Das Wurmloch durch die Zeit
Hard Science Fiction
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
Eine unerwartete Begegnung mit einem Fremden ist für einen jungen Physiker der Startpunkt einer unglaublichen Reise durch Raum und Zeit. Plötzlich erhält er einen ganz neuen Blick auf das Wesen des Universums, seinem Ursprung und der Bedeutung von Leben und Bewusstsein.
In der geheimnisvollen Dunkelheit der Oortschen Wolke erwartet ihn dann noch die Überraschung seines Lebens. Das ändert alles. Doch all das ist erst der Anfang, der Beginn seiner neuen Karriere als Zeitagent.
In dieser Funktion gelangt er nicht nur an die Grenzen von Zeit und Realität, sondern wird auch Zeuge von der Geburt des Universums. Und er erhält einen wichtigen Auftrag, von dem sehr viel abhängt - für ihn persönlich und für die ganze Menschheit.
Das Angebot
1
Es war einer dieser letzten warmen Tage im Herbst. Ich hatte gerade mein Studium abgeschlossen und brauchte jetzt einfach eine kleine Auszeit. Daher spazierte ich gemächlichen Schritts durch den weitläufigen Park meiner Stadt. Das Herbstlaub der Bäume leuchtete golden, und die Wärme der milden Herbstsonne fühlte sich angenehm auf der Haut an. So konnte ich endlich mal den Kopf freibekommen. Ein paar freie Tage wollte ich mir gönnen, bevor ich mich an die Jobsuche machen müsste.
Mein Name ist Adam Salander, ein angehender Physiker frisch von der Uni. Ich hatte mich auf Atomphysik spezialisiert und interessierte mich besonders für die Kernfusion als Energiequelle der Zukunft. Eine Anstellung bei einem der Forschungsinstitute, die sich mit der Entwicklung eines Fusionsreaktors befassen – sei es nun ein Tokamak oder ein Stellarator – das war mein Traum.
Ich konnte ja nicht ahnen, dass derartige Überlegungen bald völlig bedeutungslos sein sollten, dass dieser Tag der Beginn einer Kette von Ereignissen war, der Beginn einer bizarren Reise durch Raum und Zeit, die mich bis zum Ende der Zeit und zum Ursprung des Universums bringen sollte. Und dennoch bin ich wieder im Hier und Jetzt, um meine Geschichte aufzuschreiben. Ich weiß zwar nicht, ob jemals ein lebender Mensch sie zu Gesicht bekommen wird, aber ich muss es einfach schriftlich festhalten.
Ich könnte all das, was passiert ist, auch für einen Traum halten. Es war aber alles andere als ein Traum, denn ich habe etwas verändert, etwas bewirkt, dafür gesorgt, dass die Dinge den richtigen Verlauf nahmen. Und ich habe gesehen, was geschehen wäre, hätte ich das nicht getan. Eine dunkle Welle der Barbarei hätte die Welt überzogen, die Herrschaft des sprichwörtlich Bösen hätte die Menschheit für lange Zeit im Klammergriff gehalten. Ich weiß auch nicht, warum gerade ich das Zünglein an der Waage sein musste, der Ausschlag gebende Faktor – der Hüter des Wissens hat uns der Grund nicht verraten.
Aber von all dem hatte ich damals noch keine Ahnung. Stattdessen machte ich mir Gedanken, wo ich mich am Besten bewerben sollte. Wie ich so in Gedanken an einer Gruppe Ahornbäume vorbeiging, sprach mich plötzlich ein fremder Mann an.
»Sind Sie Adam Salander?«
Ich schaute ihn verblüfft an. Ich konnte mich nicht erinnern, ihn jemals gesehen zu haben. »Ja – kennen wir uns?«
»Nein, eigentlich nicht. Aber vielleicht habe ich etwas für Sie. Ich weiß, Sie sind Physiker und noch auf der Suche nach einer Aufgabe.«
»Woher wissen Sie das?« fragte ich misstrauisch.
»Ich hätte da eine Nuss zu knacken – extra für Sie als Physiker«, sagte er und gab mir einen Zettel. »Wenn ich Ihr Interesse geweckt habe, treffen wir uns morgen zur selben Zeit an dieser Stelle.«
Ich warf einen Blick darauf. Auf dem Zettel standen oben eine Uhrzeit und eine Internetadresse.
»Das ist ein Live-Stream, er zeigt die Ziehung der Lottozahlen. Schauen Sie sich das an und tragen die Zahlen in der Reihenfolge ihrer Ziehung in die Kästchen auf dem Zettel ein und Sie werden begreifen.«
Ich sah sechs Kästchen in einer Reihe und dahinter nochmals eines. Unter den ersten vier Kästchen stand jeweils eine Zahl, ebenso unter dem Letzen.
Ich schaute verwirrt auf: »Jetzt sagen Sie aber nicht, dass Sie die Lottozahlen vorhersagen können!«
»Sie sind doch Physiker.«, meinte er, »Sie wissen, das Ziehungsgerät ist ein chaotisches mechanisches System. Es ist unmöglich, das Ergebnis einer Ziehung vorherzusagen!«
»Und was sollen die Zahlen dann bedeuten?«
»Sie sollen Ihnen zeigen, dass das, was ich Ihnen morgen erzähle, wahr ist, auch wenn es sich noch so unglaubwürdig anhören mag.« Der Fremde wandte sich zum gehen. »Morgen, derselbe Ort, dieselbe Zeit – falls ich Ihr Interesse geweckt habe.«
Damit entfernte er sich. Ich wollte ihm noch nachrufen, dass ich morgen keine Zeit hätte, ließ es aber bleiben.
»Seltsamer Typ« murmelte ich und schob den Zettel geistesabwesend in meine Tasche.
2
Diese seltsame Begegnung ging mir den ganzen Tag nicht aus dem Kopf, obwohl mir meine innere Stimme sagte, dass das eigentlich nur ein schlechter Scherz gewesen sein konnte. Dennoch überlegte ich, ob ich nicht doch einen Lottoschein ausfüllen sollte. Aber es fehlten noch zwei Zahlen – ich könnte natürlich alle Kombinationen durchprobieren, das wären 49 im Quadrat – nein, vier Zahlen hatte ich schon, also 45 mal 44, das waren – ich rechnete kurz nach – 1980 Kombinationen. Ein teurer Spaß, außerdem würde ich Stunden brauchen, um all die Scheine auszufüllen – es sei denn, es gibt Systemscheine, bei denen man nur fünf oder vier Zahlen ankreuzen muss. Plötzlich ging mir ein Licht auf und ich schlug mir die Hand gegen die Stirn: »Ich Idiot, fast wäre ich darauf reingefallen!«
Ein Reklametrick. Jemand wollte, dass ich in das nächste Lottogeschäft renne, um einen teuren Systemschein auszufüllen. Wahrscheinlich
Texte: Copyright © 2022 Ronald Streibel, Nelkenstr. 7, 73563 Mögglingen, streibel@proton.me
Cover: Cover-Bild: AG Carinae, Credit: NASA, ESA and STScI
Tag der Veröffentlichung: 26.12.2022
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