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Prolog


Die Flügel der Kreatur zerschnitten die Rauchwolken, als der Reiter dem Drachen den erneuten Angriff befahl. Unter ihnen war bereits überall verbrannte Erde, doch die Schlacht war noch immer in vollem Gange. Eine große massige Gestalt schoss an ihnen vorbei in den Himmel und krachte mit einem weiteren Drachen zusammen. Dessen Reiter wurde durch die Kollision von dem Tier geschleudert. Die beiden großen Kreaturen fielen ineinander verbissen Richtung Boden, wo der Kampf weiterging. Der Drache hatte keine Chance. Das Zittern, das durch den Körper seines Drachens fuhr, nahm der Reiter kaum war. Wenn er es getan hätte, wäre ihm möglicherweise auch bewusst geworden, dass er auf dem letzten noch lebenden Drachen saß. Dieses Geschöpf mit den Eis-blauen Augen in seinem großen Kopf, der auf einem kräftigen, aber sehr langen Hals saß und dem riesigen schuppigen Körper, auf dem der Reiter fast verloren ging, stand kurz vor seiner Ausrottung. Die Feinde hatten diese schrecklichen Kreaturen mit auf das Schlachtfeld gebracht, gegen die die Drachen keine Chance hatten. Es waren riesige Tiere mit einem so festen Panzer, dass selbst der Biss eines Drachens fast keine Wirkung zeigte. Der Reiter ließ sich davon jedoch nicht beirren, sondern bekräftigte seinen Befehl an den Drachen. Die Beiden rauschten immer schneller Richtung Erdboden. Der Drache verhinderte mit einem Flügelschlag einen Aufprall und spie zeitgleich eine gewaltige Flamme auf die Feinde seines Reiters, die verbrannte Erde und schreiende Menschen hinterließ. Ein Hagel an Feuerpfeilen ging auf sie nieder, sodass sie ihren Angriff abbrechen mussten. “Verdammte Langohren”, dachte der Reiter. “Der Kampf ist fast entschieden. Die Grünlinge mussten schon zwei ihrer Stellungen aufgeben. Bald ist es vorbei, mein Freund.” Der Drache antwortete mit einem tiefen Grummeln und begann wieder an Höhe zu gewinnen. Ein tiefer Ton durchschnitt die Abenddämmerung. Der Feind zog sich weiter zurück. Es war bereits das dritte Mal, dass der Reiter diesen Ton hörte und die Freude darüber überwältigte ihn beinahe. “Es ist vorbei”, dröhnte die Stimme des Drachen in seinem Kopf. “Noch ein Angriff; Sie sollen wissen, warum sie rennen.”, entgegnete der Reiter. Widerwillig setzte der Drache zu einem weiteren Sturzflug an. Der Feind war am Flüchten und die Soldaten auf dem Schlachtfeld feierten schon ihren Sieg. “Es ist nicht nötig”, versuchte der Drache noch einmal seinen Reiter umzustimmen. Doch er erhielt keine Antwort. Widerwillig zog er eine Schneise durch die Flüchtenden und vernichtete mehr als bei jedem seiner vorherigen Angriffe. Der Reiter sah noch aus dem Augenwinkel, wie etwas großes Schwarzes auf sie zukam, doch es war zu spät. Er hatte keine Chance mehr, den Drachen zu warnen. Er wurde aus dem Sattel geworfen, flog in hohem Bogen durch die Luft und landete genau vor einem der Flüchtenden. Noch nie hatte der Reiter bei einem Grünling einen solchen Hass gesehen und er begriff, dass sein letzter Befehl an den Drachen ein großer Fehler gewesen war. Er sah das Schwert eines Gegners im Bauch eines Kameraden stecken und ergriff das Stück Metall, als ihn ein dumpfer Schmerz in der Schulter innehalten ließ. In dem Moment wusste der Reiter, dass dies sein letzter Kampf werden würde. Sein durch die Schmerzen hervorgerufener Schrei durchzog das Schlachtfeld und brannte sich wie Säure in die Ohren seines Drachens. Er heulte schmerzerfüllt auf und wurde rasend vor Wut. Das Geschöpf, welches ihn angegriffen hatte, stand auf allen Vieren vor ihm und machte sich zum Sprung bereit. Der Drache spie Feuer und griff dann selbst an. Mit aller Macht trafen seine Zähne den Panzer des Geschöpfs und durchbohrten ihn. Erschrocken jaulte die Bestie auf und schnappte nach ihrem Angreifer. Der Drache wollte erneut zubeißen, was der Kreatur jedoch die Chance gab, einen besseren Angriff zu starten. Sie erwischte einen Flügel und ließ den Drachen mit tiefer Stimme aufschreien. Doch sein langer Hals und seine unglaubliche Wut waren entscheidende Vorteile des Drachens. Er schnappte nach der Kreatur und riss sie von seinem Flügel los. Dadurch entstand ein großes Loch in seinem Flügel, aber das störte ihn in diesem Moment nicht. Mit all seiner Verzweiflung, Angst und Wut griff er das Wesen an, das sein Schicksal sein sollte. Seine Kiefer sausten auf seinen Kopf nieder und durchschlugen den Panzer wie Butter. Diesmal war kein Jaulen zu hören. Die Bestie brach einfach zusammen. Der Drache jedoch war in eine Raserei verfallen und registrierte das nicht mehr. Er zerriss das Tier in blinder Wut. Die Umstehenden, egal ob Freund oder Feind, hatten inne gehalten und diesen letzten Kampf beobachtet. Niemand der Anwesenden würde bis zum letzten Tag seines Lebens etwas Vergleichbares sehen.
“Wir haben es geschafft. Das Land ist unser und die Grünlinge sind zurück in dem Berg, aus dem sie einst kamen.” Die Könige der acht Königreiche standen auf dem Schlachtfeld und freuten sich über ihren Sieg, als plötzlich die tiefe Stimme des Drachen in ihren Köpfen hallte: „Ihr müsst den Berg versiegeln. Ich werde den Gang zerstören, aber ihr müsst dafür sorgen, dass er auch verschlossen bleibt.” Ein paar der Männer zogen eine Grimasse, da es für sie immer noch ungewohnt war, dass der Drache keine normale Stimme verwendete. “Das werden wir übernehmen. Es war unser Land, das als Schlachtfeld diente. Wir werden eine eiserne Tür davor bauen und eine Festung auf dem Berg errichten.”
“So soll es sein.” Der Drache drehte sich um und ging langsam auf den Berg zu. Sein linker Flügel hing kraftlos an seinem Körper herab. Niemand konnte sagen, ob er jemals wieder fliegen können würde. “Ich werde gehen. Wenn ihr mich sucht, geht nach Süden. Aber kommt nicht zu früh, denn ich gehorche dieser Generation nicht mehr.” Niemand antwortete ihm. Alle sahen stumm zu, wie der Drache auf den Berg kletterte, was sehr merkwürdig anmutete, und den Eingang zerstörte, aus dem die Grünlinge gekommen waren. Danach errichtete er mit Feuer, Zähnen und Krallen ein Plateau in dem Berg, auf dem die Festung errichtet werden sollte. Jeder, der die Möglichkeit hatte, beobachtete das Schauspiel, wie der Drache sein außergewöhnliches Werk vollbrachte. Nachdem er fertig war, sprang er in die Luft, breitete seine Flügel aus und flog davon. Einer der Könige blinzelte direkt in die Sonne, welche durch das Loch im Flügel hindurchschien, und sagte: “Eine neue Zeit bricht an. Viel ist zu tun. Lasst uns hier keine Wurzeln schlagen.”

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Lektorat: http://unwritten-moni.blogspot.com/
Tag der Veröffentlichung: 28.06.2012

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