Eine Geschichtre aus der guten, alten Zeit der Sommerfrischen
Aufgefunden, ausgegraben und wieder aufgetischt
von Claus H. Stumpff
Die Frau Geheimrat wünscht ihre Sommerfrische in der Nähe des Fürstenberges zu verbringen. Da sie weiß, daß der Reiseandrang in den Sommermonaten immer recht groß ist, reist sie schon einige Tage vorher dorthin, um sich ein Quartier auszusuchen. Von dem Herrn Dorfschulzen Huber begleitet findet sie dann auch ein nettes Zimmer, mietet es und fährt wieder nach Hause, um die Reisevorbereitungen zu treffen. Beim Kofferpacken fällt ihr ein, daß sie ganz vergessen hat zu fragen, ob auch ein Wasserklosett vorhanden ist. Sie verschiebt ihre Abreise und schreibt vorsichtshalber noch einen Brief an den Dorfschulzen und bittet ihn um entsprechende Auskunft. Um sich in dieser heiklen Sache möglichst vornehm auszudrücken, deutet sie diese Frage nur mit den beiden Buchstaben W. K. an. Herr Huber liest den Brief, zerbricht sich jedoch nun den Kopf, was »W. K.« wohl bedeuten könnte und bittet den Herrn Pastor um Rat. Dieser meint nach langem Zögern: »Frau Geheimrat fragen bestimmt an, ob eine Waldkapelle vorhanden ist«.
Darauf schickt Dorfschulze Huber folgende Antwort:
Allerwerteste, gnädige Frau Geheimrat !
»W. K.« ist vorhanden und liegt mitten im herrlichen Sonnenwald, nur eine halbe Stunde vom Dorf entfernt.
Für unsere Gäste, denen der Weg zu weit ist, haben wir einen Omnibusverkehr eingerichtet.
»W.K.« ist mittwochs sowie samstags und sonntags von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Dann findet jeweils ein volles Programm statt.
Es ist sehr zu empfehlen, eine halbe Stunde vor der Öffnung da zu sein, da der Andrang sehr groß ist. Doch können gnädige Frau beruhigt sein, denn es sind ca. 60 Sitzplätze und 40 Stehplätze vorhanden.
Bei schönem Wetter finden die Veranstaltungen im Freien statt.
Sonntags empfiehlt sich ein Besuch besonders, da die Sache mit Orgelbegleitung vor sich geht.
Wir werden uns erlauben, der gnädigen Frau einen Platz inmitten der wohlriechendsten Blumen zu reservieren. Überhaupt werden gnädige Frau von den Düften hier sehr angetan sein.
Die Tonabgabe ist besonders gut und schon von vielen Könnern bewundert worden. Selbst der zarteste Ton ist in allen Ecken zu hören und verbreitet ein tausendfaches Echo.
Wir empfehlen uns mit »W.K.« und freuen uns auf ihren Besuch.
In ergebenster Hochachtung
Emil Huber
(Dorfschulze)
Texte: Gehört und aufgeschrieben von Claus H. Stumpff
Bildmaterialien: wmhans - www.picspack.de (Cover: Fetzenkapelle bei Dießen a. Ammersee)
Tag der Veröffentlichung: 29.12.2010
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