärkung gebrauchen. Oder soll ich von hier aus zusehen, dass wir Sie und Etienne wieder aufgabeln?"
Er warf A´kebur einen gefährlich aussehenden Blaster zu.
"Einer sollte Zeuge sein, wenn es keine mehr gibt. Aber sie kann ja mitkommen, wenn sie mag." A´kebur legte den Kopf schief. Noch immer den Blick auf Mikku gerichtet. Die Katzendame machte einen Buckel und tapste neben A´kebur.
"Sicher, Mikku?", fragte Harlan nach, doch sie nickte deutlich. "Dann viel Glück euch beiden. Kommt heil zurück und bringt Etienne mit!" Harlan betätigte den Transporter. Während er die beiden Gestalten in schimmernden Fragmenten verschwinden sah, überkam ihn ein ungutes Gefühl. Wenn das nur gut gehen würde!
A´kebur fühlte sich nicht gut, als sie auf der Planetenoberfläche standen. Die Luft war kaum noch atembar. Mikku sah auch nicht so aus, als ob sie in dieser Umgebung lange gesund bleiben würde. "Wir müssen uns beeilen. Sonst sterben wir einfach hier."
Die Katzendame nickte. Um sie herum waren mehrere große Baumaschinen und ein paar provisorische Gebäude; sie waren mitten im Ausgrabungsgelände gelandet. Mikku fauchte warnend, als sie hundert Meter weiter ein paar Gestalten zwischen den Ruinen verschwinden sah.
Sie hatten offenbar Schutzanzüge an. Sonderlich gut gegen die Strahlung konnten sie aber nicht wirken. Wahrscheinlich sorgten sie nur für eine bessere Atemluft. A´kebur und Mikku folgten ihnen im Abstand, um zu sehen, wohin sie gingen. Sie schienen sich ins Zentrum der Ausgrabungsstätte zu bewegen. Die übriggebliebenen Gebäudereste wurden weniger, und der Boden ging steil abwärts; offenbar hatte man schon recht tief gegraben.
Unvermittelt hielten die Romulaner inne. Eine der weißen Gestalten stapfte auf eine andere zu und schien aufgebracht zu sein. Zumindest schien sie voller Anspannung auf die andere einzureden. "Das sind Toran und Etienne", meinte A´kebur. Er war sich sicher. Ohne auf seine Deckung zu achten, ging er einfach los.
Mikku sprang hinter ihm her und knurrte ihn an, aber der Klingone ignorierte sie. Schon war er in Hörweite der Romulaner. Augenblicklich drehten sich die Wachen um und richteten ihre Waffen auf A´kebur.
Dieser senkte jedoch nur den Kopf und schien sie imaginär aufspießen zu wollen. Er nahm noch nicht einmal seinen Disruptor hoch, um sich mit den Männern anzulegen. Der hochgewachsenen Romulaner, den er ganz richtig für Toran hielt, musterte ihn und lächelte dann jovial. "Sieh an, das ist also der Klingonenmischling, von dem ich schon gehört habe", meinte er, "Mr. Duval, mir scheint, da ist jemand wegen Ihnen hier."
Etienne blickte A´kebur an, sagte aber nichts. Wieso war der so verrückt, hierher zu kommen? Wieso wusste er überhaupt, wo Etienne war? Etienne hatte plötzlich Angst. Nicht um sich selber, aber um seinen Geliebten der dort stand, das Gesicht eine Maske der Entschlossenheit.
Aber dann sah er nur, wie A´kebur dem einen Wächter einen gut gesetzten Schwinger versetzte. Der war so verblüfft über das irrationale Verhalten des Klingonen gewesen, dass er gar nicht daran gedacht hatte zu schießen. Dem anderen erging es nicht besser. Ohne Umschweife wollte A´kebur sich auf Toran stürzen, aber dieser hielt ihm augenblicklich einen Disruptor in den Weg. "Nicht so voreilig! Wenn Sie noch etwas am Leben bleiben wollen, sollten Sie solche Aktionen unterlassen." Er blickte zu Etienne. "Aber wie es aussieht, sind wir hier sowieso fertig."
"Hier ist nichts. Also irrt sich hier einer oder jemand lügt."
A´kebur kniff die Augen zusammen. Er presste die Kiefer aufeinander und hielt sich nur mit Mühe davon ab, gegen die Disrupter zu rennen.
"Ich habe nicht mehr gewusst", erklärte Etienne und mied A´keburs Blick, "und das mit Charon 7 haben Sie selbst herausgefunden. Aber wenn hier nichts ist, umso besser. Dann finden wir eben beide nicht heraus, wo das zweite Artefakt ist und die Galaxis hält vielleicht noch ein Weilchen länger!"
"Ich habe es nicht von Ihnen. Sondern von Ihren unfähigen Wissenschaftlern. Sie sagten, dass das Artefakt hier ist!", schrie Toran.
In A´kebur sickerte die Information, dass das Artefakt nicht hier war. Verwirrt sah er sich um. Langsam kristallisierte sich in ihm ein Gedanke. "Es ist nicht Charon 7", meinte er dann verblüfft. "Ich habe mich geirrt. Es ist Charon 7, der in Schach gehalten wird durch die Artefakte. Der Planet ist das, was sich im Kraftfeld der Artefakte befindet. Er beherbergt nicht das Artefakt. Wahrscheinlich sind es einfach nur Kontrolleinheiten in einer wesentlich größeren Anlage. So groß wie Planeten." A´kebur grinste dümmlich. Dann hielt er sich den Kopf und blinzelte.
Toran und Etienne sahen ihn gleichermaßen überrascht an. "Die Föderationsbacken hatten das mit dem Artefakt von DIR?", fragte letzterer ungläubig, "Ich fasse es nicht! Tja Toran, Pech gehabt.
Offensichtlich stehen wir wieder am Anfang, alle beide", sagte er nicht frei von Häme in der Stimme, "wie wärs, wenn Sie mir nicht doch Ihr Artefakt geben?"
A´kebur taumelte und sank in die Knie. "Es ist Charon 7", flüsterte er.
Sofort war Etienne neben ihm und half ihm wieder auf. Trotz der Blockade, die noch immer in seinem Kopf einen direkten Kontakt verbot, wusste er, dass A´kebur litt. Und er hatte keine Ahnung, was er machen sollte. "Verdammt, Toran, lassen Sie uns gehen!", flüsterte er, "Sie sehen doch, es ist aus!"
"Nichts ist aus. Gar nichts ist aus! Offenbar weiß dieser Drecksklingone, wo das Artefakt ist. Dann werde ich eben die Geiseln tauschen. Ich verzichte auf das Geld, was Ihr Verkauf mir einbringen würde."
Etienne stellte sich zwischen Toran und A´kebur. "Er weiß nichts. Er hat sich ebenso geirrt wie wir. Und Sie bekommen für ihn nicht annähernd soviel wie für mich. Wo bleibt Ihr Geschäftssinn, Toran?"
Der Romulaner lachte und richtete die Waffe auf Etienne. "Er weiß es besser. Sie sind überflüssig."
Ein Fauchen war zu hören, und ein haariges Etwas schoss auf Toran zu. Überrascht taumelte dieser nach hinten, und die beiden Wächter wussten für einen Moment nicht, worauf sie schießen sollten. Etienne reagierte sofort und beförderte den Nächststehenden von ihnen mit ein paar gezielten Tritten auf den Boden.
"A´kebur, sieh zu, dass du Land gewinnst!"
Statt jedoch zu laufen, griff dieser einfach nach einem der Romulaner und begann auf ihn einzuschlagen, bis grünes Blut seine Fäuste bedeckte. Er schrie dabei seine unartikulierbare Wut und Verzweiflung heraus. Mikku hielt derweil noch immer Toran in Schach, obwohl dieser sich nicht gerade wenig wehrte. Etienne nahm dessen Waffe kurzerhand an sich.
"A´kebur, ich denke es reicht", meinte er, "so, Toran, wir sollten uns nochmal unterhalten. Danke, Mikku." Er grinste die Katzendame an.
Diese legte den Kopf schief. Als sie merkte, dass A´kebur nicht reagierte, sprang sie dazwischen und versetzte ihm einen Hieb. Als er sie erkannte, ließ er sich auf seine Fersen fallen und setzte sich hin. Sein Atem ging schwer. Er hatte einmal mehr die Kontrolle verloren. Doch jetzt hatte er zugeschlagen, wenn auch sehr viel undifferenzierter und uneffektiv als gewöhnlich. Trotzdem sagte der Romulaner nichts mehr. Aber er tot war er auch nicht.
A´kebur nahm die Hände von ihm. Dieser Romulaner hatte mehr als nur genug. Beinahe tröstend leckte Mikku A´kebur übers Gesicht.
Ächzend setzte Toran sich auf; Etienne hielt noch immer dessen eigene Waffe auf ihn. "Toran, ich fordere Sie nur noch einmal auf: geben Sie mir das Artefakt wieder."
"Sie wissen, dass ich es an Bord des Schiffes habe."
A´kebur lehnte sich an Mikku. "Ich verliere den Verstand", flüsterte er ihr zu. "Ich brauche Etienne."
"Aber ich habe auch mitbekommen, dass Sie es speziell gesichert haben. Also werden wir jetzt auf Ihr Schiff beamen und Sie geben mir das Teil. Und denken Sie ja nicht, ich würde nicht zögern, abzudrücken, wenn Sie etwas Krummes versuchen." Etienne tippte auf den Phaser. "Ich weiß ganz genau, dass diese Einstellung hier bei bestimmten Treffern lebenslange Lähmungen verursacht." Kurz blickte er zu A´kebur und Mikku. Etwas stimmte ganz und gar nicht.
Toran verzog das Gesicht und erhob sich. "Gut, da auf diesem dreckigen Planeten sowieso nichts mehr ist ..." Er betätigte den Kommunikator. Kurz sah er sich um. "Sechs Personen hochbeamen!", befahl er.
Die Umgebung verschwamm, und gleich darauf fanden sie sich im Transporterraum der Scavenger wieder. Etienne hielt den Phaser fest auf Toran gerichtet und ermahnte ihn so stumm, den Transportoffizier nicht auf Ideen zu bringen.
"Gehen Sie vor!", befahl er dem Romulaner und sah sich nach Mikku um in der Hoffnung, sie könne sich im Augenblick allein um A´kebur kümmern. Aber der Blick war nur kurz, weil sich Toran wohl Oberwasser erhofft hatte. Mit einer unmissverständlichen Geste wurde er aber von Etienne aufgehalten. Aber das leise Knurren des Klingonenmischling verhieß ihm das Schlimmste, sollte er sich noch einmal rühren. A´kebur stemmte sich hoch und sah mit wildem Blick in die Runde der Romulaner. "Will jemand?", fragte er herausfordernd.
Keiner der Anwesenden rührte sich; offensichtlich verspürte selbst Toran absolut kein Verlangen, sich mit A´kebur anzulegen. Etienne deutete mit der Waffe zur Tür, und der Romulaner ging voran. Auch in den Gängen des Warbird hielt sie niemand auf, aber das lag hauptsächlich daran, dass sie niemandem begegneten. Toran schien nur die Minimalbesatzung an Bord zu habe.
A´kebur schien dies ebenfalls nicht zu entgehen. Ehe Etienne eingreifen konnte, entwaffnete er zwei der Männer, die das Pech hatte, doch ihren Weg zu kreuzen, und sperrte sie in den nächstbesten Raum, den er kurz inspiziert hatte. Die Romulaner zischten. Aber auch der Dritte musste sich widerstandslos entwaffnen lassen. "Wie viele sind hier?", blaffte A´kebur Toran an.
Der Romulaner zog eine grimmige Miene und erklärte dann: "Zehn Mann insgesamt." Er bog ab zu seinem Privatraum und blieb vor dem Safe stehen. "Los, aufmachen!", befahl Etienne.
Mikku stupste A´kebur an, der sich davon ablenken ließ. Mikku deutete auf einen Monitor, wo romulanische Zeichen aufblinkten. A´kebur konnte sie nicht lesen. Aber er wusste, wo sie sich befanden und was sie bedeuten konnten. "Vergesst, was auch immer ihr hier ausfechtet. Schlag ihn bewusstlos und fessle ihn. Wir müssen hier weg."
"Ich komme ohne ihn nicht an das Artefakt!", widersprach Etienne, der die Zeichen ebenfalls gesehen hatte. Eine Selbstzerstörungssequenz.
Toran hatte innegehalten und lächelte überheblich.
A´kebur sah ihn verwirrt an. "Geht es um dieses Ding, wegen dem dich dieser Bastard gefoltert hat? Ist es das Ding, was die Zerstörungssequenz des Planeten eingeleitet hat? Wenn wir hier nicht verschwinden, dann bleibt von uns nichts und dem Planeten nicht genug, was sich erhalten ließe", knurrte A´kebur wütend.
"Ja, darum geht es! Aber wenn wir das Ding nicht dahin zurückbringen, wohin es gehört, ist alles zu spät! Toran, Sie verdammter Bastard! Machen Sie auf der Stelle den Safe auf oder wir gehen alle völlig umsonst drauf!" Etienne packte Toran und drückte ihn gegen die nächste Wand.
Dieser grinste nur weiter selbstgefällig. A´kebur riss einen Disruptor von der Wand und rief Mikku zu, dass sie Etienne beistehen sollte. Dem nächsten Romulaner, dem er begegnete, schlug er bewusstlos. Auf seinem Weg zur Brücke setzte er noch einen weiteren außer Gefecht.
Etienne hatte ihm nur kurz nachgesehen, dann wandte er sich wieder Toran zu. Mikku fletschte die Zähne und fauchte. "Zum letzten Mal: Safe auf! Ansonsten wird Ihnen ein Aufenthalt in der eigenen Folterkammer wie ein Urlaub vorkommen!"
Toran schüttelte verächtlich den Kopf. "Ihr werdet sterben, wenn ihr nicht aufgebt", sagte er. Plötzlich machte das Schiff einen Ruck, als ob die Trägheitsdämpfer einen Wechsel nicht mitmachen konnten. "Wer fliegt das Schiff?", brüllte Toran aufgebracht.
Etienne grinste. "Och, nur ein gewisser Klingone. An Ihrer Stelle würde ich mir darüber keine Gedanken machen."
"Er zerlegt mein Schiff, dieser Idiot!"
"Nun, das ist doch jetzt egal, oder? Es sei denn, Sie geben mir endlich das Artefakt zurück. Also, was ist nun? Lange wird der Antrieb das nicht aushalten."
Toran wehrte sich ungezielt, weil es ihn offensichtlich mehr aufregte, dass A´kebur sein Schiff auseinandernehmen könnte. "Das Schiff ist ein Prototyp", schrie er und schien dabei vollkommen vergessen zu haben, dass er sowieso gedachte, die Savanger in die Luft zu jagen.
"Interessiert mich nicht." Etienne packte seinen Widersacher noch fester. "Sie öffnen den Safe oder ich sage A´kebur, er soll Ihr kostbares Schiff in tausend Teile zerlegen. Er ist sehr gut darin."
Etienne wusste, dass er damit A´kebur beleidigte, aber das war ihm egal. Toran schoss einen zornigen Blick auf ihn ab. "Ich öffne den Safe. Aber dann bekomme ich das Schiff wieder!"
"Ja, verdammt!" Etienne ließ Toran los, hielt aber weiterhin die Waffe auf ihn.
Mit einer wuterfüllten Geste strich Toran über einen Sensor. Dann öffnete er den Safe. "Sie werden das Artefakt nicht behalten. Ich kriege sie alle beide. Aber jetzt bekomme ich das Schiff wieder!"
Etienne griff in den Safe und nahm das Kästchen an sich, in dem ein unscheinbarer ovaler Stein befand. So ein kleines Ding, das soviel Unheil anrichtete. Er wandte sich zu Toran um und schlug ihn ohne viel Federlesens zu Boden. Dann rannte er, gefolgt von Mikku, zur Brücke.
Er fand dort A´kebur, dem es offenbar gelungen war, mittels der Versuch- und Fehler-Methode herauszufinden, wo die Einstellungen zu machen waren, um das Schiff unter Kontrolle zu bekommen.
Denn gerade wechselte das Bild von Charon 7 mit der Weite des Alls.
"Irgendwie meldet der Computer immer wieder etwas, was ich nicht ausschalten kann", informierte ihn A´kebur. Ihm stand der Schweiß auf der Stirn und sein Hemd war durchnässt, als hätte ihn jemand in Wasser getaucht. "Wenn ich es beschwören müsste, würde ich behaupten, es ist die Selbstzerstörungssequenz, die sich so nicht beenden lässt!"
Etienne musste nicht auf die Anzeige sehen, um zu wissen, was es war und dass sie identisch mit der in Torans Quartier war. "Das ist die Selbstzerstörung. Toran muss sie eingeleitet haben, als er merkte, dass er nicht die Oberhand behalten konnte. Und ich weiß nicht, wie sie sich abschalten lässt. Wir haben noch anderthalb Minuten." Etienne ging hinüber zum Funkgerät und sandte ein Signal an die Petrasch. "Harlan? Wir müssen weg hier. Wir beamen gleich rüber."
A´kebur knallte mit der Faust auf das Kontrollpaneel der Navigation. Dann stellte er sich neben Etienne. "Bereit", erklärte er.
Gleich darauf materialisierten die drei im Cockpit der Petrasch.
"Zur Hölle, was hast du bloß angestellt!", schnauzte Captain Merriweather und zog Etienne in eine Umarmung. "Ich weiß gar nicht, ob deine elende Haut unsere ganze Mühe überhaupt wert ist!"
Etienne hatte den Anstand, betreten auszusehen. "Ist sie vermutlich nicht, aber danke. Ich schulde euch allen was."
Mikku schubste die Männer zur Seite, wählte den Kurs und gab dann den Befehl auf Warp 4,4 zu gehen. Als sie das erledigt hatte, sah sie A´kebur an. Dieser kniff nur die Augen zusammen. Mit langsamen Schritten ging Mikku auf ihn zu, während sich Harlan und Etienne noch gegenseitig beglückwünschten. "Entweder ein starkes Beruhigungsmittel oder Meditation", ließ sie ihre mentale Stimme in A´kebur widerhallen, der damit begriff, dass er sich kaum noch unter Kontrolle hatte. "Deine Körperfunktionen sind hyperaktiv. Du brauchst Hilfe."
"Was ist los?" Irgendwo in seinem Hinterkopf hatte Etienne etwas gehört. Offensichtlich ließ das Mittel, dass Toran ihm gegeben hatte, endlich nach.
"Ich muss mich ausruhen, hat Mikku gesagt", erklärte A´kebur. "Könntest du das Schiff fliegen?" Ohne auf eine Antwort zu warten, ging A´kebur einfach in die kleine Kammer und schloss die Tür hinter sich.
Etienne gab Harlan die Koordinaten für Varaas 3 und folgte A´kebur dann. Er wusste nicht, ob er ihm helfen konnte, aber es war das Mindeste, es zu versuchen. Er fand ihn zusammengerollt mit geschlossenen Augen. Der Geruch, der von ihm ausging, war überwältigend. Zu behaupten, er roch nach Rosen war gelogen.
"Hey, was ist los?" Etienne setzte sich neben ihn, langsam wirklich besorgt. "Ich weiß nicht, wieso du so verrückt warst, mir hinterher zu reisen, aber wir haben gewonnen. Es ist alles in Ordnung."
A´kebur öffnete seine Augen und sah ihn stumm an. Für einen Moment konnte Etienne gebleckte Zähne sehen. Eine Geste, mit der A´kebur jeden abzuwehren suchte, der sich ihm näherte. Aber Etienne ließ sich nicht abschrecken. Er hatte in diesen Tagen schon zu oft am Rande des Todes gestanden, um sich jetzt noch Angst machen zu lassen. "Was ist los?", wiederholte er leise seine Frage.
Er hatte A´kebur noch nie so gesehen: Der Klingone schien förmlich zu glühen, als wäre er gerade mitten in einem Kampf. Wie in Zeitlupe hob sein Gefährte eine Hand und näherte sich ihm damit. Es war, als wollte er ihm die Möglichkeit lassen, sich zurückziehen zu können. Dann jedoch schlossen sich die Finger um sein Handgelenk mit der Kraft eines Schraubstocks. Auch die Hand war geradezu heiß. "Du gehörst mir", flüsterte A´kebur rau.
Zwar hatte Etienne seinen Klingonen dies schon ein paarmal sagen hören, aber der Klang dieser Worte war nun anders: ernster, fiebriger, als gäbe es diesmal nicht den geringsten Zweifel, kein Zurück. Etienne legte seine Hand auf die A´keburs.
Dieser zog ihn mit einem Ruck näher und riss ihm die Sachen vom Leib. Obwohl Etienne das erwartet hatte, war er doch etwas überrumpelt. In der dringenden Hoffnung, dass weder Harlan noch Mikku auf die Idee kamen, sie zu stören, küsste er A´kebur und fühlte mit jeder Sekunde, die verstrich, wie das Band zwischen ihnen wieder erstarkte. Mehr noch, es schien zu brennen, zu verglühen.
Irgendetwas ging in A´kebur vor, das über seinen sonstigen Kampf- und Lustrausch hinausging. Und er spürte noch etwas. A´kebur war geradezu verzweifelt. Er schien etwas von ihm zu brauchen, etwas, das nur er ihm geben konnte. Aber statt Etienne zu sagen, was es war, schien A´kebur bei jeder Berührung noch mehr zu hungern. Wie im Rausch begann sich A´kebur über ihn herzumachen. Wild und gezähmt zugleich. Die mühsam aufrecht erhaltene Zurückhaltung wich jedoch immer mehr und erste Schmerzen gesellten sich zu den unbeherrschten Streicheleinheiten.
Etienne wusste nicht, was er machen sollte. Seinen Geliebten aufhalten oder ihm einfach freien Lauf lassen? Konnte dieses verzweifelte Verlangen überhaupt gestillt werden oder war mehr nötig - zwei Wesen, die vollkommen zu einem verschmolzen, in Körper und Seele.
Aber das waren fast die letzten klaren Gedanken, die Etienne noch fassen konnte. Das Feuer in A´kebur riss ihn mit jeder Sekunde mehr mit. Und wenn das so sein sollt, dann würde er sich sicher nicht dagegen wehren. Ganz im Gegenteil.
Das nächste, was Etienne danach nur noch fühlte, war Agonie. A´kebur verbrannte ihn, nahm ihn ein, machte ihn wirklich zu seinem Eigentum. Aber es geschah noch mehr. A´kebur verlor jegliche Grenzen und löste damit auch die von Etienne auf.
Als Etienne wieder erwachte, war es auf der Krankenstation der Sovk. Er fühlte sich, als wäre ihm jeder Knochen im Leib gebrochen worden.
"Willkommen an Bord, Mr. Duval", grüßte ihn die wohlbekannte Stimme von Captain Lakon. Er hatte die Hände auf den Rücken verschränkt und sah ihn stumm an. Mit den Augen wie Etienne sie auch von A´kebur kannte. Shana gesellte sich an Etiennes Seite und sah eindeutig besorgt an.
"Du wirst dich die nächsten Tage ausruhen müssen. Du hast zwei gebrochene Rippen, eine Gehirnerschütterung, ein verstauchtes Handgelenk, diverse Prellungen und im Unterleib innere Blutungen. Ich habe das meiste wieder herstellen können. Den Rest wird dein Körper in einer Woche erledigt haben. Deine geistigen Verletzungen waren erstaunlich minimal. Captain Lakon hat erste Hilfe geleistet und er geht davon aus, dass sich dieser Rest auch hier selbst heilt", informierte sie ihn sachlich. Es war ihr anzusehen, dass sie ganz und gar nicht zufrieden war. Captain Lakon nickte leicht, woraufhin sich Shana ein wenig zurückzog.
"A´kebur schläft noch. Ihre Verletzungen stammen von ihm. Ihre Fragen, warum das passiert ist, werde ich Ihnen beantworten, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Sie sollten sich noch ausruhen."
Etienne brauchte etwas, um den ganzen Wortschwall zu verarbeiten. Natürlich war seine erste Frage gewesen, was überhaupt passiert war, aber da Lakon das gleich ausgeräumt hatte, ging Etienne zur nächsten über. "Was ist mit dem Teil passiert, dass ich mitgebracht habe? In dem Kästchen?" Seine Stimme klang heiser, als ob er ziemlich geschrieen hätte, woran er sich aber absolut nicht erinnern konnte.
"Wir sind auf dem Weg nach Varaas 3. In Kürze schwenken wir in den Orbit. Wir werden das Artefakt zurück an seinen Platz bringen. Dann können wir nur noch hoffen, dass es genügt", erklärte Lakon ihm.
"Sie wissen von all dem?" Aber Etienne hätte es sich fast denken können.
"Natürlich!" Lakon trat näher. "Es tut mir leid, was mit Ihnen passiert ist", erklärte er unvermutet.
"Wie? Ich glaube, Toran war schlimmer", gab Etienne zurück und meinte es auch so. Schließlich hatte A´kebur einfach die Kontrolle verloren und konnte nicht wirklich verantwortlich gemacht werden. "Können Sie mir wirklich nicht sagen, was mit ihm los war? Ist er krank?"
"Wenn Sie wieder gesund sind, werde ich Ihnen alle Fragen beantworten. Bitte entschuldigen Sie mich. Ich muss auf die Brücke zurück. Bitte bleiben Sie hier auf der Krankenstation, Mr. Duval."
Etienne seufzte und lehnte sich wieder zurück. Immer dasselbe. Warum war er eigentlich permanent auf irgendwelchen Krankenstationen? Das nervte langsam.
"Shana? Sie haben nicht zufällig was zu essen für mich? Und noch ein paar Schmerzmittel?" Etienne wusste nicht, was ihm genau gerade wehtat, aber es war scheußlich.
Shana huschte näher. Ihre Fühler wackelten besorgt. "Du bekommst alles. Nur leider muss ich das Essen flüssig ordern und püriert. Dein Unterleib sieht wirklich schlimm aus, Etienne."
"Dann können wir ja nur alle froh sein, dass ich keine Frau bin, was?" Etienne beschloss, die ganze Misere wie immer von der ironischen Seite zu sehen.
Shana schüttelte den Kopf. "Nimm das nicht auf die leichte Schulter. Du bist vergewaltigt worden!"
"Dabei kann ich mich nicht erinnern, protestiert oder mich gewehrt zu haben", erwiderte Etienne schärfer als beabsichtigt. Wenn er ehrlich war, hatte er die Sache von der Seite noch nicht betrachtet und hatte es auch nicht vor.
Shana verzog das Gesicht. "Wie auch immer. Nimm Rücksicht auf deinen Körper. Er musste in letzter Zeit mehr verkraften, als in seinem ganzen Leben davor. Hinzu kommt eine wesentliche Verstrahlung. Du wirst Zeit brauchen."
"Ich bin ja ganz brav und bleibe hier liegen. Hat sich mein Anwalt übrigens gemeldet, Mr. Tevis?"
"Mr. Tevis?" Shana reichte ihm einen Becher mit einer Flüssigkeit. "Wir haben nur den Notruf der Petrasch gehört. Es ging um einen medizinischen Notfall. Wir sind hier auf Patrouille. Daher konnten wir helfen. Wir stehen den Letzten bei, die Charon 7 verlassen und ein Problem haben."
"Konntet ihr noch vielen helfen? Wenn wir nicht bald nach Varaas kommen, wird nicht mehr viel vom Planeten übrigbleiben. Und bekommst du mich bis dahin wieder fit? Ich bezweifele, dass ich gut genug beschreiben kann, wo genau das Ding hinkommt."
Shana schüttelte den Kopf. "Du wirst nicht aufstehen können. Aber wir bekommen das hin, dass du dabei sein kannst, ohne das Schiff zu verlassen.“
"Und wie das?"
Shana legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ruh dich aus. Ich muss jetzt zu A´kebur."
"Okay, danke." Etienne blieb ja nicht anderes übrig, auch wenn er das herumliegen hasste. Aber er hatte keine andere Wahl. Er fühlte, wie er träge wurde. Etwas misstrauisch sah er auf den Becher. Die Schmerzen ließen nach und ihm wurde angenehm warm. Das Schmerzmittel war wohl dann in seinem Trinken gewesen. Er sah Shana nach, die die Krankenstation verließ.
Wo war A´kebur nur untergebracht?, fragte er sich.
Übrig blieben ja nur dessen eigenes Quartier oder die Sicherheitszellen. Aber die Vorstellung war nicht sonderlich tröstend. Etienne gähnte. Das Schmerzmittel machte ihn müde, aber etwas Ausruhen konnte ja nicht schaden. Shana hatte schon recht, er hatte in letzter Zeit ein bisschen viel durchgemacht. Und ehe er diesen Gedanken wirklich zuende gedacht hatte, war Etienne auch schon eingedöst.
A´kebur bewegte sich vorsichtig, als er Shana spürte, die sich seiner Arrestzelle näherte. Kommentarlos wurde ihr geöffnet. Ganz langsam setzte sich A´kebur auf. Die Andorianerin blieb in Respektabstand vor ihr stehen. "Wie geht’s dir?", fragte sie.
A´kebur verbarg den Schmerz. Er spürte ihn mehrfach. In sich, in Etienne und in Shana. "Du brauchst dich um mich nicht kümmern", erwiderte er jedoch.
"Tu ich aber. Erstmal ist das meine verdammte Pflicht, und zweitens wollte Etienne als erstes wissen, was mit dir ist! Also reiß dich mal zusammen!" Shana kam richtig in Fahrt. "Am liebsten täte ich dir ja ein paar scheuern, aber damit ist auch keinem geholfen. Aber eine Erklärung hätte ich mal gerne! Der Captain scheint zu wissen, worum es geht, aber vulkanische Kultur ist keine Entschuldigung!"
A´kebur unterbrach den Augenkontakt zu ihr. Er hatte sich noch nie so elend gefühlt. Als er das Haus seines Vaters verlassen hatte, war er voller kämpferische Wut. Jetzt fühlte er sich gebrochen und leer. "Ich habe nicht vor, mich mit vulkanischer Kultur zu entschuldigen. Ich weiß nicht, warum es passiert ist. Aber ich bin schuld daran."
"Ach ja? Und wie wäre es, wenn du von vorneherein verhindert hättest, dass es soweit kommt? Ich dachte, du hättest dich langsam mal im Griff? Verdammt, wir können froh sein, dass Etienne keine bleibenden Schäden davontragen wird! Und dass er dir offensichtlich noch nicht mal böse ist, der Trottel!"
Er weinte und er zeigte es. A´kebur wollte nicht darüber nachdenken, welchen Anblick er bot. Aber er wusste nicht, wem er zeigen konnte, dass er Hilfe wollte. Shanas ärgerliche Miene wurde weicher. Sie war hierher gekommen, um dem Klingonen ordentlich die Leviten zu lesen, aber anscheinend machte er sich selber schon genug Vorwürfe. Mit zwei Schritten war sie bei ihm und umarmte ihn. "Es ist doch jetzt sowieso zu spät", flüsterte sie "sieh lieber zu, dass sowas nicht wieder vorkommt."
"Ich habe geglaubt zu verbrennen. Ich hatte Angst, Etienne zu nahe zu kommen. Aber ich brauchte ihn. Alles tat weh und nur er konnte den Wahnsinn beenden. Ich weiß nicht, was mit mir passiert ist. Jetzt weiß ich, was ich getan habe. Aber nicht, als ich es ihm antat. Bitte Shana, sag mir, dass ich nicht den Verstand verliere. Sag mir, dass ich nicht verrückt werde."
"Du bist nicht verrückt, sonst würde ich jetzt nicht mit dir reden können", gab Shana vernünftig zurück, "irgendwas muss dich veranlasst haben, die Kontrolle zu verlieren. Wie gesagt, Captain Lakon scheint da mehr zu wissen, er wollte nachher zu dir und mit dir reden. Ich sollte mich nur vergewissern, dass du wieder ansprechbar bist."
"Bitte geh nicht!", flüsterte A´kebur. "Ich kann ihm nicht in die Augen schauen."
"Ich bleibe hier. Aber wehe, du wälzt dich weiter im Selbstmitleid. Damit ist niemandem geholfen, klar?" Sie sah A´kebur an.
"Ich bemitleide mich nicht. Aber ich habe Angst."
"Ja, vor dir selber, nicht davor, was Lakon sagen oder denken könnte! Aber willst du für den Rest deines Lebens nicht mehr in den Spiegel schauen können?" Shana gab ihm einen Knuff in die Rippen.
"Ich will Etienne nicht töten. Ich hätte ihn töten können allein dadurch, dass ich ihn berührt habe. Es war wie ein Rausch. Ich sah mich, aber ich war nicht mehr ich. Ich habe ihn zur Ekstase gebracht. Aber nicht so ..." A´kebur brach ab. "Ich wurde verrückt, als ich Etienne nicht mehr fühlen konnte. Es war, als wäre ich verwundet. Als ich ihn dann sah, hätte er mir nicht ferner sein können. Ich weiß nicht, was mit mir passiert ist. Es ..."
"Schon gut." Shana zog ihn wieder näher an sich. "Ich hoffe, Lakon weiß mehr. Alles, was ich sehen konnte, waren deine Biowerte, und die sprengten fast die Skala. Und ihr beide gehört zusammen, das war von Anfang an klar."
A´kebur drückte Shana leicht von sich. "Ich sollte das mit Lakon hinter mich bringen. Das schlimmste ist wohl, dass er mich aus der Familie schmeißt und ich in psychiatrische Verwahrung komme."
"Bestimmt nicht", machte Shana ihm Mut, "außerdem ..." In dem Moment glitt die Zellentür mit einem Zischen beiseite und Captain Lakon trat ein.
A´kebur wich sichtbar zurück. Er fürchtete niemanden wirklich. Aber sein ganzes Leben war vollkommen auf den Kopf gestellt worden. Jetzt fürchtete er einen Vulkanier, der sein Onkel war. Dabei sah Lakon so ruhig und selbstsicher aus wie immer, nicht einmal verärgert. "Wollen Sie bleiben, Dr. Shana?", fragte er und als sie nickte, fuhr er fort: "Vulkanier reden sonst nicht darüber, aber in deinem Fall hat es dich völlig unvorbereitet getroffen. Es war das Ponfarr das Blutfieber. Vulkanische Männer ereilt dies alle sieben Jahre, und dabei gehen sie aller Kontrolle über ihre Gefühle verlustig. Ohne diesen tiefverwurzelten Trieb hätte unser logisches Volk nicht solch irrationale Dinge wie die Bindung zwischen zwei Leben."
A´kebur schüttelte den Kopf, als ob er nicht verstanden hätte. "Ich habe es gelesen und ich hatte so etwas Ähnliches schon gehabt, denke ich zumindest, aber niemals in dieser Stärke. Es war alles anders. Es muss etwas anderes sein. Es ist nicht logisch", sprach er schnell und aufgebracht.
"Da du gemischte Gene hast, gelten die normalen Bedingungen nicht. Hinzu kam noch die Seelenbindung und die plötzliche Trennung von Mr. Duval. Das alles sind Faktoren, die eine Rolle gespielt haben. Deine Biowerte jedenfalls lassen keinen Zweifel zu. Allerdings bist du nun für die Zukunft vorgewarnt." Lakon legte den Kopf schief. "Du hast ihn verletzt, aber du hast ihn gleichzeitig mit deinem Leben beschützt, als wir ihn von dir trennen wollten. Es ist reiner Instinkt, der dich geleitet hatte", erklärte er in einem weicheren Tonfall. "Das ist keine Entschuldigung und es wird dich nicht von deinem Gewissen befreien. Aber da dein Partner lebt, hast du alle Möglichkeiten, es das nächste Mal anders zu machen. Und es wird ein nächstes Mal geben, jetzt wo die Schranke offen ist. Es zu vermeiden, ist jedoch keine Lösung."
A´kebur zog die Augenbrauen zusammen. Er fühlte sich kaum in der Lage alle Informationen zu verstehen. Aber er begriff, dass er eine zweite Chance hatte, wenn Etienne ihm noch einmal vertraute. "Bedeutet das, dass ich jedes Mal austicken werde, wenn ich verbrenne? Dass nur Etienne mir helfen kann?", fragte er.
Lakon nickte. "Um es kurz zu machen, ja: Allerdings kannst du, wenn du die Anzeichen bemerkst, rechtzeitig dagegen angehen. Meditation hilft auch in dem Fall, allerdings nur begrenzt. Du kannst es dadurch nur etwas aufschieben oder abschwächen, nicht verhindern. Dann würde der Ausbruch umso heftiger sein."
"Je früher ich also Etienne suche, um so weniger werde ich ihn verletzen", fasste A´kebur den Schluss. Er senkte den Kopf. Sie waren so lange getrennt gewesen, dass sich in ihm alles aufgestaut hatte. Noch ein wenig länger und Etienne wäre wirklich durch seine Hand gestorben. A´kebur wandte sich ab. Vulkanisches Blut war gefährlicher als er angenommen hatte. Jeder Gegner war leichter zu besiegen. Aber er konnte niemanden besiegen, der in ihm steckte.
"Euer Band ist zwar gefestigt, aber noch zu jung, um längere Trennungen gut zu verkraften. Ich schlage daher vor, dass ihr beide in nächster Zeit derartiges vermeiden solltet. Außerdem kam vorhin eine Nachricht von der Erde an: ein gewisser Mr. Tevis wird sich für Mr. Duvals Freilassung einsetzen, sobald wir auf Varaas 3 das Artefakt abgeliefert haben." Ein hauchdünnes, wissendes Lächeln huschte über Lakons Gesicht. "Von daher sind die Aussichten durchaus positiv."
"Kann ich zu ihm?", fragte A´kebur, in dem wieder so etwas wie Hoffnung aufflackerte.
"Wenn er dich sehen will, ja", gab Lakon seine Zustimmung, "und falls Dr. Shana nichts einzuwenden hat." Die Andorianerin schüttelte den Kopf. "In ein paar Stunden, wenn er wieder munter und etwas ausgeruhter ist. Er schläft jetzt."
A´kebur erhob sich und fast schien es, als wollte er eine Probe aufs Exempel machen, ob ihn auch wirklich kein Kraftfeld aufhalten würde. Aber der Vulkanier hinter der Kontrolle hinderte ihn nicht. Er sah ausdruckslos und absolut desinteressiert aus. A´kebur sah noch einmal seinen Onkel an, dann ging er schnurstracks zur Krankenstation. Er wollte zu Etienne, auch wenn dieser jetzt schlief.
Shana folgte ihm und seufzte. Aber sie hatte auch nichts anderes erwartet und folgte ihm. "Na schön, aber sei wenigstens leise", bat sie. "Er läuft dir ja nicht weg."
A´kebur nickte. "Ich will nur bei ihm sein. Ich werde ihn nicht anfassen", versprach er. "Mir geht es gut und ich habe die Kontrolle wieder."
Shana nickte. Sie kannte A´kebur inzwischen gut genug, um ihm das zu glauben. Die beiden fuhren mit dem Turbolift ein paar Decks nach oben und kamen zur Krankenstation; sie war leer bis auf den über seinem Schreibtisch dösenden Chefarzt und Etienne, der tatsächlich zu schlafen schien. "Ich mache uns Kakao", entschied Shana flüsternd und ging hinüber zum Replikator.
A´kebur nickte nur abwesend. In ihm war auf einmal ein Widerwille, näher an Etiennes Liege zu treten. Er sah, dass er Schlaf- und Schmerzmittel bekommen hatte. Der Wert unterhalb seiner biologischen Werte verriet es ihm. Langsam nur trat er näher.
Etienne sah blass aus und er konnte noch schwache Schatten von blauen Flecken erkennen. Nur blitzartige Erinnerungen besaß er von dem, was er mit ihm gemacht hatte. A´kebur stöhnte leise, als ihm übel wurde. Ein Raubtier hätte ihn nicht schlimmer zurichten können.
"Hier", Shana reichte A´kebur eine dampfende Tasse und blickte auf Etiennes Werte. "Es sieht schon weitaus besser aus als noch vor ein paar Stunden", erklärte sie leise, "Menschen sind doch zäher, als sie aussehen."
"Ich hätte ihn beinahe getötet", quetschte A´kebur zwischen seine zusammengepressten Zähne durch. "Egal wie zäh Menschen sind oder nicht."
"Aber das hast du nicht", wandte Shana ein, "und ich bin mir sicher, du hättest es auch nicht gekonnt. Egal, wie sehr deine Gene mit dir durchgehen, du bist kein gewissenloses Raubtier. Du hast die Kontrolle verloren, ja, aber du hast sie wieder. Und es war keine Absicht."
A´kebur stellte die Tasse zur Seite und berührte zögernd Etiennes Hand. Sie fühlte sich warm und lebendig an. Erleichtert nahm er sie in seine. Als er merkte, was er tat, ließ er sie wieder los.
Shana sah noch einmal zwischen ihnen hin und her und beschloss dann, dass es sicher genug war, sie alleine zu lassen. Leise trat sie den Rückzug zur ihrem Schreibtisch an. Bei all dem Trubel bekam sie ihre Berichte nie rechtzeitig fertig.
Als sie nach gut einer Stunde wieder aufschaute, sah sie, dass A´kebur bei Etienne geblieben war. Halb saß er auf einem Stuhl, halb lag er auf dessen Liege und schien zu schlafen. Die letzten Tage hatten von allen alle Kraft abgefordert, die sie besaßen. Sie sah auf die Flugdaten der Sovk. Noch knapp zwei Stunde und sie waren im Orbit des Planeten. Dann musste Etienne erwachen, um das Landkommando sicher an die Fundstelle zu führen. Er musste dafür noch nicht einmal aufstehen. Ein holographisches Bild würde ihm die Umgebung vermitteln, ohne dass er sich bewegen musste. Eine kleine transportable Holo-Einheit leistete dabei gute Dienste - und das nicht das erste Mal.
Auch wenn sie es ungern tat, musste Shana die beiden nach einiger Zeit wecken. A´kebur wurde mit Sicherheitsabstand leicht an der Schulter gerüttelt und für Etienne gab es ein Hypospray.
Beide erwachten sie eindeutig nur mit äußerster Abneigung. A´kebur sah sich ein wenig erschrocken um. Noch nie war er so schutzlos irgendwo eingeschlafen. Dann erinnerte er sich, dass es wohl unsichere Orte als die Krankenstation der Sovk gab. Dennoch war es ihm ein wenig peinlich und peinlich war es ihm auch, dass er Etienne direkt in die Augen schaute, während er selbst noch sich in eindeutiger Position befand.
Dieser blinzelte ebenfalls etwas desorientiert, aber A´keburs Gesichtsausdruck ließ ihn unwillkürlich schmunzeln; wie konnte man nur unglaublich betreten aussehen? Nun, es gab wohl genug Grund dafür.
"Hey", begrüßte Etienne ihn leise und stellte fest, dass er immer noch heiser war.
"Hallo", murmelte A´kebur und machte dabei den Eindruck, sich irgendwie aus dem Staub machen zu wollen. Das verhinderte Etienne aber von vorneherein, indem er nach einer langen Haarsträhne griff und sie festhielt. "Wo hast du gesteckt? Captain Lakon wollte mir partout nicht sagen, was los war, aber bekomme ich von dir ein paar Antworten?"
A´kebur sah auf die geschlossene Faust. Er erwog einen Augenblick, sich gegen die Einschränkung seiner Beweglichkeit vorzugehen, unterließ es aber dann. Betreten sah er Etienne an. "Ich war in Sicherheitsverwahrung, weil ich dich lebensgefährlich verletzt habe und sie mich nicht unter Kontrolle halten konnten. Auch nicht mit Beruhigungsmitteln. Ich erinnere mich, dass sie versucht haben, mich zu betäuben. Aber ich bin nicht bewusstlos geworden."
Etienne zog die Augenbrauen hoch. "Und wie zur Hölle kam es dazu? Bei all dem Chaos mit Toran konnte ich nicht mal Harlan fragen, was los war, aber du wirktest irgendwie völlig durch den Wind. Hat es was mit unserem Band zu tun?"
A´kebur spielte mit der Haarsträhne, die noch immer auf halber Höhe in Etiennes Hand steckte. "Nein, eigentlich nur etwas mit mir. Ich bin etwas mehr Vulkanier, als ich bisher gedacht habe."
"Und?" Etienne wusste immer noch nicht, worauf das hinauslief. Er hatte zwar einiges von vulkanischer Tradition mitbekommen, aber dass dieser derartig die Kontrolle verlieren konnte, schien ihm etwas abwegig.
"Ich war im Ponfarr", erklärte ihm A´kebur so leise, dass er fast glaubte, sich verhört zu haben. Dazu fiel Etienne erst einmal nichts ein. Dann erinnerte er sich an die Kommverbindung zwischen Harlan und ihm. Sein Ziehvater hatte es ihm gesagt, doch in all dem Ärger hatte er es vergessen gehabt. Noch auf der Starfleetakademie hatte ein paar Exobiologiekursen in seinem ersten und einzigen Jahr davon gehört und auch erfahren, dass Vulkaniern im Allgemeinen dieser Umstand ziemlich peinlich war, auch wenn sie es meist als "persönlich" bezeichneten. Er selbst hatte es für eine köstliche Ironie gehalten, dass ausgerechnet das logischste Volk dieser Galaxis etwas so Primitivem wie einer Brunftzeit unterworfen war, die selbst die Menschen schon lange überwunden hatten. Doch Details hatte er darüber nicht erfahren. Vielleicht hätte er es nach seinem Abschluss, doch das hatte ihn zum damaligen Zeitpunkt weit weniger interessiert. Nun, jetzt wusste er aus erster Hand, wie so etwas ablief und was es bedeutete, wenn man denjenigen ignorierte, der sich im Ponfarr befand.
"Und es ist jetzt wieder vorbei?", fragte Etienne schließlich.
"Nein!", brummte ihn A´kebur an.
Die Antwort war nicht sehr beruhigend, stellte Etienne für sich fest. "Und ich schätze, du kannst nicht einfach still warten, bis der Anfall vorbei ist, oder?", erkundigte er sich vorsichtig.
"Also im Moment ist alles in Ordnung. Nur, ich fürchte, dass alle paar Jahre dieses Problem wieder auf der Tagesordnung steht. Ich hoffe, dass es derselbe Zeitraum ist, wie bei allen anderen. Denn dann kann ich es dir sicher sagen."
"Immerhin etwas." Was war der Zyklus des Ponfarr gewesen? Sieben oder acht Jahre, wenn er sich recht erinnerte. Das war auszuhalten. Und wenn man vorgewarnt war, sowieso. "Und wie geht's jetzt weiter?"
A´kebur legte den Kopf schief. "Du wirst wieder gesund", meinte er ernsthaft und schien wirklich keine Zentimeter weiter in die Zukunft schauen zu wollen.
"Das will ich auch stark hoffen, aber in Shanas fähigen Händen fühle ich mich gut aufgehoben", Etienne beschloss wieder einmal, das Ganze von der humoristischen Seite zu betrachten. "Auch, wenn ich Krankenstationen langsam leid bin. Hier kann man nichts machen, ohne dass es gleich ein Arzt mitbekommt."
A´kebur sah ihn entsetzt an. "Ich fasse dich nicht mehr an!" Beinahe hätte er das laut gesagt, aber so zischte er es nur. Niemand hier brauchte mitzubekommen, dass er sich aufregte.
"Was, nie wieder? Jetzt werde nicht albern!" Etienne richtete sich auf seiner Liege auf, hielt A´keburs Haarsträhne aber weiterhin fest. Nicht, dass sein Klingone doch noch die Flucht ergriff. "Solange du mir guten Gewissens sagen kannst, du wolltest mich nicht absichtlich verletzen, ist es für mich in Ordnung. Wenn ich gewusst hätte, was los war, wäre es sowieso nicht soweit gekommen, aber das lässt sich ja nun nicht ändern."
"Ich weiß nicht, ob ich es nicht absichtlich tat", antwortete ihm A´kebur. "Ich hätte dich am liebsten aufgefressen. Ich wollte dich. Ich wollte alles von dir. Ich ..."
"Hey, schon gut. Wie ich dir bereits oft genug sagte, ich weiß, worauf ich mich mit dir eingelassen habe." Nun, so ganz stimmte das nicht mehr. Etienne hatte mehr Überraschungen erlebt, als ihm lieb war, aber das Gefühl der Richtigkeit war geblieben. Und da waren ein paar gebrochene Rippen und blaue Flecken ein relativ geringer Preis.
"Wir werden sehen", wich ihm A´kebur jedoch aus.
Shana räusperte sich. "Das Landeteam macht sich gerade fertig. Etienne, du musst ihnen sagen, wo du das Artefakt gefunden hast."
"Sicher, dass ich nicht mitgehen kann? Es ist wirklich keine einfache Sache, und ich fühle mich ehrlich gesagt nicht wohl dabei, wenn noch mehr Leute wissen, wo das Ding ist", gestand Etienne, "nicht, dass so eine Katastrophe noch mal passiert..."
"Das Gebiet soll laut dem Captain zum Speergebiet erklärt werden. Station, Patrouillen, Satelliten und Sonden. Das volle Programm. Zudem Geheimhaltung und so ein Zeug." Shana wirkte selbstzufrieden. "Der Planet wird bewacht werden genauso wie die anderen zwei Planeten. Mach dir also keine Sorgen. Zudem wirst du wohl als Experte gebraucht werden, was diese Artefakte anbelangt."
"Experte? Ich bin geehrt", Etienne grinste, "das macht sich zumindest gut im Lebenslauf: Experte für Galaxisvernichtung und -rettung. Ob man damit Geld machen kann? Aber Spaß beiseite. Der Trupp soll zu der Ruinenstadt auf dem Südkontinent des Planeten gehen. Für alles Weitere brauche ich einen Monitor."
"Klar!" Shana grinste. Sie steckte Etienne einen Kommunikator an und aktivierte den Holo-Projektor. "Dann führe sie mal. Du siehst, was sie sehen."
Dem war wirklich so. Der Landungstrupp stand am Rande einer Ruinenstadt, die sich kilometerweit erstreckte; bläuliche Schlingpflanzen umwucherten zerborstene Steine. "Gehen Sie weiter nach Nordwesten und sehen Sie auf den Boden; die Schlingpflanzen sind ziemlich tückisch", erklärte Etienne. Der Landetrupp taten wie geheißen und bleiben auf Etiennes Anweisung schließlich vor einem Gebäudekomplex stehen, der noch etwas intakter schien als der Rest. "Durch die Tür und dann den Flur links. Und treten Sie nur auf die hellen Kachelfliesen, die anderen sind Fallen!"
Er konnte sehen, wie einer des Landungstrupps die Augenbraue hob. Es war ein Mensch. "Hier sind wirklich Fallen", bestätigte er. "Höherentwickelt als die Mauern dieser Stadt. Sie gehören aber einer noch anderen Kultur an. Möglicherweise jünger. Vielleicht auch älter. Es lässt sich nicht feststellen. Da müssen die Archäologen ran." Langsam gingen sie vorwärts und damit änderte sich auch das Bild, das Etienne sah. Fremdartige Zeichen schlängelten sich über alle sichtbaren Wände und Säulen. "Es wirkt alles ziemlich offen, als ob man das Artefakt finden soll", äußerte Shana ihren Eindruck über die untergegangene Stadt.
"Ja, das habe ich mir auch gedacht", erwiderte Etienne, "aber warte mal, was noch kommt. Gehen Sie durch die rechte Tür und kriechen Sie den nächsten Gang entlang, auf Kopfhöhe sind ziemlich scheußliche Klingen", warnte er den Landungstrupp, "beim Energiefeld dahinter wird es wirklich schwierig."
"Ich scanne kein Energiefeld", meinte ein Mitglied des Außentrupps, das Etienne nicht sehen konnte.
"Da müsste eine Schwachstelle sein, durch die man hindurchgelangt, wenn man die Phaser auf Maximum stellt. Ansonsten warne ich Sie jetzt schon vor: Der Raum dahinter ist komplett dunkel, Sie müssen sich auf Ihre anderen Sinne verlassen, um da durch zu gelangen."
"Wir machen Licht!"
"Bloß nicht! Jede Lichtquelle in dem Raum löst weitere Fallen aus; ich habe es ziemlich schmerzhaft getestet", warnte Etienne, "Gehen Sie einfach weiter."
Einen kurzen Moment war Schweigen. Dann ging das Außenteam jedoch weiter. Sie machten kein Licht, durchquerten den Raum und gelangten dann offenbar in eine Art Lichthof.
"Soweit ich das beurteilen kann", ließ der Leiter sich vernehmen, "sind die Fallen einer anderen Kultur zuzuordnen. Ich schätze, insgesamt haben hier drei oder vier Kulturen an dem Komplex samt Fallen gebaut. Die Materialien stammen zudem nicht von diesem Planeten. Es gibt eine weitere Energiequelle hier im Hof."
"Ganz genau. Aber so faszinierend Sie das sicher finden, gehen Sie zügig weiter, sonst finden Sie noch ein paar unangenehme Überraschungen." Etienne lotste den Trupp vom Innenhof weiter durch ein ziemlich komplexes Labyrinth von weiteren Gängen und Treppen, bis sie schließlich in einem riesigen unterirdischen Saal angelangten. Hohe, verzierte Säulen trugen die Decke, und in der Mitte schwebte in zehn Metern Höhe eine Plattform. Eine der Säulen allerdings war ziemlich pietätlos umgekippt worden, sodass sie als Treppe zur Plattform fungierte. "Legen Sie das Artefakt da oben ab."
"Können wir einfach da hinauf?", fragte jemand. Wieder derselbe, den er vorhin schon nicht gesehen hatte.
"Ja, es gibt keinen anderen Weg da hoch, also habe ich kurzerhand den Saal ummöbliert", gab Etienne zu, "an solch eine Radikallösung haben die Erbauer wohl nicht gedacht. Aber es hält." Langsam wurde auch er ungeduldig. Solange das verflixte Ding nicht an seinem Platz war, war nichts gewonnen. Aber er musste sich weiter keine Gedanken machen. Der Leiter des Außenteams kletterte kurzerhand hoch und holte dann aus seiner Tasche das Artefakt heraus. Vorsichtig legte er es auf die Plattform. Einen Moment wartete er, ob sich etwas tat, immer auf dem Sprung, seine exponierte Lage aufzugeben. Aber es passierte nicht, so dass er wieder herunterkletterte. "Wir sind bereit, zum hochbeamen, der Verstärker ist aktiviert", meldete er an die Sovk.
Etienne sah via Holoprojektor noch einmal auf das Artefakt, das nun leicht zu glühen begonnen hatte und war zufrieden. Natürlich wäre der ganze Ärger nie soweit gekommen, wenn er selber den Anstand besessen hätte, sich von einer der Fallen töten oder zumindest entmutigen zu lassen, aber so oder so war die Sache hoffentlich fürs Erste vorbei.
"Captain Lakon hier", meldete Lakon sich. "Vielen Dank für Ihre Mithilfe. Wir werden zurück nach Charon 7 fliegen. Die Enterprise ist zu dem Planeten unterwegs, um die Lage zu beobachten. Ihre weitere Mitarbeit ist erwünscht. Ich würde Sie nachher gern sprechen, wenn es Ihnen gut geht."
"Natürlich, Captain. Ich bin froh, dass ich helfen konnte", gab Etienne mit ehrlicher Überzeugung zurück, "und wenn Sie den Erfolg unseres Vorhabens zurück zur Erde übermitteln, bin ich mit etwas Glück ein freier Mann."
"Ich werde es übermitteln. Lakon Ende!"
Shana strahlte über das ganze Gesicht. "Obwohl du das Universum in Gefahr gebracht hast, ich denke, sie werden dich freisprechen. Kann aber sein, dass sie dich wirklich für die Forschung haben wollen. Wird bitter. Ehrliche Arbeit."
"Igitt!" Etienne zog eine komische Grimasse. "Allerdings hat die ganze Geschichte vielleicht wirklich bewiesen, dass man sich mit meiner Tätigkeit nur Ärger einhandelt. Oder ich werde zu alt dafür. Ich habe ja nicht Harlans Konstitution."
"Dann solltest du wirklich überlegen, ob du dich auf dein Altenteil zurückziehst", bemerkte Shana äußerst trocken. "So, ich werde dir noch einmal ein Schmerzmittel geben, bevor deine Werte wieder hochschnellen und du ruhst dich dann aus. Und du, A´kebur, wirst dich ebenfalls erholen. Mag sein, dass du dich prächtig fühlst, aber du hast einiges wegstecken müssen und das Ponfarr ist nichts, was man auf die leichte Schulter nimmt, erst recht, wenn es bei dir zum ersten Mal ausgebrochen ist, was ich bezweifle."
So gescholten, blieb den zweien nicht viel übrig, als auf Shana zu hören, zumal keiner im Augenblick die Kraft für eine Diskussion hatte.
Merklich erleichtert fiel Etienne wieder in die Kissen zurück. Nur A´kebur sah sich nicht in der Lage, dem Befehl zu folgen. Etienne hatte ihn nicht losgelassen. Das bemerkte dieser aber erst ein paar Sekunden später und ließ ihn dann mit einem entschuldigenden Lächeln frei. Etienne hätte schwören können, er fühlte ein leichtes Erröten in seinem Gesicht, wenn er nicht genau gewusst hätte, dass er sich derlei Unarten schon vor Jahren abgewöhnt hatte.
"Ich komme dich nachher besuchen", murmelte A´kebur und tat so, als wäre nichts passiert. Für einen Moment war er unsicher, ob er noch sein Quartier besaß. Dann fiel ihm ein, dass nicht sehr viel Zeit vergangen und er zudem noch immer Besatzungsmitglied der Sovk war.
Soviel war in der kurzen Zeit geschehen, so viele Veränderungen und obwohl A´kebur wieder die Kontrolle über sich besaß, schien die Bedrohung des Ponfarr weiterhin in ihm zu sein wie ein Raubtier im Winterschlaf. Er schob diesen Gedanken von sich. Wenn er Glück hatte, dann konnte er auf sechs bis acht Jahre Ruhe hoffen.
Etwas steifbeinig verließ er die Krankenstation und suchte sein Quartier auf. Er war froh, niemanden zu begegnen, so brauchte er sich auch nicht weiter beschämt zu fühlen. Trotz seiner Erschöpfung brauchte er eine Stunde, bis er endlich einschlief.
Wie angekündigt kam Captain Lakon einige Stunden später in die Krankenstation. Etienne war halbwegs munter.
"Ich kann nichts sagen, wie das Gericht über Sie entscheiden wird, aber ich Sie sind der derzeitige Spezialist, was das Artefakt und die Umstände hier angeht. Daher habe ich empfohlen, Ihre Kenntnisse zu nutzen. Mit der Enterprise ist ein Richter gekommen und Ihr Anwalt. Wir werden die Enterprise in etwa drei Tagen auf dem Weg nach Charon 7 treffen", erklärte ihm der Captain.
"Das klingt gut", erwiderte Etienne. Je eher endlich die leidige Sache mit der Justiz hinter ihm lag, desto besser.
"Wenn ich Ihnen einen Rat erteilen darf, Mr Duval. Nehmen Sie jedes Angebot an, dass Ihnen unterbreitet wird, sollte es auch bedeuten, dass Sie auf Dauer mit Dingen beschäftigt werden, die Ihnen nicht liegen. A´kebur wird Sie irgendwann wieder sehr dringend brauchen, egal wie Sie zu ihm stehen sollten. Dann sollte sich nichts zwischen Ihnen und ihm befinden." Lakon wirkte, als hätte er in eine Zitrone gebissen und dabei versuchte, noch würdevoll auszusehen. Offenbar war ihm diese ganze Angelegenheit extrem unangenehm. Etienne hatte fast Mitleid mit ihm.
"Danke, Sir, das werde ich versuchen", erwiderte er, "die Ereignisse haben mich sowieso nachdenklich gestimmt, vielleicht wäre eine Karriereumgestaltung wirklich angemessen. Wozu genau die Föderation mich allerdings brauchen könnte, ist mir nicht ganz klar."
Lakon gab ihm ein Datenpad. "Das sind die Daten, die von Ihrem Schiff gesichert worden sind. Darauf sind einige sehr interessante Dinge vermerkt. Sie sind ein Mann mit vielen Talenten und Ihr Wissen ist äußerst umfangreich."
Wieder so eine vorsichtige Antwort. Über kurz oder lang ging es also um das Wissen, das Etienne im Laufe der Zeit bei Völkern außerhalb der Föderation gesammelt hatte. Unter anderem sicher auch die Tarnvorrichtung und ähnliche militärische Technik. Da war Vorsicht angebracht. "Ich fürchte nur, es werden dann wieder andere Parteien Interesse an mir anmelden", gab er zurück, "gewisse Sicherheiten brauche ich schon."
"Wenn Sie befürchten, dass die Romulaner Sie verfolgen werden, so kann ich Ihnen sagen, dass sie uns großzügigerweise die Tarnvorrichtung überlassen. Sie haben uns zu verstehen gegeben, dass wir diese sowieso nicht anwenden werden können und wir noch weit über zehn Jahre benötigen, um sie in jedem militärischen Schiff einzubauen. Es ist nur ein weiterer Faktor in der Aufrüstung, der zwar nicht unbedeutend, aber doch im Gesamtzusammenhang wohl eher eine Fußnote in der Geschichte darstellt. Zudem sind die Forscher der Föderation durchaus in der Lage, eine funktionierende Tarnvorrichtung zu entwickeln. Das Problem der Anomalien, die ein getarntes Schiff verursacht, dass keine Waffen genutzt werden können und auch der Transporter nicht funktioniert, bleibt auch weiterhin bestehen, so dass der Einbau bisher wenig Sinn gemacht hat. Nein, es geht vielmehr um Ihr ungewöhnliches Denken in Zusammenhängen, was bestimmte diplomatische Beziehungen angeht, aber auch Ihre Kenntnisse ausgestorbener Kulturen. Die Archäologen waren begeistert. Vor allen Dingen Mr. Kenturry und Mrs. T'Ro wollen Sie gern für Ihr Team. Ganz unabhängig von Ihrer Vergangenheit. Ich weiß nicht, ob Ihnen diese Namen ein Begriff sind."
"Kenturry und T'Ro?", wiederholte Etienne ungläubig. Auf der Akademie hatte er ein paar Gastvorlesungen der beiden über Exoarchäologie und komparatistische Kulturwissenschaften besucht; sie galten als absolute Koryphäen auf ihren Gebieten. "Ich glaube, ich wäre verrückt, so ein Angebot auszuschlagen. Haben die wirklich nach mir gefragt?"
"Ja, das haben Sie wirklich. Sie finden Ihre Art unkonventionell. Aber eben weil Sie keine höhere Schule besucht haben, sind Sie als Autodidakt vorgegangen und haben eigene Methoden entwickelt, die es lohnt, auszubauen und weiter zu fördern. Das bedeutet, dass Sie viel unterwegs sein werden. Sie werden sich an die Gesetze halten müssen. Aber es bedeutet auch, dass Sie eventuell mit einer Bewährung davonkommen, die wohl lebenslang gelten wird."
"Ich denke, damit kann ich leben", erwiderte Etienne nicht ohne Ironie, obwohl es ihm ungemein schmeichelte, dass solch renomierten Wissenschaftler sich für ihn interessierten. "Ich hoffe nur, ich werde nicht gezwungen sein, für den Rest meines Lebens Befehlen zu gehorchen. Damit würde ich nach der langen Zeit als Unabhängiger nicht gut klarkommen."
"Beugen Sie Ihr Haupt in Demut. Dann können Sie auch eines Tages wieder mit Stolz aufschauen. Sie haben niemanden umgebracht. Direkt kann Ihnen keine Schmuggelei, Hehlerei und Handel mit verbotenen Waren nachgewiesen werden. Sie haben geholfen, in dem Fall, in dem es Ihnen nachgewiesen werden konnte, ein Unglück zu verhindern, dass viele Leben gekostet hätte", erinnerte ihn Lakon und gab ihm damit zu verstehen, dass er ungemeines Glück mit seinem Schicksal hatte. Er musste nur Geduld beweisen.
Etienne behagte die Entwicklung nicht, jedoch wie er es auch drehte und wendete, Lakon hatte leider recht. Demut war dennoch nicht wirklich seine Stärke. Aber die Chance, die sich ihm hier bot, war wirklich zu gut, um sie auszuschlagen.
Etienne atmete tief durch. "Ich bin dabei. Es ist eine Herausforderung."
Lakon wirkte entspannter, als er sich zurücklehnte. "Bedenken Sie, dass Ihr Anwalt, der Richter und die Anklage das letzte Wort haben werden." Lakon sagte nicht, von wem er die Informationen erhalten hatte, fielen sie doch unter die Geheimhaltung. Sicher war seine Familie kein unbedeutender Faktor in seiner hervorragenden Position in der Pyramide derer, die Informationen erhielten.
"Nun, dann muss ich warten, bis Sie hier sind." Etienne lehnte sich zurück. Er hoffte nur, bis dahin wieder auf eigenen Beinen stehen zu können; das Bett in der Krankenstation war er leid. "Danke für Ihre Hilfe, Captain Lakon. Ohne Ihren Einsatz hätten wir das Artefakt nicht zurückbringen können."
"Es war meine Aufgabe und Pflicht", meinte Lakon nur. Für einen Moment herrschte unangenehmes Schweigen. Lakon schien noch etwas sagen zu wollen und wenn er wohl ein Mensch gewesen wäre, hätte er sich geräusperte. So aber sah er Etienne nur fest in die Augen. "Darf ich Sie um etwas Persönliches bitten, Mr. Duval?", fragte er in einem Ton, der darauf schloss, dass es um etwas Privates ging.
"Worum gehts?" Etienne hätte sein letztes Hemd verwettet, dass A´kebur das Thema war.
"Darf ich Sie vorher fragen, was Sie für meinen Neffen empfinden?"
Etienne wusste im ersten Moment wirklich nicht, was er sagen sollte. Die erste Reaktion war, Lakon höflich mitzuteilen, dass ihn das nichts anginge, die zweite, ihm ins Gesicht zu grinsen und ihm zu sagen, das wäre doch offensichtlich. Aber nichts davon war besonders klug und auch nicht besonders ehrlich. Und dabei hatte Lakon sich als vertrauenswürdiger Mann erwiesen, der sich bar jeder Logik riesige Sorgen um seinen Neffen machte.
Davon abgesehen tat eine solche Vaterfigur A´kebur sicher sehr gut. Etienne gab nach. "Ich fürchte, das allerunlogischste der menschlichen Gefühle, auch wenn ich es selber nie für möglich gehalten habe."
Lakon öffnete kurz den Mund, schloss ihn aber dann wieder. Er nickte, dass er verstanden hatte. "Egal, wie Sie sich verhalten wollen und was Ihr Weg sein wird, behalten Sie dabei meinen unlogischen Neffen in Ihren Gedanken. Er hat Angst, Sie zu verlieren. Das Band zwischen Ihnen und ihm ist jetzt vollkommen. Das Ponfarr hat die letzte Lücke geschlossen. Es wird keinen Ort in diesem Universum mehr geben, der dem anderen verschlossen sein wird. Der eine spürt den anderen, wenn er ihn sucht. Es ist ein Band, das in zwei Richtungen funktioniert. Untrennbar. Weit entfernt und doch näher als jedem anderen Wesen. A´kebur wird dies auf einer anderen Ebene begreifen, da ihm seine telepathischen Fähigkeiten eine andere Weise eröffnen werden, als es bei Ihnen der Fall ist."
Etienne nickte langsam. Er hatte nicht viele Gedanken darüber verschwendet, wie weit diese Verschmelzung wirklich reichte, aber in diesem Augenblick begriff er: Weder er noch A´kebur waren seit dem folgenschweren Moment, in dem sie versehentlich das Band geknüpft hatten, mehr wirklich allein gewesen. Die tiefgreifende Einsamkeit, die A´kebur unter seiner Wut zu verstecken gesucht hatte und die Etienne in den hintersten Winkel seines Selbst geschoben und nie herausgelassen hatte, sie war nicht mehr existent. Keiner von ihnen war mehr allein in seinen Schädel eingesperrt. Verbunden, gebunden, aber trotzdem noch frei.
Lakon schien seine Gedanken erkannt zu haben. Er verneigte sich knapp. "Ich danke Ihnen!"
Etienne lächelte. Die Erkenntnis hatte ihn etwas benommen zurückgelassen. "A´kebur kann sehr froh über seine Familie sein, Captain", schickte er Lakon hinterher.
Lakon wandte sich halb um. "Meine Familie kann froh sein, A´kebur wieder in unserer Mitte zu wissen und auch Sie sind willkommen, sofern Sie den Wunsch verspüren."
"Danke, das weiß ich zu schätzen." Etienne wusste, das war keine bloße Höflichkeitsfloskel und darum umso wertvoller.
Er verbrachte, nachdem Lakon gegangen war, eine lange, ruhige Zeit. Nur Shana sah ab und an nach ihm. Er musste fast einen Tag warten, ehe er A´kebur wieder zu Gesicht bekam. Dieser sah ein wenig zerknautscht aus, als wäre er gerade eben erwacht. "Hallo", grüßte ihn dieser.
"Hallo. Gut geschlafen?" Etienne saß an ein paar Kissen gelehnt und studierte das Schreiben der Wissenschaftler, das Lakon erwähnt hatte und war mit jeder Minute mehr begeistert über die Aussicht, mit ihnen zusammenzuarbeiten, Verpflichtungen hin oder her. "Denkst du, wir können Shana überreden, mich morgen aus diesem verflixten Bett zu lassen?"
"Wir haben noch ein Gästequartier", meinte A´kebur eher ausweichend. "Wenn es dir gut geht, wird es sicher kein Problem sein."
"Hoffentlich. Und ja, mir geht's gut, ich werde hier nur verrückt. Und du?"
"Ich werde nicht verrückt!"
"Gut zu wissen. Aber du musst ja auch nicht hier herumliegen. Wann erreichen wir die Enterprise?"
A´kebur sah ihn erstaunt an. "Wie viel Zeit ist denn vergangen?" Verwirrt sah er auf dem nächsten Monitor nach der Bordzeit. "Oh. Also danach nicht mehr lang. Anderthalb Tage. Ein Vulkanier könnte dir wohl auf die Sekunde Auskunft geben."
"Das brauche ich nicht." Etienne legte das Datenpad beiseite und schwang die Beine über die Liege. "Was machst du, wenn wir auf die Enterprise treffen? Ich weiß noch nicht, wo ich dann hingehen werde. Bleibst du auf der Sovk?"
"Warum sollte ich gehen?" A´kebur bekam irgendwie das Gefühl nicht los, als würde er sich in einer anderen Dimension befinden. Er legte den Kopf schief und sah Etienne an. "Was ist passiert?"
Dieser reichte ihm den Brief der Wissenschaftler. "Hier! Scheint's, ich habe eine zweite Chance auf ein anständiges Leben bekommen." Ächzend stellte er sich auf die Beine. Er hatte zu lange herumgelegen. A´kebur trat näher. Ohne ihn anzuschauen, stützte er Etienne und las dabei den Brief. "Das ist gut", kommentierte er dann. "Was heißt das aber? Dass du auf Reisen gehst?"
"Vermutlich. Ein Forscher muss vor Ort sein, sofern er nicht Studenten lehrt. Aber wie es im Detail ablaufen wird, werde ich sehen. Zuerst einmal muss ich überhaupt von Seiten der Justiz grünes Licht haben. Also steht noch nichts fest."
A´kebur sah ihn stumm an. Vor allen Dingen seine Lippen und seine Augen schienen es ihm angetan zu haben. "Es ist besser, als im Gefängnis zu sein. Ich wünsche es dir."
"Danke." Etienne lächelte ihn an. "Und keine Sorge, ich bleibe erreichbar. Ich verschwinde nicht nochmal."
A´kebur nickte nur und sagte nichts dazu. Er hatte das unbegründete Gefühl, dass alles noch einmal von vorn losging. Doch das war wirklich unlogisch. Er wusste, dass er aufpassen musste, das heiße Blut hatte sich jetzt für einige Zeit abgekühlt und er konnte Etienne gehen lassen. Er spürte ihn und seine Gefühle verliefen in diesem Teil seiner Seele ruhig und kraftvoll. Aber außerhalb herrschten noch der Nachklang der vergangenen Ereignisse und der Gedanke an seine Schuld. Etienne wusste nicht, ob er A´keburs Gedanken wirklich gehört hatte, aber spontan beugte er sich vor und küsste ihn. "Wie ich schon sagte: du wirst mich nicht mehr los, egal was passiert."
"Ich will dich nicht loswerden. Ich will dich immer bei mir haben. Aber das ist nicht logisch. Nicht einmal ich werde dich aufhalten", flüsterte er. Als er die Augen wieder aufschlug, war er ruhiger. "Wäre es dir Recht, wenn du das Gästequartier nimmst? Ich habe Angst, dir weh zu tun. Du sollst eigentlich auf der Krankenstation bleiben."
"Ich habe da keine Bedenken. Aber wenn dir das so lieber ist..." Etienne fühlte irgendwo in seinem Inneren etwas Warmes und stellte fest, dass er zutiefst bewegt von A´keburs Worten war, die ihn zweifellos Überwindung gekostet hatten. Sein Seelengefährte schob ihn auf geradezu untypisch fürsorgliche Art zurück auf die Liege. "Ich werde mit Shana sprechen", versprach A´kebur. "Ich werde sie überreden."
"Danke." Etienne konnte kaum protestieren; so kannte er seinen Klingonen wirklich nicht. Das Leben wurde immer bizarrer. Kurz darauf hörte er Shana laut ausrufen. Sie protestierte eindeutig. Mit reiner Ungeduld in ihrer Miene tauchte sie vor Etienne auf und sah ihn ungeduldig an. "Kaum können sie sprechen, suchen sie das Weite. Patienten mit Nestflucht-Eigenschaften sind anstrengend. Was soll ich mit dir machen, Etienne?"
"Mich einfach in einem netten Quartier unterbringen, bevor ich vor Langweile noch eingehe?", fragte er zurück und schenkte der Andorianerin sein schönstes Lächeln. "Ich bin auch ganz brav, versprochen."
"Was ist an meiner Krankenstation nur so fürchterlich? Sie ist nett, hell, freundliche, nette Leute ..."
Etienne seufzte. "Es ist die Tatsache, dass es eine Krankenstation ist, ganz einfach. Bitte hab ein Einsehen!"
Shana verschränkte die Arme. Ihre weißen Haare leuchteten unnatürlich unter dem blaugrellen Licht. Es machte eine seltsame, aber nicht ungesunde Hautfarbe bei Menschen. Das Spektrum, so wusste auch Etienne, umfasste mehr als nur blau. Aber die weißen Haare eines Andorianers ließ es aufleuchten. Shana schien sich aber nicht von seinem bewundernden Blick ablenken lassen zu wollen. Sie tippte mit ihrem Fuß auf. "Ich schätze, A´kebur will auf dich aufpassen. Wie soll ich das werten?"
"Als das gute Zeichen, das es ist. Bitte, Shana." Kein Hundebaby hätte größere Augen machen können.
A´kebur sah ihn seltsam an. Fragend wanderte sein Blick zu Shana, die die Hände in die Hüfte gestemmt hatte. Die Andorianerin legte die Fühler an, schüttelte den Kopf und erklärte: "Mein Chefarzt wird mir zwar das Fell über die Ohren ziehen, aber gut. Ich komme dann zur Untersuchung vorbei, und wehe euch, dein Zustand verschlechtert sich, Etienne. Dann gibt’s Ärger. Keine Anstrengungen, kein Herumlaufen und auch sonst nichts Aufregendes, klar?" Bedeutungsvoll sah sie zu A´kebur.
"Ich rühr ihn nicht an!", erklärte der hastig.
Shana zuckte mit den Fühlern und sah zu Etienne, der so unschuldig blickte wie er nur konnte, was allerdings nicht viel war.
"Wenn mir dein Zustand nicht passt, geht’s zurück auf die Krankenstation", drohte sie noch einmal und ging zum Computerterminal. "Ich sehe heute Abend vorbei."
"Kann er ins Gästequartier?", fragte A´kebur nach.
"Ja, natürlich." Sie sah ein paar Daten nach. "Deck C, Sektion 34, ist noch was frei. Bringst du ihn hin, A´kebur? Und keine Umwege!", nahm Shana ihm das Versprechen ab.
A´kebur stützte Etienne und brachte ihn hinaus. Die Kabine für die Gäste war genauso winzig wie die für die Mannschaftsmitglieder. "Ich weiß nicht, was du davon hast. Aber wenn du meinst, dass du hier glücklicher bist als auf der Krankenstation, dann bleib hier", brummte A´kebur halbherzig.
"Doch, bin ich. Schon allein deswegen, weil wir die Tür hinter uns zumachen können." Zufrieden machte Etienne es sich auf dem schmalen Bett bequem.
A´kebur ignorierte das "wir". Er sah Etienne dabei zu, wie dieser sich vorsichtig streckte und sich der Länge nach hinlegte. "Ich werde dich dann mal ausruhen lassen", murmelte er.
"Hey, du sollst doch auf mich aufpassen. Oder hast du schon wieder Dienst?"
A´kebur blieb stehen. "Ich muss nicht auf dich aufpassen. Ich soll dich nur dazu bringen, dass du dich ausruhst. Das tust du", erwiderte er. "Und nein, ich habe keinen Dienst."
"Gut. Dann bleib hier, und ich kann mich auch entspannen", entschied Etienne und zog A´kebur kurzerhand zu sich hinunter. "Und du könntest auch was davon vertragen. Du brichst ja gleich durch vor Anspannung."
A´kebur bleckte die Zähne. Etienne seufzte. Konnte sein Lieblingsklingone denn nie etwas richtig verstehen? "Setz dich! Wir werden uns einfach unterhalten und uns zivilisiert benehmen. Denkst du, das schaffen wir?"
A´kebur hob eine Augenbraue und dann die andere. Sein Gesicht drückte deutlich ein Nein oder zumindest profunde Zweifel aus. Er glaubte nicht, dass sie das schafften, ohne wie die Tiere übereinander herzufallen. Bisher waren ihre Zusammenkünfte immer von dieser Art Zusammenkunft gekrönt gewesen. Aber Etienne war zuversichtlich, dass ihre Beziehung, wenn man es denn im herkömmlichen Sinne so nennen konnte, weit genug gediehen war, um einfach einen Moment des friedlichen Zusammenseins zu genießen. Um so etwas Albernes, Romantisches wie Zärtlichkeit zuzulassen.
"Shana frisst uns, wenn wir nicht brav sind, schon vergessen? Also üben wir uns mal in dieser Tugend." Etienne lächelte verschmitzt.
A´kebur hatte sich steif wie ein Brett gemacht. Er schien sich nicht bewegen zu wollen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und pures Misstrauen strahlte er in seiner ganzen Haltung aus. "Ich werde dich nicht anfassen", wiederholte er überflüssigerweise. Warum noch etwas verbal äußern, was eindeutiger nicht hätte sein können? A´kebur fürchtete wohl sein Temperament mehr, als Etienne oder Shana bisher hatten ahnen können.
Doch Etienne wusste in diesem Augenblick weitaus besser als A´kebur selber, dass er diesem vertrauen konnte. Er winkte ihn zu sich und wartete darauf, dass A´kebur sich wirklich endlich setzte. Dieser zögerte noch einen Moment, dann trat er näher, um sich zu ihm aufs Bett zu setzen. Etienne seufzte. Sanft strich er ihm durch die Haare; seine Berührung hatte nichts Aufforderndes, sondern war allein auf Beruhigung ausgelegt, als müsse er ein wildes Tier zähmen.
Aber er brauchte eine ganze Weile, ehe er auch nur ein kleines Stück Entspannung spüren konnte. A´kebur traute sich wirklich nicht oder Etienne, was wohl im Ergebnis gleich blieb.
"Und du meinst, dass das in Ordnung ist?", folgte auch gleich die nächste offenbar unvermeidliche Frage. Etienne ging den nächsten Schritt und lehnte sich an A´kebur. "Wieso denn nicht? Oder findest du das etwa schlimm?"
"Es hört nicht auf! Meist geht es weiter und dann muss ich dich auf der Krankenstation abgeben!"
"Ich bin ja fast versucht, das als Kompliment zu verstehen. Aber im Ernst: Wer hat dir eigentlich beigebracht, die einzige Art der Beziehung zwischen zwei Leuten bestünde nur aus Sex?"
A´kebur verzog das Gesicht. "Ich bin kein Mensch. Ich bin Klingone und Sex ist Kampf. Fortpflanzung ist Kampf. Eine Frau zu werben ist Kampf. Nichts anderes! Alles andere ist Illusion und man bleibt hinten an. Dann kommt eines Tages jemand und rammt einen ein Messer in den Bauch, weil man ein Schwächling ist."
"Es ist wirklich ein Wunder, dass es überhaupt noch Klingonen gibt bei so einer Einstellung." Etienne seufzte übertrieben. "Aber wie ich dir schon mal zu erklären versuchte: Vertrauen ist keine Schwäche. Und nicht jeder ist dein Feind. Ich bin es jedenfalls nicht."
"Sex ist Kampf", brummte A´kebur daraufhin nur.
"Aber wir reden überhaupt nicht von Sex. Wir reden von Beziehungen. Und die beinhalten mehr als Sex, wenn sie wirklich etwas bedeuten." Etienne lachte. "Ich gebe ja zu, für mich ist dieses Konzept auch Neuland, aber ich finde langsam Gefallen dran." Er wickelte sich eine von A´keburs langen Locken um den Finger und betrachtete, wie die Strähnen im dämmrigen Licht des Raumes schimmerten. Als er in A´keburs Augen schaute, sah er pures Unverständnis. Das Konzept von Beziehungen, die tiefer gingen, war ihm fremd. Dabei waren sie sich, wie Lakon richtig bemerkte, näher als jedes andere Wesen jemals sein konnte. "Wenn du mit Beziehung damit meinst, dass die Frau das Essen bereitet und die Kinder beschützt, während der Krieger kämpft und sie auf ihn wartet, dann habe ich kein Interesse an einer Beziehung."
"Davon rede ich ja auch nicht. Wir sind beide Männer und mit Nachwuchs ist auch nicht wirklich zu rechnen", Etienne zog belustigt die Augenbraue hoch, "Sieh es eher als eine Beziehung zwischen Kampfgefährten. Ohne den Kampf. Man steht Rücken an Rücken in schwierigen Zeiten und Seite an Seite in den Guten."
Das Konzept schien noch fremder zu sein. Kampfgefährten ja. Aber grobes Gerangel und grobe Freundschaft ließ sich nicht mit Kuschelattacken und Streicheleinheiten unter einen Hut bringen. Zumindest waren es für A´kebur widersprüchliche und unvereinbare Konzepte. "Menschen", brummte er.
"Yep, wir sind komisch, ich weiß. Aber damit musst du wohl leben. Wir haben auch unsere guten Seiten, weißt du?" Unbekümmert schloss Etienne die Augen; irgendwann würde er A´kebur begreiflich machen, was er meinte, und bis dahin musste er eben verwirrt bleiben. Dabei hatte er ganz sicher mehr verstanden, als ihm eigentlich bewusst war, denn er bewegte sich nicht und machte auch keine Anstalten zu fliehen - wobei die Hand in den langen Haaren wohl einen guten Teil beitrug, diesen Zustand für einen langen Zeitraum zu gewähren.
A´kebur entspannte sich ebenfalls. Wenn es auch nur daran lag, weil Etienne wirklich keinen Kampf, also Sex, suchte. Damit war das ärztliche Gebot eingehalten und Shana wurde nicht zum wütenden Derwisch.
Besagte Andorianerin fand sich ein paar Stunden später zur angedrohten Kontrolle ein und fand ihre beiden Schützlinge tatsächlich schlafend vor. Selbst A´kebur hatte seine Anspannung soweit abbauen können, dass er irgendwann eingedöst war. Er wurde aber gleich wieder wach, als er das leise Zischen der sich öffnenden Tür hörte.
Er sah Shana mehr oder weniger böse an. "Er will, dass ich bleibe", beschwerte er sich. "Und er sagt, dass er keinen Kampf will. Ich auch nicht. Aber ich weiß nicht, was ich hier soll."
Shana zuckte amüsiert mit den Fühlern. "So wie ich das sehe, machst du genau das, was du sollst und so unangenehm scheint es dir nicht zu sein."
"Ich darf ja auch nicht kämpfen!"
"Das kommt wieder früh genug, also genieß die Ruhe, klar? Nach all der Aufregung könnte man meinen, du wärst froh darüber." Shana zückte ihren medizinischen Tricorder und scannte Etienne, der immer noch nicht aufgewacht war. Die Werte schienen in Ordnung.
Den stieren Blick A´keburs ignorierte sie. Mit der Zeit würde der sich eine Muskelzerrung holen, wenn er sich nicht ganz entspannte. Dann würden ihre Körper weich zueinander fließen und niemand tat sich weh. So, wie er wieder im Moment dalag, wo sie ihn ausversehen geweckt hatte, war das aber ganz und gar nicht der Fall.
"Vertrau ihm", flüsterte Shana A´kebur zu. "Lass dich von ihm führen, wenn du nicht weißt, ob du deiner klingonischen oder deiner vulkanischen oder gar keiner Seite trauen sollst. Manchmal sind neue Erfahrungen die Antwort auf alte Fragen." Soviel Philosophie überforderte ihr Sorgenkind. Aber A´kebur hielt wohlweislich den Mund und zeigte damit zumindest soviel Geduld und Reife, wie man sie von einem Fähnrich erwartete. Wie es in seinem Inneren aussah, war eine andere Sache.
Shana ging wieder und A´kebur blieb mit sich und Etienne allein. Mit einem Seufzer fügte sich A´kebur darin, weiter so liegen zu müssen. Etienne ließ einfach seine Haare nicht los. Wollte er sie nicht abschneiden, musste er auf schwierige Weise Finger und verwirrte Strähnen voneinander trennen. Ohne Hilfe ging da gar nichts mehr.
Also gab er es vorerst auf. Außerdem würden sie den Rendezvouskurs mit der Enterprise bald erreichen. Irgendwann würde Etienne sowieso aufwachen müssen. Allerdings musste er nicht so lange warten. Etienne blinzelte und grinste A´kebur an.
"Sieh an, du bist nicht weggelaufen."
A´kebur bedachte ihn bei diesen Worten mit einem Blick, der wohl einfach nur Fassungslosigkeit verriet. "Du hast mich gefesselt. Entweder ich schneide mir die Haare ab oder ich trenne deine Hand vom Handgelenk."
"Das halte ich beides für keine gute Idee. Meine Hand brauche ich noch und deine Haare sind zu schön, um sie abzusäbeln."
Etienne ließ die Haarsträhne los und streckte sich; ihm ging es bedeutend besser. Vor allen konnte er jetzt endlich genau sagen, wo ihm noch was wehtat, der Rest war zu dumpfem Muskelkater verblasst.
"Hatte ich mir auch gedacht", brummte A´kebur und versuchte sich mit einem Ächzen aufzurichten. "Wir brauchen ein anderes Bett!", setzte er noch übel gelaunt hinzu.
"Wir?" Etienne grinste. "In der Tat. Hast du ein Größeres bei dir im Quartier?"
"Nein, ganz und gar nicht. Nur Paare haben eine etwas größere Gemeinschaftskabine. Auch nicht sehr viel Freiraum." A´kebur stand auf und bewegte sich steifbeinig. "Du bleibst hier und ich gehe trainieren."
"Meinetwegen. Vielleicht sollte ich mich mal präsentabel machen für die Herren Anwälte und Richter. Immerhin weiß ich ja immer noch nicht wirklich, wie meine Lage jetzt ist."
A´kebur blieb stehen. Ihm war das ganz und gar nicht recht. "Du sollst dich nicht aufregen, nicht bewegen und dich auf nichts vorbereiten", rief er. "Du hast im Bett zu liegen. Das hat Shana gesagt."
"Soll ich meinen Anwalt im Bett empfangen? Und überhaupt, wie soll ich das erklären?" Etienne schüttelte den Kopf. "Mir geht es schon viel besser. Für ein, zwei Stündchen werde ich aufstehen, danach lege ich mich auch brav wieder hin."
Seinen Worten Taten folgen zu lassen, klappte nicht ganz. A´kebur stand vor ihm und hatte die Arme verschränkt. Er sah nicht so aus, als wollte er weichen, damit Etienne sich feinmachen konnte.
"Du bist verletzt und du bleibst im Bett. Ich kann dich auch vertreten."
"So verlockend das Angebot auch klingt, ich glaube kaum, dass das geht", gab Etienne zurück, "funk mal Shana an; ihre Wut beschwöre ich sicher nicht herauf."
A´kebur tippte an Etiennes Brust. "Du hast einen eigenen!"
"Ich dachte, du wolltest mir helfen?" Etienne zog eine beleidigte Miene und berührte den Kommunikator an seinem Hemd.
"Krankenstation? Shana, hier ist Etienne. Wann treffen wir mit der Enterprise zusammen? Bis dahin muss ich aufstehfähig sein."
"Shana hier, das ist für dich keine wichtige Information. Wir treffen die Enterprise lediglich und fliegen mit ihr gemeinsam nach Charon 7. Du bleibst im Bett, Etienne. Es ist ein Rendezvous. Wir brauchen Verstärkung, um dieser Katastrophe Herr zu werden. Die Enterprise ist unsere Unterstützung. Dein Problem ist da erst einmal zweitrangig. Entschuldige, Etienne. Also hast du keinen Grund, meiner Fuchtel zu entfliehen." Shanas Stimme war bestimmt und freundlich. Aber ein gewisser Spott war auch zu hören.
"Du bist echt ein harter Brocken, weißt du das?" Etienne seufzte übertrieben. "Na schön. Aber tu mir den Gefallen und bring mich schnell wieder auf die Beine!"
"Och, dafür hatte ich eigentlich A´kebur engagiert. Ich passe nur auf, dass du brav deine Medikamente nimmst."
Etienne sah zu A´kebur hinüber. "Aha. Gut, ich wird’s mir merken. Etienne Ende." Er rollte sich wieder aufs Bett. "Ich hasse die Welt heute", brummte er.
"Du hast sie gerettet!" A´kebur setzte sich zu ihm auf die Bettkante. "Hättest du es sein lassen, dann müsstest du jetzt auch nicht gesundwerden."
"Ja ja. Es nervt trotzdem. Besonders, wenn du dich amüsieren gehst und ich hier festsitze."
A´kebur zuckte nur mit den Schultern. "Wenn du es so sehen willst! Schlaf gut!"
Ein Schwall nicht sehr feiner Ausdrücke auf Klingonisch, Romulanisch und Französisch folgte A´kebur aus dem Gästequartier.
Dieser suchte das Holodeck auf, was Etienne ihm wünschte war nun wirklich zweitrangig. Das gab sich von allein wieder. Problematischer war für A´kebur, dass er Etienne allein lassen musst. Doch noch etwas länger in dessen Nähe, würde ihn noch kribbliger machen, als er es sowieso schon war.
An Entspannung war dann überhaupt nicht mehr zu denken. Seine Nerven waren geradezu wund, wenn es um Etienne ging. Wenn er noch länger bei ihm geblieben wäre, hätte er nicht mehr zurückhaltend sein können, wie Shana es ihm aufgetragen hatte.
Voller Schwung begann er auf dem Holodeck mit dem Schattenboxen. Es war zwar nur ein imaginärer Gegner, aber das war kein schlechtes Training zum Aufwärmen. Die Spannung wich zudem auch so. Gut drei Stunden tobte der Klingone sich aus und hielt schließlich schweißgebadet und angenehm erschöpft inne. Lange würde dieser Zustand nicht halten und in einem echten Kampf auf Leben und Tod spielte das sowieso keine Rolle. Aber es genügte erst einmal.
Nach einer Verschnaufpause ging er in sein Quartier, um zu duschen und sich umzuziehen. Er zögerte kurz, dann ging er trotzdem zu Etienne, auch wenn es für ihn selbst nicht gut war. Er fand diesen immer noch auf dem Bett, ein altmodisches, papiernes Buch in der Hand. "Alexandre Dumas' gesammelte Werke, von Shana. Sie hatte letztendlich doch Mitleid mit mir", erklärte er.
A´kebur konnte nichts damit anfangen. Er kannte weder das Buch noch den Titel. Wenn es aber Etienne genügte, dann konnte er ja wieder gehen.
"Viel Vergnügen", wünschte er. Die Enterprise traf bald auf die Sovk, so dass er sich vielleicht von der Messe aus dieses majestätische Schiff aus der Nähe betrachten konnten. Im Gesellschaftsraum am Bug der Sovk hatten sich bereits einige Besatzungsmitglieder eingefunden, hauptsächlich die Nichtvulkanischen, um die Enterprise zu bewundern, als sie neben der Sovk einschwenkte. Mit der Eleganz eines Lebewesens glitt das Flaggschiff von Starfleet neben der Sovk her.
"Oh, A´kebur!" Maggie Sullivan aus der Technik begrüßte ihn begeistert. "Wir fragten uns schon, wo Sie stecken. Ist die Enterprise nicht traumhaft? Ich wünschte, sie würden mich anfordern, aber Captain Picard nimmt wohl nur die Besten."
"Starfleet nimmt nur die besten Leute!", meinte Dave. "Wir sind die Besten und wir müssen uns nicht schämen. Die Sovk ist das bedeutendste, wissenschaftliche Schiff in der Föderation. Wir haben schon einige Sachen erforscht. Doch hier geht es um mehr. Ich schätze, die Sovk ist zu klein, um einen ausreichenden Schild aufzubauen. Die Enterprise ist da stärker."
"Dennoch, es ist das Flaggschiff und riesig im Vergleich zur Sovk!", wandte Maggie ein und beäugte weiterhin die Enterprise, "das ist einfach was anderes."
"Ja, ist es. Ich gebs zu!", brummte Dave.
A´kebur konnte ihm da nur stumm beipflichten. Die Enterprise war ein gewaltiges Schiff und es war eine große Ehre, auf einem solchen dienen zu dürfen. A´kebur rechnete nicht damit, jemals diese Auszeichnung zu erhalten. Er war dafür nicht gut genug. Zudem stand ihm sein Charakter und sein Temperament vollkommen im Weg, um die Karriereleiter aufsteigen zu können. An seine letzten Eskapaden wollte er gar nicht denken. Wie sich das in seiner Beurteilung niederschlug, brauchte er nicht zu erraten. Es gab zwar auch Fähnriche, die auf der Enterprise dienten, aber es war immer eine Auszeichnung für besondere Leistungen. Zu solchen Fähnrichen gehörte er einfach nicht.
Natürlich war die Sovk ein ausgezeichnetes Schiff mit wichtigen Missionen, aber vom Dienst auf der Enterprise konnte man nur träumen. Andererseits musste es ja auch immer Ansporn geben, sich zu verbessern.
Noch eine Weile standen die drei am Aussichtsfenster. Schließlich traute sich Maggie zu fragen, was auch alle anderen offensichtlich brennend interessierte, seit A´kebur wieder da war. "Sagen Sie, A´kebur, wo waren Sie eigentlich? Und was ist da auf Varaas und Charon passiert?"
A´kebur zuckte spürbar zusammen. "Weiß ich nicht", stammelte er. "Nichts, was nicht im Logbuch steht!"
"Aber Sie wissen doch ganz sicher was!", beharrte Maggie, "Sie waren plötzlich verschwunden und dann all diese seltsamen Vorkommnisse! Und Shana sagte, wir hätten auch noch einen wichtigen Gast an Bord ..."
"Meinen Gefährten", brummte A´kebur. "Er hatte das Artefakt."
Maggie und Dave starrten ihn überrascht an.
"Wirklich?", hakte Letzterer nach, "Oh Mann, dann hat er ja mitten in diesem Schlamassel gesteckt."
"Von wegen, Sie wissen nichts", entrüstete sich auch Maggie, "dürfen wir ihn kennen lernen? Ich bin neugierig!"
A´kebur sah von einem zum anderen und wirkte dabei so, als wäre er vollkommen überrumpelt.
"Nein!", antwortete er. "Nein, ihr könnt ihn nicht kennenlernen. Das geht nicht!"
"Und warum nicht?", wollte Maggie auch prompt wissen.
"Weil, weil ...", A´kebur kämpfte mit einer Antwort, ohne auf einen Nenner zu kommen. "Es geht einfach nicht!", stieß er aus. "Er ist krank."
"Shana meinte aber, sie hätte ihn aus der Krankenstation entlassen, also kann es doch nicht so schlimm sein. Wir benehmen uns auch, versprochen."
"Ich ..." Nur mit einem tiefen Seufzer konnte sich A´kebur dazu durchringen, diesen Wunsch nicht einfach rundweg abzulehnen. "Er ist im Gästequartier. Er wird sich wohl über einen Besuch freuen."
"Dachte ich es mir doch!" Maggie grinste. "Dave, kommst du mit? Wir gucken uns A´keburs Freund mal an. Bis später!" Und weg waren sie.
In ihrer Begeisterung stand sie Shana wirklich in nichts nach, kein Wunder, dass die beiden jungen Frauen befreundet waren. Dave sah ihr kopfschüttelnd hinterher und folgte ihr dann langsamer.
A´kebur blieb befremdet zurück. Etienne war kein Tier im Zoo, das man anschauen konnte. Sie sollten ihn nicht besuchen. Sie sollten ihn überhaupt nicht besuchen. Niemand! Doch er konnte sie schlecht zurückhalten. Und vielleicht freute sich Etienne auch darüber.
Von daher konnte er es schlecht verbieten, auch wenn er es am liebsten getan hätte. Kurz blieb A´kebur noch am Fenster stehen, dann wandte er sich zum Gehen.
Besser, er machte sich irgendwie nützlich, um sich über dieses merkwürdige Gefühl von Besitzanspruch nicht weiter ärgern zu müssen.
Zielsicher fand er den Weg in den Maschinenraum. Auf dem Schiff gab es nicht viele Orte, wo er hätte hingehen können und wollen. So unauffällig es ging, sah er sich um, ohne jemanden zu stören.
Die Mannschaft arbeitete gewohnt effizient und präzise. Er vermisste es. Aber gleichzeitig fühlte er sich nicht in der Lage, auch nur einen Handschlag zu tun, wenn er wusste, dass Etienne ...
A´kebur würgte den Gedanken ab, ehe er ihn zu ende denken konnte. Obwohl das Fieber in ihm erloschen war, konnte er sich nicht beherrschen. Es war eine Kraft, die er nicht kannte und nicht bezähmen konnte.
"Fähnrich A´kebur?", hörte er eine kühle Stimme hinter sich. Es war Chefingenieurin T'Kash. "Was tun Sie hier unten? Captain Lakon informierte mich darüber, dass Sie bis auf weiteres vom Dienst befreit sind. Haben Sie die offizielle Gesundmeldung von der Krankenstation erhalten?"
"Nein, Ma´am. Ich wollte nur schauen. Ich werde nichts tun. Kann ich hier bleiben?", versuchte A´kebur einen Aufschub.
Die Vulkanierin musterte ihn kurz. "In Ordnung. Aber ich erkläre mich nicht für verantwortlich, falls Sie Komplikationen mit der Ärztin bekommen."
A´kebur hob eine Augenbraue. "Ich werde mit Shana zurechtkommen. So lange ich nicht arbeite, wird sie nichts sagen."
"Wie Sie wollen." T'Kash drehte sich auf dem Absatz um und ignorierte ihn. A´kebur war erleichtert. Der vertraute Geruch und die Umgebung war für ihn beruhigender als jedes Hypospray.
Sie flogen mit Höchstgeschwindigkeit. Er konnte es an den Anzeigen sehen. An den Sternen die Geschwindigkeit abzuschätzen, war möglich. Aber die Anzeigen waren präziser. Sie würden Charon 7 bald erreichen. Dann würde endlich alles wieder in Ordnung kommen. Der Preis dafür jedoch war Etienne, der freigesprochen, aber genauso gut verurteilt werden konnte.
Und dann ...
Was war dann?
A´kebur hatte keine Vorstellung davon, was dann sein würde. Er konnte sich nicht vorstellen, mit Etienne zusammen zu leben. Doch der Schmerz, wenn er daran dachte, dass er ihn nicht sehen und berühren konnte, war unerträglich.
Etienne saß noch immer über den geborgten Büchern, als es an der Tür summte. "Ja?", gewährte er Einlass. Alles war besser, als hier herumzugammeln und vielleicht hatte man ja endlich Neuigkeiten für ihn.
Die Tür ging auf und eine kleine Gruppe von Menschen drängte sich davor.
"Hallo, wir sind Freunde von A´kebur und wir waren so neugierig und wollten Sie kennen lernen. Dürfen wir eintreten?"
"Sicher doch." Etienne musterte die drei Neuankömmlinge: eine Frau und zwei Männer, alle spontan sympathisch wirkend. "Und ich dachte, abgesehen von Shana, hätte er hier überhaupt keinen Anschluss. Das hört man also gerne."
Die Truppe suchte sich einen Platz und drängte sich gekonnt in die Kabine. Trotzdem war jetzt jeder freie Platz belegt. "Na ja, so einen Freund wie ihn lässt man sich nicht entgehen", meinte Dave. "Wir sollten uns aber vorstellen. Also ich bin Dave Michaels, das ist Maggie Donavan und der auf dem Boden hört auf den Namen Takehito Nagano. Mit wem haben wir die Ehre?"
"A´kebur hat Ihnen nicht mal gesagt, wie ich heiße?" Etienne lachte. "Ich bin Etienne Duval. Das Captain trifft leider nicht mehr zu, weil mir mein Schiff abhanden gekommen ist."
"Ah Sie sind Captain, okay, ohne Schiff!" Maggie war begeistert. "A´kebur ist leider nicht sehr gesprächig. Aber ich glaube, es hat ihn schon genug Überwindung gekostet, uns die Erlaubnis zu geben, dass wir Sie überhaupt mal sehen dürfen. Wie man ja so hört, sind Sie die Hauptperson bei der Rettung des Universums."
"Naja, man könnte es auch weniger dramatisch formulieren, das mit dem Universum retten", meinte Etienne schmunzelnd, "und A´kebur scheint ja seinen Job etwas zu ernst zu nehmen, mich vor zuviel Aufregung bewahren zu wollen."
"Oh, ich glaube, er hatte andere Probleme", meinte Takehito.
"Ja? Und welche?" Jetzt war Etienne neugierig.
Dave sah ihn genauso fragend an. Aber Maggie schien zu verstehen. "Also, wenn ich es nicht besser wüsste", meinte sie, "könnte man meinen, er wäre eifersüchtig. Ja, ich glaube, das trifft es."
Dave wirkte für einen Moment ratlos. Dann jedoch nickte er. "Macht Sinn, wenn man ..." Er räusperte sich.
Etienne sah zwischen seinen Besuchern hin und her. A´kebur und eifersüchtig? Er hätte es ja eher als besitzergreifend bezeichnet, aber unter dieser Warte machte es ebenfalls Sinn. Und er konnte nicht verhindern, das wieder einmal süß zu finden, entgegen aller Ratio. "Soso, Sie meinen also, er hätte Grund dazu, ja?"
"Na, so war das nicht gemeint. Hat auch niemand gesagt", wehrte Dave ab. Die zweideutige Bemerkung musste ja nun nicht sein.
Aber Etienne lachte nur. "Ich sehe schon, A´kebur ist bei Ihnen allen in guten Händen. Und ich hörte, ihr habt ihn zum Pokern drangekriegt?"
"Ja, aber das war wohl eher Shana", meinte Maggie. "Aber da Sie ihm den letzten Schliff verpasst haben, hat er uns letztens ausgenommen wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans."
"Entschuldigung dafür, aber er hat es leider viel zu schnell gelernt. Was machen Sie denn sonst so in Ihrer Freizeit hier auf dem Schiff?", erkundigte er sich.
"Naja, soviel ist da nicht. A´kebur benutzt das Holodeck, um zu trainieren. Meist macht er das mit Shana. Aber so lange ist er noch nicht an Bord. Wir machen das ähnlich so. Sonst ist hier nicht so viel. Es gibt auf dem Schiff mehr Vulkanier, die ihre Freizeit damit verbringen, logisch zu sein", brummte Dave.
"Muss ja ziemlich langweilig werden. Aber gut zu wissen, dass es Holodecks gibt, falls ich hier noch länger festsitze." Wer wusste schon, was als Nächstes kam, abgesehen von der Möglichkeit, doch noch in den Bau zu wandern oder gleich mit den Wissenschaftlern mitzugehen.
"Naja, so schlecht ist es auch nicht", beschwichtigte Maggie. "Natürlich, wenn man nichts zu tun hat, ist es ziemlich öde."
"Wem sagen Sie das? Ihr Besuch hier ist meine Rettung heute."
"Was dürfen Sie denn machen? Ich meine, außer Herumliegen!", fragte Takehito.
"Nicht viel. Kein Herumlaufen, keine Aufregung, was immer das beinhalten mag. Sie haben nicht zufällig gute Ideen?" Er sah die drei erwartungsvoll an.
"Poker", rief Maggie begeistert.
"Sicher? Dann aber nur zum Spaß, ich will Sie nicht arm machen", gab Etienne zurück, von der Idee angetan.
"Ah, so schlecht sind wir nicht", mischte sich Dave ein. "Wir sind eine perfekte Runde. Vier Spieler. Lasst uns spielen!"
Etienne angelte aus dem Regal hinter sich eine Packung Karten - egal, wo er war, er hatte sie immer dabei - und begann zu mischen. Der Nachmittag war damit vorerst gerettet.
Lakon zeichnete den Bericht ab. Noch einen Tag mit Höchstgeschwindigkeit nach Charon 7. Je näher sie dem Planeten kamen, umso höher wurde die Strahlung. Noch immer analysierten die Wissenschaftler die Art der Strahlen. Sie schafften es jedoch nur, festzustellen, was mit dem Leben passierte.
Auf Materie wirkte die Strahlung über kurz oder lang wie ein großer Stampfer. Das Pulver wurde dann heiß. Was dann geschah, konnten sie jedoch auch nicht mehr sagen.
Noch immer hatte man die Hoffnung, die wenigen, noch überlebenden Bewohner von Charon 7 irgendwie retten zu können, bevor die Strahlung sie vollends schädigte; die Wissenschafts- und Krankenstationen der beiden Raumschiffe arbeiteten bereits gemeinsam an dem Problem. Nun erwartete Lakon noch ein Com-Signal von der Enterprise, um zu hören, ob man dort weitere Möglichkeiten gefunden hatte.
"Die Enterprise", informierte ihn sein Kommunikationsoffizier.
"Hier Captain Lakon, Captain Picard?"
"Hier Picard", meldete sich der Captain der Enterprise, "meine Offiziere haben einen detaillierten Plan ausgearbeitet, um die Überlebenden auf Charon so schnell wie möglich medizinischer Versorgung zukommen zu lassen und des Weiteren das Strahlungsfeld einzudämmen. Wir werden Ihnen die Daten schicken, damit wir von beiden Seiten des Planeten operieren können."
Lakon schaute sich die Informationen. "Danke. Können Sie feststellen, ob die Strahlung in der Simulation nachgelassen hat? Laut unseren Sensoren stagniert sie."
"Laut unserer ebenfalls, aber mein Wissenschaftsoffizier vermutet aufgrund der Radiationskurve, dass die Strahlung erst in circa zwei Wochen abfallen wird. Um den Prozess zu beschleunigen, müssen wir allerdings die Quelle finden", erklärte Picard, "wir modifizieren bereits unsere Sensoren dafür."
"Sie muss sich unter der Ausgrabungsstelle befinden. Wobei Fähnrich A´keburs Simulation einen Wahrscheinlichkeitsfaktor enthält. Dieser muss neu gesetzt werden." Lakon gab einen Vorschlag ein und sandte ihn Picard.
"Entsenden Sie am Besten besagten Fähnrich in unsere Wissenschaftsabteilung, Captain" schlug Picard vor, "je enger unsere Crews zusammenarbeiten, umso schneller finden wir Antworten."
"Fähnrich A´kebur befindet sich im Moment nicht im Dienst. Seine Leistungsfähigkeit wird von der medizinischen Abteilung als eingeschränkt eingeschätzt." Lakon sandte einen groben medizinischen Bericht an die Schiffsärztin der Enterprise. "Sollte sich sein Zustand verschlechtern, muss er wieder zurück an Bord der Sovk. Ich werde ihn rüberschicken."
"Natürlich. Falls sich noch weitere Änderungen ergeben, werde ich Ihnen sofort Bescheid geben. Picard Ende." Die Com-Verbindung wurde unterbrochen, und Lakon wählte eine Neue zum Kommunikator seines Neffen. "Fähnrich A´kebur?"
"Sir?", meldete sich A´kebur. Er richtete sich unbewusst auf. Er hatte fast geträumt, als er der Mannschaft im Maschinenraum stumme Gesellschaft geleistet hatte.
"Melden Sie sich in einer halben Stunde im Transporterraum. Sie werden hinüber zur Enterprise gebeamt, um die dortigen Nachforschungen zu unterstützen. Lakon Ende."
Wie vom Donner gerührt, stand A´kebur da. Er sollte auf die Enterprise? Er musste sich verhört habe! A´kebur sah sich um. Niemand beachtete ihn. So wie es schien, gehörte er mittlerweile zum Inventar. Ein Wunder, dass niemand bisher versucht hatte, ihn in eine Schublade zu stecken. Kurz sah er an sich herab. Er war nicht in Uniform. Wenn er zur Enterprise sollte, war es besser, er warf sich in die richtige Schale.
In Rekordgeschwindigkeit kehrte er in sein Quartier zurück und zog sich um. Kurz erinnerte er sich noch daran, dass der einzige Vollklingone von Starfleet auf der Enterprise diente und wusste nicht recht, ob er diesem gegenübertreten konnte und wollte. Es war ein irritierender Gedanke, einem Klingonen zu sehen, der eine Uniform von Starfleet trug.
A´kebur betrachtete sich im Spiegel. Er würde nicht zulassen, auch nur zu erwägen, dass er Angst haben könnte. Es war eine ewige Zeit her, wo er sich einem Krieger stellen musste. Aber er war auch kein Niemand. Und er würde nicht zulassen, dass ihn jemand dazu machte. Entschlossen reckte sich sein Kinn nach vorn.
Knapp drehte er sich auf seinem Absatz und ging zu Etiennes Quartier. Er fand seinen Bindungspartner mit einem äußerst zufriedenen Gesichtsausdruck. "Du hast hier wirklich klasse Freunde", begrüßte er A´kebur, "Und gute Verlierer dazu."
"Was hast du getan?", fragte dieser ihn einigermaßen entsetzt.
"Poker mit ihnen gespielt. Aber nur auf ihren Vorschlag hin", gab Etienne zurück, "wir hatten wirklich Spaß. Sie wollen morgen wieder vorbeikommen."
"Und dann ziehst du sie aus?"
"Wir haben nur um Spielchips gespielt, keine Sorge. Strippoker spiel ich nur mit dir."
A´kebur wurde grün um die Nase. "Werde erst einmal wieder gesund, bevor du an irgendetwas denkst, was mit Kampf oder Sex zu tun hat. Ich wollte nur sagen, dass ich auf die Enterprise gehe. Ich weiß nicht, was ich da soll. Sicher ist es nur ein Irrtum. Ich bin ein unbedeutender Fähnrich. Sicher soll ich nur jemandem von der Wissenschaft assistieren."
"Aber, wenn ich es richtig mitbekommen habe, hast du dazu beigetragen, das ganze Chaos aufzudecken", gab Etienne zurück, "also ist es nicht so verwunderlich. Und du bist immer noch repräsentativer als ich."
"Aha", murmelte A´kebur wenig begeistert, "die sollten sich jemand anderen suchen."
"Wenn sie dich wollen, dann aus gutem Grund. Geh also rüber auf die Enterprise und benimm dich!" Etienne schmunzelte. "Der Captain ist übrigens ein Landsmann von mir, gewissermaßen, also kann es da drüben nur ein guter Laden sein."
"Landsmann? Was meinst du?" A´kebur zupfte am Ärmel seiner Uniform, weil sie auf einmal nicht mehr richtig saß.
"Na, unsere Vorfahren sind Franzosen. Mit einer langen Tradition ausgezeichneter Strategen." Etienne musterte A´kebur kritisch. "Vielleicht solltest du deine Haare zusammenbinden, das sähe seriöser aus."
"Ich haben nichts." A´kebur tastete an sich. "Ich hole mir ein Band aus meinem Quartier. Shana wird auf dich aufpassen. Ich gehe dann mal."
Etienne sah ihm hinterher. Das klang ja, als wäre er ein Hund! Seufzend lehnte er sich im Bett zurück und knurrte unzufrieden. Wann wurde er endlich wieder für mobil erklärt? Er nahm sich vor, Shana nachher deswegen zu beknien. Für irgendwas musste sein Charme ja gut sein.
Vor Etiennes innerem Auge erschien ungebeten A´keburs fast gequält zu nennende Miene. Nein, er konnte ihm nicht böse sein. Und wenn er jetzt vorerst auf die Enterprise ging...
Kurzerhand stand Etienne auf, verließ sein Quartier und lief hinter A´kebur her. Zum Glück waren die Gänge zu dieser Zeit nicht sonderlich belebt. "Hey, warte mal."
A´kebur wandte sich um. Sein Gesicht verfinsterte sich. "Du sollst doch nicht ..."
"Egal. Viel Glück da drüben, ja?" Etienne stellte sich auf die nackten Zehenspitzen und küsste A´kebur. Sein Gefährte versteifte sich deutlich und atmete eine Sekunde später ein wenig schwerer. Ganz vorsichtig trat er zurück.
"Danke", flüsterte er. "Pass auf dich auf!"
"Mach ich doch immer." Etienne lächelte und schob A´kebur spielerisch zum Turbolift, um ihm, bevor sich die Türen schlossen, einmal auf den Hintern zu klopfen. Er sah noch, wie A´kebur sich erbost umdrehte. Der Ruf, den hörte er auch noch.
Er konnte sich auch lebhaft vorstellen, wie sein Gefährte jetzt aussah.
A´kebur selbst kämpfte etwas um Fassung. Dann musste er jedoch breit grinsen. Er wusste nicht, ob ihm Etienne jemals verzeihen würde, aber offenbar hatte er weniger Befürchtungen, ihm nahe zu kommen, als er selbst an Ängsten pflegte.
Und das konnte nur ein Schritt in die richtige Richtung sein. Merklich erleichtert ging A´kebur in sein Quartier und zähmte seine Mähne mit einiger Mühe in einen annehmbaren Zopf. Er machte das eigentlich nur sehr selten und kam sich dabei immer etwas komisch vor.
Shana erwartete ihn kurz darauf im Transporterraum. Sie sah gar nicht auf, als er eintrat, sondern scannte seinen Körper.
"Ich bin in Ordnung", meinte er. "Etienne ist jedoch unruhig. Er will raus aus dem Bett."
"Das glaube ich gern. Aber er muss sich noch schonen." Shana grinste. "Ich mach das schon. Viel Erfolg drüben, und mach uns keine Schande, ja?"
"Aye, Ma´am!" A´kebur nahm kurz Haltung an, dann ging er auf die Plattform. "Energie!", befahl er.
Kurz darauf fand er sich im Transporterraum der Enterprise wieder. Die gedämpften Farben waren die gleichen wie auf der Sovk, aber der Raum war deutlich größer und verriet damit schon hier die Großzügigkeit des ganzen Schiffs.
An der Transporterkonsole stand ein Offizier der Technik mit lockigen Haaren und einem breiten, gutmütigen Gesicht. "Fähnrich A´kebur? Willkommen an Bord. Ich bin Transporterchief O'Brien. Ich bringe Sie zur wissenschaftlichen Abteilung. Commander Data und Chefingenieur LaForge brauchen Ihre Assistenz."
A´keburs Blick sprach Bände, aber O´Brien ging darauf nicht ein, daher antwortete er nur: "Aye, Sir. Danke Sir!"
A´kebur folgte O´Brian. Die Enterprise hatte noch größere Gänge als die Station Deep Space 13. Und es gab sogar noch mehr Rassen, die auf ihr dienten, als alle Durchreisenden der Station zusammengenommen. A´kebur war neugierig. Aber er bezähmte sich, war seine Aufgabe doch eine andere.
Ein paar Turboliftfahrten und Gänge später kamen sie im Maschinenraum an. Offiziere liefen beschäftigt hin und her, und am Planungstisch standen der Chefingenieur, ein dunkelhäutiger Mensch mit einer merkwürdig aussehenden Sehhilfe und ein Offizier der Wissenschaft, der irgendwie künstlich aussah. Die Haut des Wesens war blassgelb und die Augen genauso irritierend wie die von dem dunkelhäutigen Mann. A´kebur wusste, dass er Data und LaForge vor sich hatte. Sie waren schon jetzt Legenden. Ein jeder auf seine Weise.
A´kebur blieb im gebührenden Abstand stehen und wartete. "Sirs!", grüßte er.
"Fähnrich A´kebur, da sind Sie ja." Commander LaForge lächelte ihn entwaffnend an.
"Wir haben uns Ihr Modell gründlich angesehen und schon daran weitergearbeitet, aber können Sie uns erklären, wie Sie überhaupt auf diese Parameter gekommen sind", fügte Commander Data an und legte auf fast vulkanische Weise den Kopf schief. "Ihre Ideen sind höchst faszinierend."
"Es war nur ein gedankliches Konstrukt eines alternativen Antriebes. Nichts weiter. Die Strahlung des Planeten entsprach jedoch der fiktiven Strahlung dieses fiktiven Antriebs. Es war nur Zufall", meinte A´kebur. "Daran ist nichts Faszinierendes."
"Trotzdem hilft es uns jetzt weiter. Kommen Sie!" LaForge winkte A´kebur zum Planungstisch, und die drei Männer versanken in ihrer technischen Diskussion. Binnen kurzer Zeit hatten Sie einen Plan ausgearbeitet, um die Quelle der Strahlung lokalisieren zu können.
A´kebur legte die Hand auf die Ausgrabungsstelle. Er sah sich alles noch einmal so an, als hätte er die ganze Diskussion nicht geführt. Warum hatte er nur so ein merkwürdiges Gefühl?
"Ist Ihnen noch etwas aufgefallen?", hakte LaForge nach, "Natürlich können wir erst vor Ort sehen, ob unsere Modifikationen stimmen, aber vorerst ...“
"Charon 7 ist ein tödlich gewordener Planet. Er war noch nie besonders gastlich. Die Strahlung kann einen wahnsinnig machen", erklärte A´kebur. "Je mehr wir hier feststellen, um so eher werden wir Erfolg haben. Aber ich glaube nicht, dass die Ausgrabung alles ist. Es ist zu wenig. Es gibt zwei Planeten, die einen in Schach halten, auf dem eine unbekannte Energiequelle außer Kontrolle gerät, sobald die Wächter nicht mehr ihre Aufgabe erfüllen. Da ist noch mehr!"
"Was genau meinen Sie?", fragte Data, "Wir haben alle in Frage kommenden Daten berücksichtigt."
A´kebur sah ihn ratlos an und schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht. Manchmal sieht man nicht alles, weil man alles sieht."
Data sah verwirrt aus, aber LaForge nickte. "Wir werden alles noch einmal prüfen. Wir können es uns nicht leisten, etwas zu übersehen."
A´kebur lehnte sich zurück.
Er ließ seinen Blick verschwimmen. Obwohl er viel und lange geruht hatte, fühlte er sich müde und ausgelaugt. Offenbar war sein Zusammensein mit Etienne anstrengender gewesen, als er sich selbst eingestehen wollte. Shana hatte ihm nicht gesagt, wie und unter welchen Umständen sie ihn gefunden hatten. Sie schwieg und er hatte nicht den Eindruck, dass sie ihn darüber informieren wollte. Für ihn war es nur ein wirrer, surrealer Traum ohne Anfang und Ende in ständiger Angst, das Leben unter seinen Händen zu verlieren - in jeglicher Hinsicht. Und das Band zu zerstören, das ihm etwas gab, das er ihn selbst an Leben hielt, während er nicht einmal genau sagen konnte, wie es überhaupt funktionierte. Es war nur Gewissheit. Ein tiefes, inneres Wissen.
"Fähnrich, geht es Ihnen gut?", wurde er abrupt aus seinen Gedanken gerissen, "Vielleicht sollten Sie eine Pause machen? Laut dem Bericht wurden Sie gerade erst wieder für eingeschränkt diensttauglich erklärt." Commander Data schien so etwas wie Takt in diesem Moment fremd zu sein.
A´kebur riss die Augen auf. "Mir geht es gut!", erwiderte er. "Und meines Wissens bin ich noch nicht für diensttauglich erklärt worden. Dr. Shana hat mir lediglich die Erlaubnis gegeben, an Bord der Enterprise zu kommen."
"Trotzdem sollten Sie es nicht übertreiben. Wir werden auch gleich erst mal Mittagspause machen", beschloss Commander LaForge diplomatisch, "kommen Sie mit nach Zehn Vorne? Dort ist die schönste Aussicht auf dem ganzen Schiff und das mit Abstand beste Essen."
A´kebur war damit einverstanden.
Gemeinsam gingen sie in die schönste Lounge, die wohl jemals bei Starfleet in ein Schiff eingebaut worden war. A´kebur musste zugeben, dass er noch nie ein beeindruckenderes Panorama gesehen hat. Dafür war er nach Starfleet gegangen. Das wusste er in diesem Moment. Die Kraft eines Raumschiffs unter seinen Füßen. Der Antrieb, der den winzigsten Befehlen gehorchte. Mit der lautlosen Eleganz eines wunderbaren Geschöpfes in der unendlichen Schwärze des Alls. Das war es, was er gewollt hatte.
"Jeder, der zum ersten Mal nach zehn Vorne, kommt muss diese Aussicht bewundern", ließ sich plötzlich eine dunkle und weiche Frauenstimme hinter A´kebur vernehmen, "aber auch für mich verliert es nie seinen Reiz. " Der A´kebur drehte sich um und sah hinter sich eine kleine, dunkelhäutige Frau in einem leuchtend bunten Kleid stehen. Auf dem Kopf trug sie einen seltsam geformten Hut, und obwohl sie nicht alt aussah, gewann er doch den Eindruck, dass sie weitaus mehr gesehen hatte, als es ihm in einem ganzen Leben möglich sein würde. Breit lächelnd reichte sie ihm ein Glas mit einem blauschimmernden Drink darin.
A´kebur nahm es und roch misstrauisch daran. Dann trank er es mit einem Zug leer.
LaForge sah ihn erstaunt an. "Sie sollten keinen Drink auf einmal schlucken, wenn Sie ihn nicht kennen!", riet er.
A´kebur sah ihn kurz an und nickte dann Guinan zu. "Sie verstehen Ihr Handwerk. Er ist perfekt. Kann ich noch einen bekommen?", fragte er.
"Natürlich", die Barkeeperin der Enterprise schwebte zurück zu ihrer Bar, um einen zweiten Drink zu mixen. Geordi schüttelte den Kopf. "Sie sieht den Leuten praktisch an, was sie trinken wollen", erklärte er, "Was hat sie Ihnen gegeben, nur so aus Neugier?"
"Ich kann den Namen nicht aussprechen", gestand A´kebur. "Aber ich kenne den Geruch. Nur Angehörige ihres Volkes kennen das Rezept. Sie verraten es jedoch niemandem."
"Ah ja. Worf jedenfalls hat sie mal Pflaumensaft gegen und seitdem ist er begeistert davon... ah, Worf, hallo!" Geordi hob die Hand und gegrüßte den Klingonen, der soeben Zehn Vorne betrat. Obwohl A´kebur ihm in Statur und Größe in nichts nachstand, waren die Unterschiede zu Lieutenant Worf dennoch frappierend: Dieser war jeden Zoll ein Vollblutklingone mit Bart, kantigen Zügen, ausgeprägtem Stirnwulst und dunklen, wachsamen Augen.
"Commander", grüßte er LaForge mit dunkler Stimme und musterte A´kebur.
A´kebur senkte nicht seinen Blick. Er nahm nur Haltung an, wie es seiner Position geziemte. "Sir", grüßte er.
"Sind Sie von der Sovk herübergekommen?", wollte Worf wissen, ohne dass sein Blick weniger finster geworden wäre, "ich habe schon einiges von Ihnen gehört, Fähnrich."
"Aye, Sir. Ich bin von der Sovk. Fähnrich A´kebur."
"Möge Kahless' Ruhm ewig währen[1]", knurrte Worf auf Klingonisch und ging hinüber zur Bar.
Commander LaForge atmete merklich auf. "Er hat schlechte Laune, weil die Sicherheitsmaßnahmen nicht nach seinem Plan verlaufen", erklärte er, "sonst ist er gesprächiger."
A´kebur schwieg zu dieser Feststellung. Was wusste er von Lieutenant Worf? Er war genauso eine Legende wie die Männer vor ihm. Erster und einziger reinrassiger Klingone bei Starfleet. Krieger und sogar im Klingonischen Reich anerkannt. Etwas, was A´kebur wohl niemals erreichen würde.
Zu viele vulkanische Eigenschaften schlummerten in ihm und kamen zu den ungeeignetsten Augenblicken hoch. Das zu leugnen war unsinnig geworden. Die letzten Wochen und Monate waren eindeutig gewesen.
Guinan stellte sich vor ihn und reichte ihm dabei gerade bis zur Brust. Seltsamerweise brauchte sie keine körperliche Größe, um A´kebur sich kleiner fühlen zu lassen. Es war etwas anderes, was sie ihm dieses Mal reichte. Erstaunt sah er sie an.
"Was ist das?", fragte er.
"Probieren Sie es", meinte sie nur mit einem geheimnisvollen Lächeln.
A´kebur nahm einen großen Schluck. Es prickelte, schmeckte herb und süß zugleich und war erfrischend. "Schmeckt gut!", konstatierte er. "Es ist nicht alkoholisch."
"Nein. Trotzdem nennt man es Ale. Ginger Ale."
Geordi verkniff sich ein Grinsen bei Guinans unschuldiger Erklärung. "Es ist ein Modegetränk von der Erde, ein über dreihundert Jahre altes Rezept."
A´kebur nickte bedächtig. Er fand es ausgezeichnet und trank dankbar den Rest. Es löschte seinen Durst und war einfach angenehm. "Ich werde mir den Namen merken", versprach A´kebur.
Guinan lächelte wieder. "Bringen Sie das nächste Mal Ihre andere Hälfte mit", meinte sie und verschwand wieder hinter ihrem Tresen.
"Meine andere Hälfte?" A´kebur sah ihr verwirrt nach. Er verstand überhaupt nichts. Warum konnten El-Aurianer nicht einfach sagen, was sie wollten? Aber dieser Gedanken wurde abgelöst von etwas sehr viel Dringenderem. Er hatte Hunger.
Aber Geordi hatte zumindest schon mal einen Tisch belegt und zeigte A´kebur den Nahrungsspender auf der anderen Seite des Raumes. "Bedienen Sie sich!"
A´kebur bestellte blutiges Schweinesteak und ein Teller voll Tlhllm`qach[2].
Data legte den Kopf schief, kommentierte die Wahl jedoch nicht. Irgendwie war ihm nicht entgangen, dass dieser Fähnrich seltsam war. Anders noch als Worf.
"Wenn Sie mir die Frage erlauben, Fähnrich: in welcher Weise wirkt sich Nahrung von dieser Konsistenz auf ihre Geschmacksrezeptoren aus?", fragte er A´kebur.
Geordi grinste in sein Glas. A´keburs Gesichtsausdruck war einfach göttlich.
"Was meinen Sie mit Konsistenz und meinen Geschmacksrezeptoren? Warum soll sich das auswirken?"
"Er will wissen, wie es Ihnen schmeckt, Fähnrich", half ihm LaForge auf die Sprünge.
A´kebur sah von LaForge zu Data und wieder zurück. "Und warum fragen Sie das nicht so? Es schmeckt gut. Sie können es ja selbst probieren. Aber Menschen mögen selten rohes Fleisch. Es gibt ein paar Rezepte. Doch das ist mit dem hier nicht zu vergleichen. Es schmeckt jedoch nicht so wie klingonische Gerichte."
"Aha. Faszinierend. Können Sie die Art des Geschmacks näher artikulieren? Sind gewisse Emotionen damit verbunden?", bohrte Data ungerührt weiter.
"Äh", A´kebur wusste nicht, was das sollte. Er hatte Hunger! Ratlos schob er Data den Teller zu. "Essen Sie doch selbst!"
"Ich fürchte, mein Positronengehirn ist nicht darauf angelegt, derartige Eindrücke so wiederzugeben, wie Ihr Gehirn dazu imstande ist. Daher bin ich auf Informationen aus zweiter Hand angewiesen. Außerdem ..."
"Data, lassen Sie Fähnrich A´kebur in Ruhe essen! Ich glaube, er bekommt auch so genug Fachgespräche an diesem Tag", unterbrach Geordi seinen Freund gutmütig. "Aber was mich interessieren würde, Fähnrich, warum haben Sie sich nie für die Enterprise beworben? Sie scheinen mir ausgesprochen kompetent zu sein und man würde Sie sicher nehmen."
A´kebur bezweifelte das ernsthaft. LaForge war sicher nicht über seine Probleme informiert. Langsam zog A´kebur seinen Teller zurück. "Ich bin nicht für die Enterprise geeignet. Mein Temperament ist eher zügellos." Langsam schnitt er sich ein größeres Stück Fleisch ab.
"Nun, das muss nicht immer ein Nachteil sein. Wenn ich da an Worf denke. Aber wenn Sie möchten, kann ich eine Empfehlung aussprechen. Jemanden wie Sie können wir im Maschinenraum noch gut gebrauchen."
Data stimmte zu. "Ihre Ideen und Ihr technisches Verständnis sind bemerkenswert."
A´kebur fragte sich, ob er hier wirklich etwas zu essen bekam. Der Bissen, den er gerade zu sich nehmen wollte, blieb von der Gabel aufgespießt vor seinen Lippen hängen. "Das mag sein", erwiderte er nur zögernd. "Aber wenn ich die Enterprise auseinandergenommen habe... Sie haben nicht mein medizinisches Dossier gelesen, oder?"
Die beiden Offiziere vor ihm sahen sich an. "Ich habe nur gelesen, dass Sie erst kurz zuvor wieder für diensttauglich erklärt wurden", gestand Geordi.
"Ich habe es gelesen. Aber die erwähnten Probleme lassen sich sicher mit Hilfe des Schiffscounselor und der Bordärztin beheben. Natürlich sind Sie ein Präzedenzfall, aber bei entsprechenden Vorkehrungen gibt es keinen Grund, dass Sie nicht hier Dienst tun könnten. Schließlich lässt Starfleet grundsätzlich nur voll geeignete Personen in ihrem Dienst zu", erklärte Data in seiner gewohnt präzisen und taktlosen Art.
Das war zweifellos ein Argument, wie A´kebur sich eingestehen musste. "Ich rechne eher mit meiner Entlassung", erklärte er dann jedoch widerstrebend seine Befürchtungen.
"Dann wären Sie jetzt nicht hier", argumentierte Data logisch, "außerdem bedarf es konkreter Anschuldigungen und Beweise für unverzeihliches Fehlverhalten."
"Ich, ... ich möchte darüber nicht reden!" A´kebur beugte sich über sein Essen und begann ohne Zögern alles in sich hineinzustopfen. Er wollte wirklich darüber nicht reden. Als Fähnrich war er ein Versager entgegen der Behauptungen dieser zwei Offiziere. Was wussten sie von seinem Fehlverhalten?
Nichts. Noch nicht!
Lakon musste Konsequenzen ziehen. Allein aus ihrer Verwandtschaft heraus durfte er ihn nicht besser behandeln als jeden anderen Fähnrich.
Data und LaForge fragten nicht weiter nach. Still aßen sie zuende und kehrten dann wieder in den Maschinenraum zurück, um ihre Arbeit fortzusetzen. Aber schließlich erklärte Geordi, dass es für heute genug sei. Data benötigte keine Ruhe und arbeitete weiter, aber seine Kollegen aus Fleisch und Blut brauchten zwangsläufig etwas Schlaf.
Geordi LaForge brachte A´kebur in ein Gästequartier. "Wir werden in dieser Schicht Charon 7 erreichen. Aber wir sollten ausruhen, bevor wir den Planeten betreten", meinte er zu A´kebur. "Wenn er wirklich so anstrengend ist, wie Sie sagen, dann werden wir jedes Quäntchen Kraft brauchen."
A´kebur stimmte ihm in seiner Einschätzung zu.
[1] Chaq fame qeylIS eternal
[2] ein Fruchtdessert (kann auch aus Gemüse bestehen)
Kurz vor Beginn der neuen Schicht erreichten die beiden Schiffe der Föderation Charon 7. Der ganze Planet glich inzwischen vom Weltraum aus betrachtet einer riesigen Gaskugel. Die verheerende Strahlung hatte die Atmosphäre durchdrungen und ließ sie grünlich schimmern. Es sah also schon weitaus schlimmer aus, als man vermutet hatte, aber Geordi und Data waren immer noch zuversichtlich, die Strahlung eindämmen zu können, um den Planeten in absehbarer Zeit wieder bewohnbar zu machen.
Zumindest hofften sie, dass der Planeten sich nicht zersetzte und der Effekt sich nicht weiter im Sonnensystem und in der Galaxie ausbreitete.
A´kebur stand auf der Brücke der Enterprise. Er wurde so behandelt, als wäre er tatsächlich ein Mitglied der Crew. Es war ein ungewohntes und gleichzeitig erhebendes Gefühl.
Sein Eindruck über seine Kabine war immer noch nicht ganz verdaut. Irgendwie war dieses Schiff in jeglicher Hinsicht groß und überragend.
Das war eben der Unterschied, den es machte, auf dem Flaggschiff von Starfleet zu sein; und jeder, der ihm hier begegnet war, sprach voller Stolz von seinem Dienst.
"Beginnen Sie mit ihren Untersuchungen und erstatten Sie mir Bericht über die Fortschritte", befahl Captain Picard. A´kebur musste zugeben, dass man diesem Mann wirklich nichts anderes als Respekt entgegenbringen konnte.
Auch als Mensch.
A´kebur besetzte neben Data die Wissenschaftsstation. Die Sensoren lieferten schon auf den ersten Blick erschreckende Daten. Aber die Strahlung hatte messbar abgenommen. Soweit A´kebur es beurteilen konnte, schienen die Wächterplaneten, von denen sie immer noch nur einen kannten, ihre Aufgabe wieder aufgenommen zu haben.
A´kebur begann die Frequenz der Strahlung noch einmal zu analysieren. Er begann damit zu spielen, bis er eine Frequenz hatte, die die Strahlung zu zähmen vermochte. Er begann einen Teil der Sensoren darauf auszurichten, um die genaue Gegenfrequenz zu ermitteln.
Seine Suche hatte Erfolg. Mit Hilfe des neuen Suchrasters fand er schließlich die entsprechende Strahlungsfrequenz und schicke sie zu Data, der die Deflektoren darauf ausrichtete. Mit ihrer Hilfe konnten sie in einem bestimmten Orbit um den Planeten kreisen und der Strahlung entgegenwirken. Auch der Sovk wurde das Muster übermittelt, und die zwei Schiffe begannen mit ihrem abgezirkelten Kurs.
"Das Muster ist äußerst seltsam", meinte Geordi. "Es scheint wie eine Art Netz aufgebaut zu sein." A´kebur nickte. "Es ist ein Netz", erklärte er mit einem Ton der Gewissheit. "Es ist genauso künstlich, wie das Artefakt und die Strahlung an sich. Doch was es bedeuten soll, weiß ich nicht."
"Wir werden es weiter analysieren, aber der Zweck des Konstruktes ist nicht so primär wichtig wie seine Eindämmung", erklärte Data, "wenn die Enterprise und die Sovk gleichbleibend die reflexive Strahlung über Charon 7 verteilen, sollten wir die größte Gefahr in ein bis zwei Tagen bekämpft haben. Danach ist ein Besuch der Oberfläche mit Schutzanzügen möglich, um die eigentliche Quelle ausfindig machen zu können."
"Es gibt Schutzanzüge gegen diese Strahlung?" A´kebur war erstaunt.
"Ein neues Modell, das erst kürzlich getestet wurde. Aber noch ist die Strahlung selbst dafür zu stark."
A´kebur nickte. Er wusste, er hatte im Augenblick nicht mehr viel zu tun, bis diese erste Phase beendet war. Die Brückencrew arbeitete in stillem Einvernehmen weiter, und Picard sah sichtlich zufrieden auf die Oberfläche des Planeten hinunter, der mit jedem Zoll, den sie überflogen, wieder seine ursprüngliche Farbe annahm.
Etienne hatte endlich von Shana die Erlaubnis zum Aufstehen erhalten. Er kam sich vor, als hätte er seit Wochen herumgelegen, und nutzte die wiedergewonnene Freiheit ausgiebig. Natürlich sollte er sich noch schonen gemäß ärztlichem Gefasel; aber ein Com-Anruf von der Enterprise, sein Anwalt und ein paar andere Juristen wollten ihn sprechen, veranlasste ihn, sich anständig herzurichten und hinüberzubeamen.
Er musste zugeben, dass er von der Enterprise äußerst beeindruckt war.
Höflich wurde er zudem vom Captain Picard persönlich begrüßt. "Willkommen an Bord, Mr. Duval. Auch wenn die Umstände ungewöhnlich sind und mein Schiff Justitia mit sich führt, so ist es mir dennoch eine Ehre, den Mann kennenzulernen, der es schaffte, das Universum zu retten, in dem er seinen Profit aufgab."
"Ein Ferengi hätte das nicht getan", brummte Worf und fing sich einen scheelen Seitenblick des Ersten Offiziers damit ein.
Etienne beschloss spontan, dass diese lebenden Legenden Starfleets ausgesprochen sympathische Leute waren. "Capitaine Picard, c'et une honneur", erklärte Etienne und reichte seinem Landsmann die Hand, "Lieutenant Worf, Sie haben schon recht, und ich bin froh, kein Ferengi zu sein. Commander Riker, wenn die Zeit bleibt, würde ich mich zu gern einer Ihrer berühmten Pokerrunden anschließen, wenn ich darf."
Der Erste Offizier sah ihn erstaunt an. Diesem Mann fehlte es nicht an Selbstbewusstsein. "Ich wusste nicht, dass "meine berühmten" Pokerrunden derart bekannt sind!", meinte er.
Der Captain lachte. "Nun, wie es scheint, haben Sie den Charme und die Frechheit berühmter Piraten übernommen. Ich schätze, Sie haben auch deren Ehrenkodex übernommen. Sie befinden sich in der falschen Zeit, Mr. Duval."
"Das habe ich mir auch schon öfter gedacht", musste Etienne zugeben und lachte mit, "aber heutzutage kann man sich ja leider keinen Kaperbrief der Königin mehr besorgen. Ich tue also das Nächstliegende und stelle meine Frechheit wieder in den Dienst der Föderation."
"Nun, dann schätze ich, dass Sie ehrlich werden müssten", meinte William Riker nicht ohne ernst. "Aber dafür sind Sie ja jetzt hier. Ich werde jedoch nicht Ihrem Ehrenwort vertrauen, sondern Sie dem Sicherheitschef anvertrauen. Mr. Worf wird es eine Freude sein, jeglichen Fluchtversuch zu vereiteln, sollten Sie daran denken."
Etienne nickte. "Keine Sorge, Commander, ich werde hier sicher nicht aus dem Fenster springen. Möge sich der Eid, den ich leiste, wie eine Klinge in mein Herz bohren, sollte ich ihn brechen[1]", wandte er sich auf Klingonisch an Worf. "Sie können alle ganz beruhigt sein."
Worf hatte sich automatisch ein wenig gerade hingestellt. Das war ihm ja noch nie untergekommen. "Dein Eid ist vernommen und ich werde die Klinge sein, die dein Herz durchbohrt[2]", antwortete er. "Ausgezeichnetes Klingonisch", fügte er noch hinzu.
Picard musste auch zugeben, dass auch er nicht den geringsten Akzent vernommen hatte.
"Danke, Sie sehen also, ich kann mich vielleicht wirklich für Sie nützlich machen", erklärte Etienne, "kann ich ein wenig mehr von Ihrem wunderbaren Schiff sehen, Captain, oder wollen mich die Juristen sofort mit Beschlag belegen?"
"Nun, Sie sind Gast auf meinem Schiff. Kein Gefangener, sofern Sie Ihren Status respektieren. Ihnen stehen die Bereiche offen, die einem Gast der Enterprise zur Verfügung stehen. Mr. Worf wird Sie begleiten. Ich weiß, dass der Richter, der Staatsanwalt und Ihr Verteidiger Sie in einer Stunde sehen möchten. Die Herren beraten sich gerade."
"Gut, Mr. Worf, wenn Sie mir die Ehre erweisen, mir das Schiff zu zeigen? Noch einmal vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft, Captain. Ich weiß, das ist bei meinem zweifelhaften Status keine Selbstverständlichkeit."
Captain Picard nickte. "Nein, ist es nicht. Aber ich weiß auch, dass Sie gesundheitlich angeschlagen sind. Wenn Sie eine Verschlechterung Ihres Zustandes herbeiführen wollen, dann liegt das in Ihrer Verantwortung. Sie werden dann eben in der Arrestzelle medizinisch versorgt."
Die Drohung und Warnung war eindeutig. Captain Picard wünschte keinen Vorfall.
"Verstanden, Captain. Aber das wird sicher nicht nötig sein", versprach Etienne. Er hatte nicht den geringsten Wunsch, jemanden wie Captain Picard hintergehen zu wollen und das wäre vermutlich auch gar nicht möglich gewesen. Dessen dunkle, wache Augen schienen direkt durch Etienne hindurchsehen zu können. Mit einem letzten Nicken entließ dieser ihn und Etienne folgte Worf aus dem Transporterraum.
"Sie sind also der berühmte Worf", begann er. Worf knurrte dunkel und warnend. Offenbar war er zu keinem Gespräch bereit. Dafür bekam Etienne einiges vom Schiff zu sehen. Und es gab eine Menge schöner Frauen an Bord, wie er unzweifelhaft erkennen durfte.
Aber die zu bewundern, oder überhaupt die technischen Feinheiten einer Lady wie der Enterprise selber, zu bewundern, blieb ihm keine Zeit, denn der Klingone rannte beinahe durch die Gänge. Etienne konnte auch nicht umhin, Worf mit A´kebur zu vergleichen. Sie hatten in ihrem einschüchternden, urtümlichen Auftreten und dem finsteren Blick einiges gemeinsam, aber A´keburs exotische Mischung hatte für Etienne doch eindeutig mehr Appeal. Außerdem hasste er Bärte. "Ist es zuviel verlangt, wenn ich frage, wo wir hingehen?", erkundigte er sich bei seinem Bewacher.
"Gästequartier. Oder wollen Sie woanders hin?", fragte Worf mit einem Grolllaut im Abgang. Er blieb stehen und sah ihn mehr oder minder erwartungsvoll an. "Sie können auch in die Lounge."
"Doch, das würde ich vorziehen. Übrigens, haben Sie Fähnrich A´kebur von der Sovk getroffen?"
Worf schwieg, so dass Etienne befürchtete, er hätte ihn nicht verstanden. "Was haben Sie mit dem Fähnrich zu tun?", fragte Worf. Irgendwie war herauszuhören, dass er eigentlich sagen wollte, jemand wie Etienne mit jemandem wie A´kebur zu tun hatte. Wobei wohl A´kebur in Augen dieses Klingonen weit über Etienne stand.
"Ich war nur neugierig, ob er sich hier so nützlich machen kann, wie er erhofft hatte", wich Etienne aus, "aber das scheint ja der Fall zu sein. Wie ist es für Sie, einen anderen Klingonen von Starfleet zu treffen?", wollte er unverblümt wissen. Worf konnte ihn ja nicht fressen, da er Etiennes Bewacher war.
Worf zog eine Augenbraue hoch. "Er ist ein Halbklingone!", sagte er nur. Scheinbar wollte er damit sagen, dass es kein ganzer Klingone war und somit kein Klingone, der den kompletten Satz klingonische Gene in sich hatte. Damit war er auch kein Klingone, den er treffen hätte können. Irgendwie schienen Klingonen und Vulkanier einen ähnlichen Charakterzug mit sich zu führen. Sie konnten ab und an penetrant genau sein.
"Aber damit immer noch mehr Klingone als die meisten anderen Ihrer Kollegen, oder nicht?", ließ Etienne nicht locker. Er wollte wirklich wissen, auf welche Art die beiden zusammengestoßen waren.
Worf starrte ihn an, als hätte er es mit einer unbekannten Spezies zu tun, wobei er nicht wusste, ob er sie wie ein Insekt zerquetschen sollte oder es der Wissenschaft übergeben. "Wir haben uns nicht gesprochen", sagte er dann aber. Das entsprach mehr oder weniger der Wahrheit, hatten sie doch weniger als zehn Worte miteinander gewechselt. "Wünschen Sie etwas Bestimmtes zu wissen, Mr. Duval?"
"Nur reine Neugier, Lieutenant, keine absichtliche Unverfrorenheit", beschwichtigte Etienne. "Lassen Sie uns zur Lounge gehen."
"Dieser Aufzug!" Worf deutete auf das Ende des Ganges.
Sie fuhren damit ein paar Decks nach oben und betraten schließlich das berühmte Zehn Vorne. Etienne staunte genauso wie jeder Neuankömmling über das unglaubliche Panorama. Aber sein nächster Blick galt der unverkennbaren Gestalt A´keburs, der an einem Tisch in Gesellschaft von Geordi und Data sein Mittagessen einnahm.
A´kebur schaute auf, als hätte er den Gedanken und das Bild von Etienne empfangen. Data, den diese abrupte Bewegung irritierte, sah in Etiennes Richtung und identifizierte Etienne sofort als Fremden und gleichzeitig Bekannten, war sein Speicher doch auf dem neuesten Stand, was die Gäste der Enterprise anging.
A´kebur presste die Lippen zusammen und widmete sich dann wieder stoisch seinem Essen.
Etienne schmunzelte und nahm es zuerst in Angriff, sich formvollendet bei Commander Data und Commander LaForge vorzustellen. Letzterer begrüßte ihn auf die für ihn typisch herzliche Art. Sich immer noch der finsteren Präsenz Worf im Rücken bewusst, nahm Etienne am Tisch Platz.
Auch Guinan hatte den Neuankömmling bemerkt; Etienne kratzte die wenigen Brocken El-Aurianisch, die er von Suahi gelernt hatte, zusammen und bestellte bei der Barkeeperin in dieser komplizierten, fast schon geheimen Sprache einen ihrer besonderen Drinks.
A´kebur übersah er geflissentlich. Dieses Spiel konnten schließlich zwei spielen.
Guinan grinste breit und schien auf eigentümliche Weise äußerst zufrieden. Sie schwebte zur Bar zurück. A´kebur tat so, als wäre nichts passiert und aß grünen Salat... Grüner Salat?
Ehe Etienne etwas sagen konnte, schoss A´kebur einen Blick auf ihn ab, der soviel besagte, dass er sich eines Kommentars entheben sollte, wenn ihm seine Gesundheit lieb war.
Sein Lieblingsklingone schien offenbar äußerst schlechter Laune zu sein - ähnlich wie der Klingone mit dem Namen Worf.
Aber Etienne hatte schon weitaus übleres erlebt als zwei missgelaunte Klingonen und seine eigene Freude über den Aufenthalt auf der Enterprise, ganz gleich, aus welchem Anlass, wollte er sich nicht verderben lassen. Also plauderte er ungezwungen mit Geordi, der Komplimente zur technischen Beschaffenheit des Schiffes natürlich gern entgegennahm.
A´kebur verzog sich derweil wie eine Schnecke in sich selbst. Er sah nur auf, als Guinan Ginger Ale hinstellte und ihn kurz an der Schulter berührte. Seltsamerweise hatte sich noch nie ein El-Aurianer von derlei vertraulichen Gesten abhalten lassen, wenn es A´kebur betraf. Dieser hatte sie aber auch noch nie abgewehrt. Weder verbal, noch handgreiflich.
Ihre dunklen, geheimnisvollen Augen schienen vollstes Verständnis, aber auch gleichzeitig eine Aufforderung zu beinhalten. Das brachte aber eher einen grünen Schatten auf den spitzen Ohren ein. A´kebur schien mehr einen Baum spielen zu wollen, statt eines Akteurs, wenn es um Etienne ging.
Worf entging das nicht. Irritiert sah er von Guinan zu A´kebur und wieder zurück.
Aber die Barkeeperin lächelte nur und fragte: "Kann ich den Herren noch etwas bringen?"
Etienne sah kurz zu A´kebur; errötete der etwa? Langsam wurde ihm einiges klar.
Data bestellte einen Drink, der besonders roch. Es war das einzige, was er analysieren konnte. Guinan verstand ihn nur zu gut.
Etienne bestellte sich ein Romulanisches Ale, was sie mit Bedauern ablehnte, aber ihm dafür noch etwas anders versprach. Geordi wollte nur einen Kaffee und Worf einen Pflaumensaft. A´kebur sah erstaunt auf. Worf ignorierte ihn.
Kurz darauf kam Guinan mit allen gewünschten Getränken wieder und stellte vor Etienne ein schwach leuchtendes, grünes Getränk hin, das verführerisch duftete. Er probierte vorsichtig und musste sich fast am Tisch festhalten. Das Zeug war nicht nur stark, sondern schien geradezu alle Sinneseindrücke zu verstärken. "Fähnrich, das müssen Sie probieren." Kurzerhand schob Etienne A´kebur das Gebräu zu.
Dieser sah ihn misstrauisch an. Dann trank er unter den aufmerksamen Blicken von Data, Worf und Geordi.
Sie wurden Zeugen eines erstickten Keuchens. A´kebur hatte die Augen aufgerissen, dann hielt er sich den Kopf. In diesem explodierten die Sinneseindrücke. Gehetzt sah er sich um, als er die Gespräche am anderen Ende des Raumes Wort für Wort hörte. Auch der Herzschlag von Etienne und all den anderen konnte er hören.
Aber am schlimmsten war der vertraute Duft von Etienne. Heftig rückte A´kebur das Glas zurück, so dass der Schwung den Inhalt über den Rand schwappen ließ.
Die anderen sahen ihn erstaunt an, aber Etienne hatte damit gerechnet. Offenbar wusste Guinan genau, wo das Problem lag. Jetzt galt es nur noch, A´kebur halbwegs zivilisiert aus dem Raum zu schaffen.
"Lieutenant, ich denke, ich sollte mich noch etwas ausruhen. Zeigen Sie mir bitte mein Quartier?", wandte er sich an Worf.
Worf glaubte noch, dass ihm hier irgendetwas entgangen war. Was es war, konnte er nicht so genau sagen. Aber er stand auf und deutete zum Ausgang.
A´kebur krallte sich derweil an der Tischkante fest, während ihm der Schweiß ausbrach. Sein Herz machte Purzelbäume und er glaubte nicht, dass er noch für irgendetwas garantieren konnte, wenn Etienne nicht ein wenig schneller ging.
Aber dieser fing durch das Band, mehr als genug davon auf. Etienne stand vom Tisch auf, wünschte ganz knapp allen noch guten Appetit und folgte Worf zum Ausgang von Zehn Vorne. Obwohl dieser nicht gerade langsam ging, beschleunigte Etienne noch einmal seine Schritte. Zwei Decks hoch, ein paar Flure entlang, dann waren sie an den Gästequartieren.
Data saß noch einige Sekunden nach diesem fluchtartigen Abgang wie versteinert da. Er verstand menschliche Verhaltensweise - zumindest, wenn sie Standardsituationen entsprachen. Das hier war eine Standardsituation und nichts entsprach den normalen Verhaltensnormen. Fragend sah er A´kebur an.
Ehe er aber diesem eine Frage stellen konnte, hatte der sich schon erhoben. Der Blick des Fähnrichs war starr und irgendwie nicht gesund.
"Geht es Ihnen nicht gut?", fragte er.
Geordi versuchte die widersprüchlichen Werte, die A´keburs Körper ausstrahlte, in Einklang zu bringen. Aber er war eindeutig der Meinung, mit ihm stimmte ganz und gar nichts. A´kebur ignorierte sie aber beide, sondern ging zu Guinan. "Geben Sie mir etwas, dass es aufhört!", befahl er ihr.
Die El-Aurianerin musterte ihn. "Und warum denken Sie, dass ich so etwas hätte?", fragte sie, "Sie wissen doch genau, was Sie tun müssen, damit es aufhört. Warum sind Sie noch hier?"
"Ich kann ihn nicht anfassen. Ich bringe ihn um und ich bin nicht im Blutfieber. Das hat Ihr Drink gemacht", zischte er wütend.
"Oh nein, das war nicht mein Drink", gab Guinan seelenruhig zurück und wischte müßig über die blanke Theke, "das waren Sie selber. Sie sollten keine Angst davor haben, das macht es nicht leichter."
"Ich bin nicht im Blutfieber!"
"Nein, dafür braucht es aber auch keines besonderen Anlasses. Ihnen passiert nur das, was unzähligen Lebewesen überall in der Galaxis passiert. Jeder reagiert anders, aber es ist doch aus dem gleichen Grund." Sie lächelte kryptisch. "Gehen Sie und finden Sie heraus, was ich meine."
A´kebur sah sie stumm und flehend an, während sein Atem so schnell ging, als hätte er zwei Stunden trainiert. "Gehen Sie", wiederholte Guinan mit Nachdruck, "ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Gehen Sie zu Ihrer anderen Hälfte."
A´kebur fühlte sich verraten und verkauft. Er stieß sich von der Bar ab und ging steifbeinig aus der Lounge, ohne sich von LaForge und Data zu verabschieden. Diese verstanden immer noch nicht, was gerade passiert war.
LaForge ging zu Guinan. "Was ist mit ihm?", fragte er sie.
"Frühlingsgefühle", gab sie mit einem Schmunzeln zurück.
Geordi sah sie fassungslos an. "Sie meinen, die beiden da sind gerade dabei ..." Er stockte. Mit blinden, weit aufgerissenen Augen sah er zur Tür, aus der A´kebur verschwunden war. "Was es nicht alles gibt? Also, ich werde nicht behaupten, dass ich alles schon gesehen habe. Es gibt immer was Neues. Ein Pirat und ein Fähnrich." Er lachte.
Data trat interessiert zu ihm. "Was meinen Sie genau?", fragte er.
"Data, Sie hatten gerade die einmalige Chance, besondere zwischenmenschliche Beziehungen zu studieren", erklärte Geordi und grinste. "Guinan, denken Sie, dass wird irgend welche Probleme geben? Immerhin ist Mr. Duval noch unter Sicherheitsbewachung."
Guinan blinzelte. "Meinen Sie, dass es irgendwelche Probleme gibt?", fragte sie unschuldig und ihr Ton konnte eine gewisse Doppeldeutigkeit nicht verhehlen, wobei Geordi davon ausging, dass sie das auch gar nicht vorhatte.
"Nun, ich denke nicht, das Worf sowas interessiert, aber seine Laune wird es vermutlich nicht heben, wenn er weiterhin vor der Tür stehen muss!" Geordi grinste noch breiter.
"Nun, in diesem Fall würde ich dennoch nicht von einem Problem sprechen", meinte Guinan.
Data sah zwischen sie beide hin und her. "Meinen sie, dass Fähnrich A´kebur und Mr. Duval ein Paar sind?", fragte er. "Ihre Andeutungen lassen da einen Schluss zu."
"Nun, vielleicht nicht in dem üblichen Sinne, den wir kennen, Data. Aber ja, das denke ich. Und sie sind sehr glücklich, auch wenn sie das selber gar nicht wissen. Kann ich Ihnen beiden noch etwas mixen, meine Herren?"
"Sie sind glücklich?" Data konnte aus der Datenlage nicht erkennen, dass dem so war. Seiner Meinung nach, war das ganz und gar nicht der Fall. Aber er wusste eines: Er wollte nichts weiter zu trinken. Geordi LaForge sagte jedoch nicht nein. "Dasselbe, was Sie Mr. Duval gemixt haben", bestellte er.
Guinan zog eine Augenbraue hoch, begann dann aber, das geheimnisvolle Gebräu herzustellen. Zwei Minuten später stand es vor Geordi auf der Theke.
Für einen Moment rührte er sich nicht, dann roch er jedoch daran. Er überlegte kurz, dann nahm er einen winzigen Schluck.
"Oh, Mann!", beschied er. "Mein Gott, haut der rein. Das ist ja wie... Keine Ahnung, wie das ist. Aber so etwas ist mir noch nie passiert."
Die Barkeeperin grinste zufrieden. "Soll ich ihnen verraten, was da drin ist?"
Geordi nickte stumm, weil ihm immer noch die Sprache weggeblieb. Wenn das die beiden gefühlt hatten, dann verstand er jetzt einige Reaktionen. Das ging mächtig tief und wenn man dann noch bestimmte verschüttete Gefühle hegte - oder eher verleugnete - dann ging ziemlich schnell die Post ab.
"Ein Schluck Erdbeerlikör. Das ist alles." Guinan schmunzelte still vor sich hin, als gäbe es einen geheimen Witz, der nur ihr gehörte. "Manche komplizierten Dinge muss man eben auf ihre eigentliche Einfachheit reduzieren."
"Erdbeerlikör?" Geordi sah sie verblüfft an. "Das glaube ich nicht. Da ist noch mehr drin. Wieso ist das so... Also, so umwerfend?"
"Nicht der Likör ist es, der umwerfend ist", gab die Barkeeperin geheimnisvoll zurück, "und mehr verrate ich heute nicht von meiner Kunst, Commander. Genießen Sie den Drink!"
"Also ist es mehr als nur Likör. Damit haben Sie ihn praktisch unter Drogen gesetzt oder seine freigesetzt. Wie auch immer, armer Worf." Geordi kicherte albern und fing sich einen weiteren fragenden Blick von Data ein. Aber er war das schon von dem gewohnt.
"Ich werde wieder zurück in den Maschinenraum gehen und weiterarbeiten, Geordi", entschied Data, "führen Sie derweil Ihr zweifellos faszinierendes Experiment mit Guinans Drinks fort." Er nickte der Barkeeperin zu und verließ Zehn Vorne. Außerdem entschied er, Worf später zu fragen, wie sein Eindruck von der Sache gewesen war. Diese interessante Beziehungskonstellation musste er weiter untersuchen.
A´kebur sah Worf stumm an. Dieser fühlte sich seit geschlagenen vier Sekunden, seit dem A´kebur nun schon vor ihm stand, irgendwie am falschen Ort in diesem Universum. Er sollte auf Mr. Duval aufpassen und seine Wege überwachen, damit dieser Ausbruchkönig nicht von der Enterprise verschwand. Aber mit einem jungen Halbklingonen sollte er nichts zu schaffen haben. Dieser wirkte aber im Moment so, als befände er sich im Rausch. Oder, als ob Worf ihm den Weg zu seiner Geliebten versperren würden.
"Was kann ich für Sie tun, Fähnrich?", bemühte der Sicherheitschef um Höflichkeit.
A´kebur grollte dunkel.
Worf verstand das Angriffsignal und auch die Tatsache, dass er A´kebur offenbar im Weg stand. Aber er war Starfleetoffizier, das hatte Vorrang. Er wandte sich zur Tür und betätigte die Com-Anlage. "Mr. Duval. Fähnrich A´kebur will Sie sehen."
Die Tür glitt auf und Worf trat beiseite. Doch er ließ es sich nicht nehmen, A´kebur warnend anzubrummen. "Haben Sie irgendwelche Waffen bei sich?"
"Wollen Sie mich abtasten?", fauchte ihn A´kebur unverschämt an und wirkte ganz und gar wie ein klingonischer Krieger auf Brautschau. Da das hier kein offener Kampfplatz war, gab es nur noch diese Alternative für A´keburs Verhalten.
"Sie sind Starfleetoffizier ebenso wie ich", gab Worf steif zurück, "ich handele nur nach Vorschrift."
"Ich habe keine Waffe!", erwiderte A´kebur knapp und ging an ihm vorbei.
Kaum hatte sich das Schott hinter ihm geschlossen, stand Etienne auch schon vor ihm. Er lächelte ein wenig hintergründig, und seine Augen blickten auch nicht ganz klar.
A´kebur sorgte dafür, dass sich die Tür nicht für Unbefugte und vor allen Dingen nicht für Worf öffnete - außer die Enterprise würde abbrennen oder Etienne sprang durch das große Fenster in der gegenüberliegenden Wand seines Quartiers. Doch dafür hatte A´kebur nur einen kurzen Blick. Sein Hauptaugenmerk lag auf Etienne.
Der stand immer noch ganz ruhig vor ihm, den Blick mit dem A´keburs verschränkt. Auch Etienne atmete schneller, als reiche der Sauerstoff plötzlich nicht mehr aus. Er tat aber nichts, sondern wartete ab.
"Ich gehe am besten wieder", flüsterte A´kebur, der sich dafür haste. Er hätte schreien sollen, so wie es sich geziemte. Aber damit hätte er in sich selbst etwas erschüttert, was besser ruhig blieb, so lange es ging.
"Warum bist du dann hergekommen?" Etiennes Stimme war leise, verlangte aber eine Antwort. "Wovor hast du auf einmal Angst?" Er hob die Hand und strich mit den Fingerspitzen die Konturen von A´keburs Gesicht ab, bis hinunter, wo die Uniform begann.
A´kebur glühte. Er war fast so heiß, wie er es im Blutfieber gewesen war. Doch dieses Mal waren die Augen klarer. Und sie waren verzweifelter in ihrem Ausdruck.
A´kebur kämpfte gegen sich selbst und sein Verlangen. Das Blutfieber war eine Notwendigkeit gewesen, der er nichts entgegensetzen konnte; das hier jedoch war reines Begehren. Es war auch nicht mehr bloße Triebbefriedigung, wo er Etienne benutzt und auf dem Holodeck der Station Deep Space 13 in den Boden gestampft hatte.
Hier war mehr im Spiel und diese Erkenntnis verlangte Aufmerksamkeit und Erkennen. "Ich will dich", antwortete A´kebur wahrheitsgemäß. Zu lügen kam ihm nicht in den Sinn. Dennoch schützte es ihn nicht vor seiner eigenen Blindheit.
"Und ich will dich", setzte ihm Etienne ohne Zögern entgegen. "Oder denkst du im Ernst, mir hätte die Warterei nichts ausgemacht? Also sind wir uns doch einig." Etienne wusste nicht so recht, wie er das Ganze im Moment logisch ausdiskutieren sollte. Viel lieber würde er sich A´kebur schnappen und ihn auf das Bett werfen, aber damit war der Sache nicht gedient.
"Dass ich dich am liebsten zerreißen würde? Dich zu meinem Eigentum machen möchte? Dich nie wieder mit irgendjemand teilen will. Ich glaube nicht, dass wir uns darüber einig sind, Etienne. Ich sollte gehen, bevor ich dich ein weiteres Mal Shanas Kunst überlassen muss. Ich werde gerade wieder ruhiger." A´kebur wandte sich widerstrebend ab.
Aber so hatte Etienne nicht gewettet. Er hielt ihn am Arm fest und zog ihn wieder zu sich herum, um ihn nicht gerade sanft zu küssen. "Du rennst mir nicht weg", flüsterte er, "dir scheint nicht klar zu sein, dass ich dich genauso brauche. Und ich will dich auch mit niemandem teilen. Du gehörst mir, wie ich dir gehöre, also wage es nicht, einfach abzuhauen!"
A´kebur keuchte. Ihm war mit einem Mal schwindlig und sein Blut rauschte in wahnwitziger Geschwindigkeit durch seine Adern. Er fasste Etienne im Nacken, um zu verhindern, dass sein Geliebter einen Rückschritt machte und ihn mit seinem Verlangen auch nur einen Herzschlag allein ließ. Grob drängte er ihn zurück Richtung Bett. "Dann wird Shana von mir begeistert sein", knurrte er mit rauer Stimme. Ein knapper Stoß und Etienne befand sich auf dem Bett. Und keine Sekunde später war A´kebur über ihm.
"Ich will garantiert nicht wieder in der Krankenstation landen", gab Etienne zurück und rollte sich und A´kebur herum, bis er selbst oben lag. "Also eins nach dem anderen." Er küsste A´kebur erneut und tastete nach den inzwischen vertrauten Verschlüssen von dessen Uniform. Wie schon bekannt, war jedoch A´kebur weniger geduldig und riss im Gegenzug an Etiennes Sachen, um schneller Haut an Haut zu fühlen. Hier brauchte es noch einiges an Geduld und sehr viele Lehrgängen in Sachen Liebe, wie Etienne meinte. A´kebur grollte einmal mehr, weil der Stoff ihm dieses Mal mehr Widerstand entgegensetzte.
Etienne grinste. Er hatte sich geschworen, nun immer Kleidung zu tragen, die nicht ganz so leicht zerreißbar war; da musste einfach jemand Geduld lernen. Er schlug A´keburs Hände beiseite und öffnete die Verschlüsse seines eigenen Hemdes - langsam.
A´keburs Augen folgten jeder seiner Bewegungen und sie waren voller Gier. Die Unruhe in seinem Gefährten war nicht nur auf mentaler Ebene greifbar. Selbst ohne die Verbindung zwischen ihnen hätte er die Gefühle berühren können.
A´keburs Hände waren noch immer so, wie Etienne sie weggeschlagen hatte. Zitternd, ungeduldig und bereit, jederzeit wieder ins Geschehen einzugreifen. Aber Etiennes Blick hielt seinen Gefährten bewegungslos. Ewigkeiten schien es zu dauern, bis die hinderlichen Stoffschichten endlich nicht mehr zwischen ihnen standen. Aber Etienne ließ es weiterhin langsam angehen; sanft küsste er A´kebur und ließ seine Fingerspitzen über dessen Brust wandern. Das nahm A´kebur zum Anlass, sich an Etiennes Hose zu schaffen zu machen und war dabei kein bisschen weniger ungeduldig. Etienne wusste, dass er die Lektion noch nicht einmal im Ansatz verstanden hatte. A´kebur wollte mehr spüren und nur noch das beherrschte seine Taten und seine Gefühlswelt.
Etienne ließ ihn gewähren, sah aber zu, dass er selbst oben blieb. Mit ein paar weiteren Handgriffen war auch endlich A´keburs Uniform Geschichte. "Hey, wir haben Zeit", flüsterte er seinem ungeduldigen Geliebten zu und streichelte durch dessen Haare "Ich laufe dir nicht weg."
A´keburs Atem trug ihn. Etienne fühlte das Grollen mehr, als er es hörte. Das war wohl die Antwort auf seine Feststellung. A´kebur küsste ihn harsch, dann knabberte er sich sein Gesicht entlang und begann südlichere Gefilde zu erobern.
Warten können gehörte noch immer nicht zu A´keburs Tugenden. Aber solange das Tempo noch überschaubar war, hatte Etienne nichts dagegen: er wollte nur nicht wieder völlig überrumpelt werden. Ganz kurz fragte er sich, was Worf draußen denken sollte von dem, was hier vorging und musste kichern. Es war fast absurd. Doch dann verlor sich auch dieser Gedanke, und Etiennes Hände krallten sich fester in die Schultern seines Geliebten.
"Wir haben nichts", keuchte A´kebur jedoch einen Augenblick später. "Ich ..."
"Warte!" Etwas unkoordiniert angelte Etienne sich seine Jacke, die er über einen Stuhl geworfen hatte und kramte in der Tasche darin. Zutage kam eine Tube. "Ich hab an alles gedacht", meinte er nicht unzufrieden.
A´kebur griff danach. Er setzte zum Hebel an, um Etienne in eine bessere Position zu bringen. Aber dieser hielt die Tube außer Reichweite. "Nichts da. Ich kann gerade wieder sitzen, schon vergessen?" Er küsste A´kebur auf die Nase und arbeitete sich von da aus zu dessen Ohr weiter, welches sich verdächtig grün verfärbt hatte. "Lass mich, ja?"
Er spürte, wie A´keburs Atem stockte, dann jedoch nickte er.
"Okay, es ist wohl besser so."
Etienne knabberte ein bisschen am spitzen Ohr herum und schraubte derweil die Tube auf. Er spürte A´keburs Spannung, die in der Hinsicht immer nur langsam und mit viel Mühe abgebaut werden konnte. Aber sie hatten Zeit. Schritt für Schritt bereitete er seinen Geliebten vor, lenkte die ungestüme Erregung in ruhigere Bahnen.
A´kebur zerbiss kurz einen Fluch, als er ihn vollkommen vereinnahmte. Dann jedoch war sein Geliebter wie Wachs in seinen Händen, auch wenn er zweifellos die Langsamkeit des Geliebtwerdens weiterhin stumm verfluchte.
Keine bloße Triebbefriedigung strebte hier Etienne an, sondern sehr viel mehr. A´kebur versuchte immer wieder, Etienne anzutreiben, musste dann jedoch aufgeben, weil jegliches zielgerichtete Handeln schwerer wurde. Ewigkeiten vergingen, in denen die beiden in ihrer Verbindung verglühten, viel zu langsam und doch schnell genug. Etienne genoss es einmal mehr, A´kebur zu zeigen, was den Unterschied zwischen reinem Sex und wirklicher Zärtlichkeit bedeutete.
Vielleicht würde dieser es eines Tages auch von sich aus begreifen. Nachdem er A´kebur seinen Höhepunkt geschenkt hatte, lag dieser bewegungslos und vollkommen ruhig unter ihm. Sein Atem verriet, dass er halb bewusstlos in den Schlaf der Zufriedenen glitt.
Wie ein großer Kater rollte sich Etienne neben ihm zusammen, küsste ihn sanft auf die Schläfe und döste ebenfalls ein. Selbst wenn die Enterprise abgestürzt wäre, hätte ihn das nicht gestört.
Doch irgendwann später störte sie beide eines ganz sicher auf: Dieses penetrante Klingeln. Es kam von der Tür. Der Blick zur Uhr zeigte Etienne, dass gut eine Stunde vergangen sein musste, als sie Zehn Vorne verlassen hatten. A´kebur brummte missmutig und zog das Kissen über seinen Kopf und murmelte etwas davon, dass es nicht seine Schicht war.
Da der Krach nicht aufhörte, stand Etienne brummend auf und ging zur Sprechanlage an der Tür. "Ja, was gibt es?"
"Mr. Duval!" Es war Worf, der wohl noch immer vor seiner Tür stand. "Der Richter und der Staatsanwalt wollen Sie sehen."
"Danke. Ich bin sofort da." Etienne knurrte ein paar Flüche, suchte seine Klamotten zusammen und machte sich wieder präsentabel. Kurz küsste er A´keburs aufs Ohr, das Einzige, was von ihm unter dem Kissen zu sehen war, und verließ das Quartier.
Lieutenant Worfs Gesichtsausdruck war in der Zwischenzeit nur noch finsterer geworden. Stumm brachte er Etienne in einen Besprechungsraum, wo er schon erwartet wurde. Kurz, bevor er eintrat, blieb Worf abrupt stehen und wandte sich zu ihm um. "Muss ich die medizinische Abteilung informieren?", fragte er.
Etienne schmunzelte. "Nein, nicht nötig. Vielen Dank für Ihre Sorge." Dann trat er an Worf vorbei in den Raum. Am Tisch saßen sein Anwalt Tevis und zwei weitere Personen, die Etienne unbekannt waren.
"Mr. Duval", wurde er begrüßt. Sein Anwalt nickte ihm kurz zu. "Ich bin Richter Templeton. Das ist der Staatsanwalt Mr. Cincaid. Bitte setzen Sie sich! Wir haben einiges zu besprechen."
Etienne tat wie geheißen und musterte die drei Männer. Mr. Tevis wirkte so nichtssagend wie immer. Richter Templeton war schon älter, Captain Picard nicht unähnlich in seinem unbestechlichen, bohrenden Blick. Staatsanwalt Cincaid hingegen trug einen eleganten Anzug und wirkte etwas gelangweilt, wenn nicht gar abfällig.
"Hier sind die Anklagepunkte gegen Sie", eröffnete Richter Templeton. "Einige dieser Punkte bedürfen einer Revision. Aber die meisten davon bleiben bestehen. Der Punkt ist, dass Ihr Fall nicht so einfach ist, wie ich es mir wünschen würde. Sie sind nicht vorbestraft. Es gibt einige Dinge, die wir Ihnen nachweisen können und die Ihr Anwalt zweifellos entkräften wird, wenn ich ihm die Gelegenheit dazu gebe. Ich werde Ihren Fall auf jeden Fall verhandeln. Dem gegenüber stehen jedoch auch Ihre Taten, die Tausenden und vielleicht sogar Millionen und mehr Leben in dieser Galaxie, ihre Einzigartigkeit und ihr Dasein gerettet haben. Eines kann nicht gegen das andere aufgerechnet werden. Aber Leben wiegen immer noch schwerer als Eigentumsdelikte, wie sie Ihnen vorgeworfen werden. Ich werde Sie bestrafen, wenn Ihre Schuld nachgewiesen wird. Dessen können Sie sich gewiss sein, Mr. Duval. Ich habe Ihr Persönlichkeitsprofil. Ich weiß, was Ihnen weh tut."
Tevis sagte nichts. War er sich seiner Sache so sicher?
"Mit Verlaub, Sir, ich bin hier, um mich Ihrer Entscheidung zu unterwerfen. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich freuen würde, wenn ich abgeurteilt werde, aber davor weglaufen werde ich sicher nicht. Einmal hat gereicht." Das meinte Etienne ernst; jetzt banden ihn Fesseln hier, die so dünn, so unsichtbar waren und doch fester hielten als alles andere. Selbst wenn er gewollt hätte, hätte er nicht mehr von ihnen freikommen können.
"Darf ich fragen, woher dieser Sinneswandel kommt? Soweit ich weiß befanden Sie sich fast ein Jahr lang auf der Flucht, Mr. Duval."
"Persönliche Gründe, Euer Ehren, die hier nicht weiter von Bedeutung sind. Ich würde nur gerne wissen, was jetzt auf mich zukommt", gab Etienne zurück.
Der Staatsanwalt ruckelte etwas ungeduldig auf seinem Stuhl. Mr. Tevis hingegen wirkte immer noch äußerst ruhig. Offenbar befürchtete er wirklich nichts.
"Nun, Mr. Duval", meinte Mr. Templeton, "es geht mich durchaus etwas an. Ich möchte wissen, was diesen Sinneswandel begründet hat. Es geht um die Chancen Ihrer Rehabilitierung."
Etienne widerstrebte es zutiefst, seine Gefühle derart breittreten zu müssen, noch dazu vor völlig Fremden, aber wenn es die Chance auf Freiheit bedeutete ...
"Ich stehe in einer ... sehr tiefen, persönlichen Bindung zu einer anderen Person und würde sie ungern nur durch Gitterstäbe oder Glaswände sehen dürfen", gab er schließlich zu, "von daher geht es nicht nur um Freiheit um meiner selbst willen."
"Nun, eine kurze Liaison kann keine Grundlage ..."
"Hier geht es nicht um eine flüchtige Affäre", unterbrach Etienne ihn aufgebracht, um jeden Zweifel gleich auszuräumen, "sind Sie mit vulkanischen Seelenbindungen vertraut? Wenn nicht, bitte ich Sie, nähere Details dazu nachzulesen."
Der Richter runzelte erstaunt die Stirn. Er lehnte sich zurück und überdachte das Gehörte. Die anderen beiden Männer wirkten nicht minder aufgeregt.
"Nun, das macht aus Ihnen nicht automatisch einen unschuldigen Menschen", fasste Mr. Templeton seine Überlegungen zusammen. "aber es ist eine Chance, aus Ihnen einen Menschen zu machen, der seine Strafe akzeptiert und die nötige Demut aufbringt, weil er weiß, was auf dem Spiel steht. Nichtsdestotrotz haben Sie den Ruf eines Freibeuters, Dealers und Grabräubers. Sie sollen schmuggeln und damit Sachen über alle Grenzen schaffen, die illegal sind. Und bevor jetzt Ihr Anwalt eingreift: Das sind die Anklagepunkte. Es liegt am Staatsanwalt, sie zu bekräftigen und an Ihrem Anwalt, sie zu entkräften. Ihr Anwalt jedoch hat einen Vorschlag unterbreitet, der auch vom Staatsanwalt getragen wird. Ich verurteile Sie, wenn Sie annehmen, zu acht Jahren Reha-Kolonie. Ich werde die acht Jahre in zwanzig Jahre auf Bewährung umwandeln und Sie werden als Wiedergutmachung für fünf Jahre Ihre Kenntnisse einem Archäologenteam zur Verfügung stellen. Es geht vor allen Dingen darum, die Schmugglerwege auszutrocknen. Keine leichte Aufgabe, da Sie damit den Ruf eines Verräters haben werden und damit auch die Konsequenzen tragen. Und Sie werden die geplünderten Stätten nennen, dass sie geschützt werden. Ihnen ist bekannt, dass das Plündern von Kulturen eigener und fremder Rassen im Gebiet der Föderation verboten ist? Ich schätze Sie als so klug ein, dass Sie das wissen. Sie werden erfahren, warum das so ist. Auch das wird ein Teil Ihrer Bewährung sein: Lernen Sie das Wissen und die Vergangenheit anderer Völker schätzen und werden Sie Ihr Beschützer. Wenn Sie jedoch gegen Eure Bewährung verstoßen, werden Sie die restlichen Jahre auf einer Reha-Kolonie verbringen dürfen."
Etienne sah den Richter an. Das waren keine Alternativen, die ihm angeboten wurden; es konnte nur eine Wahl geben, wollte er nicht erneut davonlaufen.
"Das würde ich akzeptieren", erklärte er schlicht.
"Ich gebe Ihnen Gelegenheit, sich das ganz genau zu überlegen. Nach acht Jahren sind Sie ein freier unbelasteter Mann. Zwanzig Jahre sind eine sehr lange Zeit und die kann sehr viel härter werden, als die Zeit in der Reha-Kolonie", warnte ihn der Richter gutmütig.
"Das mag sein, aber mir sind zwanzig Jahre in relativer Freiheit lieber als acht völlig ohne. Außerdem kann ich mich wirklich nützlich machen, anstatt Reha-Aufsehern auf die Nerven zu fallen, die aus mir auch keinen besseren Menschen machen können."
"Sie sind sich da ja ganz sicher, dass Reha-Kolonien nichts bringen", meinte der Staatsanwalt missmutig. "Vielleicht sollte mindestens ein Monat Reha-Kolonie hinzugefügt werden.“
"Ich habe nicht gesagt, dass sie nichts bringen. Ich sagte nur, andernorts ist mein Aufenthalt von mehr Vorteil - für die Föderation, für Sie, für mich. Das ist alles." Etienne lächelte. "Das müssen Sie doch einsehen!"
"Nein", brummte der Ankläger, "muss ich nicht. Ein Monat! Und das schadet nicht den Vorteilen, die Sie der Gesellschaft bringen werden. Sie haben Ihr schließlich ziemlich geschadet. Es ist der Schadensersatz, den Sie leisten werden, Mr. Duval. So wird ein Schuh daraus."
"Ich beuge mich da Ihrem Urteil." Etienne schoss einen kurzen Blick zu seinem Anwalt ab. Warum bewahrte der ihn nicht vor solchen Schikanen? Ein Monat Reha-Kolonie! Das hatte etwas von Stubenarrest für ein ungezogenes Kind!
In diesem Moment schob ihm dieser ein Datenpad rüber. "Der Staatsanwalt hat zwanzig Jahre Reha-Kolonie gewollt!", stand darauf. "Seien Sie dankbar. Und den Monat werden Sie wegen seines verletzten Stolzes absitzen müssen." Er grinste halb verborgen, so dass nur Etienne es wirklich sehen konnte, und tat dann so, als wäre nichts gewesen. Etienne verkniff sich jeglichen Kommentar und beschloss, seine Zunge nun im Zaum zu halten. In hoffentlich angemessen demütiger Weise erwartete das Weitere.
"Überlegen Sie sich das. Morgen sagen Sie, was Sie darüber denken", mahnte ihn der Richter an. "Ich beende hiermit diese Sitzung. Wenden Sie sich an Ihren Anwalt und sprechen Sie alles durch, Mr. Duval! Mr. Tevis!" Richter Templeton erhob sich. "Bis morgen."
"Vielen Dank, Euer Ehren." Etienne stand auf und neigte den Kopf. Im Hinausgehen warf ihm der Staatsanwalt noch einen finsteren Blick zu, dann war Etienne mit Mr. Tevis allein. "Ich glaube, ich muss Ihnen auch danken", erklärte er.
Tevis lehnte sich zurück und nickte. "Ja, können Sie. Sie können es aber auch lassen. Ihr Fall war und ist der ungewöhnlichste, den ich je hatte. Ein Teil der Sachen, die man Ihnen vorwirft, sind zweifellos vorhanden. Man kann sogar Ihre Spuren verfolgen. Aber ich kann die Beweise genauso gut in Zweifel ziehen. Und das ist es, was ich angedroht hatte. Das hätte bedeutet, dass bei einem Helden des Universums ein hässlicher, langer Prozess stattfinden würde, der kein gutes Licht auf alle Beteiligten geworfen hätte. Sie können daher wirklich von Glück reden. Sie müssen jetzt nur noch überlegen, ob Sie es nicht schnell hinter sich bringen wollen oder langsam. Ich habe es leider nicht geschafft, die zwanzig Jahre herunterzuverhandeln." Er seufzte. "Das wird eine lange und harte Zeit, wenn Sie darauf eingehen. Die acht Jahre sitzen Sie auf einer Backe ab und Sie können sogar Hafturlaub bekommen, wenn Sie sich gut führen. Ich sag das nur, wegen Ihrer, Sie wissen schon. Dieser Vulkanierin."
Etienne grinste und entschloss sich, seinen Anwalt nicht darüber aufzuklären, um wem es sich bei dieser "Vulkanierin" handelte. "Danke für Ihren Rat. Aber die Vorstellung, acht Jahre in einer Reha-Kolonie zu sitzen, ist für mich, gelinde gesagt, unerträglich. Über kurz oder lang würde ich doch etwas tun, was wir alle bereuen müssen. Nein, es ist besser, ich gehe den Wissenschaftlern zur Hand und ändere mein Leben auf Dauer. Vermutlich wird es dann länger währen." Er lächelte schief.
"Soviel Weisheit? Ich gebe zu, ich bin beeindruckt. Dann viel Glück in Ihrem neuen Leben. Wir sehen uns dann morgen. Ihren Monat können Sie sich sicher aussuchen. Und wenn nicht, werde ich sehen, was ich machen kann", versprach Tevis. Er reichte Etienne die Hand und ging dann.
Etienne sah ihm kurz nach und wandte dann seinen Blick aus dem Fenster des Besprechungsraumes. Sie waren noch immer im Orbit um Charon 7, aber der Planet hatte wieder eine gesündere Farbe angenommen. Ein wenig Blau war auch zu sehen. Blau wie A´keburs Augen.
Etienne schüttelte den Kopf und lächelte über sich selber. Wie er es auch drehte und wendete, es hatte ihn verdammt schlimm erwischt. Und es hatte ihn verändert. Und vielleicht nicht zum Schlechteren.
Er ging zurück in sein Quartier. Viel Zeit war nicht vergangen und so fand er A´kebur fast so wieder, wie er ihn verlassen hatte. Das Kissen war jedoch auf dem Boden gelandet und das Bettlaken bedeckte nur noch die Beine und die Hälfte des Pos. A´kebur atmete gerade tief durch und wandte ihm sein Gesicht zu, noch immer schlafend.
Etienne lächelte; wie konnte jemand wie A´kebur nur so unglaublich süß aussehen? Kurz kämpfte er mit den Impulsen, seinen Geliebten einfach weiterschlafen zu lassen oder ihn wach zuküssen. Letzterer gewann.
A´kebur blinzelte und sah ihn noch ein wenig benommen an. "Normalerweise hätte ich dich kommen hören müssen", brummte er. "Wo warst du?"
"Ich habe die Juristen getroffen", erklärte Etienne und setzte sich neben ihn aufs Bett, "ich habe die Wahl zwischen acht Jahren in einer Reha-Kolonie absitzen oder zwanzig Jahre auf Bewährung inklusive Dienst für die Wissenschaft und die Föderation."
A´kebur setzte sich auf. "Und wofür hast du dich entschieden?", fragte er.
"Letzteres, denke ich. In der Reha-Kolonie würde ich verrückt werden." Etienne sah A´kebur an. "So bin ich wenigstens halbwegs frei und niemand sperrt mich ein."
A´kebur schien etwas vorzuhaben, denn ein gewisses Zögern lag in seinen Bewegungen. Dann jedoch kam er ein Stück näher, als suchte er Etiennes Berührung. "Ich sperre dich ein", meinte er schlicht, "mehr, als jedes Gefängnis."
"Aber im Gegensatz zum Gefängnis ist das eine Fessel, die ich freiwillig trage", gab Etienne zurück, "von daher ist es in Ordnung." Er strich seinem Gefährten ein paar zerzauste Haarsträhnen aus dem Gesicht. Irgendwo, tief in ihm, fühlte sich sein Herz warm und sicher.
"Vielleicht jetzt. Aber diese Fesseln sind haltbarer als alles andere." A´kebur schloss für einen Moment die Augen. Die Berührung tat ihm gut. Er blinzelte ertappt.
"Dann ist wenigstens einmal etwas in meinem Leben von Dauer." Etienne lächelte. "Oder wäre es dir lieber, alles wäre nicht so gekommen?"
"Es ist merkwürdig. Aber wenn ich die Wahl hätte, dann hätte ich es so gewollt", antwortete A´kebur ohne zu zögern.
"Na eben. Also ist es schon richtig so." Etienne gab dem plötzlichen Impuls nach, A´kebur einfach zu umarmen. Dieser ließ sich fallen und hielt ihn fest. "Ja, so ist es richtig. Ich wollte dir nicht weh tun. Ich denke, ich muss noch viel lernen, wie man mit einem Menschen umgeht."
"Aber du bist auf dem richtigen Weg. Und den Rest gehen wir zusammen." Etiennes Stimme war nur noch ein Flüstern. Er war sich sicher, hätte er lauter gesprochen, wäre er wie ein kleines Kind in Tränen ausgebrochen. Vor Glück! Es war völlig verrückt. Aber das war ihm in diesem Augenblick ganz egal.
Wieder piepte es. Doch dieses Mal war es niemand an der Tür. A´kebur sah sich um. "Mein Kommunikator", stellte er fest. Etiennes Kommunikator war stumm. "Wo sind meine Sachen?"
Der Moment war gebrochen. Etienne griff unters Bett und beförderte das Uniformoberteil zutage. "Hier."
"Fähnrich A´kebur", meldete sich sein Gefährte mit dienstlicher Stimmlage.
"Hier LaForge. Entschuldigen Sie, dass ich störe. Aber der Planet ist bereit, dass wir herausfinden, was eigentlich genau passiert ist. Melden Sie sich in einer halben Stunde im Transporterraum."
A´kebur bestätigte. Etwas ratlos sah er auf das goldene Abzeichen. "Warum nahm er an, dass er stören würde?", fragte er sich.
"Wer weiß, was Worf herumerzählt hat", meinte Etienne frech, "aber ansonsten waren wir, glaube ich, in Zehn Vorne ziemlich eindeutig."
A´kebur riss die Augen auf und wurde deutlich grün. "Verdammt!", rief er.
"Da ist jetzt auch nichts mehr zu machen. Los, geh duschen und zieh dich an, damit Commander LaForge nicht schimpfen muss."
"Was bin ich? Ein Kind?", brummte A´kebur. Er trollte sich jedoch und ging, wie geheißen, unter die Dusche. "Ich bin kein brünftiger Vulkanier", schimpfte er aber weiter vor sich hin. "Warum benehme ich mich nur so?"
Etienne lachte nur. Er würde sich hüten zu sagen, was er dachte. Darauf musste A´kebur schon alleine kommen.
"Ich werde nichts mehr von dieser El-Aurianerin annehmen. Ihre Drinks sind gefährlich", schimpfte der noch immer, als er längst aus der Dusche raus war und sich anzog. "El-Aurianern sollten die Schanklizenzen entzogen werden. Ihre Sachen sind immer mit doppeltem Boden."
"Ich denke eher, das ist einer ihrer Vorzüge. Ich jedenfalls werde Guinan noch einen Besuch abstatten, sofern man mich nicht braucht."
A´kebur hob eine Augenbraue. "Nun, das Ginger Ale ist gut", meinte er und wandte sich ab. "Weiß nicht, wie lange es dauert. Werde mich melden, wenn ich wieder da bin", versprach er knapp und ging dann grußlos.
Etienne sah ihm kurz hinterher und beschloss dann, auch endlich zu duschen. Danach würde er zu Guinan gehen und dieses ominöse Ginger Ale bestellen.
LaForge, Data und drei weitere A´kebur unbekannte Besatzungsmitglieder der Enterprise warteten schon, als er im Transporterraum eintraf. Er nahm einen Tricorder und stellte sich zu ihnen auf die Transporterplattform.
Weder Data noch LaForge sagten etwas. Als sie auf dem Planeten materialisierten, stellte A´kebur sofort fest, dass die Luft atembar und die Strahlung auf ein ungefährliches Maß zurückgegangen war. Trotzdem war es ratsam, die Schutzanzüge anzubehalten. Die Stabilisierung des Planeten war jedoch schneller vor sich gegangen, als sie vermutet hatten. Unweit von ihnen stand eine Gruppe Vulkanier, die schon mit Messungen begonnen hatten. Es waren Wissenschaftler der Sovk und der Erste Offizier.
Kurz berieten sie sich, dann trennten sich die Gruppen in kleinere Suchmannschaften auf. Noch zeigten die Tricorder keine weiteren ungewöhnlichen Werte, nur die rückläufige Strahlung.
A´kebur verlor aber keine Zeit.
Er hatte kein Rasterfeld bekommen, wie die anderen. Offenbar wollte man ihn einfach seiner Intuition überlassen. A´kebur lief direkt zur Ausgrabungsstelle und begann dort zu forschen. Data war ihm gefolgt und tat es ihm nach.
"Denken Sie, wir werden hier bessere Erfolge erzielen?", fragte der Androide unvermutet.
"Ich suche keine besseren Erfolge", antwortete A´kebur. "Ich suche den Anfang. Zwei Wächter, die eine Quelle bewachen. Die Quelle muss sich im Schnittpunkt beider Wächter befinden, damit das Gleichgewicht gewahrt ist." A´kebur sah abrupt auf. "Warum habe ich das nicht sofort erkannt?", fragte er sich erregt.
"Fähnrich ...?" Data sah ihn verwirrt an, "Es wäre zwar logisch anzunehmen, aber unsere Daten haben nichts in der Art nachgewiesen. Wir werden also suchen müssen."
"Nein, nein", widersprach A´kebur. "Es muss der Schnittpunkt sein. Wir werden nicht suchen müssen. Da wo der Schnittpunkt ist, wird die Quelle sein."
"Fähnrich, wenn Sie sich etwas kohärenter ausdrücken könnten, wäre ich in der Lage, Ihnen zu assistieren", meinte Data und folgte A´kebur.
Dieser nickte knapp und hockte sich hin. "Wir haben zwei Planeten", zeichnete er in den Sand. "Das hier ist Charon 7. Im Schnitt der zwei Wächter muss sich die Quelle befinden. Die Wächter sind gleich stark. Wir haben das untersucht. Also muss es ein Gleichgewicht geben. Und die Quelle befindet sich im stärksten Punkt beider Wächter."
Data blickte auf die Zeichnung und hinter seinen Augen schien es zu arbeiten. "Das würde bedeuten, der exakte Schnittpunkt befände sich exakt 152 Meter unter der Erdoberfläche von Charon 7, und zwar genau bei der Ausgrabungsstätte." Er deutete zu den Grabungen, die ungefähr hundert Meter unter die Erde gingen.
"Im nicht ausgegrabenen Teil. Da wo Mr. Kloster noch weitere Gebäude vermutete." A´kebur sprang auf und lief zur dieser Stelle.
Data folgte ihm und scannte das Gebiet. Dann betätigte er seinen Kommunikator. "Commander LaForge? Ich denke, wir sind fündig geworden."
A´kebur ging zu einem der zurückgelassenen Ausgrabungsgräte und schleppte es zu der Stelle. Er hatte schon zu graben begonnen, als die ersten Wissenschaftler eintrafen.
Sie halfen mit und kurze Zeit später hatten sie ein beachtliches Loch ausgehoben. Dann stießen sie jedoch unvermutet auf solide Steinplatten, die mit runenartigen Mustern bedeckt waren. "Darunter sind Hohlräume", verkündete Data und wuchtete eine der Platten hoch. Dunkle kalte Luft schlug ihnen entgegen.
"Machen Sie die Platte wieder zu!", rief A´kebur. Die Vulkanier halfen Data, die Platte wieder an seinen Platz zu ziehen. Sie hatten einfach reagiert.
"Die Strahlung ist zu hoch", bestätigte LaForge. "Das ist die Quelle. Aber so können wir uns ihr nicht nähern." A´kebur sah von seinem Tricorder auf. "Die Anzüge könnten unter Umständen nicht genug sein. Ich habe die Werte gespeichert. Aber sie sprengen die Skala."
"Dann warten wir noch ein paar Stunden und gehen dann hinein", beschloss LaForge "Ich gebe derweil dem Captain einen Statusbericht." Er wandte sich zu A´kebur. "Gut gemacht, Fähnrich."
A´kebur sah ihn erstaunt an. Sagte aber nichts. Er konnte die Besonderheit seiner Arbeit nicht erkennen. Darüber hinaus hätte er auch früher daran denken können, wo sich die Strahlungsquelle genau befand. Er nickte daher nur knapp und wandte sich dann seinem Tricorder zu, um seine Daten zu sortieren.
[1] Chaq 'Ip qeq jIH 'etlh rur tIqwIj, 'oH ghor
[2] Qoy 'Ip 'ej 'etlh tIq pierced
Wie vorgeschlagen warten sie ab, bis die Strahlung weiter abgenommen hatte. LaForge beneidete Data, der keine Vorsichtsmaßnahmen nötig hatte. Erneut hoben sie die Reliefplatte an und leuchteten mit Scheinwerfern ins Dunkel darunter.
A´kebur sah Data kurz an und bedeutete ihm, dass er vorgehen wollte.
Dieser nickte. "Gehen Sie zuerst, Fähnrich. Sie haben es schließlich gefunden." Hinter der Atemmaske konnte man sein Lächeln sehen.
A´kebur verschwand ohne Zögern in der Tiefe. "Es sind knapp zwei Meter", erklärte er. "Hier ist ein großer Raum. Keine technischen Anlagen. Die Wände sind mit Runen übersäht. Soweit ich sehe, können wir alle runter."
Der Rest des Teams folgte ihm und leuchtete die Wände ab. Überall waren die geheimnisvollen Runen zusehen, der Boden war glatt und spiegelnd. Von dem kreisrunden Raum aus führten sternförmig fünf Gänge ins Dunkel.
"Faszinierend", murmelte Data und tastete die Wände ab, "laut den letzten Schriften von Kenturry und T'Ro haben sie andernorts auch bereits solche Schriftzeichen gefunden. Sobald die Strahlung auf ein Minimum gesunken ist, werden sie sicher hier herunterkommen wollen."
"Länger als vier Stunden sollte aber kein Lebewesen hier arbeiten", sagte A´kebur. "Selbst mit den Schutzanzügen ist die Strahlung zu stark."
Die Wissenschaftler beider Schiffe schwärmten aus. A´kebur, LaForge und Data bewegten sich als separates Team. "Hier unten ist die Quelle nicht direkt festzustellen. Aber wenn wir nach dem Schnittpunkt ausgehen, sollten wir sie eigentlich finden", meinte LaForge nach einer Weile.
A´kebur konnte ihm da nur zustimmen. Sie gingen in den direkt nördlichen Gang und blieben mit den anderen Teams in Kontakt. Diese meldeten weitere Räume mit Runen, aber nichts, was auf eine Strahlungsquelle hindeutete. Abrupt änderte der Gang seinen Neigungswinkel und verlief in die Tiefe; nach einigen Dutzend Metern landeten die drei auf diesem Weg in einem kuppelförmigen Saal.
In dessen Mitte pulsierte eine schwach leuchtende Kugel, umgeben von Geräten, die nur ganz entfernt als solche zu erkennen waren.
"Ich schätze, dass ist, was wir suchen", meinte A´kebur nach einigem Staunen. "So etwas habe ich noch nie gesehen. In meiner Simulation war die Farbe der Energiequelle außerdem grün. In der Frequenz hätte sie eigentlich nur grün sein dürfen."
Geordi hielte seinen Tricorder hoch. "Unsere Messwerte sind für solche Frequenzen überhaupt nicht ausgelegt", erklärte er, "da werden ganz andere Parameter benötigt und allein die Energiewerte! Das Ding hier hat die Kraft einer Sonne!"
A´kebur sah sich die technischen Anlagen mit sehr viel mehr Interesse an. Er war fasziniert davon, wie ähnlich seine Simulation gewesen war. Das hieß, er hatte es nicht erfunden, sondern nur nachgebaut. Aber die Übereinstimmung allein gab ihm ein seltsames Gefühl von Zufriedenheit.
A´kebur berührte die metallene Platte. Sie fühlte sich warm an. Fast wie eine Haut und zerstörte damit den Eindruck, aus Metall zu bestehen. So etwas hatte er noch nie gesehen oder gespürt. "Faszinierend", murmelte er.
Data war derweil zu etwas gewandert, das man noch am ehesten als Konsole bezeichnen konnte. "Die Erbauer dieser Anlage müssen deutlich größer gewesen sein als normale Humanoide", stellte er fest und reckte sich, um an die Oberfläche der Konsole zu kommen, "Kenturry und T'Ro haben die Sprache dieser Runen noch nicht entziffert, aber ich glaube, das hier ist das Bedienungspaneel." Er berührte ein paar funkelnde Energiestränge auf dem glatten Stein, und die große Kugel pulsierte langsamer.
A´kebur sah ihn anerkennend an. "Was immer Sie getan haben, es funktioniert."
"Ja, die Strahlung wird weniger", erkannte LaForge im gleichen Augenblick. "Darf ich sehen?"
Data trat beiseite und A´kebur und LaForge traten näher. "So wie ich das sehe, sind das die Kontrollen für die Energiequelle", meinte Data.
"Ich frage mich nur, welchen Zweck die Anlage ursprünglich hatte", überlegte Geordi, "ich kann mir kaum vorstellen, dass die Erbauer dieses technischen Wunderwerks es nur errichtet haben, um die halbe Galaxis zu verstrahlen."
"Die Runen sind andere als die draußen. Sie sind sich ähnlich. Aber nicht identisch", stellte A´kebur fest. "Vielleicht sind die Erbauer andere gewesen als das Volk, das später hier lebte. Oder es war dasselbe nur ein paar Jahrhunderte oder Jahrtausende später."
"Das wird die Aufgabe der Archäologen sein, das festzustellen. Die Strukturen dieser Bauten sind jedenfalls laut Tricorder mindestens 500.000 Jahre alt", Data wanderte um die Kugel herum, "und davon abgesehen ist die Strahlung in den letzten 3,2 Minuten um 45% gesunken."
"Heißt das, dass unsere Aufgabe hier erledigt ist?", fragte A´kebur.
"Vorerst ja. Aber sowohl die Sovk als auch die Enterprise haben eine Forschungsmission, wir werden also weiterhin zu tun haben." LaForge kontaktierte die Enterprise und berichtete von ihrem Fund.
"Sehr gut, Commander. Wir messen, dass die Strahlung nicht mehr lebensbedrohlich ist. Soll ich weiteres Team runterschicken? Wie schätzen Sie die Lage, Mr. LaForge?"
"Ich halte es für sicher hier unten, Sir. Wir haben die Hauptenergiequelle gefunden, und die Runen dürften die Archäologen interessieren. Ich denke, wir können uns nun um die Rehabitation des Planeten kümmern."
A´kebur rutschte gerade auf dem Boden rum, als LaForge das sagte. Er verschwand in einer Ecke, tauchte dann auf der anderen Seite wieder auf und wirkte, als hätte er sich in einem Spielzeugladen verlaufen. Data sah ihm äußerst fasziniert bei seiner Aktion zu. A´kebur berechnete derweil die Größe der Energiequelle, den Output, die Größe der Anlage und die Zeit, die die Anlage nun schon lief.
Geordi grinste, nur seine Würde als Chefingenieur der Enterprise hielt ihn davon hab, es A´kebur nachzutun. Die anderen Mitglieder des Forschungsteams fanden sich ebenfalls ein und begannen mit weiteren Messungen.
Nach vier Stunden hatten sie soviel Daten, dass es für Tage reichte. A´kebur war nur schwer zu trennen. In seinem Kopf waren völlig neue Konzepte entstanden. Er hatte große Lust, sich in einem Holodeck für die nächsten Tage zu verkriechen und diese umzusetzen. Es sammelten sich jedoch die ersten Teams, um wieder an Bord gebeamt zu werden.
"Fähnrich, Sie sollten sich ausruhen", meinte LaForge gutmütig, "die Arbeit hier läuft uns nicht weg, im Gegenteil."
A´kebur sah eindeutig enttäuscht aus. Trotzdem trat er zu Data und LaForge.
"Ich bin bereit!"
Data hob eine Augenbraue. Dann gab er jedoch das Signal zum Transport. Keine Sekunde später waren sie wieder auf der Enterprise.
"Und nicht vergessen: Ausruhen! Melden Sie sich in acht Stunden wieder zum Dienst, dann machen wir weiter", schärfte Geordi A´kebur ein.
"Aye, Sir!" A´kebur überlegte, ob er nicht doch aufs Holodeck gehen sollte. Entschied sich aber dann, LaForges Befehl nicht zu wiedersetzen. Das hieß dann jedoch, dass er zurück auf die Sovk musste. A´kebur tippte auf seinen Kommunikator. "Etienne?"
"Ja? Bist du wieder zurück vom Planeten?" Etienne klang gutgelaunt. "Ich habe vor einer Stunde mit den Juristen gesprochen und alles geklärt. Mr. Kenturry und T'Ro habe ich auch schon kennengelernt; sie sind begierig auf deine Berichte. Captain Lakon hat wohl außerdem den Befehl erhalten, nicht nur den Planeten wieder aufbauen zu helfen, sondern auch die Forschung hier weiterzubetreiben."
"Das hört sich sehr gut an." A´kebur sah sich um, ob sie auch nicht gehört wurden. "Kann ich zu dir kommen?", fragte er leise.
"Sicher doch. Ich bin wieder auf der Sovk; wie's aussieht, werde ich da nun auch länger bleiben und meinen neuen Kollegen zur Hand gehen."
A´kebur machte auf dem Absatz kehrt und lief zurück zum Transporterraum. "Bitte beamen Sie mich zur Sovk ", bat er ohne erklärende Worte. O’Brien sah ihn erstaunt an. Dann grinste er. "Aye. Bis später, Fähnrich."
Sekunden später war A´kebur zurück auf dem vulkanischen Schiff. Im Vergleich zur Großzügigkeit der Enterprise wirkte hier alles fast schon beengt, obwohl es alles andere als klein war. Auf dem Gang lief A´kebur Shana über den Weg. "Hey, da bist du ja wieder", begrüßte sie ihn, "du siehst besser aus. Hast du dich etwa erholt?", meinte sie und klimperte unschuldig mit ihren Wimpern.
"Ähm, ja, ich muss ..." A´kebur wirkte unruhig wie Quecksilber.
Shanas Grinsen wurde breiter. "Na, geh schon!", rief sie.
A´kebur wurde grün bis zu den Ohrenspitzen, scherte sich darum jedoch nicht, sondern lief zu Etiennes Quartier.
Er fand seinen Geliebten in einen Stapel Datenpads vertieft; obwohl er die Jacke jetzt lässig über der Stuhllehne hängen hatte, sah es so aus, als hätte Etienne sich für das Treffen mit den Wissenschaftlern herausgeputzt. Er lächelte A´kebur an und wirkte irgendwie befreit. Wie seit Wochen nicht mehr.
A´kebur irritierte das ein wenig. Aber nur kurz. Mit einer Hand zog er Etienne hoch, küsste ihn und schob ihn zum Bett. "Ich brauche dich", flüsterte er begehrlich und nicht im Geringsten zurückhaltend. Etienne lachte und ließ sich mitreißen. Er wusste, A´keburs Worte standen für etwas, dass er nicht anders ausdrücken konnte. Noch nicht. Aber sie hatten ja Zeit. "Und ich dachte, nach so einem harten Arbeitstag wärst du erschöpft!", neckte er.
"Ich bin nicht erschöpft, ich, ich ... Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich dich brauche." Hungrig küsste A´kebur sich an Etiennes Hals herab. "Und warum hast du soviel an? Machst du das mit Absicht?"
"Natürlich. Denkst du, ich habe den ganzen Tag nichts Besseres zu tun, als halbnackt auf dich zu warten, hm?" Etienne kraulte durch die langen Haare seines Klingonen und streichelte über die Ohrspitzen.
"Ja, warum nicht?", fragte ihn A´kebur missmutig.
"Das würde dir vermutlich so passen. Aber wie es aussieht, habe ich in Zukunft einen ebenso ausgefüllten Dienstplan wie du. Am Ende bleibt uns vielleicht nicht mehr soviel Zeit, wie wir es gerne hätten."
A´kebur wusste, dass Etienne recht hatte. Aber er wollte das nicht hören. Doch die dunklen Augen Etiennes sprachen auch stumm unerbittlich weiter.
A´kebur verbarg sein Gesicht. Er wollte nicht. Er fühlte sich nicht vollständig. Trotz der geistigen Verbindung fehlte ihm ständig etwas, wenn Etienne nicht da war. Dann konnte nur seine Arbeit ihn ablenken.
"Wir bekommen das schon hin", flüsterte Etienne, "du musst dich nur daran gewöhnen." Daran gewöhnen, mich gehen lassen zu können, setzte er stumm hinzu. Denn das war unvermeidlich. Noch waren sie beide auf der Sovk, aber nicht mehr für lange.
A´kebur sah wieder auf. Er wirkte alles andere als zufrieden. Missmutig setzte er sich auf. "Ich weiß das, aber es hilft nicht sonderlich", meinte er dann.
"Aber was sollen wir sonst machen? Denk daran, dass wir geistig verbunden sind. Wir brauchen, um uns nahe zu sein, nicht einmal in derselben Galaxis zu sein." Zielsicher massierte Etienne ein paar verkrampfte Muskeln im Nacken seines Geliebten. "Und ansonsten... Vorfreude erhöht den Reiz."
A´kebur hob eine Augenbraue. Er leckte sich über die Lippen und überlegte. "Okay, wie du meinst", antwortete er. "Wenn dir das reicht!" Er sah Etienne herausfordernd an. Dieser lächelte.
"Von reichen kann nicht die Rede sein, aber uns bleibt nicht viel anderes übrig. Vermutlich wird es mit der Zeit einfacher. Hoffe ich." Er tippte A´kebur spielerisch auf die Nase. "Und vielleicht hast du ja eines Tages doch mal genug von mir."
A´kebur senkte seine Barriere und wartete einen Moment, damit Etienne begriff, was er vorhatte zu tun. Und dieser verstand sofort. Das Band zwischen ihnen loderte auf wie ein glühender Faden, leuchtend und unzerreißbar. Wie auf Wellen ritten darauf die Gefühle der beiden, strömten zwischen ihnen hin und her und schaukelten sich dabei noch höher. Etienne schloss die Augen. Er konnte A´keburs schneller werdenden Herzschlag hören - oder war es sein eigener?
Dieser grinste. "Mir reicht das nicht", flüsterte er und küsste Etienne. A´kebur dachte nicht daran, Etienne aus seiner geistigen Umarmung zu lassen, genauso wenig wie aus seiner physischen. Er wollte alles und er wollte es jetzt.
Etienne protestierte nicht, ganz im Gegenteil. Das Verlangen tobte ihn ihm genauso heftig durch die doppelte Berührung, und er hätte es um nichts in der Welt in diesem Moment aufgeben wollen. A´kebur kannte seinen Schwachpunkt in dieser Beziehung wohl auch nur zu gut.
Und wenn er es nicht tat, jetzt wusste er es ganz bestimmt. Doch der Höhenflug dauerte nur knapp zwanzig Minuten. Dann lag er halbohnmächtig neben A´kebur, der schon so kurz danach etwas nachdenklich wirkte. Etienne brauchte ein paar Augenblicke, um überhaupt wieder geradeaus sehen zu können. Er kuschelte sich an A´kebur und blickte ihn fragend an. "Was ist?"
"Ich war nicht in dir drin. Gut, ich war in dir drin. Aber nicht richtig", brummte A´kebur. "Es dürfte also nicht weh tun."
Einen Moment lang war Etienne verwirrt, dann begriff er und musste grinsen. Sieh mal einer an, da hatte sich jemand gemerkt, dass Etienne sich beklagt hatte, er könne sonst wieder nicht sitzen. Und dabei hatte er gedacht, A´kebur würde so etwas wie Rücksicht nicht einmal dann kennen, wenn es ihn in die Nase beißen würde. Es war einfach nur unbeschreiblich süß.
"Danke, aber so schlimm ist es wirklich nicht mehr. Shana hat mich gut zusammengeflickt, und meine hochoffiziellen Gespräche sind auch vorbei. Von daher ..."
"Das sagst du erst jetzt?" A´kebur setzte sich entrüstet auf.
Etienne lachte. "Ich habe einfach nur diese neuartigen Anwandlungen an dir genossen. Das kann ruhig öfter so sein." Sanft küsste er seinen Geliebten aufs Ohr. "Wann musst du wieder zum Dienst? Bis dahin haben wir doch sicher noch Zeit."
"Commander LaForge hat mir acht Stunden gegeben. Davon sind", A´kebur schaute auf, "noch sieben Stunden und dreizehn Minuten übrig."
"Das wird reichen. Aber solltest du nicht auch noch etwas schlafen? Nicht, dass wir dich hier überanstrengen...", neckte Etienne und streichelte über A´keburs Brust.
"Du kannst mich nicht überanstrengen. Und ich kann noch mal, wenn du es dir zutraust."
"Das klingt ja so, als vertrüge ich gar nichts." Etienne drückte seinen Geliebten wieder aufs Bett und küsste langsam dessen Körper hinunter. "Aber ich glaube, ich schulde dir noch was für eben. Mach mal die Augen zu."
"Warum?", fragte A´kebur eindeutig misstrauisch. "Du schuldest mir gar nichts."
"Vertrau mir einfach, ich tu dir schon nichts."
A´kebur hob eine Augenbraue, dann die andere. "In Ordnung", gab er nach. Er schloss die Augen und wartete angespannt.
Zwei Sekunden später riss er jedoch die Augen wieder auf, als Etienne an seinen unteren Regionen ein Talent mit seinem Mund unter Beweis stellte, das er bisher erfolgreich verschwiegen hatte. Fassungslos sah A´kebur das, was ihm sein Verstand verweigerte. Grob riss er Etienne hoch.
"Warum tust du das?", brüllte er ihn an.
Völlig verwirrt sah Etienne ihn an. "Ich dachte, das wäre offensichtlich? Erzähl mir nicht, es ist unangenehm. Das soll es nämlich nun gerade nicht sein."
"Aber, aber... Das kannst du nicht machen!", wiederholte A´kebur nur, ohne sich wirklich zu erklären. "Das geht nicht!"
"Und warum nicht?"
"Das macht ein Mann nicht. Du bist keine qabang." A´kebur rückte ab. "Du bist das nicht. Du solltest das nicht machen."
"Aber das macht mir doch nichts aus, im Gegenteil. Ich mache das freiwillig. Du hast wirklich ein paar merkwürdige Vorstellungen." Etienne verstand wirklich nicht, wo das Problem war.
"Du hast das schon mal gemacht?", fragte A´kebur nun noch mehr schockiert.
"Ja, wieso? Und es ist weder entwürdigend noch demütigend oder sonst irgendwas."
"Menschen sind seltsam, Etienne!"
"Ich dachte, das wüsstest du inzwischen." Etienne umarmte A´kebur und küsste ihn aufs Ohr. "Lass dich doch einfach auf was Neues ein."
A´kebur leckte sich die Lippen. Es war schön, das wusste er. Aber bis auf Huren hatte das noch niemand gemacht. Und seines Wissens machten das auch nur Huren anderer Völker. Keine klingonischen Frauen. Es waren immer fremdrassige Frauen. Aber ein Mann hatte so etwas nicht zu tun! Das war irgendwie falsch.
Etienne entging die Reaktion nicht. Er schob A´kebur wieder aufs Bett und küsste ihn. "Ich hör auf, wenn's dir absolut nicht gefällt", versprach er.
"Das ist es nicht. Aber das machen nicht wirklich Männer für Männer auf der Erde, oder? Das würde keinem Klingonen einfallen. Da bin ich mir sicher. Selbst, wenn er kein Krieger ist."
"Das ist bei Männern, die auf Männer stehen, auf der Erde kein Problem. Und auch woanders nicht, das habe ich schon festgestellt. Ist wohl auch einfach ne kulturelle Sache."
A´kebur sah Etienne prüfend in die Augen. "Und dir gefällt das", stellte er einfach fest. "Mir gefällt es auch. Aber ich werde es nicht können."
"Verlangt doch auch niemand. Du sollst dich einfach nur entspannen und genießen."
A´kebur ließ Etienne nicht aus den Augen, als er seinen Kopf zurücklegte und sich etwas entspannte. Zögernd schloss er die Augen. Dann fiel ihm etwas ein. Er griff nach dem Band in seinem Inneren. Er wollte wissen, ob es wirklich Etiennes Wunsch war. Er wollte keine Hure. Niemals. Niemand, der sich verkaufte. Aber die Verbindung zu seinem Geliebten bestätigte ihm nur Etiennes Worte. Dieser machte das gerne, ohne Zwang und Verpflichtung.
"Mach, was du willst", flüsterte A´kebur.
Das ließ Etienne sich nicht zweimal sagen. Er machte da weiter, wo er eben aufgehört hatte; und von A´kebur gab es keine weiteren Proteste. Ganz im Gegenteil.
Etienne war sich ganz sicher, ein paar Stunden schlechter hören zu können. A´kebur brüllte fast. Die Lust seines Gefährten hinterließ auch bei ihm Spuren. A´kebur zog ein paar Mal Luft durch seine Zähne und öffnete dann die Augen. Etienne war eindeutig besser als jede Frau und irgendwo war neben dem Wunsch noch ein klein wenig Neckerei versteckt gewesen, die er erst zu spüren bekommen hatte, als es kein Zurück mehr gegeben hatte.
A´kebur grinste. "Menschen sind unmöglich. Der Schöpfer muss sich einen besonderen Scherz mit ihnen erlaubt haben. Aber ich glaube, mir gefällt dieser eine Mensch mehr als jedes andere Wesen in diesem Universum. Verrückt. Eindeutig verrückt. Aber eindeutig mein."
Etienne grinste zurück und wirkte wie die sprichwörtliche Katze am Sahneteller. "Danke fürs Kompliment."
"Das war kein Kompliment", wies A´kebur ihn zurecht. "Ein Kompliment wäre, wenn ich sage, dass du schön bist. Aber das habe ich nicht gesagt."
"Trotzdem danke. Aber dir sage ich ganz offen ins Gesicht, das du schön bist. Aber das ist kein Kompliment, sondern eine Tatsache."
Prompt bekam Etienne den Anblick von grünen Ohrenspitzen geschenkt und einen bösen Blick aus blauen Augen. "Lass das! Männer sind nicht schön. Ich will jetzt schlafen." A´kebur drehte sich zu ihm und blieb so liegen, nahe bei ihm.
"Na, wenn du meinst." Etienne umarmte A´kebur und hielt ihn fest, nicht, ohne ihn vorher noch einmal sanft zu küssen.
"Ja, meine ich", murmelte A´kebur. "Sei da, wenn ich aufwache", fügte er einen Moment später hinzu und schlief gleich darauf ein.
Etienne lächelte. Wenn er je gewusst hätte, dass er an A´keburs Seite gehörte, dann war es in diesem Augenblick. Er küsste seinen Geliebten noch einmal aufs Ohr, flüsterte "Ich liebe dich" und rollte sich dann neben ihm zusammen.
Die nächsten Tage waren die Mannschaften der Sovk und der Enterprise damit beschäftigt, alles Wichtige über die Quelle zu erfahren. Ihnen war bewusst, dass sie dafür mehrere Jahre brauchen würden, um wirklich alles zu verstehen und die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass sie es niemals verstehen würden.
Aber das hielt sie nicht davon ab, jede Wand abzulichten, jeden Messwert zu erfassen und das Gebiet weitläufig zu kartographieren. Bald waren sie sich absolut sicher, dass die Wächter ihre Aufgabe vollkommen erledigten und keine Gefahr mehr bestand. Der Plan sah vor, dass die Wächterplaneten sowie Charon 7 in die Patrouillenrouten aufgenommen wurden. Darüber hinaus erhielten sie einen Ring von Satelliten und Abwehrsatelliten. Der zweite Wächterplanet war gerade erst gefunden worden und wurde wie Charon7 untersucht. Die Stellen, wo sich die Artefakte befanden, wurden gesondert gesichert. Nicht einmal ein gezielter Angriff würde eine Gefahr für sie darstellen.
Je ein Archäologenteam kümmerte sich um einen Wächterplaneten genauso wie sich bald ein verstärktes Archäologenteam um Charon 7 kümmerte.
Die ersten Siedler kehrten wieder zurück und der Aufenthalt des Flagschiffs der Sternenflotte führte zu einigen diplomatischen Verwicklungen, aber damit war zu rechnen gewesen.
A´kebur und Etienne hatten, jeder auf seine Weise, genug zu tun. Commander LaForge und Data hatten es sich in den Kopf gesetzt, mehr über die Energiequelle herauszufinden und hatten A´kebur als Assistenz angefordert. Etienne begleitete die Archäologen ebenfalls zu den unterirdischen Bauten und steuerte sein Piraten und Schatzgräberwissen bei, das sich als sehr nützlich erwies.
Doch dann konnte die Enterprise nicht mehr länger im Quadranten bleiben und der Richter fällte über Etienne sein Urteil. Ein Monat auf einer Reha-Kolonie und dann sofortigen Einsatz auf Charon 7.
Etienne war froh, damit die Sache hinter sich bringen zu können. Einen Monat würde er aushalten können, auch wenn ihm vor einer Reha-Kolonie noch immer heimlich grauste. Aber da war nichts zu machen. Die Enterprise würde ihn zur Serenity 2-Kolonie mitnehmen.
A´kebur hastete durch die Gänge der Enterprise, um Etienne noch zu treffen, bevor die Enterprise davonflog. Er hatte noch zehn Minuten, dann sah er Etienne für eine lange Zeit nicht mehr. Er fand ihn vor dem Transporterraum. Shana und er unterhielten sich angeregt miteinander, was A´kebur für einen Moment störte.
Aber dann riss er sich zusammen. Etienne gehörte ihm nicht. Dieser drehte sich um und lächelte ihn an; er wusste inzwischen ganz genau, wenn sein Geliebter sich näherte. "Shana hat versprochen, darauf zu achten, dass du keine Dummheiten machst", erklärte er, "und mir auch nicht mit irgendwelchen üppigen Blondinen davonläufst."
"Ich habe noch nie Blondinen verfolgt", antwortete A´kebur überrascht. "Klingoninnen oder Orianerinnen. Bei letzteren sind die Pheromone unwiderstehlich. Aber keine Blondinen."
"War nur so eine Redensart. Aber dann falle ich ja wirklich aus deinem üblichen Beuteschema. Gut zu wissen." Ungeniert darüber, dass sie auf den Gängen eines Starfleetschiffes standen, umarmte Etienne A´kebur. "Ich wünsche dir viel Glück bei den Forschungen hier. Ich hoffe, mir werden zwischendurch Com-Gespräche erlaubt. Und wenn nicht, wir können uns ja auch so erreichen."
Shana sah fasziniert dabei zu, wie die blassen Ohrenspitzen wieder einmal grün wurden.
"Wie kann man nur zum Vernaschen hübsch sein, das Herz eines Kriegers haben und so empfindlich, dass jeder intime Gedanken sichtbar wird?", fragte sie.
A´kebur meinte, dass sie das nichts anginge und es zudem eine normale biologische Funktion sei, die nichts zu bedeuten habe. Und zudem störe sie.
Shana wirkte für einen Moment beleidigt. Dann grinste sie jedoch. "Seid lieb!", forderte sie noch und ging zum Transporterraum.
"Wir immer, du kennst uns doch!", rief Etienne ihr nach und lachte. Jetzt waren sie allein, abgesehen von ein oder zwei Crewmitgliedern, die um diese Uhrzeit durch die Gänge eilten. "Drück mir die Daumen, dass die Zeit schnell vorbeigeht", bat Etienne und verlor etwas von seiner selbstsicheren Phase. "Mir graut es echt davor."
"Soll ich die Wachen zusammenschlagen, bestechen, fesseln und dich befreien?", bot A´kebur an.
"Ein schönes Angebot, wirklich. Und wenn ich nicht genau wüsste, dass es auf Dauer keine gute Idee ist, würde ich glatt zustimmen." Etienne grinste schief. "Nein, da muss ich durch."
"Wie du meinst. Dann in vier Monaten. Ich glaube, du kannst nach vier Monaten Urlaub beantragen. Ich werde auf dich warten." A´kebur lächelte. Er küsste Etienne nicht, sondern trat einfach zurück.
"Ich weiß, wo du bist", sagte er noch, dann folgte er Shana in den Transporterraum, um dabei zu sein, wenn er Etienne im Transporternebel entschwand.
Etienne sah ihm kurz nach. So verrückt es auch war, er vermisste ihn jetzt schon. Aber die Zeit würde vorrübergehen. Etienne würde gute Miene zum bösen Spiel machen und sich dann um seine neue Arbeit kümmern. Und A´kebur hatte recht: wohin sie auch gingen, sie waren niemals allein.
Die Autorinnen
Neko (Neko Hoshino)
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Tag der Veröffentlichung: 02.03.2017
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Rechteinhaber: Das Universum von Star Trek gehört seinem Erschaffer Gene Roddenberry und dem, der die Lizenzen verkauft. Im Moment ist das Paramount Pictures. Bis auf die bekannten Figuren der Enterprise sind jedoch alle andere Charaktere frei von den Autoren erfunden. Fanfiktion mit diesen Figuren sind erlaubt, eine kommerzielle Verwendung verbietet sich aber aus mehreren Gründen. Bitte bei Leihen jeglicher Art die Autorinnen fragen (weil wir nämlich neugierig sind) - Mails werden aktualisiert, sollten sie sich ändern. Bei dem Urheber und den Rechtsinhaber von Star Trek bitten wir um Entschuldigung, dass wir nicht gefragt haben und wir lediglich versprechen können, dass wir das hier nicht als unsere eigene Sache ausgeben. Es ging einfach nicht anders, denn mit Star Trek fing im Grunde alles an...