"Kontrollzentrum von Deep Space 13, hier ist Captain Duval von der Drake. Erbitte Andockerlaubnis für Reparaturen."
Der Kommunikationskanal rauschte ein wenig und Captain Etienne Valor Duval schlug gegen das Kontrollpaneel. Noch einmal fiepte es, dann ertönte endlich eine weibliche, unpersönlich klingende Stimme: "Captain Duval, Sie haben Andockerlaubnis an Rampe 3."
Etienne atmete auf. Er hatte schon befürchtet, dass diese kleine Station am Rand der Neutralen Zone überlastet war und keine Schiffe mehr andocken ließ, die nicht der Sternenflotte der Föderation angehörten. Aber umso besser, denn sehr viel weiter konnte er mit seinem Schiff nicht mehr fliegen.
Mit einem eleganten Schwenk glitt die Drake zur entgegengesetzten Seite der Station auf die besagte Andockrampe zu. Die Drake war kein sonderlich großes Schiff, hatte aber den Vorteil, dass sie keine weitere Crew benötigte.
Bis vor einer Woche hatte Etienne allerdings noch eine Crew gehabt. Genauer gesagt seine Partnerin Tania. Doch was hatte die Frau gemacht? Sie hatte einfach so beschlossen, sich mit einem reichen Schnösel auf Alpha Centauri III niederzulassen und ein Kind zu bekommen. Tolles Timing, fluchte Etienne einmal mehr. Und das gerade jetzt, wo seine weitere Reise anstand, die ihn ins Romulanische Reich führen würde, um dort ein wenig des überall in der Galaxis beliebten Ale zu bunkern und gewinnbringend in der Föderation zu verkaufen. Von dem kleinen Auftrag, der ihn in der Hauptsache hierhergeführte, einmal völlig zu schweigen.
"Halten Sie Ihre Papiere bereit, Captain Duval. In letzter Zeit hat es vermehrt Schmuggelvorfälle gegeben. Wir überprüfen Ihre Fracht!", informierte ihn der Kommunikationsoffizier.
Etienne grinste. So, Schmuggel? Sie konnten die Drake gerne auf den Kopf stellen, aber die speziell duraniumverstärkten Verschläge, die sich jedem normalen Tricorderscan entzogen, würden sie nicht finden und damit auch nicht das kleine Kästchen, welches er für Toran hatte besorgen sollen. Das kleine Schmuckstück würde ihm 5.000 Barren in Gold gepresstes Latinum einbringen. Das war ein guter Schnitt für ihn und dem Ärger, den er bisher hatte, mehr als angemessen.
Brav holte Etienne seine Händlerlizenzen heraus, um sie vorzeigen zu können.
Es zischte und ruckelte, als sein Schiff arretiert wurde.
Dann zischte es erneut - jedoch etwas länger. Sauerstoffreichere Umgebung hieß das für ihn als Mensch und damit das Wissen, dass die Schotten zum All hin geschlossen waren. Die Raumluft der Drake zu tauschen oder einen neuen Filter einzubauen, war auch keine schlechte Idee, was ihm zu diesem Thema einfiel. Aber vorher musste er die rotbefrackten Sicherheitsleute an Bord bitten. Es waren zwei mit Phasern bewaffnete Männer, äußerlich menschlich und eher langweilig, wenn man die Vielfalt des Lebens bedachte. "Sicherheit, Deep Space 13. Bitte öffnen Sie die Schotten, Captain Duval!"
Etienne tat wie geheißen und löste die Sperre an den Schotten, die mit einem bedenklichen Ruckeln beiseite glitten. Das Schiff fiel ihm ja fast auseinander, das war nicht mehr mit anzusehen.
"Meine Herren, bitte", winkte er den Sicherheitsleuten mit einem Lächeln auf den Lippen herein, "Ich entschuldige mich für die Unordnung, aber mein letzter Stopp ist schon eine ganze Weile her."
Die beiden sahen ihn an, als hätten sie auf Zitronen gebissen. Mit ihnen konnte er also durchaus Probleme bekommen, wenn ihre schlechte Laune sich an ihm entlud, wobei das natürlich auf fast jeden Sicherheitsoffizier von Starfleet zutraf.
"Ihre Papiere bitte, Captain Duval! Transportieren Sie verbotene Waren, Tiere, Artefakte oder anderes? Gibt es noch weitere Personen an Bord?"
Als ob die Stationssicherheit nicht wusste, dass er allein war, dachte Etienne. Er hatte die Scannersignale empfangen.
Brav überreichte er seine Lizenzen. "Nein und nein", antwortete er; was sogar teilweise der Wahrheit entsprach. Außerdem waren die paar Päckchen olosianischer Glücksstaub und ein Artefakt für einen besonderen Kunden in den geheimen Frachtcontainern eigentlich nicht der Rede wert, wenn es nach seinem persönlichen Maßstab ging. Die Ferengi hätten ihm in diesem Punkt auch zugestimmt, doch die Föderation und deren Gesetzgebung war da leider anderer Meinung und dazu noch überaus pingelig.
Die beiden Sicherheitsleute gingen mit Tricordern durch sein Schiff, korrelierten öfter die Einstellungen und kamen zurück. "Bitte öffnen Sie die zwei Container!", forderten sie ihn auf und deuteten dabei auf die zwei Transportcontainer, die als einzige ein offizielles Indiz seines Berufsstandes als Händler waren. Etienne tippte einen Code auf dem Schaltpaneel ein und sie öffneten sich zischend. Darin lagerten allerdings nur ein paar unspektakuläre Ersatzteile für Warpantriebe - das einzige, was an der Drake immer einwandfrei funktionierte - und ein paar Kisten saurianischen Brandy.
"Alles in Ordnung, Sir. Vielen Dank für Ihre Kooperation. Willkommen auf der Station. Wir wünschen Ihnen einen schönen Aufenthalt, Captain Duval."
"Danke", erinnerte sich Etienne an seinen Manieren. Nun, das war fürs Erste geschafft, resümierte er und blickte den Offizieren nach, die ihren Aufgaben nachgingen, ohne ihn noch weiter zu beachten.
Der nächste Schritt hieß wohl, der Drake eine Generalüberholung zu verpassen und zwischendurch herauszufinden, ob diese Station noch etwas anderes beherbergte außer einem Trupp diensteifriger Starfleet-Leute. Nur gut, dass er sich die Idee, selbst der Sternenflotte beizutreten, rechtzeitig schon vor Jahren aus dem Kopf geschlagen hatte. Diese Arbeit war eindeutig nichts für ihn und widersprach schlicht seinem unsteten Charakter.
Etienne streckte sich und tippte ein paar Befehle ein und startete mit einem Befehl das erste Wartungsprogramm, welches die schlimmsten Fehlfunktionen anzeigen sollte. Doch schon jetzt wusste Etienne, er kam keinesfalls um eine Anfrage bei der hiesigen technischen Abteilung herum, um ein paar Ersatzteile zu erstehen. Und mit dem Einbauen jener Teile war es auch nicht ganz einfach. Etienne verstand zwar genügend von der Technik seines Schiffes, aber ein Ingenieur war er nicht. Das war bisher immer Tanias Job gewesen.
Verdammte Weiber! Wann war je eine von ihnen zuverlässig gewesen? Etienne schwor sich, so schnell keine Frau wieder an Bord zu holen.
Doch das stand am Ende der Dinge, die gerade wichtig waren. Er machte sich daher auf den Weg, um die dringendsten Punkte auf seiner langen Liste von Erledigungen abstreichen zu können.
Die Station Deep Space 13 war nicht sonderlich groß und gehörte mit zu den älteren ihres Typs. Genauer, es handelte sich um eine ehemalige, aufgegebene Außenhandelsstation unweit der Neutralen Zone. Im Moment wurde sie von Starfleet generalüberholt, um dann als vollwertige Raumstation eingesetzt zu werden. Überall hingen Kabel aus den Schächten, liefen Ingeniere, zivile wie militärische, durch die Gänge, kommunizierten über die neueste Generation von Kommunikatoren, die Etienne noch immer neidvoll grün anlaufen ließen, wobei sie eine Menge Hektik verbreiteten.
Unvermittelt tauchte ein Schopf mit langen, lockigen Haaren in anderthalb Metern über ihm aus einem der Schächte auf und fluchte in schönstem Klingonisch die farbenprächtigsten Beleidigungen. Der Mann, dem dieses Mundwerk gehörte, schob sich noch ein Stück weiter heraus. Er trug die gelbe Uniform der Technik und war damit eindeutig erkennbar als Angehöriger von Starfleet.
Ein wenig überrascht blieb Etienne stehen. Er hatte schon davon gehört, dass es neuerdings eine Handvoll Klingonen in der Sternenflotte gab. Aber dass er ausgerechnet hier an diesem Ort ein Exemplar antraf, damit hatte er überhaupt nicht gerechnet. Und dann auch noch in der technischen Abteilung, das war überaus interessant.
Etienne schätzte die Klingonen als gelegentliche Handelspartner, aber sie hatten leider auch die unheilvolle Neigung, Meinungsverschiedenheiten jeglicher Art mit Gewalt lösen zu wollen.
Aus diesem und noch einigen anderen Gründen ging Etienne nie unbewaffnet in die Nähe eines Klingonen. Darüber hinaus hatte schon vor Jahren deren Sprache mitsamt aller Idiome und Dialekte gelernt, um rechtzeitig vorgewarnt zu sein. Und ja, die Flüche, die dieser Klingone hier ausstieß, waren wirklich nicht mehr gesellschaftsfähig.
Inzwischen war der Klingone, der offensichtlich den Rang eines Fähnrichs bekleidete, ganz aus der Jeffries-Röhre herausgekrochen, und heruntergeklettert. Dabei hatte er ganz nebenbei eine beeindruckende Körpergröße entfaltet. Doch das war nicht das einzige, was beeindruckte: Etienne erblickte eine Schönheit und er schwor dabei beim Leben seiner Eltern, dass dieser Klingone kein reinrassiger war. Andernfalls aß er freiwillig einen Teller voll Gagh. Als er die spitzen Ohren sah, wusste er auch, wer die andere Hälfte der genetischen Ausstattung bei diesem Exemplar beigesteuert hatte.
"Fähnrich A´kebur, reißen Sie sich zusammen!" Der gerufene Klingone wandte sich an seinen Vorgesetzten.
"Ja, Sir, dass würde ich gern, Sir. Aber diese Ersatzteile sind der letzte Dreck, Sir. Die Ferengi haben uns da Schrott verkauft."
"Fähnrich, Sie sind Offizier der Sternenflotte, also mäßigen Sie Ihre Wortwahl!" Der vorgesetzte Offizier, ein schon in Ehren ergrauter Mensch mit strengem Gesicht und dem nach Rang offenkundig der Chefingenieur der Station, klang deutlichst ungehalten, während er zu seinem Fähnrich hinaufsah. "Das Material, das uns die Ferengi geliefert haben, ist dreimal überprüft worden. Es muss eine andere Ursache für die Fehlermeldungen nach dem Einbau geben und damit ein anderer Grund, warum die EPM-Leiter nicht funktionieren. Finden Sie ihn!"
Zufrieden mit seiner Maßregelung und von der Hoffnung beseelt, dass sich die Probleme nicht weiter aufaddierten, wandte sich der Chefingenieur um und kehrte zu seinen eigenen Arbeiten zurück.
Etienne verkniff sich ein Grinsen. Er war zwar noch nie auf dieser Station gewesen, aber das Handelsmonopol in diesem Planquadranten hatte ein einflussreicher Ferengihändler namens Thul. Und dieser hatte die schlechte Angewohnheit, Dinge zu verkaufen, die sich erst beim vierten Prüfen oder einem Spezialscan mit besonderen Einstellungen als der Schrott erwiesen, der sie waren. Von diesem Mann konnte sogar er noch etwas lernen, auch wenn er selbst kein Anfänger auf dem Gebiet war.
Der Klingone, der ein deutliches Merkmal von Vulkaniern mit sich führte, verzog den Mund. Dabei offenbarte er recht gerade Zähne. Kein Vergleich mit dem Raubtiergebiss der reinrassigen Klingonen. Wahrscheinlich war das auch eines der Gründe, warum er hier war und nicht auf einem klingonischen Schiff diente. Die Merkmale dieser kriegerischen und äußerst stolzen Rasse waren nicht stark genug ausgeprägt für deren Geschmack.
Das machte ihn fast automatisch zu einem Außenseiter. Aber der Verhaltenskodex des Fähnrichs und der akzentfreie Dialekt aus dem Zentrum des Klingonischen Reiches verrieten einen langen Aufenthalt außerhalb menschlicher oder gar vulkanischer Einflüsse.
Der Fähnrich schoss gerade auf ihn einen Blick aus blauen Augen ab. Ein weiteres und jetzt wirklich außergewöhnliches Merkmal. Für Klingonen wie für Vulkanier gleichermaßen. A´kebur, wie Etienne erfahren hatte, verbiss sich aber jedes weitere Wort. Trotzdem war die Aussage eindeutig und übersetzt bedeuteten Mimik und Gestik schlicht: "Verzieh dich!"
"Sie sollten die Ersatzteile noch ein viertes Mal scannen lassen", riet Etienne betont lässig, "Und dann sollten Sie Thul an seinen fetten Ohren aufhängen, wenn er Ihnen das Geld nicht zurückerstattet." Mit diesen Worten ging er weiter.
Offenbar würde der Aufenthalt auf dieser öden, abgewrackten Station doch nicht ganz so trübe werden, wenn hier solche interessanten Leute herumliefen. Den Gedanken konnte er jedoch nicht ganz zu ende denken, denn hinter sich hörte er plötzlich einen handfesten Streit. Es war der kleine Fähnrich mit seinem Vorgesetzten. "Der Ferengi hat Schrott verkauft. Ich habe dieses Teil hier noch einmal gescannt. Es ist defekt. Wenn wir noch mehr Sachen einbauen, dann können wir den Zeitplan nie einhalten", rief der junge Mann ungehalten und immer noch wütend.
"Mäßigen Sie Ihre Stimme, Fähnrich!", wurde er von seinem Vorgesetztem erneut zurechtgewiesen, der sich bei seiner Inspektion der übrigen Bereiche noch nicht allzu weit entfernt hatte und nun gezwungen war, sich erneut mit seinem lautstarken Fähnrich auseinanderzusetzen. "Ich prüfe das."
A´kebur kämpfte derweil deutlich mit seinem Temperament. Nahm jedoch gehorsam Haltung an und ging wieder zurück zu seiner Jeffriesröhre. Er sah kurz hinein, dann steckt seinen Tricorder zurück in den Gürtel, um sich dann mit einem Zug in die Röhre zu schieben. Eigentlich hätte dieser Ort Platzangst bei einem Wesen seiner Größe verursachen müssen. Aber offensichtlich war das weniger der Fall.
Etienne wartete, um zu erfahren, wie der kleine Zwischenfall weiterging, aber nun schien zu seinem Bedauern Ruhe eingekehrt zu sein. Besonders, weil der Vorgesetzte des Klingonen eines der Ersatzteile scannte und ein verärgertes Gesicht zog, als er merkte, dass die Teile wirklich defekt waren.
"Bauen Sie alle Teile wieder aus, Fähnrich!", hörte Etienne ihn sagen, "Ich werde umgehend neue ordern."
Es war, als hätte er damit die Erlaubnis zur Zerstörung gegeben, denn es flogen ein paar Teile aus der Jeffriesröhre in eine Tonne, die eigentlich nur den Schrott aus der alten Station aufnehmen sollte. "Sortieren Sie es extra, Fähnrich!", kam der prompte Befehl. "Immer das Gleiche mit ihm", brummte der Chefingenieur, als er an Etienne vorbeiging. "Ein Genie auf seinem Gebiet, aber den Teufel im Leib."
Nun musste Etienne wirklich an sich halten, um nicht doch noch laut zu lachen. Er wusste nicht, wen er mehr bedauern sollte, den Chefingenieur oder den klingonischvulkanischen Fähnrich. Es war zweifellos ein Wunder, dass sie sich noch nicht in Stücke gerissen hatten.
Noch ein letztes Mal sah Etienne sich zur Jeffriesröhre um, aus der nur noch ein paar dunkle Haare herausragten und einmal mehr gedämpfte Flüche zu hören waren, dann schlenderte er weiter.
Etiennes Ziel hatte sich nach diesem kleinen Zwischenfall ein wenig geändert, wobei es kaum einen Unterschied zu seinem vorherigen Ziel gab. Er hoffte, hier am Ende der zivilisierten Welt auf eine anständige Bar mit etwas Besserem als Synthohol und der Möglichkeit, Informationen zu erhalten. Etienne überlegte und überschlug die Wahrscheinlichkeit einer solchen Einrichtung, obwohl sich die Station offenbar in einem grundlegenden Umbau befand. Er musste auf seinem Weg einigen Baustellen ausweichen. Die Station war nicht so bevölkert, wie er bei seiner Ankunft vermutet hatte. Das lag aber wohl mehr daran, dass es hier einfach zu wenig Räume für Gäste gab.
Wenn der Ferengi zudem noch komplett fehlerhafte Ersatzteile geliefert hatte, verzögerte sich der Zeitplan für den Umbau und die Erneuerung der Station sicher erheblich und damit auch der Einzug der Zivilbevölkerung.
Trotz des Umbaues, der Stolperfallen und der fehlenden, weil abgebauten, Wegweiser, fand Etienne ein handgeschriebenes Schild, das ihm den Weg zum Erholungsbereich wies. Diesen gab es eigentlich auf jeder größeren Station. Aber selbst kleinste Stationen versuchte so etwas zu etablieren, auch wenn sie vom Umfang her das Attribut Erholung nicht wirklich verdiente. Etienne wusste, dass es dafür zum Ausgleich aber immer ein paar gute Holosuiten und Holoprojektoren gab, die für den Schein sorgten, dass der Bereich großzügiger wirkte.
Als er das Entree des Erholungsbereichs betrat, sichtete er seine gesuchte Bar und er hörte darüber hinaus eine wohlbekannte Stimme. Dunkle Haut, weich tönende Stimme, wohlgesetzte Worte. Wenn das nicht sein Lieblings-El-Aurianer Suahi war. Der kräftige Mann, gewandet in dunkle Rot- und Grüntöne, blickte auf und ein Lächeln breitete sich auf seinem freundlichen, vertrauenerweckenden Gesicht aus.
"Valor, mein alter Freund, willkommen! Was hat dich in diesen Teil der Galaxis verschlagen?", grüßte er und begann ungefragt Etiennes Lieblingsdrink zu mixen, dessen Rezept Suahis großes Geheimnis war.
"Reparaturen, das übliche", erklärte Etienne und nahm an der Bar Platz. "Ein schönes Plätzchen hast du dir hier eingerichtet."
"Ja, dieser Platz gefiel mir. Er ist sehr interessant und spannend. Eine Station hat immer viele Besucher. Vor allen Dingen Herausforderungen, wie dich, Valor." Suahis stellte das Glas vor Etienne und schnippte gefühlvoll dagegen. Sofort begann dessen Inhalt zu leuchten und bewegte sich, als wäre er lebendig. Etienne probierte und grinste zufrieden. "Das habe ich wirklich vermisst. Und wo wir schon bei Herausforderungen sind, Suahi: Weißt du etwas über einen Starfleetfähnrich namens A´kebur, der hier in der Technik arbeitet. Klingone, nicht zu übersehen."
"Du meinst, zu überhören!"
"Das auch. Also, was kannst du mir erzählen?" Etienne nippte wieder an seinem Drink und genoss den würzigen Geschmack und das warme Glühen in seiner Kehle. Die Reparaturzeit auf dieser Station sah von Minute zu Minute weniger trostlos aus, besonders, wenn sich Suahis Köstlichkeiten in Reichweite befanden.
"Nun, er hat Gold in den Händen. Gib ihm etwas Kaputtes. Er repariert es dir. Er ist schnell tödlich beleidigt, hat aber durch seine Uniform einen einigermaßen haltbaren Knebel. Er ist allein, hat keine Freunde auf der Station. Manchmal trinkt er hier etwas. Zumeist zieht er sich aber schnell wieder zurück. Der Captain mag ihn und hält seine Hand, oder genauer, seine Tentakel über ihn. Er hat überlegt, ihn in die Sicherheit zu packen, weil er dort auch etwas zeigen könnte. Aber das Experiment würde wohl nach hinten losgehen. Soweit ich weiß, war er bis vor zehn Jahren noch jenseits der Grenze, ging dann zur Akademie und ist dann hier abgesetzt worden. Seitdem kommt er von hier mehr nicht weg, außer er kündigt. Keiner will einen Fähnrich haben, der auf Befehle Widerworte gibt. Etienne, er hat soviel Wut in sich, dass es für alle hier auf der Station reichen würde."
"Und woher kommt die Wut? Sicher, Klingonen sind schnell ungehalten, aber trotzdem..."
Suahis hob die Schultern. "Dann müsste er mit jemandem reden, um das zu erfahren. Er vertraut niemandem. Nicht einmal mir, was etwas heißen will. Er ist zufrieden mit den Maschinen. Sie wollen nur repariert werden. Aber sag mal, warum interessierst du dich für ihn? Bist du auf Jagd? Ich dachte, du hättest eine Gefährtin!" Suahi lächelte. "Eine eifersüchtige Gefährtin", fügte er hinzu.
Etienne winkte ab. "Mein Freund, das ist drei Jahre her. Ajany und ich gehen schon lange getrennte Wege. War auch besser so!" Er erinnerte sich nicht gern an die temperamentvolle, besitzergreifende Argelierin, die rundweg erklärt hatte, Etiennes Gesellschaft sei auf Dauer gesundheitsschädlich für sie. Und so etwas wie Treue sei offensichtlich unzumutbar für ihn. Nicht, dass sie Unrecht gehabt hätte. "Und vor einer Woche hat mich meine Ingenieurin sitzen lassen. Wir hatten zwar nicht wirklich was laufen, aber... ach, was soll’s!" Etienne nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Glas.
Suahi beugte sich nach vorn. "Willst du damit sagen, dass du spitz bist? Dann würde ich sagen, lass die Finger von dem Kleinen! Der frisst dich mit einem Happs, solltest du dich ihm mit unlauteren Absichten nähern", warnte er ihn.
"Das glaube ich dir gern. Deswegen habe ich ja dich gefragt, was es mit dem "Kleinen" auf sich hat. Klingonen muss man schließlich mit Vorsicht genießen", Etienne grinste, "davon abgesehen liege ich auch schwer im Magen. So schnell wird er mich schon nicht verfrühstücken."
Suahi schüttelte den Kopf. "Wie immer bist du unverbesserlich. Ich habe hier ein paar nette Frauen gesehen, die dir gern die Zeit vertreiben würden. Halte dich an sie und du lebst ein wenig länger, kleiner Mensch", wies er ihn auf seine Kurzlebigkeit hin.
"Du kennst mich doch, ich bin nicht für die einfachen Wege. Und von Frauen habe ich vorerst die Nase voll. Besten Dank, alter Freund." Etienne trank sein Glas leer. "Nachschub?"
Der Barmann holte seine Zaubertränke hervor und machte Etienne seinen nächsten Drink. "Sag nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte", meinte er nur und schnippte das Glas an, als er den Drink fertig hatte. Der Drink leuchtete prompt auf und offenbarte seinen optischen Zauber.
"Schon gut! Erzähl mir noch ein bisschen mehr über die Station hier. Und an wen ich mich wenden muss, wenn ich Probleme bei der Reparatur der Drake habe. Das alte Mädchen ist ganz schön mitgenommen und ich fürchte, ich stosse an die Grenzen meiner Fähigkeiten." Natürlich wusste Etienne schon ganz genau, wen er fragen würde, aber das musste Suahi ja nicht wissen.
"Besser ist, du fragst den Chefingenieur direkt. Aber ich kann es dir eigentlich nicht raten. Die von der Technik sind knapp eine Woche hinter dem Zeitplan. Kann sein, dass sie die Timeline nicht einhalten können, daher wird er keine Leute entbehren können. Du musst dir, wenn noch welche zu haben sind, einen von den zivilen Technikern holen. Aber die sind mittlerweile auch schon für gutes Geld in der Station beschäftigt und dementsprechend teuer, wenn du sie abwerben willst."
"Na toll", brummte Etienne. Die Ersatzteile würden schon ein Loch in seine Kasse reißen, aber einen gutausgebildeten Techniker stundenweise bezahlen zu müssen, würde sein Budget merklich anfressen. Schließlich brauchte er noch genug Geld für die nächsten Wareneinkäufe. Nein, die Idee war weniger schlau.
"Tja, du bist zu einem ungünstigen Zeitpunkt gekommen."
"Daran kann ich nichts ändern. Bis zur nächsten Starbase wäre ich mit den Schäden nicht gekommen. Also muss ich das irgendwie auf dieser Station regeln." Etienne attackierte sein zweites Glas und leerte es weitaus schneller als das erste. "Danke, alter Freund. Was schulde ich dir?"
"Nichts! Aber die nächsten zahlst du. Ich schätze, wir werden uns nämlich eine ganze Weile zu sehen bekommen."
"So schnell komme ich hier sicher nicht weg", stimmte Etienne der Einschätzung des Barkeepers zu und stand auf. "Bis demnächst, und danke. Ich werde mich mal an die Arbeit machen."
Suahi lächelte, seine weißen Zähne blitzten zwischen den dunklen Lippen.
Etienne schlenderte langsam durch die Station und prägte sich ein, wo er was finden konnte. Dann trat er den Rückweg zur Drake an, deren Systemcheck gerade durchgelaufen war. Wie von ihm schon erwartet, mussten eine ganze Menge Teile an den Waffensystemen und den Schildgeneratoren ausgetauscht werden und der einzige Händler, der Waren dieser Art führte, war auf dieser Station wieder einmal ein Ferengi, in diesem Fall Thuls Cousin Mok.
Etienne kannte Mok ebenfalls von einer früheren und einmaligen Geschäftsbeziehung und freute sich nicht sonderlich auf eine erneute Begegnung. Aber es blieb ihm zu seinem eigenen Bedauern nichts anderes übrig.
Als er den Händler ausfindig gemacht hatte, hörte er den Chefingenieur der Station. Er warf gerade dem Ferengi den Schrott vor die Füße. "Sagen Sie Ihrem Cousin, dass er einwandfreie Ware liefern soll. Ansonsten werde ich Starfleet mitteilen, dass Ihre Familie von dem Handel mit Starfleet ausgeschlossen werden soll."
Etienne hörte Moks schleimige Stimme antworten: "Natürlich, Mr. Peel, ganz wie Sie wünschen. Aber Thul hat mir versichert, dass alles im besten Zustand ist. Ich kann mir das wirklich gar nicht erklären."
"Dann putz dir das nächste Mal deine Segelohren besser, Mok", machte Etienne sich bemerkbar und trat auf die beiden zu, "Na, kennst du mich noch?"
Mok wich zurück. "Natürlich. Ich bin hocherfreut, Euch zu sehen. Es ist immer ein Vergnügen, mit Euch Geschäfte zu machen", erklärte er und der ängstliche Blick sprach für Etienne Bände. Der Ferengi sah sich nach dem Chief um, von dem er wortlos Hilfe erwartete. Dieser jedoch schien sich nicht einmischen zu wollen.
"Oh nein, das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite", Etienne lächelte zuckersüß und warf Mok eine Datenliste zu, die dieser hastig fing, "Ich brauche all diese Teile bis gestern. Und gnade dir, wenn du mir Schrott andrehen willst. Ich werde alles fünfmal scannen." Dann wandte er sich zum Chefingenieur. "Entschuldigen Sie, Commander Peel, aber hätten Sie einen Moment Zeit für eine Frage?"
Dieser hob eine Augenbraue. Er sah noch einmal Mok an. "Wie ist Ihre Antwort?", knurrte er ihn an.
"Natürlich wird alles ausgetauscht. Schicken Sie die beanstandeten Ersatzteile. Sie erhalten umgehend neue, einwandfreie Ware. Wir sind bekannt für hervorragende Qualität", versicherte Mok. Der Chief antwortete darauf nichts.
Mit einer Verbeugung suchte der Ferengi das Weite und damit aus den Augen seines natürlichen Feindes: Einem Kunden, der ihn beim Bescheißen erwischt hatte.
"Was kann ich für Sie tun, Mister?", fragte der Chief, als er mit Etienne allein war.
"Duval. Etienne Duval", stellte sich Etienne vor, "Ich habe mit meinem Schiff hier angedockt. Es sind daran recht aufwendige Reparaturen nötig, die ich allein nicht bewältigen kann. Ich habe gesehen, dass Sie und Ihre Leute sehr viel zu tun haben, aber vielleicht könnten Sie mir doch weiterhelfen?"
Der Chefingenieur schüttelte den Kopf. "Glauben Sie mir, es kommen einige, die Leute von mir haben wollen. Aber ich kann keinen einzigen entbehren. Wenn ich mehr Leute hätte und weniger Arbeit, ja. Im Moment ist das aber nicht möglich."
Etienne war schon vorgewarnt gewesen, so dass diese Absage keine Überraschung darstellte. Er hatte lediglich die Verhandlung eröffnet und bereitete die nächste Phase vor. "Wissen Sie denn, wer von den privaten Ingenieuren hier auf der Station gute Arbeit leistet?"
Der Chefingenieur fuhr sich durch die Haare. "Ich fürchte, die habe ich alle engagiert", meinte er und grinste schief.
"Das ist allerdings schlecht für mich", brummte Etienne, "Ich muss meine Kunden rechtzeitig versorgen, sonst kann ich mein Geschäft bald ganz aufgeben. Sind Sie sicher, dass Sie niemanden wissen, der mir weiterhelfen könnte?"
Der Chefingenieur strich sich über das Kinn und sah ihn nachdenklich an. "Wir können einen Deal machen. Sie helfen mir, ich helfe Ihnen. Wie wäre es damit?"
"Welche Art von Hilfe benötigen Sie denn?", wollte Etienne wissen, und betete, dass der Handel auf das hinauslief, auf das er gehofft hatte.
"Nun, ich benötige einen Verhandler bei den Ferengi und einen Handlanger in der Technik. Ich kann da jeden gebrauchen, der sich auch nur einigermaßen mit einem Warpantrieb auskennt. Ich meine nicht, ein Raumschiff zu fliegen. Ich rede von Energieversorgung, Transportertechnik und so weiter; und der das richtige Werkzeug dazu reichen kann, wenn man es ihm sagt. So jemanden." Chefingenieur Peel schaute ihn mit einer gewissen Herausforderung an. "Im Gegenzug könnte ich mir vorstellen, dass ich einen Ingenieur finde, der seine gering bemessene Freizeit dafür opfert, Ihnen zu helfen."
Etienne überlegte nicht lange, gönnte sich aber ein taktisches Zögern. "Einverstanden", erwiderte er und reichte dem Chefingenieur die Hand, "Ich kann zwar nicht garantieren, dass die Ferengi mich weniger übers Ohr hauen als Sie, aber wenigstens werden Sie es einmal weniger tun."
Der Chefingenieur lachte. "Okay, dann sind Sie engagiert. Sie kriegen sogar einen kleinen Obolus, den Sie in Ersatzteile ummünzen können. Ich denke, wir werden uns schnell einig."
"Ganz sicher. Vielen Dank, Commander. Sie finden mich und mein Schiff an der Andockrampe 3", verabschiedete Etienne sich. Ihm war merklich leichter zumute als noch vor einer halben Stunde. Nun war er vielleicht doch nicht dazu verdammt, die nächsten Monate auf dieser Station zu verbringen.
Mok fing ihn ab, als er zu seinem Schiff gehen wollte und der Chefingenieur außer Reichweite war. "Ich kann Euch schnell beliefern, Valor. Aber die Preise sind gestiegen. Ich kann Euch nur erstklassige Ware liefern, wenn ich einen Zuschlag fordere."
"Soso", Etienne tat, als müsse er überlegen, doch im nächsten Moment hatte er den kleinen Ferengi am Kragen gepackt und hochgehoben. "Wiederhole das noch mal!", forderte er ihn drohend auf.
"Oh, warum seid Ihr so wütend? Die Zeiten sind schwer. Ich habe Unkosten", jammerte Mok.
"Stell dir mal vor, was ich für Unkosten haben werde, wenn ich deine unverschämten Wucherpreise zahlen würde? Dann müsste ich nämlich auch meine Preise anheben, und das wiederum würde meine Kunden verärgern. Willst du das, Mok? Du magst es also nicht, wenn ich wütend bin. Wäre es dir lieber, mein guter Freund und Kunde Toran wäre sauer? Ich muss ihm dann nämlich leider sagen, wessen Schuld das ist", wisperte Etienne und lächelte kalt.
"Toran? Toran, der Romulaner?" Mok zitterte tatsächlich bei diesem Namen. Aber das war auch nicht anders zu erwarten. Es gab auch für einen Ferengi Meister und Toran war ein Händler, der weniger wie einer der kriegerischen Romulaner wirkte, aber dafür wie ein stolzer, romulanischer Händler, der es verstand, auch in anderer Hinsicht seinen Willen durchzusetzen.
"Genau jener! Und du weißt, dass wütende Romulaner noch unangenehmere Zeitgenossen sind als Romulaner überhaupt. Also, wie war das noch einmal mit den Preisen, Mok?"
"Es wird mir ein Vergnügen sein, für einen Kaufmann wie Euch, der ein Lieferant von Toran ist, einen besonderen Rabatt zu gewähren. Es ist mir eine Ehre", wimmerte Mok. "Aber bitte, nun lasst mich los!"
"Da wäre noch etwas", Etienne hielt den Ferengi weiterhin am Schlafittchen, "die Teile, die Commander Peel für die Station gefordert hat, sind hoffentlich diesmal einwandfrei und auch zu einem besonderen "Rabatt". Verstehen wir uns?"
"Was habt Ihr mit dieser Station zu schaffen, ehrenwerter Valor?"
"Oh, nichts weiter, außer, dass ich ab heute für sie arbeite. Und wenn der Commander mir nicht helfen kann, mein Schiff zu reparieren, werden meine Kunden trotzdem verärgert sein, wenn ich zu spät bei ihnen erscheine. Und wir hatten uns doch gerade darauf geeinigt, dass wir das nicht wollten, oder Mok?"
Der Ferengi riss die Augen auf. "Ganz sicher werde ich alles besorgen. Ihr werdet zufrieden sein."
"Das will ich hoffen!" Etienne setzte Mok wieder auf seine Füße. "Und jetzt sieh zu, dass du die Sachen besorgst!"
Etienne konnte sich nicht erinnern, den Ferengi je so schnell weg laufen zu sehen zu haben.
"Was heißt, Ihr arbeitet für die Station?", hörte er eine wohlbekannte Stimme mit dem für Klingonen typisch aggressiven Unterton. A´kebur stand mit einem winzigen Technik-Phaser in der Hand vor ihm. Offenbar war das Teil ebenfalls nicht funktionstüchtig, denn er zerdrückte es fast.
"Ihr Chefingenieur hat mich engagiert", gab Etienne zurück, "haben Sie etwas dagegen einzuwenden? Es sah für mich so aus, als ob Sie hier auf der Station jede Menge Hilfe gebrauchen könnten."
Heilige Galaxis, war der Klingone ein Bild von einem Mann!, musste sich Etienne im Stillen eingestehen. Auf die Nähe betrachtet, fiel dies ihm noch deutlicher auf. Das Gesicht war bei weitem nicht so grob gehauen wie bei einem reinrassigen Klingonen, strahlte aber die gleiche nahezu animalische Bedrohlichkeit aus. Die Augenfarbe dazu machte den Anblick geradezu exotisch. Ob sein Blut grün war? Oder so rot wie das eines Klingonen? Etienne wusste, dass die Frage, laut ausgesprochen, möglicherweise tödlich für ihn sein konnte.
A´kebur kniff die Augen zusammen. Etienne hörte so etwas wie Händlerpack. Aber er konnte sich auch irren. Soso, da hatte jemand etwas gegen ihn. Oder gegen alle im Allgemeinen? Das ließ sich schnell herausfinden.
Etienne gab ein leises Grollen von sich, das in der klingonischen Kultur für das Äquivalent eines anerkennenden Hinterherpfeifens stand und der Anfang eines Balzrituals darstellte.
Die Reaktion kam prompt und ohne Nachdenken in Form eines leisen Fauchens mit einem grollenden Abgang in der Kehle. Ehe A´kebur auch nur verstand, was er eigentlich da tat, hatten seine Instinkte übernommen. Als sein Verstand wieder einsetzte, wurde er um die Nase ein Hauch grünlich. Der Ausdruck in seinem Gesicht war reines Entsetzen. "Ich muss wieder an die Arbeit", knurrte er und trat etwas ungeschickt den Rückzug an.
Um ein Haar hätte Etienne schallend losgelacht. Nun, die Frage nach der Farbe des Blutes war damit auch geklärt. Und bis eben in diesem winzigen Moment hatte er gedacht, ER wäre frustriert. Aber dass ein Klingone so auf einen anderen Mann, dazu noch einen Menschen reagieren würde, war köstlich.
Andererseits, Etienne hatte in seinem Leben nur äußerst wenige Ablehnungen seiner Avancen erfahren. Er gehörte zu dem Typ Mann, dessen Art von draufgängerischem Charme schon seit den Zeiten der Piraten auf hoher See Hochkonjunktur hatte. In Verbindung mit kurzen, blond gesträhnten Haaren, dunklen Augen und einem durchtrainierten Körper in meist schwarzer Kleidung brauchte Etienne sich nirgendwo zu schämen. Bei keiner homanoiden Rasse in diesem Universum.
Trotzdem...
Etienne grinste A´keburs hastigem Abgang noch länger hinterher.
Einige Meter weiter und hinter mehreren Ecken, außerhalb fremder Blicke fand A´kebur die kurze Begegnung weit weniger amüsant. Er fragte sich, was ihn da gerade geritten hatte.
Das Grollen war Teil eines Balzrituals, das von klingonischen Frauen initiiert wurde. Er kannte es nur zu gut, war er doch des öfteren Ziel solcher Avancen gewesen. Er hatte jedoch mehr dazu gedient, den Ehemännern und Geliebten Hörner aufzusetzen. Aber auch das war ein Teil des Rituals und er war oft genug dabei zum Zuge gekommen.
A´kebur hoffte jetzt aber nun inständig, dass dieser Mensch die Rituale nicht kannte und es nur ein dummer Zufall gewesen war.
Er ging ein Stück des Weges zurück und schaute vorsichtig aus sicherer Entfernung, um einen genaueren Blick auf diesen dummen Menschen zu erhaschen. Unwillkürlich fletschte er die Zähne. Er musste sich besser unter Kontrolle bringen. Sein Verhalten war nicht entschuldbar.
"A´kebur, was machen Sie da?", fragte ihn der Chief, der wieder auf einen seiner Inspektionsrundgänge war. Die Sorgenfalten auf seiner Stirn bekamen langsam die Tiefe von klingonischen Stirnwülsten, was bei einem Menschen eher besorgniserregend war.
A´kebur unterdrückte den Drang zu fluchen. Mr. Peel mochte das nicht sonderlich.
"Ich bin mit der Jeffriesröhre fertig. Ich habe aber keine Ersatzteile, um sie zum Funktionieren zu bringen."
"Dann gehen Sie Sato und McDaniels in Bereich C8 zur Hand!", meinte Commander Peel, "Oder nein, warten Sie. Gehen Sie Captain Duval in Andockrampe 3 helfen. Ich habe mit ihm abgemacht, dass er uns dafür hilft, die Ersatzteile schneller und diesmal funktionstüchtig zu bekommen."
A´kebur sah ihn mit ausdruckslosem Gesicht an. "Ich werde Captain Duval helfen, Sir", bestätigte er und wirkte dabei, als wäre er bestraft worden.
Der Chefingenieur nickte. "Dann hoffen wir mal, dass dieses Geschäft uns endlich wieder in einen Bereich bringt, wo wir sagen können, dass wir den Zeitplan einhalten werden. Ich will nicht wissen, was passiert, wenn nicht. Angeblich soll hier eine Tagung stattfinden. Fähnrich A´kebur, versuchen Sie nett zu sein, auch wenn es Ihnen schwerfällt."
Der Fähnrich legte den Kopf schief und sah für einen Moment sehr jung aus. Mr. Peel grinste schief. "Sie sind der Beste. Aber an Ihren Manieren hat mancher hier zu knabbern. Helfen Sie dem Captain und er wird uns im Gegenzug helfen."
"Aye, Sir, ich werde mein Bestes tun", versprach A´kebur ein wenig steif. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und machte sich auf den Weg zu den Andockrampen.
Etienne war derweil wieder zur Drake zurückgekehrt und hatte mit den Reparaturen angefangen, die auch ohne Ersatzteile und professionelle Hilfe möglich waren. Von Antrieben verstand er ziemlich viel, und so war es auch kein Problem, den halben Impulsantrieb auseinanderzunehmen, um ein paar Regler im Inneren auszutauschen.
Er hörte hinter sich jemand räuspern. "Sir, ich soll Ihnen zur Hand gehen!", meldete sich sein Lieblingsklingone.
Fast hätte Etienne sich den Kopf gestoßen in dem engen Maschinenbereich, in den er halb geklettert war. Aber dann robbte er langsam wieder hinaus. "Das hört man gerne, dass Commander Peel so prompt in seinen Versprechungen ist", erwiderte er und schmunzelte. "Ich glaube, ich habe mich noch nicht anständig vorgestellt. Etienne Duval, Captain der Drake." Etienne war sich sicher, noch niemals einen so stocksteifen Klingonen zu Gesicht bekommen zu haben. Der Eindruck hielt jedoch nur für einen Moment an.
"Fähnrich A´kebur, Sir. Ich bitte um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen."
"Erlaubnis erteilt. Ohne die Ersatzteile ist die Reparatur nur begrenzt möglich, aber wenn Sie sich mal die Schildgeneratoren ansehen könnten? Die Justierung ist bei einem Ionensturm völlig durcheinandergeraten", kam Etienne gleich zur Sache, um dem Klingonen weitere Peinlichkeiten zu ersparen.
Dieser war sichtbar dankbar dafür, auch wenn er am liebsten Etienne getötet hätte. Aber das war eine Sache, die man nicht in der Föderation machen sollte. A´kebur holte seinen Tricorder hervor und scannte den Schildgenerator. "Es ist ein älteres Model, Sir. Einige Teile hätten schon vor vier Wartungszyklen ausgetauscht werden müssen", berichtete er sein Ergebnis.
"Ich weiß. Aber mir ist einiges dazwischengekommen." Etienne kroch wieder zurück in den Impulsantrieb, sodass seine Stimme nur noch gedämpft zu vernehmen war. "Sehen Sie, was Sie damit machen können!"
A´kebur hob eine Augenbraue. "Aye, Sir, das werde ich", versprach er aber. Sorgfältig begann er damit, den Generator in seine Einzelteile zu zerlegen und die defekten Teile genauer zu identifizieren. Er machte sich geistig Notizen, welche nicht mehr zu verwenden waren und welche er reparieren konnte. Bald hatte er wie immer vergessen, wo er war. Er versank zufrieden in seiner Arbeit.
Nach drei Stunden hatte er alles auseinandergenommen und alle Teile gereinigt. Der Teil, der wieder zusammengesetzt werden konnte, war wieder zusammengesetzt. Etienne sah über seine Schulter. "Sieht ja fast wie neu aus", lobte er.
A´kebur sah auf. "War das nicht beabsichtigt?", fragte er.
"Doch, ich wollte Ihnen nur zu Ihrer Arbeit gratulieren", erklärte Etienne deutlicher und verkniff sich ein Schmunzeln. Die reinste Vulkanier-Antwort. Ein Wunder eigentlich, dass A´kebur bei all diesen Widersprüchlichkeiten nicht schon längst geplatzt war.
Der Fähnrich nahm derweil die Antwort auseinander und versuchte Hintergedanken herauszufiltern. Etienne konnte es ihm ansehen. Das war der Unterschied zu einem reinen Vulkanier. Er hatte Gefühle, die er nicht immer verbergen konnte und es wohl auch die meiste Zeit gar nicht wollte.
"Ich tue das für die Station", antwortete A´kebur. Das entsprach der Wahrheit. "Wenn Sie zufrieden sind, wollen Sie helfen, bei den Ferengi zu verhandeln. Der Chefingenieur hat mich darüber informiert. Das haben Sie ja auch vorhin getan Es ist daher in Ordnung, wenn ich gute Arbeit leiste." A´kebur unterdrückte, während er das sagte, den Wunsch zu erfahren, ob das Grollen dieses Menschen von vorhin nur Zufall gewesen war, denn im Moment benahm sich der Captain dieses Schrotthaufens wie alle Wesen seiner Spezies.
"Heißt das, dass Sie sonst keine gute Arbeit leisten? Das kann ich mir nicht gar nicht vorstellen, wo Sie doch der Sternenflotte angehören", bohrte Etienne ein bisschen weiter. Interessant, dass A´kebur sich so rechtfertigte.
"Natürlich leiste ich gute Arbeit! Es ist dennoch etwas anderes, wenn man so...", A´kebur machte eine umfassende Geste, "einen Schrotthaufen reparieren soll."
Etienne zog die Augenbraue hoch. "Mit Verlaub, diese Station hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Und mein Raumschiff ist ein Gebrauchsgegenstand, den ich leider nicht verhätscheln kann." Herrje, warum rechtfertigte er sich jetzt eigentlich selber?
"Dass die Station in diesem Zustand ist, hat nichts mit mir zu tun", erwiderte A´kebur. "Aber die Ferengi machen alles noch schlimmer." Er fletschte angewidert die Zähne. "Händlerpack!"
"Ich bin auch kein Freund dieser Großohren", gab Etienne zurück, "aber sie sind ein notwendiges Ärgernis und momentan bin ich wohl noch das kleinere Übel, Fähnrich."
A´kebur überlegte kurz. Dann nickte er. "Gut", meinte er, "dann sollte ich weitermachen, damit Sie sich schnell wieder Ihren Sachen zuwenden können und diesen Ferengi dazu bringen, die richtigen Ersatzteile zu liefern. Am Generator kann ich im Moment nichts weitermachen. Haben Sie noch etwas, was dringend erneuert werden muss und dass ich zur Reparatur vorbereiten soll?"
"Ja, genügend. Da wäre zum einen die Mechanismen der Schotts, das Waffensystem und die Kommunikationsanlage", zählte Etienne auf und sah sich im Maschinenbereich um. "Aber das ist noch ein Haufen Arbeit."
A´kebur erhob sich und scannte das Schiff erneut. "Dann würde ich sagen, die Schotts und die Waffensysteme und dann die Kommunikationsanlage." Er begab sich schnurstracks zum Bordcomputer und ließ sich alle Schotts anzeigen. "Ich werde mich an die Arbeit machen. Entschuldigen Sie mich bitte!"
Etienne sah ihm grinsend nach. Da schien jemanden die Herausforderung angenommen zu haben, den "Schrotthaufen" wieder funktionstüchtig zu machen. Aber das konnte ihm nur recht sein.
Sie arbeiteten schweigend weitere fünf Stunden, bis der Klingone angepingt wurde. "A´kebur, Ihre Schicht war vor sechs Stunden zu Ende. Bringen Sie Ihren Hintern in Ihr Quartier und schlafen Sie!"
Das war der Chefingenieur, der zu Recht vermutet hatte, dass sein Fähnrich wieder einmal bis zu den Hüften in den Eingeweiden eines Schiffsteils steckte.
Es passierte nicht selten, dass er ihn daran erinnern musste, sich auszuruhen, auch wenn der Fähnrich ausdauernd und zäh war. Allein seine Laune, die mit dem Schlafentzug einherging, sank. Das war Grund genug, auf die Einhaltung der Pausen zu bestehen.
Etienne bekam diesen Anruf ebenfalls mit und sah überrascht auf sein Chronometer. Auch er hatte nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen war und er eigentlich ziemlich erschöpft war. "Ich hätte Sie schon viel eher entlassen müssen, Fähnrich", entschuldigte er sich, "Vielen Dank für Ihre Hilfe."
"Ich werde morgen nach meiner Schicht wieder zu Ihnen kommen. Wann denken Sie, dass der Ferengi liefern wird?"
"Ich denke, in 48 Stunden, wenn der Gauner sich nicht wieder etwas Neues einfallen lässt", überlegte Etienne, "aber sicher kann man sich erst sein, wenn man die Teile auch in der Hand hat. Ich denke jedoch, ich habe ihn genug... ermuntert." Er lächelte. "Bis morgen, Fähnrich A´kebur."
Der Fähnrich hob die Augenbraue. Der Mensch wurde ihm unheimlich. Sein Name war korrekt ausgesprochen. Was bedeutete, dass der Captain der Drake sich sehr wohl in den Riten seines Volkes auskannte. Er wollte nachfragen.
Aber dann teilte ihm sein Verstand mit, dass es besser war, sich hier nicht zu entblößen. Der Mensch würde wieder gehen, dann war er mit ihm auch alles andere ledig, einschließlich dessen seltsamen und nicht nachvollziehbarem Verhalten.
"Bis Morgen, Sir", verabschiedete er sich.
Etienne sah dem Fähnrich einmal mehr nach. Das entwickelte sich komplizierter als gedacht. Einerseits freute er sich, dass er ausgerechnet A´kebur als Hilfe bekommen hatte, aber andererseits konnte das noch große Probleme geben, wenn der Klingone so sehr darauf bedacht war, alles streng nach Vorschrift zu machen. Auch wenn sein Instinkt ihm vielleicht etwas anderes riet.
Etienne nahm sich vor, genau diese Instinkte am nächsten Tag noch ein bisschen weiter zu testen. Wer konnte schon genau sagen, was sich da noch so alles ergab. Etienne erlaubte sich nun, da er allein war, den Luxus zu gähnen und schloss die Luken der Drake. Auch er brauchte dringend Schlaf.
Am nächsten Tag erschien A´kebur pünktlich nach seiner Schicht bei ihm auf der Drake. Er grüßte ihn knapp und machte sich an seine Arbeit, als hätte er sein ganzes Leben auf dem kleinen Schiff verbracht. Etienne fiel jedoch auf, dass der Fähnrich etwas derangiert wirkte. Das bezog sich aber weniger auf sein Äußeres, sondern eher auf die Aura, die dieser mit sich führte.
Etienne konnte nicht ganz festmachen, warum ihm das so vorkam, aber der saloppe, menschliche Ausdruck dafür wäre zweifellos "wuschig" gewesen. Hatte sein Lieblingsklingone Ärger mit seinem Vorgesetzten gehabt oder wieder mit den Ferengi?
Oder... machte Etienne ihn etwa nervös?
Das wäre fast zu schön, um wahr zu sein.
Während sie schweigend arbeiteten, beobachtete er A´kebur immer wieder aus dem Augenwinkel.
An der Arbeit an sich war nichts auszusetzen. Aber dann schaute er direkt in diese blauen Augen. Es war eine Mischung aus Ärger, Neugier und Unbehagen, die er darin erkannte.
"Gibt es einen Grund, warum Sie mich die ganze Zeit beobachten?", fragte A´kebur ihn. Etienne unterdrückte ein verräterisches Schlucken.
"Tue ich das? Entschuldigen Sie", meinte Etienne, obwohl es ihm nun wirklich nicht leidtat, und ging zum Frontalangriff über. "Es liegt wahrscheinlich daran, dass ich noch nie einen Klingonen mit so hellblauen Augen gesehen habe."
"Das geht Sie nichts an!", wies ihn A´kebur zurecht und offenbarte damit eine Wunde, die jedem, der Klingonen kannte, nur zu offenkundig war. Es war von Etienne nicht höflich, auf offensichtliche Schwächen in seinen Genen hinzuweisen - auch für einen Menschen nicht - wenn Etienne das auch nicht sonderlich kümmerte. Er hatte schließlich ganz andere Ambitionen.
Doch das Ergebnis seiner forschen Feststellung war, dass er wieder ein wenig grünes Blut unter der goldbraunen Haut beobachten durfte.
A´kebur grollte leise.
Etienne konnte fast dessen Gefühle sehen und die damit verbundenen Gedanken. Der vulkanische Klingone hasste es, auf seine Unvollkommenheit hingewiesen zu werden. Weder gehörte er zu den Klingonen noch zur Föderation. Etienne ahnt aber auch, warum der Fähnrich hier war. In der Föderation wurde er trotz seiner Unvollkommenheit einigermaßen akzeptiert. Leider gehörten aber auch Menschen zur Föderation und diese waren äußerst neugierig und darüber hinaus sehr kommunikativ. Sie hatten kein Problem damit, andere Spezies mit ihrer Neugier zu bedrängen. Der Captain der Drake machte dabei keine Ausnahme.
"Ihnen scheint es wirklich schwer zu fallen, ein Kompliment als solches zu verstehen", gab Etienne beiläufig zurück und nahm wieder die Leitungen des Impulsantriebes in Angriff.
A´kebur bleckte die Zähne. "Warum machen Sie mir Komplimente? Wollen Sie etwas von mir?"
"Ist es verboten, offensichtliche Tatsachen auszusprechen? Ich dachte, Starfleet sei so sehr für Ehrlichkeit." Etienne behielt zwar eine ernste Miene bei, aber innerlich lächelte er. Sieh an, der Kleine wurde langsam munter, stellte er zu seiner Zufriedenheit fest.
"Was hat das mit Ehrlichkeit zu tun?", biss sich der Klingone fest. "Sie tun hier Sachen, die Sie nicht tun sollten. Meines Wissens, gibt es hier ein paar... Frauen, die Ihnen helfen könnten."
Nun konnte Etienne sein Grinsen nicht mehr unterdrücken. "Soso, Sie scheinen sich in der Richtung ja auszukennen. Besten Dank für den Rat."
A´kebur griff an seinen Gürtel. Aber da war kein Dolch, wie er es als Krieger gewohnt war. Abrupt erhob er sich. "Ich glaube, Sie kommen ganz gut allein zurecht", knurrte er.
"Warten Sie!" Etienne schob sich aus dem Maschinenraum. "Ich wollte mich nur mit Ihnen unterhalten. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir noch etwas helfen könnten, denn ich komme ganz sicher nicht alleine klar."
A´kebur sah an ihm vorbei. Er wog ab - überlegte, was der Chief davon halten würde, wenn er einfach ging und damit den Erfolg für die Station in Frage stellte. "Dann hören Sie auf, Dinge zu tun, die Sie Ihr Leben kosten können", knurrte er seine Bedingungen, als er zu einem Ergebnis kam.
Etienne zuckte leicht mit den Schultern und lächelte fast entschuldigend. "Ich bin es gewohnt, gefährlich zu leben, Fähnrich. Das hinterlässt Spuren."
A´kebur sah ihn etwas schief an. "Wie Sie meinen, Sir", murmelte er angespannt, wobei er jedoch mehr durch eine Geste zu verstehen gab, dass er nachgab.
Gemeinsam machten sie sich wieder an ihre Arbeit und Etienne behielt dieses Mal seine Augen brav auf seine Arbeit gerichtet. Dafür spürte er im Gegenzug immer öfter einen Blick im Nacken.
A´kebur versuchte diesen Drang zu unterbinden. Nur zu gern hätte er die Unterstützung Etiennes hinter sich gebracht. Seine Kollegen auf der Station traten ihm niemals so nahe oder forderten ihn angesichts seines Temperaments heraus. Einzig der Chief behandelte ihn manchmal etwas seltsam. A´kebur hatte mit Hilfe des Barkeepers herausgefunden, dass das eine Art Vaterverhalten war. Es war nur nicht das Vaterverhalten, das A´kebur normalerweise kannte. Er akzeptierte es aber.
Die anderen Mitglieder der Crew mieden seine Wege, weil er als aufbrausend galt. Dass sich jemand aber so benahm wie dieser Captain Duval, war ungewohnt irritierend. Er fragte sich, ob dieser wusste, wie gefährlich er damit lebte. Auch als Starfleetoffizier war er nur bedingt zurückhaltend. Das war ein Problem, welches sich reichlich in seiner Personalakte niederschlug. A´kebur erlaubte sich einen stummen Seufzer. Er war hier wohl genauso falsch wie im Klingonischen Reich und die Menschen machten es einem da nur noch schwerer.
Doch er hoffte, dass er bald erlöst sein würde. Die Schotten arbeiteten Dank seiner Hilfe wieder einwandfrei, und auch ein Großteil der Waffensysteme war wieder voll einsatzbereit.
"Wir sollten für heute Schluss machen. Nicht, dass Ihr Vorgesetzter Sie wieder ermahnen muss", meinte Etienne, "Suahi, der Barkeeper, ist ein guter Freund von mir und würde sicher etwas ganz besonderes mixen. Hätten Sie Lust, mich zu begleiten?"
Oh ja, Etienne wusste, wie gefährlich er lebte, aber er war auch der Meinung, dass fünf Stunden harter Arbeit das Gemüt des Klingonen wieder etwas gekühlt hatten.
A´kebur sah ihn überrascht an. Offenbar war ihm gegenüber noch nie eine Einladung ausgesprochen worden. "Gern!", antwortete er denkbar knapp.
"Gut." Etienne hatte gewusst, dass A´kebur bei einer Einladung reflexartig nicht nein sagen würde. Aber A´keburs Arbeit war auch mehr als ein Drink wert. Von daher war er ihm das schuldig. Er ließ noch ein Testprogramm für den Impulsantrieb laufen und schloss dann, nachdem sie das Schiff verlassen hatten, die Luken der Drake von außen. Sie ruckelten und quietschten nicht mehr, sondern glitten geräuschlos zu. Ein wirklicher Fortschritt.
Suahi schien sie erwartet zu haben. Er stellte vor Etienne sein Spezialdrink und vor A´kebur ein großes Glas romulanisches Ale. A´kebur kippte das Zeug in einem Zug hinunter und wurde dabei noch nicht einmal grün vor Anstrengung. Ganz nebenbei ignorierte er dabei alle Förderationsvorschriften, die Etienne in Bezug auf dieses Getränk kannte.
"Sie wissen schon, dass das Gebräu illegal ist, oder?", fragte Etienne A´kebur und zwinkerte dem Barkeeper zu, der dem Klingonen prompt ein weiteres Glas hinstellte.
Dieser schoss ein Blick auf ihn ab und kippte das zweite Glas hinunter.
"Nun, oy ́DaSIQjaj[1]", prostete Etienne auf Klingonisch seinem Begleiter zu und nahm einen Schluck seines Drinks. Wenn das so weiterging, dann war der Klingone schneller blau als ein Hafenarbeiter auf Riegel in der ersten Stunde seines Aufenthalts im Vergnügungsviertel. Aber das dritte Glas Ale blieb vor A´kebur stehen. "Auf Kahless", meinte er und nahm lediglich einen kräftigen Schluck.
"Eternal ben law' batlhmey qeylIS![2]", erwiderte Etienne den Trinkspruch, wie er ihn bei diversen Gelegenheit schon gehört hatte. Er wusste nicht viel über Kahless, aber jede Kultur brauchte wohl ihre Helden.
"neH qeylIS yIn fame tlhIngan tIq Suq[3]", rief A´kebur im breiten Klingonisch. Er prostete Etienne zu und trank noch einmal einen großen Schluck.
Suahi sah den beiden Männern mit offenem Amüsement zu. Er wusste, dass beide sehr viel vertrugen. Aber er machte sich ein wenig Sorgen wegen des Fähnrichs.
Der Mensch würde besser abschneiden als der Klingone. Aber letzterer starb eher durch ein Messer, welches ihm schneller zwischen die Rippen gestoßen wurde, als dass er zugeben würde, einen Kater zu haben. Doch dafür war noch ein wenig Zeit, es war erst das dritte Glas Ale. Das Limit für den Fähnrich war noch lange nicht erreicht. Dazu war der junge Krieger viel zu stolz.
Kein Klingone von Ehre knickte jemals vor einem Menschen ein und überließ ihm irgendein Schlachtfeld.
In Anbetracht der Tatsache, dass Etienne jedoch an ihm interessiert war, stellte dieses Verhalten wiederum ein kleines Problem dar. Suahi musste zugeben, er war äußerst gespannt, wie sich die Angelegenheit entwickeln würde.
A´kebur hatte mittlerweile sein drittes Glas geleert und bekam von ihm das vierte. Jetzt ging es etwas langsamer zur Sache. Die Züge des jungen Klingonen wurden weicher und der Blick bekam einen melancholischen Glanz. Suahi hoffte, dass er nicht anfangen würde zu singen. Das war bis jetzt nur ein einziges Mal passiert. Da war der Fähnrich die erste Woche auf der Station gewesen. Danach hatte er nie wieder so schnell soviel getrunken, dass er darüber keine Kontrolle mehr gehabt hätte.
Klingonen waren in der Föderation dafür bekannt, Kriegs-, Kampf- und Liebeslieder in jeglicher Lage rezitieren zu können. Wenn sie tranken, dann sogar noch, wenn sie schon längst unter dem Tisch lagen. Die Tonlagen wurden dabei immer schräger und die Stimmen immer lauter. Suahi warf Etienne einen warnenden Blick zu und hoffte, dass dieser verstand.
Aber dieser hatte bereits mitbekommen, dass sein Begleiter sich auf dem besten Weg befand, noch mehr die Kontrolle über sich zu verlieren als sonst schon. Das war einerseits zu begrüßen, aber andererseits auch mit Vorsicht zu genießen. Etienne nuckelte an seinem Drink und fragte dann: "Haben Sie schon mal Suahis Spezial-Chili-Tortillas probiert?"
Besagte Knabberhäppchen schmeckten köstlich, hatten aber die Eigenschaft, nach ein paar Minuten höllenscharf auf der Zunge zubrennen - es sei denn, man löschte rechtzeitig mit ein wenig Flüssigkeit. A´kebur sah ihn an, als habe er etwas gesagt, dass sich seinem Verständnis entzog.
"Was für Tortillas?", fragte er.
"Also nicht!" Etienne war hoch erfreut. "Suahi?", rief er. Grinsend stellte der Barkeeper eine Schüssel mit Tortillas auf den Tisch. Etienne griff zu und achtete darauf, gleich einen Schluck seines Drinks hinterher zu nehmen. Der Fähnrich sah ihm dabei zu, dann griff er genauso selbstverständlich zu und stopfte die Teigfladen in seinen Mund. Er kaute, blinzelte und nahm sich die nächste Portion. "Das schmeckt gut", murmelte er mit vollem Mund.
"Sage ich ja. Sie sollten vielleicht öfter hierherkommen", bemerkte Etienne. A´kebur nahm sich ein nächstes Stück. "Warum sollte ich das tun?", fragte er ihn.
"Nun, aus eben dem Grund, warum man in Bars oder Restaurants geht: Wegen des guten Essens, wegen der Drinks, aber vor allem, um andere Leute zu treffen."
"Mich will keiner sehen", war die knappe Antwort seines Gastes.
Um ein Haar hätte Etienne sich eingestanden, dass A´kebur ihm auf unbestimmte Weise leid tat. Es war offensichtlich, dass der Klingone einsam war. Aber ganz unschuldig daran war er sicherlich auch nicht, wenn er sich grundsätzlich vor persönlichen Kontakten scheute.
"So? Und warum sitze ich dann hier mit Ihnen?", fragte Etienne beiläufig.
Der Klingone leckte sich die Finger ab und sah ihn aufmerksam an. "Ich weiß es nicht", erwiderte er schmerzlich offen, "Sie haben um mich geworben. Vielleicht deshalb."
Suahi hielt für einen Moment mit dem Polieren eines Glases inne und fragte sich, ob er sich verhört hatte.
Etienne lächelte und hob zuprostend sein Glas. "'ange'eghQo' quv Hutlhbogh jagh neH ghobtaHvIS ghaH[4]", zitierte er eine alte Klingonenweisheit.
A´kebur hob sein Glas, antwortete ihm auf dieselbe Art und trank.
Geräuschvoll stellte er sein Glas wieder ab. "Woher kommt es, dass Sie so gut und akzentfrei meine Sprache sprechen?", fragte er.
"Ich bin viel innerhalb des Klingonischen Reiches herumgereist und habe dort Handel getrieben. Und auf Universalübersetzer ist nicht immer Verlass, besonders bei Geschäftsklauseln", erwiderte Etienne.
A´kebur griff sich die letzte Tortilla. Er fühlte, dass sein Mund sich langsam in ein kleines Lagerfeuer zu verwandeln begann. Blut sammelte sich in seinen Ohrenspitzen und färbte sie leicht grün. Aber davon ließ er sich nicht sonderlich stören. Das Essen schmeckte ihm und die Schärfe war ihm nicht unbekannt, auch wenn er schon lange kein so stark gewürztes Essen mehr hatte - auch etwas, was er vermisste.
"Ich kenne mich mit der Sprache der Händler nicht aus. Sie sind doppelzüngig", erwiderte er unfreundlich. Er sah auf und schaute direkt in Etiennes Augen. "Werben Sie um mich, oder werben Sie nicht um mich?", knurrte er ihn an.
Seelenruhig nahm Etienne noch einen Schluck und beobachtete aus dem Augenwinkel Suahi, der sich ein Schmunzeln ob der Situation kaum verkneifen konnte.
"Kommt ganz drauf an, wie Sie es verstehen wollen", erwiderte Etienne, "denn es liegt mir fern, Sie beleidigt zu sehen. Entscheiden Sie also, was ich hier tue."
"Wie kann ich entscheiden, was Sie tun? Ich glaube, ich werde jemanden fragen, der mit einem Verrückten zusammen arbeiten kann." Der Fähnrich kippte den Rest seines Ales hinunter und erhob sich.
Etienne hatte nicht vor, den Klingonen gehen zu lassen. Oh nein, so schnell würde er nicht davonkommen!
Er warf Suahi einen warnenden Blick zu, dass dieser besser sich selbst und alles Zerbrechliche in Sicherheit bringen sollte. Er stand ebenfalls auf und hielt A´kebur fest. "Einen Augenblick, Fähnrich!", rief er. Als dieser sich umdrehte, versetzte Etienne ihm mit voller Wucht einen Kinnhaken.
Suahi riss die Augen auf.
Ähnlich erging es den anderen Gästen.
Warum musste Etienne das auch öffentlich machen, fragte sich der Barkeeper im Stillen, während A´kebur sich seinerseits fragte, an welcher Stelle sich der Film geändert hatte und welche Rolle ihm dabei zugeteilt worden war. Aber dann setzten seine Reflexe ein.
Erstaunlich koordiniert versetzte er Etienne einen Kinnhaken, der sich gewaschen hatte. Dann wich er zurück. "Sie sollten auf Ihr Schiff gehen, Captain, Sie sind betrunken", gab er ihm die Möglichkeit zum Rückzug.
Etienne rappelte sich wieder auf, warf Suahi das Geld für die Drinks hin und wischte sich ein wenig Blut aus dem Mundwinkel. "Im Gegenteil, ich bin sehr nüchtern. Aber Sie haben recht, wir sollten woanders hingehen", erklärte er leise und tippte mit einer blutigen Fingerspitze gegen A´keburs Lippe.
Bis jetzt hatte niemand die Sicherheit gerufen und Suahi hatte das auch nicht vor. Aber er sah mit Bedenken, wie der Klingone das Blut ableckte.
Das Feuer in den Augen flackerte bedrohlich. Suahi hoffte, dass der Captain der Drake auch wusste, was für eine Beute er da an Land zu bringen gedachte. "Wohin?", knurrte A´kebur. Suahi erkannte die erste Stufe der Rage. Klingonen waren und blieben Klingonen, egal ob sie vulkanisches Blut in sich hatten. Dieses hier war dem Ausbruch sogar noch förderlich, war A´kebur doch nie als Vulkanier erzogen worden.
"Holosuite", erwiderte Etienne genauso knapp und marschierte ohne ein weiteres Wort aus der Bar. Seiner Meinung nach waren die Holodecks noch am ehesten geeignet, weil dort nichts zu Bruch gehen konnte und die Sicherheitsmaßnahmen gut waren.
Außerdem hatte man dort die freie Wahl der Umgebung. Er fühlte die Hitze, die der Fähnrich ausstrahlte. Er brodelte regelrecht vor Wut.
Sicher waren die Hände geballt, aber das wollte er im Moment nicht prüfen.
A´kebur hatte seinen Blick auf Etiennes Rücken geheftet. Als die Gäste sahen, dass sie sich in eine Holosuite zurückzogen, atmeten sie sichtlich aus. Mochte es sein, dass sie sich gegenseitig verprügelten. Aber wenigstens würde niemand dabei umkommen. Es war die beste Wahl, die sie treffen konnten.
Suahi wischte die Theke sauber und schüttelte innerlich den Kopf. Nun, mit großer Wahrscheinlichkeit würde er am nächsten Tag mindestens ein ramponiertes Ego pflegen müssen.
Etienne überprüfte am Kontrollpaneel, welche Holosuite frei war und trat dann durch das Schott. "Wählen Sie die Arena", forderte er A´kebur auf.
"Mir egal!", knurrte dieser, "Hören Sie auf, sich mit Nebensächlichkeiten zu befassen. Wenn ich mit Ihnen fertig bin, sind Sie ein Fall für die Krankenstation."
"Das werden wir ja noch sehen", gab Etienne zurück, "Computer, Umgebungsprogramm N23." Die sterilen Gitternetze der Holosuite verschwammen und verwandelten sich in einen rötlich angehauchten Himmel und eine weite, grasbedeckte Ebene. In der Ferne schimmerten bizarre Berge und ein Gewässer. A´kebur wartete nicht mehr. Seine Faust suchte Etiennes Körper. Dieses Mal war es dessen Magen.
"Sie sollten sich nicht mit jemanden anlegen, dem Sie nicht gewachsen sind", grollte er.
Etienne klappte wunschgemäß etwas zusammen, doch ließ er sich unvermittelt fallen und zog dem Klingonen die Füße weg. "Das kann ich nur zurückgeben", wisperte er.
"Was ist, wenn ich nicht will?", flüsterte A´kebur. "Sie sind ein Mensch. Ein Mann. Sie sind mir nicht einmal annähernd ebenbürtig."
Etienne grinste. War da etwa jemand besorgt um ihn? "Das lassen Sie mal meine Sorge sein. Außerdem kämpft man nicht immer, um zu gewinnen."
Damit schien er den Fähnrich endgültig entfesselt zu haben. A´kebur begann auf ihn einzuprügeln. "Schwächlinge, Feiglinge, widerliches Pack", brüllte er dabei. Da aber das romulanische Ale seine Zielgenauigkeit etwas beeinträchtigt hatte, schaffte Etienne es oft genug, allzu harten Schlägen zu entgehen und seinerseits genug auszuteilen.
Aber ihm war klar, dass er auf Dauer nicht die Oberhand gewinnen könnte, wenn es um rohe Gewalt ging. Hier war Finesse gefragt.
Etienne sah zu, dass er den Klingonen möglichst aus dem Gleichgewicht brachte und dabei selbst wieder außer Reichweite ging. Am liebsten hätte er seinen Disruptor gezückt und auf niedrigster Stufe seinem Gegner ein wenig gelähmt.
Aber das war ein definitiv unfaires Mittel und nur für den Notfall. Erst blieb die Frage zu klären, ob A´kebur wirklich auf sein Angebot einzugehen gedachte oder einfach nur eine Mordswut hatte. Die Unterscheidung würde allerdings nicht ganz leicht fallen.
Kurzerhand sammelte Etienne seine Kraftreserven, warf den Klingonen erneut von den Füßen und setzte sich auf ihn, die Arme hinter dem Rücken festhaltend. Er wusste, dass er ihn nicht lange würde halten können, aber das Risiko musste er eingehen. "Wollen wir den ganzen Tag so weitermachen?", fragte Etienne etwas atemlos. Er konnte deutlich die Hitze spüren, die von dem Klingonen ausging. Dessen Atem trug ihn mit Leichtigkeit.
"Sie machen sich lustig über mich. Sie machen sich lustig über meine Bräuche und Traditionen. Sie beleidigen mich und fragen mich, ob ich den ganzen Tag so weitermachen will? Wenn ich nicht bei Starfleet sein würde, würde ich Sie dafür töten", brüllte er ihn an.
"Ich dachte, Sie wüssten inzwischen, dass ich es ernst meine", gab Etienne zurück und ließ A´kebur los. "Ich spiele brav nach Ihren Regeln, aber vielleicht sollten Sie sich mal entscheiden, ob SIE die Regeln annehmen."
"Ich bin ein Mischling", flüsterte A´kebur, deutlich zurückhaltender. "Niemand meint es mit mir ernst. Ich bin gut für Spielchen. Sie wären nicht der erste, der Tradition dazu benutzt, um mich zu benutzen." Er lächelte unheilvoll. "Wissen Sie, dass man die Frau töten darf, wenn man sie nicht für würdig hält?"
"So? Und wie erweist sie sich als würdig?"
"Indem Sie es ernst meint. Aber ich glaube Ihnen nicht. Außerdem sind Sie nicht würdig. Sie sind schwach. Sie sind ein Mensch. Sie sind kein Krieger. Sie haben nicht einmal die Kraft einer Frau."
"Dafür, dass ich so schwach bin, habe ich mich aber bisher ganz gut gehalten", ließ sich Etienne nicht verunsichern, "Und man sollte Frauen und Männer nicht vergleichen. Da schneidet einer grundsätzlich schlechter ab." Er grinste.
"Reden! Menschen können nur reden." A´kebur schüttelte leicht den Kopf, warf Etienne ab und rollte sich, so dass er zum Sitzen kam. "Am besten Sie gehen! Die Krankenstation soll gut sein. Ich werde jetzt schlafen. Meine Ruhezeit beginnt gerade."
"Wollen Sie schon wieder weglaufen? Ich habe eine Frage gestellt, die Sie schon richtig verstanden haben, und ich warte auf eine Antwort. Dann können wir das Gespräch beenden und uns Besserem zuwenden - oder auch nicht."
A´kebur kniff die Augen zusammen und sah ihn prüfend an. Kurz blitzten seine Zähne auf. Dann grollte er. Etienne schmunzelte, dann gab er ein antwortendes Knurren. Das hätte alles auch viel einfacher gehen können, aber was soll's? Jetzt waren sie wenigstens beide ausreichend erhitzt. A´kebur Grollen wurde tiefer, noch während Etienne sich darüber freute, dass dieser die Werbung akzeptierte.
A´kebur beugte sich vor und kam ein Stück näher. Auch Etienne kam ihm näher und zog den Klingonen unvermittelt und nicht sonderlich sanft zu sich hinunter; es war allerdings von Vorteil, dass sie fast gleich groß waren. Ein letztes aufforderndes Fauchen, dann hatte er die Lippen A´keburs mit den seinen in Besitz genommen.
A´kebur schien nur darauf gewartet zu haben. Er wirkte wie entfesselt. Ungeduldig riss er an Etiennes Sachen. Der Stoff knirscht und die Nähte knackten warnend. Dieser Gewalt waren seine Sachen eigentlich nicht gewachsen und das taten sie auch nicht. Etienne ließ sich nicht lange bitten und suchte nach dem versteckten Reißverschluss am Rücken von A´keburs Starfleet-Uniform. Unpraktisch, äußerst unpraktisch...
Schließlich hatte er das ärgerliche Kleidungsstück aber offen und schaffte es, es A´kebur über den Kopf zu ziehen. Der Anblick von bronzener Haut über stahlharten Muskeln ließ Etienne erneut anerkennend knurren.
Sein Geliebter war aber für derlei Komplimente zu ungeduldig. Der zerrte an seiner Hose, riss den Knopf ab und warf ihn um, um ihm so die Hose ausziehen zu können.
Glücklicherweise war der künstliche Boden des Holodecks weich, denn Etienne glaube nicht, noch genügend kohärente Worte zu finden, um irgendetwas umzuprogrammieren. Bereitwillig ließ er sich die Hose ausziehen und zog A´kebur näher zu sich, um dessen Gürtel mit noch mehr unpraktischen Starfleet-Verschlüssen ebenfalls zu attackieren.
A´kebur knurrte ihn animalisch an.
Das hieß wohl, dass er seine Finger wegnehmen sollte. Tatsächlich klackte es und der Gürtel war los. Ungeschickt versuchte sich A´kebur selbst zu befreien. Da würde er wohl dann doch Hilfe brauchen, war Etiennes Feststellung. Mit ein paar Handgriffen zog er seinem Liebhaber die Hose aus und warf sie beiseite.
Um noch mehr von dieser betörenden Hitze spüren zu können, vergrub Etienne sein Gesicht in A´keburs Halsbeuge und knabberte dort an den angespannten Muskelsträngen.
Dieser Klingone war eindeutig wärmer als die reinrassigen. Vulkanisches Blut hatte seine Vorteile, wisperte es in seinen Gedanken.
A´kebur Grollen bekam einen gurrenden Unterton. Die kräftigen Hände begannen ihn zu kneten. Vielleicht eine Spur zu kräftig, um für einen Menschen auf Dauer angenehm zu sein. Etiennes Stöhnen ging in ein Knurren über, und er rollte sich unvermittelt herum, sodass er auf dem Klingonen lag. Hier war die Aussicht eindeutig besser. A´keburs lange Haare fielen ihm zerzaust ins Gesicht und gaben ihm noch mehr den Anschein eines urtümlichen Kriegers. Trügerisch sanft fuhr Etienne durch die langen Locken, nur um dann etwas rauer daran zu ziehen und A´kebur in einen weiteren hitzigen Kuss zu verwickeln.
Das Knurren, das folgte, war eindeutig zufriedener Natur. A´kebur rieb sich an ihm und begann nahe seiner Körpermitte zu suchen. Zärtliche Liebesspiele waren wohl etwas, was der wilde Krieger noch lernen musste. Aber nicht heute. Dafür hatte er zu lange warten müssen. Sexueller Frust war eine deprimierende Angelegenheit - dessen war sich Etienne aus eigener Erfahrung sicher.
Dementsprechend dauerte es nicht lange, bis sie beide um ihre Kontrolle ringen mussten, es nicht zu schnell zu Ende zu bringen. Der ganze Aufwand würde sich aber nur gelohnt haben, wenn sie noch einen Schritt weitergingen, war Etiennes Meinung. Und gerade, als er sich fragte, wie A´kebur das am besten beizubringen war, brachte dieser ihn zum Höhepunkt. Ein diabolisches Grinsen verzerrte A´kebur Züge kurz, als der Captain über ihm zusammenbrach. Ehe Etienne Luft holen konnte, wurde er von ihm herumgewirbelt und auf dem Bauch abgelegt. "Willst du immer noch spielen?", flüsterte A´kebur ihm ins Ohr.
"Mehr denn je", keuchte der und testete aus, wie fest A´kebur ihn hielt. Dieser drängte gerade seine Beine auseinander. "Dann wirst du wohl einige Konsequenzen kosten müssen."
"Alles miteingerechnet." Etienne sah ein, dass er im Augenblick definitiv im Nachteil war. Aber dieser Kampf ging über mehrere Runden.
A´kebur lachte derweil über ihn. Langsam drang er in Etienne ein. "Dann rechne fleißig weiter, Händler. Hier ist die Rechnung", präsentierte er ihm die Folgen seiner Werbung.
Etienne biss sich auf die Lippe und knurrte. Es war ein Weilchen her, dass er sich in dieser Position befunden hatte und der Klingone war nun nicht gerade besonders vorsichtig. Aber das gehörte eben auch zum Spiel. "Ist das alles?", gab er nicht auf zu provozieren. Das war es wohl, was er nicht hätte sagen sollen.
Sein klingonischer Geliebter nahm keine Rücksicht. Er liebte ihn grob, feurig und kraftvoll, dass ihm schlicht die Luft weg blieb.
Erst als sie beide aufschrieen, war wieder genug Zeit zum Atmen. A´kebur blieb auf ihm liegen und er klang dabei wie ein zufriedener Kater. Er fühlte sich glühend wie im Fieber für Etienne an. Sicher hatte er grüne Schatten um die Nase und seine Ohrenspitzen hatten eine ähnliche Färbung. Etienne konnte die langen Haare auf sich spüren und die weiche Haut. Eine ganze Weile sah er sich ziemlich außerstande, sich zu bewegen, aber dann hatte er wieder Atem geschöpft. Da A´kebur ihn nicht länger festhielt, schubste er ihn von sich und rollte sich herum, um seinen Geliebten anzusehen. Erstaunlich, dass die sonst so harten Züge so weich und entspannt, so friedlich wirken konnten.
Richtig süß. Etienne schüttelte sich innerlich. Er musste selbst auch wirklich frustriert gewesen sein, so einen Blödsinn zu denken.
"Was lachst du? Hast du nicht genug?", grollte ihn A´kebur nicht wirklich böse an.
"Frag mich später noch mal", gab Etienne zurück und strich durch A´keburs seidige Haarmähne. "Und, war das nicht besser als alleine herumsitzen und drauf zu warten, dass die Arbeit wieder beginnt?"
Sein Liebhaber legte in seiner typischen Art den Kopf schief. "Bemitleiden Sie mich?", fragte er. "Sagen Sie es nicht! Es war nett. Aber wir kennen uns nicht und das hier macht uns nicht zu Freunden."
Etienne bedauerte innerlich, dass der Klingone den vertraulichen Ton wieder zugunsten einer förmlichen Anrede aufgegeben hatte. "Nein, macht es nicht. Aber ich bin ja noch ein Weilchen hier, wie es scheint", gab er zurück.
Dem musste A´kebur zustimmen. Er spürte aber, dass er wieder Lust hatte. Von einem einzigen Mal wurde er nicht satt. Er brauchte mehr und Etienne stand ihm zur Verfügung - freiwillig. Er grollte daher statt einer Antwort und näherte sich Etienne wieder. "Menschen gehen schnell kaputt. Wie viel ertragen Sie?", fragte er leise und biss ihm in die Brust.
"Eine ganze Menge", kam die Antwort, "So zerbrechlich bin ich nicht!" Etienne zog A´kebur näher zu sich und krallte seine Hände nicht gerade sanft in dessen Rücken. "Dann auf ein Neues...", wisperte dieser und initiierte die nächste Runde.
Viermal nahm ihn der Klingone in dieser Nacht und zeigte dabei nicht die geringste Rücksicht. Er achtete aber darauf, dass auch Etienne zum Höhepunkt kam, wobei die Wahl seiner Mittel dabei ziemlich rüde ausfiel.
Als Etienne einschlief und sich durch nichts mehr wecken ließ, beendete A´kebur sein Wüten gegen seinen menschlichen Geliebten. Er brachte Etienne heimlich, über Umwege, zurück zu seinem Schiff im Hangar. Sachen für sich und ihn zu beschaffen, wäre eigentlich unmöglich gewesen. Aber Suahi hatte A´kebur kommentarlos etwas zugeworfen, als er suchend aus der Holosuite schaute. Die restliche Nacht war für den Fähnrich recht kurz gewesen, aber seine Laune war merklich ausgeglichener, so dass das nicht weiter ins Gewicht fiel. Am Abend nach seiner Schicht suchte er Etienne bei seinem Schiff auf.
Dieser hatte am Morgen länger als gewöhnlich geschlafen und eine doppelt so lange Zeit unter der Hypodusche gebraucht, um die gröbsten Verspannungen wegzubekommen. Dank der Bordapotheke war von den diversen Bissspuren auch nicht mehr all zuviel zu sehen. Einmal mehr kroch Etienne im Impulsantrieb herum, als A´kebur eintraf.
"Der Ferengi hat heute die Ersatzteile geliefert", informierte ihn A´kebur ohne einen Gruß. "Die Sachen sind in Ordnung. Angeblich will er noch hier irgendwo im Quadranten einen anderen Kunden bedienen. Hatten Sie nicht auch ein Geschäft mit ihm laufen?"
"Eigentlich schon. Wenn der kleine Mistkäfer es wagt, abzuhauen, bevor meine Sachen da sind..." Etienne wand sich ächzend aus dem Antrieb heraus. "Ich werde da wohl noch einmal vorbeischauen müssen. Ohne die Ersatzteile kommen wir hier nicht weiter." Erst jetzt sah er den Klingonen an und lächelte. "Sie sehen aus, als hätten Sie eine erholsame Nacht gehabt, Fähnrich."
"Wohl besser als die Ihre. Sie sind gestern eingeschlafen."
Das klang fast so, als würde der Klingone sich beschweren wollen, stellte Etienne belustigt fest.
A´kebur machte sich daran, die restlichen Reparaturen auszuführen, die noch möglich waren. "Ohne Ersatzteile ist heute Schluss", informierte er Etienne nach einer Weile. "Das Schiff ist fast wieder in Ordnung. Von den nötigen Ersatzteilen abgesehen."
"Besten Dank. Dann werde ich mir noch schnell den Ferengi vorknöpfen deswegen... und wie sieht dann Ihre Planung für den Abend aus, Fähnrich?"
A´kebur sah ihn über dem Pult der Kommunikationsanlage hinweg an. "Ich habe keine Planung für den Abend, Captain Duval", antwortete er, "aber ich schätze, wenn Sie Ihre Planung weiter verfolgen, dann wird es Ihnen in den nächsten Tagen schlecht gehen. Aus diesem Grund sollten Sie von Ihren Vorstellungen Abstand nehmen."
Das war keine klingonische Antwort. Diese hätte von einem Vulkanier stammen können. A´kebur bemerkte es noch nicht einmal.
Etienne verkniff sich ein Grinsen. "Ich sagte doch schon, lassen Sie meine Gesundheit mal meine Sorge sein. Davon abgesehen gibt es noch weitaus mehr Möglichkeiten, nicht wahr?"
A´kebur hob eine Augenbraue. "Wie meinen Sie das?"
"Nun, wer behauptet, dass wir uns nicht abwechseln sollten?", meinte Etienne, "Oder gibt es da schon wieder ein, wie soll ich sagen, kulturelles Problem?"
Die Augen des Fähnrichs verdunkelten sich. "Sie haben angefangen. Ich sehe keinen Grund, daran irgendetwas zu ändern. Ich zwinge Sie nicht dazu", erwiderte er. Damit verschwand er wieder hinter der Kommunikationskonsole. Kleine Rauchwölkchen stiegen auf und deuteten darauf, dass ein Laser für die letzten Handgriffe im Einsatz war.
Nun war es an Etienne, die Augenbraue hochzuziehen. Er hatte mit so einer Antwort schon gerechnet, aber er würde so schnell sicher nicht aufgeben. Mit ein bisschen Zeit und viel Geduld ließ sich so einiges machen. Und manche wilden Tierchen musste man eben etwas hartnäckiger locken als andere, bis sie einem aus der Hand fraßen. Obwohl Etienne sich nicht mehr so ganz sicher war, wer hier eigentlich wen zähmte.
A´kebur fluchte wieder einmal leidenschaftlich. Aber einiges leiser als sonst bei ihm üblich. Es ging um ein paar - nach seinen Worten - schrottreifen Lichtleitern, die nicht so wollten, wie er es vorsah. Die Flüche gingen in Brummen über, dann herrschte wieder Stille.
Nach einer Weile krabbelte A´kebur hinter der Konsole hervor und sah Etienne, der so sitzen geblieben war. "Brauchst du Hilfe beim Antrieb?", tippte A´kebur auf ein mögliches Problem, das der Grund für Etiennes Warten war. "Ich bin gleich mit der Kommunikation fertig. Aber dort braucht es eigentlich eine komplett neue Verkabelung. Einige Stellen sind mehrfach geflickt worden und das verursacht Störungen im eigenen System. Ich würde mich nicht wundern, wenn das auch der Grund dafür ist, dass das Licht alle drei Mikrosekunden schwankt. Wahrscheinlich hast du schon auf Sehstörungen getippt."
Etienne zog die Augenbrauen zusammen. "Neue Lichtleiter? Das dauert in diesem Quadranten mindestens eine Woche, bis Mok die besorgt haben kann, mit oder ohne aufmunternde Sprüche meinerseits." Er rieb sich den Nacken. "Na klasse. Könntest du vielleicht sehen, ob ich beim Antrieb nichts vergessen habe? Ich gehe mal schnell rüber zu meinem Lieblingsferengi und regle das."
A´kebur nickte schlicht. "Ich werde ihn mir anschauen", erklärte er sein Einverständnis. Er sah Etienne noch für einen Moment nachdenklich an, dann krabbelte er aus der Ecke und richtete sich in voller Größe auf. Etienne hatte die formelle Distanz aufgehoben. Er wusste, dass Menschen diese Unterscheidung trafen.
"Danke", Etienne stand auf, griff nach seiner Jacke, die er neben den Maschinen abgelegt hatte und überließ die Drake vorerst den fähigen Händen des Klingonen.
Es dauert nicht lange, und er stand vor Moks Geschäft. Der Ferengi war gerade dabei, diverse Güter nach draußen zu transportieren, zweifelsfrei die restliche Ladung für die Sternenflotte. "MOK!", schnauzt Etienne nicht gerade freundlich, "Wo zur Hölle sind meine Sachen?"
"Oh, ehrenwerter Captain Valor. Ich bin unterwegs, um sie zu besorgen. Ich biege die Zeit für Euch." Der Ferengi grinste breit und versuchte sich dabei so klein wie möglich zu machen. "Macht Euch keine Sorgen darüber. Überlasst alles meinen Händen. Es ist mir eine große Ehre, den Lieferant des großen Toran..."
"Ja ja", winkte Etienne ab, "aber da bleibt immer noch die Tatsache, dass du die Sachen für Starfleet heute schon liefern konntest und meine noch nicht!"
"Oh, das liegt daran, dass Starfleet schon vor einiger Zeit bestellt hat. Es war außerdem eine Ersatzlieferung. Ihr versteht, dass sie vorgehen. Ihr seid später gekommen."
Wenn es möglich war, verfinsterte sich Etiennes Gesicht noch weiter, zumal er wusste, dass Mok irgendwo recht hatte. "Na schön! Ich brauche außerdem noch zwanzig Meter Lichtleiterkabel. Sieh zu, dass alles bis zum Ende der Woche da ist!"
"Natürlich. Ich werde alles erledigen. Ihr werdet zufrieden sein, ehrenwerter Captain Valor."
Noch einmal warf Etienne Mok einen drohenden Blick zu, dann drehte er sich um und ging wieder. Sonst hatte er immer Elan genug, sich mit den großohrigen Händlern herumzuschlagen, aber heute... Entweder hatte er letzte Nacht zuwenig Schlaf bekommen oder er wurde langsam alt. Etienne grinste. Nein, wohl Ersteres.
A´kebur steckte mit dem Oberkörper im Antrieb. Er fluchte wieder einmal hingebungsvoll auf Klingonisch. Es waren sogar ein paar neue Flüche dabei, die Etienne noch gar nicht kannte. A´kebur langte blind nach dem Diagnosegerät und kroch noch ein Stück tiefer hinein. "Was für ein Schrotthaufen", murmelte er dann in Föderationsstandard.
"Wie wär's, wenn du mir ein neues Schiff schenkst? Dann haben wir alle keine Arbeit mehr damit", scherzte Etienne und ließ sich auf den Cockpitsessel fallen. Es knarrte. "Ich hasse Ferengi", murmelte er.
A´kebur krabbelte rückwärts raus. Er fragte nicht, was der Ferengi gesagt hatte. Er konnte es sich denken. "Wie lange werden Sie... wirst du bleiben müssen?"
"Mindestens noch eine Woche, wenn nicht noch länger. Und bis dahin ist diesem Halsabschneider bestimmt wieder was Neues eingefallen, warum er meine Ersatzteile nicht liefern kann." Etienne streckte sich.
"Wirst du ihn töten?", fragte der Fähnrich ihn, als ob es das normalste auf der Welt wäre.
Etienne hob die Augenbrauen, dann grinste er. "Ich fürchte, als braver Bürger der Föderation ist mir das nicht erlaubt. Davon abgesehen kann Mok mir die Ersatzteile nicht liefern, wenn er tot ist."
"Er hat einen Cousin", meinte A´kebur geradezu unschuldig.
"Aber Thul hat sein Geschäft zwei Sonnensysteme weiter, das hilft mir auch nicht. Außerdem sind die kleinen Biester es nicht wert. Ich werde warten." Etienne drehte sich zu A´kebur um. "Gibt es am Schiff noch irgendwas zu tun, das auch ohne die fehlenden Teile geht?"
Der Fähnrich schaute sich um und musterte unter dem Aspekt der Reparaturfähigkeit das Innere des Schiffes. Er dachte auch an das Äußere. "Nun, die Monitore können neu kalibriert werden. Dann könnte das Schiff auch ausgebeult werden. Ein neuer Anstrich. Dann der Sessel, der ein wenig wackelt, Filter für die Klimaanlage...", zählte er auf und schien kein Ende finden zu wollen. Etienne winkte ab. "Ich sprach von notwendigen Reparaturen, nicht von Schönheitsoperationen. Die haben Zeit."
"Du hast eine Woche. Und die Klimaanlage ist keine Schönheitsoperation. Die Filter müssen raus, damit die Luft besser gereinigt wird", wandte A´kebur nicht unberechtigt ein.
"Na gut. Und du willst wirklich noch mehr deiner kostbaren Zeit für diesen "Schrotthaufen" verwenden?"
Der Klingone löste den Knoten, der seine Haare zusammenhielt. "Stimmt. Das kannst du allein viel besser." Er drückte Etienne den Tricorder in die Hand und ging. "Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen."
Etienne unterdrückte den Impuls, tief zu seufzen. Musste der Klingone immer so schnell eingeschnappt sein? Oder war das einfach nur seine Art?
"Vielen Dank für die Hilfe. Aber das war keine Aufforderung zum Gehen, sondern eher ein dezenter Hinweis, dass Sie schon mehr als Ihre Pflicht getan haben, Fähnrich. Und ich wollte mich erkenntlich zeigen."
Der Fähnrich legte den Kopf schief. "Ich dachte, es wäre eine gewesen. Bevor du kamst, hat mich Mr. Peel gefragt, wie lange ich noch brauchen würde. Ich..."
"Wenn er dich für den regulären Dienst braucht, werde ich den Teufel tun, dich weiter mit meinem Kram aufzuhalten", unterbrach Etienne ihn, "du bist immer noch in erster Linie der Sternenflotte verpflichtet." Ein leicht zynischer Zug bildete sich um seinen Mundwinkel bei diesen Worten, verschwand aber gleich wieder. "Ich habe mich nur gefragt, ob wir uns vielleicht heute Abend sehen."
"Willst du wieder einen Kampf?", fragte ihn A´kebur gerade heraus. "Es kann sein, dass du dieses Mal mehr als nur ein wenig reparieren musst", warnte er ihn.
"Macht nichts! Außerdem bin ich doch in den fähigsten Händen, Herr Ingenieur", meinte Etienne mit einem Schmunzeln, "treffen wir uns wieder in Suahis Bar oder gleich woanders?"
"Warum Zeit verlieren?", antwortete A´kebur hart. Er wandte sich abrupt ab und sagte, bevor er aus dem Schiff trat: "In einer Stunde in der Holosuite."
"Ich bin da", versprach Etienne und blickte dem Klingonen noch ein paar Augenblicke hinterher. Dessen gradlinige Art machte einige Dinge sehr viel leichter, aber andere dafür unendlich komplizierter.
Nun, Etienne war in ein paar Tagen hier weg und musste dann auch nicht mehr darüber nachdenken. Aber er hatte langsam, aber sicher, das dumpfe Gefühl, dass der Klingone ihm selbst dann nicht so schnell aus dem Kopf gehen würde.
A´kebur beherrschte kalte Wut. Er war noch nie von einem Mann angesprochen worden. Es war für ihn eine neue Erfahrung. Aber letztlich spielte es wohl keine Rolle, ob es ein Mann oder eine Frau war. Er war ein Außenseiter und er konnte benutzt werden. Das einzige, was für ihn von Vorteil war, er fühlte sich nicht mehr so angespannt. A´kebur hatte verdrängt, dass auch er Entspannung brauchte.
Hier auf der Station kam ihm niemand nahe genug, damit er dieses Bedürfnis stillen konnte. Er hatte Gefühle, die er meist ignorierte und einzig die Maschinen waren seine Zeugen. Er ging in sein Quartier, das er mit zwei weiteren Fähnrichen teilte. Es waren Menschen, die mit ihm meist nur die nötigsten Worte wechselten. Sie mochten ihn nicht und hatten es ihn von Anfang an spüren lassen.
Die Gründe dafür waren ihm selbst aber egal.
Er wechselte seine Kleidung und ging dann zur Bar. Er wollte ein paar romulanische Ale trinken, bevor er wieder mit Etienne kämpfte.
Dieser hatte sich derweil wieder an die Reparaturarbeiten gemacht, gab dann aber nach einer halben Stunde auf, um zu duschen und sich umzuziehen. Nicht, dass die Klamotten lange halten würden. Er grinste bei dem Gedanken.
Pünktlich fand er sich in der Holosuite ein und programmierte sie auf eine ähnliche Landschaft wie letztes Mal, nur mit dramatischerem Licht und einem kleinen, tempelähnlichen Gebäude. Denn auch wenn das Gras nur holographisch war, es piekte dennoch.
Eine Tür öffnete sich zwischen Himmel und Erde und A´kebur trat ein. Er roch nach Ale und seine Augen glänzten. Seine Haare waren offen und reichten ihm bis zum Hintern. Er wirkte, als wäre er nicht ganz bei sich. Auch nicht, als er Etienne direkt ansah. "Interessante Wahl", meinte er.
"Zufrieden?" Etienne konnte nicht anders, als den Klingonen einmal mehr anzustarren. Es sollte wirklich ein Gesetz in der Föderation geben, dass es ihren Starfleetoffizieren verbot, so verdammt erotisch auszusehen.
A´kebur bleckte die Zähne, als er die Erregung von Etienne roch. Er zog sich sein Hemd aus und schmiss es von sich. Seine Nasenflügel blähten sich, als Etienne regelrecht um seine Fassung kämpfen musste. Es war entwürdigend. Aber dafür würde der Mensch büßen.
Etienne zwang sich, stehen zu bleiben, als A´kebur langsam auf ihn zutrat und dann wieder stehen blieb, gerade außer Reichweite.
Die Temperatur auf dem Holodeck schien um ein paar Grad zu steigen, als die beiden sich nur stumm musterten, jeder darauf wartend, dass der andere den ersten Schritt tat. A´kebur streckte seinen Arme aus, griff nach dem Kragen von Etiennes Hemdes und zog ihn zu sich. Er küsste Etienne grob, herrisch und eindeutig lustbestimmt. "Du gehörst mir", knurrte er ihn an.
Dieser erhob keine Einwände, auch wenn er sich unter anderen Umständen und gegen jemand anderen entschieden gewehrt hätte. Aber das hier gehörte alles zu ihrem Spiel. Und Etienne wusste genau, dass ihm der Klingone letztlich genauso viel oder wenig gehörte wie er diesem. Mit Enthusiasmus erwiderte er den Kuss und vergrub seine Hände in der langen Haarmähne.
Dieses Mal beherrschte der Klingone von Anfang an das Spiel von Verführung und verführt werden. Er war es jedoch auch, der die Kontrolle nicht aus den Händen gab.
Grob befreite er Etienne aus seinen Kleidern und schubste ihn Richtung Tempel, so dass er auf den Matten auf allen Vieren aufkam den nackten Hintern nach oben gestreckt. "Ich habe gesehen, dass du am medizinischen Equipment nicht gespart hast. Du wirst also wissen, wie du dich morgen früh wieder heilst", flüsterte A´kebur rau.
"Sind wir hier zum Reden?", knurrte Etienne zurück, der nicht wusste, ob ihn die Situation verärgerte oder nur noch mehr erregte; oder beides. Dann drehte er sich jedoch um, um den Klingonen ansehen zu können.
Dieser stand nackt und bloß wie Gott oder alle Götter welchen Glaubens auch immer ihn geschaffen hatten über ihm. Er war bereit für die Vereinigung. Und er sah wütend aus. "Richtig wir sind nicht zum Reden hier. Mach die Beine breit!"
"Wenn du bitte sagst, mache ich es vielleicht", gab Etienne zurück, und noch hatte sein leicht überhebliches Grinsen sein Gesicht nicht verlassen. Aber das hielt nicht lange. Es blätterte, als A´kebur ihm seine Beine auseinander drückte und er sich dazwischen schob.
Etienne keuchte auf, gab aber keinen weiteren Laut von sich; soviel Genugtuung gönnte er seinem Liebhaber nicht. Stattdessen zog er diesen noch näher zu sich und holte sich noch ein paar hitzige Küsse ab.
Er streifte dabei A´keburs Schläfen, der erschrocken aufkeuchte. Wie ein Blitz reflektierten Etiennes Gedanken in seinem Kopf und jagten durch seinen Körper direkt in die Körpermitte. Doch Etienne bekam davon nichts mit. Er hatte die Augen geschlossen und jedes klare Denken fürs Erste aufgegeben.
Der Klingone hatte ihn mit einem Zug eingenommen und wirklich zu seinem Eigentum gemacht. Währenddessen war jedoch der Klingone selbst nicht mehr Herr über sich. Noch nie hatte jemand diese Mauer einreißen können, die er um sich errichtet hatte. Er war kein Telepath. Er spürte nichts...
Das Mantra, das er normalerweise benutzte, wenn sich doch einmal seine Mauern lösten, funktionierte nicht. Er konnte es noch nicht einmal mehr denken. Von seinem Körper regiert, jagte er sich und Etienne zum Höhepunkt, um dann über ihm zusammenzubrechen.
Schweratmend fand Etienne nach ein paar Minuten ins Hier und Jetzt zurück. Der Klingone war nicht gerade leicht und sacht schob er diesen etwas von sich. "Wow", war vorerst, was er von sich geben konnte.
Als A´kebur sich aber immer noch nicht rührte, tippte Etienne ihn an. "Hey, alles okay?", fragte er und strich ein paar schweißnasse Haarsträhnen aus dessen Gesicht. Allein der Gedanke, dass es der Klingone gewesen sein sollte, der schlappmachte und nicht er selbst, war mehr als abwegig. Aber dem war so.
Der Atem seines Liebhabers ging flach. Er wirkte blass und der Schweiß war kalt. Hier stimmte etwas nicht. Zudem schien A´kebur nicht erwachen zu wollen.
Etienne runzelte die Stirn. Sollte er einem Arzt Bescheid geben? Nun, dann hatte er besser eine gute Erklärung parat. Etienne stand auf und gab ein paar Anweisungen an den Computer, der daraufhin ein kleines Hypospray materialisierte. Es war nichts Starkes, nur ein kreislaufstabilisierendes Mittel. Mit einem Zischen entlud er es an A´keburs Schulter.
Dieser erwachte prompt mit einem Stöhnen. Mit verschleierten Augen sah er zu Etienne auf. "Was ist passiert?", fragte er und stemmte sich halb nach oben.
"Willst du es wirklich wissen? Du bist umgekippt", antwortete Etienne, "Geht's wieder besser?" Er setzte sich neben den Klingonen.
"Ich bin nicht umgekippt", brummte dieser. Er wischte sich die Haare aus dem Gesicht. Sein Kopf fühlte sich wie Brei an. Seine Barrieren waren löchrig wie eine Käsesorte der Menschen. Mürrisch rieb er sich die Schläfen. Das hätte nicht passieren dürfen. Er musste die Barriere wieder dicht bekommen, sonst verlor er den Verstand.
"Und was war es dann?", wollte Etienne mit einer Spur mehr Besorgnis in der Stimme, als ihm selbst lieb war, wissen.
"Nichts. War eben nicht ansprechbar. Da gibt es kein Problem. Das passiert."
"Na, wenn du meinst." Etienne war nicht sonderlich überzeugt, merkte aber, dass es keinen Sinn hatte, weiterzufragen.
A´kebur sah ihn von der Seite an. "Und, war's gut?", fragte er ihn.
Dessen Grinsen war Antwort genug. "Gut genug, um noch eine zweite Runde zu fordern, wenn du dich der Aufgabe gewachsen fühlst."
"Ich fühle mich immer gewachsen. Ich bin ein Klingone!"
Etienne zog angesichts dieser doch ziemlich offensichtlichen Tatsache - sah man einmal von den spitzen Ohren ab - nur die Augenbraue hoch und grinste einladend.
A´kebur zog ihn zu sich und küsste ihn harsch. "Und wehe, du sagst, dass ich das Bewusstsein verloren habe. Ich habe nicht das Bewusstsein verloren", drohte er leise, "Vergiss das nicht!"
"Ich bin schon still", Etiennes dunkle Augen blitzten, "aber vielleicht schaffst du es ja, dass ICH ohnmächtig werde... was ich bezweifle."
"Im Zweifel gebe ich dir einfach einen über den Schädel", knurrte A´kebur ihn an.
"Das würde ich an deiner Stelle lassen", das Spielerische verschwand aus Etiennes Stimme, aber wirklich wütend klang er noch nicht, "Brave Sternenflottenoffiziere dürfen schließlich keine harmlosen Zivilisten misshandeln."
Der Klingone legte den Kopf schief. Er zeigte seine Zähne, dann küsste er ihn. "Das tue ich schon die ganze Zeit und der Zivilist hat sich nicht beschwert. Warum jetzt solche Furcht?"
"Keine Furcht. Aber wenn du mir eins überziehst, wo wäre da der Spaß?", fragte Etienne zurück und lächelte schon wieder.
A´kebur gab darauf keine Antwort. Stattdessen definierte er den Spaß und hatte seinen dabei. Etienne jammerte, dass ihm seine Kehrseite weh tat. A´kebur empfand das als angemessen. Sorgen bereiteten ihm lediglich, dass es ihm nicht gelang, seine telepathischen Mauern wieder sauber hochzuziehen. Der Kontakt zu Etienne machte es ihm nicht leicht. Aber er glaubte, dass es ihm gelang, wenn er wieder in seinem Quartier war. Etienne bekam von seiner Not nach wie vor nichts mit, aber das war auch gut so. A´kebur hatte nicht vor, Mitleid zu erregen, also verabschiedete sie sich voneinander am Ausgang des Holodecks.
"Du kannst deinem Chef sagen, wenn er noch Probleme mit den Ersatzteilen hat, soll er Bescheid geben. Noch bin ich ja hier. Und, sehen wir uns morgen?"
A´kebur hob eine Augenbraue. Der Mensch schien mehr auf sich nehmen zu können, als er gedacht hatte. Aber er fürchtete auch, dass Etienne eher auf Schmerzen stand. Das war abartig. Er selbst hatte keine Angst vor Schmerzen. Aber Menschen sahen es als krankhaft an, bei der Liebe Schmerzen zu suchen. Diese Sichtweise hatte er in Bezug auf Menschen sehr schnell angenommen. Doch Etienne würde schon wissen, was er sich zumutete. "Wenn du es durchhältst, ja!", antwortete er ihm daher.
"Denkst du, du könntest es über dich bringen, auch so noch ein bisschen Zeit mit mir zu verbringen nach Dienstschluss? Oder ist einfach nur reden für dich ein zu seltsames Konzept?" Etienne lächelte, um A´kebur klarzumachen, dass er es nicht böse meinte.
"Über was willst du reden?", fragte dieser ihn offen erstaunt.
"Über alles mögliche. Und wenn uns gar nichts einfällt, was ich nicht glaube, bleibt immer noch das Wetter als Thema."
"Das Wetter? Was für Wetter?"
Etienne lachte. "Das ist nur eine Redensart. Also, überwinde dich und triff mich in Suahis Bar!"
"Wenn du meinst, dass das Wetter ein wichtiges Thema ist." A´kebur schien offenbar an seinem Verstand zu zweifeln. "Auch in der Bar, wenn du meinst."
"Also abgemacht. Bis morgen!", verabschiedete Etienne sich, innerlich triumphierend. Das war das zweite Mal, dass er den kontaktscheuen Klingonen in die Öffentlichkeit hatte lotsen können. Dessen Vorgesetzter wäre ihm vermutlich dankbar, auch wenn das nicht zum Deal gehörte. Aber Etienne bekam ja auch mehr wieder als ursprünglich geplant. Mit einem definitiv unanständigen Grinsen bog er um die Ecke zur Andockrampe 3.
"Schön dich wieder zu sehen, Etienne. Ich habe dich lange nicht mehr gesehen", hörte er die Begrüßung von einem unerwarteten Besucher. "Ich habe lange auf dich gewartet. Und wo finde ich dich? Wie eine fette Made im Speck der Föderation."
Etienne wirbelte herum und erkannte die Gestalt, die soeben aus den Schatten der Drake hervortrat. Es war unverkennbar ein Romulaner, noch recht jung, erstaunlicherweise in Zivil.
"Oh, Toran, ich hatte Sie nicht erwartet", begrüßte Etienne einen seiner besten Kunden, "wie Sie sehen, ist mein Schiff immer noch nicht wieder startbereit, sonst wäre ich schon längst bei Ihnen gewesen."
"Ganz ehrlich mein Freund? Es interessiert mich nicht. Sie haben mir gesagt, dass es nicht lange dauern würde. Aber jetzt muss ich mich selbst hierher bewegen. Dabei mag ich Föderationsluft nicht einmal sonderlich. Sie riechen übrigens nach Liebe. Haben Sie daher wenigstens soviel Anstand und säubern Sie davon." Toran wandte sich angewidert ab und sah sich scheinbar interessiert die Drake an.
Kaum hatte Toran sich umgedreht, strich sich Etienne unbewusst über die Stirn. Sicher, Toran war einer seiner besten Kunden, aber weder der geduldigste noch der höflichste. Ohne den Romulaner anzusehen, ging Etienne ins Innere der Drake, rief "Machen Sie es sich bequem!" und verschwand in seinem Privatbereich für eine Hypodusche.
Toran sah sich angewidert um. "Wo ist es?", rief er Etienne nach. Dieser Schrotthaufen war abstoßend.
Toran war kein typischer Krieger, wie es nach außen hin vom Romulanischen Imperium gern gezeigt wurde. Toran sah sich als Ästhet, Sammler und Kaufmann. Das hieß nicht, dass er nicht kämpfen konnte. Es bedeutete nur, dass er dem asketischen Lebensstil nichts abgewinnen konnte.
Wo ist was, wollte Etienne schon zurückfragen, während er sich hastig umzog, aber dann war ihm klar, dass der Romulaner das kleine Kästchen aus Duranium meinte, das sicher in den Geheimfächern der Drake verstaut war. Schließlich war das ihr gemeinsamer Handel und vor ihm war es ganz und gar nicht gut, den Unwissenden zu spielen. "Einen Moment, ich hole es", Etienne zog sich schnell ein frisches Hemd über und kam dann wieder zurück ins Cockpit. Mit ein paar Befehlen in die Computerkonsole öffnete er die Frachtcontainer. Toran hatte die Hände auf dem Rücken gefaltet und wippte ungeduldig auf seinen Füßen.
"Machen Sie schneller. Ich warte schon zu lange darauf", zischte er. Etienne ging hinüber zu den Containern, betätigte noch einen Schalter und hatte dann Zugang zu den geheimen Fächern. "Hier", er nahm das Kästchen heraus, "Ich hoffe, am vereinbarten Preis plus Gefahrenzulage hat sich nichts geändert? Sonst finde ich ganz sicher andere Abnehmer hierfür."
Toran ließ das Kästchen sinken, dass er buchstäblich an sich gerissen hatte. "Wenn Sie überhaupt noch etwas bekommen. Sollten Sie mir drohen, werde ich Ihnen die Haut streifenweise abziehen. Also verschwenden Sie nicht mehr weiter meine Zeit. Sie bekommen einen 10-prozentigen Abschlag wegen der Verspätung. Ich bin noch großzügig."
Etienne runzelte die Stirn. "Ich sagte Ihnen schon, ich trage nicht die Schuld an der Verspätung. Das Gebiet, in dem ich den Gegenstand für Sie abgeholt habe, ist geradezu verseucht mit Ionenstürmen und sonstigen galaktischen Hindernissen. Ich glaube kaum, dass es selbst unter den günstigsten Bedingungen schneller gegangen wäre."
"Ich muss Sie doch nicht daran erinnern, Mr. Duval, dass Sie es waren, der behauptet hat, schneller als der Konkurrent zu sein. Sie sagten, dass Sie es schneller schaffen. Dafür haben Sie den Zuschlag erhalten. Von daher kann ich auch Service verlangen, Mr. Duval", wies ihn Toran eiskalt zurück. Sein Gesicht wirkte dabei steinern wie eine Maske.
"Nun, angesichts der Tatsache, dass die Konkurrenz NICHT schneller war, da sie sonst mit Ihrem Gegenstand hier wäre und nicht ich, kann man wohl von Service sprechen, denke ich." Etienne hasste es zutiefst, wenn vereinbarte Preise nicht eingehalten wurden, aber Toran wollte er ganz sicher nicht zum Feind haben. "4.800 Barren goldgepresstes Latinum", schlug er schließlich vor und senkte die Vereinbarung damit um 200 der wertvollen Edelmetallbarren. Toran hob eine Augenbraue. Er wog das Kästchen ab und öffnete es. Der Anblick brachte ihn zum Lächeln. Es war ein unheimlicher Moment, ein vulkanisches Gesicht lächeln zu sehen. Es erinnerte frappierend an den irdischen Teufel.
"Einverstanden", schlug Toran ein, "4.800 Barren. Es ist immer wieder eine Freude mit Ihnen Geschäfte zu machen."
Es machte Etienne gelinde gesagt misstrauisch, dass Toran sich so einfach überzeugen ließ, aber er würde sicher nicht dagegen argumentieren. "Gut, dann bräuchte ich nur noch das Geld bar auf den Tisch, und Sie können mit Ihrem, was auch immer es ist, glücklich werden."
"Das werde ich ganz bestimmt. Ich werde damit glücklich. Was die Bezahlung angeht...", Toran zog einen Kommunikator heraus, "Energie", befahl er. Gleich darauf materialisierte sich eine Ladung von goldgepressten Latinum. "Genau 4.800 Barren! Etienne griff sich einen und untersuchte ihn. Vertrauen war gut, Kontrolle besser, nickte dann aber zufrieden. "In Ordnung. Wenn Sie wieder meine Dienste benötigen, Sie wissen ja, wie ich zu erreichen bin."
"Oh, ganz sicher!" Toran entschwand vor Etiennes Augen. Dieser sah ihm noch einen Augenblick nach, dann begann er die Latinumbarren in den geheimen Container zu verstauen, ehe sie noch jemand sah. Transaktionen in dieser Höhe ohne entsprechende Kontrollen waren auf Sternenflottenbasen gelinde gesagt, ungern gesehen, und Etienne hatte den Verdacht, dass das Artefakt, das er für Toran besorgt hatte, in der Föderation auch nicht legal war. Aber das gehörte zu seinem Geschäft.
"Captain Duval! Es wurde eine ungenehmigter Materietransport auf Ihr Schiff festgestellt. Bitte melden Sie sich!", hörte er auch schon die Zentrale der Station. Etienne rollte mit den Augen.
"Hier Duval. Was kann ich für Sie tun?" Er hätte sich denken können, dass bei den strengen Zollmaßnahmen hier alle Transporte aufgezeichnet wurden. Schnell räumte er die letzten Barren in das andere Fach.
"Der Scann sagt, dass Sie größere Mengen Latinum erhalten haben."
"Oh, das meinen Sie. Tut mir leid, ich wollte Sie um diese Uhrzeit nicht damit behelligen", gab Etienne zurück, "Aber ich kann das sofort nachholen." Er hörte, wie etwas gebrummt wurde. "Melden Sie sich Morgen früh hier und füllen Sie die Papiere aus. Zentrale Ende." Etienne schaltete die Com-Anlage aus, die zum Glück nicht mehr rauschte und nahm die gesendeten elektronischen Formulare in Empfang.
Keine Transaktionssteuer, wenigstens etwas. Aber eine genaue Angabe über die Umstände der Transaktion, den Geschäftspartner und alles mögliche andere an unbequemen Fragen. Etienne ließ sich in seinen Pilotensessel fallen und begann das Formular auszufüllen, wobei er die meiste Zeit an der Wahrheit knapp vorbeischlidderte. Schließlich wollte er keine Extragebühren zahlen.
Es piepte leise. Offenbar wollte noch jemand zu ihm.
Langsam gewann Etienne den Eindruck, sich auf einem Bahnhof zu befinden. Die Sensoren zeigten ihm, dass es ein Ferengi war, der sich offensichtlich um diese späte Stunde bei ihm vorstellen wollte.
Etienne kannte ihn nicht. Aber neue Kundschaft war etwas, das er immer gebrauchen konnte. Kurzerhand ging Etienne zum Schott und öffnete es. "Was kann ich für Sie tun?", fragte er so höflich, wie es ihm in Gegenwart eines Ferengi möglich war.
"Ich will das Artefakt!", fiel dieser jedoch gleich mit der Tür ins Haus. "Rück das Artefakt aus oder ich verkaufe dich an einen Sklavenhändler!"
Etienne hob die Augenbraue. "Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie reden, aber wenn Sie weiter in diesem Ton verfahren, muss ich Sie bitten zu gehen." Er betonte das Wort "bitten" in einer Art und Weise, die keinen Zweifel daran ließ, dass er dieser Bitte auch notfalls mit Gewalt Nachdruck verleihen würde. Der Ferengi zog einen Phaser hervor. "Das Artefakt oder dein Leben!", zischte er bösartig.
Etienne reagierte blitzschnell und sprang von der Tür weg, um dann sofort den Schließmechanismus des Schotts zu betätigen. Danach zückte er seine eigene Waffe, einen modifizierten Disruptor, und betätigte die Com-Anlage. "Hier ist Captain Duval von der Drake. Ich werde angegriffen", meldete er. Sicher konnte er es mit einem mickrigen Ferengi aufnehmen, aber wenn er diesem etwas tat, würde das nur weiteren Ärger nach sich ziehen. "Von wem werden Sie angegriffen? Wir schicken die Sicherheit zu Ihnen, Captain Duval!"
"Ich weiß nicht genau, wer es ist. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich beeilten. Er hat einen Phaser, und ich kann keine neuen Löcher in meinem Schiff gebrauchen." Just in dem Moment zischte ein Phaserstrahl gegen die Außenhülle.
"Und er zerstört mein Schiff", schrie er.
"Die Sicherheit ist bei Ihnen", rief die Wache von der Stationsbrücke. Plötzlich hörte es auf. Etienne wartete noch einen Augenblick, dann warf er erneut einen Blick auf die Sensorenanzeige. Sie zeigte außer dem Ferengi noch weitere Personen vor dem Schiff. Etienne stand auf und öffnete das Schott. Es klemmte und er musste manuell nachhelfen.
"Captain Duval, ist alles mit Ihnen in Ordnung?", fragte ihn der Mann von der Sicherheit. Sie waren zu fünft und hielten einen völlig aufgebrachten Ferengi in ihrer Mitte. Das war ein völlig ungewohnter Anblick. Ferengi regten sich äußerst selten und dann nicht für lange auf.
"Ja, aber seine Versicherung soll mir das Schott ersetzen", knurrte Etienne, "Vielen Dank, meine Herren."
"Bitte kommen Sie mit. Wir müssen Ihre Aussage aufnehmen!", wurde er jedoch aufgefordert. Wie es schien, würde Etienne den Autoritäten heute doch nicht mehr entkommen. Er griff sich seine Jacke, warf sie über die Schulter und schloss das Schott wieder hinter sich. Dann folgte er den Sicherheitsleuten.
Es wurde eine aufwendige Prozedur. Dabei kam es auch zu einigen sehr unangenehmen Fragen hinsichtlich der Gründe. Zum Glück druckste aber auch der Ferengi herum. Dafür warf er aber Etienne böse Blicke zu. Dieser beantwortete alles so souverän wie möglich, verfluchte aber innerlich diesen Tag. Allein der Gedanke an sein offensichtlich teuer verdientes Latinum tröstete ihn.
A´kebur ging es schlecht. Sein Kopf war gefüllt mit fremden Gedanken. Er sah sich mit den Träumen der Männer konfrontiert, mit denen er sein Quartier teilte. Aber auch mit jedem Gedanken der Wesen, die auf dieser Station waren. Sein Kopf schmerzte.
Unter großer Anstrengung versuchte er sich aufzurichten. Er überlegte, ob er die Krankenstation aufsuchen sollte, verwarf aber die Idee.
Er ging auf keine Krankenstation.
Trotzdem konnte er ein verräterisches Stöhnen nicht unterdrücken. Plötzlich war der Raum von gedämpftem Licht erfüllt und A´kebur sah eine verschlafen aussehende Gestalt in seiner Tür. Es war Fähnrich Montague, erst seit ein paar Wochen auf der Station, übereifrig und noch sehr jung. "Alles in Ordnung?", fragte der Junge leise, "Es klang, als ginge es Ihnen nicht gut, Sir." Obwohl sie beide den gleichen Rang hatten, sprach Montague ausnahmslos jeden mit Sir an.
A´kebur wich vor ihm zurück. Er empfing zwar von ihm nichts, aber er wollte nicht von diesem halben Betazoiden berührt werden. "Lassen Sie mich in Ruhe", rief er angestrengt.
"T-tut mir leid, Sir", stammelte Montague und wich etwas zurück, "aber es ist meine P-pflicht zu melden, wenn es meinen Kollegen nicht gut geht!"
"Mir geht es gut. Mir geht es gut!"
Der junge Halb-Betazoide-Halb-Mensch sah nicht überzeugt aus, im Gegenteil. "Sie sind sicher, dass ich nicht doch Doktor Del'xwon Bescheid geben soll?"
"Ich bin nicht krank", wehrte A´kebur ab und schrie dabei laut genug, um die zwei Fähnriche, mit denen er das Quartier teilte, aufzuwecken. Diese sahen sie böse an.
"Was soll der Lärm?", knurrte Fähnrich Trush.
"Ich g-glaube, es geht im nicht gut, Sir", erwiderte Montague kläglich und wich vorsichtshalber noch einen Schritt zurück, "Aber er will sich nicht helfen lassen."
Fähnrich Trush rollte mit seinen blauen Fühlern, murmelte etwas auf Andorianisch, das A´kebur, wenn er die Sprache verstanden hätte, ganz sicher nicht gefallen hätte, und betätigte die Sprechanlage zur Krankenstation.
"Krankenstation?"
Fähnrich Trush meldete, dass es A´kebur nicht gut ging. Dieser wehrte sich, aber sein Blick wurde glasig, je mehr Gedanken sich auf ihn konzentrierte. Er stöhnte auf und wehrte sich. "Ich bin nicht krank", knurrte er mit rauer Stimme.
"Das lassen Sie mal den Doktor entscheiden", brummte der Andorianer und griff Montague am Ärmel. "Komm Kleiner, geh wieder schlafen."
Es dauerte nicht lange und die Tür zu A´keburs Quartier ging erneut auf. Herein kam die resolute Ärztin der Station, Doktor Del'xwon. Trotz ihres exotisch klingenden Namens war sie ein Mensch, aber zu Spaßen war mit ihr ganz sicher nicht. Sie musterte den Klingonen stirnrunzelnd. "Nun?"
A´kebur sah sie an, als würde er sie nicht erkennen. "Qu'vatlh[5]", knurrte er sie an. " Haw' pagh Hegh[6]"
Die Ärztin zog seelenruhig ein Hypospray aus ihrer Tasche, aber ihr Blick glitt kurz warnend zu A´keburs Zimmergenossen, damit diese auf Abstand gingen.
"Sie sind Offizier der Sternenflotte!", erinnerte sie A´kebur, "Es ist Ihre Pflicht, Vorgesetzten zu gehorchen."
"Gehen Sie aus meinem Kopf raus", heulte A´kebur auf, "aus meinem Kopf."
Fähnrich Montague schlug sich an die Stirn. "Er ist Telepath. Seine Barrieren sind nicht mehr vorhanden und ich dachte, er wäre keiner, weil ich von ihm nichts gespürt habe."
Nun zog Doktor Del'xwon wirklich die Augenbrauen hoch. "Davon steht nichts in Ihrer medizinischen Akte", erklärte sie, "aber es erklärt einiges." Sie griff erneut in ihre Tasche und holte ein weiteres Hypospray heraus. "Das hier ist ein leichtes Sedativum. Es sollte helfen, Ihre gedanklichen Barrieren wieder zu errichten. Und morgen früh nach ein paar Stunden Schlaf kommen Sie in die Krankenstation zum Durchchecken."
A´kebur spürte die kühle Flüssigkeit, wie sie in seine Venen gejagt wurde. Dann schien alles um ihn herum wie in Watte gepackt zu sein. "Ich", hauchte er und fiel buchstäblich in sein Bett. Die Ärztin zog ihm mütterlich die Decke bis zur Nasenspitze. "Bitte erinnern Sie ihn an seinen Termin bei mir", bat sie Montague und Trush. "Wenn noch etwas sein sollte, geben Sie Bescheid."
"Ich dachte, Klingonen sind keine Telepathen", murrte Trush und blickte auf seinen Kollegen, der verschlafen aus seinem Bett blickte, ohne sich an dem nächtlichen Aufstand beteiligt zu haben.
Montague kratzte sich an der Stirn. "Er ist der einzige Nichttelepath gewesen, von dem ich keine Gefühle empfangen habe. Das hätte mich stutzig machen müssen", erklärte er. "Außerdem ist A´kebur kein reiner Klingone, Sir, er ist auch zur Hälfte Vulkanier. Das steht in seiner Akte."
"Nun, das wusste ich. Aber selbst unter Vulkaniern ist Telepathie keine Alltäglichkeit." Die Ärztin wandte sich zur Tür. "Danke, dass Sie mir Bescheid gegeben haben. Gute Nacht", verabschiedete sie sich.
Trush zuckte mit seinen Fühlern und kehrte zu seinem Bett zurück. "Habe morgen Frühdienst", murmelte er, "und weck mich das nächste Mal erst wieder, wenn die Station zusammenkracht, ja, Kleiner?"
Montague zuckte nur hilflos mit den Schultern und ging dann in sein eigenes Quartier zurück.
A´kebur erwachte mit höllischen Kopfschmerzen. Wäre er zimperlicher gewesen, dann hätte er geweint. So jedoch verdrängte er die Schmerzen und die Gedanken, die auf ihn eindroschen. Wankend suchte er das Bad auf und machte sich unter der Hypodusche zu schaffen. Laut krachte er gegen die Wände und rutschte daran herunter. Mit aufgerissenen Augen schaute er ins Leere, als er Dinge sah, die nur er sehen konnte.
Ein seltsames Geräusch durchbrach die Stille, laut und durchdringend. A´kebur kannte es und war sich sicher, dass es wichtig war. Er brauchte eine volle Minute, um zu begreifen, dass es das Com-Gerät war.
"A´kebur", meldete er sich.
"Fähnrich, Sie sollten doch heute Morgen zu mir in die Krankenstation kommen ", Dr. Del'xwon klang nicht sehr begeistert, "Sehen Sie zu, dass Sie herkommen!"
"Ma´am?", fragte A´kebur verständnislos. "Was soll ich auf der Krankenstation?"
"Ich habe Ihnen gestern den Befehl dazu gegeben", knurrte die Ärztin, "Ich dachte, das wäre deutlich geworden."
"Was meinen Sie?" A´kebur versuchte sich aufzurichten und den Inhalt von den gesprochenen Wörtern von dem Dröhnen in seinem Schädel zu trennen, um zu verstehen, was das Gesagte für ihn bedeutete.
"Zum letzten Mal, Fähnrich: Kommen Sie sofort zur Krankenstation oder ich lasse Sie abholen! Haben Sie gehört?" Als keine Antwort kam, erklärte Doktor Del'xwon: "Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich komme vorbei."
A´kebur rieb sich die Schläfen. Als ihm das Geräusch der Hypodusche zuviel wurde, zog er sich an der Wand hoch und lief vorsichtig nach draußen. Der Boden schien ihm unsicher wie ein Moorgang.
Kurz darauf piepte es an der Quartierstür und die Ärztin kam herein, gefolgt von zwei ihrer Assistenten. "Guten Morgen", grüßte sie und runzelte angesichts A´keburs Zustand die Stirn, "wir bringen Sie jetzt besser zur Krankenstation."
Sie holte die Uniform des Fähnrichs und schob diesen auf sein Bett. "Anziehen!", befahl sie knapp. Um das Schamgefühl von A´kebur nicht zu verletzen, auch wenn es im Moment wohl eher zweitrangiger Natur war, drehten sich alle um. Nach ein paar Minuten hatten sie einen ziemlich durcheinander aussehenden, vollkommen verstruppelten Klingonen mit spitzen Ohren vor sich, der sich monoton seine Schläfen rieb.
Vorsorglich nahmen sie ihn mit ihren Assistenten zusammen in die Mitte und brachten ihn zur Krankenstation, gefolgt von nicht wenigen neugierigen Blicken der Stationscrew und den Besuchern. Dort angekommen befahl die Ärztin A´kebur auf die nächste Liege und begann mit den Untersuchungen.
"Die typischen Überlastungserscheinungen eines Telepathen, der von den Gedanken anderer überflutet worden ist", murmelte sie, "ich kann nur eine künstliche Barriere aufbauen. Aber sie dämpft auch alle anderen Funktionen. Fähnrich, Sie werden sich in die Hände eines Telepathen begeben müssen, um Ihre Barriere wieder aufbauen zu können."
A´kebur hatte seine Augen geschlossen und atmete flach. Ihn interessierte reichlich wenig, was die Menschenfrau sagte. Er hörte dem Summen zu und ergab sich der lähmenden Wirkung.
"Der einzige Telepath mit entsprechender Ausbildung und Kontrolle hier auf der Station ist Commander Norak von der wissenschaftlichen Abteilung. Ich werde ihn deswegen ansprechen", murmelte Doktor Del'xwon. "Und Sie sollten sich besser noch etwas ausruhen." Sie schüttelte den Kopf, als keine Reaktion folgte. "Mit Ihnen ist wohl im Moment kein Anfang zu machen." Sie wandte sich zum Intercomgerät.
"Mr. Norak, bitte kommen Sie in die Krankenstation. Ich habe hier einen Notfall, den Sie sich einmal ansehen sollten."
"Ich bin unterwegs, Doktor", meldete sich eine sonore Stimme, ohne weitere Fragen zu stellen. Die Ärztin begann mit weiteren Tests, während sie auf den vulkanischen Commander wartete, der kurz darauf ihre Einschätzung bestätigte.
Etwa eine Stunde später konnte sie A´kebur in eine Erholungsschicht schicken. Sie ordnete insgesamt vier Tage davon an und die Verpflichtung, sich von dem Commander in die Kunst der Telepathie einweisen zu lassen.
A´kebur war das alles andere als recht. Er wollte sich nicht von einem Vulkanier sagen lassen, wie er etwas zu tun hatte.
Commander Norak verlor jedoch weder über das, was er in der Gedankenverschmelzung erfahren hatte, noch über den Widerstand seines unvermuteten Schülers auch nur ein Wort. Er wusste, dass es sich bei dem Fähnrich um einen halben Vulkanier handelte. Dass dieser jedoch mehr Eigenschaften vulkanischer Art zeigte, als diesem selbst wohl bewusst war, nötigte ihm zumindest eine hochgezogene Augenbraue ab. Die zweifellos dominanten Merkmale der klingonischen Rasse hatten vom Inneren A´keburs abgelenkt, was zweifellos auch dem Wunsch des Fähnrichs entsprach.
Doktor Del'xwon und Norak unterhielten sich noch eine Weile, nachdem A´kebur aus der Krankenstation fürs Erste entlassen war - mit der Auflage, sich nicht zu überanstrengen.
"Denken Sie, Sie können Ihm helfen?", wollte die Ärztin wissen, "Oder wird das auf lange Sicht Probleme geben? Fähnrich A´kebur hat eine nicht gerade makellose Akte, aber ich würde nur ungern so etwas wie geistige Instabilität dort eintragen müssen."
"Sein Temperament steht Mr. A´kebur im Weg", begann Norak vorsichtig, "seine geistige Klarheit ist gewährleistet, wenn er akzeptiert, auch ein Telepath zu sein. Leider ist das auch mit einer gewissen Akzeptanz seiner vulkanischen Seite verbunden."
"Und da liegt das Problem, denken Sie." Doktor Del'xwon sah auf die Akte. "Wenn ich das richtig verstanden habe, hat er Zeit seines Lebens versucht, ein vollwertiger Klingone zu werden, aber ihm wurden nicht alle Initiationsriten gewährt. Das ist der Grund, warum ich nichts davon halte, wenn sich zwei so unterschiedliche Rassen mischen. Ihre Kinder haben nichts als Probleme und sind nirgendwo ganz zugehörig."
Commander Norak senkte leicht seinen Kopf. "Dr. Del'xwon, die Vereinigung, um ein Kind wie A´kebur zu zeugen, war nicht freiwilliger Natur. Es lag im Streben des klingonischen Volkes, alle Völker untertan zu machen - auf jedem Gebiet."
Die Ärztin riss die Augen auf, hatte sich dann aber schnell wieder gefangen. "Das erklärt einiges", murmelte sie, "aber da hätte man denken sollen, seit dem Friedensvertrag von Khitomer vor über hundert Jahren wäre Ruhe eingekehrt."
"Es kehren mitunter noch immer vulkanische Gefangene aus dem klingonischen Reich zurück. A´keburs Familie - vulkanische Familie - ist leider nicht geklärt worden. Darüber liegt, wie die Menschen es so bildhaft ausdrücken, der Mantel des Schweigens. Der Friedensvertrag von Khitomer hat es jedoch möglich gemacht, die meisten Kinder dieser ungewollten Verbindungen den Familien zu zuordnen." Commander Norak schien das Gespräch auf Äußerste unangenehm.
Aber er faltete seine Hände und deutete durch seine Haltung an, dass er auch weitere Fragen beantworten würde. Dennoch es schien auch, als verschwieg er trotz seiner Offenheit einige Dinge, die er nicht ungefragt sagen würde.
Die Ärztin nickte. "Nun, damit ist die Sternenflotte noch der beste Platz für den Jungen gewesen." Es war für sie überhaupt nicht seltsam, von einem 2-Meter-Mann als "Jungen" zu sprechen. "Aber ich denke, er hat viele verborgene Wunden, für die ich als Ärztin nichts werde tun können. Keine Familie, zu der er gehen kann, und auch keine Freunde laut Auskunft seiner Kameraden. Ich denke, er braucht dringend Hilfe."
Commander Norak wirkte vage pikiert. "An was für eine Art von Hilfe haben Sie gedacht?", fragte er vorsichtig.
"Nun, wenn er Zeit mit jemandem außerhalb seines normalen Dienstes verbringt, ist schon mal der Anfang gemacht. Aber ich kann ihm ja schlecht befehlen, loszugehen und ein Sozialleben aufzubauen, oder?"
"Nun, ich denke, das wird Fähnrich A´kebur allein schaffen. Bitte entschuldigen Sie mich. Ich muss zurück. Ich werde heute Abend die Lektionen mit Fähnrich A´kebur durchgehen, so dass er sich selbst schützen kann."
"Danke für Ihre Hilfe", die Ärztin lächelte den Vulkanier an, "und bitte erstatten Sie mir regelmäßig Bericht, wie es vorangeht!"
"Das werde ich, Doktor!", verabschiedete sich der Vulkanier und verschwand geschmeidig aus der Krankenstation. Auf unbestimmte Weise wirkte er dabei erleichtert.
Doktor Del'xwon sah ihm noch einen Augenblick nach, dann ging sie wieder an ihre Arbeit. Schließlich warteten noch mehr Patienten auf sie.
A´kebur ging wie auf Eiern. Er fühlte sich so. Aber rein äußerlich war ihm nichts anzumerken. Er bekam nur vom Chefingenieur die Ansage, dass er keine Arbeit bekam. A´kebur war es nur in seinem Urlaub gewohnt, nichts zu tun zu haben. Krank war er nie gewesen. Etwas unschlüssig machte er sich auf den Weg zu Etienne, auch wenn der indirekt dafür verantwortlich war, dass die Barriere gebrochen war.
Diesen fand er mit einem Schweißbrenner an einem offensichtlich von Waffen verkohlten Schott der Drake hantieren. Beim Näherkommen hörte er eine ganze Reihe hingebungsvollster Flüche in einem Dutzend Sprachen, darunter auch Klingonisch.
Diese kamen ihm sogar bekannt vor. Mit den Fingerspitzen berührte A´kebur die Phaserspuren. Es waren einige und sie hatten viel zerstört. "Was ist hier passiert?", fragte er.
Etienne schreckte hoch, dann erkannte er den Fähnrich und entspannte sich wieder. "So ein verrückter Ferengi hat mich angegriffen", brummte er, "keine Ahnung, was das sollte. Er sitzt jetzt in einer Isozelle bei der Sicherheit."
"Ferengi greifen nicht zu Waffen, außer sie wollen etwas erpressen. Was war es gewesen, was er bei dir vermutet?"
"Offensichtlich wollte er etwas haben, dass ein Kunde von mir kurz zuvor abgeholt hat", wurde Etienne etwas deutlicher, "aber Geschäft ist Geschäft, und noch entscheide ich, wem ich etwas verkaufe." Etienne ließ den Schweißbrenner sinken, als ihm etwas klar wurde. "Hast du keinen Dienst?"
"Nein", antwortete A´kebur widerstrebend. "Ich habe keinen Dienst."
"Wird wohl noch was dauern, bis ich deinen Dienstplan auswendig weiß", scherzte Etienne und schob sich die Schutzbrille auf die Stirn. "Bleibt es bei heute Abend?"
"Ich habe eine Verabredung. Vielleicht zwei Stunden später. Ich weiß nicht genau, wie lange es dauert."
Bei dem Wort "Verabredung" hob Etienne eine Augenbraue. Eigentlich hatte es ihn nicht zu kümmern, was A´kebur in seiner Freizeit machte, aber das schien nicht zu dem sonst so kontaktscheuen Klingonen zu passen. "In Ordnung", erwiderte er, "und, wer ist der oder die Glückliche?"
Wenn er jemals einen betreten aussehenden Klingonen gesehen hatte, so konnte sich Etienne nicht daran erinnern. Aber A´kebur war ein guter Ausgleich dafür. "Commander Norak. Und er ist nicht glücklich darüber. Genausowenig wie ich", antwortete A´kebur steif.
"Aha. Und wieso habt ihr dann ein Date?", fragte Etienne unerbittlich weiter. Jetzt war er wirklich neugierig geworden.
"Es ist kein Date!", wehrte sein Liebhaber ab.
Etienne zog nur wieder die Augenbraue hoch. Wenn es etwas mit seiner Arbeit zu tun hatte, hätte A´kebur es bereits gesagt und sich nicht so umständlich ausgedrückt. Worum ging es also dann?
"Na ja, was auch immer. Ich bin vermutlich sowieso den ganzen Abend bei Suahi. Lange kann ich mir dieses Elend mit meinem Schiff nicht mehr ansehen. Kaum haben wir es zusammengeflickt, kommt so ein Idiot daher und schießt ein Loch rein."
"Was wohl an dem Ding liegt, dass du in deinem Schiff versteckt hast", murmelte A´kebur und wandte sich ab. "Ich komme dann heute Abend. Ich soll mich jetzt ausruhen, auch wenn ich noch nicht weiß, wie ich das machen soll."
"Moment mal. Wovon redest du da eigentlich?" Etienne war alarmiert. Woher wusste A´kebur von dem Artefakt? Er KONNTE es überhaupt nicht gesehen haben, ein spezieller Code war für das Öffnen der geheimen Frachtcontainer nötig und von außen waren sie nicht zu erkennen.
"Von was ich rede? Keine Ahnung. Ich soll mich ausruhen. Das hat die Ärztin gesagt. Frag sie, was das bedeuten soll. Ich bin nicht krank."
"Na ja, wenn ich ehrlich sein soll, etwas blass bist du. Und du warst bei der Ärztin?" Etienne war selten in seinem Leben so verwirrt gewesen.
Wenn der Klingone selber nicht wusste, was er sagte, und es klang wirklich so, dann musste wirklich etwas nicht stimmen. Aber woher wusste er von dem Artefakt?
"Sie hat mich abgeholt, weil ich nicht wusste, dass ich einen Termin hatte. Aber mir geht es gut. Kein Problem." A´kebur berührte das Schiff erneut. "Ich werde dann mal in den Erholungsbereich gehen."
"Ja, mach das!" Etienne zögerte kurz, dann legte er seine Werkzeuge beiseite. Dieses Rätsel wollte er aufgeklärt haben. "Hast du was dagegen, wenn ich mitkomme? Oder wolltest du allein sein?"
A´kebur schüttelte stumm den Kopf. "Aber kein Sex. Commander Norak weiß schon jetzt mehr, als er sollte."
"Keine Sorge, ich habe auch noch was anderes im Kopf." Etienne grinste, verschloss das Schiff und folgte dem Klingonen. War dieser Commander Norak am Ende A´keburs Psychiater? Der Gedanke war grotesk.
A´kebur ging zielstrebig auf eine Holosuite zu. Er wählte ein Programm und trat ein. Es war die Hauptwelt der Klingonen. Sie standen auf den Felsen, die am Rande einer Stadt auf einer Ebene herausragten. A´kebur stand nahe der Abrisskante und sah hinunter.
Etienne fand das Szenario ein bisschen gruselig, obwohl er klingonische Architektur und Lebensgewohnheiten kannte. Es wirkte alles irgendwie abweisend, so von grundauf verschieden von dem lebendigen, wilden Feuer, das er jedes Mal in A´keburs Augen sah und das für ihn zum Inbegriff des Klingonischen geworden war.
"Ich bin hier geboren", erklärte A´kebur. "Hier habe ich das erste Ritual der Kriegerweihe erhalten." Er verschwieg, dass er das zweite Ritual nie hatte machen dürfen, wie auch einige andere nicht. Er war kein vollwertiger Krieger. Er war nach den Traditionen noch ein Kind und er würde es immer bleiben. Und alles, weil er Telepath war. Diese Fähigkeit machte ihn schwach und wieder war sie Grund dafür, dass er sich nicht unter Kontrolle hatte.
"Warum bist du zur Sternenflotte gegangen?", fragte Etienne leise. Er konnte sich den Grund zwar denken, aber es hätte hundert andere Möglichkeiten gegeben.
"Warum geht ein Klingone zur Sternenflotte?", stellte A´kebur ihm die Gegenfrage.
"Bessere Beziehungen zwischen den Kulturen, Abscheu vor der Klingonischen Gesellschaft, Ausschluss aus dieser. Es gibt viele Möglichkeiten, genauso viele wie für jeden anderen auch, der sich entschließt, in der Sternenflotte dienen zu wollen", erwiderte Etienne, "es gab mal eine Zeit, da wollte ich es tatsächlich auch."
"Der Sternenflotte dienen? Heroische Absichten? Dann hätte ich auch im Klingonischen Reich bleiben können, wenn ich diese Wahl gehabt hätte. Nein, ich bin zu schwach. Ich bin nur ein Mischling. Kein vollwertiger Klingone, der es wert wäre, dem Reich zu dienen", spuckte A´kebur von sich selbst angewidert aus.
"Die Sternenflotte nimmt niemanden auf, der schwach ist. Etwas dämlich vielleicht, aber wer unfähig ist, wird schon im ersten Akademiejahr aussortiert", gab Etienne ungerührt zurück, obwohl ihm einiges klarer wurde, "der klingonische Maßstab ist nur einer unter Tausenden."
"Ich bin kein Klingone. Ich bin ein Niemand."
"Und das sagt jemand, der kein Mitleid will. Hör mir mal zu", Etienne drehte A´kebur zu sich um und sah ihm direkt in die blauen Augen, "du bist immer soviel oder so wenig, wie du selber aus dir machst. Wer immer auf die Meinung anderer hört, wird nie auf eigenen Füßen stehen. Es mag vielleicht einfacher sein, mit dem Strom zu schwimmen, aber nur wer sich traut dagegen zu kämpfen, hat die Chance, dort anzukommen, wo noch niemand vor ihm gewesen ist."
"Wunderschöne Worte! Menschen reden immer gern!", knurrte A´kebur. "Aber es ist meine vulkanische Mutter, die meine Schwäche verursacht."
"Hältst du Vulkanier für schwach? Ich würde keinen von ihnen verärgern wollen. Und jemanden, der es fertigbringt, kein Klingone zu sein und unter Klingonen zu leben, den kann man nur bewundern."
A´kebur kniff die Augen zusammen, als ob er über diese Dinge nachdachte, dann schüttelte er jedoch den Kopf. "Ich bin Telepath. Commander Norak wird mir beibringen, damit umzugehen".
"Heißt das, du hast ..." Jetzt wurde Etienne einiges klar. Offensichtlich hatte A´kebur die Sache mit dem Artefakt direkt aus Etiennes Gedanken entnommen, wobei dieser dabei nichts mitbekommen hatte. "Ging es dir deswegen gestern nicht gut?"
Der Klingone berührte sich an der Schläfe. "Du hast mich da berührt. Und du warst erregt und ich auch. Da ist es passiert."
"Oh." Etienne war eigentlich nie um Worte verlegen, aber bekanntlich gab es ja für alles ein erstes Mal. "Tut mir leid", war alles, was ihm nach ein paar Momenten einfiel.
"Es ist meine Schwäche. Eine Entschuldigung ist überflüssig." A´kebur wandte sich ab und ging den schmalen Weg hinunter.
Etienne folgte ihm. Er hätte ein solches Talent ganz sicher nicht als Schwäche bezeichnet. Aber offensichtlich war er dem Klingonen nähergekommen als beabsichtigt. Schade fast, dass diese Telepathie nicht in zwei Richtungen ging.
Sie erreichten die Stadtgrenze. Niemand beachtete sie weiter. Es war, als würden sie nicht existieren. A´kebur ging durch die Straßen, die er offensichtlich gut kannte. Ab und an blieb er stehen, als würde er etwas Besonderes sehen, dann ging er jedoch weiter, als wenn doch nichts gewesen war.
Irgendwann jedoch blieb er vor einem niedrigen Haus stehen, das von einer Mauer umgeben war und deren Tor offenstand, so dass man in einen schlichten Innenhof blicken konnte. "Hier bin ich geboren", erklärte er. "Hier erhielt ich die erste Weihe. Dann wurde ich bei einem Krieger ausgebildet."
Für Etienne sah dieses Haus wie jedes andere auch in der Straße aus, aber er verstand die Bedeutung, die es für den Klingonen hatte. "Erzählst du mir von deinen Eltern?", fragte er schließlich zögernd, obwohl er schon begriffen hatte, dass das ein heikles Thema war.
"Ich hatte keine Eltern!", brummte sein Geliebter auch gleich. "Meine Mutter war eine Sklavin."
"Und dein Vater?", hakte Etienne nach. Er war noch nicht willens, das Thema fallen zu lassen.
"Er war alt. Er war nicht in den Kriegen gestorben, wie er es sich gewünscht hatte. Als ich geboren wurde, empfand er meine Schwäche als Schande. Seine einzige Trophäe war meine Mutter. Sie ging irgendwann. Irgendwann nach dem Ende der Friedensverhandlungen und allen Verhandlungen, die danach folgten. Ich weiß es nicht genau. Ich wollte nur hierbleiben. Ich wollte ein Klingone werden", antwortete A´kebur ihm offen.
Aber sie hatten ihn nicht gelassen.
Die Worte hingen fast greifbar in der Luft.
"Denkst du wirklich, es würde dich zu einer besseren Person machen, wenn purpurnes statt grünes Blut durch deine Adern flösse?", fragte Etienne leise, "Wenn das wirklich so einfach wäre, würde sich niemand mehr die Mühe machen, herauszufinden, was der andere für eine Person ist. Ein Blick genügte, und man wüsste Bescheid, könnte ihn abhaken. Auf der Erde gab es so etwas im Laufe unserer Geschichte immer wieder. Und es waren keine erfreulichen Kapitel."
"Ich habe grünes Blut und spitze Ohren", meinte A´kebur nur und Etienne hätte fast den Eindruck gewonnen, dass er ihm nicht zugehört hatte. Er ging weiter. "Ich gehöre hier nicht her", erklärte er nach einer Weile. "Computer, Programm Ende." Augenblicklich waren die Hologitter wieder zu sehen. "Aber hierher gehöre ich auch nicht hin. Und wohin gehörst du? Schmuggler, Weltenbummler und Captain eines Schrotthaufens?"
Eigentlich hätte Etienne beleidigt sein müssen, aber A´kebur hatte leider Recht. Auch hätte er besorgt sein müssen, dass ein Starfleet-Offizier nun über ein paar seiner kleinen Nebenerwerbe Bescheid wusste, aber auch das störte ihn nicht.
Er hatte das unbestimmte Gefühl, dem Klingonen in der Hinsicht vertrauen zu können, warum auch immer. "Wie du schon sagst, eigentlich nirgendwo hin. Dabei hatte ich die Wahl zwischen vielen anderen Möglichkeiten; ich hätte auch auf der Sternenflotten-Akademie nach dem ersten Jahr bleiben können. Vielleicht wäre ich dann jetzt dein Kollege, wer weiß. Ich hätte ein ruhiges Leben voller Routine, gutem Geld und unter ehrlichen, anständigen Leuten haben können." Etienne zog eine komische Grimasse. "Aber das wollte ich nicht. Es war meine freie Entscheidung, nirgendwo hinzugehören. Auf die Weise gehöre ich nur mir selbst."
Dieses Lebenskonzept war A´kebur völlig fremd und er glaubte auch nicht, dass er es jemals verstehen würde. Wie konnte man damit glücklich sein, einfach so durch das Weltall zu ziehen? Aber er verstand auch nicht, was Kaufleute daran mochte, Kunden über den Tisch zu ziehen. Was ihm aber noch fremder war, war der Gedanke, dass er eine Wahl hatte. Er hätte mit seiner Mutter mitgehen können.
Aber er hatte nie den Eindruck gehabt, dass er ihr Kind gewesen wäre. Es war nur ein Zufall. Er war nur ein unglücklicher Zufall. Sie wollte ihn nicht und er wollte nicht Vulkanier sein. Im Laufe der Zeit, als sie gegangen war, hatte sich jedoch gezeigt, dass er mehr von ihr mit sich führte, als für einen Klingonen gut war. Jetzt hatte ihn dieses Erbe wieder eingeholt. "Menschen sind komisch", brummte er nur, weil er nicht wusste, was er erwidern sollte.
Etienne lächelte. "Nicht komischer als alle anderen auch. Oh, und wolltest du dich nicht entspannen? Ich würde dann ja ein Programm mit heißen Quellen, Massagen oder einem Strand empfehlen ..."
"Kein Sex!", knurrte A´kebur.
Etienne rollte mit den Augen. "Langsam glaube ich, dass DU an nichts anderes denken kannst. Ich sagte doch, lass uns einfach reden. Oder meinetwegen auch schweigen. Soll ja gleichermaßen verbindend sein." Er grinste. "Ich werde dich schon nicht überfallen."
A´keburs Blick sagte ihm, dass er ja wohl alles glaubte, aber das nicht. "Wenn du mich überfallen kannst, dann wehen die Winde von Basar von unten nach oben."
"Och, ich habe die Hoffnung ja noch nicht ganz aufgegeben." Etienne grinste. "Aber das verschieben wir auf später. Also, was nehmen wir? Den Strand des Opalmeeres von Betazed? Oder die heißen Quellen auf dem Mond von Alpha Zentauri? Beides ist im Original schöner, aber man muss nehmen, was man kriegen kann."
"Opalmeer. Ich habe davon gehört. Zeig es mir."
"Computer, Erholungsprogramm 3, Opalmeer, Betazed, Sonnenuntergang", befahl Etienne dem Computer, und gleich darauf verschwammen die Holodeckgitter. Die beiden standen nun an einem glitzernd weißen Sandstrand, der sich scheinbar endlos an einem kristallklaren Meer entlangzog. Der Himmel war von der untergehenden Sonne beleuchtet und schimmerte in allen Farben von türkis bis violett. Wäre Etienne auch nur einen Hauch sentimental gewesen, hätte er zugeben müssen, dass es geradezu widerlich romantisch war. Aber das verbat er sich.
A´kebur zögerte nur einen Moment. Dann zog er sich seine Uniform aus und ging, wie das Universum ihn geschaffen hatte, in die Wellen. Das Meer rollte träge ans Ufer und es war herrlich warm.
Für A´keburs Geschmack hätte es aber gut ein paar Grad kälter sein können. Trotzdem war es ein gutes Gefühl, sich von dem Wasser tragen zu lassen. Schwimmen hatte er in der Akademie gelernt. Die wenigsten Klingonen erlernten in ihrem Leben diese Fähigkeit. Und es gab als Krieger auch keinen Grund, das zu können. Aber er hatte es schätzen gelernt, seine Muskeln auf eine andere Weise zu trainieren.
Etienne blieb stehen, wo er war, und sah A´kebur nach. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er gesagt, dass der Klingone ein beinahe kindliches Vergnügen daran hatte. Auf jeden Fall musste er sich zu seiner Idee gratulieren, dieses Programm vorzuschlagen. Etienne zog seine Stiefel aus und ging mit den Füßen ins Wasser.
Das war allerdings fürs Erste genug Nass für ihn, denn er setzte sich ein paar Schritte weiter in den warmen Sand.
Er musste eine ganze Weile warten, dann sah er A´kebur langsam aus den Fluten steigen. Die Sonne berührte gerade noch den Horizont, so dass nur die Silhouette zu sehen war. "Willst du nicht mit reinkommen?", fragte A´kebur ihn.
"Ich dachte, du hast Angst, dass ich dich doch noch überfalle?", grinste Etienne, "Aber meinetwegen." Er stand auf und zog sich ebenfalls aus. "Aber wenn du mich ertränkst, muss ich dich verklagen!"
A´kebur hob eine Augenbraue. "Warum sollte ich das tun?", fragte er.
"Das war ein Scherz." Der Klingone bekam einen spielerischen Boxer in die Rippen.
Dieser wich leichtfüßig aus und senkte halb den Kopf. Dann jedoch gab er seine kämpferische Haltung auf. "Besser keinen weiteren Körperkontakt. Ich bin froh, dass ich nicht mehr die ganze Station im Kopf habe."
Etienne hob entschuldigend die Hände, auch wenn die Aussicht, A´kebur nicht mehr anfassen zu dürfen, nicht gerade verlockend war. "Los, gehen wir wieder ins Wasser."
Das brauchte er aber nicht zweimal sagen. Mit Schwung und einem eleganten Bogen verschwand A´kebur im Wasser, um ein paar Meter weiter wieder aufzutauchen. "Hast du schwimmen gelernt?", fragte er.
Zur Antwort folgte Etienne ihm und kraulte unangestrengt zu ihm herüber. "In der Nähe meines Elternhauses war ein großer See, dort bin ich immer mit Freunden hingegangen", erzählte er.
"Wo bist du geboren? Auf der Erde?"
Etienne ließ sich treiben. "Nein, auf der Alphakolonie in New Avalon. Die Erde habe ich erst besucht, als ich zur Sternenflottenakademie gehen wollte."
A´kebur wusste durch seine Ausbildung auf der Akademie, dass es eine der ältesten Kolonien der Erde war und wohlhabend. Er verzog das Gesicht. Luxus hatte er erst unter Menschen kennengelernt. Die Welten des klingonischen Reiches waren eher als arm zu bezeichnen. Trotzdem sagte er nichts. Was verstand ein Mensch schon von einem Klingonen? A´kebur zog ein paar Meter durch das Wasser und kehrte wieder zu Etienne zurück.
"Und, entspannst du dich wenigstens?", wollte dieser wissen. "Nicht, dass Frau Doktor mit dir schimpft."
A´kebur lachte dunkel. "Ich habe noch nie so lange nichts gemacht. Aber ich schätze, damit ist Entspannung gemeint. Zeigst du mir deine Welt?"
Etienne lachte mit. "Na schön. Aber Alpha ist ganz sicher nicht so schön wie Betazed und um einiges langweiliger." Er schwamm zum Ufer und stieg aus dem Wasser. Er befahl: "Computer, Programm wechseln. Alphakolonie, New Avalon, abends." Die Welt verschwamm um sie beide, und im nächsten Moment breitete sich um sie eine Stadt aus. Alles war ordentlich, sauber und modern, und die holographischen Bewohner trugen Kleidung in fröhlichen Farben und schienen bester Laune.
A´kebur schaute sich um, während er langsam auf die Beine kam. Er legte den Kopf schief. "Ich kann auch vorher aus dem Wasser kommen", meinte er. Er ging zu den Sachen, die ehemals am Strand lagen, schüttelte den Sand heraus und zog sich an.
Etienne grinste nur und wartete, bis der Klingone fertig war. Dann wanderte er zielstrebig durch die rechtwinklig angelegten Straßen und hielt schließlich vor einem hübschen, weißgestrichenen Haus mit großem Garten. Zwischen den akkurat geschnittenen Büschen liefen zwei Kinder herum und jagten sich gegenseitig. Sie waren vielleicht zwölf und neun Jahre alt, ein Mädchen und ein Junge.
A´kebur war vage eifersüchtig. Schob das Gefühl dann aber wieder von sich. Er war ein Klingone und kein verweichlichter Föderationsmensch. Er sah sich um und schaute den Kindern nach. "Das ist also dein Zuhause!", stellte er fest. "Niedlich!", kommentierte er und wirkte dabei, als würde er dabei an etwas besonders Furchtbares denken.
Etienne verzog das Gesicht mit einer Mischung aus Amüsement und Zustimmung. "Das WAR mein Zuhause für die ersten 16 Jahre. Das sind meine Geschwister, Danielle und Marc. Ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen, nur hier und da Com-Gespräche mit ihnen geführt. Allerdings heimlich, weil es meinen Eltern nicht recht ist. Sie hätten mich lieber mit einem anständigen Leben gesehen."
"Ich glaube, in dieser Hinsicht ähneln sich Eltern", stellte A´kebur fest. Auch wenn wohl die jeweiligen Hintergründe sich unterschieden. Sein Vater hatte nicht geglaubt, dass er zum Krieger taugt. Hatte ihn aber ausbilden lassen. Letztlich hatte er Recht behalten. "Was sind deine Geschwister geworden?"
"Danielle ist Lehrerin, verheiratet und hat bereits ein Kind. Sie lebt immer noch auf Alpha. Marc ist ebenfalls zur Sternenflottenakademie gegangen, aber mit Erfolg. Er wurde letztens zum Lieutenant befördert. Sein Gebiet ist die Exobiologie." Etienne klang stolz auf seine Geschwister, aber auch ein wenig bitter - sie waren schließlich genau das geworden, was man von ihnen erwartet hatte.
A´kebur sah ihn an. "Scheinbar haben wir einige Dinge, in denen wir uns ähneln. Seltsam. Ich hätte das nicht gedacht."
"Nun, wenn man sich die Mühe macht, unter die Oberfläche zu sehen, findet man immer etwas Interessantes." Etienne lächelte wieder und wandte sich um, weg vom Ort seiner Kindheit. "Komm, ich zeige dir, wo ich mich früher immer versteckt habe, wenn ich keine Lust hatte, meine Familie zu sehen."
A´kebur folgte ihm. Die vielen fröhlichen Menschen um ihn herum machten ihn nervös. Hier schien niemand Angst zu haben oder sich um irgendetwas kümmern zu müssen. Die Sonne war heller und überall gab es Fruchtbarkeit und Leben. So etwas hatte er das letzte Mal auf der Erde gesehen. Aber auch das war schon ewig her. Damals war ihm das auch unheimlich gewesen. Er konnte kämpfen, aber gegen so etwas konnte man nicht kämpfen.
Schließlich verließen sie die Stadt und strebten auf ein kleines Wäldchen zu, das allerdings ebenfalls künstlich angelegt schien. Etienne suchte den Weg zielsicher zwischen den Bäumen entlang und blieb dann an einem kleinen See stehen, der sich auf einer Lichtung befand. Schillernde Schmetterlinge tanzten über das Wasser, und irgendwo zirpte ein Vogel.
A´kebur blieb mitten auf der Wiese stehen und sah sich fassungslos um. "Wissen die Menschen eigentlich, wie gut es ihnen geht?", fragte er.
"Nein, ich glaube nicht", gab Etienne zurück. "Ich habe es jedenfalls erst bemerkt, als ich von Zuhause fortging. Aber die meisten von ihnen können sich nicht vorstellen, wie es ist, um so etwas Elementares wie Essen oder einen Schlafplatz besorgt zu sein. Sie haben ja alles im Überfluss und wenn etwas fehlt, wird ein Knopf am Replikator bemüht."
A´kebur trat zu ihm und schaute ihn an. "Was ich nie verstanden habe, warum es uns nie gelungen ist, die Föderation zu unterwerfen", flüsterte er. "Die Menschen sind schwächer als wir. Dann gibt es Menschen wie du, die alles aufgeben und den Luxus nicht mehr wollen."
Etienne grinste. "Nun, dann wird es wohl letztendlich an Menschen wie mir gelegen haben, dass ihr nicht gewonnen habt. Der schlimmste davon war wohl der legendäre Captain Kirk. Ungehorsam, draufgängerisch, charmant und völlig unberechenbar, so sagt man. Mit anderen Worten, das Beste, was wir zu bieten haben."
"Wie sagen die Menschen so schön: Aufschneider." A´kebur wich ein Stück zurück. "Ich glaube, es ist soweit. Mein Termin mit Commander Norak. Ich muss einige Male zu ihm, hat er gesagt. Ansonsten werde ich nie auf Dauer eine Barriere aufrechterhalten können. Er hat dafür gesorgt, dass ich wieder denken kann. Aber lange hält es nicht."
Etienne grinste. "Dann viel Glück, um noch so ein dämliches, menschliches Sprichwort zu gebrauchen. Melde dich, wenn du dich wieder in meine Nähe wagen willst - Computer, Ausgang!" Zwischen zwei Bäumen erschien das Schott des Holodecks.
A´kebur überlegte. Dann nickte er.
Er meldete sich in der Krankenstation. Dr. Del'xwon untersuchte ihn und schien zufrieden. "Keine Anstrengungen", mahnte sie. A´kebur sagte dazu nichts.
Commander Norak erwartete ihn schon in seiner Kabine. Es war hier wärmer als auf der Station und die Gravitation war vulkanisch.
Zuerst war A´kebur dies nicht gerade angenehm, aber er zwang sich, es zu ignorieren. Hoffentlich würde die Unterrichtsstunde nicht allzu lange dauern, und vor allen Dingen erfolgreich sein.
Kaum hatte auch Etienne das Holodeck verlassen, piepte sein Kommunikator. "Captain Duval, hier ist die Security der Station. Bitte kommen Sie unverzüglich zu Ihrem Schiff." Etienne hob die Augenbraue.
Was wollten die schon wieder von ihm?
Er hatte alle Fragen beantwortet und sie waren zufrieden gewesen. Als er bei der Drake ankam, standen ein paar bewaffnete Wachen davor, ein Offizier und der Ferengi, der ihn angegriffen hatte. Letzterer grinste hämisch.
Etienne hatte kein gutes Gefühl. "Was kann ich für Sie tun?", fragte er dennoch charmant.
"Bitte öffnen Sie Ihr Raumschiff, Captain Duval. Wir haben einen Durchsuchungsbefehl. Hier, bitte nehmen Sie das zur Kenntnis." Etienne wurde eine Datenfolie in die Hand gedrückt. "Bitte öffnen Sie Ihr Schiff", erinnerte ihn der Sicherheitschef.
Wieder sah Etienne zu dem Ferengi, dessen spitzzahniges Grinsen breiter geworden war. Es war klar, woher die Sicherheitsleute die Vermutung hatten, es sei etwas Illegales an Bord der Drake. Etienne knirschte unhörbar mit den Zähnen und öffnete das Schott.
"Bitte treten Sie beiseite, Captain Duval!" Eines konnte man über die Sicherheitsleute sagen: Sie waren höflich. Auf nervenaufreibende Weise höflich.
Der Ferengi kicherte. "Ich kriege, was du hast. Ich kriege es. Denn du hast mich bestohlen. Jetzt bekomme ich es." Er lachte lauter.
"Ich weiß immer noch nicht, wovon Sie reden", erklärte Etienne. "Durchsuchen Sie das Schiff, aber ich versichere Ihnen, ich habe dort nichts, was diesem Ferengi gehören würde."
"Das überlassen Sie bitte uns. Gibt es hier irgendwelche Geheimfächer, von denen wir wissen müssten?"
"Ja, unter der Kontrollkonsole. Dort bewahre ich mein Geld auf. Warten Sie, ich öffne es Ihnen." Etienne hatte die Erfahrung gemacht, dass, wenn Wachleute ein Geheimfach gefunden hatten, sie zufrieden waren.
"Gibt es noch weitere Fächer? Wir werden das Schiff einem Tiefenscann unterziehen, Captain Duval. Dann werden auch getarnte Fächer gefunden werden", warnte ihn der Sicherheitsoffizier.
"Bitte sehr." Etienne wusste genau, dass auch die neuesten Scanner nicht durch Duranium drangen, mit dem die Fächer ausgekleidet waren.
"Und sollten wir dann nichts finden, dann werden wir Ihr Schiff auseinandernehmen. Ein Richter prüft gerade einen Haftbefehl aufgrund des Verdachts von Schmuggel."
Jetzt wurde es Etienne langsam ungemütlich. "Was suchen Sie überhaupt?", wollte er wissen. "Sie haben mein Schiff doch schon durchgecheckt, als ich hier ankam."
"Die normalen Checks."
Die Fähnriche schwärmten in seinem Schiff aus und scannten es auf verschiedenen Frequenzen. "Wir haben den Verdacht, dass Sie ein gefährliches Artefakt auf die Station gebracht haben, das Sie zuvor in Föderationsgebiet geschmuggelt hatten. Wir werden also Ihr Schiff auseinanderbauen und Sie vorläufig festnehmen."
"Warten Sie!" Nun war Etienne wirklich in die Ecke gedrängt. Wenn sie das Schiff auseinandernahmen, würden sie nicht nur die geheimen Fächer finden, sondern, was noch schlimmer war, die Tarnvorrichtung. Und wenn erst nach außen drang, dass er auf diese Weise der Föderation diese Technologie zugänglich gemacht hatte, würde bald jeder Romulaner und jeder Klingone in dieser Galaxis hier sein. "Ich hatte ein Artefakt an Bord. Aber ich habe es bereits verkauft und der Käufer ist vermutlich schon abgereist." Etienne atmete tief durch.
Er war so tot. Er war so gut wie tot.
"Ein Romulaner namens Toran. Das ist ungefähr dreißig Stunden her."
Der Sicherheitsoffizier wirkte seltsam zufrieden. "Ein Romulaner also. Sie wissen, dass wir Sie wegen Verrats verhaften werden? Was war das für ein Artefakt? Geben Sie uns Ihre Analysen. Und dann können Sie sich einen Anwalt zu Ihrer Verteidigung suchen."
"Ich berufe mich auf mein Recht zu schweigen. Erlauben Sie mir ein Com-Gespräch." Etiennes Gedanken arbeiteten fieberhaft. Verrat, Schmuggel, Drogenbesitz... das alles konnte ihn gut fünfzig Jahre Gefängnis kosten.
"Natürlich. Nur ein Com-Gespräch oder auch ein Ferngespräch." Der Sicherheitsoffizier verzog leicht das Gesicht. "Auf der Station gibt es keinen Anwalt."
Das war klar gewesen. Vermutlich machte man hier mit Schmugglern unter der Hand kurzen Prozess, indem man Offiziere provisorisch als Gerichtsbarkeit einsetzte. Und dass diese kein offenes Ohr haben würden, war zu erwarten. "Nur ein Com-Gespräch. Von meinem Terminal im Schiff aus."
Etienne ging an den Sicherheitsleuten vorbei und setzte sich auf seinen Pilotensessel. Die Blicke im Nacken spürend betätigte er eine Taste, die die Notstromzufuhr in der Drake hochfuhr. Dann, ohne Vorwarnung, hob das Schiff ab und legte sich auf die Seite, sodass die überraschten Sicherheitsleute, die im Schiff standen, das Gleichgewicht verloren. Zwei von ihnen fielen aus dem offenen Schott.
Die anderen krallten sich fest.
Der Ferengi fluchte. "Du Dieb. Haltet diesen Dieb! Er hat mein Eigentum gestohlen!"
Die Sicherheitsoffiziere versuchten, Etienne zu erreichen. Aber die Drake schüttelte sich noch einmal und auch sie kullerten heraus.
"Sicherheitsalarm", hörte Etienne die befehlsgewohnte Stimme des Vorgesetzten. "Kraftfeld auf der Andockrampe 3. Sicherung der Drake. Verdächtiger will fliehen."
Doch der Befehl kam Bruchteile zu spät. Etienne hatte bereits die Waffensysteme online gebracht, die Dank A´kebur wieder einwandfrei funktionierten, und direkt auf das Hangarschott gezielt. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen brach es auseinander und gab den Weg nach draußen frei. Etienne blieben jedoch nur Sekunden, bis das Schutzkraftfeld aktiviert werden wurde, das die noch anwesenden Menschen daran hindern würde, ins Weltall gesogen zu werden. Die Drake machte mit voller Kraft einen Satz nach vorn, und vor Etienne lag der freie Weltraum. Mit ein paar Befehlen auf der Konsole beschleunigte er auf Warpgeschwindigkeit. Ganz gleich wohin, nur weg von hier.
Durch die Station ging ein Ruck. Dann griffen die Stabilisatoren und das Kraftfeld schützte sowohl die Station als auch jedes Leben. Der rote Alarm gellte durch die Gänge und wie durch ein Wunder war keiner, nicht einmal der Ferengi, hinausgesogen worden.
A´kebur brach zusammen. Gefangen in der Gedankenverschmelzung kämpften Instinkte und Ausbildung gegen die Kraft, die ihn hielt. Commander Norak fing ihn auf und verhinderte weitere Verletzungen. Dann sorgte er dafür, dass der Fähnrich einschlief. Im Moment war dieser weniger für einen Einsatz geeignet. Er selbst lief los, um an seine Station zu kommen. Erstaunt musste er feststellen, dass es der Geliebte seines Schülers war, der sich gerade auf der Flucht befand und die Station in einen Schrotthaufen verwandelt hatte.
Aber Norak behielt die Fassung, angesichts des Pandämoniums, das ausgebrochen war; schließlich war er Vulkanier. Der nächste logische Gedanke war, zurück in die Wissenschaftsstation zu gehen und dort mitzuhelfen, wieder Ordnung herzustellen. Und wenn es Fähnrich A´kebur wieder etwas besser ging, würde er vielleicht sogar in der Lage sein feststellen zu können, wo sich Captain Duval aufhielt, damit man ihn zurück in die Gerichtsbarkeit der Föderation bringen konnte.
Vier Stunden dauerte es, bis alles wieder in Ordnung war und lediglich ein großes Loch in der Außenwand an die Katastrophe erinnerte.
Captain Duval blieb samt seiner Drake unauffindbar und der Ferengi war wieder im Gefängnis, nachdem er versucht hatte, von der Station zu fliehen. Seine Kaution war damit hinfällig. Aber das konnte niemand überhören, da jeder, der an der Zelle des Ferengi vorbeiging, es zu hören bekam.
A´kebur erwachte, als Commander Norak ihn weckte. Er sah ihn verständnislos an. "Ihr Freund ist geflohen", teilte dieser ihm mit.
"Mein Freund? Was meinen Sie, Commander?"
"Ich meine Captain Duval. Er ist vor ein paar Stunden geflohen, als man ihn wegen Verdacht auf Schmuggel und Verrat verhaften wollte", machte der Vulkanier ungerührt deutlicher. "Es wäre wichtig, dass Sie mir sagen, in welchem Zustand sich sein Schiff befindet, damit wir einen möglichen Zielort ermitteln können."
"Der Zustand war bis auf ein paar Löcher und fehlender Ersatzteile recht gut. Es fehlten Lichtleiter, Filter, Ersatzteile für den Warpantrieb, der Kommandosessel quietschte." A´kebur rieb sich die Schläfen. "Im Schott hatte ein Ferengi Löcher reingebrannt. Die waren noch nicht alle gestopft."
"Das scheint mir alles vernachlässigbar zu sein bis auf den Antrieb. Was, denken Sie, ist die Höchstgeschwindigkeit seines Schiffes?"
"Nach meiner Berechnung maximal Warp 4." A´kebur ächzte. "Mein Kopf ist ein Fleischwolf. Was ist los?", fragte er endlich.
Wäre Commander Norak kein Vulkanier gewesen, so hätte man glauben müssen, er sei ein wenig betreten. "Ich habe offenbar Ihre Fortschritte etwas überschätzt", erklärte er steif, "Sie sollten sich ausruhen. Wir werden dann übermorgen weitermachen."
"Meine Fortschritte? Was ist passiert? Und warum fragen Sie mich nach Etienne? Warum ist er geflohen?"
"Ich sagte doch bereits, man wollte ihn verhaften und er wollte wohl den Autoritäten entkommen. Ansonsten weiß ich nichts über menschliche Beweggründe. Aber es geht darum, dass Sie offensichtlich in einem engeren geistigen Kontakt zu diesem Menschen gestanden haben, als Sie dachten", Norak schien dieses Thema nicht gerade angenehm, "deswegen können Sie uns sicher helfen, ihn zu finden."
A´kebur rieb sich weiter mechanisch seine Schläfen und kniff die Augen zusammen. "Sie meinen diesen kurzen telepathischen Blackout? Ich würde das nicht als Kontakt bezeichnen. Wie soll ich ihn darüber finden? Ich bin froh, wenn ich das Chaos in meinem Kopf blockieren kann."
"Ruhen Sie sich zuerst aus! Und wenn wir das Training fortsetzen, werde ich es Ihnen erklären. Ich empfehle Ihnen jetzt nur, schlafen zu gehen, Fähnrich", beschloss der Commander das Gespräch zu beenden.
"Sir, Sie sind mein vorgesetzter Offizier. Aber ich möchte wissen, was in meinem Kopf abgeht. Bitte erklären Sie mir, was Sie meinen", bat A´kebur mit deutlicher und mit für ihn untypischer Zurückhaltung.
"Ich kann mich nur wiederholen, Fähnrich: Ihre mentalen Barrieren wurden offensichtlich niedergerissen, als sie mit diesem Menschen, nun, intime Kontakte pflegten. Verbindungen ... dieser Art stellen ein recht starkes, mentales Band her, dem sich die Beteiligten aber nicht bewusst sein müssen. Es ist wieder lösbar oder verschwindet mit der Zeit, aber währenddessen sind Ihre Barrieren besonders anfällig." Der Vulkanier wirkte so, als habe er etwas extrem Saures schlucken müssen.
Der klingonische Fähnrich sah bei dieser Erklärung aber auch nicht wesentlich intelligenter aus. Er versuchte zu erfassen, was Commander Norak ihm damit sagen wollte. "Wollen Sie sagen, wir hatten eine Art Gedankenverschmelzung?", fragte er an, "Aber die hatten wir doch auch eben. Wo liegt das Problem?"
"Das Problem liegt darin, dass es verschiedene Arten von Gedankenverschmelzung gibt, Fähnrich, wobei zwei Grundunterscheidungen zu treffen sind", erklärte der Vulkanier, "bei der einen ist der Kontakt kontrolliert, um gewisse Dinge zu erfahren oder einen Geist zu unterstützen; das ist, was ich getan habe. Sie hingegen haben für kurze Augenblicke Ihren gesamten Geist diesem Menschen geöffnet und ihm erlaubt, gewissermaßen dort permanent zu verweilen. Ich halte es jedoch für unwahrscheinlich, dass er dies bemerkt. Menschen sind in der Hinsicht sehr unsensibel."
A´kebur versuchte zu erfassen, was das bedeutete. Er hatte keinerlei Ahnung von seinem vulkanischen Erbe und wie er jetzt bemerken musste, wirkte das sich wirklich umfassend schlecht für ihn aus. "Er ist in meinem Kopf und ich merke es nicht, genauso wie er es nicht merkt. Und über diese Verbindung kann ich ihn lokalisieren. Und er ist geflohen. Also wird er gesucht ..."
"Genau, Fähnrich. Ich schlage vor, Sie informieren sich bei der Sicherheit über alles Weitere, ich habe nur rudimentäre Fakten. Bitten kommen Sie übermorgen um 14 Uhr zum weiteren Training."
A´kebur nahm automatisch Haltung an und verließ dann einiges verwirrter als vorher das Quartier des Commanders.
In seinem Kopf drehte sich alles. Kurzentschlossen begab er sich zur wissenschaftlichen Abteilung. Er musste mehr über seine vulkanische Hälfte herausfinden, sonst würde er nie verstehen, was ihm der Commander hatte sagen wollen.
Dort ging es noch recht hektisch zu; Offiziere eilten hin und her und empfingen Berichte vom Maschinendeck und von der Sicherheit. Als A´kebur gerade durch die Tür trat, wurde er auch schon von einem missmutig blickenden Lieutenant Commander aufgehalten. "Sind Sie hier für einen Bericht, Fähnrich?", wollte er wissen, als er A´keburs Uniform der technischen Abteilung sah.
"Ähm, nein, Sir!" A´kebur nahm Haltung an. "Ich bin nur wegen einer Recherche hier und wollte ein Terminal benutzen, wenn es möglich ist, Sir!"
"Das ist im Augenblick mehr als schlecht", knurrte der Lieutenant Commander, "Wir haben hier alle Hände voll zu tun. Also, solange Sie keinen ausdrücklichen Befehl Ihres Vorgesetzten haben, muss es warten. Kommen Sie morgen wieder!"
A´kebur warf einen begehrlichen Blick auf ein freies Terminal. Er hatte kaum Gelegenheit, den Hauptcomputer zu benutzen. Der in seinem Quartier war nur eingeschränkt nutzbar und eignete sich höchstens für die Post. Noch waren die Quartiere nicht auf den neuesten Standard gebracht worden. Das kam erst, wenn alle wichtigen Systeme der Station funktionierten. A´kebur zögerte noch einen Moment, dann ging er unverrichteter Dinge.
Kaum verließ er die wissenschaftliche Abteilung, kam ihm Commander Norak entgegen. "Ich hatte Ihnen doch befohlen, sich auszuruhen", meinte der Vulkanier und zog eine Augenbraue hoch.
"Ich, äh ... Ich!" A´kebur wirkte wie ein Schüler, der beim Schummeln erwischt worden war. Innerlich gab er sich gerade einen Tritt. Aber in so einer Situation war er noch nie gewesen. "Ich wollte nicht arbeiten", erklärte er endlich. "Ich wollte etwas recherchieren."
"Und was? Das hätten Sie doch auch von Ihrem Quartier aus machen können."
"Ich wollte mehr herausfinden, als die Standardlaufbahn der Erde um die Sonne", erklärte A´kebur.
"Und was genau? Wie Sie sehen, haben wir in der wissenschaftlichen Abteilung im Augenblick keinen Platz für private Auskünfte. Ich kann Ihnen aber die Daten in Ihr Quartier schicken, wenn es wichtig ist", bot Norak an.
A´kebur verneinte. "Es ist nicht so wichtig", lehnte er ab. Ausgerechnet vor Norak wollte er nicht zugeben, dass er über seine Familie etwas herausfinden wollte und wie das mit der Telepathie funktionierte.
"Dann kommen Sie morgen wieder, wenn wir das Chaos, das Ihr Freund verursacht hat, wieder beseitigt haben." Noraks Stimme klang völlig unbeteiligt, aber ein gewisses minimales Naserümpfen sprach Bände.
"Er ist nicht mein Freund", brüllte A´kebur und vergaß dabei völlig, welchen Rang er einnahm. Als er es begriff, biss er sich auf die Unterlippe und rauschte an Norak vorbei. Er hatte nicht vor, ihn noch ein einziges Mal aufzusuchen. Sollten sie ihn doch rausschmeißen.
Wütend stürmte er durch die Gänge und ignorierte die überraschten Blicke, die ihm folgten. Er wusste nicht, wohin er ging, aber er wollte in jedem Fall weg von hier.
Als er Suahis Bar sah, ging er hinein. Er sollte sich entspannen. Das würde er auch tun. Er bestellte drei Ale auf einmal und stürzte sich die ersten beiden hinunter, als hätte er seit Tagen nichts getrunken. Das dritte trank er langsamer, hörte jedoch aber auch erst dann auf, als das Glas leer war. "Noch eines", bestellte er.
Suahi stellte ein weiteres Glas vor den Klingonen und musterte ihn. "Schlechter Tag?", fragte er mit unverbindlicher Stimme.
"Nein, mir geht es bestens", knurrte A´kebur. Er trank auch das vierte Glas in einem Zug. "Noch eines!"
Ungerührt stellte der El-Aurianer das fünfte Glas vor ihn hin. "Etienne ist vielleicht ein verrückter Kerl", erklärte er unvermittelt, "Einfach so zu flüchten. Er muss wohl gedacht haben, dass es keinen anderen Ausweg gibt."
"Wen interessiert das? Niemanden interessiert das. Noch eines!"
"Nach dem achten spätestens rufe ich ein paar Leute, um Sie in Ihr Quartier zu bringen", erinnerte Suahi ungerührt und stellte wieder ein frisches Glas hin.
A´kebur warf ihm einen bösen Blick zu. Er versprach Tod und Folter, sollte Suahi auch nur daran denken. "Noch eines", knurrte er und schluckte auch das andere Ale. Aber dieses Mal jedoch eindeutig langsamer. "Ich will mich betrinken. Ich kann mehr vertragen als andere Klingonen!"
"Ich habe noch niemanden gesehen, der mehr als acht romulanische Ale verträgt." Suahi gehörte nicht zu den Leuten, die sich einschüchtern ließen, auch nicht von einem angetrunkenen Klingonen. "Selbst einen 2,50 m großen Nausicaaner haut das auf die Matte."
"Nausicaaner sind Luschen", murmelte A´kebur. "Hör auf zu reden und gib mir das nächste. Ich will mich nicht erinnern."
"Auf Ihre Verantwortung." Suahi füllte das siebente Glas ab und stellte es A´kebur hin. Zwei Barhocker weiter wetteten ein paar andere Besucher bereits, ob ihn dieses Glas bereits umhauen würde oder ob er tatsächlich acht schaffen würde.
A´kebur hörte weder ihnen noch Suahi zu. Er trank auch dieses und stellte das Glas schwach auf der Bar ab. "Noch eines!", lallte er.
"Sicher?"
"Ja!"
Suahi zögerte noch einen Moment, warf seinen beiden Gästen neben A´kebur einen Blick zu, dass sie besser ausweichen sollten, und gab dem Klingonen das achte Glas. "Ich schreibe es auf Ihre Rechnung."
"Machen Sie das." A´kebur trank auch das achte Glas bis zur Neige.
Es war Commander Norak, der hinter ihm auftauchte und ihn auffing. "Das hatte ich nicht mit meinem Befehl gemeint", erklärte er. A´kebur sah ihn an und verzog die Mundwinkel. "Sie hassen mich! Warum kümmert es Sie, ob ich Ihren Befehl befolge? Ich bin doch der letzte Dreck. Ein Mischling!"
"Ich fürchte, Sie haben einen falschen Eindruck von mir gewonnen, Fähnrich", erklärte der Vulkanier und stützte A´kebur, "Ich bin Vulkanier und damit frei von solchen Gefühlen. Aber Sie sind ein Offizier der Sternenflotte und es ist meine Pflicht als Ranghöherer, dafür zu sorgen, dass Sie sich ordnungsgemäß betragen. Und das tun Sie im Augenblick keineswegs."
"Dann schmeißen Sie mich doch raus!", schlug A´kebur vor. "Ich bin unwürdig. Das ist doch Grund genug!"
"Fähnrich, unehrenhafte Entlassung ist nur aus ganz bestimmten Gründen möglich und sofern Sie nicht den Wunsch haben, den Dienst zu quittieren, besteht kein Anlass dazu. Ich werde Sie jetzt in ihr Quartier bringen."
A´kebur grinste. "Dann werde ich mal nachschauen, was ich machen muss."
Suahi schüttelte den Kopf. "Schlaf deinen Rausch aus. Dann sieht die Welt gleich viel schwerer aus. Ein Schmerzmittel gegen das Kopfweh hilft dann Wunder."
A´kebur sah ihn einmal mehr böse an. "Er ist dein Freund", knurrte er nur für Außenstehende zusammenhangslos.
"Ich habe viele Freunde. Und ich weiß, was ich von ihnen zu erwarten habe. Aber er wird sicher nicht hierher zurückkommen, soviel ist sicher", erwiderte Suahi seelenruhig und räumte die Gläser ab. "Danke, Commander, dass Sie sich um ihn kümmern", meinte er zu Norak.
"Sie kennen Captain Duval?", fragte dieser jedoch.
"Ja, seit langem. Aber ich fürchte, ich kann Ihnen auch keine Informationen geben, wo er hingeflogen sein könnte. Vermutlich aber außerhalb der Reichweite der Föderation", antwortete der El-Aurianer offen. "Ich fürchte, es wird schwierig werden, ihn zu finden."
Norak sah Suahi an und nickte. Dann sah er in A´keburs Augen. "Er weiß es", erklärte er leise, "aber er ist jung."
Der El-Aurianer nickte. "Er wird es lernen. Viel Glück mit ihm, Commander." Der Vulkanier nickte und zog A´kebur auf die Füße.
Er brachte ihn in sein Quartier. Sie waren glücklicherweise allein.
A´kebur hatte die Augen geschlossen, aber er konnte fühlen, dass er wach war. "Warum gehen Sie nicht, Sir?", fragte dieser ihn.
"Weil ich es für bedenklich halte, Sie in diesem Zustand allein zu lassen", gab der Vulkanier zurück und setzte sich neben seinen Schützling. "Emotionale Aufgewühltheit und Alkohol schaden Ihren Barrieren."
A´kebur öffnete seine Augen. Er richtete sich halb auf, so wie es sein Kopf vertrug. "Was denken Sie über mich?", fragte er.
"Meine persönlichen Ansichten sind in dem Fall zweitrangig, Fähnrich, aber ich merke schon, es ist ihnen auf eine unlogische Art und Weise wichtig." Norak sah dem Klingonen direkt in die Augen, kühl und gelassen. "Ich halte Sie für einen fähigen Offizier, der jedoch dringend lernen sollte, seine Emotionen besser unter Kontrolle zu halten. Ihre telepathischen Kräfte haben großes Potential, aber auch das liegt brach, wenn die Kontrolle darüber fehlt. Mit mehr Disziplin können Sie beachtlich über sich hinauswachsen."
A´kebur sah ihn erstaunt an. Er fühlte, was ihm Norak sagen wollte. "Sie verachten mich nicht?", fragte er.
"Ich bin Vulkanier. Verachtung ist eine Emotion, die wir nicht pflegen. Davon abgesehen gäbe es dafür auch keinen logischen Grund."
"Aber warum sagen Sie immer, dass er mein Freund ist?", beharrte A´kebur auf einer Antwort. "Ich ...!" Er verstummte. Er konnte es nicht beschreiben, wie er sich fühlte, wenn Commander Norak das tat. Aber es war auch ein Zeichen von Schwäche, dass er den Worten eines Vulkaniers Bedeutung beimaß.
"Nun, weil es mir die akkurateste Beschreibung scheint. Ich werde es jedoch unterlassen, wenn es Sie beleidigt", erklärte Norak.
A´kebur setzte sich ganz auf und schlug seine Beine unter. Er fühlte sich nicht unbedingt klar, aber auch nicht betrunken genug, um wieder nach hinten zu fallen. Das Ale baute sich wie gewohnt schnell ab.
Das war schon immer so gewesen. "Ich weiß nicht, ob er ein Freund ist. Er hat Spannungen abgebaut. Ansonsten habe ich ihm bei der Reparatur geholfen, weil Chefingenieur Peel es so wollte. Etienne hat den Ferengi dazu gebracht, die Ersatzteile für die Station schneller zu liefern."
"Davon habe ich gehört. Nun, ich bin nicht der geeignete Gesprächspartner, mit dem Sie Ihre Gefühle aussortieren können, aber ich höre Ihnen zu", antwortete Norak schlicht.
"Ich will keine Gefühle sortieren", schnappte A´kebur. "Er ist der Captain einer Schrottmühle. Mehr nicht!"
"Und wieso haben Sie dann dieses Band aufbauen können?", fragte Commander Norak zurück, "Das ist nur bei gewissen emotionalen Bindungen möglich."
"Ich weiß es nicht. Ich wollte nachschauen, wie das mit diesem Band funktioniert. Aber Sie haben mich ja weggeschickt, weil die Station wieder in Ordnung gebracht werden muss."
Der Vulkanier hob eine Augenbraue. "Ich werde Ihnen die entsprechenden Daten darüber zukommen lassen", versprach er, "aber die Theorien dahinter sind für Personen, die nicht damit aufgewachsen sind, relativ kompliziert."
A´kebur rieb sich die Schläfen. In seinem Kopf begann es wieder zu summen. Das war dann wohl wieder der Bruch in seiner Barriere. Aber jetzt musste er auch nicht mehr denken. "Wenn ich Sie richtig verstehe, dann muss ich es lernen. Das ist es doch, was Sie gesagt haben, oder?"
"Ja. Aber das Wichtigste ist die Abschirmung, nicht der Kontakt. Wir werden übermorgen dort weitermachen. Haben Sie sonst noch Fragen?"
"Ich glaube nicht. Aber um sicher zu sein, müsste ich denken können." A´kebur ließ sich einfach fallen. Er ignorierte die Rangunterschiede vollkommen. Es interessierte ihn nicht mehr.
"Gut, dann schlage ich vor, Sie befolgen nun meinen Rat und ruhen sich aus. Falls Sie sich morgen zum Dienst nicht imstande sehen, gehen Sie zu Doktor Del'xwon."
Der Vulkanier stand auf.
"Gute Nacht, Fähnrich."
A´kebur sah ihn einigermaßen wütend nach. "Ich bin nicht krank. Ich werde zum Dienst gehen", erklärte er bestimmt.
"Wie Sie meinen", gab der Vulkanier ungerührt zurück. "Gute Nacht." Er wandte sich zum Gehen.
A´kebur sah das als Aufforderung. Er rollte sich zusammen und schlief ein. Die Besatzung der Station überflutete seinen Kopf und ihre Gedanken verbanden sich mit seinen Träumen. Diese wiederum ließen ihn im Schlaf reden. Seine Mitbewohner ignorierten es aber diesmal wohlweislich und zogen nur jeweils ihr Kissen über den Kopf.
A´kebur erwachte am nächsten Morgen mit üblen Kopfschmerzen, ob sie vom romulanischen Ale oder von dem ständigen Dröhnen der Stimmen in seinem Kopf kamen, wusste er nicht.
Er bekam den Befehl, sich beim Captain einzufinden. Er hatte ihn bis jetzt nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen und dass er ihn jetzt treffen musste, erinnerte ihn an den weniger angenehmen Grund und den vorherigen, vollkommen aus der Bahn geratenen Tag.
Captain Trevlet war der ungewöhnlichste Captain von Starfleet. Er war der erste seiner Rasse, der überhaupt den Heimatplaneten verlassen hatte. Und dass er dann noch die Akademie besuchte, war noch ungewöhnlicher.
Captain Trevlet war an bestimmte Umgebungen angewiesen. Kurze Zeit konnte er sich außerhalb von Wasser aufhalten. Aber ansonsten brauchte er ein Becken voll damit.
A´kebur sah auf Captain Trevlet herab. Die acht Krakenarme verknoteten sich gerade über einen wasserfesten Tricorder, von dem er den Bericht ablas, der ihn über den Zustand der Station informiert.
"Sir!", grüßte A´kebur ihn.
"Ah, Fähnrich A´kebur, nicht wahr?" Captain Trevlet hatte eine blubbernde, seltsam gutgelaunt klingende Stimme mit einem starken Akzent, und natürlich sprach er den klingonischen Namen falsch aus. "Kommen Sie doch bitte näher und setzen Sie sich."
A´kebur folgte und setzte sich. Er wusste, dass Captain Trevlet ungern soweit hochsah. Doch bis auf seine ungewöhnlichen Bedürfnisse und diesem Unwillen hatte Captain Trevlet ein angenehmes Wesen und zeigte sich dabei gegenüber den überwiegend humanoiden Starfleetangehörigen als ausgesprochen kompetent, obwohl seine Rasse nie zuvor mit Wesen dieser Art zu tun gehabt hatte. Auf der Station und auch bei Starfleet genoss er einen guten Ruf. Er leitete die Station mit Geschick, das man ihm zu Anfang hinter vorgehaltener Hand abgesprochen hatte.
"Ja, Sir, ich bin Fähnrich A´kebur."
"Gut, gut." Das Krakenwesen legte den Tricorder weg und musterte A´kebur mit schwarzen, runden Augen, deren Lider sich seitlich schlossen und nicht von oben und unten. "Commander Norak und Chefingenieur Peel berichteten mir, dass Sie Informationen betreffs des Vorfalls auf der Station haben. Was genau können Sie mir sagen?"
"Über den Vorfall weniger. Ich war zu diesem Zeitpunkt bei Commander Norak. Aber ich habe die Drake repariert und dabei den Captain näher kennengelernt, Sir."
"Schön, schön", blubberte Trevlet, "den Bericht über den Zustand des Schiffes haben Sie ja schon abgegeben. Was können Sie mir sonst noch sagen? Jede Kleinigkeit könnte uns helfen, den Flüchtigen zu fassen."
A´kebur seufzte stumm. "Ich glaube, er ist Schmuggler. Aber ich fürchte ich habe diese Information aus einer sehr unsicheren Quelle. Commander Norak hilft mir, mit meinen telepathischen Fähigkeiten umzugehen. Ich bin mir leider nicht sicher, was wahr ist und was nicht."
"Dennoch, es könnte uns helfen. Und Captain Duval wäre fraglos nicht geflohen, und dazu noch auf diese hochkriminelle Weise, wenn er nicht etwas zu verbergen gehabt hätte." Captain Trevlets Fangarme knoteten sich ineinander. "Kaum haben wir diese Station wieder halbwegs renoviert, kommt dieser Verbrecher und reißt sie uns wieder in Stücke!" Ein paar blubbernde Geräusche folgten, dann beruhigte sich das Krakenwesen wieder. "Also, was können Sie mir noch sagen?"
"Er hat irgendetwas verbergen wollen. Aber es war nicht mehr auf seinem Schiff. Was es war, kann ich nicht sagen. Es muss aber wichtig gewesen sein. Er war auf den Ferengi wütend und der hatte in irgendeinem Punkt recht. Ich weiß nicht weiter." A´kebur rieb sich die Schläfen. Für einen Moment hatte er den Eindruck, auf der Drake zu sein. Dann war das Gefühl jedoch wieder weg.
Mit einem Fangarm machte sich Captain Trevlet Notizen auf einem Memopad. "Und er hat nicht vielleicht erwähnt, was sein nächstes Reiseziel ist oder wo er sich sonst oft aufhält?", fragte er weiter.
"Nein. Er scheint nie ein Ziel zu haben. Es ist, als gäbe es keinen anderen Ort außer der Drake."
Trevlet blubberte wieder ein bisschen, dann meinte er: "Gut, gut. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, ganz gleich wie unbedeutend, erstatten Sie Bericht. Ich denke, das war alles."
A´kebur erhob sich und nahm kurz Haltung an. "Was geschieht mit ihm, wenn Sie ihn fangen können?", fragte er.
"Er wird natürlich vor ein Gericht gestellt werden, möglicherweise ein Kriegsgericht, wenn sich der Verdacht auf Verrat bestätigen sollte. Aber allein für die Zerstörung der Station wird er mindestens zehn Jahre in Haft kommen. Da wird ihm auch der beste Anwalt nicht helfen könne, denn die Tatsachen sind klar", erklärte Trevlet und wedelte mit den Tentakeln.
"Ja, Sir. Ich werde dann zurückgehen und die Schäden reparieren", erklärte A´kebur. Er nahm Haltung an und ging dann. Er wollte nicht, dass Etienne ins Gefängnis ging. Aber das konnte er kaum verhindern.
Es war Föderationsgesetz, und diesem würde man nicht lange entgehen können. Die Galaxis war zwar groß, aber Plätze, um sich zu verstecken, gab es immer weniger. Früher oder später würde man Etienne ganz sicher finden.
[1] Prost. Genaue Übersetzung: Mögest du deine Schmerzen ertragen
[2] Möge sein Ruhm ewig leben.
[3] Sein Ruhm lebt ewig im Herzen eines jeden Klingonen
[4] Nur ein ehrloser Feind zeigt sich nicht in der Schlacht!
[5] Lassen Sie mich in Ruhe!
[6] Gehen Sie oder ich tötet Sie!
Die Autorinnen
Neko (Neko Hoshino)
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Tag der Veröffentlichung: 28.02.2017
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Rechteinhaber: Das Universum von Star Trek gehört seinem Erschaffer Gene Roddenberry und dem, der die Lizenzen verkauft. Im Moment ist das Paramount Pictures. Bis auf die bekannten Figuren der Enterprise sind jedoch alle andere Charaktere frei von den Autoren erfunden. Fanfiktion mit diesen Figuren sind erlaubt, eine kommerzielle Verwendung verbietet sich aber aus mehreren Gründen. Bitte bei Leihen jeglicher Art die Autorinnen fragen (weil wir nämlich neugierig sind) - Mails werden aktualisiert, sollten sie sich ändern. Bei dem Urheber und den Rechtsinhaber von Star Trek bitten wir um Entschuldigung, dass wir nicht gefragt haben und wir lediglich versprechen können, dass wir das hier nicht als unsere eigene Sache ausgeben. Es ging einfach nicht anders, denn mit Star Trek fing im Grunde alles an...