"Meditation ist Ruhen, absolutes Ruhen, ein Stillstand aller Aktivität - der körperlichen, der geistigen und der emotionalen. Wenn du dich in einem so tiefen Ruhezustand befindest, dass sich nichts in dir regt, wenn jede Tätigkeit als solche aufhört - so, als würdest du tief schlafen und trotzdem wach sein -, dann erkennst du, wer du bist. Plötzlich öffnet sich ein Fenster. Man kann es nicht mit Anstrengung öffnen, weil jede Anstrengung Spannung erzeugt und Spannung die eigentliche Ursache all unseres Leidens ist. Deshalb gilt es ganz grundlegend zu verstehen, dass Meditation keine Anstrengung bedeutet. Mit Meditation muss man sehr spielerisch umgehen, man muss lernen, Spaß daran zu haben. Man darf keine ernste Angelegenheit daraus machen - sobald du ernst bist, hast du sie schon verpasst. Man muss sich sehr spielerisch darauf einlassen. Und man muss sich bewusst sein, dass man immer tiefer zur Ruhe kommt. Das Passwort ist Ruhe, Entspannung. Tue nichts, was der inneren Ruhe und Entspannung zuwiderläuft. Richte dein Leben entsprechend ein, gib alle sinnlosen Aktivitäten auf, denn neunzig Prozent davon sind sinnlos; sie dienen nur dazu, die Zeit totzuschlagen und sich beschäftigt zu halten. Tue nur das Wesentliche und widme deine Energie immer mehr der inneren Reise. Dann geschieht jenes Wunder, dass du gleichzeitig ruhig und tätig bleiben kannst. Das ist die Begegnung von Diesseits und Jenseits, die Begegnung von Materialismus und Spiritualität." (Osho)
Angesichts der enormen Vorteile, die das Meditieren bietet, stellt sich die Frage, warum nur relativ wenige Menschen meditieren, und warum fast jeder Zweite die Meditationspraxis bereits nach kurzer Zeit beendet, wie eine Studie der Universität Potsdam belegt. Den Hauptgrund für die niedrige Meditationsquote und die hohe Abbruchrate liegt daran, dass Meditation die Bereitschaft erfordert, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist. Wie unbefriedigend das eigene Leben auch empfunden werden mag, die meisten Menschen halten lieber daran fest, als das Risiko einer grundlegenden Veränderung einzugehen. Wer aber regelmäßig meditiert, muss damit rechnen, dass sich sein Selbst- und Weltbild grundlegend wandeln wird. Das alte hyperreflektierende Selbst wird allmählich durch ein präsentes Selbst ersetzt, da der leere Raum, den wir uns in der Meditation zur Verfügung stellen, sukzessive all unsere Ego-Konzepte schluckt. Bei vielen Meditierenden löst das eine Angst vor der Leere (horror vacui) aus, was sie dazu veranlasst, gar nicht erst mit dem Meditieren anzufangen, oder es schnell wieder aufzugeben. Die großen Meditationsexperten aller Zeiten, besonders die Zen-Buddhisten, erklären übereinstimmend, dass wer regelmäßig wach und zwanglos meditiert, früher oder später zu dem Punkt kommt, wo er hinter den dualistischen Fassaden der phänomenalen Welt die Einheit von allem entdeckt. Diese Erfahrung wird als Erwachen, Erleuchtung, Satori usw. bezeichnet. Dieser transzendente Aspekt der Meditation ist vielen westlichen Menschen fremd oder gar unheimlich. Sie haben meist nur die weltlichen Vorteile des Meditierens im Auge, was am Anfang auch überhaupt kein Problem darstellt. Wer aber ernsthaft meditiert, wird sich auf Dauer der transzendenten Ebene nicht verschließen können, es sei denn, er blockt diese bewusst ab. Dann aber gerät der gesamte Meditationsprozess ins Stocken, da alles Zwanghafte den freien Energiefluss auf der physischen wie auf der mentalen Ebene blockiert. Meditation bedeutet eine kopernikanische Wende bezüglich des In-der-Welt-Seins. Uns wird allmählich oder blitzartig bewusst, dass es im Universum keine Grenzen gibt, außer denen, die unser dualistisches Denken selbst gezogen hat.
Dass Meditation messbare Wirkungen hat, haben die Neurologen Robert Benson und Herbert Wallace von der Harvard-Universität nach zahlreichen Untersuchungen festgestellt. Sie sagen: "Wenn sich die Gedanken beruhigen, verschiebt sich die elektrische Hirntätigkeit in den ruhigeren Rhythmus der sogenannten Alpha-Wellen, was eine Reduzierung von Pulsfrequenz, Sauerstoffverbrauch und Blutdruck zur Folge hat. Der ganze Organismus geht in einen ausbalancierten Zustand über, den das Gehirn als entspannt und angstfrei empfindet. Regelmäßige Meditation stärkt das Immunsystem und erzeugt weniger Stresshormone." Erfahrene Meditierer erzählen von weit mehr als nur den Effekten reiner Entspannung. Der Mediziner Michael Baime, der an der Universität von Pennsylvania in Philadelphia die Stressforschung leitet und sich seit dreißig Jahren in buddhistischer Meditation übt, beschreibt einen solchen Augenblick so: „Es war eine Empfindung von Energie, die in mir ihr Zentrum hatte, in einen unendlichen Raum ausströmte und wieder zurückkam. Mein Geist entspannte sich, und ich spürte intensive Liebe, Klarheit und Freude. Die Verbundenheit mit allen Wesen in der Welt war so tief, als wäre da nie eine Trennung gewesen." Der Verstand geht Problemen gern aus dem Weg, denn er ist ein Meister der Verdrängung, anstatt sie zu beseitigen, schiebt er sie lieber erst mal ins Unterbewusstsein, wo sie sich als Ängste manifestieren. Ängste sind oft sehr diffus und komplex, sodass es für einen Therapeuten fast unmöglich ist, eine genaue Diagnose vorzunehmen, da die Ursachen der Ängste oft sehr weit zurückliegen.
Mit Hilfe der Meditation ist es möglich, mentale "Angstspeicher" des Unterbewusstseins aufzulösen. Die Meditation richtet sich nicht gegen die Angst, weil ein Gegenmittel Angst nicht beseitigt, sondern eher verstärkt oder verdrängt. Die Meditation ist nicht nur eine Entspannungstechnik, wie beispielsweise das autogene Training, sondern sie reaktiviert auch eine "spirituelle Heilenergie", die eine nachhaltige Gesundung der chronisch erkrankten Zellen bewirkt. Traumatische Geschehnisse sind oft Ursache vieler psychosomatischer Krankheiten. Für die Psychotherapie ist die Behandlung deshalb so schwierig, weil es sich nicht nur um eine Ursache handelt, sondern um ganze Ursachenkomplexe. Wenn die Ursachen dann einigermaßen umrissen werden können, versucht man die Konflikte mit Psychopharmaka unter Kontrolle zu halten, die langfristig eingenommen, wieder neue Krankheitsformen nach sich ziehen. In den meisten Fällen werden die Ursachen der Krankheiten nicht beseitigt, da sich diese im archetypischen Bewusstsein des Menschen befinden. Die Meditation ist ein "Ruhe-Impuls-Verfahren", das im Wesen des Menschen ein Zentrum der Stille schafft. Ohne einen ruhenden Kern gerät unser Leben ständig in einen taumelnden Zustand, der uns krank macht. Es ist wie auf einem Schiff: Wer sich stets an der Reling aufhält, wird irgendwann seekrank. Der ruhigste Platz befindet sich in der Mitte des Schiffes.
Medizin und Meditation haben beide etwas mit Mitte zu tun, was an den beiden lateinischen Wortsilben medi erkennbar ist. Die Mitte finden, ist der Weg der Heilung und Genesung. Die lateinische Übersetzung des Wortes "Meditation" heißt Nachdenken und Einüben. Über etwas nachzudenken bzw. zu meditieren heißt, sich über etwas klarwerden. Da der menschliche Geist in der Regel alles andere als klar ist, bedarf es der Einübung mittels einer Meditationstechnik. Die Unklarheiten stehen auch für Unwissenheit und Unbewusstheit, für Außer-Mittigkeit. Eine diszipliniert-praktizierte Meditationstechnik führt zur Kontemplation (beschauliches Nachdenken über...), Besinnung (Bewusstwerdung von...) und Transformation (Umsetzung in...). Die Meditationstechnik dient als Katalysator zur Auslösung von Tiefenprozessen, die zur Heilung auf der Seelenebene führen, wo auch alle physischen und psychischen Krankheiten ihre Ursachen finden. Sie ist der Wegbereiter zu einem meditativen Leben, das letztlich keine Meditationstechniken mehr braucht. Ein glückliches und von sämtlichen Zwängen und Süchten befreites Leben bedarf keiner kontrollierenden Technik mehr. Es sind aber gerade die konditionierten Kontrollmechanismen, die uns gefangenhalten und daran hindern, den nächsten Entwicklungsschritt zu vollziehen.
Die Techniken der Meditation führen zum Meditativ-Sein. Das Meditativ-Sein lässt sich jedoch nicht unmittelbar erklären, da es ein subjektiver Erfahrungsprozess ist, sondern nur die Techniken, die diesen Prozess auslösen. Meditationstechniken führen zu gedanklicher Klarheit, Stille, Harmonie, Liebe und Mitgefühl. Am Anfang auf dem Weg zum Meditativ-Sein steht das "Erwachen". Meditationstechniken sind gut, sie sind wie Medizin. Medizin wird gebraucht, solange man krank ist. Wenn man gesund ist, musst man damit aufhören. Sie ist kein Selbstzweck. Wenn man sie weiterhin benutzt, wird man kränker als zuvor. Auch die Meditationstechniken muss man irgendwann hinter sich lassen. Wer zulange daran festhält wird sonst neurotisch und befindet sich auf dem nächsten Egotrip. Es kommt der Augenblick, wo man spontan leben muss, wo dem Handeln und Nichthandeln kein Nachdenken vorausgeht - man isst, wenn man hungrig ist, man schläft, wenn man müde ist. Meditativ-Sein ist nicht Konzentration, denn Konzentration verengt das Bewusst-Sein, Konzentration ermüdet, strengt an, führt zu einem Tunnelblick. Alle Wissenschaften basieren auf Konzentration. Meditativ-Sein ist nicht Kontemplation. Philosophische Betrachtungen sind kontemplativ, sind weiter gefasst als Konzentration. Meditativ-Sein ist keine Wissenschaft, keine Lehre, keine Kunst, keine Leistung. Dichter, Maler, Tänzer können leichter meditativ werden als Geschäftsleute oder Politiker. Ehrgeiz, Machtstreben und Gerissenheit verhindern den Zugang zur Meditation. Der Verstand kann Meditativ-Sein nicht fassen. Verstand ist Verwirrung, Unruhe, Zerrissenheit und Angst. Meditativ-Sein ist Nicht-Verstand. Meditativ-Sein kann vom Verstand, vom Denken her nicht begriffen werden. Meditativ-Sein ist reines Bewusstsein.
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Meditation für Anfänger: "Okay, Ihre Haltung ist sehr gut.
Jetzt entspannen Sie sich, konzentrieren Sie sich und lassen Sie dann ganz langsam...
Ihr Smartphone los."
Sei nicht verzweifelt, wenn nichts passiert
Du brauchst dich nicht zu beeilen und verzweifelt nach etwas rennen, was dann doch nicht geschieht. Wenn du heute scheiterst, dann ist das natürlich. Auch wenn du ein paar Tage lang scheiterst, ist das ganz normal. Wenn du in deine innere Welt eintauchst, musst du oft scheitern, denn du bist da vorher nie gewesen.
Du brauchst dich nicht zu quälen
Wenn du einmal auf dem Weg bist, dich zu fragen, wer du bist, dann achte darauf, dass deine innere Reise entspannt ist. Mache sie nicht unnötigerweise kompliziert und unbequem. Nur ein entspanntes Bewusstsein kann tiefer und tiefer nach innen fließen.
Frage nicht nach sofortigen Erleuchtungserlebnissen
Alles braucht seine Zeit, kümmere dich nicht um die Ergebnisse, es passiert alles wie es sein soll. Für was immer du bereit bist, das wird passieren. Sei mehr und mehr im Einklang mit deinem Inneren. Wenn das Herz und die Energie miteinander harmonieren, dann folgt das Ergebnis automatisch. Es ist so ähnlich, wie einen Samen in die Erde zu pflanzen. Er braucht Fürsorge, du musst ihn wässern und düngen und dann wird eines Tages das Wunder geschehen: Zwei kleine Blättchen werden aus dem Boden herauswachsen... Ähnlich verhält es sich mit der Meditation.
Halte dich in richtigen Bedingungen auf
Wenn du einen Rosengarten anlegst, dann nimmst du die Steine aus dem Boden und ziehst alte Wurzeln heraus. Du musst die richtige Umgebung vorbereiten, einen Zaun ziehen und die sprießenden Rosen schützen. Konkret bedeutet das: Finde einen Platz, an dem du gut meditieren kannst, in der Natur vielleicht, unter einem Baum oder an einem Fluss. Wenn möglich, halte
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 24.11.2018
ISBN: 978-3-7438-8735-0
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